Bundesgerichtshof Beschluss, 24. Apr. 2007 - X ZR 113/05

bei uns veröffentlicht am24.04.2007
vorgehend
Landgericht Düsseldorf, 4b O 248/04, 21.12.2004
Oberlandesgericht Düsseldorf, 20 U 20/05, 21.06.2005

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ZR 113/05
vom
24. April 2007
in dem Rechtsstreit
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Dr. Melullis, den Richter Keukenschrijver, die Richterin Mühlens und die
Richter Prof. Dr. Meier-Beck und Asendorf
am 24. April 2007

beschlossen:
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten wird das Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 21. Juni 2005 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist.
Der Rechtsstreit wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 67.000,- € festgesetzt.

Gründe:


1
I. Die Beklagte ist Inhaberin des ein Überbrückungsprofil betreffenden deutschen Patents 37 43 895 und desparallelen europäischen Patents 321 634. In einem Verfahren auf Nichtigerklärung des deutschen Patents kam es am 25. Juni 2003, dem Tag der mündlichen Verhandlung vor dem Bundespatentgericht , zu Vergleichsgesprächen, die, wie der Nichtigkeitssenat im Verhandlungsprotokoll festhielt, zu einer mündlichen "grundsätzlichen Einigung" der Parteien über einen Lizenzvertrag mit dem in der Urteilsformel des Berufungsurteils wiedergegebenen Inhalt führten. In der Folgezeit geführte Verhandlungen der Parteien über einen detaillierten Vertragstext scheiterten.
2
Die Parteien streiten darüber, ob am 25. Juni 2003 ein Vertrag zustande gekommen ist. Die Klägerin hat die Feststellung begehrt, dass (1.) zwischen den Parteien ein Lizenzvertrag bestehe und (2.) die Beklagte ihr zum Schadensersatz verpflichtet sei. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Berufungsgericht hat dem Antrag zu 1 entsprochen und die Revision nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Beklagten, die mit der Revision den Antrag auf Abweisung auch des Klageantrags zu 1 weiterverfolgen will.
3
II. Die zulässige Beschwerde führt im Umfang der Anfechtung zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache, da das Berufungsgericht den Anspruch der Beklagten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat (§ 544 Abs. 7 ZPO).
4
1. Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass die Parteien einen (mündlichen) Lizenzvertrag "in Form eines Hauptvertrages" geschlossen haben, der in einer zweiten Stufe ergänzt und schriftlich fixiert werden sollte. Zur Begründung ist ausgeführt, Aufschluss darüber, wie die Parteien am 25. Juni 2003 die Verbindlichkeit des Vereinbarten verstanden hätten, sei zunächst bei der im Sitzungsprotokoll gewählten Formulierung zu suchen; sie spreche für eine Rechtsverbindlichkeit des Vereinbarten, weil das Schwergewicht des rechtlichen Verständnisses auf dem Begriff "Einigung" liege. Die nachfolgenden Schreiben der Parteien ließen keinen Zweifel daran, dass diese jeweils von einer bereits bestehenden, im Einzelnen noch auszufüllenden rechtlich verbindlichen Vereinbarung ausgegangen seien.
5
2. Die Beklagte hat jedoch - im Wesentlichen übereinstimmend mit ihrem erstinstanzlichen Vortrag - durch Bezugnahme auf ihren Schriftsatz vom 10. Mai 2005 unter Beweisantritt vorgebracht, die Parteien hätten während des Gesprächs in der Verhandlungspause am 25. Juni 2003 "die wirtschaftlichen Eckpunkte des Vertrages festgelegt" und sich dahin geeinigt, dass ein Schriftstück zu erstellen sei, welches als Vertragsurkunde dienen könne, und dass Patentanwalt S. den Entwurf eines solchen Schriftstücks erstellen solle; eine weitergehende Einigung sei nicht erzielt worden. Damit hat die Beklagte die mit dem vom Berufungsgericht festgestellten Sachverhalt unvereinbare Behauptung aufgestellt, dass die Parteien nicht in einer zweiten Stufe eine bereits erzielte vertragliche Einigung ausfüllen und schriftlich festhalten wollten, sondern sich lediglich über die aus wirtschaftlicher Sicht wesentlichen "Eckpunkte" eines erst noch abzuschließenden Vertrages verständigt hätten (§ 154 Abs. 1 Satz 2 BGB). Dieses Verständnis wird unterstrichen durch die weiteren Ausführungen in dem vorgenannten Schriftsatz, die anwesenden Vertreter der Parteien seien sich einig gewesen, dass erst die wirtschaftlichen Eckpunkte des Vertrages besprochen seien, nicht aber der weitere von beiden Parteien als erforderlich erachtete Vertragsinhalt. Das Berufungsgericht durfte daher die Feststellung , die Parteien hätte sich trotz der noch zu regelnden Punkte vertraglich binden wollen, nicht treffen, ohne zuvor den angebotenen Gegenbeweis zu erheben. Die gegenteilige Verfahrensweise verletzt den Anspruch der Beklagten auf rechtliches Gehör (vgl. Sen.Urt. v. 13.9.2005 - X ZR 62/03, GRUR 2006, 223, 224; Sen.Urt. v. 25.11.2003 - X ZR 159/00, GRUR 2004, 532, 535 - Nassreinigung ; BGH, Beschl. v. 1.6.2005 - XII ZR 275/02, NJW 2005, 2710).
3. Das Berufungsurteil ist hiernach aufzuheben. Da die Aufhebung
6
nach § 544 Abs. 7 ZPO erfolgt, wird das Beschwerdeverfahren, wie die Vorschrift ausdrücklich bestimmt, abweichend von § 544 Abs. 6 nicht als Revisionsverfahren fortgesetzt und bedarf es daher der vorherigen Zulassung der Revision nicht (BGH, Beschl. v. 5.4.2005 - VIII ZR 160/04, NJW 2005, 1950). Der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision wird vielmehr im Falle des § 544 Abs. 7 ZPO in der Weise stattgegeben, dass der Bundesgerichtshof dem Beschwerdebegehren, die Nachprüfung des Berufungsurteils zu eröffnen, durch dessen unmittelbare Aufhebung entspricht (BGH, Beschl. v. 11.10.2006 - KZR 45/05, GRUR 2007, 172 - Lesezirkel II).
Melullis Keukenschrijver Mühlens
Meier-Beck Asendorf
Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 21.12.2004 - 4b O 248/04 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 21.06.2005 - I-20 U 20/05 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 24. Apr. 2007 - X ZR 113/05

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 24. Apr. 2007 - X ZR 113/05

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 544 Nichtzulassungsbeschwerde


(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde). (2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn1.der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Eur

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 154 Offener Einigungsmangel; fehlende Beurkundung


(1) Solange nicht die Parteien sich über alle Punkte eines Vertrags geeinigt haben, über die nach der Erklärung auch nur einer Partei eine Vereinbarung getroffen werden soll, ist im Zweifel der Vertrag nicht geschlossen. Die Verständigung über einzel
Bundesgerichtshof Beschluss, 24. Apr. 2007 - X ZR 113/05 zitiert 2 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 544 Nichtzulassungsbeschwerde


(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde). (2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn1.der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Eur

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 154 Offener Einigungsmangel; fehlende Beurkundung


(1) Solange nicht die Parteien sich über alle Punkte eines Vertrags geeinigt haben, über die nach der Erklärung auch nur einer Partei eine Vereinbarung getroffen werden soll, ist im Zweifel der Vertrag nicht geschlossen. Die Verständigung über einzel

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Bundesgerichtshof Urteil, 25. Nov. 2003 - X ZR 159/00

bei uns veröffentlicht am 25.11.2003

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES VERSÄUMNISURTEIL X ZR 159/00 Verkündet am: 25. November 2003 Mayer Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ : nein.

Bundesgerichtshof Beschluss, 01. Juni 2005 - XII ZR 275/02

bei uns veröffentlicht am 01.06.2005

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XII ZR 275/02 vom 1. Juni 2005 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO §§ 286 E, 544 Abs. 7 a) Erweist sich die in einer Nichtzulassungsbeschwerde erhobene Rüge der Verletzung des rech

Bundesgerichtshof Urteil, 13. Sept. 2005 - X ZR 62/03

bei uns veröffentlicht am 13.09.2005

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES Versäumnisurteil X ZR 62/03 Verkündet am: 13. September 2005 Groß Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein

Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Okt. 2006 - KZR 45/05

bei uns veröffentlicht am 11.10.2006

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS KZR 45/05 vom 11. Oktober 2006 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO §§ 263, 264 Nr. 1 Lesezirkel II Eine Klageänderung durch Einführung eines neuen Klagegrundes

Referenzen

(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).

(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder
2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.

(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.

(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.

(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.

(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.

(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.

(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.

(1) Solange nicht die Parteien sich über alle Punkte eines Vertrags geeinigt haben, über die nach der Erklärung auch nur einer Partei eine Vereinbarung getroffen werden soll, ist im Zweifel der Vertrag nicht geschlossen. Die Verständigung über einzelne Punkte ist auch dann nicht bindend, wenn eine Aufzeichnung stattgefunden hat.

(2) Ist eine Beurkundung des beabsichtigten Vertrags verabredet worden, so ist im Zweifel der Vertrag nicht geschlossen, bis die Beurkundung erfolgt ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
Versäumnisurteil
X ZR 62/03 Verkündet am:
13. September 2005
Groß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Allein der Umstand, dass die klagende Partei ihr wirtschaftliches Interesse an
der Durchsetzung der von ihr verfolgten Ansprüche verloren hat, ist im Zivilprozess
kein Ereignis, das die Klage gegenstandslos macht.
BGH, Versäumnisurteil v. 13. September 2005 - X ZR 62/03 - OLG Karlsruhe
LG Mannheim
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 19. Juli 2005 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, den Richter
Scharen, die Richterin Mühlens und die Richter Asendorf und Dr. Kirchhoff

