Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Nov. 2019 - VIII ZR 344/18

bei uns veröffentlicht am05.11.2019
vorgehend
Landgericht Osnabrück, 2 O 1273/15, 27.11.2017
Oberlandesgericht Oldenburg, 13 U 9/18, 09.10.2018

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VIII ZR 344/18
vom
5. November 2019
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Klärt das Gericht entscheidungserhebliche Widersprüche zwischen den
Schlussfolgerungen eines gerichtlich bestellten Sachverständigen und denjenigen
eines Privatgutachters nicht hinreichend auf, sondern folgt ohne logische
und nachvollziehbare Begründung den Ausführungen eines von ihnen - vorliegend
denjenigen des Privatgutachters -, fehlt es an einer tragfähigen Tatsachengrundlage
für die Überzeugungsbildung des Gerichts (§ 286 ZPO) und ist
damit das rechtliche Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) derjenigen Partei, die sich das
ihr günstige Beweisergebnis - vorliegend in Form eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens
- zu eigen gemacht hat, verletzt (im Anschluss an BGH,
Beschlüsse vom 7. Dezember 2010 - VIII ZR 96/10, NJW-RR 2011, 704 Rn. 13;
vom 14. Januar 2014 - VI ZR 340/13, NJW-RR 2014, 1147 Rn. 11; vom 5. Juli
2017 - IV ZR 508/14, NJW-RR 2017, 1062 Rn. 24).
BGH, Beschluss vom 5. November 2019 - VIII ZR 344/18 - OLG Oldenburg
LG Osnabrück
ECLI:DE:BGH:2019:051119BVIIIZR344.18.0

Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 5. November 2019 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Milger, den Richter Dr. Schneider, die Richterin Dr. Fetzer sowie die Richter Kosziol und Dr. Schmidt

beschlossen:
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin wird das Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 9. Oktober 2018 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben als hinsichtlich des geltend gemachten Trauermückenbefalls des gelieferten Substrats zu deren Nachteil entschieden worden ist. Im Übrigen wird die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 9. Oktober 2018 zurückgewiesen. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens , an einen anderen Senat des Berufungsgerichts zurückverwiesen. Der Streitwert für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren wird auf 80.234,03 € festgesetzt.

Gründe:

I.

1
Die Klägerin, eine Pflanzengroßhändlerin, kaufte von der Beklagten ein Kultursubstrat zur Aufzucht von Pflanzen. Dieses wurde am 19. Februar 2014 an die Klägerin geliefert, welche darin anderweitig bezogene und zum späteren Weiterverkauf bestimmte Setzlinge, die bei ihr am 26. Februar 2014 eintrafen, eintopfte. Ein Teil der Setzlinge wurde in ein anderes Kultursubstrat gepflanzt.
2
In der 12. Kalenderwoche 2014 (17. bis 23. März 2014) wurde an den in das Substrat der Beklagten gepflanzten Setzlinge ein Trauermückenbefall festgestellt. Die Pflanzen waren, anders als diejenigen, die in dem anderen Substrat eingepflanzt wurden, nicht vermarktungsfähig.
3
Die auf Ersatz der Kosten für einen Deckungskauf in Höhe von 80.234,03 € nebst Zinsen gerichtete Klage hatte vor dem Landgericht Erfolg. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht - nach Anhörung der gerichtlich bestellten Sachverständigen sowie eines zweitinstanzlich seitens der Beklagten herangezogenen Privatgutachters - die Klage abgewiesen. Die Revision hat das Oberlandesgericht nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin, mit der sie die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils begehrt.

II.

4
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:
5
Anders als das Landgericht vermöge der Senat nicht mit der für eine Verurteilung erforderlichen Gewissheit festzustellen, dass das von der Beklagten gelieferte Pflanzensubstrat mit Trauermückeneiern beziehungsweise -larven befallen gewesen und hierdurch die Setzlinge der Klägerin zerstört worden seien.
6
Das Substrat sei jedenfalls auf Dauer als Nahrungsquelle kaum geeignet. Dies schließe zwar nicht aus, dass Trauermücken ihre Eier auch in einem Substrat der Beklagten ablegten. Jedoch lasse gerade die große Anzahl der in den Setzlingen aufgetretenen Trauermückenlarven das Substrat als entscheidende Ursache unwahrscheinlich erscheinen.
7
Hinzu komme der zeitliche Ablauf. Da nach den Darlegungen des Privatgutachters der Beklagten die Entwicklungszeit von Trauermücken vom Ei bis zur Mücke bei guten Bedingungen nur etwa drei Wochen betrage und im Gewächshaus der Klägerin im März 2014, der sehr warm gewesen sei, ideale Bedingungen geherrscht hätten, sei es unwahrscheinlich, dass die Trauermückeneier schon bei Anlieferung (19. Februar 2014) in dem Substrat vorhanden, jedoch erst mehr als vier Wochen später ausgebildet gewesen sein sollten.
8
Darüber hinaus spreche die Art und Weise der Lagerung sowie des Transports des Substrats gegen eine große Anzahl von Trauermückeneiern im Zeitpunkt der Anlieferung bei der Klägerin. Die Vermengung der einzelnen Bestandteile des Substrats und dessen Verbringung auf einen LKW zum Transport seien nach den Ausführungen des Privatgutachters grobe Vorgänge, bei denen die sehr empfindlichen Trauermückeneier in großer Anzahl zerstört würden.
9
Ein Mangel des Substrats folge auch nicht aus dem Fehlen einer vereinbarten Beschaffenheit. Zwar sei die Zusammensetzung des Substrats aufgrund seiner Neigung zur Vernässung möglicherweise für die Setzlinge nicht geeignet gewesen. Da die fachkundige Klägerin jedoch selbst dafür verantwortlich sei, zu prüfen, welches Substrat sie benötige, komme eine Haftung der Beklagten nur in Betracht, wenn ihr bekannt gewesen wäre, dass das Substrat gerade für die Aufzucht von Euphorbia-Pflanzen verwendet werden solle, was als Beschaffenheit hätte vereinbart sein müssen. Solches habe die Klägerin jedoch nicht bewiesen.

III.

10
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist zulässig, insbesondere ist der Beschwerdewert nach § 544 ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO erreicht. Sie hat auch in der Sache Erfolg und führt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Die angefochtene Entscheidung verletzt in entscheidungserheblicher Weise den Anspruch der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG), da ihr Vorbringen nicht hinreichend gewürdigt wurde und das Berufungsgericht den Widerspruch zwischen den - sich durch die Klägerin zu eigen gemachten - Ausführungen der gerichtlich bestellten Sachverständigen und denjenigen des seitens der Beklagten herangezogenen Privatgutachters nicht aufgeklärt, sondern vielmehr dem - mittels Privatgutachtens urkundlich belegten (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteile vom 5. Mai 1986 - III ZR 233/84, BGHZ 98, 32, 40; vom 14. Juli 2010 - VIII ZR 327/07, RdE 2010, 384 Rn. 19) - Parteivortrag der Beklagten ohne nachvollziehbare Begründung den Vorzug gegeben hat.
11
1. Das Gebot rechtlichen Gehörs verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. In den Entscheidungsgründen müssen die wesentlichen Tatsachen- und Rechtsausführungen verarbeitet werden. Wenn ein bestimmter Vortrag einer Partei den Kern des Parteivorbringens darstellt und für den Prozessausgang von entscheidender Bedeutung ist, besteht für das Gericht eine Pflicht, die vorgebrachten Argumente zu würdigen und in den Entscheidungsgründen hierzu Stellung zu nehmen (st. Rspr.; vgl. BVerfG, Beschluss vom 27. Februar 2018 - 2 BvR 2821/14, NJW-RR 2018, 694 Rn. 18 mwN).
12
Dabei ist zu beachten, dass sich eine Partei die bei einer Beweisaufnahme zutage tretenden, ihr günstigen Umstände - und damit auch die Ausführungen eines gerichtlich bestellten Sachverständigen - regelmäßig zumindest hilfsweise zu eigen macht (vgl. BGH, Beschlüsse vom 30. November 2010 - VI ZR 25/09, NJW-RR 2011, 428 Rn. 9; vom 24. März 2015 - VI ZR 179/13, NJW 2015, 2125 Rn. 17; vom 5. Juli 2017 - IV ZR 508/14, NJW-RR 2017, 1062 Rn.

23).

13
Ergeben sich zwischen den - für die Partei günstigen - Feststellungen eines gerichtlich bestellten Sachverständigen und denjenigen anderer sachkundiger Personen - vorliegend eines Privatgutachters - Widersprüche, ist das Gericht verpflichtet, diesen nachzugehen, denn erkennbar widersprüchliche Gutachten sind keine ausreichende Grundlage für die Überzeugungsbildung des Gerichts. Da Art. 103 Abs. 1 GG als Prozessgrundrecht sichern soll, dass die Entscheidung frei von Verfahrensfehlern ergeht (vgl. BVerfGE 21, 191, 194), hat das Gericht die einander widersprechenden Ausführungen sorgfältig und kritisch zu würdigen sowie den Sachverhalt weiter aufzuklären.
14
In welcher (geeigneten) Weise der Tatrichter seiner Pflicht zur Aufklärung des Widerspruchs nachkommt, steht grundsätzlich in seinem Ermessen und kann zweckmäßigerweise etwa dadurch erfolgen, dass das Gericht den Sachverständigen unter Gegenüberstellung mit dem Privatgutachter anhört (vgl. BGH, Urteile vom 20. Juli 1999 - X ZR 121/96, NJW-RR 2000, 44 unter 6 a; vom 16. April 2013 - VI ZR 44/12, NJW 2014, 71 Rn. 19; Beschlüsse vom 18.
Mai 2009 - IV ZR 57/08, NJW-RR 2009, 1192 Rn. 7; vom 7. Dezember 2010 - VIII ZR 96/10, NJW-RR 2011, 704 Rn. 8). Kann der Sachverständige im Ergebnis die sich aus dem Privatgutachten ergebenden Einwendungen nicht ausräumen, muss der Tatrichter im Rahmen seiner Verpflichtung zur Sachaufklärung erforderlichenfalls gemäß § 412 Abs. 1 ZPO ein weiteres Gutachten einholen (vgl. BGH, Urteil vom 23. März 2004 - VI ZR 428/02, VersR 2004, 790 unter II 1 a; Beschlüsse vom 18. Mai 2009 - IV ZR 57/08, aaO; vom 15. Dezember 2015 - VI ZR 557/15, NJW 2016, 639 Rn. 5 f.).
15
Erst wenn solche Aufklärungsbemühungen erfolglos geblieben sind, dürfen Diskrepanzen vom Tatrichter frei gewürdigt werden. Dabei muss das Gericht jedoch die einander widersprechenden Ansichten der Gutachter gegeneinander abwägen sowie mit einleuchtender und logisch nachvollziehbarer Begründung einem von ihnen den Vorzug geben (vgl. BGH, Urteile vom 24. September 2008 - IV ZR 250/06, VersR 2008, 1676 Rn. 11; vom 3. Dezember 2008 - IV ZR 20/06, NJW-RR 2009, 387 Rn. 8; vom 28. August 2018 - VI ZR 509/17, NJW-RR 2019, 17 Rn. 19; Beschluss vom 6. April 2016 - VII ZR 16/15, juris Rn.

11).

