Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Nov. 2010 - X ZR 104/08

bei uns veröffentlicht am16.11.2010
vorgehend
Landgericht München I, 21 O 1678/00, 18.12.2002
Oberlandesgericht München, 6 U 1946/03, 14.08.2008

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ZR 104/08
vom
16. November 2010
in dem Rechtsstreit
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 16. November 2010
durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Meier-Beck und die Richter Gröning,
Dr. Berger, Dr. Grabinski und Hoffmann

beschlossen:
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten wird das am 14. August 2008 verkündete Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 115.000 Euro festgesetzt.

Gründe:


1
I. Die Parteien streiten um die Verletzung des mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten und während des Berufungsverfahrens durch Zeitablauf erloschenen europäischen Patents 309 596 (Klagepatents). Der mit der Klage geltend gemachte Patentanspruch 1 lautet: "A pumping apparatus for delivering liquid at a high pressure at which compressibility of the liquid becomes noticable, and at a selectable flow rate, comprising
a) a first piston (10) for reciprocation in a first pump chamber (7), the first pump chamber having an inlet port and an outlet port,
b) a second piston (20) for reciprocation in a second pump chamber (18), the second pump chamber having an inlet port and an outlet port,
c) a conduit connection (12, 14) between the outlet port of the first pump chamber and the inlet port of the second pump chamber,
d) an inlet valve (4) connected to the inlet port of the first pump chamber for allowing flow of liquid into the first pump chamber and for inhibiting flow in the opposite direction,
e) an outlet valve (13) connected to the outlet of the first pump chamber for allowing flow of liquid into the second pump chamber and for inhibiting flow in the opposite direction,
f) drive means (30, 34; 31, 33; 32, 36) for reciprocating the first and the second piston,
g) wherein the liquid in the first pump chamber is compressed to a high pressure before delivery of the compressed liquid into the second pump chamber, characterised by control means (41, 42, 43, 44, 35) coupled to the drive means (30, 34; 31, 33; 32, 36) for adjusting the stroke lengths of the pistons (10, 20) between their top dead centre and their bottom dead centre , respectively, in response to the desired flow rate of the liquid delivered at the outlet of the pumping apparatus, with the stroke volume (i.e., the amount of liquid displaced during a pump cycle) being decreased when the flow rate is decreased and vice versa, such that pulsations in the flow of the liquid delivered to the output of the pumping apparatus are reduced."
2
Das Klagepatent war Gegenstand einer Nichtigkeitsklage, über die der Senat am 22. Oktober 2002 (X ZR 115/99) abschließend entschieden hat. Patentanspruch 1 hatte in der erteilten Fassung Bestand.
3
Die Klägerin hat die Beklagten in Prozessstandschaft und gestützt auf abgetretenes Recht in Anspruch genommen, weil diese vor Ablauf des Klagepatents in der Bundesrepublik Deutschland unter der Bezeichnung "A. System …" Hochdruckpumpen gemäß den Anlagen K 5, 5a vertrieben haben. Diese Geräte weisen zwei hintereinander geschaltete, unabhängig voneinander angetriebene Kolben auf, wobei der erste Kolben einen konstanten oberen Totpunkt hat, während der zweite Kolben linear verstellt werden kann. Bei dem Gerät können nach einer von der Klägerin vorgelegten Untersuchung (Anlage K 6) die Flussraten von 0,1 ml/min bis zu 10 ml/min variieren. In der Betriebsart "Auto" ändert sich über diese Variationsbreite hiernach die Hublänge des Primärkolbens in fünf Stufen (Schritten). Der Hub bis zum oberen Totpunkt beträgt bei zunehmender Flussrate 25 μl, 50 μl, 100 μl, 120 μl oder 130 μl und umgekehrt. Die Hublänge des zweiten Kolbens (Akkumulatorkolbens) ändert sich nach dem Bericht in ähnlicher Weise, wobei sie auf den einzelnen Stufen jeweils etwas abnimmt (bei zunehmender Flussrate) bzw. zunimmt (bei abnehmender Flussrate). Nach jedem Kolben hat die Vorrichtung einen Drucksensor , von denen der letzte den Systemdruck feststellt. Die Anpassung der Hublänge erfolgt jedoch unabhängig vom Systemdruck. Laut Bedienungsanleitung gemäß Anlage K 5a ist es möglich, über eine Software die Vorkompression so zu gestalten, dass die Drücke ausgeglichen werden ("to balance pressures , providing the smooth, ripple-free flow").
4
Das Landgericht hat die Beklagten antragsgemäß zu Unterlassung und Auskunft verurteilt und die Verpflichtung der Beklagten zu Schadensersatz festgestellt. Das Berufungsgericht hat dieses Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Auf die vom Senat zugelassene Revision der Klägerin hat der Senat dieses Berufungsurteil aufgehoben und den Rechtsstreit zu neuer Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen (Urteil vom 17. April 2007 - X ZR 1/05, GRUR 2007, 959 - Pumpeinrichtung). Im wiedereröffneten Berufungsverfahren haben die Parteien nach Ablauf des Klagepatents den Rechtsstreit hinsichtlich des Unterlassungsbegehrens übereinstimmend für in der Hauptsache erledigt erklärt. Die weitergehende Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht zurückgewiesen. Die Revision ist nicht zugelassen worden. Hiergegen richtet sich, soweit nicht die Kostenentscheidung nach § 91a ZPO betroffen ist, die Beschwerde der Beklagten.
5
II. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten ist begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur erneuten Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht (§ 544 Abs. 7 ZPO).
6
1. Das Klagepatent betrifft eine Pumpeinrichtung mit wählbarer Flussrate zum Fördern von Flüssigkeiten unter hohem Druck. Solche Vorrichtungen werden insbesondere in der Flüssigkeitschromatographie eingesetzt, um die bewegliche Phase durch die Trennsäule hindurchzuführen. Dabei soll einerseits die Flussrate einstellbar sein, andererseits die eingestellte Flussrate zur Vermeidung von Messfehlern möglichst konstant (schwankungsfrei) gehalten werden. Ein relativ gleichmäßiger Förderstrom ergibt sich bereits, wenn die Einrichtung zwei mit Phasenabstand angetriebene Pumpen aufweist, die mit gleich- bleibendem Hubvolumen arbeiten und bei denen nur die Hubfrequenz verändert wird.
7
Bei den in der Hochleistungsflüssigkeitschromatographie auftretenden hohen Drücken bildet jedoch die Kompressibilität der Flüssigkeit eine zusätzliche Quelle für Flusspulsationen. Denn bei jedem Kompressionszyklus der Pumpe muss der erste Kolben vor Beginn der Förderung der Flüssigkeit erst einen bestimmten Weg zurücklegen, um die Flüssigkeit auf den endgültigen Förderdruck zu bringen. Das führt zu Flusspulsationen entsprechend der Pumpfrequenz , die sich insbesondere bei niedrigen Flussraten und kleinen Spitzen (Peaks) im Chromatogramm bemerkbar machen.
8
Hieraus ergibt sich, wie in der Klagepatentschrift weiter angegeben ist, das technische Problem, eine Pumpeinrichtung zur Verfügung zu stellen, die es mit konstruktiv einfachen Mitteln erlaubt, innerhalb eines breiten Bereichs von Flussraten nachteilige Auswirkungen von Pulsationen auf die chromatographischen Messergebnisse weitgehend zu vermeiden.
9
Nach Patentanspruch 1 des Klagepatents soll dies mit folgender Merkmalskombination erreicht werden: Pumpeinrichtung zum Fördern von Flüssigkeit unter hohem Druck, bei dem sich die Kompressibilität der Flüssigkeit bemerkbar macht, mit einer wählbaren Flussrate, umfassend 1. eine erste Pumpenkammer (7), 1.1 in der ein erster Kolben (10) eine Hubbewegung vollführt und 1.2 die eine Einlassöffnung und eine Auslassöffnung aufweist, 2. eine zweite Pumpenkammer (18), 2.1 in der ein zweiter Kolben (20) eine Hubbewegung vollführt und 2.2 die eine Einlassöffnung und eine Auslassöffnung aufweist, 3. eine Verbindungsleitung (12, 14) zwischen der Auslassöffnung der ersten Pumpenkammer und der Einlassöffnung der zweiten Pumpenkammer, 4. ein Einlassventil (4) 4.1 das an die Einlassöffnung der ersten Pumpenkammer angeschlossen ist und 4.2 durch das ein Flüssigkeitsstrom in die erste Pumpenkammer eintreten kann und eine Strömung in entgegengesetzter Richtung verhindert wird, 5. ein Auslassventil (13), 5.1 das an den Auslass der ersten Pumpenkammer angeschlossen ist und 5.2 durch das Flüssigkeit in die zweite Pumpenkammer einströmen kann und eine Strömung in entgegengesetzter Richtung verhindert wird, 6. Antriebsmittel (30, 34; 31, 33; 32, 36) 6.1 für die Hubbewegung des ersten und des zweiten Kolbens , 6.2 wobei die Flüssigkeit in der ersten Pumpenkammer auf einen hohen Druck komprimiert wird, bevor die komprimierte Flüssigkeit in die zweite Pumpenkammer gefördert wird, 7. mit den Antriebsmitteln (30, 34; 31, 33; 32, 36) gekoppelte Steuermittel (41, 42, 43, 44, 35) 7.1 zur Einstellung der Hublängen der Kolben (10, 20) zwischen ihrem jeweiligen oberen und unteren Totpunkt 7.2 in Abhängigkeit von der gewünschten Flussrate der geförderten Flüssigkeit am Ausgang der Pumpenvorrichtung, 7.3 wobei das Hubvolumen (d.h. die während eines Pumpzyklus verdrängte Flüssigkeitsmenge) mit abnehmender Flussrate verringert wird und umgekehrt, 7.4 derart, dass Pulsationen in dem an den Ausgang der Pumpeinrichtung geförderten Flüssigkeitsstrom verringert werden ("such that pulsations ... are reduced").
10
Patentgemäß wird also die Flussrate sowohl durch Veränderung der Hubfrequenz als auch durch Veränderung des Hubvolumens beeinflusst. Daraus ergeben sich zwei Vorteile: Zum einen wird mit kleiner werdendem Hubvolumen auch das Volumen kleiner, das vor Beginn des Förderns auf den Enddruck zu komprimieren ist, was die Kompressionsphase verkürzt und zu geringeren Pulsationen führt. Zum anderen bedeutet ein geringeres Hubvolumen eine höhere Hubfrequenz und damit eine entsprechend höhere Frequenz der verbleibenden Pulsationen. Diese wirkt sich günstig aus, weil hochfrequente Pulsationen eher wie ein gleichmäßiges Hintergrundsignal wirken, welches das gesamte Chromatogramm gleichmäßig beeinflusst.
11
2. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:
12
Der Bundesgerichtshof habe im Revisionsurteil seine Auslegung von Patentanspruch 1 an die Stelle der Auslegung im ersten Berufungsurteil gesetzt. Danach sei davon auszugehen, dass nach der technischen Lehre des Patents bereits die Wählbarkeit von nur zwei Flussraten ausreiche, wobei bei einer Änderung der Flussrate das Hubvolumen nicht gleich bleiben dürfe. Unter Zugrundelegung dieser - nach § 563 Abs. 2 ZPO bindenden - Auslegung werde das Klagepatent durch die angegriffene Ausführungsform in wortsinngemäßer Weise verletzt.
13
Die angegriffene Ausführungsform, die unstreitig die Merkmale 1 bis 7.1 des Patentanspruchs 1 aufweise, verwirkliche auch die Merkmale 7.2 und 7.3. Beim A. System … seien verschiedene Flussratenbereiche jeweils einem bestimmten Hubvolumen zugeordnet. Dass das Hubvolumen in- nerhalb der gewählten Flussratenbereiche gleich bleibe, sei für die Verwirklichung der technischen Lehre ohne Bedeutung. Gleiches gelte für den Umstand, dass bei der angegriffenen Ausführungsform die jeweilige Flussrate nicht nur durch das Hubvolumen, sondern zudem über die Hubfrequenz der Kolben gesteuert werde. Maßgeblich für die Entscheidung der Verletzungsfrage sei die objektive Eignung der angegriffenen Ausführungsform, nicht deren übliche Benutzung oder die Benutzung im Einzelfall. Das A. System … ermögliche einen Betrieb unter Beschränkung auf drei oder fünf Flussraten, bei denen eine Umstellung des Hubvolumens erfolge. Dies genüge zur Verwirklichung der Merkmale 7.2 und 7.3.
14
Verwirklicht sei auch das Merkmal 7.4. Selbst wenn Ziel der angegriffenen Ausführungsform die vollständige Beseitigung von Pulsationen wäre, sei dies von dem Ziel des Klagepatents, nämlich Pulsationen in dem an den Ausgang der Pumpeinrichtung geförderten Flüssigkeitsstrom zu verringern, umfasst. Insoweit handele es sich nur um einen Leistungsüberschuss, der nach den Ausführungen des Bundesgerichtshofs durch zusätzliche Gestaltungsmittel erreicht werde. Dies führe aus der technischen Lehre des Klagepatents nicht heraus.
15
3. Das Berufungsgericht hat, wie die Beschwerde zu Recht geltend macht, den Anspruch der Beklagten auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) in entscheidungserheblicher Weise verletzt, indem es angenommen hat, die angegriffene Ausführungsform verwirkliche Merkmal 7.4 deshalb, weil nach den Ausführungen des Senats im Revisionsurteil davon ausgegangen werden müsse , dass die Steuerungsmittel der angegriffenen Ausführungsform zusätzliche Gestaltungsmittel zur Leistungssteigerung seien, was aus der technischen Leh- re des Klagepatents, Pulsationen durch kleinere zu komprimierende Volumina zu verringern, nicht herausführe.
16
a) Derartiges hat der Senat im Revisionsurteil nicht entschieden. Zwar hat es der Senat - im Zusammenhang mit der Erörterung einer Verwirklichung der erfindungsgemäßen Lehre mit äquivalenten Mitteln - für möglich gehalten, dass die angegriffene Ausführungsform zusätzliche Gestaltungsmittel zur Leistungssteigerung aufweise, was eine Verletzung des Klagepatents nicht ausschließe ; er hat allerdings darauf hingewiesen, dass gerade dies im Streitfall zu klären sei (Urteil vom 17. April 2007 - X ZR 1/05, GRUR 2007, 959 Rn. 27 - Pumpeinrichtung). Diese Klärung hat das Berufungsgericht unterlassen.
17
aa) Merkmal 7.4 gibt die Wirkung an, die eintritt, wenn die Steuerung der Vorrichtung so eingerichtet ist, dass die Wahl einer geringeren Flussrate eine Verringerung des Hubvolumens zur Folge hat. Denn hierdurch werden die erfindungsgemäßen Vorteile erreicht, dass zum einen mit kleiner werdendem Hubvolumen auch das Volumen kleiner wird, das vor Beginn des Förderns auf den Enddruck zu komprimieren ist, was die Kompressionsphase verkürzt und zu geringeren Pulsationen führt, und zum anderen mit einem geringeren Hubvolumen eine höhere Hubfrequenz und damit eine entsprechend höhere Frequenz der verbleibenden Pulsationen erzielt wird, die ihrerseits günstig ist, weil hochfrequente Pulsationen eher wie ein gleichmäßiges Hintergrundsignal wirken , welches das gesamte Chromatogramm im Wesentlichen gleichmäßig beeinflusst.
18
bb) Die Beklagten haben vorgetragen, bei ihrer Vorrichtung komme es nicht auf die vom Klagepatent gelehrte, sondern auf eine andere Problemlösung an, nämlich eine Regelung, die durch eine Steuerung der Kolbengeschwindigkeit des ersten Kolbens die Dauer des Kompressionsvorgangs derart einstelle, dass der Förderdruck des Lösungsmittels dem Systemdruck entspreche und damit eine pulsationsfreie Förderung erlaube. Die Wirkung einer solchen - vom Klagepatent weder vorgeschriebenen noch ausgeschlossenen - Regelung ist für das Vorliegen einer Patentverletzung allerdings unerheblich. Ein Patent ist schon dann verletzt, wenn die Merkmale der angegriffenen Ausführungsform objektiv geeignet sind, die patentgemäßen Eigenschaften und Wirkungen zu erreichen; unerheblich ist, ob die patentgemäßen Eigenschaften und Wirkungen regelmäßig oder nur zufällig erreicht werden und ob es der Verletzer darauf absieht , diese Wirkungen zu erzielen (Senat, Urteil vom 13. Dezember 2005 - X ZR 14/02, GRUR 2006, 399 Rn. 21 - Rangierkatze). Im Streitfall erfordert die Verwirklichung dessen, was die erfindungsgemäße Lehre mit der Merkmalsgruppe 7 erreichen will, demzufolge lediglich die in den Merkmalen 7.1 bis 7.3 beschriebene Steuerung des Hubvolumens und die Verringerung von Pulsationen , die mit dieser Steuerung erreicht werden soll. Für eine wortsinngemäße Verwirklichung von Merkmal 7.4 ist es daher notwendig, aber auch ausreichend , wenn die angegriffene Ausführungsform objektiv geeignet ist, Pulsationen bereits über die stufenweise Steuerung des Hubvolumens zu verringern. Ob diese Wirkung der Verminderung des Hubvolumens durch andere Maßnahmen ergänzt oder überlagert wird und ob diese Maßnahmen bereits für sich ausreichen, Pulsationen in dem an den Ausgang der Pumpeinrichtung geförderten Flüssigkeitsstrom zu vermindern oder auszuschließen, ist für eine Patentverletzung unerheblich.
19
cc) Das Berufungsgericht hat keine ausreichenden Feststellungen zur Beantwortung der Frage getroffen, ob die angegriffene Ausführungsform objek- tiv geeignet ist, Pulsationen bereits über die stufenweise Steuerung des Hubvolumens zu verringern.
20
Seine Annahme, bereits die Ausführungen der Beklagten, es träten überhaupt keine Pulsationen auf, wenn die zusätzliche zeitgesteuerte Regelung zu 100 Prozent erfolgreich verlaufe, ließen den Schluss zu, dass anderenfalls Pulsationen jedenfalls verringert würden, kann die erforderlichen tatsächlichen Feststellungen nicht ersetzen. Diese Ausführungen der Beklagten lassen keine Aussage darüber zu, wodurch die verbleibenden Pulsationen verringert werden. Erst recht lässt sich aufgrund dieser Ausführungen nicht beurteilen, ob die stufenweise Steuerung des Hubvolumens unabhängig von der zusätzlichen zeitgesteuerten Regelung objektiv geeignet ist, Pulsationen zu verringern.
21
Eine eigene Beurteilung dieser Frage, etwa anhand der von der Klägerin vorgelegten Untersuchung (Anlage K 6) und der gutachterlichen Stellungnahmen des vom Berufungsgericht herangezogenen Sachverständigen, ist dem Senat im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde (und im Revisionsverfahren ) verwehrt.
22
b) Indem das Berufungsgericht angenommen hat, der Senat habe bereits entschieden, dass die Steuerungsmittel der angegriffenen Ausführungsform lediglich zusätzliche Gestaltungsmittel zur Leistungssteigerung seien, hat es sich den entgegenstehenden Ausführungen der Beklagten von vornherein verschlossen und diese jedenfalls nicht ernsthaft in Erwägung gezogen, ohne dass dies im Prozessrecht eine Grundlage fände. Das Berufungsurteil beruht auf dieser Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör. Insoweit genügt es, dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass das Berufungsgericht ohne Ge- hörsverletzung anders entschieden hätte (BGH, Urteil vom 18. Juli 2003 - V ZR 187/02, NJW 2003, 3205). Im Streitfall ist nicht auszuschließen, dass das Berufungsgericht, hätte es Feststellungen zu der Frage getroffen, ob die stufenweise Steuerung des Hubvolumens unabhängig von der zusätzlichen zeitgesteuerten Regelung objektiv geeignet ist, Pulsationen zu verringern, dies und damit eine Patentverletzung verneint hätte.
23
4. Der Rechtsstreit ist daher unter Aufhebung des angefochtenen Urteils erneut an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 544 Abs. 7 ZPO).
24
5. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
25
a) Das Berufungsgericht wird im wiedereröffneten Berufungsverfahren das Klagepatent eigenständig auszulegen haben. Zu Unrecht hat sich das Berufungsgericht in der angefochtenen Entscheidung an die Hinweise gebunden gesehen, die der Senat im Revisionsurteil zur Auslegung des Klagepatents gegeben hat.
26
Die Bindungswirkung gemäß § 563 Abs. 2 ZPO erfasst lediglich die rechtliche Beurteilung, auf der die Aufhebung des Berufungsurteils beruht (BGH, Urteil vom 18. Januar 1996 - IX ZR 69/95, BGHZ 132, 6, 10; Senat, Beschluss vom 18. Oktober 1968 - X ZB 1/68, BGHZ 51, 131, 135, jeweils zu § 565 ZPO aF). Beruht die Aufhebung eines Berufungsurteils auf einer abweichenden Auslegung des Patentanspruchs durch den Bundesgerichtshof, ist das Berufungsgericht an diese Auslegung gebunden, wenn es ebenfalls von den vom Bundesgerichtshof im Revisionsverfahren zugrunde zu legenden Tatsachen ausgeht (Senat, Urteil vom 1. August 2006 - X ZR 114/03, BGHZ 169, 30 Rn. 25 - Restschadstoffentfernung). Bloße Hinweise des Revisionsgerichts für das wiedereröffnete Berufungsverfahren und die neue Entscheidung werden von der Bindungswirkung des § 563 Abs. 2 ZPO hingegen nicht erfasst (Zöller /Heßler, ZPO, 28. Aufl., § 563 Rn. 3).
27
Die Ausführungen des Senats zur Auslegung von Patentanspruch 1 des Klagepatents im Revisionsurteil sind lediglich Hinweise zur Auslegung für das wiedereröffnete Berufungsverfahren und die neue Entscheidung des Berufungsgerichts gewesen. Sie finden sich in Abschnitt 5 der Entscheidungsgründe , die einleitend als Hinweise für das weitere Verfahren gekennzeichnet sind und den Gründen zu 4 nachfolgen, die für die Aufhebung des ersten Berufungsurteils gegeben worden sind. Das Verständnis des Senats von Patentanspruch 1 ist dort zudem deutlich als "skizzierte Auslegung" (Rn. 34) gekennzeichnet. Die erneute Prüfung durch das Berufungsgericht sollte demzufolge "den gesamten Prozessstoff" umfassen (Rn. 35). Mangels Bindungswirkung gemäß § 563 Abs. 2 ZPO war das Berufungsgericht daher nicht nur nicht gehindert , das Klagepatent anders auszulegen, als in den Hinweisen für die erneute Entscheidung des Berufungsgerichts angedeutet, es war von einer eigenverantwortlichen Auslegung des Patentanspruchs auch nicht entbunden.
28
Aus Rechtsgründen unterliegt es allerdings keinen Bedenken, wenn das Berufungsgericht davon ausgeht, dass es für eine Einstellung der Hublängen der Kolben in Abhängigkeit von der gewünschten Flussrate dergestalt, dass das Hubvolumen mit abnehmender Flussrate verringert wird (und umgekehrt), und damit für die Verwirklichung der Merkmale 7.2 und 7.3 genügt, dass bei der angegriffenen Ausführungsform fünf Flussratenbereiche vorhanden sind und mit der Wahl einer Flussrate aus einem niedrigeren Flussratenbereich das Hubvo- lumen verringert wird. Denn damit ist es möglich, etwa mit fünf verschiedenen Flussraten zu arbeiten, die jeweils aus einem anderen Flussratenbereich ausgewählt werden, so dass mit der Wahl einer geringeren Flussrate eine Verringerung des Hubvolumens einhergeht. Eine solche nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ohne weiteres mögliche Arbeitsweise verwirklicht die erfindungsgemäße Abhängigkeit des Hubvolumens von der gewünschten Flussrate.
29
Zwar hat der Senat bereits in seinem Urteil im Patentnichtigkeitsverfahren ausgeführt, dass die Hublänge nach Merkmal 7.3 bei einer einstellbaren geringeren Flussrate nicht ansteigen oder gleich bleiben dürfe, soweit nicht die technischen Gegebenheiten, wie insbesondere die Auflösung des Schrittmotors , eine Veränderung nur um bestimmte Inkremente zuließen (S. 13 des Urteilsumdrucks ). Damit ist jedoch nur zum Ausdruck gebracht, dass lediglich ein solches Verhältnis zwischen Flussrate und Hubvolumen dem Sinngehalt des Merkmals 7.3 entspricht. Es ist damit aber nichts darüber gesagt, ob eine Vorrichtung patentverletzend ist, die (auch) so betrieben werden kann, dass die gewünschten Flussraten jeweils aus unterschiedlichen Flussratenbereichen ausgewählt werden, die ihrerseits wiederum mit unterschiedlichen Hubvolumina verbunden sind.
30
Die Feststellung des Berufungsgerichts, dass eine solche Arbeitsweise möglich ist, ist von der Beschwerde nicht angegriffen worden, die lediglich auf Vortrag der Beklagten verwiesen hat, wonach die Hersteller von für die Hochleistungs-Flüssigkeitschromatographie vorgesehenen Pumpvorrichtungen durchweg eine im dreistelligen Bereich liegende und über diesen hinausgehende Vielzahl wählbarer Flussraten vorsähen und vorsehen müssten. Die Beschwerde macht aber nicht geltend, dass die Beklagten gleichzeitig dem Vor- trag der Klägerin entgegengetreten seien, nach dem in der praktischen Anwendung häufig nur von einer geringen Anzahl von Flussraten Gebrauch gemacht wird, die jeweils für wiederkehrende Analysen verwendet werden, indem etwa für drei unterschiedliche benutzte Trennsäulen jeweils eine sinnvolle Flussrate ausgewählt wird. Die Beschwerde hält diesen Umstand lediglich für unerheblich. Danach hatte das Berufungsgericht jedoch keinen Anlass, eine Benutzung der angegriffenen Vorrichtung als praxisuntauglich anzusehen, bei der nur von einer begrenzten, aus unterschiedlichen Flussratenbereichen ausgewählten, Anzahl unterschiedlicher Flussraten Gebrauch gemacht wird. Erlaubt danach die angegriffene Ausführungsform eine den Merkmalen 7.2 und 7.3 entsprechende Arbeitsweise , ist sie damit ihrerseits (auch) als eine diesen Merkmalen entsprechende Vorrichtung zu qualifizieren.
31
b) Bei der Prüfung der Verwirklichung des Merkmals 7.4 durch die angegriffene Ausführungsform wird das Berufungsgericht zu bedenken haben, dass die Vermeidung von Pulsationen gegenüber der mit der erfindungsgemäßen Lehre angestrebten Verminderung zunächst nur ein Mehr an Leistung darstellt , dass von der Erfindung nicht gefordert ist, aber auch nicht in Widerspruch zu ihr steht. Merkmal 7.4 gibt dem Fachmann, wie der Senat bereits in seinem Urteil vom 22. Oktober 2002 im Nichtigkeitsverfahren (S. 12 f. des Urteilsumdrucks ) und erneut im Revisionsurteil (Rn. 33) ausgeführt hat, eine Zielrichtung vor, an der er sich bei der Auswahl des einem bestimmten Verhältnis der Hublänge zur Hubdauer bei einer bestimmten Flussrate entsprechenden Betriebspunktes orientieren kann, um die angestrebte Pulsationsverringerung zu optimieren, legt ihn aber nicht auf einen bestimmten Betriebspunkt fest. Findet bei einer im Übrigen erfindungsgemäßen Vorrichtung eine in Abhängigkeit von der gewählten (niedrigeren) Flussrate gesteuerte Hubvolumenverminderung im Sinne der Merkmale 7.1 bis 7.3 statt und ist diese Maßnahme geeignet, Druckpulsationen zu verringern, wird die erfindungsgemäße Lehre benutzt. Denn der Fachmann hat dann die ihm durch das Klagepatent gegebenen Anweisungen zum technischen Handeln vollständig befolgt.
32
Das Berufungsgericht wird zu prüfen haben, inwieweit der bisherige Sachvortrag der Parteien und die Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen eine ausreichende Grundlage für die Beurteilung der Verwirklichung des Merkmals 7.4 bilden.
33
c) Bei seiner Entscheidung wird das Berufungsgericht schließlich zu beachten haben, dass es seine mit diesem Beschluss notwendigerweise insgesamt aufgehobene Kostenentscheidung insoweit zu wiederholen haben wird, als sie nach § 91a ZPO getroffen worden ist und daher der Nachprüfung im Revisionsverfahren nicht unterliegt (Senat, Urteil vom 11. Oktober 2005 - X ZR 76/04, BGHZ 164, 261, 275 - Seitenspiegel; Senat, Urteil vom 7. März 2001 - X ZR 176/99, GRUR 2001, 770, 771 - Kabeldurchführung II).
Meier-Beck Gröning Berger
Hoffmann Grabinski
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 18.12.2002 - 21 O 1678/00 -
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Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Nov. 2010 - X ZR 104/08

