Bundesgerichtshof Beschluss, 21. Feb. 2011 - X ZR 111/10

bei uns veröffentlicht am21.02.2011
vorgehend
Bundespatentgericht, 4 Ni 53/08, 29.04.2010

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ZR 111/10
vom
21. Februar 2011
in der Patentnichtigkeitssache
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 21. Februar 2011 durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Meier-Beck, die Richterin Mühlens und die
Richter Gröning, Dr. Grabinski und Hoffmann

beschlossen:
Der Beklagten wird gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.

Gründe:


1
I. Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 1 255 510 (Streitpatents ), welches das Bundespatentgericht mit Urteil vom 29. April 2010 für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig erklärt hat. Gegen das ihr am 2. August 2010 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 1. September 2010 durch Telefax Berufung eingelegt. Auf den am 8. Oktober 2010 bei ihren Prozessbevollmächtigten zugegangenen Hinweis des Senats, eine Begründung der Berufung sei innerhalb der gesetzlichen Frist nicht eingegangen, hat die Beklagte am 22. Oktober 2010 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und das Rechtsmittel begründet. Zur Begründung des Wiedereinsetzungsgesuchs hat sie unter Bezugnahme auf eidesstattliche Versicherungen ihrer Prozessbevollmächtigten und einer Kanzleimitarbeiterin vorgetragen: Nachdem die vom sachbearbeitenden Patentanwalt v. H. gefertigte Berufungsschrift am 1. September 2010 gegen 16.20 Uhr per Telekopie an den Bundesgerichtshof gesandt worden und dem Patentanwalt entsprechend seiner Bitte das Faxprotokoll sofort nach Versendung vorgelegt worden sei, habe Patentanwalt v. H. auf dem - zuvor von anderen Kanzleimitarbeitern auf ordnungsgemäßen Sendeablauf überprüften - Faxprotokoll zwei Fristen notiert und mit seinem Handzeichen paraphiert, nämlich eine Bearbeitungsfrist (15. September 2010) und die Berufungsbegründungsfrist (1. Oktober 2010). Anschließend sei Rechtsanwalt v. H. mit der Akte und dem darauf abgehefteten Faxprotokoll in die zentrale Registratur der Kanzlei zu Frau P., die dabei keinen Eindruck einer geistigen Abwesenheit oder sonstigen Beeinträchtigung gemacht habe, gegangen und habe sie angewiesen, beide Fristen zu notieren. Frau P., eine 1998 von der deutschen Patentanwaltskammer geprüfte Patentanwaltsfachangestellte, sei seit Ende 2002 in der Kanzlei der Prozessbevollmächtigten der Beklagten tätig, dabei unter anderem für das Notieren und Streichen von Fristen im zentralen Fristenkalender der Kanzlei zuständig. Frau P. habe sich während ihrer beruflichen Tätigkeit durch Umsicht, Genauigkeit, Zuverlässigkeit und Korrektheit bei der Ausübung ihrer Tätigkeit gerade auch im Zusammenhang mit der Notierung von Fristen ausgezeichnet; die stichprobenartige Überprüfung ihrer Fristennotierungen habe bislang keine Falschbehandlung offenbart.
2
Im Streitfall hat Frau P. die Anweisung, die Fristen zu notieren, nicht ausgeführt , sondern die Akte ohne Weiteres in die Ablage gegeben. Die Beklagte erklärt sich dieses Verhalten durch die folgenden, ebenfalls glaubhaft gemachten Zusammenhänge: Frau P. litt seit ihrer Geburt an einer Lippenspalte und einer damit einhergehenden Nasenfehlstellung. Nachdem eine in ihrer Jugend durchgeführte Spaltnasenkorrektur ungünstig verlaufen sei und zu zunehmenden Atembehinderungen geführt habe, sei am 7. September 2010 eine kompli- zierte, diese Behinderung behebende Gesichtsoperation mit Rhinoseptumplastik vorgesehen gewesen. Frau P. sei dann kurzfristig telefonisch darüber informiert worden, dass diese Operation auf den 3. September 2010 vorverlegt worden sei und sie am Vortage stationär aufgenommen werden solle, weshalb sie am 1. September 2010 sehr aufgeregt und emotional aufgewühlt gewesen sei und sich nicht hinreichend auf ihre Tätigkeit habe konzentrieren können.
3
Die Klägerin erachtet sinngemäß die Voraussetzungen für eine Verwerfung der Berufung als gegeben.
4
II. Der Beklagten ist Wiedereinsetzung zu gewähren, weil sie die Berufungsbegründungsfrist ohne Verschulden nicht eingehalten hat (§ 233 ZPO).
5
