Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Okt. 2004 - X ZR 157/03

bei uns veröffentlicht am11.10.2004

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ZR 157/03
vom
11. Oktober 2004
in dem Rechtsstreit
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden
Richter Dr. Melullis und die Richter Prof. Dr. Jestaedt, Scharen, Keukenschrijver
und Asendorf
am 11. Oktober 2004

beschlossen:
Dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften werden zur Auslegung von Art. 5 Abs. 2, 4 und 5 der Verordnung (EG) Nr. 1768/95 der Kommission über die Ausnahmeregelung gemäß Art. 14 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 2100/94 des Rates über den gemeinschaftlichen Sortenschutz vom 24. Juli 1995 in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 2605/98 der Kommission vom 3. Dezember 1998 folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt: 1. Ist dem Erfordernis für die Bemessung einer Nachbauentschädigung im Sinne von Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1768/95, sie müsse "deutlich niedriger" als der Betrag sein, der im selben Gebiet für die Erzeugung von Vermehrungsmaterial derselben Sorte in Lizenz verlangt wird, auch dann genügt, wenn die Vergütung pauschal mit 80% dieses Betrages bemessen wird? 2. Enthält Art. 5 Abs. 4 und 5 der Verordnung (EG) Nr. 2605/98 eine wertmäßige Festlegung für die Höhe der Nachbauentschädigung bei gesetzlicher Veranlagung? Falls ja: Gilt diese Festlegung als Ausdruck eines allgeme inen Gedankens auch für Nachbauhandlungen, die vor Inkrafttreten der Verordnung (EG) Nr. 2605/98 erfolgten? 3. Schließt die Leitlinienfunktion einer Vereinbarung zwischen Vereinigungen von Sortenschutzinhabern und Landwirten im Sinne von Art. 5 Abs. 4 der Verordnung (EG) Nr. 2605/98 ein, daß diese bei gesetzlicher Veranlagung in ihren wesentlichen Kernelementen (Berechnungsparameter) auch dann übernommen wird, wenn dem Sortenschutzinhaber bei der Berechnung der gesetzlichen Vergütung nicht alle in der Sphäre des Nachbauers liegenden für die Berechnung auf Grundlage der Vereinbarung erforderlichen Parameter bekannt sind und ihm insoweit auch ein Anspruch auf Mitteilung der entsprechenden Tatsachen gegen den Landwirt nicht zusteht? Falls ja: Setzt eine solche Vereinbarung, soweit sie L eitlinienfunktion in diesem Sinne ausüben soll, für ihre Wirksamkeit die Einhaltung der in Art. 5 Abs. 4 der Verordnung (EG) Nr. 2605/98 bestimmten Anforderungen auch dann voraus, wenn sie vor Inkrafttreten dieser Verordnung geschlossen wurde ? 4. Setzt Art. 5 Abs. 5 der Verordnung (EG) Nr. 2605/98 eine obere Grenze der Entschädigung für vertragliche und/oder gesetzliche Entschädigungsregelungen? 5. Kann eine Vereinbarung zwischen berufsständischen Vereinigungen als Leitlinie im Sinne von Art. 5 Abs. 4 der Verordnung (EG) Nr. 2605/98 herangezogen werden, wenn sie den Entschädigungssatz von 50% des Betrages gemäß Art. 5 Abs. 5 der Verordnung (EG) Nr. 2605/98 überschreitet?

Gründe:


I. Beim Bundesgerichtshof sind vier Verfahren anhängig, bei denen es jeweils um die Angemessenheit der für den Nachbau sortenschutzrechtlich ge-
schützten Saatguts zu zahlenden Entschädigung geht. Im vorliegenden Rechtsstreit geht es um folgendes:
Die Klägerin ist eine in Form einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung organisierte Vereinigung von Sortenschutzberechtigten; sie ist von diesen mit der Wahrnehmung ihrer Schutzrechte, insbesondere mit der Geltendmachung von Auskunfts- und Zahlungsansprüchen in eigenem Namen, beauftragt worden.
Der Beklagte baute in seinem landwirtschaftlichen Betrieb im Wirtschaftsjahr 1999/2000 Kartoffeln der Sorte "Granola", "Secura", "Simone" und "Solara" nach. Die Kartoffelsorte "Solara" ist nach europäischem Recht, die übrigen Kartoffelsorten sind nach deutschem Recht geschützt.
Über diesen Nachbau erteilte der Beklagte der Klägerin Auskunft. Den Abschluß einer Nachbauvereinbarung gemäß dem am 3. Juni 1996 zwischen dem Deutschen Bauernverband e.V. und dem Bundesverband Deutscher Pflanzenzüchter e.V. geschlossenen und am 16. August 1999 im Amtsblatt des Gemeinschaftlichen Sortenamts veröffentlichten Kooperationsabkommen Landwirtschaft und Pflanzenzüchtung (im folgenden: Kooperationsabkommen 1996) lehnte der Beklagte ab. Im Jahr 2000 schlossen die Berufsverbände ein weiteres Abkommen, das für die Zeit ab dem Anbau für die Ernte 2001 gelten sollte und eine Vergütung bis zu einer Höhe von 60% der jeweils festgelegten Lizenzgebühr für zertifiziertes Saatgut (Z-Lizenzgebühr) vorsah.
Die jeweiligen Sortenschutzberechtigten haben die Klägerin zur Geltendmachung der Nachbauentschädigung ermächtigt. Die Klägerin bemißt diese für das Wirtschaftsjahr 1999/2000 bei Landwirten, die keine Nachbauverein-
barung geschlossen haben, auf 80% der Z-Lizenzgebühr. Auf der Grundlage der vom Beklagten erteilten Auskunft verlangte sie mit Rechnung vom 26. Januar 2001 von diesem eine Nachbaugebühr in Höhe von insgesamt 2.920,08 DM (= 1.493,01 EUR).
Das Landgericht hat den Beklagten unter Klageabweisung im übrigen zur Zahlung von 824,46 EUR nebst Zinsen verurteilt. Das Oberlandesgericht hat der Klägerin weitere 55,73 EUR nebst Zinsen zugesprochen und die Berufung der Klägerin im übrigen zurückgewiesen, weil es eine Entschädigung in Höhe von 80% der Z-Lizenzgebühr der nachgebauten Sorten für unangemessen hält.
Die Klägerin hält die Teilzurückweisung ihrer Berufung durch die Vorinstanz für rechtsfehlerhaft. Mit der zugelassenen Revision verfolgt sie ihren Zahlungsanspruch in Höhe von 612,82 EUR weiter.
II. Vor der Entscheidung über den Rechtsstreit ist gemäß Art. 234 Abs. 1 Buchst. a, Abs. 3 EGV eine Vorabentscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften zu den im Beschlußtenor gestellten Fragen einzuholen. Die Vorlage an den Gerichtshof ist geboten, weil es um die Auslegung von Gemeinschaftsrecht (Art. 5 Abs. 2, 4 und 5 der Verordnung (EG) Nr. 1768/95 der Kommission über die Ausnahmeregelung gemäß Art. 14 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 2100/94 des Rates über den gemeinschaftlichen Sortenschutz vom 24. Juli 1995 in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 2605/98 vom 3. Dezember 1998) geht und von ihr die Sachentscheidung im vorliegenden Rechtsstreit abhängt.
1. Die Klägerin verlangt mit ihrer Klage u.a. eine angemessene Entschädigung für die von dem Beklagten in dem Wirtschaftsjahr 1999/2000 nachgebaute Sorte "Solara", die nach europäischem Recht geschützt ist.
Der gemeinschaftliche Sortenschutz hat die Wirkung, daß allein der Rechtsinhaber befugt ist, Sortenbestandteile oder Erntegut der geschützten Sorte zu erzeugen, zu vermehren, zum Zweck der Vermehrung aufzubereiten, zum Verkauf anzubieten oder auf sonstige Weise in Verkehr zu bringen und zu diesen Zwecken aufzubewahren (Art. 13 Abs. 1 und 2 der Verordnung (EG) Nr. 2100/94 des Rates über den gemeinschaftlichen Sortenschutz vom 27. Juli 1994 - ABl. L 227 S. 1 - in der Fassung der VO vom 25. Oktober 1995 - ABl. L 258/3 - GSortVO). Hiervon macht Art. 14 Abs. 1 GSortVO für Landwirte insoweit eine Ausnahme, als sie befugt sind, im Feldanbau im eigenen Betrieb Erzeugnisse zu verwenden, die sie im eigenen Betrieb durch Anbau von Vermehrungsgut einer geschützten Sorte gewonnen haben. Zum Ausgleich der Nachbaubefugnis hat der nachbauende Landwirt dem Inhaber des Sortenschutzes eine angemessene Entschädigung zu zahlen (Art. 14 Abs. 3 vierter Spiegelstrich GSortVO). Die individuelle Zahlungspflicht des Landwirts entsteht im Zeitpunkt der tatsächlichen Nutzung des Ernteguts zu Vermehrungszwecken im Feldanbau. Der Sortenschutzinhaber kann Zeitpunkt und Art der Zahlung bestimmen, wobei er keinen Zahlungstermin bestimmen darf, der vor dem Entstehungszeitpunkt der Pflicht liegt (Art. 6 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1768/95 über die Ausnahmeregelung gemäß Art. 14 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 2100/94 des Rates über den gemeinschaftlichen Sortenschutz vom 24. Juli 1995 - ABl. L 173/14 - NachbauVO 1995).
Die Höhe der zu zahlenden angemessenen Entschädigung kann zwischen dem Sortenschutzinhaber und dem nachbauenden Landwirt vertraglich
vereinbart werden (Art. 5 Abs. 1 NachbauVO 1995). Eine solche Individualvereinbarung hat der Beklagte unstreitig nicht geschlossen. Wird ein solcher Vertrag nicht geschlossen, so ist der Landwirt auf "gesetzlicher" Grundlage zu veranlagen , wovon die Parteien im Streitfall ausgehen.
2. Grundlage für die Bemessung der geschuldeten angemessenen Entschädigung im gesetzlichen Veranlagungsverfahren ist Art. 5 Abs. 2 Satz 1 NachbauVO 1995. Danach muß der Entschädigungsbetrag deutlich niedriger sein als der Betrag, der im selben Gebiet für die Erzeugung von Vermehrungsmaterial in Lizenz derselben Sorte der untersten zur amtlichen Zertifizierung zugelassenen Kategorie verlangt wird.
In den folgenden Absätzen der Vorschrift werden Maßstäbe für die Bemessung der Entschädigungshöhe genannt. Nach Abs. 3 gilt die Höhe der Entschädigung als deutlich niedriger im Sinne des Art. 14 Abs. 3 vierter Spiegelstrich GSortVO,
"wenn sie nicht den Betrag übersteigt, der erforderlich ist, um als ein das Ausmaß der Inanspruchnahme der Ausnahmeregelung bestimmender Wirtschaftsfaktor ein vernünftiges Verhältnis zwischen der Lizenznutzung von Vermehrungsmaterial und dem Nachbau des Ernteguts der betreffenden, dem gemeinschaftlichen Sortenschutz unterliegenden Sorte herbeizuführen oder zu stabilisieren. Dieses Verhältnis ist als vernünftig anzusehen, wenn es sicherstellt, daß der Sortenschutzinhaber insgesamt einen angemessenen Ausgleich für die gesamte Nutzung seiner Sorte erhält". In den Erwägungsgründen zur NachbauVO 1995 heißt es, die Kommission sehe sich gegenwärtig außerstande, die Höhe der angemessenen Entschädigung festzusetzen. Jedoch sollten die Anfangshöhe sowie die Regelung
für spätere Anpassungen so bald wie möglich und spätestens bis zum 1. Juli 1997 festgelegt werden.
Die durch Verordnung (EG) Nr. 2605/98 vom 3. Dezember 1998 (NachbauVO 1998) in Art. 5 eingefügten Abs. 4 und 5 bestimmen:
"(4) Ist im Falle von Abs. 2 die Höhe der Entschädigung durch Vereinbarungen zwischen Vereinigungen von Sortenschutzinhabern und von Landwirten - mit oder ohne Beteiligung von Aufbereitervereinigungen - festgesetzt, die in die Gemeinschaft auf gemeinschaftlicher, nationaler oder regionaler Ebene niedergelassen sind, so werden die vereinbarten Beträge in den betreffenden Gebieten und für die betreffenden Arten als Leitlinien für die Festsetzung der Entschädigung verwendet, wenn diese der Kommission zusammen mit den einschlägigen Bedingungen schriftlich von bevollmächtigten Vertreten der entsprechenden Vereinigungen mitgeteilt und daraufhin im 'Amtsblatt' des Gemeinschaftlichen Sortenamts veröffentlicht wurden. (5) Liegt im Falle von Abs. 2 keine Vereinbarung im Sinne von Abs. 4 vor, so beläuft sich die Entschädigung auf 50% des Betrags , der für die Erzeugung des Vermehrungsmaterials in Lizenz gemäß Abs. 2 verlangt wird. ..." In den Erwägungsgründen wird darauf hingewiesen, daß inzwischen in mehreren Mitgliedstaaten Vereinbarungen zwischen Vereinigungen von Züchtern und von Landwirten geschlossen worden seien, die unter anderem die Höhe der Entschädigung beträfen. Es sei zu gewährleisten, daß die Vereinbarungen in den betreffenden Gebieten und für die betreffenden Arten als Gemeinschaftsleitlinien für die Höhe der Entschädigung gälten. In Gebieten oder für Arten, die keiner solchen Vereinbarung unterlägen, belaufe sich die Entschädigung im "Prinzip auf 50% der Beträge", die für die Erzeugung von Vermehrungsmaterial in Lizenz verlangt werde. Sie sei in geeigneter Weise zu staffeln,
sofern eine solche Staffelung hinsichtlich der jeweiligen einzelstaatlichen Sortenschutzrechte festgelegt werde.
3. Das Berufungsgericht ist der Auffassung, die Höhe der angemessenen Entschädigung habe sich am Markt zu orientieren. Der europäische Verordnungsgeber habe zwar in Art. 14 Abs. 3 GSortVO und Art. 5 der NachbauVO 1995 zunächst auf die Z-Lizenz abgestellt. Nachdem die Praxis aber gezeigt habe, daß sich taugliche Lizenzwerte durch Vereinbarungen herausgebildet hätten, knüpfe der europäische Verordnungsgeber in Art. 1 NachbauVO 1998 unmittelbar an diese Vereinbarungen an und gebe ihnen eine Leitfunktion.
Die Entschädigung für die von dem Beklagten im Wirtschaftsjahr 1999/2000 nachgebauten EG-Kartoffelsorte "Solara" sei gemäß Art. 5 Abs. 5 NachbauVO 1998 mit 50% der Z-Lizenzgebühr zu bemessen, weil zu diesem Zeitpunkt noch kein wirksames Abkommen vorgelegen habe. Hierfür komme es nicht nur auf das Bestehen des Abkommens an, sondern auf dessen Publikation im Amtsblatt des Gemeinschaftlichen Sortenamts. Nach dem Wortlaut des Art. 5 Abs. 4 NachbauVO 1998 sei die Leitlinienfunktion eindeutig nur für auf bestimmte Weise publizierte Abkommen festgelegt. Die Erwägungsgründe zur Verordnung sprächen dafür, daß Art. 5 Abs. 5 immer nur dann anzuwenden sei, wenn kein publiziertes Abkommen bestehe, weil sonst ein durch die genannten Vorschriften nicht geregelter Bereich bleibe.
4. Die Revision beanstandet diese Ausführungen als fehlerhaft. Sie meint, Landwirte, die sich nach dem Gesetz veranlagen ließen, schuldeten den Sortenschutzinhabern eine Nachbauentschädigung in Höhe von 80% der Z-Lizenzgebühr. Nach Art. 5 Abs. 2 NachbauVO 1995 sei die für den Nachbau zu zahlende Entschädigung ausdrücklich an den Betrag geknüpft, der in dem-
selben Gebiet für die Erzeugung von Vermehrungsmaterial in Lizenz verlangt bzw. vereinbart werde. Die von der Klägerin verlangten 80% der Z-Lizenzgebühr seien im Sinne von Art. 5 Abs. 2 NachbauVO 1995 "deutlich niedriger" als die übliche Lizenzgebühr.
Bei der Bemessung der Entschädigung für den Nachbau der nach der GSortVO geschützten Kartoffelsorte "Solara" komme Art. 5 Abs. 5 NachbauVO 1998 nicht zur Anwendung, weil zum maßgeblichen Zeitpunkt das Kooperationsabkommen vom 3. Juni 1996 bereits wirksam vorgelegen habe. Für Art. 5 Abs. 5 NachbauVO 1998 sei die Existenz, nicht aber die Publizierung des Abkommens entscheidend. Es könne nicht angenommen werden, daß die schon bei Inkrafttreten der NachbauVO 1998 (24. Dezember 1998) begründete Sperrwirkung der Nachvereinbarung durch die NachbauVO auch nur für eine Übergangszeit außer Kraft gesetzt werden sollte.
5. Von der Auslegung des Art. 5 Abs. 2, 4 und 5 NachbauVO 1995/1998 hängt es ab, wie im Streitfall über das Begehren der Klägerin zu entscheiden ist.