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Nov. 2010 - X ZR 104/08

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(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Zivilprozessordnung - ZPO | § 563 Zurückverweisung; eigene Sachentscheidung


(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen. (2) Das Berufungsgerich

Zivilprozessordnung - ZPO | § 544 Nichtzulassungsbeschwerde


(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde). (2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn1.der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Eur
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(1) Haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung oder durch Einreichung eines Schriftsatzes oder zu Protokoll der Geschäftsstelle den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, so entscheidet das Gericht über die Kosten unter Berücksich

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Die für die Berufung geltenden Vorschriften über die Anfechtbarkeit der Versäumnisurteile, über die Verzichtsleistung auf das Rechtsmittel und seine Zurücknahme, über die Rügen der Unzulässigkeit der Klage und über die Einforderung, Übersendung und Z

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Bundesgerichtshof Urteil, 01. Aug. 2006 - X ZR 114/03

bei uns veröffentlicht am 01.08.2006

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 114/03 Verkündet am: 1. August 2006 Wermes Justizhauptsekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja Restschad

Bundesgerichtshof Urteil, 18. Juli 2003 - V ZR 187/02

bei uns veröffentlicht am 18.07.2003

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 187/02 Verkündet am: 18. Juli 2003 K a n i k , Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Referenzen

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 115/99 Verkündet am:
22. Oktober 2002
Wermes
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in der Patentnichtigkeitssache
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 22. Oktober 2002 durch die Richter Prof. Dr. Jestaedt, Scharen,
Keukenschrijver, Dr. Meier-Beck und Asendorf

für Recht erkannt:
Die Berufung gegen das Urteil des 4. Senats (Juristischen Beschwerdesenats und Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts vom 16. April 1999 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des deutschen Teils des am 26. September 1987 angemeldeten und am 31. März 1993 veröffentlichten europäischen Patents 309 596 (Streitpatents). Das Streitpatent umfaßt 12 Patentansprüche, von denen Anspruch 1 wie folgt lautet:
"A pumping apparatus for delivering liquid at a high pressure at which compressibility of the liquid becomes noticable, and at a selectable flow rate, comprising

a) a first piston (10) for reciprocation in a first pump chamber (7), the first pump chamber having an inlet port and an outlet port,

b) a second piston (20) for reciprocation in a second pump chamber (18), the second pump chamber having an inlet port and an outlet port,

c) a conduit connection (12, 14) between the outlet port of the first pump chamber and the inlet port of the second pump chamber,

d) an inlet valve (4) connected to the inlet port of the first pump chamber for allowing flow of liquid into the first pump chamber and for inhibiting flow in the opposite direction,

e) an outlet valve (13) connected to the outlet of the first pump chamber for allowing flow of liquid into the second pump chamber and for inhibiting flow in the opposite direction,

f) drive means (30, 34; 31, 33; 32, 36) for reciprocating the first and the second piston,

g) wherein the liquid in the first pump chamber is compressed to a high pressure before delivery of the compressed liquid into the second pump chamber,
characterised by
control means (41, 42, 43, 44, 35) coupled to the drive means (30, 34; 31, 33; 32, 36) for adjusting the stroke lengths of the pistons (10, 20) between their top dead centre and their bottom dead centre , respectively, in response to the desired flow rate of the liquid delivered at the outlet of the pumping apparatus, with the stroke volume (i.e., the amount of liquid displaced during a pump cycle) being decreased when the flow rate is decreased and vice versa, such that pulsations in the flow of the liquid delivered to the output of the pumping apparatus are reduced."
In der Streitpatentschrift ist dieser Anspruch wie folgt ins Deutsche übersetzt :
"Pumpeinrichtung zum Fördern von Flüssigkeit unter hohem Druck, bei dem sich die Kompressibilität der Flüssigkeit bemerkbar macht, und mit wählbarer Flußrate mit

a) einem ersten Kolben (10), der in einer ersten Pumpenkammer (7) eine Hubbewegung vollführt, wobei die erste Pumpenkammer eine Einlaß- und eine Auslaßöffnung besitzt,

b) einem zweiten Kolben (20), der in einer zweiten Pumpenkammer (18) eine Hubbewegung vollführt, wobei die zweite Pumpenkammer eine Einlaß- und eine Auslaßöffnung besitzt,

c) einer Verbindungsleitung (12, 14) zwischen der Auslaßöffnung der ersten Pumpenkammer und der Einlaßöffnung der zweiten Pumpenkammer,

d) einem an die Einlaßöffnung der ersten Pumpenkammer angeschlossenen Einlaßventil (4), durch das ein Flüssigkeitsstrom in die erste Pumpenkammer eintreten kann und eine Strömung in entgegengesetzter Richtung verhindert wird,

e) einem an den Auslaß der ersten Pumpenkammer angeschlossenen Auslaßventil (13), durch das Flüssigkeit in die zweite Pumpenkammer einströmen kann und eine Strömung in entgegengesetzter Richtung verhindert wird,

f) Antriebsmitteln (30, 34; 31, 33; 32, 36) für die Hubbewegung des ersten und des zweiten Kolbens,

g) wobei die Flüssigkeit in der ersten Pumpenkammer auf einen hohen Druck komprimiert wird, bevor die komprimierte Flüssigkeit in die zweite Pumpenkammer gefördert wird,
gekennzeichnet durch
mit den Antriebsmitteln (30, 34; 31, 33; 32, 36) gekoppelte Steuer- mittel (41, 42, 43, 44, 35) zur Einstellung der Hublängen der Kolben (10, 20) zwischen ihrem jeweiligen oberen und unteren Totpunkt in Abhängigkeit von der gewünschten Flußrate der geförderten Flüssigkeit am Ausgang der Pumpeinrichtung, wobei das Hubvolumen (d.h. die während eines Pumpzyklus verdrängte Flüssigkeitsmenge ) sich mit abnehmender Flußrate verringert und umgekehrt , derart, daß Pulsationen in dem an den Ausgang der Pumpeinrichtung geförderten Flüssigkeitsstrom verringert werden."
Wegen des Wortlauts der übrigen Patentansprüche wird auf die Streitpatentschrift verwiesen.
Die Klägerin hält das Streitpatent für nicht patentfähig. Sie ist insbesondere der Auffassung, der Gegenstand des Anspruchs 1 sei durch die amerikanische Patentschrift 4 681 513 neuheitsschädlich vorweggenommen, jedenfalls aber nahegelegt.
Die Beklagte hat das Streitpatent mit der Maßgabe verteidigt, daß in Patentanspruch 10 eine Alternative gestrichen werden solle.
Mit dieser Maßgabe hat das Bundespatentgericht die Nichtigkeitsklage abgewiesen.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie ihren Antrag weiterverfolgt, das Streitpatent insgesamt für nichtig zu erklären.
Die Beklagte tritt dem Rechtsmittel entgegen.
Als gerichtlicher Sachverständiger hat Univ.-Prof. Dr.-Ing. H. M. ein schriftliches Gutachten erstattet, das er in der mündlichen Verhandlung erläutert und ergänzt hat.

Entscheidungsgründe:


Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Wie das Bundespatentgericht hat auch der Senat nicht die Überzeugung gewonnen, daß der Gegenstand der Streitpatents nicht patentfähig ist, so daß die Nichtigkeitsklage zu Recht abgewiesen worden ist (Artt. 52 Abs. 1, 54, 56, 138 Abs. 1 lit. a EPÜ, Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG).
I. Das Streitpatent betrifft eine Pumpeinrichtung zum Fördern von Flüssigkeit unter hohem Druck, bei dem sich die Kompressibilität der Flüssigkeit bemerkbar macht, mit wählbarer Flußrate. Solche Vorrichtungen werden, wie die Streitpatentschrift erläutert, insbesondere in der Flüssigkeitschromatographie eingesetzt, um die bewegliche Phase durch die Trennsäule hindurchzuführen. Dabei soll einerseits die Flußrate einstellbar sein, andererseits die eingestellte Flußrate zur Vermeidung von Meßfehlern möglichst konstant (schwankungsfrei) gehalten werden.
Die Patentschrift beschreibt, daß Hubkolbenpumpen mit nur einem Kolben von Haus aus mit Flußschwankungen (Pulsationen) behaftet seien, weil der Kolben nur während eines Teils des Pumpzyklus´ fördere. Zur Reduzierung dieser Pulsationen sei es bekannt, eine Doppelkolbenpumpe zu verwenden, deren miteinander verbundene Pumpenköpfe jeweils einen Hubkolben besitzen , die über Nocken und eine Nockenwelle mit einem vorbestimmten Phasenabstand angetrieben werden, so daß sich ein relativ gleichmäßiger Förderstrom ergebe. Zudem seien zusätzliche Pulsationsdämpfer bekannt.
Bei den in der Hochleistungsflüssigkeitschromatographie auftretenden hohen Drücken bilde jedoch die Kompressibilität der Lösungsmittel eine zusätzliche Quelle für Flußpulsationen. Bei jedem Kompressionszyklus der Pumpe müsse der erste Kolben vor Beginn der Förderung der Flüssigkeit erst einen bestimmten Weg zurücklegen, um die Flüssigkeit auf den endgültigen Förderdruck zu bringen, was zu Flußpulsationen entsprechend der Pumpenfrequenz führe, die sich insbesondere bei niedrigen Flußraten und entsprechend kleineren Spitzen (Peaks) im Chromatogramm störend bemerkbar machten.
Aus der amerikanischen Patentschrift 4 352 636 sei es bekannt, die durch die Kompressibilität der Lösungsmittel erzeugten Pulsationen durch speziell ausgebildete Nocken zu reduzieren, deren Form so gewählt sei, daß sich während des gesamten Rotationszyklus mit Ausnahme eines kurzen Abschnitts zu Beginn des Ausstoßhubs des ersten Kolbens die gleiche Fördermenge ergebe , um durch eine Vorkompressionsphase und den resultierenden positiven Förderpuls die Kompressibilität der Flüssigkeit auszugleichen. Die Vorkompressionsphase sei jedoch von einer Vielzahl von Parametern abhängig, die nicht alle präzise bestimmt werden könnten, so daß eine Restpulsation zu er-
warten sei. Außerdem benötige die Konstruktion präzise bearbeitete Nocken und sei damit verhältnismäßig kompliziert.
Hieraus ergibt sich, wie in der Streitpatentschrift angegeben, das technische Problem, eine Pumpeinrichtung zur Verfügung zu stellen, die es mit konstruktiv einfachen Mitteln erlaubt, innerhalb eines breiten Bereichs von Flußraten nachteilige Auswirkungen von Pulsationen auf die chromatographischen Meßergebnisse weitgehend zu vermeiden.
Erfindungsgemäß soll dies mit folgender Merkmalskombination erreicht werden:
Pumpeinrichtung zum Fördern von Flüssigkeit unter hohem Druck, bei dem sich die Kompressibilität der Flüssigkeit bemerkbar macht, mit einer wählbaren Flußrate, umfassend 1. eine erste Pumpenkammer (7), 1.1 in der ein erster Kolben (10) eine Hubbewegung vollführt und 1.2 die eine Einlaßöffnung und eine Auslaßöffnung aufweist, 2. eine zweite Pumpenkammer (18), 2.1 in der ein zweiter Kolben (20) eine Hubbewegung vollführt und 2.2 die eine Einlaßöffnung und eine Auslaßöffnung aufweist, 3. eine Verbindungsleitung (12, 14) zwischen der Auslaßöffnung der ersten Pumpenkammer und der Einlaßöffnung der zweiten Pumpenkammer , 4. ein Einlaßventil (4)
4.1 das an die Einlaßöffnung der ersten Pumpenkammer angeschlossen ist und 4.2 durch das ein Flüssigkeitsstrom in die erste Pumpenkammer eintreten kann und eine Strömung in entgegengesetzter Richtung verhindert wird, 5. ein Auslaßventil (13), 5.1 das an den Auslaß der ersten Pumpenkammer angeschlossen ist und 5.2 durch das Flüssigkeit in die zweite Pumpenkammer einströmen kann und eine Strömung in entgegengesetzter Richtung verhindert wird, 6. Antriebsmittel (30, 34; 31, 33; 32, 36) 6.1 für die Hubbewegung des ersten und des zweiten Kolbens, 6.2 wobei die Flüssigkeit in der ersten Pumpenkammer auf einen hohen Druck komprimiert wird, bevor die komprimierte Flüssigkeit in die zweite Pumpenkammer gefördert wird, 7. mit den Antriebsmitteln (30, 34; 31, 33; 32, 36) gekoppelte Steu- ermittel (41, 42, 43, 44, 35) 7.1 zur Einstellung der Hublängen der Kolben (10, 20) zwischen ihrem jeweiligen oberen und unteren Totpunkt 7.2 in Abhängigkeit von der gewünschten Flußrate der geförderten Flüssigkeit am Ausgang der Pumpenvorrichtung, 7.3 wobei das Hubvolumen (d.h. die während eines Pumpzyklus verdrängte Flüssigkeitsmenge) mit abnehmender Flußrate verringert wird und umgekehrt,
7.4 derart, daß Pulsationen in dem an den Ausgang der Pumpeinrichtung geförderten Flüssigkeitsstrom verringert werden ("such that pulsations ... are reduced").
Die nachfolgend wiedergegebene Figur 1 der Streitpatentschrift zeigt ein Ausführungsbeispiel der Erfindung.

Die Streitpatentschrift erläutert, daß erfindungsgemäß die Flußrate, die bei den bekannten Fördersystemen bei gleichbleibendem Hubvolumen durch Veränderung der Hubfrequenz der Kolben verändert worden sei, durch Veränderung sowohl der Hubfrequenz als auch des Hubvolumens verändert werde. Daraus ergeben sich zwei Vorteile:
- Zum einen wird mit - bei kleinerer Flußrate - kleiner werdendem Hubvolumen auch das Volumen kleiner, das vor Beginn des Förderns auf den Enddruck zu komprimieren ist, was die Kompressionsphase verkürzt und zu geringeren Pulsationen führt. - Zum anderen bedeutet ein geringeres Hubvolumen eine höhere Hubfrequenz und damit eine entsprechend höhere Frequenz der verbleibenden Pulsationen. Sie wirkt sich günstig aus, weil hochfrequente Pulsationen eher wie ein gleichmäßiges Hintergrundsignal wirken, das das gesamte Chromatogramm im wesentlichen gleichmäßig beeinflußt; außerdem führt, wie Prof. Dr.-Ing. S. in dem von der Beklagten erstinstanzlich vorgelegten Privatgutachten darlegt und der gerichtliche Sachverständige bestätigt hat, das Speicherverhalten des Systems zu einer Art "Tiefpaßwirkung", d.h. zu einer Glättung der Pulsationen, die um so ausgeprägter erfolgt, desto höher die Pulsationsfrequenz ist.
Mit konstruktiv einfachen Mitteln werden damit die nachteiligen Auswirkungen von Pulsationen in dem besonders kritischen Bereich der niedrigeren Flußraten reduziert.
Anspruch 1 des Streitpatents läßt hierbei offen, in welchem konkreten Maße bei einer Verringerung der Flußrate die Hublänge reduziert werden soll und welche Hubdauer und Hubfrequenz sich demgemäß bei einer vorgegebenen Flußrate ergeben. Stellt man den Zusammenhang wie in dem angefochtenen Urteil und nachstehend wiedergegeben graphisch dar (wobei h die Hublänge und T die Dauer des Kolbenhubs bezeichnen), bleibt demgemäß eben- h so offen, wo genau zwischen dem Nullpunkt und dem Punkt 1 auf der eine
Flußrate V < V < V darstellenden Geraden V der dem Verhältnis Hublänge
2
1 0 1 zu Hubdauer entsprechende "Betriebspunkt" B liegt, wie die Form der Kurve 1’ B' offenbleibt, die die Betriebspunkte B , B und B verbindet und die, wie dar- 0 1’ 2’ gestellt, eine Gerade sein kann, aber nicht sein muß.