16
2. Diesen Anforderungen ist das Berufungsgericht nicht gerecht geworden.
17
a) Die Nichtzulassungsbeschwerde rügt mit Erfolg, dass das Berufungsgericht bei seiner Entscheidungsfindung den Klägervortrag, wonach das Substrat infolge des Befalls mit Trauermückeneiern und -larven schon im Zeitpunkt der Anlieferung mangelhaft gewesen sei sowie die hiermit korrespondierenden, für die Klägerin günstigen, sich von ihr (sogar explizit) zu eigen gemachten Angaben der gerichtlich bestellten Sachverständigen nicht beziehungsweise nicht hinreichend berücksichtigt und den Widerspruch zwischen den Angaben der Sachverständigen und denjenigen des Privatgutachters nicht weiter aufgeklärt hat.
18
Entgegen der Ansicht der Beklagten handelt es sich dabei nicht "lediglich" um einen Fehler im Rahmen der Beweiswürdigung (§ 286 ZPO), welcher revisionsrechtlich nur eingeschränkt überprüfbar wäre (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteile vom 5. Oktober 2004 - XI ZR 210/03, BGHZ 160, 308, 316 f.; vom 29. März 2017 - VIII ZR 44/16, NJW 2017, 2819 Rn. 24). Vielmehr beruht die Würdigung des Berufungsgerichts, das Pflanzensubstrat sei im Hinblick auf den Trauermückenbefall nicht mangelhaft, auf einer nicht tragfähigen Tatsachengrundlage, weil es bei seiner Beweiswürdigung entscheidungserheblichen Klägervortrag übergangen, den Prozessstoff somit nicht vollständig hinsichtlich der für die Überzeugungsbildung wesentlichen Aspekte gewürdigt und damit das Verfahrensgrundrecht der Klägerin aus Art. 103 Abs. 1 GG verletzt hat (vgl. BGH, Beschlüsse vom 7. Dezember 2010 - VIII ZR 96/10, aaO Rn. 13; vom 14. Januar 2014 - VI ZR 340/13, NJW-RR 2014, 1147 Rn. 11; vom 5. Juli 2017 - IV ZR 508/14, aaO Rn. 24).
19
aa) Das Berufungsgericht hat zwar die gegen die Beurteilung des Substrates als mangelhaft gerichteten Einwände des zweitinstanzlich seitens der Beklagten herangezogenen Privatgutachters im Rahmen einer Anhörung mit der gerichtlich bestellten Sachverständigen erörtert.
20
bb) Diese Anhörung war jedoch unvollständig, da die Sachverständige nicht zu allen Punkten, auf welche das Berufungsgericht - dem Privatgutachter folgend - seine Entscheidung gestützt hat, befragt wurde. Das Berufungsgericht begründet seine fehlende Überzeugung bezüglich eines Trauermückenbefalls des von der Beklagten gelieferten Substrats auch mit den Feststellungen des Privatgutachters, wonach eventuell vorhandene Trauermückeneier beim Mischen des Substrats sowie dessen Transport zur Klägerin zerstört worden wären. Dieser von der Klägerin bestrittene Umstand wurde mit der Sachverständigen nicht erörtert.
21
Das war aber geboten, zumal der gerichtlich bestellten Sachverständigen der Herstellungsprozess sowie der Transportweg des Substrats bekannt waren. Ihr wurde im erstinstanzlichen Verfahren vorgegeben, das Gutachten unter Zugrundelegung des Umstands zu fertigen, dass das Substrat bei der Beklagten in einer Mischanlage vermischt wurde. Sie hat diese Umstände nicht als Grund dafür angesehen, ihre Feststellung zum Befall des Substrates mit Trauermückeneiern bei Anlieferung zu relativieren. Die Frage, ob sie diesen Aspekt übersehen oder für nicht relevant erachtete, wäre mit ihr zu klären gewesen.
22
cc) Soweit das Berufungsgericht seine Auffassung weiter auf den zeitlichen Ablauf stützt, wonach das Auftreten der Trauermücken im Betrieb der Klägerin zu spät erfolgt sei, als dass die Ursache hierfür im von der Beklagten gelieferten Substrat liegen könne, begründet es dies ausschließlich mit den Bewertungen des Privatgutachters.
23
Dieser hatte im Rahmen seiner Befragung durch das Berufungsgericht ausgeführt, es hätten im Gewächshaus der Klägerin "ideale Bedingungen" geherrscht , da es im März 2014 "sehr warm" gewesen sei, so dass die Entwicklungszeit der Trauermücken vom Ei bis zur Mücke nur etwa drei Wochen betragen habe. Hieraus hat das Berufungsgericht gefolgert, es sei dann sehr unwahrscheinlich , dass Trauermückeneier schon bei Anlieferung des Substrates im Betrieb der Klägerin (19. Februar 2014) vorhanden gewesen seien.
24
Die gegenteilige Beurteilung der Sachverständigen wird im Urteil des Berufungsgerichts nicht erwähnt. Diese hatte unter Darlegung der Entwicklungs- stadien von Trauermücken sowie der Temperaturverhältnisse sowohl bei Anlieferung des Substrates als auch im Gewächshaus der Klägerin einen Trauermückenzyklus von drei bis vier Wochen angenommen, so dass das Auftreten in der 12. Kalenderwoche 2014 in zeitlicher Hinsicht den Rückschluss zulasse, Trauermückeneier seien schon im angelieferten Substrat vorhanden gewesen. Da es sich hierbei um eine zentrale, für die Beurteilung der Mangelhaftigkeit des Substrats erhebliche Frage handelt, muss aus der fehlenden Erwähnung dieser Feststellungen durch das Berufungsgericht auf die Nichtberücksichtigung dieses, sich durch die Klägerin zu eigen gemachten Vortrags im Rahmen der Überzeugungsbildung geschlossen werden.
25
Überdies verweist die Nichtzulassungsbeschwerde zutreffend darauf, dass das Berufungsgericht den Klägervortrag zum zeitlichen Ablauf auch im Übrigen nicht hinreichend beachtet hat. Hiernach habe die Entwicklung der sich im Substrat befindlichen Eier erst begonnen, als dieses in der 9. Kalenderwoche infolge des Eintopfens in das warme Gewächshaus gelangt sei. Zwischen der 9. Kalenderwoche und dem Auftreten des Trauermückenbefalls in der 12. Kalenderwoche lägen die - auch vom Privatgutachter als Entwicklungszyklus angenommenen - drei Wochen.
26
dd) Zudem wurden die unterschiedlichen Ansichten der Gutachter zur Geeignetheit des Substrats als Nahrungsquelle für Trauermückenlarven weder einer weiteren Klärung unterzogen noch vollständig und kritisch gewürdigt.
27
Die Ausführungen des Privatgutachters in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht, wonach die Bestandteile des Substrats auf Dauer als Nahrungsquelle für die Trauermückenlarven nicht geeignet seien, stehen in offenem Widerspruch zu den Angaben der gerichtlich bestellten Sachverständigen. Diese gab in der Anhörung vor dem Berufungsgericht an, nach ihren Recherchen seien Schwarztorf und Holzfasern als Bestandteile des Substrats durchaus als Nahrungsquelle für Trauermückenlarven nutzbar. Dies steht in Übereinstimmung mit ihren Angaben in der erstinstanzlichen Anhörung, wonach das Substrat aufgrund seiner Zusammensetzung, wozu die Sachverständige detailliert ausführte, "besonders trauermückenaffin" sei. Diesen Widerspruch hat das Berufungsgericht nicht aufgeklärt, sondern seiner Überzeugungsbildung ohne Begründung die Ausführungen des Privatgutachters zugrunde gelegt.
28
Soweit das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang auf die große Anzahl der in den Setzlingen aufgetretenen Trauermückenlarven abstellt und deswegen das Substrat der Beklagten nicht als entscheidende Ursache für die Wachstumsstörung der Setzlinge ansieht, fehlt auch insoweit eine Auseinandersetzung mit den abweichenden Feststellungen der gerichtlich bestellten Sachverständigen. Diese hat gerade die explosionsartige Entwicklung der Trauermücken als Grund dafür herangezogen, dass sich deren Eier beziehungsweise Larven bereits im Substrat befunden haben müssen.
29
Ferner wäre zu klären gewesen, inwiefern die aus Sicht des Privatgutachters fehlende Eignung des Substrats als eine "dauerhafte" Nahrungsquelle für die Beurteilung des Befalls mit Trauermückenlarven von Relevanz ist. Nach den Ausführungen der Sachverständigen in ihrem schriftlichen Gutachten ernähren sich nur die Larven davon, wohingegen die nur wenige Tage lebenden erwachsenen Tiere lediglich Feuchtigkeit aufnähmen. Die Nichtzulassungsbeschwerde weist daher zu Recht darauf hin, dass Feststellungen dazu fehlen, für welchen genauen Zeitraum das Substrat eine Nahrungsquelle für die große Anzahl aufgetretener Trauermücken bilden muss.
30
b) Diese dem Berufungsgericht unterlaufene Gehörsverletzung ist auch entscheidungserheblich (§ 544 Abs. 7 ZPO). Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Berufungsgericht nach umfassender Sachverhaltsaufklärung und Berücksichtigung möglicher Alternativursachen für das schlechte Wachs- tum der Setzlinge, wobei die unstreitigen Feststellungen, wonach die Setzlinge der gleichen Mutterpflanze und der gleichen Lieferung unter den gleichen Aufzuchtbedingungen lediglich unter Abweichung des verwendeten Substrats normal wuchsen, zu beachten sind, zu einer abweichenden Beurteilung der Mangelhaftigkeit der Kaufsache gelangt wäre.
31
3. Soweit die Nichtzulassungsbeschwerde darüber hinaus den Vortrag der Klägerin zum Vorliegen einer Beschaffenheitsvereinbarung (§ 434 Abs. 1 Satz 1 BGB) sowie zur generellen Ungeeignetheit des Substrates zur Aufzucht von Beet- und Balkonpflanzen (§ 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2, Satz 3 BGB) als übergangen rügt (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Halbs. 2 ZPO), hat der Senat dies geprüft, jedoch nicht für durchgreifend erachtet. Von einer Begründung wird insoweit abgesehen (§ 544 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 ZPO).

IV.

32
Bei der Zurückverweisung an das Berufungsgericht macht der Senat von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch, der auf den Fall einer Zurückverweisung nach § 544 Abs. 7 ZPO entsprechend anwendbar ist (Senatsbeschlüsse vom 3. Juli 2018 - VIII ZR 229/17, BGHZ 219, 161 Rn. 81; vom 5. März 2019 - VIII ZR 190/18, NJW 2019, 1950 Rn. 23; jeweils mwN).
Dr. Milger Dr. Schneider Dr. Fetzer
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Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Nov. 2019 - VIII ZR 344/18

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 286 Freie Beweiswürdigung


(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei.
Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Nov. 2019 - VIII ZR 344/18 zitiert 8 §§.

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS VII ZR 16/15 vom 6. April 2016 in dem Rechtsstreit ECLI:DE:BGH:2016:060416BVIIZR16.15.0 Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 6. April 2016 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Eick, den Richter Prof. Dr. Ju

Bundesgerichtshof Beschluss, 24. März 2015 - VI ZR 179/13

bei uns veröffentlicht am 24.03.2015

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS VIZR 179/13 vom 24. März 2015 in dem Rechtsstreit Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 24. März 2015 durch den Vorsitzenden Richter Galke, die Richter Pauge, Stöhr, Offenloch und die Richterin Dr. Oehler besc

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(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).

(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder
2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.

(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.

(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.

(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.

(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.

(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.

(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

9
a) Die Nichtzulassungsbeschwerde rügt mit Erfolg, dass das Berufungsgericht bei seiner Entscheidungsfindung die für die Beklagte zu 1 günstigen Angaben der vom Berufungsgericht angehörten Sachverständigen Prof. J. (gerichtlicher Sachverständige), Prof. V. (Schlichtungsgutachter) und Prof. P. (Privatgutachter ) sowie die für die Beklagte zu 1 günstigen Aussagen der Zeugen Dr. B. , Dr. Mö. und Dr. Fr. übergangen und in keiner Weise auf die Aufklärung des zwischen den Angaben der Sachverständigen Prof. J., V. und P. und den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen Prof. F. bestehenden Widerspruchs hinsichtlich der Frage hingewirkt hat, ob die fehlerhafte Handhabung der Nabelklemme als grob fehlerhaft zu bewerten ist. Der Privatsachverständige Prof. P. gab im Rahmen seiner Anhörung vor dem Berufungsgericht am 28. April 2005 an, dass eine Verletzung der Nabelschnur bei der Abnabelung passieren könne; dies sei kein Indiz für eine Sorgfaltspflichtverletzung. Der Schlichtungsgutachter Prof. V. hat sich dieser Beurteilung ausdrücklich angeschlossen. Auch der erste gerichtliche Sachverständige Prof. J. führte in seinem schriftlichen Gutachten vom 28. Januar 2003 aus, dass eine Verletzung der Nabelschnur beim Aufsetzen der Nabelklemmen nicht in jedem Fall vermeidbar sei. Es könne auch vorkommen, dass die Nabelklemmen, ohne dass dem ein grober Sorgfaltspflichtverstoß zugrunde liege, nicht bis zum Einrasten zusammengedrückt würden. Von dieser Beurteilung ist er in der mündlichen Verhandlung vom 28. April 2005 nicht abgerückt. Auch die sachverständigen Zeugen Dr. B. , der als Neonatologe mit der Erstversorgung der Klägerin befasst war, und Dr. Mö. , der die Klägerin abgenabelt hat, gaben an, dass es durchaus vorkomme, dass Nabelklemmen nicht erfolgreich gesetzt würden. So bekundete der Zeuge Dr. B. , dass Kinderärzte sich oft mit den Nabelklemmen zu befassen und auch erneut Nabelklemmen zu setzen hätten. Deshalb wisse er, dass es durchaus schwierig sei, eine solche Nabelklemme bis zum Klicken anzubringen. Nicht selten geschehe es, dass man das im letzten Augenblick nicht schaffe. Der Zeuge Dr. Mö. gab an, dass auch er schon einmal beim Setzen einer Nabelklemme zunächst gescheitert sei. Der nach Platzen der Fruchtblase zur Sectio hinzugezogene Chefarzt Dr. F. gab an, dass die Nabelschnur beim Setzen der Klemme "sehr glibberig" sei und verrutschen könne. Diese Angaben der genannten Sachverständigen und sachverständigen Zeugen durfte das Berufungsgericht bei seiner Entscheidungsfindung nicht außer Betracht lassen. Sie standen in klarem Widerspruch zu den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen Prof. F., wonach eine Verletzung der Nabelschnur ein extrem seltenes Ereignis sei, das nur durch ein grob fehlerhaftes Handeln verursacht werden könne. Das Berufungsgericht hat sowohl den allgemeinen Grundsatz übersehen, dass sich eine Partei die bei einer Beweisaufnahme zutage tretenden, ihr günstigen Umstände regelmäßig zumindest hilfsweise zu Eigen macht (vgl. Senatsurteile vom 8. Januar 1991 - VI ZR 102/90, VersR 1991, 467, 468 und vom 3. April 2001 - VI ZR 203/00, VersR 2001, 1174; Senatsbeschluss vom 10. November 2009 - VI ZR 325/08, VersR 2010, 497), als auch gegen seine Verpflichtung verstoßen, den ihm zur Entscheidung unterbreiteten Sachverhalt auszuschöpfen und sämtlichen Unklarheiten , Zweifeln oder Widersprüchen von Amts wegen nachzugehen (vgl. Senatsurteile vom 23. März 2004 - VI ZR 428/02, VersR 2004, 790; vom 8. Juli 2008 - VI ZR 259/06, VersR 2008, 1265, jeweils m.w.N.). Dem steht nicht entgegen, dass der Privatsachverständige Prof. P. und der Schlichtungsgutachter Prof. V. es als in besonders schwerem Maße sorgfaltswidrig angesehen haben, wenn Geburtshelfer eine Blutung aus der Nabelschnur nicht bemerken. Denn hierauf hat das Berufungsgericht seine Entscheidung nicht gestützt. Abgesehen davon hat der gerichtliche Sachverständige Prof. F. diese Einschätzung nicht geteilt. Er hat es für verständlich gehalten, wenn ein Geburtshelfer die durch eine Nabelklemmenverletzung verursachte Blutung nicht bemerke, da es hier um Sekundenbruchteile gehe.
17
Eine Partei macht sich bei einer Beweisaufnahme zutage tretende ihr günstige Umstände regelmäßig zumindest hilfsweise zu Eigen (st. Rspr.; vgl. zuletzt Senatsbeschluss vom 14. Januar 2014 - VI ZR 340/13, VersR 2014, 632 Rn. 11 mwN). Davon kann hinsichtlich der Beklagten zu 1 bis 3 - erst recht bezüglich des Beklagten zu 3, der ausdrücklich auf die Beweisaufnahme Bezug genommen hat - ausgegangen werden. Denn die Ausführungen des Sachverständigen zur mangelnden Aussagekraft der Baustellenergebnislisten waren ihnen günstig. Dennoch hat das Berufungsgericht aus den fortgeführten Baustellenlisten zumindest ein Indiz für einen durch den Submissionsbetrug erzielten Mehrerlös in Höhe von mindestens 15 % des submittierten Betrages abgeleitet , ohne sich mit den seiner Sichtweise widersprechenden Ausführungen des Sachverständigen auseinanderzusetzen.
24
(3) Die Nichtberücksichtigung des für den Kläger günstigen Beweisergebnisses bedeutet, dass das Berufungsgericht bei seiner Prüfung , inwieweit der Kläger die Beklagte über seinen Gesundheitszustand bei der Vertragsanbahnung arglistig getäuscht hat, erhebliches Vorbringen übergangen und damit das Recht des Klägers auf rechtliches Gehör verletzt hat.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