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das am 26. März 2003 verkündete Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe aufgehoben, soweit zum Nachteil der Beklagten entschieden worden ist.
Insoweit wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten der Revision, an den 15. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien streiten über Ansprüche aus dem zwischen dem Zeugen H. und dem Beklagten zu 1 am 1. Januar 1989 geschlossenen, bis zum 31. Dezember 2009 befristeten Patentlizenzvertrag betreffend das europäische Patent 0 265 548, dessen Inhaber der Beklagte zu 1 ist.
In dem Vertrag räumte der Beklagte zu 1 dem Zeugen H. eine ausschließliche Lizenz am Gegenstand des Patents ein. Der Beklagte zu 1 sollte jedoch berechtigt bleiben, in seiner eigenen Praxis und in bestimmten Krankenhäusern das patentierte Verfahren anzuwenden. Mit Vertrag vom 12. September 1989 übertrug der Zeuge H. die Rechte aus dem Lizenzvertrag auf die Klägerin.
Die Parteien streiten darüber, ob der Lizenzvertrag durch vom Beklagten zu 1 wiederholt ausgesprochene Kündigungen oder durch eine einvernehmliche Verkürzung der Vertragslaufzeit vorzeitig beendet worden ist.
Die Klägerin hat die Beklagten auf Unterlassung, Feststellung der Schadensersatzpflicht und Rechnungslegung in Anspruch genommen und beantragt, den Beklagten zu verbieten, die Bezeichnung "A. " für etwas anderes zu verwenden , als für das patentgemäße Verfahren. Schließlich hat sie vom Beklagten zu 1 die Einräumung einer kostenlosen Lizenz an der von diesem getätigten europäischen Patentanmeldung 0 607 593 begehrt. Der Beklagte zu 1 hat widerklagend die Zahlung der Lizenzgebühren für das Jahr 1996 verlangt; weiterhin hat er seinerseits die Klägerin auf Unterlassung, Auskunft und Bucheinsicht wegen Verwendung des streitgegenständlichen Verfahrens in Anspruch genommen.
Das Berufungsgericht hat in seinem ersten Berufungsurteil die Beklagten zu 1 bis 3 antragsgemäß verurteilt und die widerklagend geltend gemachten Ansprüche abgewiesen.
Der Senat hat in seinem Urteil vom 25. April 2001 das Urteil des Berufungsgerichts aufgehoben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Während des Revisionsverfahrens hat die Klägerin den Rechtsstreit teilweise hinsichtlich der Unterlassungsansprüche in der Hauptsache für erledigt erklärt, weil sie angesichts rückläufiger Produktionszahlen das patentrechtlich geschützte Produkt seit dem 31. März 2000 nicht mehr zu annehmbaren Preisen herstellen könne und ihre Produktion deshalb eingestellt habe. Die Beklagten haben sich der Erledigungserklärung nicht angeschlossen, weil die Klage von Anfang an unbegründet gewesen sei und der Interessenwegfall erst während des Revisionsverfahrens eingetreten sei.
Das Berufungsgericht hat in dem nunmehr angefochtenen Berufungsurteil festgestellt, dass im Umfang der Erledigungserklärung der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt sei. Die Ansprüche auf Rechnungslegung hat das Berufungsgericht für den Zeitraum vom 1. Januar 1996 bis zum 31. März 2000 der Klägerin zuerkannt. Insoweit hat das Berufungsgericht auch die Feststellung getroffen, dass die Beklagten der Klägerin gesamtschuldnerisch zum Schadensersatz verpflichtet seien. Die Widerklage hat das Berufungsgericht erneut abgewiesen.
Mit ihrer Revision verfolgen die Beklagten ihren Klageabweisungsantrag, sowie der Beklagte zu 1 seinen Widerklageantrag, weiter.
Die Klägerin ist in der Revisionsinstanz nicht vertreten.

Entscheidungsgründe:


Die zulässige Revision ist begründet; sie führt erneut zur Aufhebung des Berufungsurteils, soweit zum Nachteil der Beklagten entschieden worden ist, und insoweit zur Zurückverweisung der Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht.
Trotz der Säumnis der Klägerin und Revisionsbeklagten in der Revisionsinstanz war das Berufungsurteil in vollem Umfang der rechtlichen Nachprüfung zu unterziehen (st. Rspr.; vgl. BGHZ 37, 79, 81).
Dieser Prüfung hält das Berufungsurteil nicht stand.
1. Soweit das Berufungsgericht die Erledigung der Hauptsache festgestellt hat, hat es den Eintritt eines erledigenden Ereignisses rechtsfehlerhaft nicht geprüft. Ein erledigendes Ereignis ist eine Tatsache mit Auswirkungen auf die materiell rechtlichen Voraussetzungen der Zulässigkeit oder Begründetheit der Klage (BGHZ 83, 12, 13; 135, 58, 62; 155, 392, 398). Im Falle der einseitigen Erledigungserklärung muss das Gericht im ordentlichen Streitverfahren prüfen , ob die Hauptsache erledigt ist, ob also die eingereichte Klage zulässig und begründet war, aber durch ein nach Anhängigkeit eingetretenes Ereignis gegenstandslos geworden ist (BGHZ 91, 126, 127 f.; 106, 359, 366 f.).
Dem genügt das Berufungsurteil nicht. Das Berufungsgericht hat nicht festgestellt, dass die zulässige und begründete Klage durch ein Ereignis gegenstandslos geworden ist. Allein der Umstand, dass die klagende Partei ihr wirtschaftliches Interesse an der Durchsetzung der von ihr verfolgten Ansprüche verloren hat, ist im Zivilprozess kein Ereignis, das die Klage gegenstands-
los macht. Es ist damit widersprüchlich, wenn das Berufungsgericht einerseits vom Fortbestehen des Lizenzvertrags ausgeht, daraus resultierende Ansprüche aber für erledigt hält. Was im Falle der Nichtausübung der Lizenz die Rechtsfolge ist, ist im Lizenzvertrag der Parteien geregelt: Der Lizenzgeber ist berechtigt, den Lizenzvertrag zu kündigen. Weder die Klägerin noch der Beklagte zu 1 haben jedoch im vorliegenden Rechtsstreit vorgetragen, dass dieses Kündigungsrecht ausgeübt worden sei. Ist aber vom Fortbestand des Patentlizenzvertrags auszugehen, so hat das Berufungsgericht nicht festgestellt, dass das darauf gestützte Klagebegehren sich in der Hauptsache erledigt hätte.
2. Der Ausgang des Rechtsstreits hängt danach in erster Linie davon ab, ob der Lizenzvertrag fortbesteht oder bis zu welchem Zeitpunkt er bestanden hat. Der Senat hatte in seinem Urteil vom 25. April 2001 die Annahme des Berufungsgerichts hingenommen, der Lizenzvertrag vom 1. Januar 1989 sei nicht aufgrund der von den Beklagten behaupteten Kündigungen zum 31. Dezember 1991 beendet worden. Er hat das damalige Berufungsurteil im Hinblick darauf aufgehoben, dass das Berufungsgericht weiter angenommen hatte, der Lizenzvertrag sei auch nicht durch die Vereinbarung vom 7. März 1993 vorzeitig beendet worden. Der Senat hat ausgeführt, es bedürfe weiterer tatrichterlicher Feststellungen zur Auslegung der Vereinbarung vom 7. März 1993. Zudem sei bisher nicht geklärt, ob die Parteien die Vereinbarung überhaupt ernst gemeint hätten. Die Klägerin habe vorgetragen, die Vereinbarung sei nur zum Schein abgeschlossen worden, um den potentiellen Hersteller He. zu "beruhigen". Es werde auch der weiteren Behauptung der Klägerin nachzugehen sein, der letzte Satz der Vereinbarung, wonach diese erst nach "beiderseitiger juristischer Prüfung" Gültigkeit habe erlangen sollen, sei einvernehmlich gerade deshalb in den Text aufgenommen worden, um ein Wirksamwerden der Vereinbarung zu verhindern.
Das Berufungsgericht hat keine Feststellungen zur Auslegung der Vereinbarung vom 7. März 1993 getroffen, sondern nunmehr Beweis darüber erhoben , ob die Vereinbarung nur zum Schein getroffen worden sei. Es ist zu dem Ergebnis gelangt, dass dies bewiesen und demzufolge der Lizenzvertrag nach wie vor in Kraft sei. Das Berufungsgericht hat es dahinstehen lassen, ob der Vereinbarung vom 7. März 1993 im Wege der Auslegung zu entnehmen sei, dass mit ihr eine Beendigung des zwischen den Parteien bestehenden Lizenzvertrags hätte herbeigeführt werden sollen. Es hat aufgrund der Aussage des Zeugen H. für bewiesen gehalten, dass die genannte Vereinbarung nicht ernsthaft auf die Herbeiführung einer konkreten Rechtsfolge gerichtet gewesen sei. Seine Überzeugung von der Richtigkeit der Angaben des Zeugen H. hat das Berufungsgericht darauf gegründet, dass dieser bei seiner Vernehmung einen sicheren und glaubwürdigen Eindruck gemacht habe und seine Darstellung in sich geschlossen und widerspruchsfrei gewesen sei. Zudem habe auch der Zeuge S. , der sich im übrigen an Einzelheiten der Besprechung nur dunkel habe erinnern können, bestätigt, dass derZeuge H. eine Klausel mit juristischem Prüfungsvorbehalt in dem Vertrag hätte haben wollen. Die Zeugen Ha. und Dr. Z. hätten an der Abfassung der Vereinbarung nicht mitgewirkt und seien bei ihrer Unterzeichnung nicht anwesend gewesen.
Bei dieser Beweiswürdigung hat das Berufungsgericht, wie die Revision zu Recht rügt, wesentlichen Vortrag des Beklagten zu 1 in seinem Schriftsatz vom 28. Februar 2003 unberücksichtigt gelassen. Das Berufungsgericht hatte als Endtermin für die Einreichung von Schriftsätzen den 28. Februar 2003 festgesetzt. Mit an diesem Tage bei Gericht eingegangenem Schriftsatz hat der Beklagte zu 1 Ausführungen zum Ergebnis der Beweisaufnahme, insbesondere zur Aussage des Zeugen H. gemacht. Er hat vorgetragen und unter Beweis gestellt, dass der Zeuge H. sich gegenüber dem Zeugen Dr. Z. anlässlich eines Telefonats am Abend des 7. März 1993 zum Inhalt der an die-
sem Tage geschlossenen Vereinbarung, insbesondere zum Ausgleich der Schulden des ZeugenH. geäußert habe. Bei dieser Gelegenheit habe der ZeugeH. damit gedroht, dass er für einen Verlust der Approbation des Beklagten zu 1 sorgen werde, wenn der Beklagte zu 1 die Beitreibung seiner Forderungen aus dem Lizenzvertrag gegenüber der Klägerin in die Wege leiten werde.
Diese Behauptung des Beklagten zu 1 war für die Beurteilung der Glaubwürdigkeit der Bekundungen des Zeugen H. von Gewicht. Die Beweislage war für den Beklagten zu 1 schwierig, da das Gespräch, das zum Abschluss der Vereinbarung vom 7. März 1993 geführt hat, ausschließlich zwischen dem Zeugen H. und dem Beklagten zu 1 stattgefunden hat. Das Berufungsgericht hat die Aussage der Zeugen Ha. und Dr. Z. ausdrücklich deshalb nicht herangezogen, weil diese bei der Unterzeichnung nicht anwesend gewesen seien. Bei dieser Beweislage hätte das Berufungsgericht sich mit dem Vortrag des Beklagten zu 1, der die Glaubhaftigkeit der Aussage des Zeugen H. erschüttern konnte, jedenfalls auseinandersetzen und gegebenenfalls dem Beweisantritt nachgehen müssen. Dem ist das Berufungsgericht unter Verletzung des Rechts des Beklagten zu 1 auf rechtliches Gehör verfahrensfehlerhaft nicht nachgekommen. Hätte es sich mit diesem Vorbringen auseinandergesetzt , so ist jedenfalls nicht ausgeschlossen, dass seine Überzeugung von der Richtigkeit der Angaben des Zeugen H. , der als früherer Geschäftsführer der Klägerin ein massives eigenes Interesse an der Beantwortung der Beweisfrage hatte, erschüttert worden wäre. Soweit das Berufungsgericht seine Überzeugung durch die Aussage des Zeugen S. als gestützt angesehen hat, wonach der Zeuge H. eine Klausel mit juristischem Prüfungsvorbehalt in den Vertrag hätte haben wollen, ist hieraus allein kein Schluss auf die Richtigkeit der Angaben des Zeugen H. gerechtfertigt, da der Zeuge weiter bekundet
hat, er wisse weder, ob diese Klausel dann in den Vertrag hineingekommen sei, noch warum der Zeuge H. diese Klausel in den Vertrag hätte haben wollen.
3. Schließlich hat der Senat in seinem Urteil vom 25. April 2001 ausgeführt , dass sich ohne weitere Feststellungen des Berufungsgerichts ein Anspruch aus dem Markengesetz oder aus den §§ 1, 3 UWG nicht herleiten lassen , soweit das Berufungsgericht die Beklagten zu 1 bis 3 verurteilt hatte, die Bezeichnung "A. " für etwas anderes zu verwenden als für das patentgemäße Verfahren. Das Berufungsgericht hat sich nunmehr auf die bloße Feststellung beschränkt, die Klägerin habe unwidersprochen vorgetragen, dass sie die Bezeichnung "A. " für das lizenzierte Verfahren in weiten Verkehrskreisen bekanntgemacht und ihm Geltung verschafft habe. Diese Feststellung ermangelt jeder nachvollziehbaren Begründung und geht nicht über das hinaus, was das Berufungsgericht seiner ersten Entscheidung zugrunde gelegt hatte. Das Berufungsgericht hat damit die Vorgaben in der ersten Revisionsentscheidung nicht berücksichtigt, sondern auf seinen vom Senat als fehlerhaft beanstandeten Rechtsstandpunkt zurückgegriffen. Das Berufungsgericht wird nunmehr die erforderlichen Feststellungen nachzuholen haben.
4. Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass - abgesehen von der bereits im Urteil vom 25. April 2001 angesprochenen kartellrechtlichen Problematik - ein Verstoß gegen § 17 Abs. 1 GWB in Betracht kommt, soweit die Lizenzierung sich über den Ablauf des Schutzrechts hinaus erstrecken sollte. Dies hat jedoch nicht die Nichtigkeit des gesamten Lizenzvertrages zur Folge. Denn die Unwirksamkeit des Vertrages aus kartellrechtlichen Gründen beschränkt sich grundsätzlich auf die verbotene Regelung. Ist anzunehmen , dass die Parteien den Lizenzvertrag auch ohne diese geschlossen hätten, so lässt ihr Fortfall den Bestand des Lizenzvertrages im übrigen unberührt. Diese Frage ist in der Rechtsprechung des Kartellsenats des Bundesgerichtshofs
seit langem geklärt (BGHZ 17, 41, 59; BGH Urt. v. 10.10.1974 - KZR 1/74, GRUR 1975, 206, 208 - Kunststoffschaum-Bahnen; Urt. v. 25.06.1985 - KZR 31/84, NJW 1986, 58, 59 - Preisabstandsklausel; Busse Patentgesetz, 6. Aufl. § 15 PatG Rdn. 157; Immenga/Mestmäcker/Emmerich GWB, 3. Aufl. § 17 Rdn. 160, jeweils m.w.N.).
5. Nach Klärung der Frage der Laufzeit des Lizenzvertrages wird das Berufungsgericht auch über die Widerklage neu zu entscheiden haben. Es hat die Abweisung der Widerklage bisher ausschließlich darauf gestützt, dass die Klägerin aufgrund des Lizenzvertrages nach wie vor alleinige Inhaberin der Verwertungsrechte am Gegenstand des europäischen Patents 0 265 548 sei.
6. Der Senat hat von § 563 Abs. 1 Satz 3 ZPO Gebrauch gemacht.
Melullis Scharen Mühlens
Asendorf Kirchhoff