B


B’

Jedoch erhält der Fachmann, bei dem es sich um einen Diplomingenieur mit vertieften Kenntnissen im Bereich der Feinmechanik, der Hochdrucktechnik und der Steuerungstechnik und Erfahrungen auf dem Gebiet der Entwicklung und Konstruktion von Flüssigkeitschromatographen handelt, durch das funktionale Merkmal 7.4 eine Zielrichtung vorgegeben, an der er sich bei der Auswahl des "Betriebspunktes" B orientieren kann, indem er diesen so wählt, daß die x’ Pulsationen in dem an den Ausgang der Pumpeinrichtung geförderten Flüssigkeitsstrom wirksam verringert werden. Darüber hinaus muß die Kurve B' der Bedingung h > h > h ... > h genügen, die sich aus Merkmal 7.3 ergibt, d.h. 0 1’ 2’ n’ die Hublänge darf, wie der gerichtliche Sachverständige in der mündlichen Verhandlung überzeugend erläutert hat, nach dem Verständnis des Fachmanns vom Wortsinn dieses Merkmals bei einer einstellbaren geringeren Flußrate nicht ansteigen oder gleichbleiben, soweit nicht die technischen Gegeben-
heiten, wie insbesondere die Auflösung des Schrittmotors, eine Veränderung nur um bestimmte Inkremente zulassen. Eine Ausnahme von dieser Bedingung bilden nur die in der Beschreibung des Streitpatents erwähnten sehr geringen Flußraten unter etwa 0,1 ml/min, bei denen das Hubvolumen bis herunter zur Flußrate Null auf einem konstanten Wert gehalten wird (Sp. 11 Z. 42 - 49). Der Fachmann erkennt, wie der gerichtliche Sachverständige dargelegt hat, daß dies mit der erfindungsgemäßen Lehre deshalb vereinbar ist, weil bei sehr geringen Hubvolumina eine weitere Verringerung des Hubvolumens praktisch nicht oder nicht mehr sinnvoll realisierbar sein kann.
II. Ein Gegenstand mit diesen Merkmalen war am Anmeldetag des Streitpatents neu.
Die - wie auch die Klägerin nicht in Zweifel zieht - von dem im Prüfungsverfahren und im Nichtigkeitsverfahren erörterten Stand der Technik für eine neuheitsschädliche Vorwegnahme allein in Betracht kommende amerikanische Patentschrift 4 681 513 ("Saito") beschreibt keine Pumpeinrichtung mit Steuermitteln , mit denen im vorstehend erläuterten Sinne das Hubvolumen mit abnehmender Flußrate derart verringert wird, daß störende Pulsationen in dem an den Ausgang der Pumpeinrichtung geförderten Flüssigkeitsstrom verringert werden (Merkmale 7.3 und 7.4).
Mit dem in Sp. 5 Z. 10 bis Sp. 8 Z. 26 beschriebenen bevorzugten Ausführungsbeispiel , das durch das nachfolgende, in Fig. 7 dargestellte Blockdiagramm veranschaulicht wird, offenbart diese Druckschrift eine Pumpeinrichtung mit den Merkmalen 1 bis 6.2 des Streitpatents.

Es handelt sich um eine Pumpeinrichtung, die in Übereinstimmung mit Merkmal 1 zum Fördern von Flüssigkeit unter hohem Druck, bei dem sich die Kompressibilität der Flüssigkeit bemerkbar macht, vorgesehen ist. Die Pumpe weist zwei hintereinander geschaltete Pumpeneinheiten 50, 40 auf, die durch eine Leitung 60 miteinander verbunden sind (Merkmal 3). Jede Pumpeneinheit weist einen Kolben 53, 43 auf, der in einer Pumpenkammer eine Hubbewegung vollführt (Merkmale 1.1 und 2.1). In Einlaßöffnungen und Auslaßöffnungen jeder Pumpeneinheit sind Rückschlagventile 52, 51; 42, 41 angeordnet, die ein Rückströmen der Flüssigkeit verhindern (Merkmale 1.2, 2.2, 4 und 5). Der Antrieb der Kolben 53, 43 erfolgt über Nockenscheiben 55, 45, die jeweils von
einem Schrittmotor 56, 46 angetrieben werden (Merkmal 6.1). Die Schrittmoto- ren führen Drehbewegungen in alternierender Drehrichtung durch, die mit Hilfe der Nockenscheiben in die oszillierende Bewegung der Kolben umgesetzt werden. Wegen der hintereinander geschalteten Pumpeneinheiten muß die Flüssigkeit in der ersten Pumpenkammer vor Beginn der Förderung zunächst auf den Druck, der in der Verbindungsleitung und der zweiten Pumpenkammer herrscht, vorverdichtet werden, da sich erst danach die Rückschlagventile öffnen (Merkmal 6.2).
Die Pumpeinrichtung soll für drei unterschiedliche Analysebereiche des nachgeschalteten Flüssigkeitschromatographen einsetzbar sein, nämlich für die Mikroanalyse mit einer Flußrate bis 0,1 µl/min, die Semimikroanalyse mit einer Flußrate bis 1 µl/min und die Makroanalyse mit einer Flußrate bis 10 µl/min. Die Druckschrift erläutert, daß es sehr schwierig sei, diese drei Flußratenbereiche (die sich um den Faktor 100 unterscheiden) durch die Verwendung einer konventionellen Pumpenanordnung abzudecken, bei der die Nocken zum Antrieb der Kolben in einer Richtung rotieren. Wenn die Nocken jeden Flußratenbereich abdecken sollten, würde die Hubdauer bei großen Flußraten so kurz, daß sich die Kolben von der Nockenscheibe abhöben, während bei kleinen Flußraten die Geschwindigkeit des Schrittmotors so stark verlangsamt werden müßte, daß dieser nicht mehr glatt rotieren könnte (Sp. 4, Z. 4 bis 14 der US-Patentschrift).
Zur Bewältigung dieses Problems ist bei dem bevorzugten Ausführungsbeispiel vorgesehen, auf den Nockenscheiben 55, 45, mit denen die Kolben angetrieben werden, - wie in der nachfolgend wiedergegebenen Fig. 10 gezeigt - insgesamt fünf aneinander anschließende, sich zu 360° ergänzende
Winkelbereiche vorzusehen, von denen zwei (P , P ) als Hilfssegmente dienen 1 2 und die übrigen drei als Nutzsegmente für jeweils einen der drei unterschiedlichen Analysebereiche eingesetzt werden, und zwar der Nockenbereich M für die Mikroanalyse, der Nockenbereich S für die Semimikroanalyse und der Nokkenbereich N für die Makroanalyse (US-Patentschrift Sp. 7, Z. 54 – Sp. 8 Z. 4). In den Winkelbereichen M, S und N weisen die Nocken Kontur-Segmente mit jeweils unterschiedlicher, jedoch innerhalb der einzelnen Winkelbereiche konstanter Steigung auf. Dabei soll sich bei einer minimal erreichbaren Flußrate von 5,955 µl/min in der Makroanalyse eine Hublänge von 11.191 µm, bei einer Flußrate von 0,5955 µl/min in der Semimikroanalyse eine Hublänge von 621 µm und bei einer Flußrate von 0,05955 µl/min in der Mikroanalyse eine Hublänge von 31 µm ergeben.

Der zentrale Steuerkreis 63 bestimmt abhängig von dem eingegebenen Wert für die gewünschte Flußrate die Rotationsgeschwindigkeit und den Winkelbereich , über den die Schwenkbewegung zum Antrieb des zweiten Kolbens erfolgt (Sp. 6, Z. 42 bis 56). In Abhängigkeit von der Bewegung des zweiten Kolbens wird der Antriebsmotor 56 für den ersten Kolben 53 geregelt. Der sich in der Druckleitung 62 einstellende Enddruck der Pumpe wird mit dem Druck-
sensor 64 erfaßt. Falls sich Druckpulsationen im Übergangsbereich zwischen der Förderung der ersten und der zweiten Pumpeneinheit ergeben, wird die Vorkompressionsphase der ersten Pumpeneinheit durch Erhöhung oder Erniedrigung der Kolbengeschwindigkeit des ersten Kolbens so verändert, daß die Druckschwankungen verringert werden (US-Patentschrift Sp. 7, Z. 3 - 26).
In der Entgegenhaltung ist somit zwar die Verringerung des Hubvolumens für niedrigere Flußraten beschrieben, jedoch nur für den Übergang von der Makroanalyse zur Semimikroanalyse oder von der Semimikroanalyse zur Mikroanalyse. Dagegen ist der Schrift, wie bereits das sachkundig besetzte Bundespatentgericht angenommen und die eingehende Erörterung mit dem gerichtlichen Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat, nichts dafür zu entnehmen, daß auch innerhalb der Analysebereiche bei Wahl einer niedrigeren Flußrate das Hubvolumen verringert werden könnte. Insbesondere bezieht der Fachmann nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Angaben in der Entgegenhaltung zur Veränderung des Winkelbereichs (Sp. 6 Z. 44 - 56) nur auf den Wechsel zwischen den für die unterschiedlichen Analysebereiche vorgesehenen Winkelbereichen M, S und N, nicht jedoch auf die Möglichkeit, einen dieser Bereiche bei geringerer Flußrate nur teilweise zu überstreichen. Der vorstehend zu I formulierten Gültigkeitsbedingung für den Verlauf der Kurve B ist somit nicht genügt, Merkmal 7.3 nicht erfüllt.
Es kommt hinzu, daß die Schrift auch keinen Anhaltspunkt dafür bietet, daß die Verringerung des Hubvolumens bei dem Übergang von einem "gröberen" zu einem "feineren" Analysebereich an der Zielsetzung orientiert wäre,
Pulsationen zu reduzieren (Merkmal 7.4), oder dieses Ziel auch nur objektiv zu erreichen geeignet wäre.
Die Zielsetzung bei der Ausgestaltung der Nocken mit Bereichen unterschiedlicher Steigung ist eine andere, wie sich aus Sp. 4 Z. 4 - 14 der US-Patentschrift und der darauf bezogenen Aufgabe ergibt, eine Pumpenanordnung bereitzustellen, die ein Fluid über einen ziemlich breiten Bereich von Flußraten fördern kann (Sp. 4 Z. 28 - 30). Es gilt nämlich sowohl ein Abheben der Kolben von den Nockenscheiben bei zu hoher Geschwindigkeit als auch eine nicht-glatte Rotation bei zu niedriger Geschwindigkeit des Schrittmotors zu vermeiden. Zwar erwähnt die Entgegenhaltung auch als Anliegen der Erfindung , eine Pumpenanordnung bereitzustellen, die nur kleine Anzahl von Flußratenpulsationen erzeugt (Sp. 4 Z. 22 - 24). Jedoch wird dieses Ziel mit anderen Mitteln verfolgt, nämlich dadurch, daß die Vorkompressionsphase der ersten Pumpeneinheit gegebenenfalls durch Erhöhung oder Erniedrigung der Kolbengeschwindigkeit des ersten Kolbens so verändert wird, daß die Druckschwankungen verringert werden. Deswegen setzt die Entgegenhaltung, anders als das Streitpatent, auch zwingend zwei gesondert ansteuerbare Schrittmotoren für die beiden Nocken voraus. Schließlich ergibt sich auch nichts anderes aus der des weiteren genannten Zielsetzung, eine Pumpenanordnung bereitzustellen, deren Flußrate verändert werden kann, ohne das Zeitintervall der Flußratenpulsationen allzu lang zu machen (Sp. 4 Z. 25 - 27). Sie knüpft an die Darlegung in der Beschreibung an, ein Mittel, die Abnahme der durchschnittlichen Flußrate aufgrund des höheren Förderdrucks zu mindern, bestehe darin, den Hub des Kolbens zu verlängern und damit die Frequenz der Absorp- tionen des Kompressionsvorgangs pro Zeiteinheit zu reduzieren; werde die Hubdauer jedoch auf einen extrem großen Wert wie z.B. eine Minute angeho-
ben, werde die sonst übliche Wirkung der Ladung auf die Pumpe zum Glätten von Flußratenpulsationen oder die Wirkung eines Dämpfers zum Entfernen von Flußratenpulsationen nicht mehr erreicht werden können (Sp. 3 Z. 42 - 61). Es geht der Schrift somit auch in diesem Zusammenhang gerade nicht um eine kontinuierliche Verringerung des Hubs bei abnehmenden Flußraten, sondern lediglich um die Vermeidung extrem hoher Frequenzen.
Es läßt sich auch nicht feststellen, daß bei der in der Entgegenhaltung beschriebenen Pumpeinrichtung durch die Verringerung des Hubvolumens bei Wahl eines feineren Analysebereichs mit niedrigerer Flußrate tatsächlich Pulsationen reduziert würden. Denn wie dort in Sp. 8 Z. 17 - 26 beschrieben wird, muß die Einlaßpumpe 50 das Fluid bei einer größeren Flußrate fördern als die Auslaßpumpe 40; ist die Nocke 55 im Profil mit der Nocke 45 identisch, ist es deshalb notwendig, die Nocke 55 über zwei oder mehrere der Winkelbereiche zu rotieren. Da die Übergänge zwischen den Winkelbereichen unstetig sind, werden hierdurch, wie der Privatgutachter Prof. Dr. S. eingehend begründet und der gerichtliche Sachverständige bestätigt hat, zwangsläufig Pulsationen verursacht. Zwar weist die Formulierung der Entgegenhaltung, wie die Klägerin zu Recht geltend macht, den Fachmann darauf hin, daß auch nicht-identische Nockenprofile denkbar wären. Jedoch fehlt es an einer konkreten Offenbarung, wie solche nicht identischen Nockenprofile ausgestaltet werden könnten, ebenso wie an jedem Hinweis, daß ihre Verwendung wünschenswert sein könnte. Auch hieran wird deutlich, daß der Entgegenhaltung nichts dafür zu entnehmen ist, durch ein abnehmendes Hubvolumen bei abnehmender Flußrate störende Pulsationen zu reduzieren.
Dafür läßt sich schließlich auch nichts aus dem Argument der Klägerin herleiten, die Ausgestaltung der Nocken mit Segmenten unterschiedlicher Steigung sei nur Gegenstand des bevorzugten Ausführungsbeispiels und des Anspruchs 5 der Entgegenhaltung, während Anspruch 1 ganz allgemein Nocken lehre, die an jeder rotierenden Welle zum Zusammenwirken mit den an den freien Enden jedes Kolbens angebrachten Nockenstößeln befestigt seien, und Schrittmotoren, die so gesteuert würden, daß sie innerhalb eines Winkelbereichs vor und zurück rotierten, der entsprechend der gewünschten Flußrate gesteuert sei ("stepper motors being controlled to rotate back and forth within an angular range controlled according to the desired flow rate"). Es ist schon zweifelhaft, ob der Fachmann diesen Anspruch trotz der beschriebenen Nachteile eines alle Flußratenbereiche abdeckenden Nockens dahin versteht, daß die Nocken auch mit gleichmäßiger Steigung ausgebildet sein können, denn wie der gerichtliche Sachverständige erläutert hat, erlaubt es die begrenzte Schrittmotorauflösung dem Fachmann nicht, bei der Vorrichtung nach Saito kurzerhand auf unterschiedliche Nockensegmente zu verzichten. Jedenfalls ist dem nicht weiter erläuterten, allgemein formulierten Anspruch für den Fachmann, wie der Sachverständige bestätigt hat, mangels entsprechender Erläuterungen oder wenigstens Zielvorgaben in der Beschreibung aber nicht zu entnehmen, daß die Steuerung so erfolgen soll, daß bei Wahl einer geringeren Flußrate ein kleinerer Winkelbereich überstrichen wird.
III. Hiernach läßt sich aber auch nicht feststellen, daß der Stand der Technik dem Fachmann die technische Lehre des Anspruchs 1 des Streitpatents nahegelegt hat. Die amerikanische Patentschrift 4 681 513 enthält nach dem Vorstehenden ebensowenig eine Anregung, schädliche Pulsationen dadurch zu verringern, daß das Hubvolumen mit abnehmender Flußrate verrin-
gert wird, wie der übrige im Verfahren erörterte Stand der Technik, der keine Pumpeinrichtung für hohe Drücke kennt, bei der eine Steuerung der Hublänge der Kolben vorgesehen ist. Der Fachmann mußte daher, um zu der Erfindung zu gelangen, sich von den bislang verfolgten Lösungen abkehren, Pulsationen durch Dämpfungseinrichtungen und dergleichen so weit wie möglich zu vermeiden , und statt dessen den anderen Weg einschlagen, die Pulsationen in möglichst kleine und hochfrequente Flußschwankungen umzuwandeln, die das chromatographische Meßergebnis nicht oder nur wenig stören. Der gerichtliche Sachverständige hat dies dahin ausgedrückt, daß das Streitpatent nicht wie der Stand der Technik versuche, Druckschwankungen zu eliminieren, sondern sie als systemimmanent betrachte und es unternehme, ihre Auswirkungen auf das Ergebnis der Messung zu minimieren, indem es die Höhe der Pulsationen mit abnehmender Flußrate reduziere und gleichzeitig die Frequenz der Pulsationen möglichst hoch halte. Allein sein allgemeines Fachwissen konnte den Fachmann, wie der gerichtliche Sachverständige zur Überzeugung des Senats bestätigt hat, nicht auf diesen bislang nicht begangenen Weg führen.
IV. Die auf Anspruch 1 rückbezogenen Ansprüche 2 bis 12 des Streitpatents werden bereits durch die Patentfähigkeit des Anspruchs 1 getragen und haben deshalb mit diesem Bestand.
V. Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 Satz 2 PatG in Verbindung mit § 97 Abs. 1 ZPO.
Jestaedt Scharen Keukenschrijver
Meier-Beck Asendorf
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(4) Auch die hinsichtlich der Merkmale 7.3 und 7.4 getroffene Feststellung des Berufungsgerichts, deren äquivalente Verletzung scheide aus, weil das A. -System zum Ziel habe, Pulsationen gänzlich zu vermeiden, und damit bei ihm ein Umstand gegeben sei, auf den es nach der Lehre des Klagepatents nicht ankomme, füllt keine der maßgeblichen Voraussetzungen aus. Mit dieser Feststellung ist zunächst einmal nur ein Mehr an Leistung im Vergleich zu dem angesprochen, was ausweislich Merkmal 7.4 die nach Patentanspruch 1 geschützte Lehre ausmachen soll. Ein Leistungsüberschuss einer vom Wortsinn abweichenden Ausführung schließt aber deren Einbeziehung in den Schutzbereich eines Patentanspruchs nicht aus. Dies gilt insbesondere, wenn die als patentverletzend beanstandete Ausführung über die Gesamtheit der Merkmale hinaus, die im Hinblick auf die Einbeziehung dieser Ausführung in den Schutzbereich von Bedeutung sind, zusätzliche Gestaltungsmittel aufweist, weil dann deren Existenz für eine weitere Leistungssteigerung verantwortlich sein kann. Gerade das war im Streitfall zu klären, weil die Klägerin sich insoweit unter Hinweis auf den Prospekt gemäß Anl. K 5a auf das Vorhandenseins eines Druckwandlers und einer softwaregesteuerten Vordruckregelung berufen hat. Die damit aufgezeigte Möglichkeit, dass auch das A. -System über das Hubvolumen so gesteuert wird, dass Pulsationen in dem an den Ausgang der Pumpeneinrichtung geförderten Flüssigkeitsstrom verringert werden, und dieses System zur Beseitigung noch verbleibender Pulsationen nur durch zusätzliche Maßnahmen befähigt ist, wird jedoch durch den bloßen Hinweis des Berufungsgerichts nicht ausgeräumt, nach den Ausführungen von Prof. Dr. M. sei aus dem so genannten Weissgerber-Bericht (Anl. K 6) nicht ersichtlich, wie sich die Regelung von Primär- und Systemdruck auf die Pulsation auswirke, um den vom A. -System beanspruchten "ripple-free flow" nachzuweisen.

(1) Haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung oder durch Einreichung eines Schriftsatzes oder zu Protokoll der Geschäftsstelle den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, so entscheidet das Gericht über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen durch Beschluss. Dasselbe gilt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes widerspricht, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(2) Gegen die Entscheidung findet die sofortige Beschwerde statt. Dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt. Vor der Entscheidung über die Beschwerde ist der Gegner zu hören.

(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).

(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder
2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.

(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.

(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.

(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.

(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.

(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.