19
ee) Die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts leidet auch nicht unter einer erheblichen Verletzung des Anspruchs des Beklagten auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG). Anders als die Revision dies darstellt, ist ein aufklärungsbedürftiger Widerspruch zwischen der Auffassung des gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. St. und der Beurteilung des Privatgutachters Dr. K. nicht gegeben. Einem sich etwa ergebenden Widerspruch zwischen dem gerichtlichen Sachverständigen und dem Privatgutachter hat das Berufungsgericht allerdings nach den vom erkennenden Senat in ständiger Rechtsprechung aufgestellten Grundsätzen nachzugehen (vgl. etwa Senatsurteile vom 10. Dezember 1991 - VI ZR 234/90, VersR 1992, 722 f.; vom 9. Januar 1996 - VI ZR 70/95, VersR 1996, 647, 648; vom 28. April 1998 - VI ZR 403/96, VersR 1998, 853, 854 und vom 10. Oktober 2000 - VI ZR 10/00, VersR 2001, 525, 526). Erkennbar widersprüchliche Gutachten sind keine ausreichende Grundlage für die Überzeugungsbildung des Gerichts (vgl. Senatsurteil vom 8. Juli 2008 - VI ZR 259/06, VersR 2008, 1265 Rn. 19 ff.). Zweckmäßigerweise geschieht die Aufklärung des Widerspruchs durch Einholung einer ergänzenden schriftlichen Stellungnahme des gerichtlichen Sachverständigen und durch dessen nachfolgende mündliche Anhörung (vgl. Senatsurteil vom 15. Juni 1993 - VI ZR 175/92, VersR 1993, 1231, 1232). Es bleibt jedoch grundsätzlich dem Ermessen des Tatrichters überlassen, in welcher (geeigneten) Weise er seiner Pflicht zur Aufklärung nachkommt (Senatsurteil vom 10. Dezember 1991 - VI ZR 234/90, aaO).
8
a) Die beiden Sachverständigen haben die technische Eignung des untersuchten Kolbens für den vorhandenen Dieselmotor unterschiedlich beurteilt. Während der in erster Instanz beauftragte Gutachter den Kolben in aufbautechnischer und struktureller Hinsicht als unzureichend bewertet und den aufgetretenen Kolbenschaden hierauf zurückgeführt hat, ist der im Berufungsverfahren bestellte Sachverständige zu der Einschätzung gelangt, der beschädigte Kolben weise weder einen Konstruktions- noch einen Materialfehler auf; die festgestell- http://www.juris.de/jportal/portal/t/jvc/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=6&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR005330950BJNE046602301&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/jvc/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=6&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR005330950BJNE047202301&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/jvc/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=6&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE310439700&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/jvc/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=6&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE310439700&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/jvc/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=6&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE310439700&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/jvc/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=6&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE310732007&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/jvc/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=6&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE310732007&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/s9u/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=4&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR005330950BJNE048105301&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/s9u/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=4&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE004938051&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/s9u/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=4&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE004938051&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/s9u/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=4&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE310439700&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/s9u/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=4&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE310832002&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/s9u/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=4&fromdoctodoc=yes&doc.id=JURE060090888&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint - 5 - ten Beschädigungen seien auf eine atypische Verbrennung verbunden mit einem hohen Druckanstieg und einer übermäßigen Wärmeeinleitung im Bereich des Bodens zurückzuführen. Schon angesichts dieser Sachlage hätte sich das Berufungsgericht der für den Kläger ungünstigen Auffassung des in zweiter Instanz bestellten Sachverständigen nur dann anschließen dürfen, wenn es zuvor die zwischen den beiden Gutachtern bestehenden Streitpunkte mit diesem erörtert hätte (vgl. für den Fall sich widersprechender Auffassungen von Privat- und Gerichtsgutachter BGH, Beschluss vom 27. Januar 2010 - VII ZR 97/08, BauR 2010, 931 Rn. 9 mwN). Zur Klärung der zwischen den beiden Gutachten bestehenden Widersprüche hätte es zumindest dem Antrag des Klägers auf Ladung des vom Berufungsgericht bestellten Sachverständigen entsprechen müssen.

(1) Das Gericht kann eine neue Begutachtung durch dieselben oder durch andere Sachverständige anordnen, wenn es das Gutachten für ungenügend erachtet.

(2) Das Gericht kann die Begutachtung durch einen anderen Sachverständigen anordnen, wenn ein Sachverständiger nach Erstattung des Gutachtens mit Erfolg abgelehnt ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 428/02 Verkündet am:
23. März 2004
Böhringer-Mangold,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Eine fehlerhafte Unterlassung der medizinisch gebotenen Befunderhebung führt
zu einer Umkehr der Beweislast hinsichtlich der Kausalität des Behandlungsfehlers
für den eingetretenen Schaden, wenn sich bei der gebotenen Befunderhebung
mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein reaktionspflichtiges positives Ergebnis
gezeigt hätte und wenn sich die Verkennung dieses Befundes als fundamental
oder die Nichtreaktion hierauf als grob fehlerhaft darstellen würde. In
diesem Rahmen ist die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines reaktionspflichtigen
Befundergebnisses unabhängig von der Kausalitätsfrage zu beurteilen und
darf insbesondere nicht mit der Begründung verneint werden, der
Gesundheitsschaden könne auch infolge eines völlig anderen Kausalverlaufs
eingetreten sein.
BGH, Urteil vom 23. März 2004 - VI ZR 428/02 - OLG Bamberg
LG Aschaffenburg
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 23. März 2004 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Müller, den Richter
Dr. Greiner, die Richterin Diederichsen und die Richter Pauge und Stöhr

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Bamberg vom 11. November 2002 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt Schadensersatz und Schmerzensgeld wegen behaupteter ärztlicher Behandlungsfehler. Am 26. Oktober 1989 wurde ihr ein Herzschrittmacher eingesetzt. Am 7. Oktober 1996 entnahm der Beklagte, der den Schrittmacher betreute, einem
vom Hausarzt der Klägerin am selben Tag erstellten EKG, daß die Indikation zum Austausch bestand. In Absprache mit der Klägerin vereinbarte er einen Austauschtermin im Cardiologischen Centrum B. (CCB) für den 9. Oktober 1996. Beim Warten auf die Operation brach die Klägerin im CCB zusammen und mußte reanimiert werden. Infolge des Zusammenbruchs erlitt sie ein apallisches Syndrom. Die Parteien streiten im wesentlichen darum, ob der Beklagte zu einem sofortigen Austauschtermin hätte raten oder jedenfalls eine Schrittmacherkontrolle hätte vornehmen müssen, um den Zustand des Aggregats festzustellen, und ob der Zusammenbruch der Klägerin auf ein Versagen des Schrittmachers oder auf ein unabhängig hiervon aufgetretenes Kammerflimmern zurückzuführen ist. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht hat als nicht erwiesen erachtet, daß der Schaden der Klägerin auf ein fehlerhaftes Verhalten des Beklagten zurückzuführen sei. Für den Beklagten habe keine Veranlassung bestanden, von einem Notfall auszugehen und die sofortige Einweisung der Klägerin in das CCB zu veranlassen oder sie über mögliche Risiken aufzuklären, die bei einem Austausch des Herz-
schrittmachers erst am 9. Oktober 1996 entstehen könnten. Vielmehr habe er nach dem damaligen technischen Kenntnisstand davon ausgehen können, daß der Schrittmacher noch eine Funktionsdauer von 1,08 Jahren habe. Erst Erkenntnisse , die seit Januar 2000 veröffentlicht seien, ließen den Schluß zu, daß es auch Fälle geben könne, in denen nach Erreichen des Punktes EOS (end of service) nur noch eine ganz geringe Zeit bis zum Ausfall des Schrittmachers bleibe. Deshalb habe am 7. Oktober 1996 auch das Unterlassen einer Schrittmacherkontrolle keinen schuldhaften Behandlungsfehler dargestellt. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme müsse offen bleiben, ob der Zusammenbruch der Klägerin auf einen Ausfall des Herzschrittmachers oder ein unabhängig davon aufgetretenes Kammerflimmern zurückzuführen sei. Die Klägerin habe nicht bewiesen, daß das Unterlassen der Kontrolle für ihren Zusammenbruch ursächlich gewesen sei. Ihr kämen keine Beweiserleichterungen zugute. Ein Verstoß des Arztes gegen die Pflicht zur Erhebung und Sicherung medizinischer Befunde lasse nämlich nur dann auf ein reaktionspflichtiges positives Ergebnis schließen, wenn ein solches hinreichend wahrscheinlich sei. Das sei nicht der Fall, da nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme auch ein Kammerflimmern allein den Zusammenbruch der Klägerin verursacht haben könne. Das Landgericht habe kein weiteres Gutachten einholen müssen. Weder seien die eingeholten Gutachten widersprüchlich oder gingen von falschen tatsächlichen Voraussetzungen aus noch fehle den Sachverständigen die notwendige Sachkunde oder verfüge ein anderer Sachverständiger über überlegene Forschungsmittel oder Erfahrung.

II.

Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision nicht stand.
1. Die Revision beanstandet mit Erfolg Verfahrensfehler, soweit das Berufungsgericht die tatsächlichen Voraussetzungen eines Behandlungsfehlers verneint hat.
a) Die Revision rügt zu Recht, daß das Berufungsgericht gegen die Verpflichtung des Tatrichters verstoßen hat, sich mit von der Partei vorgelegten Privatgutachten auseinanderzusetzen und auf die weitere Aufklärung des Sachverhalts hinzuwirken, wenn sich ein Widerspruch zum Gerichtsgutachten ergibt. Das Berufungsgericht hat seine Überzeugung, der Beklagte habe weder auf einen sofortigen Austausch des Schrittmachers – sei es durch unmittelbare Einweisung der Klägerin in das CCB, sei es durch Aufklärung auf die mit einer Verzögerung des Austauschs verbundenen Risiken – hinwirken noch den Zustand des Schrittmacheraggregats kontrollieren müssen, auf die Ausführungen des Sachverständigen La. vom 9. März und 24. Oktober 2000 sowie die Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. L. vom 19. März und 1. August 2001 gestützt. Der Sachverständige La. hatte angegeben, daß nach den Erkenntnissen im Jahre 1996 nach erstmaliger Dokumentation der Austauschindikation von einer verbleibenden Funktionsdauer des Herzschrittmachers von 1,08 Jahren habe ausgegangen werden können. Von diesen Angaben ist der Sachverständige Prof. Dr. L. in seinem Gutachten ausgegangen und hat daraus geschlossen , daß am 7. Oktober 1996 keine Indikation zu einem sofortigen Ersatz des Schrittmacheraggregats bestanden habe. Diese Darlegungen der Sachverständigen La. und Prof. Dr. L. durfte das Berufungsgericht seiner Überzeugungsbildung jedoch nicht ohne weitere Sachaufklärung zugrunde legen. Die Klägerin hatte nämlich mit Schriftsatz vom 1. November 2001 eine Stellungnahme des Oberarztes Dr. N. vorgelegt, wonach der bei ihr verwendete Herzschrittmachertyp nach den Angaben des Herstellers eine nominelle Laufzeit von sechs Jahren besitze. Diese Stellungnahme
stand in Widerspruch zu den Gerichtsgutachten, worauf die Klägerin ausdrücklich hingewiesen hatte. Der Schrittmacher der Klägerin war nämlich nach den Feststellungen des Berufungsgerichts am 7. Oktober 1996 fast sieben Jahre in Betrieb und Umstände, nach denen seine Laufzeit im konkreten Fall anders zu bemessen gewesen wäre, sind nicht ersichtlich. Über diesen Widerspruch durfte sich das Berufungsgericht nicht mit der Begründung hinwegsetzen, die Voraussetzungen für die Einholung eines weiteren Gutachtens gemäß § 412 Abs. 1 ZPO lägen nicht vor, insbesondere verfüge Dr. N. nicht über eine höhere Qualifikation oder bessere Erkenntnismöglichkeiten als die eingeschalteten Sachverständigen. Der erkennende Senat hat wiederholt ausgesprochen, daß gerade in Arzthaftungsprozessen Äußerungen medizinischer Sachverständi ger nachzuvollziehen und kritisch auf ihre Vollständigkeit und Widerspruchsfreiheit zu prüfen sind. Dies gilt sowohl für Widersprüche zwischen einzelnen Erklärungen desselben Sachverständigen als auch für Widersprüche zwischen Äußerungen mehrerer Sachverständiger, selbst wenn es dabei um Privatgutachten geht. Erkennbaren Unklarheiten und Widersprüchen hat der Tatrichter nachzugehen, sie dem Sachverständigen vorzuhalten und im Rahmen seiner Verpflichtung zur Sachaufklärung erforderlichenfalls ein weiteres Gutachten einzuholen (vgl. Senatsurteile vom 14. Dezember 1993 – VI ZR 67/93 – VersR 1994, 480, 482; vom 9. Januar 1996 – VI ZR 70/95 – VersR 1996, 647, 648; vom 10. Oktober 2000 – VI ZR 10/00 – VersR 2001, 525, 526; vom 13. Februar 2001 – VI ZR 272/99 – VersR 2001, 722, 723).
b) Eine weitere Aufklärung des Sachverhalts war im Streitfall um so mehr geboten, als die Beurteilung der gerichtlichen Sachverständigen auch im Widerspruch zu der von der Klägerin mit Schriftsatz vom 31. Mai 2000 vorgelegten Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung in Bayern (Dr. H.) stand. Danach sei in der konkreten Situation nicht vorhersehbar gewesen , wie lange der Schrittmacher noch arbeiten werde, weshalb der Beklagte
die Klägerin auf ihre vitale Gefährdung hätte hinweisen und einen sofortigen Aufnahmetermin im Krankenhaus hätte anbieten müssen. Zwar hat der Sachverständige La. zu diesen Ausführungen in seiner mündlichen Anhörung vor dem Landgericht am 24. Oktober 2000 Stellung genommen und sie – jedenfalls nach den Erkenntnissen im Jahre 1996 – für unzutreffend gehalten. Nachdem die Klägerin die Beurteilung des Dr. N. zu den Akten gereicht hatte, konnten jedoch die Ausführungen des Dr. H. in neuem Licht erscheinen. Die Revision beanstandet zu Recht, daß das Berufungsgericht es unterlassen hat, die Ausführungen des Dr. H. in seine Beurteilung einzubeziehen und die unterschiedlichen Stellungnahmen in einer Gesamtbetrachtung zu würdigen (vgl. Senatsurteil vom 9. Januar 1996 – VI ZR 70/95 – aaO, S. 648 a.E.).
c) Die Revision rügt darüber hinaus mit Erfolg, daß das Berufungsgericht das Vorliegen eines Behandlungsfehlers unter dem Gesichtspunkt des Unterlassens einer Schrittmacherkontrolle verneint hat, ohne das von der Klägerin zu dieser Frage beantragte Sachverständigengutachten einzuholen. Es hat insoweit verfahrensfehlerhaft eigene Sachkunde in Anspruch genommen, ohne diese darzulegen (vgl. BVerfG, NJW 2003, 125, 127; Senatsurteile vom 14. Februar 1995 – VI ZR 106/94 – VersR 1995, 681, 682 und vom 27. März 2001 – VI ZR 18/00 – VersR 2001, 859, 860). Die Klägerin hatte geltend gemacht, daß der Beklagte, dem nicht bekannt war, seit wann der von ihm festgestellte Zustand der Batterieerschöpfung schon andauerte, eine sofortige Herzschrittmacherkontrolle habe vornehmen müssen, da er nur so den Zustand des Aggregats zuverlässig habe beurteilen können. Zum Beweis ihrer Behauptung hatte sie die Einholung eines Sachverständigengutachtens beantragt. Über diesen Antrag durfte das Berufungsgericht nicht unter Hinweis auf die Ausführungen des Sachverständigen La. hinweggehen , wonach der Schrittmacher noch eine voraussichtliche Funktions-
dauer von 1,08 Jahren gehabt habe. Dieser technische Sachverständige hatte sich nämlich mit der Frage, ob im Streitfall aufgrund der von der Klägerin aufgezeigten Umstände eine sofortige Schrittmacherkontrolle geboten war, überhaupt nicht befaßt. Eigene Sachkunde für die Beurteilung dieses Gesichtspunktes hat das Berufungsgericht nicht dargelegt. 2. Die Revision wendet sich ferner mit Erfolg gegen die Auffassung des Berufungsgerichts, die Klägerin habe nicht bewiesen, daß eine Schrittmacherkontrolle oder ein früherer Austausch des Schrittmachers nach unverzüglicher Einweisung der Klägerin in das CCB ihren Zusammenbruch und den daraus resultierenden Gesundheitsschaden vermieden hätten.
a) Ohne Rechtsfehler und von der Revision als ihr günstig nicht angegriffen ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, daß die vom erkennenden Senat entwickelten Grundsätze, wonach ein Verstoß des Arztes gegen die Pflicht zur Erhebung und Sicherung medizinischer Befunde Beweiserleichterungen für den Patienten zur Folge haben kann (vgl. Senatsurteile BGHZ 132, 47, 52 ff.; vom 6. Juli 1999 – VI ZR 290/98 – VersR 1999, 1282, 1284; vom 29. Mai 2001 - VI ZR 120/00 – VersR 2001, 1030, 1031 m.w.N.), auch im Streitfall herangezogen werden können. Die Batteriekapazität eines Herzschrittmachers kann unmittelbare Auswirkungen auf die Gesundheit des Patienten haben. Das rechtfertigt es, nach dem Vortrag der Klägerin mögliche Feststellungen hierzu der Erhebung medizinischer Befunde in rechtlicher Hinsicht gleichzustellen. Die Verpflichtung, die verbliebene Kapazität festzustellen, hat – ebenso wie die Pflicht zur Erhebung des Krankheitsstatus eines Patienten im engeren Sinne – den Zweck, Aufschluß über ein behandlungsbedürftiges Geschehen zu gewinnen, um dann die für die Gesundheit des Patienten nötigen Maßnahmen zu treffen. Verletzt der Arzt diese Pflicht, so erschwert oder vereitelt er dem Patienten wegen des Fehlens des sonst als Beweismittel zur
Verfügung stehenden Untersuchungsergebnisses die Beweisführung in einem späteren Haftpflichtprozeß. Dies rechtfertigt es, dem Patienten in einem solchen Fall Beweiserleichterungen zu gewähren (vgl. Senatsurteil BGHZ 132, 47, 52).
b) Das Berufungsgericht hat auch die Voraussetzungen, die an das Eingreifen derartiger Beweiserleichterungen zu stellen sind, nicht verkannt. Es hat im Ansatz zutreffend angenommen, daß auch eine - nicht grob - fehlerhafte Unterlassung der gebotenen Befunderhebung dann zu einer Umkehr der Beweislast hinsichtlich der Kausalität des Behandlungsfehlers für den eingetretenen Gesundheitsschaden führt, wenn sich bei Abklärung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein reaktionspflichtiges positives Ergebnis gezeigt hätte und sich die Verkennung dieses Befundes als fundamental oder die Nichtreaktion hierauf als grob fehlerhaft darstellen würde (vgl. Senatsurteile BGHZ 132, 47, 52 ff.; vom 6. Juli 1999 – VI ZR 290/98 – VersR 1999, 1282, 1283; vom 29. Mai 2001 – VI ZR 120/00 – aaO; vom 8. Juli 2003 – VI ZR 394/02 – VersR 2003, 1256, 1257 - jeweils m.w.N.; vgl. zum groben Befunderhebungsfehler BGHZ 138, 1, 5 f.).
c) Die Revision beanstandet jedoch zu Recht, daß das Berufungsgericht im Streitfall die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines reaktionspflichtigen positiven Ergebnisses unter Hinweis darauf verneint hat, daß auch ein Kammerflimmern allein den Zusammenbruch der Klägerin habe verursachen können. Bei dieser Argumentation hat das Berufungsgericht in unzulässiger Weise die Frage, ob die unterlassene Befunderhebung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein reaktionspflichtiges Ergebnis erbracht hätte, mit der Frage vermengt, ob der Befunderhebungsfehler den eingetretenen Gesundheitsschaden verursacht hat. Die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines reaktionspflichtigen Befundergebnisses ist unabhängig von der Kausalitätsfrage zu beurteilen. Sie darf insbesondere nicht mit der Begründung verneint werden, der Gesundheitsschaden
könne im Ergebnis auch infolge eines völlig anderen Kausalverlaufs eingetreten sein (vgl. Senatsurteil vom 27. Januar 1998 - VI ZR 339/96 - VersR 1998, 585, 586 a.E.). In den Fällen, in denen der Arzt gegen seine Pflicht zur Befunderhebung verstoßen hat, kommen nämlich wegen des Fehlens der sonst als Beweismittel zur Verfügung stehenden Untersuchungsergebnisse typischerweise verschiedene Schadensursachen in Betracht (vgl. Senatsurteil BGHZ 132, 47, 52). Von welcher dieser möglichen Ursachen auszugehen ist, ist Gegenstand des Kausalitätsbeweises, der bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen der Behandlungsseite auferlegt wird. Das Berufungsgericht hätte deshalb prüfen müssen, ob der Umstand, daß die Indikation zum Austausch des Herzschrittmachers seit unbekannter Zeit gegeben war, bei sofortiger Kontrolle mit hinreichender Wahrscheinlichkeit eine Unzuverlässigkeit des Schrittmachers ergeben hätte, deshalb ein sofortiger Austausch dringend angezeigt gewesen wäre und sich eine unterbliebene Reaktion auf diesen Umstand nach dem damaligen Stand der medizinischen Wissenschaft als grob fehlerhaft dargestellt hätte.

III.

Nach alledem war das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen , damit dieses die erforderlichen Feststellungen treffen kann. Es wird dabei auch den weiteren von der Revision geltend gemachten Einwänden nachzugehen haben, auf die es für die Revisionsentscheidung nicht ankommt. Bei der ergänzenden Sachaufklärung wird das Berufungsgericht insbesondere zu berücksichtigen haben, daß die Ausführungen des Sachverständi-
gen La., von denen auch der Sachverständige Prof. Dr. L. ausgegangen ist, nicht nur im Widerspruch zu den von der Klägerin vorgelegten Privatgutachten stehen, sondern auch nicht nachvollziehbar sind. Seine Berechnung und die von ihm hierbei zugrundegelegten Werte sind zum einen nicht im Einzelnen nachvollziehbar dargelegt, vom Berufungsgericht auch bisher nicht ersichtlich nachvollzogen worden und möglicherweise nicht frei von Widersprüchen. Insbesondere lassen die Ausführungen in seiner Stellungnahme vom 9. März 2000 Zweifel an der Richtigkeit seiner Berechnungen aufkommen. Diesen Zweifeln wird das Berufungsgericht bei der erforderlichen neuen Verhandlung und Entscheidung – gegebenenfalls durch Beauftragung eines weiteren technischen Sachverständigen – nachzugehen haben. Müller Greiner Diederichsen Pauge Stöhr
11
1. Legt eine Partei ein medizinisches Gutachten vor, das im Gegensatz zu den Erkenntnissen des gerichtlich bestellten Sachverständigen steht, so ist vom Tatrichter besondere Sorgfalt gefordert. Er darf in diesem Fall - wie auch im Fall sich widersprechender Gutachten zweier gerichtlich bestellter Sachverständiger - den Streit der Sachverständigen nicht dadurch entscheiden, dass er ohne einleuchtende und logisch nachvollziehbare Begründung einem von ihnen den Vorzug gibt (Senatsurteil vom 22. September 2004 - IV ZR 200/03 - VersR 2005, 676 unter II 2 b m.w.N.; vgl. auch BGH, Urteile vom 23. September 1986 - VI ZR 261/85 - VersR 1987, 179 unter II 2 a; 9. Juni 1992 - VI ZR 222/91 - VersR 1992, 1015 unter II 2 c; 11. Mai 1993 - VI ZR 243/92 - VersR 1993, 899 unter II 2 a; 14. Dezember 1993 - VI ZR 67/93 - VersR 1994, 480 unter II 1 b; 13. Februar 2001 - VI ZR 272/99 - VersR 2001, 722 unter II 2 a).
8
Nach 1. der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss der Tatrichter Äußerungen medizinischer Sachverständiger kritisch auf ihre Vollständigkeit und Widerspruchsfreiheit prüfen und insbesondere auf die Aufklärung von Widersprüchen hinwirken, die sich innerhalb der Begutachtung eines Sachverständigen wie auch zwischen den Äußerungen mehrerer Sachverständiger ergeben (BGH, Urteil vom 4. März 1997 - VI ZR 354/95 - NJW 1997, 1638 unter II 1 b). Dies gilt insbeson- dere bei der Beurteilung besonders schwieriger wissenschaftlicher Fragen (vgl. dazu schon BGH, Urteil vom 12. Januar 1962 - V ZR 179/60 - NJW 1962, 676 unter 1). Gerade in solchen Fällen müssen vorhandene weitere Aufklärungsmöglichkeiten genutzt werden, wenn sie sich anbieten und Erfolg versprechen (vgl. BGH, Urteil vom 4. März 1980 - VI ZR 6/79 - VersR 1980, 533 unter II 1 m.w.N.). Gleichermaßen ist im Berufungsrechtszug auf erkennbare Unterschiede zwischen einem erst- und einem zweitinstanzlichen Sachverständigengutachten einzugehen; entscheidungserheblichen Widersprüchen muss bereits von Amts wegen nachgegangen werden (BGH, Urteile vom 4. März 1980 aaO und vom 9. Juni 1992 - VI ZR 222/91 - NJW 1992, 2291 unter II 2 c; Musielak /Foerste, ZPO 6. Aufl. § 286 Rdn. 11). Erst wenn solche Aufklärungsbemühungen erfolglos geblieben sind, dürfen Diskrepanzen vom Tatrichter frei gewürdigt werden, indem einem Gutachten mit logisch nachvollziehbarer Begründung der Vorzug gegeben wird (vgl. BGH, Urteil vom 27. März 2001 - VI ZR 18/00 - VersR 2001, 859 unter II). In einem solchen Fall muss die Beweiswürdigung jedoch erkennen lassen, dass die einander widersprechenden Ansichten der Sachverständigen gegeneinander abgewogen worden sind und dass sich nach Herausarbeitung der abweichenden Standpunkte keine weiteren Aufklärungsmöglichkeiten ergeben haben (BGH, Urteil vom 23. September 1986 - VI ZR 261/85 - NJW 1987, 442 unter II 2 a).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VII ZR 16/15
vom
6. April 2016
in dem Rechtsstreit
ECLI:DE:BGH:2016:060416BVIIZR16.15.0

Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 6. April 2016 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Eick, den Richter Prof. Dr. Jurgeleit und die Richterinnen Graßnack, Sacher und Wimmer
beschlossen:
Der Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision wird stattgegeben. Das Urteil des 19. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 29. Dezember 2014 wird gemäß § 544 Abs. 7 ZPO aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Streitwert: 4.338.513,76 € im Verhältnis zur Klägerin zu 1: 1.392.040,60 € zur Klägerin zu 2: 480.014,00 € zum Kläger zu 3: 288.008,40 € zur Klägerin zu 4: 120.003,50 € zur Klägerin zu 5: 60.001,75 € zur Klägerin zu 6: 60.001,75 € zur Klägerin zu 7: 1.938.443,76 € (Zahlungsantrag: 1.796.666,76 € + Feststellung: 141.777 €)

Gründe:

I.

1
Die klagenden Versicherer, die Kläger zu 1 bis 6, nehmen die Beklagte aus übergegangenem Recht, die Klägerin zu 7 nimmt die Beklagte aus eigenem Recht wegen eines Brandes an einem von der Beklagten an die Klägerin zu 7 gelieferten Diffusionssystem auf Schadensersatz in Anspruch.
2
Die Rechtsvorgängerin der Klägerin zu 7, die E. GmbH, (im Folgenden nur: Klägerin zu 7) bestellte am 15. Januar 1998 das streitgegenständliche Diffusionssystem zu einem Preis von netto 1.260.000 DM. Dabei sollten die technischen Änderungen, die an einem anderen System vorgenommen worden waren , eingearbeitet werden. Mit Schreiben vom 19. Januar 1998 bestätigte die Beklagte den Auftrag. Dem Vertrag lagen "Ergänzende Bedingungen" zugrunde , die unter "XIII. Gewährleistung" eine Garantie für die einwandfreie Funktion der Anlage von 12 Monaten vorsahen. Die Anlage wurde nach einem Probelauf in der Zeit vom 28. August bis zum 30. November 1998 am 1. Dezember 1998 abgenommen. Die Klägerin zu 7 änderte das Diffusionssystem dahingehend ab, dass ein Hahnensystem eingebaut und der obere Teil der Tür des Diffusionsschranks abgesägt wurde.
3
Am 8. Dezember 2001 kam es zu einem Brand in dem Diffusionssystem, bei dem dieses vollständig zerstört wurde. Es kam darüber hinaus zu einer Betriebsunterbrechung bei der Klägerin zu 7. Die Reparatur bzw. der Wiederaufbau des Diffusionssystems wurde von der Beklagten durchgeführt. Sie stellte der Klägerin zu 7 hierfür einen Betrag in Höhe von 141.777 € netto in Rech- nung, dessen Bezahlung jedoch abgelehnt wurde.
4
Die Klägerin zu 7 fordert von der Beklagten den Ersatz von restlichen Reparaturkosten in Höhe von 296.666,76 € sowie eines Betriebsunterbre- chungsschadens in Höhe des von ihr zu tragenden Eigenanteils von 1.500.000 €, mithin die Zahlung von 1.796.666,76 €, sowie die Feststellung, dass der Beklagten kein Werklohnanspruch in Höhe von 141.777 € zusteht. Die Kläger zu 1 bis 6 verlangen aus übergegangenem Recht den Ersatz der von ihnen jeweils übernommenen Anteile des eingetretenen Betriebsunterbre- chungsschadens im Umfang von insgesamt 2.400.070 €.
5
Nachdem ein vom Landgericht am 2. März 2012 erlassenes Grundurteil auf die Berufung der Beklagten durch Urteil des Berufungsgerichts vom 14. Februar 2013 aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen worden war, hat dieses mit Teil- und Grundurteil vom 14. Februar 2014 der negativen Feststellungsklage der Klägerin zu 7 stattgegeben und die Klageanträge im Übrigen dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben. Das Berufungsgericht hat die Revision nicht zugelassen, wogegen sich die Beschwerde der Beklagten richtet. Sie will weiterhin die Abweisung der Klage erreichen.