a) In der Rechtsprechung der Instanzgerichte und in der Literatur hat sich zu der Frage, was unter einem "deutlich niedrigeren" Entgelt im Sinne von Art. 5 Abs. 2 NachbauVO 1995 zu verstehen und nach welchen Maßstäben die Entschädigung zu bemessen ist, bislang keine einheitliche Linie entwickelt. Neben dem Berufungsgericht in den angefochtenen Entscheidungen, die Gegenstand der Vorlagen sind, ist auch das LG Frankfurt am Main (Urt. v. 19. Juni 2002 - 2/6 O 17/02) zu dem Ergebnis gelangt, die 50%-Regelung des Art. 5 Abs. 5 NachbauVO 1998 sei zur Ausfüllung des unbestimmten Rechtsbegriffs "deutlich niedriger" heranzuziehen. Daß diese Bestimmung zum maßgeblichen Zeitpunkt
noch nicht in Kraft getreten gewesen sei, stehe ihrer Anwendung nicht entgegen (Umdruck S. 7; im Ergebnis ebenso Schulte, Patentgesetz, 6. Aufl. Anhang 7, Rdn. 19; Wuesthoff/Leßmann/Würtenberger, Handbuch zum deutschen und europäischen Sortenschutz, Bd. 1 Rdn. 364 und wohl auch Keukenschrijver, Sortenschutzgesetz, § 10 a Rdn. 27 Fn. 42). Demgegenüber haben das LG Düsseldorf (Urt. v. 5. April 2001 - 4 O 267/00, InstGE 1, 61 und Urt. v. 23. August 2001 - 4a O 131/01 unveröff.), das LG Bad Kreuznach (Urt. v. 14. November 2001 - 3 O 337/00) und das LG München I (Urt. v. 16. Januar 2003 - 7 O 1027/02) die Auffassung vertreten, ein Entgelt in Höhe von 80% der Z-Lizenzgebühr sei "deutlich niedriger" im Sinne der gesetzlichen Vorschriften. Anhaltspunkte für die Höhe der Nachbauvergütung liefere die NachbauVO 1998, auch wenn sie nicht unmittelbar auf Nachbauhandlungen anzuwenden sei, die vor deren Inkrafttreten erfolgt seien. Da Art. 5 Abs. 4 NachbauVO 1998 auf das Kooperationsabkommen 1996 verweise, sei es unter dessen Heranziehung sachgerecht, bei der gesetzlichen Veranlagung einen Vergütungssatz in Höhe von 80% der Z-Lizenzgebühr zugrundezulegen. Dem stehe nicht entgegen , daß die Vereinigungen der Züchter und Landwirte im Januar 2000 ein neues Abkommen geschlossen hätten, da diesem ausdrücklich keine Rückwirkung zukomme. Zu demselben Ergebnis gelangen das LG München I (Urt. v. 3. September 2002 - 7 O 22433/01 unveröff.) und das OLG München (Urt. v. 22. Mai 2003 - 6 U 1574/03, OLG Report München 2003, 346) in einem Verfahren , das ebenfalls vor dem Senat anhängig (X ZR 85/03), aber nicht Gegenstand einer der Vorlagen des Senats zum Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften ist.