(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

27
(4) Auch die hinsichtlich der Merkmale 7.3 und 7.4 getroffene Feststellung des Berufungsgerichts, deren äquivalente Verletzung scheide aus, weil das A. -System zum Ziel habe, Pulsationen gänzlich zu vermeiden, und damit bei ihm ein Umstand gegeben sei, auf den es nach der Lehre des Klagepatents nicht ankomme, füllt keine der maßgeblichen Voraussetzungen aus. Mit dieser Feststellung ist zunächst einmal nur ein Mehr an Leistung im Vergleich zu dem angesprochen, was ausweislich Merkmal 7.4 die nach Patentanspruch 1 geschützte Lehre ausmachen soll. Ein Leistungsüberschuss einer vom Wortsinn abweichenden Ausführung schließt aber deren Einbeziehung in den Schutzbereich eines Patentanspruchs nicht aus. Dies gilt insbesondere, wenn die als patentverletzend beanstandete Ausführung über die Gesamtheit der Merkmale hinaus, die im Hinblick auf die Einbeziehung dieser Ausführung in den Schutzbereich von Bedeutung sind, zusätzliche Gestaltungsmittel aufweist, weil dann deren Existenz für eine weitere Leistungssteigerung verantwortlich sein kann. Gerade das war im Streitfall zu klären, weil die Klägerin sich insoweit unter Hinweis auf den Prospekt gemäß Anl. K 5a auf das Vorhandenseins eines Druckwandlers und einer softwaregesteuerten Vordruckregelung berufen hat. Die damit aufgezeigte Möglichkeit, dass auch das A. -System über das Hubvolumen so gesteuert wird, dass Pulsationen in dem an den Ausgang der Pumpeneinrichtung geförderten Flüssigkeitsstrom verringert werden, und dieses System zur Beseitigung noch verbleibender Pulsationen nur durch zusätzliche Maßnahmen befähigt ist, wird jedoch durch den bloßen Hinweis des Berufungsgerichts nicht ausgeräumt, nach den Ausführungen von Prof. Dr. M. sei aus dem so genannten Weissgerber-Bericht (Anl. K 6) nicht ersichtlich, wie sich die Regelung von Primär- und Systemdruck auf die Pulsation auswirke, um den vom A. -System beanspruchten "ripple-free flow" nachzuweisen.
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Die Beklagten tragen vor, bei ihrer Vorrichtung komme es nicht auf die vom Klagepatent gelehrte, sondern auf eine andere Form der Problemlösung an, nämlich eine dynamische Selbststeuerung statt der patentgemäßen Handsteuerung. Das Berufungsgericht wird aber zu beachten haben, dass ein Patent schon dann verletzt wird, wenn die Merkmale der angegriffenen Ausführungsform objektiv geeignet sind, die patentgemäßen Eigenschaften und Wirkungen zu erreichen. Unerheblich ist, ob die patentgemäßen Eigenschaften und Wirkungen regelmäßig, nur in Ausnahmefällen oder nur zufällig erreicht werden und ob es der Verletzer darauf absieht, diese Wirkungen zu erzielen. Deshalb liegt eine Patentverletzung auch vor, wenn eine Vorrichtung regelmäßig so bedient wird, dass die patentgemäßen Eigenschaften und Wirkungen nicht erzielt werden. Die Patentverletzung entfällt in diesem Fall selbst dann nicht, wenn der Hersteller oder Lieferant seinen Abnehmern ausdrücklich eine andere Verwendung seiner Vorrichtung empfiehlt, solange die Nutzung der patentgemäßen Lehre möglich bleibt (RG GRUR 1932, 1030, 1031 f.; Ullmann in Benkard, PatG, 9. Aufl., § 14 Rdn. 115). Es ist deshalb unerheblich, wenn den Abnehmern der angegriffenen Steigkatze etwa in der Bedienungsanleitung nur eine dynamische Selbststeuerung des Druckluftmotors empfohlen wird. Denn die vom Bediener ausgelöste, gleichzeitige Blockierung der Zu- und Abluft ist auf der Grundlage des dem Revisionsgericht zur Beurteilung stehenden Sachverhalts jedenfalls möglich.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 187/02 Verkündet am:
18. Juli 2003
K a n i k ,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
ZPO (2002) §§ 543 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2, 544 Abs. 6 Satz 1

a) Ein Berufungsurteil beruht auf der Verletzung rechtlichen Gehörs, wenn nicht
ausgeschlossen werden kann, daß das Berufungsgericht bei Berücksichtigung
des übergangenen Vorbringens anders entschieden hätte.

b) Eine Verletzung rechtlichen Gehörs durch das Berufungsgericht führt nicht zur
Zulassung der Revision, wenn sich nach einer rechtlichen
Überprüfung in dem Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren das Berufungsurteil
aus anderen Gründen als richtig darstellt.

c) Ist die Revision wegen der Verletzung rechtlichen Gehörs zur Sicherung einer
einheitlichen Rechtsprechung nach § 543 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO zugelassen, so
ist die Überprüfung des Berufungsurteils in dem Revisionsverfahren, als das das
Beschwerdeverfahren gemäß § 544 Abs. 6 Satz 1 ZPO fortgesetzt wird, nicht auf
die Gesichtspunkte beschränkt, die für die Zulassung der Revision maßgebend
waren.
BGH, Urteil vom 18. Juli 2003 - V ZR 187/02 - Kammergericht
LG Berlin
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 18. Juli 2003 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel und die Richter Prof. Dr. Krüger, Dr. Klein, Dr. Gaier und
Dr. Schmidt-Räntsch

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 2. Mai 2002 aufgehoben.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der Zivilkammer 23 des Landgerichts Berlin vom 8. November 2000 wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Rechtsmittelverfahren trägt die Klägerin.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Beklagte trat seit Mitte 1990 als Rechtsnachfolgerin der LiberalDemokratischen Partei Deutschlands (LDPD) und der National-Demokratischen Partei Deutschlands (NDPD) auf. Sie nutzte zwischen dem 3. Oktober 1990 und dem 31. Dezember 1991 elf Grundstücke, die zuvor als Volkseigentum in Rechtsträgerschaft jeweils einer dieser Parteien gestanden hatten. Während dieser Zeit vereinnahmte die Beklagte 1.258.519,44 DM aus der Vermietung
der Grundstücke. Ein Teil der Mieten wurde auf ein Konto der Beklagten bei der Berliner Bank gezahlt, das unter treuhändischer Verwaltung der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben stand. Ferner ersparte die Beklagte durch Eigennutzung der Grundstücke Mietzahlungen in Höhe weiterer 517.616,13 DM. Dem standen von ihr aufgewandte Verwaltungskosten für die Grundstücke in Höhe von mindestens 1.081.741 DM gegenüber.
In einem Rechtsstreit vor dem Verwaltungsgericht Berlin nahm die Beklagte die Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben auf Wiederzurverfügungstellung bestimmter Vermögenswerte wegen eines vermeintlichen Erwerbs nach materiell-rechtsstaatlichen Grundsätzen in Anspruch. Beigeladene dieses Rechtsstreits war auch die Klägerin, vertreten durch die Unabhängige Kommission zur Überprüfung des Vermögens der Parteien und Massenorganisationen in der früheren DDR. Unter Einbeziehung der Beigeladenen schlossen die Beklagte und die Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben in dem Verwaltungsstreitverfahren am 11. Dezember 1995 einen Prozeßvergleich. In dessen Präambel wird ausgeführt, daß "unterschiedliche Rechtsauffassungen darüber (bestehen), welche Vermögensgegenstände von der Liberal-Demokratischen Partei Deutschlands/des Bundes Freier Demokraten (LDPD) und der National-Demokratischen Partei Deutschlands nach materiell-rechtsstaatlichen Grundsätzen ... erworben wurden und diesen daher wieder zur Verfügung zu stellen sind." Weiter bestehe Streit darüber, ob die Beklagte "vermögensrechtlich Rechtsnachfolgerin der LDPD und NDPD geworden" sei. Außerdem gebe es unterschiedliche Auffassungen über die Frage , ob und ggf. in welcher Höhe die Beklagte "Altvermögen der LDPD und NDPD für Zwecke in Anspruch genommen hat, für die sie nur Neuvermögen hätte einsetzen dürfen." Die Beteiligten seien sich in dem Ziel einig, "beste-
hende Ungewißheit im Wege dieses Vergleichs endgültig zu beseitigen ...". Im Anschluß daran wurde unter § 1 Satz 1 des Vergleichs vereinbart:
"Gegenstand dieses Vergleichs ist das am 7. Oktober 1989 vorhandene und seither an die Stelle dieses Vermögens getretene Vermögen der LDPD und NDPD."
Nach § 2 des Vergleichs wurden der LDPD, die sich ihrerseits zur Übertragung auf die Beklagte verpflichtete, zwei Grundstücke sowie ein Geldbetrag von 4,8 Mio. DM wieder zur Verfügung gestellt. Auf die Wiederzurverfügungstellung aller anderen "Vermögenswerte des Altvermögens von LDPD und NDPD" verzichtete die Beklagte unter § 3 des Vergleichs. Als Gegenstand des Verzichts sind u.a. die Forderungen aus dem für die Mietzahlungen bestimmten Bankkonto der Beklagten bei der Berliner Bank aufgeführt. In § 4 Abs. 1 des Vergleichs ist festgehalten, daß zwar unterschiedliche Auffassungen wegen der "Verwendung des Altvermögens" nach dem 7. Oktober 1989 bestünden, die Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben jedoch auch gegen die Beklagte "keine Regreßansprüche wegen des endgültigen Abflusses von Altvermögenswerten" geltend mache. Der "Verzicht" soll sich nicht auf solches Vermögen beziehen, auf das LDPD, NDPD und die Beklagte "noch eine Zugriffsmöglichkeit" haben.
Im vorliegenden Rechtsstreit verlangt die Klägerin von der Beklagten ! Zahlung von 694.394,54 DM (= 355.038,29 bzw. ersparten Mieten unter Abzug der unstreitigen Verwaltungskosten ergeben. Sie ist der Auffassung, der vor dem Verwaltungsgericht geschlossene Prozeßvergleich habe ihre nun geltend gemachten zivilrechtlichen Ansprüche
nicht erfaßt; es seien lediglich die Auswirkungen der treuhänderischen Verwaltung durch die Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben auf das LDPD- und NDPD-Vermögen sowie deren teilweise Beendigung geregelt worden. Außerdem sei sie an dem Vergleich auch nicht beteiligt gewesen. Die Klage ist in erster Instanz ohne Erfolg geblieben. Auf die Berufung der Klägerin hat das Kammergericht der Klage stattgegeben. Hiergegen richtet sich die Revision , mit der die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils erstrebt. Die Klägerin beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:


Die Revision hat Erfolg.

I.


Das Berufungsgericht bejaht einen Anspruch der Klägerin aus § 988 BGB. Als unentgeltliche Besitzerin sei die Beklagte zur Nutzungsherausgabe verpflichtet. Der Anspruch sei durch den Vergleich vom 11. Dezember 1995 nicht ausgeschlossen. Als früheres Volkseigentum seien die Grundstücke nun Teil des Bundesfinanzvermögens. Damit könnten sie nicht Gegenstand des Vergleichs sein, der nach § 1 nur das Altvermögen der früheren DDR-Parteien erfaßt habe. Zu diesem zählten die betreffenden Grundstücke nicht, weil die früheren DDR-Parteien nie deren Eigentümer gewesen seien, sondern lediglich die Rechtsträgerschaft erhalten hätten. Forderungen aus dem Bundesfinanzvermögen seien nicht geregelt worden. Auch die Erwähnung des Kontos, auf
dem die Beklagte Mieteinnahmen aus den Grundstücken angesammelt habe, in § 3 des Vergleichs führe zu keinem anderen Ergebnis, weil zuvor klargestellt worden sei, daß sich der Verzicht nur auf das Altvermögen beziehe.
Dies hält einer revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.

II.


1. Der Senat kann das angefochtene Urteil nach Maßgabe des Revisionsrechts in vollem Umfang überprüfen; er ist nicht auf die Gründe beschränkt, die Anlaß waren, der Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten stattzugeben.

a) Mit der Nichtzulassungsbeschwerde hat die Beklagte zu Recht eine Mißachtung ihres Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) beanstandet.
aa) Entgegen der Darstellung in dem angefochtenen Urteil haben die Parteien in der Berufungsinstanz nicht "ausschließlich" darüber gestritten, ob der Klageanspruch Gegenstand der abschließenden Regelung im Vergleich vom 11. Dezember 1995 sei und daher nicht mehr geltend gemacht werden könne. Das Berufungsgericht hat nicht beachtet, daß die Beklagte die Einrede der Verjährung erhoben, weitere von der Klageforderung abzuziehende Kosten geltend gemacht, hilfsweise aufgerechnet und einen - jeder Auslegung vorgehenden (vgl. Senat, Urt. v. 7. Dezember 2001, V ZR 65/01, NJW 2002, 1038, 1039 m.w.N.) - übereinstimmenden Willen der Vertragsparteien vorgetragen hat. Diesen Teil ihres Verteidigungsvorbringens aus dem ersten Rechtszug
brauchte die Beklagte vor dem Berufungsgericht nicht ausdrücklich zu wiederholen. Die Beklagte ist nämlich im ersten Rechtszug schon deshalb erfolgreich gewesen, weil nach der Auslegung des Landgerichts durch den Vergleich auch die Klageforderung ausgeschlossen war. Die Klägerin wandte sich mit ihrer Berufung gegen diese Interpretation, während die Beklagte sich darauf beschränken konnte, das Urteil zu verteidigen. Auf das weitere Verteidigungsvorbringen der Beklagten kam es hiernach zunächst nicht mehr an, womit es aber noch nicht - gegen alle Vernunft - fallengelassen war. Da die Beklagte in der Berufungserwiderung auf ihr Vorbringen aus erster Instanz Bezug genommen hat, ist die Nichtberücksichtigung ihres Vorbringens aus dem ersten Rechtszug als Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG zu qualifizieren (vgl. BVerfGE 46, 315, 319 f; 60, 305, 311; 70, 288, 295; BVerfG, NJW 1992, 495; auch BVerfG, NJWRR 1995, 828).
bb) Das Berufungsurteil beruht auch auf dieser Verletzung des rechtlichen Gehörs. Diese Voraussetzung ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts , schon dann erfüllt, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, daß das Gericht bei Berücksichtigung des übergangenen Vorbringens anders entschieden hätte (BVerfGE 7, 95, 99; 60, 247, 250; 62, 392, 396; 89, 381, 392 f). Damit steht es im Einklang, wenn die Verletzung rechtlichen Gehörs , die im Zivilprozeß nicht zu den absoluten Revisionsgründen zählt (MünchKomm-ZPO/Wenzel, 2. Aufl., Aktualisierungsband, § 547 Rdn. 22; Musielak /Ball, ZPO, 3. Aufl., § 547 Rdn. 19; teilw. a.A. aber Stein/Jonas/Grunsky, ZPO, 21. Aufl., § 551 Rdn. 19), hier als Verfahrensfehler angesehen wird, bei dem für die Ursächlichkeit der Rechtsverletzung allein die Möglichkeit einer abweichenden Entscheidung des Berufungsgerichts genügt (MünchKommZPO /Wenzel, aaO, § 547 Rdn. 22; Musielak/Ball, aaO, § 547 Rdn. 19). Im vor-
liegenden Fall kann diese Möglichkeit zwar - weil die vierjährige Verjährungsfrist des § 197 BGB a.F. nicht für den hier geltend gemachten Anspruch auf Nutzungsersatz aus § 988 BGB gilt (vgl. Senat, Urt. v. 18. Juli 2003, V ZR 205/02, zur Veröffentlichung vorgesehen) - für die übergangene Verjährungseinrede ausgeschlossen werden. Auf der Grundlage der hier maßgeblichen rechtlichen Sicht des Berufungsgerichts (vgl. BVerwG, Buchholz 310 § 130a VwGO Nr. 16) gilt das aber nicht für das Vorbringen der Beklagten zu angeblichen Gegenforderungen und zu dem gemeinsamen umfassenden Abgeltungswillen.

b) Die Verletzung eines Verfahrensgrundrechts führt nach § 543 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO zur Zulassung der Revision, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (vgl. Senat, Beschl. v. 27. März 2003, V ZR 291/02, NJW 2003, 1943, 1946 zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen).
aa) Hieraus folgt allerdings nicht, daß der Senat in dem Revisionsverfahren , als das das Beschwerdeverfahren gemäß § 544 Abs. 6 Satz 1 ZPO fortgesetzt wird, bei der Überprüfung des Berufungsurteils auf die Gesichtspunkte beschränkt wäre, die für die Zulassung der Revision maßgebend waren. Auch dann, wenn die Revisionsinstanz erst durch eine erfolgreiche Nichtzulassungsbeschwerde eröffnet wird, richtet sich der Umfang der revisionsrechtlichen Überprüfung nach den allgemeinen Regeln, insbesondere aus § 557 ZPO. Dies wird durch die Systematik des Gesetzes bestätigt, das zwischen der Nichtzulassungsbeschwerde und dem Revisionsverfahren klar trennt (vgl. MünchKomm-ZPO/Wenzel, aaO, § 544 Rdn. 18). So gibt § 544 Abs. 6 Satz 3
ZPO, der den Beginn der Revisionsbegründungsfrist an die Zustellung der Entscheidung über die Zulassung der Revision knüpft, dem Revisionskläger Gelegenheit , seine Angriffe im Hinblick auf die nun eröffnete volle Überprüfung des Berufungsurteils - wenn notwendig - neu vorzutragen (vgl. Zöller/Gummer, ZPO, 23. Aufl., § 544 Rdn. 16). Ergibt sich der Zulassungsgrund aus einem Verfassungsverstoß des Berufungsgerichts, so gilt nichts anderes. Das Revisionsgericht hat die Rechtssache nicht etwa allein unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten zu überprüfen. Anders als im Verfahren der Verfassungsbeschwerde , das einer Überprüfung auf Verfassungsverstöße dient und dessen Prüfungsintensität entsprechend eingeschränkt ist, haben sich die Fachgerichte vielmehr mit jeder Rechtsbeeinträchtigung zu befassen (BVerfG, NJW 2003, 1924, 1926).
bb) Auf Grund der weitergehenden Prüfungskompetenz des Revisionsgerichts ist der Senat zudem im Verfahren der Nichtzulassungbeschwerde selbst nach Feststellung eines Verfassungsverstoßes nicht an einer Prüfung des einfachen Gesetzesrechts gehindert. Gelangt das Revisionsgericht daher bei Prüfung einer Nichtzulassungsbeschwerde zu dem Ergebnis, daß sich das Berufungsurteil trotz der Gehörsverletzung in der Vorinstanz im Ergebnis als richtig darstellt, weil im Fall richtiger Anwendung des formellen und des materiellen Rechts auch bei Beachtung des übergangenen Vorbringens kein anderes Urteil hätte ergehen können, so sind die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nicht gegeben. Die bisher unterbliebene Berücksichtigung und Erwägung des Vorbringens wurde dann in der Revisionsinstanz nachgeholt und die Verletzung des rechtlichen Gehörs auf diese Weise geheilt (vgl. BVerfGE 5, 22, 24; 62, 392, 397). Zugleich steht fest, daß die Frage der Gehörsverletzung keine Entscheidungserheblichkeit erlangen kann, weil selbst bei
einer Zulassung der Revision, dieses Rechtsmittel nach § 561 ZPO nicht zu einer Aufhebung des angefochtenen Urteils führen könnte (vgl. BVerwGE 15, 24, 26; 52, 33, 42; BVerwG, NVwZ-RR 2000, 233, 234; MünchKommZPO /Wenzel, aaO, § 561 Rdn. 8). Ist eine Frage nicht entscheidungserheblich, so kann sie auch unter dem Gesichtspunkt der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Zulassung der Revision eröffnen (vgl. BGH, Beschl. v. 19. Dezember 2002, VII ZR 101/02, NJW 2003, 831; auch Senat, Beschl. v. 25. Juli 2002, V ZR 118/02, NJW 2002, 3180, 3181). Indessen kann das Berufungsurteil im vorliegenden Fall auch mit einer anderen Begründung keinen Bestand haben.
2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann die Klägerin von der Beklagten nicht gemäß § 988 BGB die Herausgabe der aus den fraglichen elf Grundstücken gezogenen Nutzungen verlangen. Zwar sind die Grundstücke seit dem 3. Oktober 1990 gemäß Art. 22 Abs. 1 Satz 1 des Einigungsvertrages als Finanzvermögen Eigentum der Klägerin, und die Beklagte hat den Besitz an diesen Grundstücken auch unentgeltlich erlangt (vgl. Senat, Urt. v. 20. Februar 1998, V ZR 319/96, NJW 1998, 1709, 1710). Ferner zählen zu den von ihr gezogenen Nutzungen nach § 99 Abs. 3 BGB die hier herausverlangten Mieteinnahmen sowie nach §§ 100, 818 Abs. 2 BGB auch der Wertersatz für die durch die Eigennutzung erlangten Gebrauchsvorteile. Gleichwohl steht der Klägerin nach den im Prozeßvergleich vom 11. Dezember 1995 getroffenen Vereinbarungen der geltend gemachte Anspruch nicht zu. Das abweichende Verständnis des Berufungsgerichts beruht auf einer fehlerhaften Auslegung des Prozeßvergleichs und bindet daher den Senat nicht.