II.

6
1. Das Berufungsgericht führt aus, das Landgericht sei zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass die Kläger, hiervon die Kläger zu 1 bis 6 aus abgetretenem Recht, von der Beklagten aus positiver Forderungsverletzung dem Grunde nach die zur Behebung der Schäden an dem verbrannten Diffusionssystem erforderlichen Kosten und den Betriebsausfallschaden ersetzt verlangen könnten. Der Vertrag sei als Werklieferungsvertrag über nicht vertretbare Sachen zu qua- lifizieren, auf welchen gemäß § 651 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 BGB a.F. Werkvertragsrecht Anwendung finde. Zu Recht sei das Landgericht weiter davon ausgegangen, dass es sich bei den verfolgten Zahlungsansprüchen der Kläger um solche aus positiver Vertragsverletzung handele, welche nicht verjährt seien.
7
Das Landgericht habe das Ergebnis der Beweisaufnahme zutreffend dahingehend gewürdigt, dass nach den - in sich schlüssigen und nachvollziehbaren - Ausführungen des Sachverständigen D. der streitgegenständliche Brand dadurch entstanden sei, dass austretender Wasserstoff an die sich in der Umgebung des Bubblers befindlichen Zündquellen gelangt sei; insoweit habe die von der Beklagten ausgeführte Konstruktion nicht den Brandschutzbestimmungen entsprochen. Auch die weitere Würdigung des Landgerichts, der zufolge die von der Klägerin zu 7 unstreitig durchgeführten Änderungen - Einbau eines Hahnensystems und Absägen des oberen Teils der Tür des Diffusionsschranks - auf die Brandursache keinen Einfluss gehabt hätten, sei rechtlich nicht zu beanstanden. Insbesondere habe die Klägerin zu 7 - wie die nach erfolgter Zurückverweisung des Rechtsstreits durchgeführten Zeugenvernehmungen ergeben hätten - zwischen Abnahme und Brand keine weiteren Änderungen am Diffusionssystem vorgenommen. Allein die Tatsache, dass sich auf den nach dem Brand gefertigten Lichtbildern im Bereich des Bubblers "undefinierbare Gegenstände" fänden, welche im Ursprungszustand nicht vorhanden gewesen seien, lasse keinen zwingenden Rückschluss auf eine technische Änderung zu. Denn es sei ohne weiteres möglich, dass solche Gegenstände als Brandschrott infolge der Löscharbeiten an diesen Ort gelangt seien.
8
Der Sachverständige D. habe bei seiner ergänzenden Anhörung im Termin vom 18. Dezember 2014 die sich aus den von der Beklagten vorgelegten Privatgutachten ergebenden Kernaussagen - in Übereinstimmung mit seinen bisherigen gutachterlichen Ausführungen - in schlüssiger und in sich nachvollziehbarer Weise widerlegt. Vor diesem Hintergrund sei die Einholung eines gänzlich neuen Sachverständigengutachtens nicht veranlasst, da die Voraussetzungen des § 412 Abs. 1 ZPO nicht gegeben seien.
9
2. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten führt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
10
Die Beschwerde rügt zu Recht, dass das Berufungsgericht sich nicht hinreichend mit den Einwendungen der von der Beklagten hinzugezogenen Privatsachverständigen auseinandergesetzt und damit das Recht der Beklagten auf Gewährung rechtlichen Gehörs gemäß Art. 103 Abs. 1 GG in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
11
a) Ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG liegt vor, wenn sich aus den Umständen klar ergibt, dass das Gericht seiner Pflicht nicht nachgekommen ist, entscheidungserhebliche Ausführungen der Parteien zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Das ist der Fall, wenn das Gericht zu einer Frage, die für das Verfahren von zentraler Bedeutung ist, trotz entsprechenden Parteivortrags in den Entscheidungsgründen nicht Stellung nimmt (BGH, Beschluss vom 27. Januar 2010 - VII ZR 97/08, BauR 2010, 931 Rn. 8; BVerfG, NJW 2009, 1584 Rn. 14; NJW-RR 1995, 1033, 1034, juris Rn. 21). Zwar muss sich das Gericht nicht mit jedem von einer Partei vorgebrachten Gesichtspunkt auseinandersetzen. Das Gericht verstößt jedoch gegen das Recht einer Partei auf rechtliches Gehör, wenn es im Urteil nicht zu erkennen gibt, dass es den Streit zwischen dem gerichtlichen Sachverständigen und dem von der Partei beauftragten Privatgutachter sorgfältig und kritisch gewürdigt und die Streitpunkte zumindest mit dem gerichtlichen Sachverständigen erörtert hat. Das Gericht muss mit einleuchtender und logisch nachvollziehbarer Begründung einer der Auffassungen den Vorzug geben. Die Entscheidungsgründe müssen zudem erkennen lassen, dass eine Auseinandersetzung mit den Einwendungen stattgefunden hat, die sich aus dem Privatgutachten ergeben (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Dezember 2015 - VI ZR 557/15, NJW 2016, 639 Rn. 5 f.; Beschluss vom 27. Januar 2010 - VII ZR 97/08, aaO Rn. 9 m.w.N.).
12
b) Die Begründung des Berufungsurteils trägt diesen Anforderungen nicht hinreichend Rechnung. Das Berufungsgericht hat zwar im Hinblick auf von ihm formulierte Kernaussagen der von der Beklagten beigebrachten Privatgutachten eine Anhörung des Sachverständigen D. angeordnet. Die Entscheidungsgründe lassen jedoch nicht erkennen, dass sich das Berufungsgericht mit den nachfolgend benannten Einwendungen der Beklagten, die sich aus den vorgelegten Privatgutachten ergeben, in hinreichendem Maße auseinandergesetzt hat.
13
Im Einzelnen geht es um folgende Einwände:
14
aa) Die Beklagte hat gegenüber dem Vorwurf, das von der Beklagten gelieferte Diffusionssystem weise Konstruktionsfehler auf, unter Bezugnahme auf die Ausführungen des Sachverständigen B. (Bezug auf Bl. 990 d. A.), die auch von dem von der Beklagten beauftragten Sachverständigen K. geteilt werden (Bezug auf Bl. 835 und Bl. 1532 ff. d. A.), vorgebracht, dass nach Untersuchungen an einem baugleichen Diffusionssystem die Menge an austretendem Wasserstoff durch Ventilgruppen beschränkt sei und eine zündfähige Konzentration an den vom Sachverständigen D. als Zündquelle bezeichneten Stellen nicht auftreten könne. Die Installation eines Gaswarnmelders im oberen Teil des Diffusionsschranks habe dem Stand der Technik entsprochen. Wasserstoff sei aufgrund seiner physikalischen Eigenschaft leichter als Luft und bewege sich nach oben, nicht dagegen seitlich. Der Vermischungsprozess verlaufe so schnell, dass bereits nach wenigen Zentimetern von der Austrittsstelle davon auszugehen sei, dass kein zündfähiges Gemisch mehr vorliege. Die Aufkonzentration von Wasserstoff werde außerdem durch die installierte Absauganlage verhindert.
15
Das Berufungsgericht hat sich mit diesem Vorbringen der Beklagten nicht auseinandergesetzt. Es führt insbesondere nicht aus, aus welchen Gründen diese auf die von der Beklagten eingeholten Privatgutachten gestützten Einwendungen durch die Äußerungen des Sachverständigen D. im Rahmen des Termins vom 18. Dezember 2014 oder seine schriftlichen Ausführungen in den erstatteten Gutachten widerlegt werden. Welche Feststellungen der Sachverständige D. zu diesen Einwendungen getroffen hat, lässt sich den Entscheidungsgründen nicht entnehmen. Es fehlt daher an einer schlüssigen Begründung , warum die Darlegungen des Sachverständigen D. im Ergebnis für schlüssig und in sich nachvollziehbar gehalten werden. Dies begründet einen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG.
16
bb) Die Beklagte hat, gestützt auf das von ihr in Auftrag gegebene Gutachten des Sachverständigen K., in Frage gestellt, dass im Zeitpunkt des Brands überhaupt ein Bubbler 1 eingebaut gewesen sei, an dem sich nach den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen D. der Brand entzündet haben solle. Den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen, der Bubbler 1 sowie der Wassereinlauf seien offensichtlich verbrannt, hat die Beklagte entgegengehalten, dass die vordere Anschlussarmatur nach dem Brand noch unverbrannt am Boden vorgefunden worden sei und auch die Durchgangsverschraubung thermisch weitgehend unbeschädigt geblieben sei, was mit dem vom Gerichtssachverständigen unterstellten Ablauf des Schadensereignisses nicht in Einklang zu bringen sei (Bezug auf Bl. 1412, 1435 ff. und 1739 d. A.).
Die Beklagte hat zudem unter Benennung des Zeugen M. behauptet, dass es sich bei der Bubblerflasche nicht um eine geschlossene Flasche gehandelt habe und somit ein "Wegschleudern" der Durchgangsverschraubung nicht in Betracht komme (Bezug auf Bl. 1361 d. A.). Die Beklagte hat darüber hinaus geltend gemacht, dass der Bubbler aus Duran-Glas hergestellt sei und dieses Material bei Hitzeeinwirkung nicht zerplatze (Bezug auf Bl. 1413 f. und Bl. 1362 d. A.).
17
Das Berufungsgericht hat sich in den Entscheidungsgründen mit diesen Einwänden der Beklagten in keiner Weise auseinandergesetzt, den angebotenen Beweis nicht erhoben und auch nicht erläutert, welche gegenteiligen Ausführungen des Sachverständigen D. die Würdigung tragen, dessen Ausführungen seien nachvollziehbar und in der Sache überzeugend. Damit verletzt das Berufungsgericht ebenfalls den Anspruch der Beklagten auf rechtliches Gehör, Art. 103 Abs. 1 GG.
18
cc) Die Beklagte hat weitere Einwendungen auf den vorgefundenen Brandtrichter gestützt und auf die Auswertungen der an der tiefsten Stelle des Brandtrichters festzustellenden Brandschäden (Bezug auf Bl. 1732-1736 d. A.). Sie hat dem Gerichtssachverständigen, gestützt auf das Privatgutachten des Sachverständigen K., vorgeworfen, ohne hinreichende Befundtatsachen und unter Missachtung gegenteiliger Indizien von einem atypischen Verlauf des Brandes ausgegangen zu sein. Die tiefste Stelle des Brandtrichters habe sich neben dem Temperierbecken im Bodenbereich befunden (Bezug auf Bl. 1435 ff. d. A., Abbildung 5). Der Gerichtssachverständige sei von einer Brandverlagerung durch abtropfendes, brennendes Plexiglas ausgegangen, welches die Schäden unterhalb eines Ausbrandtrichters hervorrufen könne. Spuren von abtropfendem Kunststoff seien jedoch nur auf dem Boden außerhalb des Diffusionsschranks feststellbar gewesen (Bezug auf Bl. 1435 ff. d. A., S. 10 ff. des Gutachtens K.). Der Sachverständige K. habe festgestellt, dass auf dem Kunststoffbelag, auf dem die Tropfspuren festgestellt worden seien, keine Brandschäden entstanden seien. Für die vom Gerichtssachverständigen angenommene Brandverlagerung fehle es daher an Anknüpfungstatsachen. Der Sachverständige K. habe zudem aus anderen Befundtatsachen gefolgert, dass Kunststoff nicht nach innen in den Schrank getropft sein könne. Auf der Türschwelle seien keine Tropfspuren erkennbar gewesen. Diese sei auch nicht, wie vom Gerichtssachverständigen angenommen, durch ein Türblatt verdeckt gewesen. An der fraglichen Stelle unter der Schuhmacherquelle und oberhalb des Temperierbeckens habe sich zudem lediglich eine geschlossene Metallplatte befunden, so dass nicht erklärbar sei, welcher Kunststoff im Inneren verbrannt sein solle.
19
Das Berufungsgericht hat sich mit diesen auf dem Gutachten des Sachverständigen K. beruhenden Einwendungen der Beklagten allerdings teilweise befasst, soweit es um die Auswertung der an der tiefsten Stelle des Brandtrichters festzustellenden Brandschäden und die Schlussfolgerungen geht, die aufgrund der Spuren von abgetropftem Kunststoff außerhalb des Diffusionsschranks gezogen werden können. Ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG ist gleichwohl gegeben, weil sich dem Berufungsurteil zum einen nicht plausibel entnehmen lässt, welche Bedeutung diesen Abtropfspuren im Rahmen der Beurteilung der Brandursache zukommt, und nicht begründet wird, warum die Ausführungen des Sachverständigen D., auch im Inneren des Diffusionsschranks sei ein Abtropfen für ihn möglich, in sich nachvollziehbar und überzeugend sind. Zum anderen ist die Auseinandersetzung mit den Einwänden der Beklagten nicht vollständig. Das Berufungsgericht nimmt keine Stellung dazu, warum sich an der Beurteilung des Gerichtssachverständigen nichts ändert, wenn der Kunststoffbelag unter den Tropfspuren außerhalb des Diffusionsschranks keine Brandschäden aufweist. Außerdem fehlt eine Erklärung dafür, welche Bauteile im Inneren des Diffusionsschranks verbrannt und nach innen abgetropft sein sollen.
20
Der von der Beklagten gerügte Gehörsverstoß ist entscheidungserheblich , weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass das Berufungsgericht bei Berücksichtigung der Einwände der Beklagten zu einem für diese günstigeren Ergebnis gelangt wäre. Denn es ist nicht völlig fernliegend, dass der Gerichtssachverständige bei Berücksichtigung dieser Einwände eine Brandquelle unterhalb des Bubblers 1 nicht sicher hätte ausschließen können, so dass in diesem Fall der Beweis zugunsten der Kläger nicht als geführt angesehen werden könnte, dass der Brand aufgrund einer unzureichenden Konstruktion des von der Beklagten gelieferten Diffusionssystems entstanden ist.
21
dd) Die Beklagte hat weiter geltend gemacht, als alternative Brandursache komme in Betracht, dass sich am Boden der Anlage Bauteile entzündet hätten, die nicht von ihr eingebaut worden seien. Es seien an der tiefsten Stelle des Brandtrichters kabelähnliche Gegenstände zu erkennen, die wahrscheinlich Reste eines elektrischen Verbrauchers darstellten (Bezug auf Bl. 1435 ff., Bl. 1535 und Bl. 1729, 1732 d. A.). Der Zeuge P. habe zudem bekundet, dass auf den vom Brandort gefertigten Lichtbildern eine Wanne zu sehen sei (Bezug auf das Sitzungsprotokoll des Landgerichts vom 26. September 2013, Bl. 1653 f. d. A.). Dieser Befund sei von den Privatsachverständigen B. und K. bestätigt worden (Bezug auf Bl. 989, 991 und Bl. 1538 d. A.). Nach der Aussage des Zeugen P. stamme die Wanne nicht von der Beklagten. Die Annahme des Berufungsgerichts, es handele sich um Brandschrott, der infolge von Löscharbeiten dort hingelangt sei, lasse sich nicht damit in Einklang bringen, dass die Brandspuren an der Wanne mit den weiteren lokalen Brandspuren übereinstimmten (Bezug auf Bl. 1734 ff. d. A.).
22
Das Berufungsgericht hat hinsichtlich der Gegenstände, die nach der Behauptung der Beklagten nachträglich und ohne ihre Veranlassung in die Diffusionsanlage eingefügt worden seien, in Übereinstimmung mit dem Landgericht angenommen, nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei davon auszugehen , dass zwischen Abnahme und Brand keine weiteren Änderungen am Diffusionssystem vorgenommen worden seien. Die auf den nach dem Brand gefertigten Lichtbildern im Bereich des Bubblers 1 abgebildeten "undefinierbaren Gegenstände" ließen keinen Rückschluss auf eine technische Änderung zu, weil diese Gegenstände als Brandschrott infolge der Löscharbeiten an diesen Ort gelangt sein könnten. Mit den gegen diese Feststellungen vorgebrachten Einwänden der Beklagten, die geeignet sind, die gegenteiligen Zeugenaussagen in Frage zu stellen, setzt sich das Berufungsgericht dagegen nicht auseinander.
23
Das Berufungsurteil beruht auch insoweit auf einer Verletzung des Anspruchs der Beklagten auf Gewährung rechtlichen Gehörs, Art. 103 Abs. 1 GG, weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass das Berufungsgericht bei Berücksichtigung des Vorbringens der Beklagten zu einem für diese günstigeren Ergebnis gelangt wäre. Die Einwände der Beklagten sind erheblich, weil durch sie eine alternative Brandursache nahegelegt wird und der vom Gerichtssach- verständigen gezogene Rückschluss auf eine unzureichende Konstruktion des von der Beklagten gelieferten Diffusionsschranks für den Fall, dass diese Ursache nicht sicher ausgeschlossen werden kann, nicht haltbar wäre.
Eick Herr Richter am Bundesge- Graßnack richtshof Prof. Dr. Jurgeleit ist wegen Krankheit an der Unterschrift gehindert Eick
Sacher Wimmer