1. Der Rechts- oder Patentanwalt ist im Rahmen der ihm obliegenden Pflicht, alles Zumutbare zu tun, um die Wahrung von Rechtsmittelfristen zu gewährleisten , grundsätzlich berechtigt, die Notierung von Fristen einer gut ausgebildeten , als zuverlässig erprobten und sorgfältig überwachten Bürokraft anzuvertrauen , sofern durch geeignete organisatorische Maßnahmen sichergestellt ist, dass die Fristen zuverlässig festgehalten und kontrolliert werden (st. Rspr., vgl. BGH, Beschluss vom 8. Februar 2010 - II ZB 10/09, MDR 2010, 533 Nr. 10 mwN). Allgemeine organisatorische Vorkehrungen und Anweisungen für die Fristenwahrung sind nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs lediglich dann entbehrlich, wenn der Anwalt einer zuverlässigen Kanzleikraft eine konkrete Einzelanweisung erteilt, welche für sich selbst bei Befolgung die Fristwahrung gewährleistet hätte (vgl. BGH, Beschluss vom 18. August 2009 - VIII ZB 62/08, JurBüro 2010, 56 Rn. 10).
6
2. Ob die Handhabung seitens des Anwalts v. H. im Streitfall, die Mitarbeiterin P. unter Vorlage der Akten, in denen die einzutragenden Fristen niedergelegt waren, anzuweisen, den allgemeinen Vorkehrungen in der Kanzlei entsprach oder ob es sich dabei um eine Einzelanweisung handelte, kann dahinstehen. Gegen einen Rechts- oder Patentanwalt, der nach Versendung der Berufungsschrift in den Handakten die Rechtsmittelbegründungsfrist mitsamt einer vorherigen Bearbeitungsfrist verfügt, die Akten der für die Führung des Fristenkalenders zuständigen Mitarbeiterin danach übergibt und diese zugleich mündlich anweist, die Fristen im Fristenkalender einzutragen, kann in diesem Zusammenhang nicht der Vorwurf erhoben werden, er habe nicht alles ihm Zumutbare getan, um die Wahrung von Rechtsmittelfristen zu gewährleisten, wenn es zu der Versäumung einer solchen Frist infolge eines Versagens wie im Streitfall kommt, dessen Ursache nach dem glaubhaft gemachten Sachverhalt darin zu sehen ist, dass die zuständige Kanzleimitarbeiterin aufgrund der Mitteilung über die kurzfristig vorverlegte Operation in eine innerlich stark belastende Ausnahmesituation versetzt worden ist und die Akten deshalb versehentlich ohne Weiteres in die Ablage gegeben hat.
7
Selbst wenn es sich bei dem Vorgehen von Patentanwalt v. H. um eine Einzelweisung gehandelt haben sollte, konnte er darauf vertrauen, dass die ausgebildete und bisher zuverlässig tätige Bürokraft, Frau P., diese konkrete Einzelanweisung befolgt und ordnungsgemäß ausführt. Er hat ihr nicht lediglich mündlich die Eintragung der Bearbeitungs- und der Rechtsmittelbegründungsfrist aufgetragen, sondern dies unter Aushändigung der Akten mit einer entsprechenden schriftlichen Anweisung getan. Hat er die Bürokraft auf diese Weise , mündlich und schriftlich, zur Fristeintragung angewiesen, besteht für den Rechts- oder Patentanwalt keine Verpflichtung mehr, sich über die Ausführung dieser Weisungen zu vergewissern.
8
Es entspricht zwar der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass insbesondere der die Eintragung der Rechtsmittelfrist nur mündlich anweisende Rechtsanwalt ausreichende organisatorische Vorkehrung dagegen treffen muss, dass seine Anweisungen nicht in Vergessenheit geraten und die Eintragung der Frist deshalb unterbleibt. Deshalb gehört zu den eine Gegenkontrolle ermöglichenden Vorkehrungen im Rahmen der anwaltlichen Fristenkontrolle, dass die Rechtsmittelfristen in der Handakte notiert werden und die Akte durch einen entsprechenden Erledigungsvermerk oder auf sonstige Weise erkennen lässt, dass die Fristen in den Fristenkalender eingetragen worden sind (BGH, Beschluss vom 8. Februar 2010 - II ZB 10/09, MDR 2010, 533 Rn. 7). So wäre Patentanwalt v. H. etwa verpflichtet gewesen, bei Vorlage auf die von ihm verfügte Bearbeitungsfrist (15. September 2010) anhand der Handakte zu überprüfen , ob seine Anweisung zur Eintragung der Begründungsfrist (1. Oktober 2010) im Fristenkalender notiert worden ist (vgl. BGH, MDR 2010, 553, aaO). Dazu ist es aufgrund eines ursächlich vorgelagerten Fehlverhaltens nicht gekommen, dem Patentanwalt v. H. nicht durch zumutbare zusätzliche organisatorische oder sonstige Maßnahmen vorbeugen konnte.
Meier-Beck Mühlens Gröning
Grabinski Hoffmann
Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 29.04.2010 - 4 Ni 53/08 (EU) -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 21. Feb. 2011 - X ZR 111/10