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
VERSÄUMNISURTEIL
X ZR 159/00 Verkündet am:
25. November 2003
Mayer
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
Naßreinigung
Hat der Berufungskläger seinen Sachvortrag in der Berufungsinstanz nicht beschränkt
, so sind Angriffs- und Verteidigungsmittel, die in den Tatbestand des angefochtenen
Urteils eingegangen sind, durch die auch stillschweigend mögliche Bezugnahme
auf das erstinstanzliche Urteil vorgetragen; ihre ausdrückliche Wiederholung
ist entbehrlich.
BGH, Urt. v. 25. November 2003 - X ZR 159/00 - OLG Nürnberg
LG Nürnberg-Fürth
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 25. November 2003 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis,
den Richter Keukenschrijver, die Richterin Mühlens und die Richter Dr. MeierBeck
und Asendorf

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das am 18. Juli 2000 verkündete Endurteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Nürnberg aufgehoben.
Die Sache wird zu anderweiter Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien streiten um die Wirksamkeit der Kündigung eines Vertrags.
Die Parteien schlossen am 12. Dezember 1995 eine als Lizenzvertrag bezeichnete Vereinbarung, mit der der Beklagte der Klägerin eine ausschließliche Lizenz an verschiedenen technischen Schutzrechten einräumte, deren Inhaber er ist. Der Klägerin wurde durch diesen Vertrag gestattet, unter Benutzung der Schutzrechte und des Know-how des Beklagten weltweit Vorrichtungen und Verfahren zur Naßreinigung von Gasen herzustellen und zu vertreiben.
In der Folgezeit veräußerte die Klägerin verschiedene Anlagen, die auf den vom Beklagten entwickelten Verfahren beruhten. Beim Betrieb der Anlagen kam es jedoch zu Schwierigkeiten, die dazu führten, daß diese Anlagen letztlich von den Kunden nicht abgenommen wurden. Die Klägerin sieht den Grund für die fehlende Funktionsfähigkeit der Reinigungsanlagen in der Mangelhaftigkeit des Reaktionsmittels, das nach dem Vertrag der Beklagte herzustellen hatte. Der Beklagte seinerseits wirft der Klägerin vor, daß sie bei verschiedenen Anlagen seine Konstruktionsanweisungen mißachtet und so die Schwierigkeiten verursacht habe.
Entgegen der im Vertrag vorgesehenen Regelung, wonach die Umsatzlizenzgebühren vierteljährlich abzurechnen waren, unterblieben solche Abrechnungen , was der Beklagte mehr als zwei Jahre nicht beanstandete.
Mit Schreiben seiner Patentanwältin vom 3. April 1998 kündigte der Beklagte den Lizenzvertrag fristlos. Begründet wurde diese Kündigungserklärung in einem Schreiben vom 27. Mai 1998 unter anderem damit, daß die Klägerin die Umsatzlizenzgebühren nicht ordnungsgemäß abgerechnet habe, die Lizen-
zen in einer Reihe von Projekten nicht mit der erforderlichen Sorgfalt ausge- führt worden seien sowie damit, daß die Klägerin zahlungsunfähig geworden sei.
Durch Umschreibungsverfügung des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 31. August 1999 wurde die Klägerin auf ihren Antrag anstelle des Beklagten als Inhaberin des Patents 592 08 995 eingetragen. Die Umschreibung wurde auf Grund eines Beschlusses des Bundespatentgerichts vom 7. Februar 2002 rückgängig gemacht.
Die Klägerin hat am 12. Mai 1998 Klage auf Feststellung des Fortbestehens des Vertrags vom 12. Dezember 1995 erhoben. Mit Schreiben seines Prozeßbevollmächtigten vom 2. November 1998 kündigte der Beklagte den Vertrag erneut und stützte dies auf weitere gegen die Klägerin gerichtete Vorwürfe , wonach diese den Vertrag schuldhaft verletzt habe.
Die Klägerin hält die angeführten Kündigungsgründe für unberechtigt und beansprucht mit ihrer Klage die Feststellung, daß beide Kündigungserklärungen unwirksam seien, und weiterhin die Feststellung, daß der Vertrag vom 12. Dezember 1995 fortbestehe.
Das Landgericht hat dieser Klage stattgegeben, die hiergegen gerichtete Berufung ist ohne Erfolg geblieben, wobei der Beklagte in der Berufungsinstanz nur noch auf einen Teil der in erster Instanz erhobenen Vorwürfe näher eingegangen ist. Mit der Revision verfolgt der Beklagte weiterhin seinen Klageabweisungsantrag.

Über das Vermögen der Klägerin ist am 2. Oktober 2001 das Insolvenzverfahren eröffnet worden; der Rechtsstreit ist vom Beklagten aufgenommen worden, nach dem der Insolvenzverwalter die Aufnahme des Rechtsstreits abgelehnt hatte und ihn an die Klägerin freigegeben hat. Die Klägerin ist in der Revisionsinstanz nicht vertreten.

Entscheidungsgründe:


Da die Klägerin trotz ordnungsgemäßer Ladung in der Verhandlung über die Revision nicht vertreten war, ist antragsgemäß durch Versäumnisurteil, jedoch aufgrund umfassender Sachprüfung, zu entscheiden (BGHZ 37, 79, 80).
Die zulässige Revision hat auch in der Sache Erfolg, sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
Gegen die Prozeßführungsbefugnis des Beklagten für das Revisionsverfahren bestehen keine Bedenken, da es, anders als dies der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 27. Oktober 2003 (II ZA 9/02, ZIP 2003, 2271) zugrunde lag, nicht um eine nur im Wege der Anmeldung zur Insolvenztabelle weiter zu verfolgende Insolvenzforderung geht.
I. 1. Das Berufungsgericht hat angenommen, ein Kündigungsgrund ergebe sich nicht daraus, daß die Klägerin es unterlassen habe, vierteljährlich über die vereinbarten Umsatzlizenzen abzurechnen. Hierin liege keine Vertragsverletzung. Die Abrechnungspflicht beziehe sich auf die vereinbarte Lizenzgebühr in Höhe von 10 % auf die Nettoverkaufspreise der Klägerin. Als Nettoverkaufspreis sei das Dritten in Rechnung gestellte Entgelt für den Erwerb der lizenzpflichtigen Gegenstände, nach Abzug unter anderem der Entgelte für Bauarbeiten, Montage und Inbetriebnahme beim Kunden, vereinbart worden. Daraus folge, daß nur diejenigen Nettoverkaufspreise der Lizenzzahlungspflicht unterlägen, die die Kunden der Klägerin letztlich nach Ausführung des Vertrages hätten zahlen müssen, denn vorher hätten die Entgelte für Bauarbeiten , Montage und Inbetriebnahme beim Kunden von den Nettoverkaufspreisen nicht abgezogen werden können. Daraus wiederum folge, daß die Klägerin nur zur Abrechnung für in Betrieb genommene Anlagen verpflichtet gewesen sei. Aus dem vom Beklagten vorgelegten Buchprüfungsbericht des Steuerberaters U. gehe aber hervor, daß die Anlagen betreffend die Aufträge D. II, L., M., V. A. und W.Chemie nicht funktionstüchtig gewesen und nicht abgenommen worden seien. Gehe man aber davon aus, daß zumindest einige der Anlagen nicht abrechnungspflichtig gewesen seien, dann spreche alles dafür, daß die von der Klägerin allenfalls abzurechnenden lizenzpflichtigen Einnahmen 500.000,-- DM nicht überstiegen hätten. Auch nach dem Beklagtenvortrag sei damit nicht anzunehmen, daß ihm eine 10 prozentige Umsatzgebühr zugestanden habe, die mehr als 50.000,-- DM ausgemacht habe. Unstreitig habe er aber bereits eine auf die Umsatzgebühr zu verrechnende Pauschallizenzgebühr in dieser Höhe erhalten. Aus diesen Gründen
könne die unterlassene vierteljährliche Abrechnung nicht als eine so gravierende Vertragsverletzung angesehen werden, als daß sie die ausgesprochenen Kündigungserklärungen rechtfertigen könnte.
Der Beklagte habe es mehr als zwei Jahre lang hingenommen, daß ihm Abrechnungen nicht erteilt worden seien. Auch wenn man unterstelle, daß die Klägerin durch die unterlassenen Abrechnungen den Vertrag verletzt habe, hätte der Beklagte vor Ausspruch der fristlosen Kündigung der Klägerin durch eine Abmahnung vor Augen führen müssen, daß er abweichend von seinem bisherigen Verhalten nicht mehr gewillt sei, dies hinzunehmen. Dies gelte auch für die Kündigungserklärung vom 2. November 1998, obwohl zwischenzeitlich der Beklagte der Klägerin eine Abmahnung erteilt habe. Die Klägerin habe nämlich zwischenzeitlich Abrechnungen über einige Projekte übermittelt, die der Beklagte allerdings deswegen für falsch halte, weil eine der Rechnungen nicht unterzeichnet sei, Unstimmigkeiten bestünden und noch weitere Anlagen der Abrechnungspflicht unterlägen.
2. Diese Würdigung hält revisionsrechtlicher Prüfung stand.