Vorinstanzen:
LG Ulm, Entscheidung vom 14.02.2014 - 2 O 276/05 -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 29.12.2014 - 19 U 42/14 -

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 210/03 Verkündet am:
5. Oktober 2004
Weber,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
_____________________
BGB §§ 276 E, 676 f, 676 h; Bedingungen der Sparkassen für die Verwendung
der ec-Karte (Fassung Juni 1999) A. III. 2.4

a) Wird zeitnah nach dem Diebstahl einer ec-Karte unter Verwendung dieser Karte
und Eingabe der richtigen persönlichen Geheimzahl (PIN) an Geldausgabeautomaten
Bargeld abgehoben, spricht grundsätzlich der Beweis des ersten Anscheins
dafür, daß der Karteninhaber die PIN auf der ec-Karte notiert oder gemeinsam
mit dieser verwahrt hat, wenn andere Ursachen für den Mißbrauch
nach der Lebenserfahrung außer Betracht bleiben.

b) Die Möglichkeit eines Ausspähens der persönlichen Geheimzahl (PIN) durch
einen unbekannten Dritten kommt als andere Ursache grundsätzlich nur dann in
Betracht, wenn die ec-Karte in einem näheren zeitlichen Zusammenhang mit
der Eingabe der PIN durch den Karteninhaber an einem Geldausgabeautomaten
oder einem POS-Terminal entwendet worden ist.
BGH, Urteil vom 5. Oktober 2004 - XI ZR 210/03 - LG Duisburg
AG Duisburg
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 5. Oktober 2004 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe
und die Richter Dr. Müller, Dr. Wassermann, Dr. Appl und
Dr. Ellenberger

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg vom 8. Mai 2003 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin begehrt die Auszahlung von Geldbeträg en, die nach Abhebungen an Geldausgabeautomaten von der beklagten Sparkasse ihrem Girokonto belastet worden sind.
Die Klägerin unterhielt bei der Beklagten ein Giro konto. Für dieses erteilte die Beklagte der Klägerin im November 1999 eine ec-Karte und eine persönliche Geheimnummer (PIN). Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten für die Verwendung der ec-Karte enthielten unter anderem folgende Regelungen:
"Für Schäden, die vor der Verlustanzeige entstanden sind, haftet der Kontoinhaber, wenn sie auf einer schuldhaften Verletzung seiner Sorgfalts- und Mitwirkungspflichten beruhen. ... Die Sparkasse übernimmt auch die vom Kontoinhaber zu tragenden Schäden, die vor der Verlustanzeige entstanden sind, sofern der Karteninhaber seine Sorgfalts- und Mitwirkungspflichten ... nicht grob fahrlässig verletzt hat. Grobe Fahrlässigkeit des Karteninhabers liegt insbesondere vor, wenn - die persönliche Geheimzahl auf der ec-Karte vermerkt oder zusammen mit der ec-Karte verwahrt war (z.B. der Originalbrief, in dem die PIN dem Karteninhaber mitgeteilt wurde), - die persönliche Geheimzahl einer anderen Person mitgeteilt und der Mißbrauch dadurch verursacht wurde, ..." Mit der ec-Karte der Klägerin wurden an Geldausgab eautomaten zweier anderer Sparkassen ohne Fehlversuch unter Eingabe der richtigen PIN am 23. September 2000 gegen 17.30 Uhr zweimal 500 DM und am Morgen des folgenden Tages 1.000 DM abgehoben. Am 25. September 2000 veranlaßte die Klägerin die Sperrung ihrer ec-Karte. Die Beklagte belastete das Girokonto der Klägerin mit den abgehobenen Beträgen.
Die Klägerin macht geltend, ihr seien am 23. Septe mber 2000 zwischen 15.00 Uhr und 17.00 Uhr auf einem Stadtfest ihr Portemonnaie und die darin befindliche ec-Karte entwendet worden. Ihre persönliche Geheimzahl habe sie nirgendwo notiert, sondern ausschließlich als Telefonnummer in ihrem Mobiltelefon gespeichert gehabt. Dieses sei nicht gestohlen worden. Der Dieb müsse die persönliche Geheimzahl ent-
schlüsselt oder Mängel des Sicherheitssystems der Beklagten zur Geheimhaltung des Institutsschlüssels ausgenutzt haben.
Das Amtsgericht hat der auf Zahlung von 2.000 DM n ebst Zinsen gerichteten Klage stattgegeben, das Landgericht hat sie abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist unbegründet.

I.


Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im wes entlichen wie folgt begründet:
Die Klage sei unbegründet. Die Beklagte habe das G irokonto der Klägerin zu Recht mit 2.000 DM belastet. Die Klägerin sei ihr wegen positiver Verletzung des Girovertrages in dieser Höhe zum Schadensersatz verpflichtet. Zugunsten der Beklagten spreche der Beweis des ersten Anscheins, daß die Klägerin ihre Sorgfaltspflichten zur Aufbewahrung der ec-Karte oder zur Geheimhaltung der persönlichen Geheimzahl grob fahrlässig verletzt habe. Insbesondere komme in Betracht, daß sie die persönliche Geheimzahl auf der ec-Karte vermerkt oder zusammen mit der ec-Karte verwahrt habe. Anders als durch ein grob fahrlässiges Ver-
halten der Klägerin seien die drei Barabhebungen an Geldautomaten durch einen unbefugten Dritten (den Dieb oder einen Komplizen) jeweils ohne jeglichen Fehlversuch bei der Eingabe der PIN nach der Lebenserfahrung nicht zu erklären.
Die PIN der Klägerin und der 128-BIT-Schlüssel des PIN-Systems der von der Beklagten im November 1999 an die Klägerin ausgegebenen ec-Karte hätten am 23. September 2000 nicht entschlüsselt werden können. Nach dem eingeholten Sachverständigengutachten sei es mathematisch ausgeschlossen, die PIN einzelner Karten mit Hilfe von auf ihnen gefundenen Informationen ohne die vorherige Erlangung des Institutsschlüssels zu errechnen; es sei auch mit größtmöglichem finanziellen Einsatz nicht möglich, einen Rechner zu bauen, der eine solche Berechnung des Institutsschlüssels erlaube. Die von dem Sachverständigen erwogenen anderen theoretischen Möglichkeiten, wie ein Täter ohne grob sorgfaltswidriges Verhalten der Klägerin an die PIN ihrer ec-Karte gekommen sein könnte, schlössen weder einen Anscheinsbeweis zu Lasten der Klägerin aus noch könnten sie hier diesen Anschein erschüttern. Denn sämtliche theoretische Möglichkeiten kämen entweder im allgemeinen oder im konkreten Fall ernsthaft nicht in Betracht. Ersteres gelte für sogenannte "Innentäterattacken", d.h. für Angriffe von Mitarbeitern des Kreditinstituts gegen den Institutsschlüssel, für Angriffe gegen die im Rechenzentrum des Kreditinstituts im Umfeld der TransaktionsAutorisierung ablaufende Software oder unbeabsichtigte Sicherheitslükken dieser Software, die eine Geldabhebung auch ohne zutreffende PIN erlauben oder einem Innentäter Angriffsmöglichkeiten bieten könnten. Nach den Ausführungen des Sachverständigen gebe es keine Hinweise dafür, daß solche Möglichkeiten jemals konkret für kriminelle Handlun-
gen entdeckt und ausgenutzt worden seien. Schließlich lägen im konkreten Fall auch keine Anhaltspunkte dafür vor, daß der Täter die PIN der Klägerin ausgespäht habe.

II.


Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung im Ergebnis stand.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruc h gemäß §§ 667, 675 Abs. 1, § 676 f BGB oder §§ 700 Abs. 1, 607 BGB a.F. auf Auszahlung der von einem Dritten unberechtigt abgehobenen 2.000 DM. Die Beklagte hat das Konto der Klägerin zu Recht mit den am 23. und 24. September 2000 an Geldausgabeautomaten erfolgten Barabhebungen in Höhe von insgesamt 2.000 DM belastet.
1. Die Beklagte hat zwar nach dem - hier gemäß Art . 229 § 2 Abs. 1 EGBGB bereits anwendbaren - § 676 h Satz 1 BGB keinen Aufwendungsersatzanspruch gemäß §§ 670, 675 Abs. 1, § 676 f BGB gegen die Klägerin. Die Beklagte hat nicht bewiesen, daß die hier in Rede stehenden Geldabhebungen von der Klägerin selbst oder mit ihrem Einverständnis durch einen Dritten vorgenommen worden sind. Vielmehr ist das Berufungsgericht zu der Feststellung gelangt, daß die Geldabhebungen durch einen unbefugten Dritten, nämlich den Dieb oder einen Komplizen mit Hilfe der Original-ec-Karte, erfolgt sind. Das wird auch von der Revisionserwiderung nicht in Zweifel gezogen.
2. Der Beklagten steht aber gegen die Klägerin ein Schadensersatzanspruch wegen positiver Vertragsverletzung zu, den sie in das Kontokorrent einstellen (vgl. BGHZ 84, 371, 376) und mit dem sie das Girokonto der Klägerin belasten durfte. Die Klägerin haftet für die durch die mißbräuchliche Verwendung ihrer ec-Karte entstandenen Schäden, weil diese auf einer grob fahrlässigen Verletzung der Sorgfalts- und Mitwirkungspflichten der Klägerin beruhen. Das Berufungsgericht hat im Ergebnis zutreffend angenommen, zugunsten der hierfür beweispflichtigen Beklagten spreche der Beweis des ersten Anscheins, daß die Klägerin ihre Pflicht zur Geheimhaltung der persönlichen Geheimzahl verletzt hat, indem sie diese auf der ec-Karte vermerkt oder zusammen mit der ecKarte verwahrt hat.

a) Das Vermerken der persönlichen Geheimzahl auf d er ec-Karte oder ihre Verwahrung zusammen mit dieser stellt - wovon auch Nr. A. III. 2.4 der Bedingungen für die Verwendung der ec-Karte ausgeht - eine grobe Fahrlässigkeit des Karteninhabers dar; dabei trägt die Bewertung dieser Handlungsweisen als grob fahrlässig dem Umstand Rechnung, daß dadurch der besondere Schutz, den die für Abhebungen neben der ec-Karte zusätzlich benötigte Geheimnummer bietet, aufgehoben wird, weil ein Unbefugter, dem ec-Karte und Geheimnummer gemeinsam in die Hände fallen, ohne weiteres Abhebungen vornehmen kann (BGHZ 145, 337, 340 f.).