a) Die tatrichterliche Auslegung eines Prozeßvergleichs unterliegt der Nachprüfung durch das Revisionsgericht jedenfalls hinsichtlich der Beachtung der anerkannten Auslegungsgrundsätze, der gesetzlichen Auslegungsregeln, der Denkgesetze und der Erfahrungssätze (vgl. BGH, Urt. v. 11. Mai 1995, VII ZR 116/94, NJW-RR 1995, 1201, 1202; Urt. v. 13. Dezember 1995, XII ZR 194/93, NJW 1996, 838, 839). Für den vorliegenden Fall ergeben sich aus dem Umstand, daß der Prozeßvergleich in einem Verwaltungsstreitverfahren abgeschlossen wurde und - zumindest in seinen wesentlichen Teilen - als öffentlichrechtlicher Vertrag zu qualifizieren ist (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 13. Aufl., § 106 Rdn. 5) keine Besonderheiten. Insbesondere gelten die Auslegungsgrundsätze des Zivilrechts über § 62 Satz 2 VwVfG auch für öffentlichrechtliche Verträge (vgl. BVerwGE 84, 257, 264). Einer Prüfung nach den hiernach maßgebenden Grundsätzen hält die Auslegung des Berufungsgerichts nicht stand.
aa) Entscheidend für das Verständnis des Berufungsgerichts ist die Überlegung, daß die fraglichen elf Grundstücke als Eigentum des Volkes und bloßer Rechtsträgerschaft der LDPD und der NDPD niemals Vermögen dieser Parteien waren und daher - insbesondere wegen der Festlegung des Vergleichsgegenstandes (§ 1 des Prozeßvergleichs) - von dem Vergleich nicht erfaßt sein könnten. Hierbei ist nicht zu beanstanden, daß das Berufungsgericht bei seiner Auslegung an den von den Parteien gewählten Wortlaut der Vereinbarungen anknüpft (BGHZ 121, 13, 16; BGH, Urt. v. 11. September 2000, II ZR 34/99, NJW 2001, 144; Urt. v. 27. März 2001, VI ZR 12/00, NJW 2001, 2535). Das Berufungsgericht hat jedoch nicht hinreichend den allgemein anerkannten Auslegungsgrundsatz beachtet, daß bei Erklärungen, die sich an Angehörige eines bestimmten Verkehrskreises richten, nicht das allgemein-
sprachliche Verständnis der Aussagen entscheidend ist, sondern das in dem maßgeblichen Fachkreis verkehrsübliche Verständnis (vgl. BGH, Urt. v. 23. Juni 1994, VII ZR 163/93, NJW-RR 1994, 1108, 1109; Urt. v. 12. Dezember 2000, XI ZR 72/00, NJW 2001, 1344, 1345 m.w.N.). Hier wurde der Prozeßvergleich zwischen - zudem noch speziell beratenen - Beteiligten geschlossen, die auf dem Gebiet der Vermögensangelegenheiten der politischen Parteien der früheren DDR besonders fachkundig waren. Dies gilt namentlich für die Parteien des durch den Prozeßvergleich beendeten Verwaltungsstreitverfahrens, nämlich die Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben und die hiesige Beklagte als vermeintliche Rechtsnachfolgerin zweier politischer Parteien der früheren DDR. Soweit daher in dem Prozeßvergleich von dem "Vermögen" der LDPD und der NDPD gesprochen wird, ist mangels anderer Anhaltspunkte davon auszugehen, daß dieser Begriff im Sinne der einschlägigen §§ 20 a, 20 b PartG-DDR Verwendung finden sollte.
bb) Entsprechend dem Regelungszweck einer möglichst vollständigen Erfassung und Einziehung des Partei- und Organisationsvermögens für gemeinnützige Aufgaben (vgl. Toussaint, in Kimme, Offene Vermögensfragen, § 20 b PartG-DDR Rdn. 1) ist für die §§ 20 a, 20 b PartG-DDR von einem wirtschaftlichen Vermögensbegriff auszugehen (vgl. Berger, RVI, § 20 b PartGDDR Rdn. 39). Danach zählen zwar Grundstücke, die im Volkseigentum standen und einer Partei nur in Rechtsträgerschaft überlassen worden waren, als fremdes Eigentum nicht zu deren Vermögen. Anderes gilt aber für den tatsächlichen Besitz, der einer Partei an solchen Grundstücken verblieben ist. Er stellt nach der maßgeblichen wirtschaftlichen Sicht einen Vermögenswert dar, der der Partei zuzurechnen ist (Senat, Urt. v. 9. Januar 1998, V ZR 263/96, WM 1998, 987, 988; auch Urt. v. 20. Februar 1998, aaO, 711 für das Recht
zum Besitz; Berger, RVI, § 20 b PartG-DDR Rdn. 40, 42; ders., Die treuhänderische Verwaltung des Vermögens der Parteien und Massenorganisationen der DDR, 1998, S. 132 f; Toussaint, in Kimme, aaO, § 20 b PartG-DDR Rdn. 64). Soweit das Berufungsgericht in anderem Zusammenhang ausführt, der Besitz sei unerheblich, weil er allein das Ziehen von Nutzungen nicht rechtfertige, wird verkannt, daß der Besitz jedenfalls die tatsächliche Nutzung ermöglicht und ihm deshalb ein Vermögenswert nicht abgesprochen werden kann. Nach alledem hat das Berufungsgericht für seine Auslegung einen zu engen Vermögensbegriff zugrunde gelegt. Damit ist, weil sich für eine Begrenzung der Regelungen des Vergleichs auf Grundstücke, die im Eigentum der LDPD oder der NDPD standen, auch im übrigen kein Hinweis findet, dem Ergebnis der Auslegung des Berufungsgerichts die Grundlage entzogen.

b) Die fehlerhafte Auslegung des Berufungsgerichts zwingt nicht zu einer Zurückverweisung der Sache (§ 563 Abs. 3 ZPO). Da die hierfür erforderlichen tatsächlichen Feststellungen getroffen und weitere relevante Feststellungen nicht zu erwarten sind, kann der Senat den Prozeßvergleich selbst auslegen (vgl. Senat, Urt. v. 12. Februar 1997, V ZR 250/96, NJW 1998, 1219). Dies führt zu dem Ergebnis, daß der Klägerin die geltend gemachten Ansprüche auf Nutzungsherausgabe nicht mehr zustehen.
aa) Wird - wie geboten - der fachsprachliche Vermögensbegriff der §§ 20 a, 20 b PartG-DDR zugrunde gelegt, so folgt bereits aus dem Wortlaut des Vergleichs die Einbeziehung auch der Ansprüche auf Herausgabe der Nutzungen von Grundstücken, die bis zum 2. Oktober 1990 in Rechtsträgerschaft der Parteien standen. Da die hier betroffenen elf Grundstücke ersichtlich schon am 7. Oktober 1989 zum derart bestimmten Parteivermögen zählten,
also nach § 20 b Abs. 2 PartG-DDR "Altvermögen" waren, werden Ansprüche auf Nutzungsherausgabe bereits in der Präambel des Vergleichs durch den Hinweis angesprochen, daß unterschiedliche Auffassungen darüber bestehen, ob und ggf. in welcher Höhe die Beklagte Altvermögen der Parteien unberechtigt "in Anspruch genommen hat." Hieran anknüpfend stellt die Vereinbarung des Vergleichsgegenstandes unter § 1 Satz 1 klar, daß nach dem Willen der am Vergleich Beteiligten das Altvermögen von LDPD und NDPD insgesamt und mithin unter Einschluß der Nutzungen des Rechtsträgervermögens in den Prozeßvergleich einbezogen ist.
bb) Dies findet durch die Vereinbarung unter § 3 Abs. 1 des Prozeßvergleichs seine Bestätigung. Im Anschluß an den Verzicht der Beklagten auf die Wiederzurverfügungstellung weiterer Vermögenswerte aus dem Altvermögen der Parteien in Satz 1 dieser Klausel, stellt Satz 2 klar, daß "hierunter" auch die Forderungen der Beklagten u.a. aus dem Bankkonto fallen, auf dem ein Teil der Mieteinnahmen aus den zuvor in Rechtsträgerschaft überlassenen Grundstücken hinterlegt war. Auch nach der Systematik des Vergleichs gingen demnach die Beteiligten davon aus, daß das zum Vergleichsgegenstand gemachte Altvermögen die Nutzungen aus dem Rechtsträgervermögen umfaßte. Das hiervon abweichende Verständnis des Berufungsgerichts führt demgemäß auch zu einem denkgesetzwidrigen Ergebnis. Die Beklagte müßte nämlich, obwohl sie mit dem Guthaben des genannten Bankkontos einen Teil der gezogenen Nutzungen verloren - und nur zur Begleichung ihres unter § 2 des Vergleichs geregelten Zahlungsanspruchs zurückerhalten - hat, den entsprechenden Betrag nochmals an die Klägerin herausgeben.
cc) Zudem spricht die beiderseitige Interessenlage für eine Einbezie- hung der Nutzungen aus dem Rechtsträgervermögen beider Parteien in den Vergleich. Die Beteiligten haben im zweiten Absatz der Vergleichspräambel ihr gemeinsames Ziel, die "bestehende Ungewißheit" über ihre Streitpunkte "endgültig zu beseitigen" klar zum Ausdruck gebracht. Da sich aus dem vorstehenden Absatz der Präambel ergibt, daß Streit auch wegen der Inanspruchnahme des Altvermögens und damit auch wegen der Nutzung der früheren Rechtsträgergrundstücke durch die Beklagte bestand, wäre es mit dem Interesse an einer umfassenden Bereinigung nicht zu vereinbaren, wenn die streitgegenständlichen Ansprüche von dem Vergleich unberührt blieben.
dd) Demnach unterfallen die streitgegenständlichen Nutzungen - soweit sie nicht bereits durch die Überlassung des unter § 3 des Vergleiches angesprochenen Bankguthabens ausgeglichen sind - als "Verwendung des Altvermögens" der Regelung unter § 4 Abs. 1 des Vergleichs. Hinsichtlich der verbleibenden Beträge wurde unter § 4 Abs. 1 Satz 2 ein Erlaß vereinbart; denn "Regreßansprüche wegen des endgültigen Abflusses von Altvermögenswerten" sollten gegen die Beklagte nicht geltend gemacht werden. Der von dem Erlaß in Satz 4 ausgenommene Fall, daß die Beklagte auf das Vermögen "noch eine Zugriffsmöglichkeit" hat, liegt nicht vor und wird von der Klägerin auch nicht geltend gemacht. Er setzt, wie schon die Wortwahl zeigt, voraus, daß der betreffende Teil des Altvermögens - insbesondere auf treuhänderisch verwalteten Konten - noch gegenständlich vorhanden ist. Demgemäß führt die Unabhängige Kommission zur Überprüfung des Vermögens der Parteien und Massenorganisationen in ihrem Bericht über das Vermögen u.a. der LiberalDemokratischen Partei Deutschlands und der National-Demokratischen Partei Deutschlands aus (BT-Drucks. 13/5376, S. 205), daß der Beklagten unter Ein-
beziehung von "Einnahmen aus Altvermögen" in Höhe von 12.339.000 DM und nach Abzug noch vorhandener Geldbestände unter treuhänderischer Verwaltung in Höhe von 4.440.000 DM ein Betrag von 17.292.000 DM erlassen wurde (krit. deshalb Berger, aaO, S. 188 "erhebliche vermögensmäßige Privilegierung"

).



c) Entgegen der Ansicht der Klägerin ist der Vergleich auch hinsichtlich der Vereinbarungen über die Herausgabe der Nutzungen wirksam zustande gekommen.
aa) Zwar weist die Klägerin zutreffend darauf hin, daß Ansprüche auf Nutzungsherausgabe nicht Gegenstand des Verwaltungsstreitverfahrens waren , das durch den Prozeßvergleich vom 11. Dezember 1995 beendet worden ist. Dieser Umstand berührt indessen die Wirksamkeit des Prozeßvergleiches nicht. Auch bei Abschluß eines Prozeßvergleichs im Verwaltungsstreitverfahren sind die Parteien nach § 106 VwGO nicht auf Vereinbarungen über den Streitgegenstand beschränkt, sondern können insbesondere zivilrechtliche Ansprüche - wie hier die Ansprüche aus § 988 BGB - zum Gegenstand des Prozeßvergleichs machen (vgl. Dolderer, in: Sodan/Ziekow, NKVwGO, § 106 Rdn. 17 f; Kopp/Schenke, aaO, § 106 Rdn. 5).
bb) Die am Abschluß des Vergleichs beteiligte Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben konnte zudem im eigenen Namen über die Ansprüche der Klägerin auf Nutzungsherausgabe verfügen, insbesondere einen (teilweisen) Erlaß mit der Beklagten vereinbaren. Hierbei bedarf es keiner Entscheidung über die Frage, ob diese Ansprüche als Nutzungen des Parteivermögens ebenfalls zu den durch § 20 b Abs. 2 PartG-DDR erfaßten Vermö-
genswerten zählen (vgl. Berger, RVI, § 20 b PartG-DDR Rdn. 39) und daher nach der Maßgabenregelung der Anlage II Kapitel II Sachgebiet A Abschnitt III des Einigungsvertrages der treuhänderischen Verwaltung der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben und damit auch ihrer Verfügungsbefugnis unterliegen (vgl. Toussaint, in Kimme, aaO, § 20 b PartG-DDR Rdn. 126). Die Befugnis der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben , im eigenen Namen über die fraglichen Ansprüche zu verfügen, besteht nämlich auch dann, wenn diese dem Finanzvermögen des Bundes nach Art. 22 Abs. 1 des Einigungsvertrages zugeordnet werden. In diesem Fall sind die Klägerin und die Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben als Mitgläubigerinnen nach § 432 BGB anzusehen (vgl. Senat, Urt. v. 9. Januar 1998, aaO). Zwar kann ein Mitgläubiger allein keinen Erlaß mit der Folge des Erlöschens der gesamten Forderung vereinbaren (vgl. Staudinger /Noack, BGB [1999], § 432 Rdn. 46), anderes gilt aber dann, wenn ein Mitgläubiger insbesondere auf Grund erteilter Befugnis mit Wirkung für den anderen Mitgläubiger handeln kann (vgl. Staudinger/Noack, BGB [1999], § 432 Rdn. 43). Von einer solchen der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben durch die Klägerin erteilten Befugnis ist auszugehen, nachdem die Verwaltung und Verwertung der ehemals in Rechtsträgerschaft stehenden Vermögensgegenstände der Parteien und verbundenen Organisationen mit Erlaß des Bundesministers der Finanzen vom 30. Dezember 1991 (vgl. dazu Schneider, in: Rodenbach/Söfker/Lochen, InVorG, § 25 Rdn. 35) der damaligen Treuhandanstalt - jetzt Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben - übertragen worden ist.
3. Da mithin der geltend gemachte Anspruch der Klägerin schon durch die Vereinbarungen im Rahmen des Prozeßvergleichs ausgeschlossen ist,
kommt es auf das von dem Berufungsgericht übergangene Vorbringen nicht mehr an.

III.


Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1 Satz 1, 97 Abs. 1 ZPO.
Wenzel Krüger Klein RiBGH Dr. Schmidt-Räntsch ist wegen Ortsabwesensheit an der Unterschriftsleistung gehindert. Karlsruhe, den 25.07.2003 Gaier Wenzel

(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).

(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder
2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.

(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.

(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.

(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.

(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.

(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.

(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.

Die für die Berufung geltenden Vorschriften über die Anfechtbarkeit der Versäumnisurteile, über die Verzichtsleistung auf das Rechtsmittel und seine Zurücknahme, über die Rügen der Unzulässigkeit der Klage und über die Einforderung, Übersendung und Zurücksendung der Prozessakten sind auf die Revision entsprechend anzuwenden. Die Revision kann ohne Einwilligung des Revisionsbeklagten nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung des Revisionsbeklagten zur Hauptsache zurückgenommen werden.

25
(4) Diese Auslegung ergibt vorliegend, dass eine "qualifizierte" Entstaubung ("Staubfreiheit" oder doch zumindest hochgradige Staubarmut), wie sie das Berufungsgericht mit seiner Bemerkung, für eine Entstaubung auf Emissionswerte nach den gesetzlichen Vorschriften sei eine Entstaubung durch eine Quenche nicht ausreichend, ersichtlich im Auge hat, dem Patentanspruch 1 des Lizenzpatents auch unter Berücksichtigung der Beschreibung nicht zu entnehmen ist. Seite 8 Zeilen 19 ff. der Beschreibung des Lizenzpatents nennt zwar die Quenche als häufig dem Rauchgaswäscher beim Nassverfahren vorgeschaltetes Element, eine Einschränkung des Gegenstands des Patentanspruchs 1 des Lizenzpatents dahin, dass die Entstaubung im Sinn des Merkmals c nicht in einer Quenche stattfinden könne oder dürfe, ist dem aber nicht zu entnehmen. Eine Angabe, wie groß der Entstaubungsgrad sein soll, findet sich in Patentanspruch 1 nicht. Auch die Beschreibung des Lizenzpatents (Seite 9 Zeile 53 - Seite 10 Zeile 1) gibt hierzu keinen näheren Aufschluss. Danach werden die aus der Verbrennungszone abströmenden Rauchgase entstaubt; anschließend erfolgt eine Nachbehandlung des entstaubten Rauchgases, was den Merkmalen c und d des Patentanspruchs 1 entspricht. Die Entstaubung erfolgt beim Nassverfahren im Verfahrensablauf an anderer Stelle als beim Trockenverfahren (Seite 9 Zeilen 62 - 67). Dieses Verfahren ist so variabel und anpassbar, dass das Verbrennungsgut reproduzierbar und kontrollierbar verbrannt werden kann (Seite 10 Zeilen 2 - 5). Ein Hinweis darauf, dass das "entstaubte" Rauchgas ein "staubfreies" Rauchgas sein soll, ist auch sonst der Beschreibung nicht zu entnehmen. Wenn diese (Seite 5 Zeilen 13 ff.) anspricht, die im Restwaschgas enthaltenen Restschadstoffe müssten mindestens so weit entfernt werden können, dass die Grenzwerte der novellierten TA Luft II ohne weiteres einzuhalten seien, so hat dies in Patentanspruch 1 keinen Niederschlag gefunden. Interpretierte man Patentanspruch 1 gleichwohl in diesem Sinn, legte man ihn unter seinen Wortsinn aus, was grundsätzlich nicht zulässig ist. Auch aus der Aussage in der Beschreibung Seite 6 Zeilen 32/33 ("Das Verfahren ist zwar auch bei einem geringeren Kondensationsgrad ... noch ausführbar , die Trennergebnisse sind in diesem Fall jedoch weitaus schlechter") folgt, dass eine qualifizierte Entstaubung im ersten Entstaubungsschritt nicht Voraussetzung für die Verwirklichung des Merkmals c ist. In diese Richtung weist auch Beschreibung Seite 7 Zeilen 62 ff. mit der Aussage: "Das erfindungsgemäße Verfahren ist ... so ausgelegt, daß ... bestimmte Höchstkonzentrationen ... nicht überschritten werden brauchen." Daraus kann jedenfalls nicht im Gegenschluss die Notwendigkeit abgeleitet werden, dass erfindungsgemäß diese Konzentrationen auch nicht überschritten werden dürfen. Nach alledem spricht der Inhalt des Lizenzpatents auch unter Heranziehung der Beschreibung deutlich dafür und Patentanspruch 1 ist deshalb dahin auszulegen, dass das Entstauben in seinem Sinn kein qualifiziertes sein muss. Das Berufungsgericht wird jedoch Gelegenheit haben, dieses Ergebnis anhand einer eigenverantwortlichen Feststellung dazu, was sich anhand des technischen Sachverhalts und des Wissensstands, von dem für die rechtliche Bewertung auszugehen ist, für die Auslegung ergibt, zu überprüfen; an das Ergebnis der Auslegung durch den Bundesgerichtshof ist es allerdings gebunden, wenn es ebenfalls von den vom Bundesgerichtshof zugrunde gelegten Ausgangstatsachen ausgeht.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.

(1) Haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung oder durch Einreichung eines Schriftsatzes oder zu Protokoll der Geschäftsstelle den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, so entscheidet das Gericht über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen durch Beschluss. Dasselbe gilt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes widerspricht, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(2) Gegen die Entscheidung findet die sofortige Beschwerde statt. Dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt. Vor der Entscheidung über die Beschwerde ist der Gegner zu hören.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 76/04 Verkündet am:
11. Oktober 2005
Wermes
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Seitenspiegel
PatG 1968 § 6; PatG (1981) vor § 143

a) Der Tatrichter hat das Klagepatent eigenständig auszulegen und darf die
Auslegung nicht dem gerichtlichen Sachverständigen überlassen.

b) Da das Verständnis des Fachmanns von den im Patentanspruch verwendeten
Begriffen und vom Gesamtzusammenhang des Patentanspruchs die
Grundlage der Auslegung bildet, muss sich der Tatrichter erforderlichenfalls
sachverständiger Hilfe bedienen. Das kommt etwa dann in Betracht, wenn
zu ermitteln ist, welche objektiven technischen Gegebenheiten, welches
Vorverständnis der auf dem betreffenden Gebiet tätigen Sachkundigen,
welche Kenntnisse, Fertigkeiten und Erfahrungen und welche methodische
Herangehensweise dieser Fachleute das Verständnis des Patentanspruchs
und der in ihm verwendeten Begriffe bestimmen oder beeinflussen können.
BGH, Urt. v. 11. Oktober 2005 - X ZR 76/04 - OLG München
LG München I
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 11. Oktober 2005 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis,
den Richter Keukenschrijver, die Richterin Mühlens und die Richter Prof.
Dr. Meier-Beck und Asendorf

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 29. April 2004 aufgehoben. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 21. Zivilkammer des Landgerichts München I vom 29. November 2000 teilweise abgeändert: Die Klägerin wird verurteilt, der Beklagten darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang sie in der Zeit vom 1. Januar 1986 bis zum 29. Juli 1988
a) Seitenrückblickspiegelanordnungen mit den folgenden Merkmalen (1) der Rückblickspiegel ist im vorderen Bereich einer Seitentüre angebracht; (2) die Seitentüre ist mit einer in Führungsschienen geführten versenkbaren Seitenscheibe ausgerüstet ; (3) die Tür weist einen von der Türoberkante und dem Fensterrahmen begrenzten Fensterausschnitt auf; (4) die versenkbare Seitenscheibe deckt nur einen Teilbereich des Fensterausschnitts ab; (5) die - ein- oder zweiteilige - vordere Führungsschiene für die Seitenscheibe ragt aus der Türoberkante heraus; (6) die vordere Führungsschiene ist - unmittelbar oder über ein einstückig mit dem Türblech ausgebildetes Blechteil - mit dem schräg nach oben hinten verlaufenden vorderen Teil des Fensterrahmens verbunden; (7) die vor der vorderen Führungsschiene befindliche , von der versenkbaren Seitenscheibe nicht bedeckte fensterfreie Fläche des Fensterausschnitts ist durch ein entsprechend ausgebildetes Halteteil des Rückblickspiegels abgedeckt und weist ein Blechteil zum Durchführen und Abstützen von Befestigungsschrauben für den Rückblickspiegel auf durch Einbau entsprechender Rückblickspiegel in Kraftfahrzeuge der Modellreihen X, Y und Z verwirklicht hat, und zwar unter Angabe der Anzahl der Spiegel und des kalkulierten Anteils am Werksabgabepreis (Verkaufspreis abzüglich Händlerrabatt), wobei auch solche Rückblickspiegel zu berücksichtigen sind, die von Deutschland nach Belgien geliefert, dort mit einer von Deutschland nach Belgien versandten Seitentüre zu der bezeichneten Seitenrückblickspiegelanordnung verbunden und nach Deutschland zur Fahrzeugendmontage zurückgeliefert worden sind,
b) Rückblickspiegel für Seitenrückblickspiegelanordnungen , wie sie zu a bezeichnet sind, in der Bundesrepublik Deutschland als Ersatzteile in den Verkehr gebracht hat, und zwar unter Angabe der Anzahl der Spiegel und der Werksabgabepreise (Verkaufspreise abzüglich Händlerrabatt). Im Übrigen wird der Rechtsstreit an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil des Berufungsgerichts vorbehalten.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Beklagte ist Inhaberin des am 29. Juli 1970 angemeldeten und schon vor Beginn des Rechtsstreits am 29. Juli 1988 durch Zeitablauf erloschenen deutschen Patents 20 37 555 (Anl. B 1). Mit der allein in die Revisionsinstanz gelangten (Stufen-)Widerklage nimmt die Beklagte die Klägerin wegen Verletzung dieses Patents (im Folgenden: Klagepatents) auf Auskunft und Zahlung einer Lizenzgebühr von 3 % in Anspruch. Die Parteien sind ferner in einem Zwischenvergleich übereingekommen, ursprünglich daneben geltend gemachte, auf ein (bis zum 22. Juli bzw. 24. Juni 1991 laufendes) italienisches und ein schweizerisches Parallelpatent gestützte Ansprüche der Beklagten entsprechend der gerichtlichen Entscheidung über die auf das Klagepatent gestützten Ansprüche zu behandeln. Patentanspruch 1 des Klagepatents lautet: "Ausbildung und Anordnung eines außerhalb des Inneren von Kraftfahrzeugen , insbesondere von Personenkraftwagen, vorgesehenen Rückblickspiegels im vorderen Bereich einer Seitentüre, die mit einer in Führungsschienen geführten, versenkbaren Seitenscheibe ausgerüstet ist und einen von der Türoberkante und dem Fensterrahmen begrenzten Fensterausschnitt aufweist, wobei die vordere Führungsschiene für die nur einen Teilbereich des Fensterausschnittes abdeckende versenkbare Seitenscheibe aus der Türoberkante herausragt und mit dem schräg nach oben hinten verlaufenden vorderen Teil des Fensterrahmens verbunden ist, d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t , dass die vor der vorderen Führungsschiene (50) befindliche, von der versenkbaren Seitenscheibe (2) nicht bedeckte fensterfreie Fläche des Fensterausschnitts (6) durch ein entsprechend ausgebildetes Halteteil des Rückblickspiegels (9) abgedeckt ist."
2
Gegen das Klagepatent, an dem zahlreiche Unternehmen der Automobilindustrie Lizenzen genommen haben, sind zwei Nichtigkeitsverfahren geführt worden, von denen die erste, von der A. AG erhobene Nichtigkeitsklage durch vor dem Senat geschlossenen Vergleich erledigt worden ist (Anl. B 7) und die zweite, von P. erhobene Nichtigkeitsklage durch Urteil des Senats vom 28. Januar 1997 (X ZR 43/94, bei Bausch 1994-1998, 348) abgewiesen worden ist.
3
Mit der Widerklage werden zwei Ausführungsformen einer Seitenrückspiegelanordnung angegriffen, von denen die erste in den 1988er X- und Y-Modellen (im Folgenden: Ausführungsform X) und die zweite in den 1988er Z-Modellen (im Folgenden: Ausführungsform Z) der Klägerin verwendet worden ist und die in den nachfolgenden, den Anlagen B 9a und 9b entnommenen Photographien sowie den nachfolgenden, dem Gutachten des Privatgutachters der Beklagten, Prof. Dr.-Ing. P. , vom 4. März 2003 (Anl. B 41) entnommenen Schnittzeichnungen dargestellt sind: Ausführungsform X: Ausführungsform Z:
4
Das Landgericht hat die Widerklage abgewiesen; die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben.
5
Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte die Widerklageanträge weiter. Die Klägerin tritt dem Rechtsmittel entgegen.