b) aa) Art. 5 NachbauVO regelt nicht, wem in dem Fall, daß ein Vertrag zwischen dem Sortenschutzberechtigten und dem nachbauenden Landwirt nicht zustande kommt, die Befugnis der Bestimmung der Entschädigung zuste-
hen soll. Da der Sortenschutzinhaber nach Art. 6 Abs. 1 Satz 2 NachbauVO 1995 den Zeitpunkt und die Art der Zahlung bestimmen kann, könnte anzunehmen sein, daß ihm auch die Befugnis obliegt, die Höhe der Entschädigung zu bestimmen. Dies würde bedeuten, daß dem Sortenschutzinhaber ein gewisser Spielraum zugestanden wird, innerhalb dessen er die Entschädigung festsetzen kann, und ferner, daß das Gericht die Angemessenheit der Entschädigung nur dahin überprüfen kann, ob bei der Bestimmung die Maßstäbe des Art. 5 NachbauVO 1998 sowie der Billigkeit eingehalten worden sind.
bb) Nach Art. 5 Abs. 1 NachbauVO 1995 schuldet der Beklagte für den Nachbau der Kartoffelsorte "Solara" im Wirtschaftsjahr 1999/2000 eine angemessene Entschädigung, die mangels einer Vereinbarung zwischen den Parteien nach Abs. 2 deutlich niedriger sein muß als der Betrag, der im selben Gebiet für die Erzeugung von Vermehrungsmaterial in Lizenz derselben Sorte der untersten zur amtlichen Zertifizierung zugelassenen Kategorie verlangt wird. Als "deutlich niedriger" gilt nach Abs. 3 der Bestimmung eine Entschädigung, wenn sie nicht den Betrag übersteigt, der erforderlich ist, um ein vernünftiges Verhältnis zwischen Lizenznutzung von Vermehrungsmaterial und Nachbau des Ernteguts herbeizuführen, und der sicherstellt, daß der Sortenschutzinhaber einen angemessenen Ausgleich für die gesamte Nutzung seiner Sorte erhält. "Deutlich niedriger" bedeutet stets einen fühlbaren Abschlag gegenüber den üblichen Lizenzsätzen. Es ist geltend gemacht, im Wirtschaftsleben werde die Herabsetzung eines Entgelts um 20% als erheblicher Nachlaß angesehen.
cc) Dies führt zu der Frage, nach welchen Maßstäben die Angemessenheit der Entschädigung bei gesetzlicher Veranlagung zu bemessen ist. In Betracht kann die Heranziehung der Regeln der Art. 5 Abs. 4 und 5 NachbauVO 1998 kommen. Diese könnten für den Streitfall wertmäßige Anhaltspunkte für
die Höhe der Nachbauentschädigung enthalten. Art. 5 Abs. 4 NachbauVO 1998 macht bei Fehlen einer vertraglichen Festlegung der Entschädigung durch die Parteien das Vorliegen einer Vereinbarung zwischen berufsständischen Vereinigungen zur Bestimmung der Entschädigung dienstbar, indem er dieser Vereinbarung eine Leitlinienfunktion zuerkennt. Dies könnte dahin aufgefaßt werden , daß der Verordnungsgeber die im gesetzlichen Veranlagungsverfahren zu bestimmende angemessene Entschädigung weitgehend an die vereinbarte Entschädigungsregelung angleichen will, zugleich aber eine unmittelbare Umsetzung der Regeln der Vereinbarung vermeiden möchte, weil die vereinbarte Berechnungsmethode von der gesetzlichen Bestimmung abweichen kann. Hätte der Verordnungsgeber eine unmittelbare Übernahme gewollt, wäre zu erwarten gewesen, daß er dies entsprechend zum Ausdruck bringt. Aus der Heranziehung der berufsständischen Vereinbarung als Leitlinie könnte demnach zu folgern sein, daß dem Sortenschutzinhaber bei der Bestimmung der Entschädigung ein gewisser Rahmen vorgegeben ist, innerhalb dessen sich die vom nicht gebundenen Landwirt zu entrichtende Entschädigung zu halten hat, ohne daß die einzelnen Bemessungsregeln übernommen werden müßten.
Daraus könnte im Streitfall folgen, daß auch bei Heranziehung des Kooperationsabkommens 1996, das für beide Parteien als Leitlinie maßgeblich sein könnte, der von der Klägerin als Vertreterin der Sortenschutzinhaber verlangte Satz von 80% der Z-Lizenz als angemessen angenommen werden könnte. Denn das Abkommen sieht vor, daß Landwirte, die bei dem Nachbau einen Saatgutwechsel von 0 - 20% vornehmen (das heißt bei der Aussaat 80 bis 100% Nachbaumaterial vermischt mit 0 - 20% neu erworbenen Z-LizenzSaatguts verwenden), eine vertragliche Nachbaugebühr in Höhe von 80% einer der in dem Abkommen festgelegten pauschalierten Lizenzsätze zu entrichten haben. Geht demnach das Kooperationsabkommen selbst von einem Höchst-
satz von 80% aus, könnte dieser zwischen den Vertretern der beteiligten Berufsgruppen einvernehmlich festgelegte Satz für den Nachbau noch im Rahmen des Bestimmungsermessens des Sortenschutzinhabers liegen und daher jedenfalls nicht unangemessen sein.
dd) Andererseits könnte aus der Leitlinienfunktion einer Vereinbarung zwischen berufsständischen Vereinigungen auch gefolgert werden, daß auch bei der gesetzlichen Veranlagung die wesentlichen Kernelemente (Berechnungsparameter ) übernommen werden sollen. Dies würde dazu führen, daß sich im Ergebnis zwischen der Berechnung auf der Grundlage der Vereinbarung und der Berechnung auf Grund des Gesetzes keine wesentlichen Unterschiede ergäben.
Gegen diese Auslegung könnte allerdings sprechen, daß der gesetzlichen Entschädigung und dem Kooperationsabkommen 1996 unterschiedliche Berechnungsmethoden zugrunde liegen.
(1) Die auf Grund des Gesetzes zu zahlende Entschädigung orientiert sich als Ausgleich für die dem Landwirt gewährte Befugnis zum Nachbau in erster Linie nach den im gesetzlichen Verfahren geschuldeten Auskünften. Nach Art. 8 Abs. 2 bis 6 NachbauVO 1995 hat der Landwirt, der sich mit dem Sortenschutzinhaber nicht gemäß Abs. 1 über den Inhalt seiner Auskunftspflicht vertraglich geeinigt hat, dem Sortenschutzinhaber Informationen zu geben. Vor allem hat er eine Aufstellung relevanter Informationen zu liefern, die nach Buchst. a) bis f) insbesondere Angaben über die Verwendung des Ernteerzeugnisses der geschützten Sorten auf einer oder mehreren Flächen seines Betriebes, sowie Angaben über die Menge des nachgebauten Saatguts und zu dem Saatgut selbst enthalten müssen. Die Angaben über die Nachbaumenge
pro geschützter Sorte in Gewicht reichen zwar aus, zusammen mit der Z-Lizenz den Entschädigungsbetrag auf der gesetzlichen Basis zu errechnen; sie genügen jedoch nicht, um nach der Berechnungsmethode des Kooperationsabkommens vorzugehen. Vielmehr wären weitere Angaben zu Anbauflächen und Saat-/Pflanzgutwechsel erforderlich, wollte man die in dem Kooperationsabkommen vereinbarte Veranlagung nach bestimmten Pauschalen pro bebautem Hektar durchführen. Daß die Instanzgerichte im Streitfall letztendlich in der Lage waren, die Entschädigung nach dem Höchstsatz des Kooperationsabkommens zu errechnen, beruht darauf, daß der Beklagte der Klägerin freiwillig Angaben über die Größen seiner Anbauflächen gemacht hat, zu denen er auf Grund des Gesetzes nicht verpflichtet war.
(2) Gleiches gilt für die in dem Kooperationsabkommen vereinbarte Abstufung nach Nachbauquoten und die Berechnung nach der pauschal bemessenen Z-Lizenz und pauschalen Aussaatstärken. Nach Art. 14 Abs. 3 vierter Spiegelstrich GSortVO in Verbindung mit Art. 5 Abs. 2 und 3 NachbauVO 1995 ist Grundlage für die Bemessung der Nachbaugebühr bei einer Veranlagung nach dem Gesetz allein diejenige Vergütung, die im selben Gebiet für die Erzeugung von Vermehrungsmaterial derselben Sorte in Lizenz verlangt wird. Demgegenüber steht die nach dem Kooperationsabkommen zu zahlende Nachbaugebühr, ausgehend von einem pauschalierten Lizenzsatz, in Abhängigkeit von einer in dem Abkommen pauschalierten Aussaatstärke und ist danach gestaffelt, in welchem Maße der nachbauende Landwirt dem Nachbau neu hinzuerworbenes Saatgut beimischt. Das Kooperationsabkommen 1996 gibt für die einzelnen Fruchtsorten pauschale Aussaatstärken pro Hektar an. Zur maßgeblichen Berechnungsgröße wird dadurch die Anbaufläche, auf der Nachbau betrieben wird. Auf den so ermittelten Betrag wird ein Rabatt von 20 - 100% gewährt, dessen Höhe im Einzelfall davon abhängt, in welchem Um-
fang (frisches) Z-Saatgut beigemischt wird. Um die Entschädigung nach diesem System berechnen zu können, verpflichtet sich der nachbauende Landwirt dazu , Angaben über die mit Nachbausaatgut bebauten Flächen und den Saatgutwechsel zu erteilen. Diese Berechnungsmethode läßt sich im gesetzlichen Veranlagungsverfahren nicht anwenden. Der Landwirt schuldet keine Angaben zu der Größe der bebauten Flächen und zu dem von ihm betriebenen Saat-/ Pflanzgutwechsel.
(3) Gegen die Übernahme der Berechnungsparameter des Kooperationsabkommens 1996 könnten weiter grundsätzliche Erwägungen ins Feld geführt werden: Es erscheint schwer vorstellbar, daß die Verordnung eine Veranlagung auf gesetzlicher Basis auf der Grundlage von Parametern vorgibt, auf deren Mitteilung der Sortenschutzinhaber keinen Anspruch hat. Ansonsten hinge die Höhe der nach dem Gesetz geschuldeten Nachbauentschädigung davon ab, insoweit ein Landwirt freiwillige Auskünfte erteilt. Dies widerspräche dem Wesen des Auskunftsanspruchs, der nach deutschem Rechtsverständnis regelmäßig als Hilfsanspruch der Vorbereitung des Hauptanspruchs dient und sich deshalb stets auf diejenigen Auskünfte erstreckt, die zur Berechnung des Hauptanspruchs erforderlich sind (Melullis, Handbuch des Wettbewerbsrechts, 3. Aufl., Rdn. 1101a; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, 8. Aufl., Kap. 38 Rdn. 5, 7, jeweils m.w.N.). Zudem handelt es sich bei den im Rahmen der Abrechnung auf der Grundlage der Vereinbarung zu berücksichtigenden Parametern vielfach um solche, die eine Ermäßigung der Vergütung zur Folge haben. Werden sie nicht mitgeteilt, könnte das dadurch aufgefangen werden, daß ihre Berücksichtigung zugunsten des Landwirts unterbleibt mit der Folge, daß eine höhere Vergütung zu leisten ist.
ee) Diese Überlegungen setzen allerdings voraus, daß das Kooperationsabkommen 1996 Leitlinie für die Festsetzung der Entschädigung ist. Dies könnte nur dann der Fall sein, wenn es sich bei diesem Vertragswerk um eine Vereinbarung im Sinne des Art. 5 Abs. 4 NachbauVO handelte. Danach kann eine Vereinbarung berufsständischer Vereinigungen nur dann für die Festsetzung der Entschädigung verwendet werden, wenn diese der Kommission zusammen mit den einschlägigen Bedingungen schriftlich von bevollmächtigten Vertretern der entsprechenden Vereinigung mitgeteilt und daraufhin im Amtsblatt des Gemeinschaftlichen Sortenamts veröffentlicht wurde. Das Kooperationsabkommen 1996 wurde unstreitig am 16. August 1999 im Amtsblatt und damit jedenfalls vor dem im vorliegenden Rechtsstreit maßgeblichen Wirtschaftsjahr 1999/2000 veröffentlicht, so daß die formalen Voraussetzungen vorliegen.
ff) Wäre davon auszugehen, daß eine Vereinbarung im Sinne des Art. 5 Abs. 4 NachbauVO 1998 nicht vorliegt, so würde sich die Entschädigung nach Abs. 5 seinem Wortlaut entsprechend auf 50% der Z-Lizenz belaufen. Dies würde bedeuten, daß der Beklagte lediglich diesen Betrag schuldete.
Art. 5 Abs. 5 NachbauVO 1998 läßt sowohl den Schluß zu, daß mit 50% ein Mindestbetrag gemeint ist, also auch umgekehrt, daß der Bemessungssatz die oberste Grenze einer angemessenen Entschädigung darstellt, und zwar unabhängig davon, ob die Entschädigung entsprechend Art. 5 Abs. 4 NachbauVO 1998 nach einem Kooperationsabkommen oder unmittelbar nach Abs. 5 zu berechnen ist. Diese letztere Deutung könnte zur Folge haben, daß Vereinbarungen , welche den Entschädigungssatz von 50% der Z-Lizenz unter- bzw. überschreiten, als Leitlinie im Sinne des Art. 5 Abs. 4 NachbauVO ausfallen. Dagegen könnte allerdings sprechen, daß, wie die Erwägungsgründe verdeutli-
chen, der Verordnungsgeber der Vereinbarung zwischen Vereinigungen der Züchter und Landwirte den Vorrang eingeräumt und nur bei Fehlen einer solchen Vereinbarung die Entschädigung in Gebieten oder für Arten "im Prinzip" auf 50% der Z-Lizenzgebühr festgelegt hat.