a) Die Revision beruft sich zu Unrecht darauf, daß das Berufungsgericht den Rechtsbegriff des wichtigen Grundes verkannt und die Regelung im Vertrag vom 12. Dezember 1995 übersehen habe, wonach ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung insbesondere dann vorliege, "wenn die andere Vertragspartei wesentliche Pflichten aus diesem Vertrag schuldhaft verletzt".
Das Berufungsgericht ist von der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ausgegangen, nach der ein wichtiger Grund zur fristlosen Kündigung eines Dauerschuldverhältnisses gegeben ist, wenn Tatsachen vorliegen , aufgrund deren dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Vertrags bis zu dessen vereinbarter Beendigung nach Treu und Glauben nicht zugemutet werden kann (Sen.Urt. v. 29.04.1997 - X ZR 127/95, GRUR 1997, 610, 611 - Tinnitus-Masker; BGH, Urt. v. 02.05.1991 - I ZR 184/89, GRUR 1992, 112, 114 - pulp wash; Urt. v. 17.12.1998 - I ZR 106/96, NJW 1999, 1177, 1178), und hat die im Vertrag getroffene Regelung nicht als Einschränkung oder Abbedingung dieses Grundsatzes verstanden. Diese Würdigung läßt keinen Rechtsfehler erkennen. Wenn die Parteien des Lizenzvertrags geregelt haben, daß ein wichtiger Grund insbesondere dann vorliege, wenn die andere Partei wesentliche Pflichten aus dem Vertrag schuldhaft verletze, so konnte das Berufungsgericht, ohne daß dies rechtlichen Bedenken begegnet, aus der Verwendung des Worts "insbesondere" entnehmen, daß die Parteien lediglich für die Fallgruppe des pflichtwidrigen Verhaltens eines Vertragsteils die Voraussetzungen für das Vorliegen eines wichtigen Grundes näher konkretisieren wollten, indem sie hervorgehoben haben, daß es sich um die Verletzung wesentlicher Pflichten handeln müsse und daß der Verstoß ein schuldhaftes Verhalten erfordere. Das Berufungsgericht konnte daher ohne Rechtsfehler annehmen, daß die Parteien damit kein vom Vorliegen eines wichtigen Grundes unabhängiges Kündigungsrecht vereinbart haben, das unter geringeren Voraussetzungen eingreifen würde als diese von der Rechtsprechung für Fälle des pflichtwidrigen Verhaltens eines Vertragsteils entwickelt worden sind, sondern daß die Parteien lediglich eine
Fallgruppe beispielhaft benannt haben, die den Tatbestand des wichtigen Grundes erfüllen sollte (vgl. auch Stumpf/Gross, Der Lizenzvertrag, 7. Aufl., M Rdn. 488).
Vor diesem Hintergrund ist die Verneinung eines Kündigungsgrundes aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Ohne Erfolg rügt die Revision insoweit das Unterbleiben von Feststellungen des Berufungsgerichts dazu, ob die unterlassene Abrechnung einen Kündigungsgrund darstellt. Diese Feststellungen hat das Berufungsgericht getroffen. Es hat jedoch die unterlassene Abrechnung als nicht so gravierende Vertragsverletzung gewürdigt, daß sie eine Kündigung rechtfertigen könnte. Es hat auch damit keinen von der vertraglichen Regelung der Parteien abweichenden Beurteilungsmaßstab verwendet, da nach seiner rechtsfehlerfreien Würdigung der vertraglichen Regelung der Parteien nur die Verletzung wesentlicher Vertragspflichten einen außerordentlichen Kündigungsgrund begründen sollte.
Allerdings ist beim Patentlizenzvertrag in der Regel die Abrechnungspflicht eine Hauptpflicht (vgl. Stumpf/Gross, aaO, C Rdn. 139; Gaul/Bartenbach, Handbuch des gewerblichen Rechtsschutzes, 5. Aufl., K Rdn. 713). Daraus folgt aber nicht, daß jede auch noch so geringfügige Verletzung der Abrechnungspflicht eine Kündigung aus wichtigem Grund rechtfertigt. Die Auslegung des Berufungsgerichts, daß die vertragliche Regelung der Parteien so zu verstehen sei, daß bei nicht abgenommenen Anlagen keine abzurechnenden lizenzpflichtigen Einnahmen vorlägen, greift die Revision ohne Erfolg an. Die Auslegung ist als tatrichterliche Würdigung in der Revisionsinstanz nur beschränkt daraufhin überprüfbar, ob dabei gesetzlich oder allge-
mein anerkannte Auslegungsregeln, die Denkgesetze oder allgemeine Erfah- rungssätze verletzt sind oder ob die Auslegung auf Verfahrensfehlern beruht (st. Rspr., vgl. Sen.Urt. v. 25.02.1992 - X ZR 88/90, NJW 1992, 1967, 1968). Einen solchen Fehler zeigt die Revision nicht auf.
Den Vertragspartnern steht es frei, Absprachen über die Voraussetzungen der Lizenzpflicht und den Zeitpunkt der Entstehung des Anspruchs auf Lizenzgebühren zu treffen (Sen.Urt. v. 02.12.1997 - X ZR 13/96, GRUR 1998, 561, 562 - Umsatzlizenz). Hier haben die Parteien keine ausdrückliche Regelung getroffen, zu welchem Zeitpunkt die Lizenzgebühr entstehen sollte. Als Zeitpunkt für die Entstehung des Anspruchs auf die Lizenzgebühr kommen in einem solchen Fall der Abschluß des Vertrags mit dem Kunden, die Fertigstellung oder die Lieferung der Maschinen, die Rechnungsstellung oder der Eingang der Zahlung des Kunden in Betracht (vgl. Stumpf/Gross, aaO, C Rdn. 110). Das Berufungsgericht hat die insoweit bestehende Unklarheit im Vertrag im Wege der Vertragsauslegung dahin aufgelöst, daß es aus der im Vertrag enthaltenen Definition des Nettoverkaufspreises abgeleitet hat, daß der Anspruch auf die Lizenzgebühr frühestens entstehen konnte, wenn feststand, in welcher Höhe bei der Inbetriebnahme Kosten angefallen waren, weil vorher diese abzuziehenden Kosten nicht berechnet werden konnten. Damit hat das Berufungsgericht in zulässiger Weise die im Vertrag enthaltenen Regelungen und Wertungen zum Ausgangspunkt seiner Vertragsauslegung gemacht. Dies ist aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. Das Urteil des Senats vom 2. Dezember 1997 (aaO) steht dem nicht entgegen; es befaßt sich nur mit der Frage, ob für den Regelfall bei Fehlen einer entsprechenden ausdrücklichen Absprache die schon entstandene Zahlungspflicht des Lizenznehmers
unter dem Vorbehalt der Abnahme steht und wieder entfällt, wenn die Abnahme der Ware verweigert, das Geschäft rückgängig gemacht oder der Kaufpreis nicht gezahlt wird; eine aus dem Vertrag herzuleitende abweichende Vereinbarung der Parteien geht dem grundsätzlich vor. Das Berufungsgericht ist demnach rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, daß für die noch nicht abgenommenen Anlagen keine Umsatzlizenzgebühren zu zahlen waren. Von diesem rechtlichen Ausgangspunkt aus hat das Berufungsgericht die Feststellung getroffen, daß auch nach dem Vortrag des Beklagten nicht anzunehmen sei, daß diesem eine Umsatzlizenzgebühr zugestanden habe, die mehr als 50.000,-- DM ausgemacht habe. Dann aber ist die nur beschränkt überprüfbare tatrichterliche Würdigung, daß das Unterlassen der Abrechnung keine so gravierende Vertragsverletzung sei, als daß darauf eine Kündigung gestützt werden könnte, nicht zu beanstanden.
In diesem Zusammenhang ist auch die Erwägung des Berufungsgerichts nicht zu beanstanden, daß die Hinnahme der Nichterteilung von Abrechnungen über einen Zeitraum von über zwei Jahren dafür spricht, daß auch der Beklagte dieses Verhalten als nicht so gravierend angesehen hat. Zwar hat der Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 15. September 1998 zur Erstellung einer Abrechnung abgemahnt. Dies hat das Berufungsgericht jedoch berücksichtigt. Die Revision übersieht insoweit, daß zu diesem Zeitpunkt die Abrechnungen vom 26. Mai und 3. Juli 1998 bereits vorlagen, die allerdings der Beklagte als mangelhaft zurückgewiesen hatte. Hinsichtlich weiterer Anlagen gab es zu diesem Zeitpunkt ausgehend von der rechtsfehlerfrei getroffenen Vertragsauslegung des Berufungsgerichts nichts abzurechnen, weil die betreffenden Lieferungen noch zu keinen lizenzpflichtigen Einnahmen geführt hatten. Auch die Rügen
des Beklagten hinsichtlich der erteilten Abrechnung hat das Berufungsgericht nicht als so erheblich angesehen, daß allein darauf eine außerordentliche Kündigung des Lizenzvertrags gestützt werden könne. Auch diese Würdigung ist aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. Das Berufungsgericht hat die vom Beklagten gerügten Mängel dieser Abrechnung gewürdigt. Es hat die fehlende Unterzeichnung einer dieser Abrechnungen und die vorgetragenen , ganz geringfügigen Unstimmigkeiten nicht als ausreichenden Grund für eine außerordentliche Kündigung angesehen. Die unterschiedliche Auffassung der Parteien über die Frage, ob auch noch nicht in Betrieb genommene und abgenommene Anlagen abzurechnen seien, hat es ebenfalls vor dem Hintergrund seiner Auslegung des Vertrages rechtsfehlerfrei nicht als ausreichenden Kündigungsgrund gelten lassen. Die Revision setzt dem lediglich ihre eigene davon abweichende Würdigung des Vertragsinhalts und der daraus resultierenden beiderseitigen Pflichten entgegen.