Entscheidungsgründe:


6
Die zulässige Revision hat Erfolg und führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und auf die Widerklage zur antragsgemäßen Verurteilung der Klägerin zur Erteilung der Auskunft, die die Beklagte zur Bezifferung ihres Zahlungsbegehrens benötigt.
7
I. Das Klagepatent betrifft Ausbildung und Anordnung eines Seitenrückspiegels für ein Kraftfahrzeug. Die erfindungsgemäße Lehre hat der Senat in seinem Urteil vom 28. Januar 1997 wie folgt erläutert:
8
"Gegenstand der Lehre des Streitpatents sind Ausbildung und Anordnung eines Rückblickspiegels für Seitentüren von Kraftfahrzeugen, insbesondere Personenkraftwagen. Einen solchen Spiegel schildert die Streitpatentschrift einleitend als aus der deutschen Auslegeschrift 1 232 844 bekannt. Dieser sei teilweise in einem aus der Fahrzeugkontur nach außen ragenden Gehäuse untergebracht , das seinerseits unter einer ausstellbaren, vor der vorderen, bis zum horizontalen oberen Teil des Fensterrahmens verlaufenden Führungsschiene angeordnet ist. An dieser Konstruktion bemängelt sie, dass der Rückblickspiegel zwar weitgehend vor Witterungseinflüssen geschützt werde, seine Konstruktion und sein Einbau jedoch aufwendig und damit teuer und er selbst ästhetisch störend sei.
9
An weiter als bekannt dargestellten Anordnungen, bei denen der Rückblickspiegel auf die äußere Seite des Türaußenblechs geschraubt werde, beanstandet die Patentschrift, dass hierfür Bohrungen und besondere Befestigungselemente erforderlich seien. Das bedinge nicht nur einen erhöhten Fertigungsaufwand , sondern sei auch hinsichtlich der Stabilität der Befestigung unbefriedigend. Hinzu komme, dass bei dieser Befestigung wegen der Bohrungen im Türblech und insbesondere aufgrund der schon bei geringen Stößen gegen den Spiegel auftretenden Verbiegungen des Blechs die Gefahr vorzeitiger Korrosion bestehe. Schließlich erwähnt die Streitpatentschrift die britische Patentschrift 1 098 723, die die Verwendung von Führungsschienen zur Führung einer versenkbaren Seitenscheibe lehre, über die Anordnung von Rückblickspiegeln jedoch keine Aussage treffe.
10
Ausgehend von diesem Stand der Technik bezeichnet die Streitpatentschrift es als das zu lösende technische Problem, einen Rückblickspiegel zu schaffen, der mehrere Vorteile aufweisen soll. Als ein zu lösendes technisches Problem gibt die Streitpatentschrift eine sichere Führung der Fensterscheibe an. Hierfür werden - als solche im Stand der Technik bekannte - vertikal in die Fensteröffnung hineinreichende Führungsschienen verwendet, von denen die hintere die Fensteröffnung begrenzt und die vordere so verläuft, dass in Richtung auf die vordere Seitenkante der Tür eine dreieckige Öffnung verbleibt, die von der bei geschlossenem Fenster auf den Raum zwischen den Führungsschienen beschränkten Fensterscheibe nicht bedeckt wird. Weiter wird eine organische Verbindung von Tür und Spiegel angestrebt, die dadurch erreicht werden soll, dass seine Halterung nach Form und Größe an die Dreiecksfläche angepasst ist, die zwischen der vertikal verlaufenden vorderen Führungsschiene für die versenkbare Seitenscheibe und den in diesem Bereich schräg nach oben verlaufenden Rahmen entsteht, und so befestigt wird, dass sie diese Fläche dichtend abdeckt. Darüber hinaus will die Lehre des Streitpatents nach der in der Schrift formulierten Aufgabenstellung die von dem Spiegel ausgehende Unfallgefahr verringern. Dem dient eine glatte Form des Spiegels und seines Gehäuses sowie dessen dichte Anbringung an der Fahrzeugtür.
11
Durch die Lehre des Streitpatents gelöst werden soll darüber hinaus ein weiteres, in der in der Schrift genannten Aufgabenstellung nicht ausdrücklich erwähntes technisches Problem, das sich aus der Kritik der Schrift im Stand der Technik ergibt. Durch die gewählte Konstruktion soll eine Befestigung des Spiegels an der Türaußenwand vermieden werden, die nach den Angaben der Streitpatentschrift eine Ursache für eine verstärkte Korrosionsgefahr bildet."
12
Daran ist festzuhalten; tatsächliche Umstände, die ein anderes Verständnis gebieten könnten, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt.
13
Zur Lösung dieser Probleme schlägt das Klagepatent eine Ausbildung und Anordnung eines außerhalb des Inneren von Kraftfahrzeugen vorgesehenen Rückblickspiegels mit folgenden Merkmalen vor:
(1)
Der Rückblickspiegel ist im vorderen Bereich einer Seitentüre angebracht. (2) Die Seitentüre ist mit einer in Führungsschienen geführten versenkbaren Seitenscheibe ausgerüstet. (3) Die Tür weist einen von der Türoberkante und dem Fensterrahmen begrenzten Fensterausschnitt auf. (4) Die versenkbare Seitenscheibe deckt nur einen Teilbereich des Fensterausschnitts ab. (5) Die vordere Führungsschiene für die Seitenscheibe ragt aus der Türoberkante heraus. (6) Die vordere Führungsschiene ist mit dem schräg nach oben hinten verlaufenden vorderen Teil des Fensterrahmens verbunden. (7) Die vor der vorderen Führungsschiene befindliche, von der versenkbaren Seitenscheibe nicht bedeckte fensterfreie Flä- che des Fensterausschnitts ist durch ein entsprechend ausgebildetes Halteteil des Rückblickspiegels abgedeckt.
14
Diese vom Berufungsgericht verwendete Merkmalsgliederung entspricht derjenigen des Senatsurteils vom 28. Januar 1997 mit der Maßgabe, dass die Merkmale 7 und 8 aus der Gliederung des Senats zusammengezogen worden sind; dagegen ist nichts zu erinnern.
15
II. Das Berufungsgericht verneint eine Verletzung des Klagepatents. Bei beiden angegriffenen Ausführungsformen seien die Merkmale 3, 6 und 7 nicht verwirklicht; bei der Ausführungsform X fehle es außerdem an Merkmal 5. Den Kern der Argumentation des Berufungsgerichts bildet dabei die an den Anfang der Begründung gestellte Verneinung des Merkmals 7; dass auch Merkmal 3 nicht verwirklicht werde, leitet das Berufungsgericht hieraus ab. Dagegen wendet sich die Revision mit Erfolg.
16
1. Warum Merkmal 7 nicht verwirklicht werde, hat das Berufungsgericht wie folgt begründet: Aus Sicht des Sachverständigen, der als Durchschnittsfachmann das Patent auslege, fehle bei den angegriffenen Ausführungsformen jeweils eine nicht bedeckte fensterfreie Fläche eines Fensterausschnitts. Zu Recht habe der gerichtliche Sachverständige ausgeführt, dass der Auffassung des Privatgutachters der Klägerin nicht gefolgt werden könne, Blechteile, die über der Türoberkante nach oben gezogen seien und zugleich keine Außenhaut mehr darstellten, seien nicht als Türaußenblech im Sprachgebrauch des Klagepatents anzusprechen. In Fortführung seiner Darstellung zum Türaußenblech komme der gerichtliche Sachverständige daher folgerichtig zu dem Ergebnis, dass der Durchschnittsfachmann eine von einer Seitenscheibe nicht bedeckte fensterfreie Fläche des Fensterausschnitts als werkstoffbzw. blechfrei ansehe. Für eine ohnehin mit Außenblech abgedeckte Fläche benötige der Fachmann kein entsprechend ausgebildetes Halteteil zu deren Abdeckung. Zu Recht weise der gerichtliche Sachverständige darauf hin, dass sich in der Klagepatentschrift kein Hinweis befinde, dass die fensterfreie Fläche mit Türaußen- und/oder Türinnenblechteilen überdeckt sein solle. Nachdem die Frage, inwieweit der bei den angegriffenen Ausführungsformen vorhandene Blechzwickel dem Türinnen- oder Türaußenblech zuzurechnen sei, maßgebliche Grundlage auch für die Beurteilung des Privatgutachters zur Frage der fensterfreien Fläche sei, schließe sich der Senat insgesamt den tatsächlichen Feststellungen und der Auslegungshilfe des gerichtlichen Sachverständigen an und komme zu dem Ergebnis, dass die angegriffenen Ausführungsformen weder eine fensterfreie Fläche enthielten, noch dass durch ein entsprechend ausgebildetes Halteteil des Rückblickspiegels eine Abdeckung dieser fensterfreien Fläche erfolge.
17
2. Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand. Der Verneinung der Verletzungsfrage liegt eine unzutreffende Auslegung des Patentanspruchs zugrunde.
18
a) Da einer der Schwerpunkte des Streits der Parteien in der Frage lag, ob die in Merkmal 7 erwähnte von der Seitenscheibe nicht bedeckte Fläche des Fensterausschnitts erfindungsgemäß nicht nur, wie der Patentanspruch sagt, "fensterfrei", sondern überhaupt materialfrei sein muss, hätte das Berufungsgericht sich zunächst Klarheit darüber verschaffen müssen, wie in dieser Hinsicht der Patentanspruch zu verstehen ist. Da in Merkmal 7 eine Aussage über eine Teilfläche des Fensterausschnitts getroffen wird, war es zudem unerlässlich , den Gesamtinhalt des Patentanspruchs zumindest insoweit zu klären, als er hierfür relevant ist. Das erforderte jedenfalls zu ermitteln, was in Merkmal 3 des Patentanspruchs als Fensterausschnitt definiert wird.
19
Wie ein Patent auszulegen ist, ist eine Rechtsfrage, weshalb die Auslegung vom Revisionsgericht auch in vollem Umfang nachprüfbar ist (st. Rspr.; s.
nur BGHZ 142, 7, 15 - Räumschild; Sen.Urt. v. 26.9.1996 - X ZR 72/94, GRUR 1997, 116 - Prospekthalter; Sen.Urt. v. 27.10.1998 - X ZR 56/96, Mitt. 1999, 365 - Sammelförderer). Der Tatrichter darf daher die richterliche Aufgabe der Auslegung des Patentanspruchs nicht dem gerichtlichen Sachverständigen überlassen , indem er wie das Berufungsgericht von der Annahme ausgeht, dass der gerichtliche Sachverständige "als Durchschnittsfachmann das Patent ausleg (e)". Zwar bildet das Verständnis des Fachmanns von den im Patentanspruch verwendeten Begriffen und vom Gesamtzusammenhang des Patentanspruchs die Grundlage der Auslegung. Das bedeutet jedoch nur, dass sich der Tatrichter gegebenenfalls sachverständiger Hilfe bedienen muss, wenn es um die Frage geht, welche objektiven technischen Gegebenheiten, welches Vorverständnis der auf dem betreffenden Gebiet tätigen Sachkundigen, welche Kenntnisse, Fertigkeiten und Erfahrungen und welche methodische Herangehensweise dieser Fachleute das Verständnis des Patentanspruchs und der in ihm verwendeten Begriffe bestimmen oder jedenfalls beeinflussen können. Denn der gerichtliche Sachverständige hat insbesondere die Aufgabe, dem Gericht Kenntnisse und Fähigkeiten des Fachmanns sowie die Arbeitsweise zu vermitteln, mit der dieser technische Probleme seines Fachgebiets zu bewältigen trachtet (Sen.Urt. v. 25.11.2003 - X ZR 162/00, GRUR 2004, 411 - Diabehältnis ; dort für das Patentnichtigkeitsverfahren). Das Verständnis des Patentanspruchs selbst durch den Durchschnittsfachmann ist hingegen unmittelbarer Feststellung regelmäßig entzogen (BGHZ 160, 204, 213 - Bodenseitige Vereinzelungseinrichtung ). Erst recht dürfen die Ausführungen des Sachverständigen zu seinem Verständnis des Patentanspruchs nicht als "Feststellungen" zum Inhalt des Patentanspruchs behandelt werden - wie dies im Berufungsurteil wiederholt und daher ersichtlich nicht nur im Sinne eines Vergreifens im Ausdruck geschieht -, die wie tatrichterliche Feststellungen nur noch einer Kontrolle auf Rechtsfehler unterzogen werden. Das Gericht darf die Ergebnisse eines Sach-
verständigengutachtens nicht ohne weiteres übernehmen; sachverständige Äußerungen sind vom Tatrichter vielmehr eigenverantwortlich daraufhin zu untersuchen , ob und inwieweit sie Angaben enthalten, die Aufklärung im Hinblick auf entscheidungserhebliche und allein von dem erkennenden Gericht zu beantwortende Fragen zu bieten vermögen (Sen.Urt. v. 7.3.2001 - X ZR 176/99, GRUR 2001, 770 - Kabeldurchführung II). Dem wird das Berufungsurteil nicht gerecht, zumal das Berufungsgericht nicht beachtet, dass der gerichtliche Sachverständige das Klagepatent nicht - wie geboten - aus sich heraus auslegt, sondern sich mit der Einbeziehung der angegriffenen Ausführungsformen den unbefangenen Blick auf den Inhalt des Patentanspruchs verstellt.
20
b) Erfindungsgemäß weist die Seitentür des Kraftfahrzeugs einen von der Türoberkante und dem Fensterrahmen begrenzten Fensterausschnitt auf (Merkmal 3). Dieser Fensterausschnitt ist nicht mit dem Bereich der Seitentür gleichzusetzen, der bei nicht-versenkter Seitenscheibe von dieser eingenommen wird. Denn die versenkbare Seitenscheibe deckt nur einen Teilbereich des Fensterausschnitts ab (Merkmal 4), während ein durch die vordere Führungsschiene abgetrennter anderer Teilbereich des Fensterausschnitts durch das Halteteil des Rückspiegels abgedeckt wird (Merkmale 5 - 7).
21
Der in Merkmal 3 definierte Fensterausschnitt ist auch nicht im Sinne eines Fensters zu verstehen, das aus den Türblechen ausgeschnitten worden ist. Das ist lediglich eine mögliche - und durchaus naheliegende - Methode der Bereitstellung eines Fensterausschnitts. Das Klagepatent beansprucht indes nicht Schutz für ein bestimmtes Herstellungsverfahren, sondern für eine bestimmte Anordnung des Rückspiegels, der an dem Kraftfahrzeug bzw. seiner Seitentür angebracht ist, und damit für ein fertiges Erzeugnis. Mit Fensterausschnitt im Sinne des Merkmals 3 wird derjenige räumliche Bereich der Seitentür definiert, der (nach außen) nicht vom Türblech abgedeckt ist, sondern einerseits in einem hinteren Teilbereich von der versenkbaren Seitenscheibe abgedeckt wird und andererseits in einem durch die vordere Führungsschiene für die Seitenscheibe von dem hinteren Teilbereich abgetrennten vorderen Teilbereich zur Anordnung des Rückspiegels mittels seines Halteteils dient, der seinerseits diesen Teilbereich abdeckt. Der Fensterausschnitt wird demgemäß in Merkmal 3 räumlichkörperlich durch die Rahmenelemente definiert, die einerseits (zusammen mit der vorderen Führungsschiene) die Führung für die versenkbare Seitenscheibe erzeugen, andererseits (wiederum unter Einschluss der vorderen Führungsschiene für die Seitenscheibe) eine Dreiecksstruktur bilden, die zur Aufnahme des Halteteils des Rückspiegels dient.
22
Das bedeutet wiederum, dass die "vor der vorderen Führungsschiene befindliche , von der versenkbaren Seitenscheibe nicht bedeckte fensterfreie Fläche des Fensterausschnitts" (Dreiecksfläche) im Sinne des Merkmals 7 nichts anderes als der "andere" Teilbereich des so definierten Fensterausschnitts ist. Das Teilmerkmal "fensterfrei" stellt lediglich klar, dass sich in diesem Teilbereich nicht ein eine Durchsicht ermöglichendes Fenster wie etwa das im Stand der Technik bekannte Ausstellfenster befindet. Hingegen ist dem Patentanspruch nichts darüber zu entnehmen, dass die Dreiecksfläche überhaupt materialfrei sein müsse oder solle. Dazu gibt es auch keinen sachlichen Grund. Insbesondere liegt ein solcher nicht darin, dass etwa ein Durchblick durch die Dreiecksfläche möglich sein soll, denn das wird bereits dadurch ausgeschlossen , dass diese Fläche durch das Halteteil des Rückspiegels abgedeckt wird. Im Übrigen enthält der Patentanspruch keine Festlegung auf bestimmte Gehäuse - oder Befestigungsformen des Rückspiegels und stellt die nähere Ausgestaltung des Spiegels und seines Halteteils in das Belieben des Fachmanns (Sen.Urt. v. 28.1.1997 - X ZR 43/94, S. 17). Die Klagepatentschrift weist ausdrücklich darauf hin, dass die Dreiecksfläche günstig und in unauffälliger Weise zur Befestigung des Außenspiegels genutzt werden kann (Sp. 2 Z. 32 - 37). Die Art und Weise, wie er das Halteteil des Spiegels im Bereich der Dreiecksfläche befestigt, bleibt dem Fachmann überlassen, dem hierfür nach seinem Fachwissen vielfältige Möglichkeiten zur Verfügung stehen, die mangels abweichender Festlegungen durch das Klagepatent auch ein Verschrauben mit einem an dieser Stelle angeordneten Blech einschließen.
23
c) Danach kann die Beurteilung des Berufungsgerichts, die angegriffenen Ausführungsformen verwirklichten die Merkmale 3 und 7 nicht, keinen Bestand haben.
24
Das Berufungsgericht hat dies ausschließlich damit begründet, dass die erfindungsgemäße Dreiecksfläche bei den angegriffenen Ausführungsformen nicht blechfrei sei und dass das dort angeordnete, einstückig mit dem Türblech ausgeführte, der Aufnahme und Befestigung des Spiegels dienende Blechteil einen Bestandteil des Türblechs bilde.
25
Das ist jedoch unerheblich. Die zwischen dem Sachverständigen und dem von der Beklagten beauftragten Privatgutachter in mehreren Gutachten diskutierte Frage, ob das in der Dreiecksfläche angeordnete Blechteil aus fachmännischer Sicht als Bestandteil des Tür(innen-, bei der Ausführungsform X auch -außen)blechs anzusehen sei oder nicht, stellt sich nach dem vorstehend zu b Ausgeführten nicht. Dem steht auch nicht entgegen, dass das Klagepatent bei verschiedenen bekannten Bauarten die Befestigung des Spiegelfußes mittels einer Schraubverbindung auf dem Türaußenblech aus mehreren Gründen als nachteilig ansieht. Denn durch die Anordnung des Halteteils des Rückspiegels in der erfindungsgemäßen Dreiecksfläche können - wegen der durch das Dreieck gebildeten Rahmenstruktur und weil das sichtbare Außenblech nicht mehr durchbohrt wird, das Blech vielmehr innen angeordnet ist und nach außen durch das Halteteil des Spiegels abgedeckt wird - diese Nachteile unabhängig davon vermieden werden, ob zur Befestigung des Halteteils ein materialeinheitlich und einstückig mit einem Türblech ausgeführtes Blechteil verwendet wird oder nicht.
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3. Soweit das Berufungsgericht die Verwirklichung des Merkmals 6 und bei der Ausführungsform X auch des Merkmals 5 verneint hat, hält dies gleichfalls der Nachprüfung nicht stand.
27
Nach diesen Merkmalen ragt die vordere Führungsschiene für die Seitenscheibe aus der Türoberkante heraus und ist mit dem schräg nach oben hinten verlaufenden vorderen Teil des Fensterrahmens verbunden.
28
Das Berufungsgericht hat unter Berufung auf den gerichtlichen Sachverständigen gemeint, von einem Herausragen der vorderen Führungsschiene aus der Türoberkante im Sinne des Merkmals 5 könne bei der Ausführungsform X nicht gesprochen werden, weil die vordere Führungsschiene nicht einteilig, sondern zweiteilig realisiert sei und obere und untere Führungsschiene nur "relativ lose" miteinander verbunden seien und zwischen den Schienenteilen keine Kräfte übertragen werden könnten. Damit wird jedoch weder das Vorhandensein einer vorderen Führungsschiene, noch deren Herausragen aus der Türoberkante in Frage gestellt.
29
Entsprechendes gilt für die Verbindung zwischen vorderer Führungsschiene und dem schräg nach oben hinten verlaufenden vorderen Teil des Fensterrahmens. Das Berufungsgericht hat seine Auffassung, das Merkmal 6 werde nicht benutzt, bei der Ausführungsform X wiederum mit der Zweiteiligkeit der vorderen Führungsschiene begründet, die der dem Patentanspruch zu entnehmenden Forderung nach einer möglichst stabilen Verbindung widerspreche. Bei der Ausführungsform Z hat es die gleiche Beurteilung damit begründet , dass die vordere Führungsschiene nicht unmittelbar, sondern nur mittelbar (nämlich über das Blechteil) mit dem Fensterrahmen verbunden sei. Auch insoweit gilt, dass mit diesen Erwägungen die unmittelbar gegenständliche Verwirklichung des Merkmals 6 nicht verneint werden kann, denn sie ändern bei beiden Ausführungsformen nichts an der bestehenden Verbindung zwischen Führungsschiene und Fensterrahmen.
30
Sowohl hinsichtlich des Merkmals 5 als auch hinsichtlich des Merkmals 6 steht hinter der Erwägung des Berufungsgerichts letztlich die Überlegung des gerichtlichen Sachverständigen, der Patentanspruch umschreibe mit den Merkmalen 5 und 6 eine stabile Rahmenstruktur für die Dreiecksfläche, während die angegriffenen Ausführungsformen mittels Blechteilen eine Kastenstruktur verwirklichten. Dabei beachtet das Berufungsgericht jedoch nicht, dass es sich, wenn eine Ausführungsform von den Merkmalen eines Patentanspruchs in deren räumlich-körperlicher Ausgestaltung identisch Gebrauch macht, bei der Prüfung der Patentverletzung grundsätzlich erübrigt, Erwägungen darüber anzustellen , ob die identisch vorhandenen Merkmale demselben Zweck dienen und dieselbe Wirkung und Funktion haben wie diejenigen des Klagepatents (Sen.Urt. v. 12.7.1990 - X ZR 121/88, GRUR 1991, 436 - Befestigungsvorrichtung II). Im Übrigen umfasst die Kastenstruktur die in ihr enthaltene und sie aussteifende Rahmenstruktur und versteht es sich für den Fachmann, dass er die Rahmenbestandteile einer Struktur nur für diejenigen Kräfte auslegen muss, die der Rahmen nach der Ausbildung der gesamten Struktur tatsächlich aufnehmen muss. Für weitergehende Anforderungen bieten weder der Wortlaut des Patentanspruchs noch die zu seiner Auslegung heranzuziehende Beschreibung einen Anhalt.
31
III. Das Berufungsurteil ist daher aufzuheben. Einer Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht bedarf es jedoch nicht, da alle erforderlichen tatsächlichen Feststellungen getroffen sind und der Senat daher in der Sache selbst entscheiden kann (§ 563 Abs. 3 ZPO). Die Klägerin ist der Beklagten nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) zur Erteilung der begehrten Auskunft verpflichtet, da die mit der Widerklage angegriffenen Seitenrückspiegelanordnungen dem unmittelbaren Gegenstand des Klagepatents im Sinne des § 6 PatG 1968 entsprechen.
32
1. Die Benutzung der Merkmale 1 und 2 ist außer Streit und ergibt sich ohne weiteres aus der durch Bezugnahme auf die Anlagen B 9a und 9b festgestellten (BU 4) Beschaffenheit der angegriffenen Ausführungsformen.
33
2. Aus den Anlagen B 9a und 9b und der Feststellung, dass bei den angegriffenen Ausführungsformen in dem Bereich, der früher bei vielen Fahrzeugen für ein dreieckiges Ausstellfenster genutzt wurde und der durch Fensterrahmen und vordere Führungsschiene des Fensters begrenzt wird, ein Blechteil stehengelassen ist (BU 4 unten; s. auch Sachverständigengutachten 1, S. 16 [GA VI 833]: "Fensterrahmen entsprechend verbreitert"), ergibt sich gleichfalls die Verwirklichung des Merkmals 3: Es ist ein Fensterausschnitt vorhanden , der durch die Türoberkante und einen umlaufenden bis an das vordere Ende der Türoberkante reichenden (Fenster-)Rahmen begrenzt wird.
34
3. Nur der hintere Teilbereich dieses Fensterausschnitts wird von der versenkbaren Seitenscheibe abgedeckt (Merkmal 4).
35
4. Wie bereits ausgeführt, ragt die vordere Führungsschiene für die Seitenscheibe aus der Türoberkante heraus und ist mit dem schräg nach oben hinten verlaufenden vorderen Teil des Fensterrahmens verbunden (Merkmale 5 und 6).
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5. Die Dreiecksfläche vor der vorderen Führungsschiene ist durch ein entsprechend ausgebildetes Halteteil des Rückspiegels abgedeckt, wie sich gleichfalls unmittelbar aus den Anlagen B 9a und 9b und damit aus den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts ergibt (Merkmal 7). Damit sind sämtliche Merkmale der erfindungsgemäßen Lehre unmittelbar gegenständlich verwirklicht.
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6. Der Senat hat die Urteilsformel stärker an den Streitgegenstand angepasst, indem er die Anordnung des Blechteils in der vor der vorderen Führungsschiene befindlichen, von der versenkbaren Seitenscheibe nicht bedeckten fensterfreien Fläche des Fensterausschnitts, über dessen Bedeutung die Parteien streiten, berücksichtigt hat (vgl. Sen.Urt. v. 30.3.2005 - X ZR 126/01, GRUR 2005, 569 - Blasfolienherstellung [für BGHZ 162, 365 vorgesehen]). Bei der Formulierung der Urteilsformel hat der Senat ferner dem Umstand Rechnung getragen, dass die Lieferung von Rückspiegeln, die zum Einbau in entsprechend ausgebildete Seitentüren bestimmt sind, die Lieferung von Mitteln darstellt, die an den Erfindungsgedanken angepasst (erfindungsfunktionell individualisiert ) sind. Schließlich hat der Senat berücksichtigt, dass es Werksabgabepreise für in Neufahrzeuge eingebaute Rückspiegel nicht gibt. Er hat daher den Klageantrag dahin verstanden, dass sich das Auskunftsverlangen der Beklagten insoweit auf den kalkulatorischen Anteil der für erfindungsgemäße Rückblickspiegelanordnungen verwendeten Rückspiegel am Werksabgabepreis des jeweiligen Fahrzeugs bezieht.
38
IV. Die Kostenentscheidung ist dem vom Berufungsgericht - nach Aufnahme des Verfahrens in der zweiten Stufe der Widerklage - zu fällenden Schlussurteil vorzubehalten. Bei dieser Entscheidung wird das Berufungsgericht zu beachten haben, dass es seine mit diesem Urteil - notwendigerweise insgesamt - aufgehobene Kostenentscheidung insoweit zu wiederholen haben wird, als sie nach § 91a ZPO getroffen worden ist und daher der Nachprüfung im Revisionsverfahren nicht unterliegt (Sen.Urt. v. 7.3.2001 - X ZR 176/99, GRUR 2001, 770, 771 - Kabeldurchführung II; BGH, Beschl. v. 19.10.2000 - I ZR 176/00, BGHRep. 2001, 98).