c) Auf das Fehlen einer sachlichen Rechtfertigung für die unterschiedliche Höhe der Entschädigung, die sich bei der einen Auslegung zwischen der Berechnung nach dem gesetzlichen und der nach dem vertraglichen Veranlagungsverfahren ergibt, läßt sich eine Entscheidung für eine der beiden Interpretationen nicht mit zwingendem Ergebnis stützen; insoweit sind sachliche Gründe für die unterschiedliche Behandlung denkbar.
aa) Eine Rechtfertigung könnte die Besserstellung der Landwirte, die dem Kooperationsabkommen 1996 beigetreten sind, gegenüber gesetzlich veranlagten Landwirten dadurch erfahren, daß sich diese weitergehenden Offenbarungs -, Nachweis- und Kontrollpflichten unterworfen haben. So verpflichtet sich der vertraglich gebundene Landwirt, neben den konkreten Sortenbezeichnungen und entsprechenden Sortenschlüsseln die mit zertifiziertem Saat- und Pflanzgut bestellte Anbaufläche in Hektar, die zertifizierte Saat- und Pflanzgutmenge pro Abrechnungseinheit (nebst Belegen), die mit Nachbausaat- und Pflanzgut bestellte Anbaufläche in Hektar, die Nachbausaat- und Pflanzgutmenge pro Abrechnungseinheit sowie Namen und Anschriften der Aufbereiter von Nachbausaatgut anzugeben. Weiterhin obliegt dem Landwirt die Pflicht, Stichprobenkontrollen zuzulassen und dabei geeignete Nachweise, wie zum Beispiel Rechnungen über Käufe von Z-Saatgut zu erbringen. Dementsprechend kann der Sortenschutzinhaber die dem Kooperationsabkommen beigetretenen Landwirte hinsichtlich des von ihnen betriebenen Nachbaus wesentlich einfacher und mit wesentlich weniger wirtschaftlichen Aufwendungen kontrollie-
ren als den Landwirt, der sich für das gesetzliche Veranlagungsverfahren entschieden hat. Dies läßt es im Gegenzug gerechtfertigt erscheinen, den vertraglich gebundenen Landwirt gegenüber dem nach Gesetz veranlagten Landwirt, der die Auskunftsleistungen nicht in entsprechendem Umfang erbringt, anders zu behandeln und ihm auf Grund seiner freiwilligen Mitwirkung Vergünstigungen in Form von Pauschalbeträgen sowie Nachlässen einzuräumen. Aus denselben Gründen ist es deshalb auch nicht ohne weiteres zu beanstanden, daß die nach dem gesetzlichen Veranlagungsverfahren zu zahlende Vergütung anhand der Z-Lizenz und nicht anhand der niedrigeren Pauschallizenz, die Grundlage der vertraglichen Abrechnung bilden, errechnet wird.
bb) Es könnte ferner von Bedeutung sein, daß das mit den Nachbauvorschriften erstrebte Ziel, die sich gegenüberstehenden Interessen der Sortenschutzinhaber einerseits und der Landwirte andererseits angemessen auszugleichen (vgl. Art. 2 NachbauVO 1995), nicht mehr erreicht werden könnte, wenn die im Kooperationsabkommen enthaltenen Vergütungsregelungen in gleicher Weise im gesetzlichen Veranlagungsverfahren angewendet würden. Der Gemeinschaftsgesetzgeber hat in der Einleitung der NachbauVO 1995 zum Ausdruck gebracht, daß er sich gegenwärtig außerstande sieht, im Rahmen des durch Art. 14 Abs. 3 GSortVO gewährten Ermessensspielraums die Höhe der angemessenen Entschädigung festzusetzen. Er hat sich deshalb in Art. 5 NachbauVO 1995 zu einem Entschädigungssystem entschlossen, das der vertraglichen Regelung (Art. 5 Abs. 1 NachbauVO 1995) gegenüber der gesetzlichen (Art. 5 Abs. 2 NachbauVO 1995) den Vorrang eingeräumt, zugleich sich aber veranlaßt gesehen, ausschließlich hinsichtlich der im gesetzlichen Veranlagungsverfahren festzusetzenden Entschädigung anzuordnen, daß diese deutlich niedriger sein müsse als die Z-Lizenz, die von den Vermehrern von Saatgut zu entrichten ist, die dieses nicht als Saatgut für den eigenen Betrieb, sondern
zum Zwecke der Veräußerung erzeugen. Daraus könnte zu folgern sein, der Gemeinschaftsgesetzgeber habe damit bewußt in Kauf genommen, daß die Höhe der Entschädigung und der Festsetzungsmodus je nach Art des Veranlagungsverfahrens differieren können.
cc) Unter diesem Gesichtspunkt könnte eine unterschiedliche Behandlung der Landwirte, die dem Kooperationsabkommen beigetreten sind, und denen , die das gesetzliche Veranlagungsverfahren gewählt haben, nicht zu beanstanden sein. Die gesetzlichen Bestimmungen wie auch das Kooperationsabkommen zielen im Interesse aller Beteiligten darauf ab, möglichst flächendekkend vertragliche Vereinbarungen zu schließen, um eine möglichst gleichmäßige Behandlung gleicher Fälle in den jeweiligen Gebieten zu erreichen. Dies wird dem Sortenschutzinhaber ohne einen umfassenden Auskunftsanspruch schwer fallen, weil er nicht in der Lage sein wird, seinen Anspruch auf Zahlung der Nachbauvergütung gemäß Art. 14 Abs. 3 vierter Spiegelstrich GSortVO wirksam durchzusetzen; denn eine Pflanze kann nicht daraufhin überprüft werden, ob sie im Wege des Nachbaus oder mit Hilfe erworbenen Saatguts erzeugt worden ist. Dem trägt das Kooperationsabkommen Rechnung, indem es über die Zielsetzung der gesetzlichen Bestimmungen des Art. 14 Abs. 3 vierter Spiegelstrich GSortVO in Verbindung mit Art. 5 Abs. 2 und 3 NachbauVO, durch die Verbesserung des Schutzes für Pflanzenzüchter einen Anreiz für die Züchtung und Entdeckung neuer Sorten zu schaffen (vgl. Erwägungsgründe zur GSortVO, vgl. auch Wuesthoff/Leßmann/Würtenberger, Handbuch zum deutschen und europäischen Sortenschutz, Bd. 1 Rdn. 364 ff.), hinausgehend einerseits der Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit von Z-Saat-/Pflanzgut (Kooperationsabkommen Teil A Ziffer 1 und Teil B Ziffer 1) und der Kontrollmöglichkeiten dient, andererseits aber die Interessen der Landwirte an niedrigen Kosten für das nachgebaute Vermehrungsmaterial durch pauschale Aus-
saatstärken sowie die Gewährung und Staffelung von Rabatten nach Saatgutwechsel je Fruchtart wahrt. Landwirten, die sich - gegebenenfalls aus guten Gründen - für eine Veranlagung nach den gesetzlichen Regeln entschieden haben, gleiche Tarife einzuräumen, ohne daß sie ihrerseits Auskünfte in vergleichbarem Umfang erbringen, erscheint nicht ohne weiteres geboten oder sachgerecht.
Melullis Jestaedt Scharen
Keukenschrijver Asendorf