b) Schließlich hat die Revision auch mit ihrem Einwand keinen Erfolg, daß der Beklagte nach § 326 BGB a.F. berechtigt gewesen sei, den Lizenzvertrag zu kündigen, ohne daß es auf eine Abwägung der gegenseitigen Interessen sowie die Frage der Zumutbarkeit der Fortsetzung des Vertragsverhältnisses ankomme.
Nach nur teilweiser Durchführung eines Lizenzvertrags über Patentrechte ist den Parteien ein Rücktritt grundsätzlich verwehrt; an seine Stelle tritt in der Regel die Kündigung aus wichtigem Grund (vgl. Sen.Urt. v. 19.02.2002 - X ZR 166/99, NJW 2002, 1870; Urt. v. 13.07.1982 - X ZR 50/81, unveröffentlicht, Umdr. S. 6, 7; BGH, Urt. v. 22.05.1959 - I ZR 46/58, GRUR
1959, 616, 617 - Metallabsatz; Busse, PatG, 6. Aufl., § 15 Rdn. 99). Das Vor- liegen der Voraussetzungen des § 326 BGB a.F. führt aber nicht dazu, daß die fristlose Kündigung dann ohne weiteres möglich ist, es kommt auch dann darauf an, ob unter Abwägung der beiderseitigen Interessen dem kündigenden Teil die Fortsetzung des Vertrages bis zu dessen vereinbarter Beendigung nach Treu und Glauben nicht zumutbar ist. Daran fehlt es hier wie unter 2. a) dargestellt hinsichtlich der vom Berufungsgericht bei seiner Prüfung zugrunde gelegten Umstände.
II. 1. Das Berufungsgericht hat weiter angenommen, der Beklagte habe auch nicht ausreichend dargetan, daß die Klägerin unter Verstoß gegen den Lizenzvertrag ihre Ausübungspflicht so nachhaltig verletzt habe, daß bei Ausspruch der beiden Kündigungen eine Fortsetzung des Vertrags dem Beklagten nicht mehr zumutbar gewesen sei. Der Beklagte greife in diesem Zusammenhang nur die Ausführungen des landgerichtlichen Urteils an, die sich auf die Projekte L., D., Sch., W.Chemie und M. A. bezögen. Insoweit sei im Berufungsverfahren eine Beschränkung des Streitstoffs auf diese Vorgänge eingetreten. Wie sich die Rechtslage hinsichtlich anderer Anlagen und Projekte darstelle, bei denen die Klägerin ebenfalls unberechtigterweise von Anweisungen oder von den Patentvorgaben abgewichen sein solle, sei deshalb nicht zu prüfen. Die bloße pauschale Bezugnahme auf seinen gesamten erstinstanzlichen Sachvortrag auf S. 3 der Berufungsbegründung reiche nicht aus, um neben den im folgenden in der Berufungsbegründung angeführten Kündigungsgründen auch sämtliche sonstige zum Streitstoff des Berufungsverfahrens zu machen. Dies folge aus § 519 Abs. 3 Nr. 2 ZPO
a.F., der vorsehe, daß die Berufungsbegründung unter anderem die im einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung zu bezeichnen habe.
2. Dies hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht in vollem Umfang stand.

a) Die Revision rügt zu Recht, daß das Berufungsgericht verfahrensfehlerhaft den Streitstoff beschränkt hat. Das Landgericht hat sich in seinem Urteil mit weiteren im Tatbestand auch erwähnten Vorgängen und Vorwürfen befaßt. Der Beklagte ist auf diese Sachverhalte in seiner Berufungsbegründung nicht ausdrücklich zurückgekommen. Er hat jedoch im Berufungsbegründungsschriftsatz auf seinen gesamten erstinstanzlichen Vortrag pauschal Bezug genommen und diesen zum Gegenstand des Berufungsverfahrens gemacht. Er hat weiter gerügt, daß das erstinstanzliche Gericht die Gesamtheit der vorgetragenen Gründe dahingehend hätte würdigen müssen, ob ihm eine Fortsetzung des Vertrags für weitere elf Jahre zugemutet werden könne.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat das Berufungsgericht nach dem für das vorliegende Verfahren noch maßgebenden Recht (§ 537 ZPO in der vor dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung) den Prozeßstoff bei seiner Entscheidung selbständig und ohne an die rechtlichen Gesichtspunkte der Parteien oder des ersten Richters gebunden zu sein nach allen Richtungen von neuem zu prüfen (Sen.Urt. v. 18.03. 2003 - X ZR 209/00, BGHRep. 2003, 908; BGH, Urt. v. 10.07.1985 - IVa ZR 151/83, NJW 1985, 2828; vgl. auch Urt. v. 29.04.1986 - IX ZR 145/85, NJW-RR 1986, 991, 992; Urt. v. 15.12.1988 - IX ZR 33/88, NJW 1990, 326, 327; Urt. v. 07.05.1992
- IX ZR 151/91, BGHR ZPO § 537 - Streitpunkt 1). Allerdings kann der Beru- fungskläger seine Berufung auf bestimmte Streitpunkte beschränken. Er kann Tatsachenvortrag und die hierzu benannten Beweismittel fallenlassen. Angesichts der Ausführungen des Beklagten in der Berufungsbegründung kann dies hier jedoch nicht angenommen werden. Das Berufungsgericht hätte daher nicht von einer Beschränkung des Streitstoffs ausgehen dürfen.
Dies ist auch nicht deshalb anders zu beurteilen, weil nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs das Berufungsgericht Beweisangeboten, die im Berufungsverfahren nicht ausdrücklich wiederholt worden sind, grundsätzlich nicht nachgehen muß (BGHZ 35, 103, 106). Zum einen gilt dies nicht uneingeschränkt. Hat das erstinstanzliche Gericht ein unter Beweis gestelltes Vorbringen für unerheblich erachtet, der Berufungskläger gerade diese Rechtsauffassung aber angegriffen und das Berufungsgericht den erstinstanzlichen Sachverhalt als erheblich angesehen, so verletzt die Nichtberücksichtigung des Vorbringens des Berufungsklägers dessen Anspruch auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG (BVerfG NJW-RR 1995, 828; BVerfGE 70, 288, 295; vgl. auch BGH, Urt. v. 24.09.1986 - VIII ZR 255/85, NJW 1987, 501, 502; Urt. v. 04.04.1990 - IV ZR 69/89, NJW-RR 1990, 831; Urt. v. 03.06.1997 - VI ZR 133/96, NJW 1998, 155, 156). Zum anderen betrifft diese Rechtsprechung die Frage, welche Anforderungen an einen Beweisantritt in der Berufungsinstanz zu stellen sind, und nicht die hier entscheidende Frage, welcher Streitstoff nach § 537 ZPO a.F. der Entscheidung des Berufungsgerichts zugrunde zu legen ist. Sind, wie hier, Angriffs- oder Verteidigungsmittel in den Tatbestand des angefochtenen Urteils eingegangen, ist eine ausdrückliche Wiederholung dieses Vortrags entbehrlich. Vorgetragen sind sie schon durch
die auch stillschweigend mögliche Bezugnahme auf das erstinstanzliche Urteil (Musielak/Ball, ZPO, 2. Aufl., § 525 Rdn. 2). Unter diesen Voraussetzungen wirken die erstinstanzlichen Angriffs- und Verteidigungsmittel im Berufungsverfahren fort (Stein/Jonas/Grunsky, ZPO, 21. Aufl., § 526 Rdn. 2 u. § 537 Rdn. 12; a.A. Rimmelspacher in MünchKomm. z. ZPO, 2. Aufl., § 525 Rdn. 3). Dies gilt hier insbesondere deshalb, weil der Beklagte in der Berufungsinstanz ausdrücklich gerügt hatte, daß das Landgericht die Gesamtheit der vorgetragenen Kündigungsgründe dahingehend hätte würdigen müssen, ob ihm eine Fortsetzung des Vertrags für weitere elf Jahre zugemutet werden könne. Daß damit alle die Gründe gemeint waren, die im Tatbestand des landgerichtlichen Urteils genannt sind, kann nicht zweifelhaft sein. Der Inhalt der Berufungsbegründung macht vielmehr deutlich, daß jedenfalls alle im landgerichtlichen Urteil angeführten Kündigungsgründe in ihrer Gesamtheit auch zur Nachprüfung durch das Berufungsgericht gestellt werden sollten.