Melullis Keukenschrijver Mühlens
Asendorf Meier-Beck
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 29.11.2000 - 21 O 16224/92 -
OLG München, Entscheidung vom 29.04.2004 - 6 U 1644/01 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 176/99 Verkündet am:
7. März 2001
Fritz
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Kabeldurchführung II
Der Tatrichter darf die Ergebnisse eines Sachverständigengutachtens nicht
ohne weiteres übernehmen. Sachverständige Ä ußerungen sind vom Tatrichter
eigenverantwortlich daraufhin zu untersuchen, ob und inwieweit sie Angaben
enthalten, die Aufklärung im Hinblick auf entscheidungserhebliche und allein
von dem erkennenden Gericht zu beantwortende Fragen zu bieten vermögen.
Das Urteil muß erkennen lassen, daß dies geschehen ist.
BGH, Urteil vom 07.03.2001 - X ZR 176/99 - OLG München
LG München I
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 7. März 2001 durch den Vorsitzenden Richter Rogge, die Richter
Dr. Jestaedt, Scharen, die Richterin Mühlens und den Richter Dr. MeierBeck

für Recht erkannt:
Unter Zurückweisung der Revision des Klägers im übrigen wird das am 22. Juli 1999 verkündete Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München aufgehoben, soweit es die auf Rechnungslegung und Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten gerichteten Klageanträge unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts München I vom 18. Dezember 1992 abgewiesen und insoweit die Kosten des Rechtsstreits dem Kläger auferlegt hat.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger war bis zu dessen Ablauf eingetragener Inhaber des Gebrauchsmusters 89 13 829.5 (Klagegebrauchsmusters), das auf eine Anmeldung vom 23. November 1989 zurückgeht. Die Beklagte hat das Löschungsverfahren betrieben. Das Klagegebrauchsmuster ist teilweise gelöscht worden; Schutzanspruch 1 ist in folgender Fassung aufrechterhalten worden:
"Vorrichtung zum Abdichten eines in einer Schrankwand eines Schaltschranks angebrachten Lochs zur Durchführung eines Kabels in den Schaltschrank mit zwei an der Außenseite der Schrankwand an gegenüberliegenden Seiten des Lochs angeordneten Teilen, wobei jedes der beiden Teile innen mit einem Körper aus Schaumgummi oder Kunststoffschaumstoff versehen ist, welche das Kabel umschließen, wobei an einem der beiden Teile wenigstens eine Schelle zur Befestigung des Kabels befestigt ist und die beiden Teile durch Schrauben miteinander verbunden sind, d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t , daß die beiden Teile durch die beiden Teile eines zweiteiligen rechteckigen Gehäuses (1) gebildet sind, welches an seiner von der Schrankwand (6) abgewandten Seite (8) wenigstens eine Öffnung (9-11) und an seiner der Schrankwand (6) zugewandte Seite eine Öffnung (4) um das Loch in der Schrankwand zur Durchführung des Kabels (7) aufweist, daß die Teilungsfuge (12), die das Gehäuse (1) der Länge nach teilt, durch die Kabelöffnungen (9-11) an der von der Schaltschrankwand (6) abgewandten Seite (8) des
Gehäuses (1) hindurchgeht, daß die Schelle (18-20) zur Kabelbefestigung an der Innenseite eines der beiden Gehäuseteile (3) befestigt ist, daß die Schrauben (22, 23), die in hülsenförmigen Vorsprüngen (27, 28) an der Innenseite eines Gehäuseteils (3) vorgesehene Gewinde eingreifen, das Gehäuse (1) zusammenhalten und das von den Schrauben (22, 23) zusammengehaltene Gehäuse (1) an der Schrankwand (6) befestigbar ist."
Ein weiteres, von einem Dritten betriebenes Gebrauchsmusterlöschungsverfahren ist wegen Ablaufs des Klagegebrauchsmusters in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt worden.
Die Beklagte stellte her und vertrieb vor Ablauf des Klagegebrauchsmusters eine Kabeldurchführungsvorrichtung SZ.2400 in Form eines eckigen Gehäuses , in das in jeweils eigene Kammern Schaumstoffmanschetten zur Einlage der Kabel und Zugentlastungsschellen eingefügt sind. Der Kläger sieht hierdurch sein Klagegebrauchsmuster verletzt.
Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß zur Unterlassung verurteilt und - jeweils im wesentlichen wie beantragt - auf Rechnungslegung und Schadensersatzfeststellung erkannt.
Das mit der Berufung angerufene Oberlandesgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Revision des Klägers hat der Senat dieses Berufungsurteil aufgehoben (Urt. v. 04.02.1997, BGHZ 134, 353 - Kabeldurchführung). Das Berufungsgericht, an das die Sache zu anderweitiger Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen worden ist, hat ein Sachverständigengutachten
eingeholt und die auf Rechnungslegung und Schadensersatzfeststellung gerichtete Klage erneut abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits hat das Oberlandesgericht dem Kläger auferlegt, wobei es erkannt hat, daß der Kläger im Umfang des aufgrund des Zeitablaufs des Klagegebrauchsmusters übereinstimmend für erledigt erklärten Unterlassungsantrags die Kosten gemäß § 91 a ZPO zu tragen habe.
Gegen dieses Urteil richtet sich die erneute Revision des Klägers, mit der beantragt wird,
das Berufungsurteil aufzuheben und nach den Schlußanträgen des Klägers in der Berufungsinstanz zu erkennen.
Die Beklagte ist dem Rechtsmittel entgegengetreten.

Entscheidungsgründe:


I. Die Revision ist unzulässig, soweit sie sich gegen die nach § 91 a ZPO ergangene Kostenentscheidung des Oberlandesgerichts wendet. Eine Kostenentscheidung eines Oberlandesgerichts nach § 91 a ZPO ist nicht anfechtbar (§§ 567 Abs. 4, 99 Abs. 1 ZPO). Dies gilt auch dann, wenn sie als sogenannte Mischentscheidung im Rahmen eines streitigen Urteils getroffen wird (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 22. Aufl., § 91 a Rdn. 27, 56 jeweils m.w.N.).
II. Im übrigen ist die Revision zulässig und auch begründet.

1. Das Berufungsgericht hat in der Sache ausgeführt: Das Klagegebrauchsmuster gehe von einem Stand der Technik aus, bei dem das in der Wand eines Schaltschranks zum Durchführen eines Kabels mit angebrachtem Stecker vorzusehende Loch mit zwei Platten abgedeckt werde. Die Platten wiesen halbkreisförmige Ausnehmungen auf und würden links und rechts des Kabels so auf das Loch gelegt, daß sie aneinanderstießen und sich eine kreisrunde Öffnung für das Kabel ergebe. Wegen der Fuge zwischen den beiden Platten und der kreisförmigen Öffnung für das Kabel werde bei dieser Abdekkung die gewünschte Dichtigkeit nicht erreicht. Auch werde das Kabel nicht fixiert; der Stecker im Schaltschrank werde schon bei nur relativ geringem Zug auf das Kabel herausgezogen. Hiernach liege der Erfindung zugrunde, eine Vorrichtung zur Verfügung zu stellen, die eine hohe Dichtigkeit und eine Zugentlastung des Kabels gewährleiste. Gelöst werde die damit verbundene Problematik durch den Schutzanspruch 1 des Klagegebrauchsmusters, der sich - wie auch die Parteien übereinstimmend meinten - in folgende Merkmale gliedern lasse:
1. Vorrichtung zum Abdichten eines in einer Schrankwand eines Schaltschranks angebrachten Lochs zur Durchführung eines Kabels in den Schaltschrank mit
2. zwei an der Außenseite der Schrankwand an gegenüberliegenden Seiten des Lochs angeordneten Teilen,
2.1. wobei jedes der beiden Teile innen mit einem Körper aus Schaumgummi oder Kunststoffschaumstoff versehen ist, welche das Kabel umschließen,
2.2. wobei an einem der beiden Teile wenigstens eine Schelle zur Befestigung des Kabels befestigt ist,
2.3. die beiden Teile durch Schrauben miteinander verbunden sind,
d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t , daß
3. die beiden Teile durch die beiden Teile eines zweiteiligen rechteckigen Gehäuses gebildet sind,
3.1. welches an seiner von der Schrankwand abgewandten Seite wenigstens eine Öffnung
3.2. und an seiner der Schrankwand zugewandten Seite eine Öffnung
3.2.1. um das Loch in der Schrankwand
zur Durchführung des Kabels aufweist,
3.3. daß die Teilungsfuge, die das Gehäuse der Länge nach teilt,
3.4. durch die Kabelöffnungen an der von der Schaltschrankwand abgewandten Seite des Gehäuses hindurchgeht,
3.5. daß die Schelle zur Kabelbefestigung an der Innenseite eines der beiden Gehäuseteile befestigt ist,
4.1. daß die Schrauben, die in hülsenförmigen Vorsprüngen an der Innenseite eines Gehäuseteils vorgesehene Gewinde eingreifen, das Gehäuse zusammenhalten und
4.2. das zusammengehaltene Gehäuse an der Schrankwand befestigbar ist.
Diese Feststellungen des Berufungsgerichts einschließlich seiner Merkmalsanalyse lassen Rechtsfehler nicht erkennen. Auch die Revision erhebt insoweit keine Beanstandungen.
2. Das Berufungsgericht hat die auf Rechnungslegung und Schadensersatzfeststellung gerichteten Klageanträge abgewiesen, weil die durch die angegriffene Ausführungsform verkörperte Lösung Erfindungsqualität besitze und deshalb vom Schutzbereich des Klagegebrauchsmusters nicht umfaßt werde. Zur Begründung hat das Berufungsgericht ausgeführt: Die Merkmale 2.1 (Schaumgummiabdichtung) und 2.2/3.5 (Schellenbefestigung an der Innenseite ) seien bei der Kabeldurchführungsvorrichtung SZ.2400 nicht in einer mit der Anweisung des Schutzanspruchs 1 identischen Form verwirklicht. Der Dichtungskörper fülle die Gehäusehälften nicht aus; für die Schaumstoffkörper der angegriffenen Ausführungsform seien vielmehr eigene Facheinteilungen ge-
schaffen. Das Kabel sei nicht mit einer Schelle an einem Gehäuseteil befestigt; bei der angegriffenen Ausführungsform sei es mittels Schellenverbindung in einer weiteren Facheinteilung eingespannt. Das führe zwar zu Funktions- und Wirkungsgleichheit, bedeute aber konstruktive Unterschiede zur Lehre des Klagegebrauchsmusters. Die Überwindung dieser Unterschiede beruhe nach den Darlegungen des gerichtlichen Sachverständigen auf eigenständigen erfinderischen Überlegungen des Durchschnittsfachmanns, die vom Stand der Technik in keiner Weise beeinflußt seien.

a) Bei der Feststellung, daß die angegriffene Ausführungsform auf eigenständiger erfinderischer Überlegung beruhe, ist das Berufungsgericht nicht den Anforderungen gerecht geworden, denen der Tatrichter bei der Würdigung dessen zu genügen hat, was als wahr zu erachten ist.
Der Tatrichter hat nach § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO den Streitstoff in tatsächlicher Hinsicht erschöpfend zu prüfen und zu würdigen. Von einer eigenen Bewertung ist er auch dann nicht enthoben, wenn er ein Sachverständigengutachten eingeholt hat. Dessen Ergebnisse dürfen deshalb nicht ohne weiteres übernommen werden; auch sachverständige Ä ußerungen sind eigenverantwortlich daraufhin zu untersuchen, ob und inwieweit sie Angaben enthalten, die Aufklärung im Hinblick auf entscheidungserhebliche und allein von dem erkennenden Gericht zu beantwortende Fragen zu bieten vermögen. Die einzelnen Schritte der vorgenommenen Prüfung und Würdigung müssen in dem daraufhin ergehenden Urteil zwar nicht in allen Einzelheiten dargelegt werden (§ 286 Abs. 1 Satz 2 ZPO); das Urteil muß jedoch erkennen lassen, daß der Tatrichter die erforderlichen Schritte vollzogen hat; es muß die tragenden Gesichtspunkte
für die der Entscheidung zugrundeliegende Überzeugung in der Begründung nachvollziehbar darlegen.
Daran fehlt es hier. Was die Frage einer sich in der angegriffenen Ausführungsform verkörpernden erfinderischen Leistung anlangt, verweist das angefochtene Urteil ausschließlich auf die Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen. Diese beschränken sich ihrerseits im schriftlichen Gutachten auf die Aussage, die Überwindung der konstruktiven Unterschiede, welche die Schaffung einer Facheinteilung mit Einstichen für die Aufnahme eines Abdichtungskörpers , einer davon beabstandeten weiteren Facheinteilung für die Aufnahme der das Kabel einspannenden und fixierenden Schellenverbindung und die Abkehr von der unmittelbaren Befestigung des Kabels mittels einer Schelle an einer der beiden Gehäuseteile umfaßten, hätten mehr als nur einen erfinderischen Schritt erfordert, um zu der angegriffenen Ausführungsform zu gelangen ; der Durchschnittsfachmann werde nämlich jeden dieser zu überwindenden Unterschiede als nicht von der Lehre des Klagegebrauchsmusters umfaßt begreifen. Das ist - auch wenn man die ansonsten umfangreichen schriftlichen und mündlichen Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen mitheranzieht - kaum mehr als eine Behauptung. Schon das hätte Anlaß zu näherer Darlegung geben müssen, warum das Berufungsgericht sich gleichwohl von der Meinung des gerichtlichen Sachverständigen hat überzeugen lassen.
Bei der Feststellung, daß der angegriffenen Ausführungsform eine erfinderische Tätigkeit zugrunde liegt, hat das Berufungsgericht außerdem die aktenkundig gemachten Ä ußerungen des vom Kläger hinzugezogenen Privatgutachters nicht berücksichtigt. Dieser Sachverständige ist ausweislich seines Ergänzungsgutachtens zu dem Ergebnis gelangt, die angegriffene Ausführungs-
form verkörpere die Entwicklung einer durch Spritzguß herstellbaren serienreifen Vorrichtung, wie man sie von einem Durchschnittsfachmann bei Beachtung der allgemeinen Gestaltungsrichtlinien erwarten müsse. Mit dieser dem gerichtlichen Gutachten entgegenstehenden Bewertung hat das Berufungsgericht sich - anders als hinsichtlich anderer Differenzen in der Begutachtung durch die beiden Sachverständigen - in keiner Weise befaßt. Das widerspricht dem Grundsatz, daß zu der dem Tatrichter gemäß § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO obliegenden Beweiswürdigung insbesondere gehört, sich auch mit solchen Umständen und Beweismitteln auseinanderzusetzen, die zu einer anderen als der getroffenen Beurteilung führen können (Sen.Urt. v. 16.09.1997 - X ZR 54/95, GRUR 1998, 366, 368 - Ladewagen). Das schließt ein, auch das in Erwägung zu ziehen, was einem vorgelegten Privatgutachten über einen entscheidungserheblichen Punkt zu entnehmen ist. Denn jede widersprüchliche Begutachtung kann Anlaß zu Zweifeln geben, ob die von Gerichtsseite eingeholte Begutachtung ausreichende Grundlage für die Überzeugungsbildung bietet (vgl. Sen.Urt. v. 20.07.1999 - X ZR 121/96, GRUR 2000, 138 - Knopflochnähmaschinen).
Daß ein Anlaß zu solchen Zweifeln gerade auch hier nicht von vornherein ausgeschlossen werden konnte, ergibt die durch Ausbildung und beruflichen Werdegang belegte Qualifikation des gerichtlichen Sachverständigen einerseits und des von dem Kläger eingeschalteten Privatgutachters andererseits. Der gerichtliche Sachverständige ist nach seinem Studium und seiner etwa fünfjährigen Industrietätigkeit Metallurge; es ist auch nicht ersichtlich, daß er aufgrund seiner sich daran anschließenden Tätigkeit beim Deutschen Patentamt und am Bundespatentgericht besondere Erfahrungen auf dem hier interessierenden technischen Gebiet der Schaltschrankabdichtung hat erwerben
können. Das schließt zwar nicht aus, daß sein Gesamtkenntnis- und Erfahrungsschatz - wie es das Berufungsgericht angenommen hat - für die Beantwortung der Streitfragen des vorliegenden Falles ausreichend ist, zumal der gerichtliche Gutachter während seiner patentrechtlichen Tätigkeit mit Schutzrechten auch auf Gebieten wie Bauzubehör, Beschläge, Sicherheitseinrichtungen und Brandschutz befaßt war. Der Privatgutachter kann aber als Professor der Fachhochschule München, der als solcher den Fachbereich Feinwerk- und Mikrotechnik/Physikalische Technik, Entwicklungsmethodik, Mechatronik, Konstruktionstechnik betreut, als gerade auf dem hier interessierenden Gebiet der Technik besonders sachkundig gelten. Auch das hätte nähere eigene Darlegungen des Berufungsgerichts erfordert, warum es in der eingangs genannten Frage dem gerichtlichen Sachverständigen folgt (Sen., aaO - Ladewagen).