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Okt. 2004 - X ZR 157/03

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Bundesgerichtshof Urteil, 27. Juni 2007 - X ZR 85/03

bei uns veröffentlicht am 27.06.2007

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 85/03 Verkündet am: 27. Juni 2007 Wermes Justizhauptsekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 85/03 Verkündet am:
27. Juni 2007
Wermes
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 27. Juni 2007 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis und die
Richter Scharen, Keukenschrijver, Asendorf und Gröning

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das am 22. Mai 2003 verkündete und durch Beschluss vom 23. Juni 2003 berichtigte Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München abgeändert: Die Berufung der Klägerin gegen das am 29. November 2002 verkündete Urteil des Einzelrichters der 21. Zivilkammer des Landgerichts München I wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt auch die weiteren Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
I. Die Klägerin ist eine in Form einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung organisierte Vereinigung von Sortenschutzberechtigten; sie ist von diesen mit der Wahrnehmung ihrer Schutzrechte, insbesondere mit der Geltendma- chung von Auskunfts- und Zahlungsansprüchen in eigenem Namen, beauftragt worden.
2
Der Beklagte baute in seinem landwirtschaftlichen Betrieb im Wirtschaftsjahr 1999/2000 Kartoffeln der nach Gemeinschaftsrecht geschützten Sorte "Tomba" und der nach nationalem Recht geschützten Sorten "Amigo", "Producent" sowie die geschützten Winterweizensorten "Contur" und "Toni" nach.
3
Eine Nachbauvereinbarung gemäß dem am 3. Juni 1996 zwischen dem Deutschen Bauernverband e.V. und dem Bundesverband Deutscher Pflanzenzüchter e.V. geschlossenen und am 16. August 1999 im Amtsblatt des Gemeinschaftlichen Sortenamts veröffentlichten Kooperationsabkommen Landwirtschaft und Pflanzenzüchtung (im Folgenden: Kooperationsabkommen 1996), das in der Folgezeit durch neue Abkommen mit abweichenden Vergütungssätzen abgelöst worden ist, hat der Beklagte nicht abgeschlossen.
4
Die Klägerin bemisst die Nachbauentschädigung für das Wirtschaftsjahr 1999/2000 bei Landwirten, die - wie der Beklagte - keine Nachbauvereinbarung geschlossen haben, auf 80 % der Z-Lizenzgebühr, d.h. des Lizenzsatzes, der im selben Gebiet für die Erzeugung von Vermehrungsmaterial derselben Sorte in Lizenz (Art. 14 Abs. 3 4. Gedankenstrich der Verordnung (EG) Nr. 2100/94 des Rates über den gemeinschaftlichen Sortenschutz vom 27.7.1994 - GemSortV) oder auf Grund eines Nutzungsrechts nach § 11 SortG verlangt wird (§ 10a Abs. 3 Satz 2 SortG). Sie verlangte mit Rechnung vom 28. Januar 2001 vom Beklagten eine Nachbaugebühr in Höhe von insgesamt 3.394,69 DM (gleich 1.735,68 EUR). Hierauf hat der Beklagte eine Zahlung von umgerechnet 1.084,81 EUR geleistet. Die Klägerin hat ihren behaupteten weiteren Anspruch in Höhe von 650,87 EUR nebst Zinsen gegen den Beklagten gerichtlich geltend gemacht.