b) Zu Unrecht rügt die Revision jedoch, daß das Berufungsgericht das Vorbringen des Beklagten in seinem Schriftsatz vom 6. September 1999 nicht berücksichtigt habe. Dieser Schriftsatz ist nach Schluß der mündlichen Verhandlung zu den Akten gelangt, ohne daß dem Beklagten nachgelassen worden wäre, gemäß § 283 ZPO a.F. einen Schriftsatz nachzureichen. Das Landgericht hat sich in seinem Urteil zwar kursorisch mit dem in diesem Schriftsatz enthaltenen Sachvortrag auseinandergesetzt, gleichwohl die mündliche Verhandlung aber nicht wiedereröffnet. Vorbringen, das nach § 296 a ZPO a.F. in erster Instanz unberücksichtigt geblieben ist, gilt als in erster Instanz nicht vorgebracht und ist deshalb in zweiter Instanz als neues Vorbringen gemäß § 528 Abs. 1 bzw. Abs. 2 ZPO a.F. zu beurteilen (Prütting in MünchKomm. z. ZPO,
2. Aufl., § 296 a Rdn. 9 unter Hinweis auf BGH, Urt. v. 10.07.1979 - VI ZR 223/78, NJW 1979, 2109, 2110). Allerdings ist anerkannt, daß auf solches Vorbringen, das in erster Instanz keine prozessuale Wirksamkeit erlangt hat, in der Berufungsinstanz Bezug genommen werden kann (BGH, Urt. v. 03.06.1998 – VIII ZR 162/97, NJW-RR 1998, 1514. Vorliegend fehlt es aber insoweit, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, an einer wirksamen Bezugnahme. Im Berufungsbegründungsschriftsatz hat der Beklagte lediglich auf den ebenfalls nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 10. September 1999 Bezug genommen.
III. 1. Das Berufungsgericht hat schließlich angenommen, daß die Vorgänge im Zusammenhang mit dem Erwerb von Pfandrechten an den Patenten des Beklagten und deren Umschreibung auf die Klägerin diesen nicht dazu berechtigt hätten, den Lizenzvertrag am 2. November 1998 aus wichtigem Grunde zu kündigen. Die Umschreibung könne schon deshalb nicht herangezogen werden, weil der Antrag dazu erst am 13. März 1999 gestellt worden sei, also fast ein halbes Jahr nach Ausspruch der Kündigung. Es könne deshalb dahinstehen, ob dadurch der Lizenzvertrag verletzt worden sei. Im Abschluß des Kaufvertrags vom 14. Oktober 1998 liege eine Verletzung des Vertrags oder berechtigter Interessen des Beklagten nicht.
2. Auch dies hält revisionsrechtlicher Prüfung nicht in vollem Umfang stand. Das Berufungsgericht hat es rechtsfehlerhaft abgelehnt, die Würdigung der der Kündigung zugrundeliegenden Vorgänge in seine Gesamtwürdigung miteinzubeziehen. Zwar ist der Umschreibungsantrag erst am 13. März 1999 und somit nach der Erklärung der Kündigung am 2. November 1998 gestellt
worden. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts folgt daraus jedoch nicht, daß die Umschreibung nicht zu berücksichtigen wäre. Das Berufungsgericht hat verkannt, daß die Berufung auf den neuen Kündigungsgrund, das "Nachschieben" des Grundes, in der Regel als neue Kündigung aus diesem Grunde aufzufassen sein wird (BGH, Urt. v. 28.04.1960 - VII ZR 218/59, LM § 626 BGB Nr. 10; Urt. v. 15.12.1960 - VII ZR 212/59, BB 1961, 498). Daher kann das Vorbringen im Schriftsatz des Beklagten vom 3. Mai 2000 als erneuter Ausspruch einer fristlosen Kündigung anzusehen sein. Hinzu kommt, daß der Beklagte mit Schreiben seiner Patentanwältin vom 8. November 1999 erneut außerordentlich gekündigt und hierbei den Vorgang der Umschreibung als Kündigungsgrund angeführt hat. Der Beklagte hat sich in seiner Berufungsbegründung auch auf diese Kündigungserklärung gestützt.
Diese Kündigungserklärungen sind nicht schon deshalb unberücksichtigt zu lassen, weil die Klägerin in ihren Klageanträgen sich nur auf die Kündigungserklärungen vom 3. April und 2. November 1998 bezieht und die Feststellung begehrt, daß diese unwirksam sind. Entscheidend ist vielmehr, daß die Klägerin weiterhin die Feststellung begehrt, daß der Lizenzvertrag nicht beendet ist, sondern fortbesteht, weshalb auch weitere Kündigungserklärungen in die Prüfung mit einzubeziehen sind. Das von der Klägerin betriebene Umschreibungsverfahren mit dem Ziel, sie als Patentinhaberin in die Patentrolle eintragen zu lassen, kann auch als schwerwiegender Vertrauensverstoß in Betracht kommen, der geeignet ist, die Vertrauensgrundlage zwischen den Parteien zu erschüttern. Das heimliche Vorgehen der Klägerin bei der Umschreibung der Schutzrechte und die nach der Entscheidung des Bundespatentgerichts anzunehmende Rechtswidrigkeit der Umschreibung könnten jedenfalls
einen Vertrauensbruch darstellen, der zumindest im Rahmen der gebotenen Gesamtabwägung, ob das Verhalten der Klägerin einen wichtigen Grund zur Kündigung bildete, nicht außer Betracht bleiben kann.
IV. Da das Berufungsgericht mithin rechtsfehlerhaft nicht alle vom Beklagten angeführten Kündigungsgründe berücksichtigt hat, ist auch seine Gesamtwürdigung unvollständig und kann keinen Bestand haben. Da einerseits Feststellungen zu einem Teil der vorgetragenen Kündigungsgründe fehlen und andererseits auch die Gesamtwürdigung in erster Linie Aufgabe des Tatrichters ist, kam eine abschließende Entscheidung durch den Senat nicht in Betracht.
Melullis Keukenschrijver Mühlens
Meier-Beck Asendorf

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZR 275/02
vom
1. Juni 2005
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
ZPO §§ 286 E, 544 Abs. 7

a) Erweist sich die in einer Nichtzulassungsbeschwerde erhobene Rüge der
Verletzung des rechtlichen Gehörs als begründet, kann das Revisionsgericht
in dem der Nichtzulassungsbeschwerde stattgebenden Beschluß, mit dem
die Revision zugelassen wird, das Berufungsurteil aufheben und den
Rechtsstreit an das Berufungsgericht zurückverweisen.

b) Zu den Anforderungen an die Pflicht zur Substantiierung des unter Beweis
gestellten Parteivorbringens.

c) Zur Verletzung von Verfahrensgrundrechten durch ein Übergehen von substantiiertem
Sachvortrag mit Beweisangebot.
BGH, Beschluß vom 1. Juni 2005 - XII ZR 275/02 - OLG Schleswig
LG Lübeck
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 1. Juni 2005 durch die Vorsitzende
Richterin Dr. Hahne, die Richter Fuchs und Dr. Ahlt, die Richterin
Dr. Vézina und den Richter Dose

beschlossen:
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten wird die Revision gegen das Urteil des 4. Zivilsenats des SchleswigHolsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig vom 23. September 2002 zugelassen. Auf die Revision der Beklagten wird das vorgenannte Urteil aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen. Streitwert: 40.611 €.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt Herausgabe und Schadensersatz wegen unterschlagenen Wohnmobiliars. Mit Vertrag vom 14. April 1993 vermietete der Kläger sein zuvor selbst bewohntes Einfamilienhaus an die Beklagten. Bei seinem Auszug ließ er Teile seines eigenen Hausrats zurück, die sodann von den Beklagten genutzt wur-
den. Nachdem die Beklagten die Mietzinszahlungen ab April 1994 eingestellt hatten, kündigte der Kläger das Mietverhältnis fristlos und erstritt ein Versäumnisurteil auf Räumung und Mietzinszahlung. Im Rahmen der Zwangsvollstrekkung wurde am 27. März 1995 festgestellt, daß die Beklagten bereits ausgezogen waren und keinerlei Hausrat zurückgelassen hatten. Die Beklagten haben zunächst bestritten, alle vom Kläger behaupteten Hausratsgegenstände in Besitz genommen zu haben. Die übernommenen Gegenstände seien teilweise defekt gewesen und deswegen auf Veranlassung des Klägers entsorgt worden, teilweise seien sie von ihm nach D. geholt, teilweise Dritten überlassen und von diesen abgeholt sowie teilweise den Beklagten zum Ausgleich einer Darlehensschuld übereignet worden. Dabei handle es sich um zehn noch vorhandene Hausratsgegenstände, deren vom Kläger angegebener Wert von den Beklagten zugleich bestritten wird. Das Landgericht hatte die Beklagten zunächst verurteilt, an den Kläger 86.090 DM nebst Zinsen zu zahlen. Auf die Berufung der Beklagten hatte das Oberlandesgericht dieses Urteil aufgehoben und den Rechtsstreit an das Landgericht zurückverwiesen, weil die Schadenshöhe ohne hinreichend greifbare Anhaltspunkte ermittelt worden sei. Daraufhin hat das Landgericht den Parteien aufgegeben, ergänzend zum Zeitwert der betreffenden Gegenstände Stellung zu nehmen. Auf der Grundlage des weiteren klägerischen Vortrags hat es die Beklagten erneut verurteilt, an den Kläger 86.090 DM nebst Zinsen zu zahlen. Die erneute Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht im wesentlichen zurückgewiesen; es hat lediglich den Urteilstenor dahingehend umgestellt, daß die Beklagten verurteilt werden, an den Kläger die zehn noch vorhandenen Hausratsgegenstände herauszugeben, ersatzweise an ihn 15.000 € nebst Zinsen zu zahlen sowie an den Kläger weitere 26.610,61 € nebst Zinsen zu zahlen. Die Revision hat das Berufungsgericht nicht zugelassen. Dagegen richtet sich
die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten, mit der sie die Zulassung der Revision und im Ergebnis weiterhin Klagabweisung begehren.

II.