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 233 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand


War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wieder
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Zivilprozessordnung - ZPO | § 233 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand


War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wieder

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War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.

7
a) Die Sorgfaltspflicht in Fristsachen verlangt von einem Rechtsanwalt, alles ihm Zumutbare zu tun, um die Wahrung von Rechtsmittelfristen zu gewährleis- ten. Überlässt er die Berechnung und Notierung von Fristen einer gut ausgebildeten , als zuverlässig erprobten und sorgfältig überwachten Bürokraft, hat er durch geeignete organisatorische Maßnahmen sicherzustellen, dass die Fristen zuverlässig festgehalten und kontrolliert werden (BGH, Beschl. v. 27. September 2007 - IX ZA 14/07, AnwBl. 2008, 71; v. 5. Februar 2003 - VIII ZB 115/02, ZIP 2003, 1050, 1051). Zu den zur Ermöglichung einer Gegenkontrolle erforderlichen Vorkehrungen im Rahmen der Fristenkontrolle gehört insbesondere, dass die Rechtsmittelfristen in der Handakte notiert werden und die Handakte durch entsprechende Erledigungsvermerke oder auf sonstige Weise erkennen lässt, dass die Fristen in den Fristenkalender eingetragen worden sind (vgl. Sen.Beschl. v. 26. Januar 2009 - II ZB 6/08, NJW 2009, 1083 Tz. 11; BGH, Beschl. v. 5. Februar 2003 aaO; v. 21. April 2004 - XII ZB 243/03, FamRZ 2004, 1183; v. 9. Dezember 2009 - XII ZB 154/09 Tz. 15). Wird dem Rechtsanwalt die Sache im Zusammenhang mit einer fristgebundenen Prozesshandlung zur Bearbeitung vorgelegt, hat er die Einhaltung seiner Anweisungen zur Berechnung und Notierung laufender Rechtsmittelfristen einschließlich deren Eintragung in den Fristenkalender eigenverantwortlich zu prüfen, wobei er sich grundsätzlich auf die Prüfung der Vermerke in der Handakte beschränken darf (BGH, Beschl. v. 22. Januar 2008 - VI ZB 46/07, NJW 2008, 1670 Tz. 6; v. 14. Juni 2006 - IV ZB 18/05, NJW 2006, 2778 Tz. 6; Sen.Beschl. v. 18. Juli 2005 - II ZB 16/04). Diese anwaltliche Prüfungspflicht besteht auch dann, wenn die Handakte zur Bearbeitung nicht zugleich mit vorgelegt worden ist (BGH, Beschl. v. 22. November 2000 - XII ZB 28/00, FamRZ 2001, 1143, 1145; v. 19. Dezember 2000 - VIII ZB 35/00, NJW-RR 2001, 782; v. 19. Februar 1991 - VI ZB 2/91, NJW-RR 1991, 827, 828), so dass in diesen Fällen die Vorlage der Handakte zur Fristenkontrolle zu veranlassen ist.
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bb) Ohne Erfolg beanstandet die Beschwerdeerwiderung fehlenden Vortrag der Beklagten zu einer allgemeinen Ausgangskontrolle bei Faxübersendungen. Für den Streitfall ist es unerheblich, ob der Prozessbevollmächtigte der Beklagten sein Büropersonal allgemein angewiesen hatte, ausgehende Schriftsätze vor der Absendung auf das Vorhandensein der Unterschrift zu prüfen (zu diesem Erfordernis vgl. etwa BGH, Beschluss vom 1. Juni 2006 - III ZB 134/05, NJW 2006, 2414, Tz. 5, m.w.N.). Denn allgemeine organisatorische Vorkehrungen oder Anweisungen zur Fristwahrung in einer Anwaltskanzlei bleiben für die Frage eines persönlichen Verschuldens eines Prozessbevollmächtigten dann ohne Bedeutung, wenn der Anwalt - wie hier - eine konkrete Einzelanweisung erteilt hat, die bei Befolgung die Fristwahrung gewährleistet hätte (BGH, Beschlüsse vom 11. Februar 2003, aaO; vom 1. Juli 2002 - II ZB 11/01, NJW-RR 2002, 1289, unter 1; vom 6. Juli 2000 - VII ZB 4/00, NJW 2000, 2823, unter II; jeweils m.w.N.). Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten hatte seiner geschulten Mitarbeiterin konkret aufgetragen, den vom ihm unterzeichneten Frist- verlängerungsantrag vorab per Telefax an das Berufungsgericht zu übersenden. Wäre die Angestellte dieser Weisung nachgekommen, wäre das Fristverlängerungsgesuch noch vor Ablauf der Berufungsbegründungsfrist an das zuständige Gericht gelangt. Angesichts der klaren Vorgabe, den unterzeichneten Antrag per Telefax an das Berufungsgericht zu senden und danach in den Postlauf zu geben, bedurfte es nicht daneben noch einer gesonderten Anweisung, nur den ordnungsgemäß unterschriebenen Schriftsatz als Faxvorlage zu verwenden (vgl. auch BGH, Beschlüsse vom 14. Februar 2006, aaO; vom 11. Februar 2003, aaO; jeweils m.w.N.). Zudem war der Bürokraft - wie sich aus ihrer eidesstattlichen Versicherung ergibt - die Notwendigkeit der Unterzeichnung eines per Telefax zu übermittelnden Schriftstücks durchaus bekannt; ihr war dieser Umstand lediglich vorübergehend entfallen.
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a) Die Sorgfaltspflicht in Fristsachen verlangt von einem Rechtsanwalt, alles ihm Zumutbare zu tun, um die Wahrung von Rechtsmittelfristen zu gewährleis- ten. Überlässt er die Berechnung und Notierung von Fristen einer gut ausgebildeten , als zuverlässig erprobten und sorgfältig überwachten Bürokraft, hat er durch geeignete organisatorische Maßnahmen sicherzustellen, dass die Fristen zuverlässig festgehalten und kontrolliert werden (BGH, Beschl. v. 27. September 2007 - IX ZA 14/07, AnwBl. 2008, 71; v. 5. Februar 2003 - VIII ZB 115/02, ZIP 2003, 1050, 1051). Zu den zur Ermöglichung einer Gegenkontrolle erforderlichen Vorkehrungen im Rahmen der Fristenkontrolle gehört insbesondere, dass die Rechtsmittelfristen in der Handakte notiert werden und die Handakte durch entsprechende Erledigungsvermerke oder auf sonstige Weise erkennen lässt, dass die Fristen in den Fristenkalender eingetragen worden sind (vgl. Sen.Beschl. v. 26. Januar 2009 - II ZB 6/08, NJW 2009, 1083 Tz. 11; BGH, Beschl. v. 5. Februar 2003 aaO; v. 21. April 2004 - XII ZB 243/03, FamRZ 2004, 1183; v. 9. Dezember 2009 - XII ZB 154/09 Tz. 15). Wird dem Rechtsanwalt die Sache im Zusammenhang mit einer fristgebundenen Prozesshandlung zur Bearbeitung vorgelegt, hat er die Einhaltung seiner Anweisungen zur Berechnung und Notierung laufender Rechtsmittelfristen einschließlich deren Eintragung in den Fristenkalender eigenverantwortlich zu prüfen, wobei er sich grundsätzlich auf die Prüfung der Vermerke in der Handakte beschränken darf (BGH, Beschl. v. 22. Januar 2008 - VI ZB 46/07, NJW 2008, 1670 Tz. 6; v. 14. Juni 2006 - IV ZB 18/05, NJW 2006, 2778 Tz. 6; Sen.Beschl. v. 18. Juli 2005 - II ZB 16/04). Diese anwaltliche Prüfungspflicht besteht auch dann, wenn die Handakte zur Bearbeitung nicht zugleich mit vorgelegt worden ist (BGH, Beschl. v. 22. November 2000 - XII ZB 28/00, FamRZ 2001, 1143, 1145; v. 19. Dezember 2000 - VIII ZB 35/00, NJW-RR 2001, 782; v. 19. Februar 1991 - VI ZB 2/91, NJW-RR 1991, 827, 828), so dass in diesen Fällen die Vorlage der Handakte zur Fristenkontrolle zu veranlassen ist.