5
Das Landgericht hat den Beklagten unter Abweisung der weitergehenden Klage zur Zahlung von 8,04 EUR nebst Zinsen verurteilt. Das Oberlandesgericht hat der Klägerin auf ihre Berufung die geltend gemachte Forderung auch insoweit zugesprochen, als diese (hinsichtlich der geschützten Kartoffelsorten) vor dem Landgericht unterlegen war. Das Berufungsurteil ist im Volltext in NJOZ 2003, 2449 sowie in juris und im Leitsatz in GRUR-RR 2003, 365 und in OLG-Report München 2003, 346 veröffentlicht. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Antrag auf Zurückweisung der Berufung weiter.
6
Der Senat hat in drei Revisionsverfahren, die Entscheidungen des Oberlandesgerichts Braunschweig betreffen, eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften gemäß Art. 234 Abs. 1 Buchst. a, Abs. 3 EGV zu folgenden Fragen eingeholt (Beschl. v. 11.10.2004 - X ZR 156/03, veröffentlicht in GRUR 2005, 240 - Nachbauentschädigung I sowie unveröffentlichte Beschlüsse X ZR 157/03 und X ZR 158/03): 1. Ist dem Erfordernis für die Bemessung einer Nachbauentschädigung im Sinne von Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1768/95, sie müsse "deutlich niedriger" als der Betrag sein, der im selben Gebiet für die Erzeugung von Vermehrungsmaterial derselben Sorte in Lizenz verlangt wird, auch dann genügt, wenn die Vergütung pauschal mit 80 % dieses Betrages bemessen wird? 2. Enthält Art. 5 Abs. 4 und 5 der Verordnung (EG) Nr. 2605/98 eine wertmäßige Festlegung für die Höhe der Nachbauentschädigung bei gesetzlicher Veranlagung? Falls ja: Gilt diese Festlegung als Ausdruck eines allgemeinen Gedankens auch für Nachbauhandlungen, die vor Inkrafttreten der Verordnung (EG) Nr. 2605/98 erfolgten? 3. Schließt die Leitlinienfunktion einer Vereinbarung zwischen Vereinigungen von Sortenschutzinhabern und Landwirten im Sinne von Art. 5 Abs. 4 der Verordnung (EG) Nr. 2605/98 ein, dass diese bei gesetzlicher Veranlagung in ihren wesentlichen Kernelementen (Berechnungsparameter) auch dann übernommen wird, wenn dem Sortenschutzinhaber bei der Berechnung der gesetzlichen Vergütung nicht alle in der Sphäre des Nachbauers liegenden für die Berechnung auf Grundlage der Vereinbarung erforderlichen Parameter bekannt sind und ihm insoweit auch ein Anspruch auf Mitteilung der entsprechenden Tatsachen gegen den Landwirt nicht zusteht? Falls ja: Setzt eine solche Vereinbarung, soweit sie Leitlinienfunktion in diesem Sinne ausüben soll, für ihre Wirksamkeit die Einhaltung der in Art. 5 Abs. 4 der Verordnung (EG) Nr. 2605/98 bestimmten Anforderungen auch dann voraus, wenn sie vor Inkrafttreten dieser Verordnung geschlossen wurde? 4. Setzt Art. 5 Abs. 5 der Verordnung (EG) Nr. 2605/98 eine obere Grenze der Entschädigung für vertragliche und/oder gesetzliche Entschädigungsregelungen? 5. Kann eine Vereinbarung zwischen berufsständischen Vereinigungen als Leitlinie im Sinne von Art. 5 Abs. 4 der Verordnung (EG) Nr. 2605/98 herangezogen werden, wenn sie den Entschädigungssatz von 50 % des Betrages gemäß Art. 5 Abs. 5 der Verordnung (EG) Nr. 2605/98 überschreitet?
7
Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften hat durch Urteil seiner Zweiten Kammer vom 8. Juni 2006 (verbundene Rechtssachen 7/05 - 9/05, Slg. 2006 I 5045; auch veröffentlicht in GRUR 2006, 750 und GRUR Int. 2006, 742) wie folgt erkannt: 1. Im Fall der Inanspruchnahme der Ausnahme für die Landwirtschaft nach Artikel 14 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 2100/94 des Rates vom 27. Juli 1994 über den gemeinschaftlichen Sortenschutz genügt die pauschale Entschädigung in Höhe von 80 % des Betrages, der im selben Gebiet für die Erzeugung von Vermehrungsmaterial in Lizenz derselben Sorte der untersten zur amtlichen Zertifizierung zugelassenen Katego- rie verlangt wird, nicht der Voraussetzung, dass - vorbehaltlich der Beurteilung der anderen erheblichen Umstände der einzelnen Ausgangsrechtsstreitigkeiten durch das nationale Gericht - diese Entschädigung im Sinne von Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1768/95 der Kommission vom 24. Juli 1995 über die Ausnahmeregelung gemäß Artikel 14 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 2100/94 in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 2605/98 der Kommission vom 3. Dezember 1998 "deutlich niedriger" sein muss als der Betrag, der für die Erzeugung von Vermehrungsmaterial in Lizenz verlangt wird. 2. Die Kriterien, nach denen der Betrag der Entschädigung des Inhabers eines gemeinschaftlichen Sortenschutzrechts bemessen werden kann, werden in Artikel 5 Absätze 4 und 5 der Verordnung Nr. 1768/95 in der Fassung der Verordnung Nr. 2605/98 definiert. Diese Kriterien sind nicht rückwirkend anwendbar, können aber als Anhaltspunkt für die Berechnung der entsprechenden Entschädigung in Bezug auf einen Nachbau vor dem Inkrafttreten der Verordnung Nr. 2605/98 dienen. 3. Eine Vereinbarung zwischen Vereinigungen von Inhabern und von Landwirten im Sinne von Artikel 5 Absatz 4 der Verordnung Nr. 1768/95 in der Fassung der Verordnung Nr. 2605/98 kann nur dann mit allen ihren Parametern als Leitlinie dienen, wenn sie der Kommission der Europäischen Gemeinschaften mitgeteilt und im Amtsblatt des Gemeinschaftlichen Sortenamts veröffentlicht wurde, was auch dann gilt, wenn die Vereinbarung vor dem Inkrafttreten der Verordnung Nr. 2605/98 geschlossen wurde. Eine solche Vereinbarung kann für die Entschädigung einen anderen Satz festlegen als den hilfsweise in Artikel 5 Absatz 5 der Verordnung Nr. 1768/95 in der Fassung der Verordnung Nr. 2605/98 vorgesehenen. 4. Wenn keine Vereinbarung zwischen Vereinigungen von Inhabern und von Landwirten vorliegt, ist die Entschädigung des Inhabers eines gemeinschaftlichen Sortenschutzrechts nach Artikel 5 Absatz 5 der Verordnung Nr. 1768/95 in der Fassung der Verordnung Nr. 2605/98 nach einem festen Satz zu bemessen, der weder eine obere noch eine untere Grenze darstellt.

Entscheidungsgründe:


8
Das Rechtsmittel führt zur Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
9
A. Gemeinschaftsrechtlich geschützte Kartoffelsorte "Tomba":
10
I. Der Beklagte macht neben kartellrechtlichen Einwänden gegen die Kooperationsvereinbarung und gegen die Prozessführungsbefugnis der Klägerin geltend, die geschuldete Entschädigung belaufe sich auf 50 % des Betrags, der für die Erzeugung des Vermehrungsguts in Lizenz verlangt werde; er habe aber bereits mehr als dies bezahlt. Daraus, dass zur Bestimmung der Entschädigung auf die Marktverhältnisse abzustellen sei, folge nicht, dass die Entschädigung 80 % der Z-Lizenzgebühr betragen dürfe. Der Gerichtshof sehe diesen Wert vielmehr als zu hoch an. Die Höhe der Entschädigung richte sich nach Art. 5 Abs. 4 der Verordnung (EG) Nr. 1768/95 in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 2605/98. Auch das Kooperationsabkommen 1996 weise keinen Satz von 80 % aus. Das Vorgehen der Klägerin stehe im Widerspruch zur Verordnung (EG) Nr. 1768/95, da der gesetzliche Wert von 50 % in dessen Art. 5 Abs. 5 in der durch die Verordnung (EG) Nr. 2605/98 ergänzten Fassung weit überschritten und auch das Kooperationsabkommen 1996 nicht als Leitlinie herangezogen werde.
11
II. Die Klägerin ist der Ansicht, dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften sei nicht abschließend zu entnehmen, wie die Nachbaugebühren letztlich zu berechnen seien. Im Wirtschaftsjahr 1999/2000 habe eine Vereinbarung, nämlich das Kooperationsabkommen 1996, vorgelegen, sei bereits der Kommission mitgeteilt und veröffentlicht gewesen. Ihr sei daher Leitlinienfunktion zugekommen. Andererseits gelte der starre Prozentsatz des Art. 5 Abs. 5 der Verordnung (EG) Nr. 1768/95 in der durch die Verordnung (EG) Nr. 2605/98 ergänzten Fassung für den hier fraglichen Zeitraum nicht, sondern es sei auf die Vereinbarung als Leitlinie oder Anhaltspunkt abzustellen, und zwar auch, soweit sich aus ihr ein höherer Satz als 50 % der Lizenzgebühr ergebe. Der Satz von 80 % folge aus der Vereinbarung für den Fall, dass der Landwirt nur in einem Umfang von bis zu 20 % Saatgutwechsel betreibe; er basiere auf der Formel: durchschnittliche Saatstärke mal pauschale Lizenz mal 80 %.
12
III. 1. Der Senat versteht die Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften dahin, dass ausgehend von der Regelung in Art. 14 Abs. 3 4. Gedankenstrich GemSortV den Sortenschutzinhabern Anspruch auf eine angemessene Entschädigung zusteht, deren Höhe sich weiter nach Art. 5 der Verordnung (EG) Nr. 1768/95 bemisst. Dabei spielt die in Art. 5 Abs. 1 dieser Verordnung vorgesehene, zwischen dem Betriebsinhaber und dem Landwirt vereinbarte Vergütung in der Praxis in Deutschland in der hier interessierenden Zeit keine Rolle. Für das Wirtschaftsjahr 1999/2000 ist aber auf die in Art. 5 Abs. 4 der Verordnung normierte Leitlinienfunktion des Kooperationsabkommens 1996 abzustellen. Ein Rückgriff auf die Regelung in Art. 5 Abs. 5 der Verordnung (EG) Nr. 1768/95 in der durch die Verordnung (EG) Nr. 2605/98 ergänzten Fassung verbietet sich deshalb.
13
2. Das Berufungsgericht hat dem Anspruch der Klägerin einen Satz von 80 % der Z-Lizenzgebühr zugrunde gelegt. Es hat nicht auf die Kooperationsvereinbarung 1996 als Leitlinie zurückgegriffen, wie dies für das Wirtschaftsjahr 1999/2000 nach Art. 5 Abs. 4 der Verordnung (EG) Nr. 1768/95 in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 2605/98 geboten war, nachdem diese bereits der Kommission mitgeteilt und im Amtsblatt des Gemeinschaftlichen Sortenamts veröffentlicht war. Damit bildete auch die gesamte Vereinbarung die maßgebli- che Leitlinie und nicht etwa - wie dies die Klägerin meint - ein aus dieser Vereinbarung nachträglich herausdestillierter Berechnungsfaktor. Eine weitere Angemessenheitskontrolle sieht die gesetzliche Vorgabe in Art. 5 Abs. 4 der Verordnung - möglicherweise anders, was hier aber keiner Entscheidung bedarf, als deren Art. 5 Abs. 3 - nicht vor; dies erscheint unter dem Gesichtspunkt, dass diese Kontrolle bereits beim Aushandeln der Vereinbarung zwischen der Vereinigung von Sortenschutzinhabern und der Vereinigung von Landwirten erfolgen wird, auch grundsätzlich als hinnehmbar, jedenfalls solange die Vereinigungen ausreichend repräsentativ für die betroffenen Kreise sind, woran hier zu zweifeln kein Anlass besteht. Die Klägerin muss sich an der Vereinbarung auf Grund ihrer Leitlinienfunktion auch gegenüber Dritten, die nicht auf deren Grundlage einen Vertrag abgeschlossen haben, insgesamt festhalten lassen (vgl. die Entscheidung des Gerichtshofs Rdn. 31, 39). Dementsprechend hat der Gerichtshof ausgeführt, dass die Vereinbarung mit allen ihren Parametern als Leitlinie dienen kann (Rdn. 43).
14
B. Nach nationalem Sortenschutzrecht geschützte Kartoffelsorten "Amigo" und "Producent":
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Für die nach nationalem Recht geschützten Sorten gilt im Ergebnis dasselbe wie für die nach Gemeinschaftsrecht geschützten. Insoweit ergibt sich die Verpflichtung zur Zahlung eines angemessenen Entgelts aus § 10a Abs. 3 Satz 1 SortG. Auch nach nationalem Recht können den Vereinbarungen zwischen Inhabern des Sortenschutzes und Landwirten über die Angemessenheit des Entgelts entsprechende Vereinbarungen zwischen deren berufsständischen Vereinigungen zugrunde gelegt werden (§ 10a Abs. 4 Satz 1 SortG). Die Regelung in Art. 5 Abs. 4 der Verordnung (EG) Nr. 1768/95 in ihrer ergänzten Fassung kann für den nationalen Sortenschutz entsprechend herangezogen werden (vgl. Wuesthof/Lessmann/Würtenberger, Handbuch zum deutschen und europäischen Sortenschutz, 1999, Rdn. 364; Keukenschrijver, Sortenschutzgesetz , 2001, § 10a Rdn. 27; ders., Das "Landwirteprivileg" im nationalen und gemeinschaftlichen Sortenschutzrecht - ein Zwischenstand, Festschrift für Eike Ullmann, 2006, S. 465, 474). Demnach ist das Kooperationsabkommen 1996 jedenfalls für das Wirtschaftsjahr 1999/2000 auch bei gesetzlicher Veranlagung bei nach nationalem Recht geschützten Sorten heranzuziehen.
16
C. Rechtsfolgen:
17
I. Gegen die Berechtigung der Klägerin zur Geltendmachung der Ansprüche der Sortenschutzberechtigten bestehen, wie der Bundesgerichtshof bereits entschieden hat, im Ergebnis keine Bedenken (vgl. BGH, Urt. v. 11.5.2004 - KZR 37/02, GRUR 2004, 763 - Nachbauvergütung; Urt. v. 11.5.2004 - KZR 4/03, im Druck nicht veröffentlicht; Keukenschrijver in Festschrift für Eike Ullmann, 2006, 465, 477 m. Nachw. aus der Instanzrechtsprechung, 487).
18
II. Die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanzen zur Höhe der nach dem Kooperationsabkommen 1996 geschuldeten Entschädigung werden von der Revision nicht mit Verfahrensrügen angegriffen. Sie stehen daher nicht zur Überprüfung (§ 546 ZPO).
19
III. Demnach stehen der Klägerin gegenüber dem Beklagten nur die Beträge zu, die sich unter Zugrundelegung der Sätze des Kooperationsabkommens ergeben. Nachdem das Landgericht der Klägerin bereits einen höheren Betrag zugesprochen hat, der Beklagte dies aber nicht angegriffen hatte, kann sein Rechtsmittel nur zur Wiederherstellung des Landgerichtsurteils führen.
20
D. Die Entscheidung über die weiteren Kosten folgt aus § 91 ZPO.
Melullis Scharen Keukenschrijver
Asendorf Gröning
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 29.11.2002 - 21 O 1554/02 -
OLG München, Entscheidung vom 22.05.2003 - 6 U 1574/03 -