b) Zu Recht ist das Berufungsgericht zu dem Ergebn is gelangt, der Beweis des ersten Anscheins spreche dafür, daß die Klägerin die persönliche Geheimzahl auf ihrer ec-Karte vermerkt oder sie zusammen mit
dieser verwahrt habe. Diesen Beweis des ersten Anscheins hat die Klägerin nicht erschüttert.
aa) Die Frage, ob ein Anscheinsbeweis eingreift, u nterliegt der Prüfung durch das Revisionsgericht (BGHZ 100, 31, 33; BGH, Urteil vom 17. Februar 1988 - IVa ZR 277/86, NJW-RR 1988, 789, 790). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind die Grundsätze über den Beweis des ersten Anscheins nur bei typischen Geschehensabläufen anwendbar, d.h. in Fällen, in denen ein bestimmter Sachverhalt feststeht, der nach der allgemeinen Lebenserfahrung auf eine bestimmte Ursache oder auf einen bestimmten Ablauf als maßgeblich für den Eintritt eines bestimmten Erfolges hinweist (BGHZ 100, 31, 33; BGH, Urteile vom 23. Januar 1997 - I ZR 29/94, WM 1997, 1493, 1496 und vom 4. Dezember 2000 - II ZR 293/99, NJW 2001, 1140, 1141). Dabei bedeutet Typizität nicht, daß die Ursächlichkeit einer bestimmten Tatsache für einen bestimmten Erfolg bei allen Sachverhalten dieser Fallgruppe notwendig immer vorhanden ist; sie muß aber so häufig gegeben sein, daß die Wahrscheinlichkeit, einen solchen Fall vor sich zu haben, sehr groß ist (BGH, Urteil vom 6. März 1991 - IV ZR 82/90, VersR 1991, 460, 462).
Spricht ein Anscheinsbeweis für einen bestimmten U rsachenverlauf , kann der Inanspruchgenommene diesen entkräften, indem er Tatsachen darlegt und gegebenenfalls beweist, die die ernsthafte, ebenfalls in Betracht kommende Möglichkeit einer anderen Ursache nahelegen (BGH, Urteile vom 3. Juli 1990 - VI ZR 239/89, NJW 1991, 230, 231 m.w.Nachw. und vom 17. Januar 1995 - X ZR 82/93, VersR 1995, 723, 724). Der Anscheinsbeweis kann auch erschüttert werden, wenn unstreitig oder vom Inanspruchgenommenen bewiesen ist, daß ein schädigen-
des Ereignis durch zwei verschiedene Ursachen mit jeweils typischen Geschehensabläufen herbeigeführt worden sein kann und jede für sich allein den Schaden verursacht haben kann; haftet der Inanspruchgenommene in einem solchen Fall nur für eine der möglichen Ursachen, sind die Regeln über den Anscheinsbeweis nicht anwendbar (BGHZ 24, 308, 313; BGH, Urteile vom 20. Juni 1978 - VI ZR 15/77, NJW 1978, 2032, 2033 und vom 17. Januar 1995 - X ZR 82/93, VersR 1995, 723, 724). Dabei kommt es nicht darauf an, ob die eine oder andere Verursachungsmöglichkeit nach den Erfahrungen des täglichen Lebens die wahrscheinlichere ist (BGHZ 24, 308, 313; BGH, Urteil vom 17. Februar 1988 - IVa ZR 277/86, NJW-RR 1988, 789, 790 m.w.Nachw.).
bb) Nach diesen Maßstäben greift im Ergebnis der B eweis des ersten Anscheins zu Lasten der Klägerin ein, daß sie ihre persönliche Geheimzahl entweder auf ihrer ec-Karte notiert oder sie gemeinsam mit dieser aufbewahrt hat.
(1) Das Berufungsurteil ist allerdings rechtsfehle rhaft, soweit das Berufungsgericht einen Beweis des ersten Anscheins unter anderem dafür angenommen hat, daß die Klägerin ihre Sorgfaltspflichten zur Aufbewahrung der ec-Karte grob fahrlässig verletzt habe. Es besteht kein allgemeiner Erfahrungssatz des Inhalts, daß eine Person, der bei einem Straßenfest das Portemonnaie mit der darin befindlichen ec-Karte entwendet wird, diesen Diebstahl in grob fahrlässiger Weise ermöglicht hat. Feststellungen zur Art und Weise der Aufbewahrung von Portemonnaie nebst ec-Karte seitens der Klägerin hat das Berufungsgericht nicht getroffen. Es kann deshalb nicht ausgeschlossen werden, daß die Aufbe-
wahrung des Portemonnaie durch die Klägerin nicht sorgfaltswidrig war oder den Diebstahl in nur leicht fahrlässiger Weise ermöglicht hat.
(2) Der Senat hat bisher offengelassen, ob in Fäll en, in denen an Geldausgabeautomaten unter Verwendung der zutreffenden Geheimzahl Geld abgehoben wurde, der Beweis des ersten Anscheins dafür spricht, daß entweder der Kartenbesitzer als rechtmäßiger Kontoinhaber die Abhebungen selbst vorgenommen hat oder - was hier nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts allein in Betracht kommt - daß ein Dritter nach der Entwendung der ec-Karte von der Geheimnummer nur wegen ihrer Verwahrung gemeinsam mit der ec-Karte Kenntnis erlangen konnte (BGHZ 145, 337, 342). In der Rechtsprechung der Instanzgerichte und in der Literatur wird ein entsprechender Beweis des ersten Anscheins zu Lasten des Kontoinhabers überwiegend angenommen (OLG Frankfurt - 8. Zivilsenat - WM 2002, 2101, 2102 f.; OLG Stuttgart WM 2003, 125, 126 f.; LG Hannover WM 1998, 1123 f.; LG Stuttgart WM 1999, 1934 f.; LG Frankfurt am Main WM 1999, 1930, 1932 f.; LG Darmstadt WM 2000, 911, 913 f.; LG Köln WM 2001, 852, 853; LG Berlin - 52. Zivilkammer - WM 2003, 128, 129; AG Diepholz WM 1995, 1919, 1920; AG Hannover WM 1997, 1207, 1208 f.; AG Wuppertal WM 1997, 1209; AG Charlottenburg WM 1997, 2082; AG Dinslaken WM 1998, 1126; AG Osnabrück WM 1998, 1127, 1128; AG Frankfurt am Main NJW 1998, 687 f. und BKR 2003, 514, 516; AG Flensburg VuR 2000, 131 f.; AG Hohenschönhausen WM 2002, 1057, 1058 f.; AG Regensburg WM 2002, 2105, 2106 f.; AG Nürnberg WM 2003, 531, 532 f.; AG Charlottenburg WM 2003, 1174, 1175; Werner WM 1997, 1516; Aepfelbach/Cimiotti WM 1998, 1218; Gößmann WM 1998, 1264, 1269; Palandt/Sprau, BGB 63. Aufl. § 676 h Rdn. 13; Musielak/Foerste,
ZPO 3. Aufl. § 286 Rdn. 26), von einem erheblichen Teil aber verneint (OLG Hamm WM 1997, 1203, 1206 f.; OLG Frankfurt - 7. Zivilsenat - WM 2001, 1898; OLG Frankfurt - 24. Zivilsenat - WM 2002, 1055, 1056 f.; LG Berlin - 51. Zivilkammer - WM 1999, 1920; LG Dortmund CR 1999, 556, 557; LG Mönchengladbach VuR 2001, 17, 18; LG Osnabrück WM 2003, 1951, 1953; AG Buchen VuR 1998, 42 f.; AG Hamburg VuR 1999, 88, 89 f.; AG Berlin-Mitte VuR 1999, 201, 202 f. und EWiR 2003, 891; AG Frankfurt am Main WM 1999, 1922, 1924 ff.; AG München NJW-RR 2001, 1056, 1057; AG Dortmund BKR 2003, 912, 913; AG Essen BKR 2003, 514; Pausch CR 1997, 174; Strube WM 1998, 1210, 1212 ff.; Zöller/Greger, ZPO 24. Aufl. vor § 284 Rdn. 31). Dabei betrifft der überwiegende Teil der veröffentlichten Entscheidungen und Literaturstimmen allerdings das ab Ende 1997 abgelöste alte Verfahren zur Erzeugung und Verifizierung der persönlichen Geheimzahl mit Hilfe eines geheimen Instituts- oder Poolschlüssels in einer Breite von 56 BIT und ist daher für die Beurteilung der Sicherheit der ab diesem Zeitpunkt eingeführten neuen Verschlüsselungsverfahren nur sehr eingeschränkt aussagekräftig.
(3) Mit dem Berufungsgericht ist der Senat der Auf fassung, daß in einem Fall der hier vorliegenden Art der Beweis des ersten Anscheins für ein grob fahrlässiges Verhalten des Karteninhabers im Zusammenhang mit der Geheimhaltung seiner persönlichen Geheimzahl spricht.
(a) Die Grundsätze über den Anscheinsbeweis sind e ntgegen der Auffassung der Revision nicht deshalb unanwendbar, weil es mehrere theoretische und praktische Möglichkeiten der Kenntniserlangung von der persönlichen Geheimzahl durch einen Dritten gibt. Zu Recht ist das
Berufungsgericht vielmehr zu dem Ergebnis gelangt, daß die hier in Rede stehenden Bargeldabhebungen mit Hilfe der Original-ec-Karte und richtiger PIN durch einen unbefugten Dritten anders als durch ein grob fahrlässiges Verhalten der Klägerin nicht zu erklären seien, weil andere Ursachen zwar theoretisch möglich seien, bei wertender Betrachtung aber außerhalb der Lebenserfahrung lägen.
(b) Gegen die Anwendbarkeit der Grundsätze über de n Anscheinsbeweis vermag die Revision auch nicht anzuführen, ein Erfahrungssatz, daß die persönliche Geheimzahl auf der Karte notiert oder gemeinsam mit dieser verwahrt würde, sei nicht empirisch belegt. Empirischer Befunde bedarf es für die Anwendbarkeit des Anscheinsbeweises nicht. Dieser setzt lediglich voraus, daß ein Sachverhalt feststeht, bei dem der behauptete ursächliche Zusammenhang typischerweise gegeben ist, beruht also auf der Auswertung von Wahrscheinlichkeiten, die aufgrund der Lebenserfahrung anzunehmen sind und die dem Richter hiernach die Überzeugung (§ 286 ZPO) vermitteln, daß auch in dem von ihm zu entscheidenden Fall der Ursachenverlauf so gewesen ist wie in den vergleichbaren Fällen (BGH, Urteil vom 17. Februar 1988 - IVa ZR 277/86, NJW-RR 1988, 789, 790).
(c) Das Berufungsgericht ist - sachverständig bera ten - zu der Feststellung gelangt, es sei auch mit größtmöglichem finanziellen Aufwand mathematisch ausgeschlossen, die PIN einzelner Karten aus den auf ec-Karten vorhandenen Daten ohne die vorherige Erlangung des zur Verschlüsselung verwendeten Institutsschlüssels in einer Breite von 128 BIT zu errechnen. Dies entspricht der Beurteilung, die das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik in einer schriftlichen Aus-
kunft vom 27. November 2001 für das vom Deutschen Sparkassen- und Giroverband neu eingeführte PIN-Verfahren abgegeben hat. Die vom Berufungsgericht vorgenommene Beweiswürdigung kann vom Senat lediglich daraufhin überprüft werden, ob sich das Berufungsgericht entsprechend dem Gebot des § 286 ZPO mit dem Streitstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Beweiswürdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (st.Rspr., vgl. BGH, Urteile vom 11. Februar 1987 - IVb ZR 23/86, NJW 1987, 1557, 1558, vom 1. Oktober 1996 - VI ZR 10/96, NJW 1997, 796, 797 und vom 9. Juli 1999 - V ZR 12/98, WM 1999, 1889, 1890). Einen solchen Fehler weist die Revision nicht nach. Mit ihrer Rüge, die Lebenserfahrung spreche gerade in Zeiten beschleunigt fortschreitender Computerentwicklung und der vielfältigen Möglichkeiten des Internets gegen die Annahme einer fehlenden Entschlüsselungsmöglichkeit, versucht die Revision lediglich, die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts durch eine andere, der Klägerin günstigere zu ersetzen.
(d) Die Regeln über den Anscheinsbeweis sind auch nicht deshalb unanwendbar, weil hier davon auszugehen wäre, daß der Schaden durch zwei verschiedene Ursachen herbeigeführt worden sein kann, die beide typische Geschehensabläufe sind, für die die Klägerin aber nur in einem Fall die Haftung zu übernehmen hätte. Das wäre dann der Fall, wenn als weiterer typischer Geschehensablauf in Betracht zu ziehen wäre, daß die Eingabe der zutreffenden PIN durch den Dieb der ec-Karte dadurch ermöglicht wurde, daß dieser zuvor die persönliche Geheimzahl des Karteninhabers ausgespäht hat, als dieser sie bei Abhebungen an Geldausgabeautomaten oder beim Einsatz der ec-Karte an einem POS-Terminal
zur Zahlung eines Geldbetrages eingab. Eine Ausspähung der PIN etwa mit Hilfe optischer oder technischer Hilfsmittel oder durch eine Manipulation des Geldausgabeautomaten oder ein aufmerksames Verfolgen der PIN-Eingabe an POS-Terminals oder Geldausgabeautomaten ohne ausreichenden Sichtschutz des Eingabetastenfeldes ist zwar durchaus denkbar. Als ernsthafte Möglichkeit einer Schadensursache, die den Beweis des ersten Anscheins für eine grob fahrlässige gemeinsame Verwahrung von ec-Karte und PIN durch den Karteninhaber bei Eingabe der zutreffenden PIN durch einen unbefugten Dritten entfallen läßt, kommt ein Ausspähen der PIN aber nur dann in Betracht, wenn die ec-Karte in einem näheren zeitlichen Zusammenhang mit der Eingabe der PIN durch den Karteninhaber entwendet worden ist. Durch Ausspähen erlangt der Täter zunächst nur Kenntnis von der PIN, gelangt aber nicht in den Besitz der ec-Karte. Da er den Karteninhaber regelmäßig nicht persönlich kennt, muß er die ec-Karte alsbald nach dem Ausspähen der PIN entwenden.
Dafür ist hier nichts vorgetragen. Die Klägerin ha t vielmehr im Gegenteil vorgebracht, sie habe am Tag des Diebstahls mit der ec-Karte kein Geld abgehoben; ein Ausspähen der PIN sei "nicht möglich gewesen". Der Täter habe "ausschließlich die Möglichkeit" gehabt, die "PIN durch eigene Computertechnik in Erfahrung zu bringen". Aufgrund dessen hat das Berufungsgericht, von der Revision unangegriffen, festgestellt , für ein Ausspähen der PIN gebe es hier keine Anhaltspunkte.
(e) Ohne Rechtsfehler mißt das Berufungsgericht fe rner sogenannten "Innentäterattacken", d.h. Angriffen von Bankmitarbeitern, etwa zur Ausspähung des der Verschlüsselung dienenden Institutsschlüssels, An-
griffen gegen die im Rechenzentrum des Kreditinstituts im Umfeld der Transaktionsautorisierung ablaufende Software und unbeabsichtigten Sicherheitslücken dieser Software keine einem Anscheinsbeweis zu Lasten des Kontoinhabers entgegenstehende Wahrscheinlichkeit zu. Entgegen der Ansicht der Revision hat das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang nicht einen Beweisantrag der Klägerin verfahrensfehlerhaft übergangen. Diese hat lediglich unter Sachverständigenbeweis gestellt, daß die Maßnahmen in Bankrechenzentren und Bankverlagen zum Schutz der Software, zur Geheimhaltung der Institutsschlüssel und zur Vermeidung anderer interner Angriffe auf das PIN-System nicht ausreichend seien, um erfolgreiche Angriffe auszuschließen. Daß derartige - von der Klägerin damit nicht substantiiert behauptete - Sicherheits- und Softwaremängel als Ursachen für die Möglichkeit eines Mißbrauchs einer gestohlenen ec-Karte theoretisch in Betracht kommen, ergab sich aber bereits aus dem vom Berufungsgericht eingeholten Sachverständigengutachten. Das Berufungsgericht hat diese Ursachen als rein theoretischer Natur und als im allgemeinen außerhalb der Lebenserfahrung liegend angesehen, weil es nach den Ausführungen des Sachverständigen keine Hinweise darauf gebe, daß solche Möglichkeiten je konkret für kriminelle Handlungen entdeckt oder ausgenutzt worden seien. Das ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, zumal die Beklagte unwidersprochen vorgetragen hat, bei ihr sei es nie zu einer "Innentäterattacke" gekommen. Auch die durch keinerlei Tatsachenvortrag gestützte Vermutung der Klägerin, der Institutsschlüssel der Beklagten könne in kriminellen Kreisen bekannt geworden sein, ist deshalb nicht geeignet, der Anwendung des Anscheinsbeweises die Grundlage zu entziehen.
(f) Die Revision vermag der Anwendung der Grundsät ze über den Anscheinsbeweis nicht entgegenzuhalten, daß sie in der Regel nicht geeignet seien, grobe Fahrlässigkeit von einfacher Fahrlässigkeit abzugrenzen. Der Anscheinsbeweis führt hier lediglich zur Annahme eines bestimmten tatsächlichen Verhaltens des Karteninhabers, nämlich daß er seine persönliche Geheimzahl entweder auf der ec-Karte notiert oder gemeinsam mit dieser aufbewahrt hat. Erst in einem weiteren Schritt wird dieses tatsächliche Verhalten entsprechend den vereinbarten Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten für die Verwendung der ecKarte rechtlich als grob fahrlässig bewertet. Inhaltlich sind die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten insoweit nicht zu beanstanden. Sie lassen ein Notieren der PIN, auf das ein Teil der Bankkunden nicht verzichten kann, ohne weiteres zu; lediglich eine getrennte Verwahrung von ec-Karte und notierter PIN muß gewährleistet sein.
(g) Zu Unrecht ist die Revision weiter der Auffass ung, die Anwendung der Grundsätze über den Anscheinsbeweis durch die Rechtsprechung führe in Fällen der vorliegenden Art im Ergebnis zu einer Beweislastumkehr und bewirke eine verschuldensunabhängige, garantieähnliche Haftung des Bankkunden, weil der Karteninhaber nicht in der Lage sei, Sicherheitslücken im System aufzuzeigen. Der Anscheinsbeweis führt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht zu einer Umkehr der Beweislast (BGHZ 100, 31, 34 m.w.Nachw.). Wenn der Karteninhaber dem Anscheinsbeweis durch die konkrete Darlegung und gegebenenfalls den Nachweis der Möglichkeit eines atypischen Verlaufs die Grundlage entzieht, hat das Kreditinstitut den vollen Beweis zu erbringen, daß der Karteninhaber eine Abhebung am Geldausgabeauto-
maten selbst vorgenommen oder den Mißbrauch der ec-Karte durch einen unbefugten Dritten grob fahrlässig ermöglicht hat.
Es ist auch nicht generell so, daß der Karteninhab er nicht in der Lage ist, Sicherheitslücken im System des Kartenausgebers aufzuzeigen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur sekundären Darlegungslast kann es Sache einer nicht primär darlegungsund beweispflichtigen Partei sein, sich im Rahmen der ihr nach § 138 Abs. 2 ZPO obliegenden Erklärungspflicht zu den Behauptungen der beweispflichtigen Partei konkret zu äußern, wenn diese außerhalb des von ihr vorzutragenden Geschehensablaufs steht und keine nähere Kenntnis der maßgebenden Tatsachen besitzt, ihr Prozeßgegner aber die wesentlichen Umstände kennt und es ihm zumutbar ist, dazu nähere Angaben zu machen (BGHZ 140, 156, 158 f.; 145, 35, 41; BGH, Urteile vom 24. November 1998 - VI ZR 388/97, NJW 1999, 714 f. m.w.Nachw. und vom 11. Dezember 2001 - VI ZR 350/00, WM 2002, 347, 349). Das gilt auch für das kartenausgebende Kreditinstitut hinsichtlich der von ihm - im Rahmen des Zumutbaren und gegebenenfalls in verallgemeinernder Weise - darzulegenden Sicherheitsvorkehrungen. Dadurch wird der Karteninhaber in die Lage versetzt, Beweis für von ihm vermutete Sicherheitsmängel antreten zu können (vgl. BGH, Urteil vom 15. Mai 2003 - III ZR 7/02, BGHReport 2003, 891, 892). Das Kreditinstitut wird zudem aus dem mit dem Karteninhaber bestehenden Girovertrag regelmäßig als verpflichtet anzusehen sein, sämtliche in seinem Besitz befindlichen technischen Aufzeichnungen, die die streitigen oder vorangegangene Auszahlungsvorgänge betreffen oder hierüber Aufschluß geben können, bis zur Klärung der Angelegenheit aufzuheben und dem Kontoinhaber gegebenenfalls auch zugänglich zu machen (vgl. BGH, Urteil vom
21. November 1995 - VI ZR 341/94, NJW 1996, 779, 780 f.). Schließlich kann sich zugunsten des Karteninhabers auswirken, daß derjenige, der die Gegenpartei schuldhaft in der Möglichkeit beschneidet, den Anscheinsbeweis zu erschüttern oder zu widerlegen, sich nicht auf die Grundsätze des Anscheinsbeweises berufen kann (BGH, Urteil vom 17. Juni 1997 - X ZR 119/94, WM 1998, 204, 206).