b) Die Feststellung, die angegriffene Ausführungsform liege außerhalb des äquivalente Lösungen umfassenden Schutzbereichs des Klagegebrauchsmusters , ist schließlich deshalb von Rechtsirrtum geprägt, weil der gerichtliche Sachverständige und ihm folgend das Berufungsgericht sie allein aufgrund einer Bewertung der Kabeldurchführungsvorrichtung SZ.2400 in ihrer konkreten Gestaltung getroffen haben.
Der Umstand, daß eine angegriffene Ausführungsform ihrerseits eine nicht durch den Stand der Technik nahegelegte erfinderische Lehre zum technischen Handeln verkörpert, ist nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (zuletzt BGHZ 142, 7 - Räumschild, m.w.N.) noch kein hinreichender Grund, eine Benutzung einer durch ein (älteres) Patent geschützten Lehre zu verneinen. Für das Gebrauchsmuster gilt nichts anderes. Auch hier kann die angegriffene Ausführungsform zugleich eine allgemeinere Lehre verkörpern
und wegen ihrer sie konkretisierenden Gestaltung erfinderischen Charakter haben. Beinhaltet eine angegriffene Ausführungsform eine erfinderische Leistung , ist deshalb auch dann, wenn die Verletzungsklage auf ein Gebrauchsmuster gestützt ist, regelmäßig zu prüfen, ob die angegriffene Ausführungsform vom Fachmann als Ausgestaltung einer - konkrete Gestaltungsmerkmale der angegriffenen Ausführungsform außer Betracht lassenden, von der angegriffenen Ausführungsform aber gleichwohl verkörperten - allgemeineren Lehre zum technischen Handeln erkannt werden kann, die entweder wortsinngemäß mit einem Anspruch des Klageschutzrechts übereinstimmt oder sich diesem gegenüber als äquivalent darstellt (vgl. wiederum zum Patent: Sen.Urt. v. 12.07.1990 - X ZR 121/88, GRUR 1991, 436, 440 - Befestigungsvorrichtung II). Diese Möglichkeit ist auch im vorliegenden Fall nicht von vornherein ausgeschlossen , weil das Berufungsgericht gerade wegen der Abkammerungen im Inneren des Gehäuses der angegriffenen Ausführungsform, also wegen einer zu gebrauchsmustergemäßen Merkmalen hinzutretenden besonderen Gestaltung der angegriffenen Ausführungsform deren Erfindungsqualität bejaht hat.
Die danach erforderliche Prüfung geht im Falle abgewandelter, aber gleichwirkender Ausführungsformen dahin, ob für eine die angegriffene Ausführungsform erfassende allgemeinere Lehre festgestellt werden kann, daß sie vom Durchschnittsfachmann aufgrund von Überlegungen aufgefunden werden konnte, die sich an der in dem Schutzanspruch umschriebenen Erfindung orientieren. Diese Prüfung hat das Berufungsgericht nicht vorgenommen. Auch der gerichtliche Sachverständige hat sich mit dieser Frage nicht befaßt.
3. Das angefochtene Urteil kann deshalb keinen Bestand haben; die Sache ist vielmehr an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, dem zur Herbei-
führung einer einheitlichen Kostenentscheidung auch die Befugnis einzuräumen ist, über die das Revisionsverfahren betreffenden Kosten zu befinden. Das Berufungsgericht wird dabei Rechnung zu tragen haben, daß rechtskräftig entschieden ist, daß der Kläger hinsichtlich des erledigten Teils des Rechtsstreit (Unterlassungsklage) gemäß § 91 a ZPO die Kosten zu tragen hat. Die für eine eigene abschließende Sach- und Kostenentscheidung des Senats notwendige Entscheidungsreife kann nicht festgestellt werden, weil noch tatrichterliche, Kenntnisse und Fähigkeit des Durchschnittsfachmanns betreffende Feststellungen notwendig sein können.
Die Entscheidungsreife folgt insbesondere nicht aus einem Geständnis der Beklagten. Zu Unrecht rügt die Revision, das Berufungsgericht habe übersehen , daß die Beklagte im Sinne des § 288 ZPO zugestanden habe, die angegriffene Ausführungsform beruhe wegen ihrer abweichenden Merkmale nicht auf einem erfinderischen Schritt.
Ein Geständnis ist Zugestehen der Richtigkeit einer Tatsachenbehauptung des Gegners. Vorhandensein oder Fehlen eines erfinderischen Schrittes sind keine Tatsachen; denn sie können nur aufgrund einer komplexen Bewertung erkannt werden, die sich sowohl an rechtlichen als auch an tatsächlichen Maßstäben zu orientieren hat.
Deshalb geht auch der Vorwurf der Revision fehl, das Berufungsgericht habe eine etwaige Erfindungsqualität der angegriffenen Ausführungsform nicht berücksichtigen dürfen, weil dies in eindeutigem Widerspruch zu dem jahrelangen früheren Tatsachenvortrag der Beklagten stehe, ohne daß nachvollziehbare Gründe für die Ä nderung dieses Vortrags angegeben seien.

4. Bei der erneuten Verhandlung wird das Berufungsgericht sich nicht auf eine Befassung mit der Frage beschränken können, ob die Kabeldurchführungsvorrichtung SZ.2400 als abgewandelte Ausführungsform in den Schutzbereich des Klagegebrauchsmusters fällt. Es wird vielmehr - vorrangig - auch noch einmal der Behauptung des Klägers nachzugehen haben, daß die angegriffene Ausführungsform den Anweisungen zu 2.1 (Schaumgummiabdichtung) und 2.2/3.5 (Schellenbefestigung an der Innenseite) ihrem vernünftig verstandenen Wortsinne nach genüge, was - ausgehend von den Feststellungen des Berufungsgerichts zu den sonstigen Merkmalen des Schutzanspruchs - bedeuten würde, daß die Kabeldurchführungsvorrichtung SZ.2400 insgesamt von der Lehre des Schutzanspruchs 1 wortlautgemäß Gebrauch macht. Denn die Auslegung des Schutzanspruchs durch das Berufungsgericht, die zur Verneinung einer wortsinngemäßen Benutzung der Merkmale 2.1 und 2.2/3.5 geführt hat, ist ebenfalls nicht rechtsfehlerfrei.

a) Zur Begründung seiner Annahme, Merkmal 2.1 (Schaumgummiabdichtung ) sei bei der angegriffenen Ausführungsform nicht identisch verwirklicht , hat das Berufungsgericht wiederum nur auf das eingeholte Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen verwiesen. Ergänzend ist lediglich ausgeführt, es sei verständlich, wenn der Gerichtssachverständige Schlüsse daraus ziehe, daß die Gebrauchsmusterschrift in der Beschreibung auf S. 2 unten sowie S. 4 unten angebe, die beiden Gehäusehälften seien bzw. jede Gehäusehälfte sei "gefüllt"; das sei auch aus der Zeichnung, welche die Erfindung näher erläutere , zu entnehmen. Hieraus ergibt sich, daß nach Ansicht des Berufungsgerichts die Anweisung zu Merkmal 2.1 dahin geht, daß Schaumgummi oder Kunststoff-
schaumstoff das zweiteilige, rechteckige Gehäuse in Form von Körpern aus diesem Material ausfüllt. Das kann in dieser Form keinen Bestand haben.
Die Verständlichkeit eines Schlusses, den ein gerichtlicher Sachverständiger zieht, bietet für sich allein keine Gewähr dafür, daß das richtige Ergebnis gefunden worden ist. Die Ausführungen des Berufungsgerichts lassen außerdem nicht erkennen, daß die maßgeblichen Auslegungsgrundsätze beachtet worden sind.
Der Gegenstand eines Gebrauchsmusterschutzanspruchs wird durch den Anspruchswortlaut definiert (§ 4 Abs. 2 Nr. 2 GebrMG). Er, nicht die Beschreibung oder die Zeichnungen, ist deshalb maßgeblich. Entscheidend ist, welche Lehre zum technischen Handeln der Durchschnittsfachmann den durch den Schutzanspruch in Worte gefaßten Anweisungen entnimmt. Dies verbietet eine einengende Auslegung von in den Schutzanspruch aufgenommenen allgemein gehaltenen Anweisungen jedenfalls dann, wenn ihre Befolgung trotz der allgemeinen Fassung geeignet ist, zu der Lösung des Problems beizutragen , das dem Schutzrecht zugrunde liegt. Die betreffende Anweisung hat dann eine ohne weiteres im Sinne des Schutzrechts liegende sinnvolle Bedeutung und bedarf nach Aufgabe und Lösung des Schutzrechts keiner Konkretisierung. Sofern die Beschreibung oder die Zeichnungen des Schutzrechts konkretisierte Gestaltungen beschreiben, kennzeichnen sie unter diesen Umständen lediglich bevorzugte Ausführungen der allgemeiner gefaßten Anweisung des Schutzanspruchs.
Ein solcher Fall kann auch hier gegeben sein, weil - worauf die Revision zu Recht hinweist - der Schutzanspruch 1 des Klagegebrauchsmusters seinem
Wortlaut nach nur verlangt, daß beide Gehäuseteile innen mit einem Körper aus Schaumgummi oder Kunststoffschaumstoff versehen sind, wodurch das Kabel umschlossen wird.
Der Merkmal 2.1 betreffende Wortlaut geht danach zunächst ganz allgemein dahin, die beiden Teile des Gehäuses der Vorrichtung innen mit einem Körper aus Schaumgummi oder Kunststoffschaumstoff zu versehen. Einem Fachmann, der das Problem bewältigen will, das durch das Klagegebrauchsmuster gelöst werden soll, muß es nicht notwendig erscheinen, das gesamte Gehäuseinnere mit dem vorgeschlagenen Material zu füllen. Bei einer Kabeldurchführung vermittels gattungsgemäßer Vorrichtung ergeben sich verschiedene Stellen bzw. Bereiche, die einer Abdichtung bedürfen; das sind zum einen die Trennfuge zwischen den beiden Teilen der Vorrichtung (Teilungsfuge gemäß Merkmal 3.3), zum anderen die zwischen Kabel und Vorrichtung umlaufende Fuge und schließlich die Fuge, die bei stirnseitiger Anlage der Vorrichtung zwischen dieser und der Schrankwand entsteht. Bei der den Stand der Technik betreffenden Nachteilsschilderung in der Beschreibung (S. 2 2. Abs.) sind nur die beiden ersten als die Dichtigkeit beeinträchtigende Gegebenheiten erwähnt. Hieraus kann entnommen werden, daß die Fuge zwischen der Vorrichtung und der Schrankwand - ohne daß es einer Festlegung durch den Schutzanspruch 1 des Klagegebrauchsmusters bedürfte - anderweit zuverlässig abgedichtet werden kann. Bestätigt wird dies durch die Beschreibung des Ausführungsbeispiels und die Fig. 2. Danach kann diese Abdichtung beispielsweise durch ein umlaufendes Profilgummi erfolgen (S. 6 2. Abs.). Aber auch bezüglich der Teilungsfuge (Merkmal 3.3) erwähnt die Beschreibung einen Dichtring als Abdichtung (S. 6 1. Abs.). Dies läßt es entbehrlich erscheinen , im Inneren Körper aus Schaumgummi oder Kunststoffschaumstoff zu ha-
ben, welche diese Fuge über ihre gesamte Länge abdecken. Lediglich für den umlaufenden Spalt zwischen dem Kabel und den Gehäusehälften der Vorrichtung gilt etwas anderes. Insoweit ist eine andere Abdichtungsmöglichkeit nicht erwähnt. Hier muß sich deshalb der jeweilige Körper aus Schaumgummi oder Kunststoffschaumstoff bewähren. Hierzu muß das Kabel von dem Schaumstoffmaterial umschlossen sein, wie es im Schutzanspruch 1 auch ausdrücklich und die im übrigen allgemeine Anweisung konkretisierend heißt. Im Lichte der den Schutzanspruch 1 erläuternden Beschreibung kann damit in dieser Notwendigkeit das die Lösung gemäß Merkmal 2.1 Kennzeichnende liegen. Dies wird bestätigt durch Seite 2 letzter Abs. der Beschreibung, weil es dort heißt, dadurch, daß das Kabel umschlossen werde, werde es sicher abgedichtet. Angesichts der in der Beschreibung des Klagegebrauchsmusters angegebenen Möglichkeiten, Trennfuge und Fuge zwischen Vorrichtung und Schrankwand undurchlässig zu machen, ist hiermit dann auch die eigentliche Abdichtung des Lochs in der Schrankwand beschrieben, wie auf S. 6 1. Abs. der Beschreibung erwähnt ist. Mithin legt das Klagegebrauchsmuster dem Fachmann nahe, Merkmal 2.1 lediglich die Anweisung zu entnehmen, in beiden Teilen des Gehäuses einen das Kabel umschließenden Körper aus Schaumgummi bzw. Kunststoffschaumstoff vorzusehen.
Dies hat das Berufungsgericht unbeachtet gelassen, weil es - wiederum - kritiklos die Ansicht des gerichtlichen Sachverständigen übernommen hat. Befaßt sich ein gerichtlicher Sachverständiger mit der Auslegung des Wortlauts eines Schutzanspruchs, gehört zu der vom Tatrichter vorzunehmenden Würdigung vor allem auch die Überprüfung, ob dabei den Auslegungsregeln genügt ist. Diese Prüfung hätte hier ergeben, daß der gerichtliche Sachverständige bei seiner Bewertung des Schutzanspruchs 1 den Vorrang der An-
spruchsfassung vor der Beschreibung und den Zeichnungen mißachtet hat. Überdies fehlt selbst in der Beschreibung des Klagegebrauchsmusters jeglicher Hinweis für die Richtigkeit der die abschließende Meinung des gerichtlichen Sachverständigen prägenden Ansicht, erfindungsgemäß sorge das Zusammenpressen der beiden Gehäuseschalen dafür, daß das darin angeordnete gummielastische Dichtungsmaterial aus der kabelaustrittsseitigen Öffnung teilweise herausgepreßt und gegen den Randbereich des Lochs der Schrankwand abdichtend gedrückt werde. Ein solcher Vorgang ist im Klagegebrauchsmuster weder beschrieben noch gezeigt. Dafür, daß er nach dem fachmännischen Verständnis erfindungswesentlich sei, fehlt damit jeder Beleg.

b) Auch der Verneinung einer wortsinngemäßen Verwirklichung der Merkmale 2.2/3.5 (Schellenbefestigung an der Innenseite) liegt keine Auslegung des Schutzanspruchs 1 des Klagegebrauchsmusters zugrunde, wie sie nach dem Vorgesagten im Verletzungsrechtsstreit erforderlich ist. Der Senat hat bereits im ersten Urteil beanstandet, daß das Berufungsgericht nicht auf den Vortrag des Klägers eingegangen sei, die Schellen seien bei der angegriffenen Ausführungsform in Ausnehmungen einer Gehäusehälfte so angeordnet , daß sie beim Schließen der Gehäusehälften in den Ausnehmungen und damit an der Innenseite einer Gehäusehälfte befestigt seien. Dies habe eine Darlegung erfordert, warum nach dem Verständnis des Durchschnittsfachmanns eine in drei Ebenen unbewegliche Anbringung erforderlich sei und warum der Durchschnittsfachmann aufgrund des Schutzanspruchs 1 des Klagegebrauchsmusters in Verbindung mit der Beschreibung des Schutzrechts eine formschlüssige Verbindung, die eine Zugentlastung des Kabels in axialer Richtung bewirke, nicht für ausreichend erachte. Auf diese Darlegung habe nicht verzichtet werden können, weil gegen das Verständnis des Berufungsge-
richts die Zielsetzung des Klagegebrauchsmusters spreche, auch eine Zugentlastung des Kabels zu erreichen (S. 2 Abs. 2 u. 3, insbes. S. 3 Abs. 2 der Beschreibung). Zwar seien in den Ausführungsbeispielen nach Fig. 1 des Klagegebrauchsmusters die Schellen in allen drei Ebenen unbeweglich, weil sie mit Schrauben befestigt seien (S. 5 Abs. 2 der Beschreibung). Auf eine solche Befestigung stelle aber der Anspruch 1 des Klagegebrauchsmusters nicht ab; ausweislich S. 3 Abs. 2 der Beschreibung genüge es, eine Schelle vorzusehen, mit der das Kabel befestigt werde. Hierzu sei eine unbewegliche Befestigung in drei Ebenen nicht ohne weiteres erforderlich. Bei vernachlässigbarem Spiel des Kabels in der dritten Ebene, wie es nach den Feststellungen des Berufungsgerichts bei der angegriffenen Ausführungsform gegeben sei, könne eine Sicherung des Kabels in zwei Richtungsebenen genügen.
Diesen Beanstandungen trägt das angefochtene Urteil nicht Rechnung. Wiederum ist nur ein Schluß des gerichtlichen Sachverständigen als verständlich bezeichnet. Er ist allein daraus gezogen worden, daß nach der Beschreibung S. 5 oben die jeweilige Schelle an dem Steg der Gehäusehälfte mit Schrauben befestigt sei, während bei der angegriffenen Ausführungsform ein das Kabel umgreifende Schellenpaar in ein eigenes Fach allein formschlüssig eingelegt sei. Das ist keine Befassung mit den vom Senat genannten Gesichtspunkten. Vor allem die Erläuterung des Schutzanspruchs 1 auf S. 3 Abs. 2 der Beschreibung des Klagegebrauchsmusters haben der gerichtliche Sachverständige und demgemäß auch das Berufungsgericht vernachlässigt. Hierdurch ist dem Fachmann nahegelegt, daß nach Schutzanspruch 1 jede Befestigung einer Kabelschelle an der Innenseite des Gehäuses ausreicht, die bei in der Schelle eingeklemmtem Kabel verhindert, daß der Stecker in dem Schaltschrank herausgezogen wird, wenn Zug auf das Kabel wirkt.

5. Sollte das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gelangen, daß der Fachmann, der sich mit der Lehre des Klagegebrauchsmusters beschäftigt, keine sich etwa aus seinem allgemeinen Fachwissen ergebende Hinderungsgründe sieht, die Merkmale 2.1 und 2.2/3.5 in der wie vorstehend ausgeführt durch das Schutzrecht nahegelegten Weise zu verstehen, und sollte der nochmalige Vergleich der angegriffenen Ausführungsform mit der Lehre des Gebrauchsmusters ergeben, daß eine wortsinngemäße Benutzung vorliegt, kann es aus Rechtsgründen nicht auf die Frage ankommen, ob der angegriffenen Ausführungsform eine erfinderische Leistung zugrunde liegt. Diese Frage ist allein von Bedeutung, wenn eine angegriffene Ausführungsform in mindestens einer Hinsicht von den Anweisungen des sinnvoll verstandenen Wortlauts des Schutzanspruchs abweicht und deshalb zu klären ist, ob sie gleichwohl vom Ausschließlichkeitsschutz umfaßt ist.
Sollte das Berufungsgericht hingegen wiederum zu dem Ergebnis gelangen , daß die Kabeldurchführungsvorrichtung SZ.2400 lediglich als abgewandelte Ausführungsform zum Schutzbereich des Klagegebrauchsmusters gehören kann, wird es für den Fall, daß die Prüfung, die nach den zu 2. gemachten Ausführungen nachzuholen ist, eine Einbeziehung der angegriffenen Ausführungsform in den Schutzbereich ergibt, dem sogenannten FormsteinEinwand nach Maßgabe der Ausführungen des Senats in dem ersten Revisionsurteil nachzugehen haben.
Rogge Jestaedt Scharen

Mühlens Meier-Beck