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist zulässig und begründet. 1. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist statthaft und auch im übrigen zulässig (§§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, 544 ZPO; § 26 Nr. 8 EGZPO). Sie ist auch begründet, weil das Berufungsgericht bei seiner Entscheidung Teile des unter Beweis gestellten Sachvortrags der Beklagten übergangen und damit deren rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt hat. Zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist deswegen eine Entscheidung des Revisionsgerichts erforderlich (zur Zulassung der Revision vgl. BGH Beschlüsse vom 18. Januar 2005 - XI ZR 340/03 - unveröffentlicht, vom 15. Februar 2005 - XI ZR 21/04 - unveröffentlicht, vom 15. Februar 2005 - XI ZR 144/03 - insoweit in FamRZ 2005, 700 nicht abgedruckt, vom 24. Februar 2005 - VII ZR 340/03 - BauR 2005, 908, vom 21. April 2005 - I ZR 88/04 - unveröffentlicht und vom 25. Mai 2005 - III ZR 380/04 - unveröffentlicht; Zöller/Gummer ZPO 25. Aufl. § 544 Rdn. 19; vgl. auch die Gesetzesbegründung BT-Drucksache 15/3706 S. 17, wonach der Bundesgerichtshof in den Fällen entscheidungserheblicher Verletzung des rechtlichen Gehörs in der Berufungsinstanz einer hierauf gestützten Nichtzulassungsbeschwerde stattzugeben hat und § 544 Abs. 7 ZPO ihm zur Beschleunigung des Verfahrens und zur Entlastung die Möglichkeit einräumen soll, "in dem der (Nichtzulassungs-) Beschwerde stattgebenden Beschluß" das angefochtene Urteil aufzuheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen). Wegen des Verstoßes gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör kann das Revisionsge-
richt nach der am 1. Januar 2005 in Kraft getretenen Vorschrift des § 544 Abs. 7 ZPO - eingeführt durch Art. 1 des Gesetzes über die Rechtsbehelfe bei Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Anhörungsrügengesetz) vom 9. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3220) - das angefochtene Urteil zugleich aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen (so im Ergebnis auch in den die Zurückverweisung tragenden Gründen BGH Beschlüsse vom 5. April 2005 - VIII ZR 160/04 - BB 2005, 1248, vom 14. April 2005 - V ZR 152/04 - unveröffentlicht, vom 3. Mai 2005 - VI ZR 206/04 - unveröffentlicht und vom 31. Mai 2005 - XI ZR 90/04 - unveröffentlicht). 2. Die Beklagten rügen zu Recht eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör durch das Verfahren des Berufungsgerichts. Das Berufungsgericht hat es bewußt abgelehnt, zu mehreren Behauptungen der Beklagten den dafür angebotenen Beweis zu erheben, weil der Sachvortrag nicht hinreichend schlüssig sei. Das verletzt die Verfahrensgrundrechte der Beklagten, weil ihr Beweisvortrag erheblich und hinreichend substantiiert ist.
a) Ein Sachvortrag zur Begründung eines Klaganspruchs ist dann schlüssig und erheblich, wenn der Kläger Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet und erforderlich sind, das geltend gemachte Recht als in der Person des Klägers entstanden erscheinen zu lassen. Die Angabe näherer Einzelheiten, die den Zeitpunkt und den Vorgang bestimmter Ereignisse betreffen, ist nicht erforderlich, soweit diese Einzelheiten für die Rechtsfolgen nicht von Bedeutung sind. Solches kann allenfalls dann bedeutsam werden , wenn der Gegenvortrag dazu Anlaß bietet. Das bedeutet aber entgegen der Annahme des Berufungsgerichts nicht, daß derjenige, der ein Recht beansprucht , schon deshalb, weil der Gegner bestreitet, gezwungen ist, den behaupteten Sachverhalt in allen Einzelheiten wiederzugeben. Dem Grundsatz, daß
der Umfang der Darlegungslast sich nach der Einlassung des Gegners richtet, liegt nicht etwa der Gedanke zugrunde, ein Kläger sei zur Förderung der Wahrheitsermittlung und zur Prozeßbeschleunigung verpflichtet, den Gegner in die Lage zu versetzen, sich möglichst eingehend auf die Klagebehauptungen einzulassen. Der Grundsatz besagt vielmehr nur, daß dann, wenn infolge der Einlassung des Gegners der Tatsachenvortrag unklar wird und nicht mehr den Schluß auf die Entstehung des geltend gemachten Rechts zuläßt, er der Ergänzung bedarf (BGH Urteil vom 12. Juli 1984 - VII ZR 123/83 - NJW 1984, 2888). Die Ablehnung eines für eine beweiserhebliche Tatsache angetretenen Zeugenbeweises ist darüber hinaus nur dann zulässig, wenn die unter Beweis gestellten Tatsachen so ungenau bezeichnet sind, daß ihre Erheblichkeit nicht beurteilt werden kann, oder wenn sie zwar in das Gewand einer bestimmt aufgestellten Behauptung gekleidet, aber aufs Geratewohl gemacht, gleichsam "ins Blaue hinein" aufgestellt, mit anderen Worten, aus der Luft gegriffen sind und sich deshalb als Rechtsmißbrauch darstellen. Zu einer näheren Darstellung kann eine Partei allerdings dann gezwungen sein, wenn die Gegenpartei ihre Darstellung substantiiert angreift. Denn der Umfang der jeweils erforderlichen Substantiierung des Sachvortrags bestimmt sich aus dem Wechselspiel von Vortrag und Gegenvortrag, wobei die Ergänzung und Aufgliederung des Sachvortrags bei hinreichendem Gegenvortrag immer zunächst Sache der darlegungs- und beweispflichtigen Partei ist (BGH Urteil vom 21. Januar 1999 - VII ZR 398/97 - NJW 1999, 1859).
b) Gegen diese Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat das Berufungsgericht in mehreren Punkten verstoßen. Das gilt insbesondere für den folgenden Vortrag:
aa) Die Beklagten haben vorgetragen, der Kläger habe ihnen die im Haus zurückgelassenen Gegenstände "zur Schuldentilgung" überlassen, also wohl übereignet. Dazu haben die Beklagten im einzelnen unter Beweisantritt Zahlungen für den Kläger vorgetragen und zwar an dessen namentlich benannten Steuerberater, an die Gemeindewerke H., an die Vollstreckungsstelle des Finanzamts H. und an das Finanzamt E. Während sich der Vortrag der Beklagten hinsichtlich der Zahlungen an die Landesbezirkskasse I. durch dessen Auskunft vom 29. Juli 1998 als unzutreffend herausgestellt hat, ist das Berufungsgericht den weiteren Beweisangeboten nicht nachgegangen. Indem es dieses Vorgehen damit begründet, es fehle den angeblichen Zahlungen jegliche Konkretisierung , hat es den Vortrag der Beklagten nicht hinreichend ausgeschöpft. Die weitere Begründung, der Vortrag lasse "insbesondere einschlägige Belege vermissen", kann das Absehen von der Beweisaufnahme schon deswegen nicht begründen, weil es sich dabei nicht um die Schlüssigkeit des Vortrags, sondern um zusätzliche Beweisanzeichen handelt. Die von den Beklagten behaupteten Zahlungen auf Verbindlichkeiten des Klägers sind wiederum nicht unerhebliche Indizien für die behauptete Eigentumsübertragung. bb) Hinsichtlich der nach ihrem Vortrag nicht mehr vorhandenen Gegenstände haben die Beklagten unter Beweisantritt behauptet, der Kläger habe die - jeweils konkret benannten - Gegenstände selbst abgeholt bzw. entsorgt, an Dritte übereignet, die diese dann abgeholt hätten, und die Beklagten angewiesen , beschädigte und unbrauchbare Gegenstände zu entsorgen. Weitere konkret benannte Gegenstände seien im Haus zurückgeblieben bzw. stünden ohnehin nicht im Eigentum des Klägers, sondern der P. Beteiligungs- und Vermögensverwaltungs GmbH (Schriftsatz vom 8. Oktober 2001 S. 5 ff.). Dieser Vortrag ist entgegen den Ausführungen des Berufungsgerichts hinreichend individualisiert. Daß dieser neue Vortrag der Beklagten teilweise ihrem früheren Vortrag widerspricht, kann zwar einen nicht unwesentlichen Gesichtspunkt im Rah-
men der Beweiswürdigung bilden. Es käme aber einer vorweggenommenen Beweiswürdigung gleich, die von den Beklagten angebotenen Beweise im Hinblick darauf nicht zu erheben. Die Beklagten hatten nämlich schon im dem Schriftsatz vom 8. Juni 2000 behauptet, die von ihnen benannten Zeugen seien bei den "Abholaktionen" zugegen gewesen und hätten "jeweils mit angepackt". Soweit das Berufungsgericht gleichwohl "jeglichen Aufschluß" dazu vermißt, inwieweit die vier benannten Zeugen zu den behaupteten diversen Vorgängen etwas bekunden können, hat es diesen Vortrag offensichtlich übergangen. cc) Letztlich hat das Berufungsgericht auch die Höhe des zugesprochenen Schadensersatzes nicht ohne Rechtsverstoß ermittelt. Bei der Wertermittlung hat es sich im wesentlichen auf die vom Kläger gefertigte Aufstellung der entwendeten Gegenstände gestützt, die mit einem Gesamtwert von 86.590 DM abschließt, weil diese "erheblich realistischer" sei, als die später erteilte Inventarliste mit einem Zeitwert von insgesamt 135.280 DM. Schon die bloße Anknüpfung an den bestrittenen Vortrag des Klägers bildet trotz der Beweiserleichterung nach § 287 ZPO keine hinreichende Grundlage für die Wertermittlung durch das Berufungsgericht. Im übrigen hat das Berufungsgericht auch insoweit den unter Sachverständigenbeweis gestellten Vortrag der Beklagten übergangen, die Wertansätze des Klägers seien durchgehend weit übersetzt und mit weit weniger als der Hälfte der angesetzten Beträge zu bemessen. Jedenfalls die noch vorhandenen Gegenstände könnten durch einen Sachverständigen begutachtet werden.
3. Der Senat kann den Rechtsstreit nicht abschließend entscheiden, weil das Berufungsgericht entscheidungserheblichen Vortrag der Beklagten übergangen hat und es deswegen weiterer tatsächlicher Feststellungen bedarf. Das Berufungsgericht wird deswegen den unter Beweis gestellten Behauptungen der Beklagten weiter nachgehen müssen.
Hahne Fuchs Ahlt Vézina Dose

(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).

(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder
2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.

(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.

(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.

(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.

(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.

(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.

(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
KZR 45/05
vom
11. Oktober 2006
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
ZPO §§ 263, 264 Nr. 1 Lesezirkel II
Eine Klageänderung durch Einführung eines neuen Klagegrundes liegt erst
dann vor, wenn durch den Vortrag neuer Tatsachen der Kern des in der Klage
angeführten Lebenssachverhalts verändert wird (Bestätigung von BGHZ 154,
342 – Reinigungsarbeiten; BGH, Urt. v. 19.9.1996 – I ZR 76/95, GRUR 1997,
141 – Kompetenter Fachhändler).
BGH, Beschluss vom 11. Oktober 2006 – KZR 45/05 – OLG Hamburg
LG Hamburg
Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. Oktober 2006 durch
den Präsidenten des Bundesgerichtshofs Prof. Dr. Hirsch, den Vorsitzenden
Richter Ball und die Richter Prof. Dr. Bornkamm, Dr. Raum und Prof. Dr. MeierBeck

beschlossen:
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 17. November 2005 aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Gründe:


1
I. Die Klägerin nimmt den beklagten Verlag Gruner + Jahr auf Belieferung mit den Zeitschriften STERN, GALA und BRIGITTE zu den Lieferungsund Zahlungsbedingungen der Beklagten für Lesezirkel (Anlage JS 6) in Anspruch. Sie beabsichtigt den Betrieb eines oder mehrerer Lesezirkel und ist der Auffassung, die Beklagte dürfe als marktbeherrschendes oder jedenfalls marktstarkes Unternehmen ihre – der Klägerin – Belieferung nicht verweigern.
2
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben. Das Berufungsgericht hat die Revision nicht zugelassen; hiergegen richtet sich die Beschwerde der Klägerin.
3
II. Die zulässige Beschwerde hat Erfolg und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht , da dieses den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat (§ 544 Abs. 7 ZPO).
4
1. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:
5
Trotz gleich gebliebenem Klageantrag habe sich der Streitgegenstand in der Berufungsinstanz erweitert. In erster Instanz habe die Klägerin einen Belieferungsanspruch nach Maßgabe ihres Projekts "A. -Lesezirkel" geltend gemacht, in dessen Rahmen an die A. AG gebundenen Friseuren Zeitschriften in mit A. -Werbung versehenen Mappen geliefert werden sollten, und gemeint, die Unterschiede zu herkömmlichen Lesezirkelunternehmen fielen nicht ins Gewicht. Nunmehr beanspruche die Klägerin, als "normales Lesezirkelunternehmen" beliefert zu werden, wobei sie ihr neues Projekt "B.Lesezirkel" – eine Kooperation mit einem Verband von Zahntechniklaboren (B. ), der die Zeitschriftenabonnements als Instrument der Kundenbindung gegenüber Zahnärzten einsetzen will – als darunter fallend ansehen wolle, "letztlich nicht anders als im Falle des A. -Lesezirkel".
6
Ein Belieferungsanspruch nach Maßgabe des Projekts "A. - Lesezirkel" bestehe nicht. Ob die Beklagte Normadressatin des Diskriminierungs - und Behinderungsverbots sei, könne dahinstehen. Die Klägerin werde nicht diskriminiert, weil sich der "A. -Lesezirkel" schon durch die das Charakteristische des Projekts durchaus treffende Namensgebung von dem üblichen Lesezirkelvertrieb unterscheide. Hierdurch werde nämlich zum Ausdruck gebracht, dass "eigentlicher Sponsor" des Lesezirkels ein Markenartikelhersteller sei und nach außen als dessen Träger bzw. Betreiber auftrete. Auch verfüge die Klägerin nicht über eine eigene Lesezirkelvertriebsorganisation, sondern die Abonnentenwerbung erfolge durch die Außendienstmitarbeiter von A. , die auch die Auslieferung übernähmen, was einer prinzipiell flächendeckenden und gleichmäßig verteilten Abonnentenakquisition mit einer entsprechenden Leserstreuung schon nach der Lebenserfahrung entgegenstehen müsse. Daher fehle es auch an einer unbilligen Behinderung. Es liege auf der Hand, dass die Beklagte ein schützenswertes Interesse daran habe, nur an solche Lesezirkelunternehmen zu liefern, die das eigene Anzeigengeschäft, aber auch die Preisstellung ihrer Zeitschriften im normalen Abverkauf nicht nachteilig beeinflussten. Weitere Gesichtspunkte ließen den ohnehin nicht bestehenden Belieferungsanspruch der Klägerin zusätzlich unbegründet erscheinen. Dazu gehörten das kleine Titelsortiment, das die Klägerin anbieten wolle, das Fehlen von Wahlmöglichkeiten bei der Titelauswahl und die Zweifel daran, dass die Klägerin mit den A. -Mitarbeitern die Abholung der Mappen und die bei Lesezirkeln übliche Folgevermietung gewährleisten könne.
7
Soweit die Klageanträge auf das weitere Lesezirkelprojekt "B. - Lesezirkel" bezogen seien, sei die Zulassung der Klageerweiterung nicht sachdienlich. Es werde, auch wenn er gewisse Parallelen zum Projekt "A. - Lesezirkel" aufweisen möge, ein "ganz neuer Sachverhalt" zum Streitgegenstand gemacht; die Kriterien, nach denen die Klägerin diesen neuen Lesezirkel durchführen wolle, seien nicht abgeklärt und in vielen Einzelheiten streitig.
8
2. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht hat den von der Klägerin verfolgten Belieferungsanspruch zu Unrecht in zwei Streitgegenstände aufgegliedert, infolgedessen den geltend gemachten Anspruch nicht für denjenigen Sachverhalt geprüft, für den ihn die Klägerin geltend gemacht hat, und damit den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör verletzt.
9
a) Wie die Beschwerde zu Recht rügt, hat die Klägerin bereits in erster Instanz keine Belieferung für einen "A. -Lesezirkel" beansprucht. Die Bezeichnung ist zwar vorprozessual in Werbeunterlagen verwendet worden, wird im Klagevorbringen selbst jedoch nicht erwähnt. Die Klägerin hat auch in erster Instanz nicht vorgetragen, die Auslieferung der Lesemappen solle durch den A. -Außendienst erfolgen, sondern hat bereits in ihrem – mit der Klageschrift überreichten – Schreiben vom 18. Mai 2004 an die Beklagte (Anlage JS 4) die beabsichtigte Zusammenarbeit mit dem Logistikunternehmen t. GmbH, die das Berufungsgericht als Charakteristikum des erweiterten zweitinstanzlichen Klagebegehrens erwähnt, bei der Auslieferung der Lesemappen dargestellt.
10
Umgekehrt hat die Klägerin in zweiter Instanz nicht erklärt, nunmehr (auch) ein Projekt "B. -Lesezirkel" verfolgen zu wollen. Sie hat lediglich das von ihr verfolgte Projekt, und die Art und Weise, wie sie dessen Konformität mit den Lieferungs- und Zahlungsbedingungen der Beklagten für den Lesezirkel gewährleisten will, näher erläutert und ist dabei von dem Begriff "A. - Lesezirkel" ausdrücklich abgerückt. Darin lag nur eine weitere Erläuterung und gegebenenfalls teilweise Berichtigung eines im Kern gleich gebliebenen Sachverhalts , auf dessen Grundlage die Klägerin einen Belieferungsanspruch gegen die Beklagte behauptet und der dadurch gekennzeichnet ist, dass die Klägerin Lesezirkel betreiben möchte, die von bestimmten Unternehmen wie A. oder B. als Werbemittel eingesetzt und dementsprechend insbesondere durch Teilnehmerakquisition aus deren Abnehmerkreis gefördert werden sollen. Von dieser Eigenart ihres Projekts hat die Klägerin in erster Instanz vertreten, sie stelle einen nicht ins Gewicht fallenden Unterschied zu herkömmlichen Lesezirkelunternehmen dar, während sie in zweiter Instanz gemeint hat, eine solche Bindung stehe mit der Tätigkeit eines "normalen Lesezirkelunternehmens" nicht in Widerspruch, weil die Vermarktung der Lesezirkelumschläge als Anzeigenflächen seit vielen Jahren üblich sei.
11
Mit einer Veränderung des Streitgegenstandes hat diese Akzentverschiebung bei der rechtlichen Bewertung nichts zu tun. Änderungen des Tatsachenvortrags im Detail, wie etwa ein Wechsel des Logistikunternehmens, sind gleichfalls unschädlich. Die Klägerin hat damit keinen neuen Klagegrund in das Verfahren eingeführt. Die Identität des Klagegrundes wird aufgehoben, wenn durch neue Tatsachen der Kern des in der Klage angeführten Lebenssachverhaltes verändert wird. Dabei muss es sich um wesentliche Abweichungen handeln ; die bloße Ergänzung oder Berichtigung der tatsächlichen Angaben fällt unter § 264 Nr. 1 ZPO und stellt daher keine Änderung des Klagegrundes dar (BGHZ 154, 342, 348 f. – Reinigungsarbeiten; BGH, Urt. v. 19.9.1996 – I ZR 76/95, GRUR 1997, 141 – Kompetenter Fachhändler).
12
b) Die Versagung des rechtlichen Gehörs ist auch entscheidungserheblich , da nach dem der rechtlichen Nachprüfung zugrunde zu legenden Sachverhalt ein Belieferungsanspruch der Klägerin nicht ausgeschlossen werden kann.
13
Da das Berufungsgericht hierzu keine Feststellungen getroffen hat, ist für das Beschwerdeverfahren davon auszugehen, dass die Beklagte als marktbeherrschendes oder jedenfalls marktstarkes Unternehmen Normadressat des Diskriminierungsverbots nach § 20 GWB ist und dass die Klägerin von ihr in einem Geschäftsverkehr, der gleichartigen Unternehmen üblicherweise zugänglich ist, unterschiedlich behandelt wird, indem ihr die Belieferung mit den begehrten Zeitschriften zu Lesezirkelbedingungen versagt wird.
14
Der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung ist kein sachlich gerechtfertigter Grund für die Ungleichbehandlung zu entnehmen.
15
Das Berufungsgericht stellt zum einen auf die Namensgebung ab. Die Klägerin hat jedoch in der Berufungsinstanz klargestellt, dass der Lesezirkel nicht als "A. -Lesezirkel" bezeichnet werden soll. Damit ist auch der An- nahme des Berufungsgerichts die Grundlage entzogen, A. erscheine damit als Träger oder Betreiber des Lesezirkels.
16
Zum anderen stellt das Berufungsgericht darauf ab, dass die Klägerin nicht über eine eigene Lesezirkel-Vertriebsorganisation verfüge, sondern die Abonnentenwerbung durch A. -Außendienstmitarbeiter erfolgen solle, die auch die Auslieferung übernähmen. Auch das entspricht hinsichtlich der Auslieferung der Zeitschriften nicht dem Sachvortrag der Klägerin. Hinsichtlich der Abonnentenwerbung fehlt es an Feststellungen des Berufungsgerichts dazu, ob die Beklagte bei den von ihr belieferten Lesezirkeln bestimmte Anforderungen an die Organisation und den Träger der Abonnentenwerbung stellt und welche Anforderungen dies gegebenenfalls sind. Die Erwägung des Berufungsgerichts, nach der Lebenserfahrung sei eine "flächendeckende und gleichmäßig verteilte" Akquisitionstätigkeit der Außendienstmitarbeiter eines Markenartikelherstellers wie A. nicht zu erwarten, ist zwar für sich genommen nicht zu beanstanden, trägt jedoch die Annahme einer sachlichen Rechtfertigung der Ungleichbehandlung nicht, solange die Anforderungen nicht feststehen, die die Beklagte insoweit an die Akquisitionstätigkeit eines Lesezirkelbetreibers stellt.
17
3. Das Berufungsurteil ist hiernach aufzuheben. Da die Aufhebung nach § 544 Abs. 7 ZPO erfolgt, wird das Beschwerdeverfahren, wie die Vorschrift ausdrücklich bestimmt, abweichend von § 544 Abs. 6 ZPO nicht als Revisionsverfahren fortgesetzt, so dass es der vorherigen Zulassung der Revision nicht bedarf (BGH, Beschl. v. 5.4.2005 – VIII ZR 160/04, NJW 2005, 1950). Der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision wird vielmehr im Falle des § 544 Abs. 7 ZPO in der Weise stattgegeben, dass der Bundesgerichtshof dem Beschwerdebegehren, die Nachprüfung des Berufungsurteils zu eröffnen, durch dessen unmittelbare Aufhebung entspricht.
18
4. Für die neue Verhandlung weist der Senat vorsorglich darauf hin, dass die Beklagte entgegen der Auffassung der Beschwerde nicht verpflichtet ist, die Klägerin bereits dann zu beliefern, wenn diese die Lieferungs- und Zahlungsbedingungen der Beklagten für den Lesezirkel akzeptiert und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sie diese Bedingungen bei Aufnahme der Belieferung nicht einhalten wird. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hindert das Diskriminierungsverbot den Normadressaten grundsätzlich nicht daran, seine geschäftliche Tätigkeit und sein Absatzsystem nach eigenem Ermessen so zu gestalten, wie er dies für wirtschaftlich sinnvoll und richtig erachtet (BGH, Urt. v. 13.7.2004 – KZR 17/03, WuW/E DE-R 1377, 1378 f. – Sparberaterin; Urt. v. 24.9.2002 – KZR 38/99, WuW/E DE-R 1051, 1053 – Vorleistungspflicht ; Urt. v. 17.3.1998 – KZR 30/96, WuW/E DE-R 134, 136 – Bahnhofsbuchhandel ; Beschl. v. 25.10.1988 – KVR 1/87, WuW/E 2535, 2539 f. – Lüsterbehangsteine). Die Belieferung von Lesezirkeln zu besonderen Konditionen ist ein Vertriebsinstrument der Verlage, mit dem diese vornehmlich die Reichweiten der von ihnen vertriebenen Zeitschriften erhöhen, möglicherweise diese aber auch qualitativ steuern wollen. Es steht den Verlagen daher grundsätzlich frei, sachliche Voraussetzungen für die Belieferung eines Lesezirkels aufzustellen.
19
Im Streitfall wird das Berufungsgericht insbesondere zu prüfen haben, ob die Lieferverweigerung deswegen sachlich gerechtfertigt ist, weil die Beklagte nur solche Lesezirkelbetreiber beliefert und beliefern will, die sich nicht an einen bestimmten Werbepartner binden, der die Lesemappen als Instrument der Kundenbindung einsetzen will und damit dauerhaft auch die werbliche Wirkung der in der Zeitschrift selbst publizierten Anzeigen beeinflussen kann.
Hirsch Ball Bornkamm
Raum Meier-Beck
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 04.11.2004 - 315 O 559/04 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 17.11.2005 - 1 Kart U 2/05 -