III.


Die Revision der Klägerin war daher als unbegründe t zurückzuweisen.
Nobbe Müller Wassermann
Appl Ellenberger
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Die tatrichterliche Beweiswürdigung kann zwar vom Revisionsgericht nur eingeschränkt überprüft werden, nämlich darauf, ob der Tatrichter sich den Darlegungen im Urteil zufolge mit dem Prozessstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinander gesetzt hat, die Würdigung vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denk- und Naturgesetze verstößt (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteil vom 16. April 2013 - VI ZR 44/12, NJW 2014, 71 Rn. 13). Derartige Fehler sind dem Berufungsgericht hier aber unterlaufen.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

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a) Die beiden Sachverständigen haben die technische Eignung des untersuchten Kolbens für den vorhandenen Dieselmotor unterschiedlich beurteilt. Während der in erster Instanz beauftragte Gutachter den Kolben in aufbautechnischer und struktureller Hinsicht als unzureichend bewertet und den aufgetretenen Kolbenschaden hierauf zurückgeführt hat, ist der im Berufungsverfahren bestellte Sachverständige zu der Einschätzung gelangt, der beschädigte Kolben weise weder einen Konstruktions- noch einen Materialfehler auf; die festgestell- http://www.juris.de/jportal/portal/t/jvc/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=6&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR005330950BJNE046602301&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/jvc/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=6&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR005330950BJNE047202301&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/jvc/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=6&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE310439700&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/jvc/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=6&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE310439700&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/jvc/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=6&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE310439700&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/jvc/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=6&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE310732007&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/jvc/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=6&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE310732007&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/s9u/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=4&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR005330950BJNE048105301&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/s9u/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=4&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE004938051&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/s9u/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=4&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE004938051&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/s9u/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=4&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE310439700&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/s9u/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=4&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE310832002&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/s9u/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=4&fromdoctodoc=yes&doc.id=JURE060090888&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint - 5 - ten Beschädigungen seien auf eine atypische Verbrennung verbunden mit einem hohen Druckanstieg und einer übermäßigen Wärmeeinleitung im Bereich des Bodens zurückzuführen. Schon angesichts dieser Sachlage hätte sich das Berufungsgericht der für den Kläger ungünstigen Auffassung des in zweiter Instanz bestellten Sachverständigen nur dann anschließen dürfen, wenn es zuvor die zwischen den beiden Gutachtern bestehenden Streitpunkte mit diesem erörtert hätte (vgl. für den Fall sich widersprechender Auffassungen von Privat- und Gerichtsgutachter BGH, Beschluss vom 27. Januar 2010 - VII ZR 97/08, BauR 2010, 931 Rn. 9 mwN). Zur Klärung der zwischen den beiden Gutachten bestehenden Widersprüche hätte es zumindest dem Antrag des Klägers auf Ladung des vom Berufungsgericht bestellten Sachverständigen entsprechen müssen.
11
Diese für die Beurteilung des Ursachenzusammenhangs durchaus beachtenswerten Darlegungen der erstinstanzlich vor Erlass des ersten landgerichtlichen Urteils beauftragten Sachverständigen Prof. Dr. V. hat das Berufungsgericht bei seiner Beweiswürdigung nicht hinreichend berücksichtigt. Es wägt sehr sorgfältig die in den entscheidenden Fragen voneinander abweichenden Beurteilungen der von ihm ausführlich persönlich angehörten Gutachter Prof. Dr. B. und Prof. Dr. Z. gegeneinander ab, ohne dabei jedoch auch die nicht zu vernachlässigende Einschätzung der Sachverständigen Prof. Dr. V. in den Blick zu nehmen, wie es eine umfassende Würdigung des Prozessstoffs verlangt hätte. Das Berufungsgericht hat wohl auch nicht hinreichend bedacht, dass sich eine Partei die bei einer Beweisaufnahme zutage tretenden ihr günstigen Umstände regelmäßig zumindest hilfsweise zu Eigen macht (vgl. Senatsurteil vom 8. Januar 1991 - VI ZR 102/90, VersR 1991, 467, 468 mit Anm. Jaeger ; Senatsbeschlüsse vom 10. November 2009 - VI ZR 325/08, VersR 2010, 497 Rn. 5 und vom 4. Dezember 2012 - VI ZR 320/11, juris Rn. 4). Auch deshalb hätte es auf die von der Einschätzung des Gutachters Prof. Dr. B. abweichende , dem Kläger günstigere Beurteilung der Sachverständigen Prof. Dr. V. näher eingehen und deren Bewertung in die Gesamtbetrachtung des möglichen Geschehensablaufs einbeziehen müssen. Die Nichtberücksichtigung des für den Kläger günstigen Beweisergebnisses der ersten Begutachtung bedeutet für die Beweiswürdigung, dass erhebliches Vorbringen des Klägers im Ergebnis übergangen und damit dessen verfassungsrechtlich gewährleisteter Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt worden ist.
24
(3) Die Nichtberücksichtigung des für den Kläger günstigen Beweisergebnisses bedeutet, dass das Berufungsgericht bei seiner Prüfung , inwieweit der Kläger die Beklagte über seinen Gesundheitszustand bei der Vertragsanbahnung arglistig getäuscht hat, erhebliches Vorbringen übergangen und damit das Recht des Klägers auf rechtliches Gehör verletzt hat.

(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).

(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder
2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.

(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.

(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.

(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.

(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.

(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.

(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.

(1) Die Sache ist frei von Sachmängeln, wenn sie bei Gefahrübergang den subjektiven Anforderungen, den objektiven Anforderungen und den Montageanforderungen dieser Vorschrift entspricht.

(2) Die Sache entspricht den subjektiven Anforderungen, wenn sie

1.
die vereinbarte Beschaffenheit hat,
2.
sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet und
3.
mit dem vereinbarten Zubehör und den vereinbarten Anleitungen, einschließlich Montage- und Installationsanleitungen, übergeben wird.
Zu der Beschaffenheit nach Satz 1 Nummer 1 gehören Art, Menge, Qualität, Funktionalität, Kompatibilität, Interoperabilität und sonstige Merkmale der Sache, für die die Parteien Anforderungen vereinbart haben.

(3) Soweit nicht wirksam etwas anderes vereinbart wurde, entspricht die Sache den objektiven Anforderungen, wenn sie

1.
sich für die gewöhnliche Verwendung eignet,
2.
eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen derselben Art üblich ist und die der Käufer erwarten kann unter Berücksichtigung
a)
der Art der Sache und
b)
der öffentlichen Äußerungen, die von dem Verkäufer oder einem anderen Glied der Vertragskette oder in deren Auftrag, insbesondere in der Werbung oder auf dem Etikett, abgegeben wurden,
3.
der Beschaffenheit einer Probe oder eines Musters entspricht, die oder das der Verkäufer dem Käufer vor Vertragsschluss zur Verfügung gestellt hat, und
4.
mit dem Zubehör einschließlich der Verpackung, der Montage- oder Installationsanleitung sowie anderen Anleitungen übergeben wird, deren Erhalt der Käufer erwarten kann.
Zu der üblichen Beschaffenheit nach Satz 1 Nummer 2 gehören Menge, Qualität und sonstige Merkmale der Sache, einschließlich ihrer Haltbarkeit, Funktionalität, Kompatibilität und Sicherheit. Der Verkäufer ist durch die in Satz 1 Nummer 2 Buchstabe b genannten öffentlichen Äußerungen nicht gebunden, wenn er sie nicht kannte und auch nicht kennen konnte, wenn die Äußerung im Zeitpunkt des Vertragsschlusses in derselben oder in gleichwertiger Weise berichtigt war oder wenn die Äußerung die Kaufentscheidung nicht beeinflussen konnte.

(4) Soweit eine Montage durchzuführen ist, entspricht die Sache den Montageanforderungen, wenn die Montage

1.
sachgemäß durchgeführt worden ist oder
2.
zwar unsachgemäß durchgeführt worden ist, dies jedoch weder auf einer unsachgemäßen Montage durch den Verkäufer noch auf einem Mangel in der vom Verkäufer übergebenen Anleitung beruht.

(5) Einem Sachmangel steht es gleich, wenn der Verkäufer eine andere Sache als die vertraglich geschuldete Sache liefert.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.

(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).

(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder
2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.

(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.

(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.

(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.

(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.

(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.

(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.

81
Das Urteil des Berufungsgerichts ist daher aufzuheben und der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 544 Abs. 7 ZPO). Der Senat macht dabei von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch, der auch im Beschlussverfahren nach § 544 Abs. 7 ZPO entsprechend herangezogen werden kann (Senatsbeschluss vom 23. August 2016 - VIII ZR 178/15, NJW-RR 2017, 72 Rn. 29 mwN).
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Das Urteil des Berufungsgerichts ist deshalb im angefochtenen Umfang aufzuheben und der Rechtsstreit insoweit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 544 Abs. 7 ZPO); dabei macht der Senat von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch , der auf den Fall einer Zurückverweisung nach § 544 Abs. 7 ZPO entsprechend anwendbar ist (Senatsbeschluss vom 23. Oktober 2018 - VIII ZR 61/18, NJW-RR 2019, 134 Rn. 17 mwN).