Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Dez. 2011 - XI ZB 17/11

bei uns veröffentlicht am20.12.2011
vorgehend
Landgericht Essen, 11 O 30/09, 09.02.2011
Oberlandesgericht Hamm, 25 W 95/11, 13.05.2011

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XI ZB 17/11
vom
20. Dezember 2011
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
RVG VV Vorbemerkung 3 Abs. 4
Zur Anrechnung einer außergerichtlich angefallenen Geschäftsgebühr gemäß Vorbemerkung
3 Abs. 4 VV RVG auf eine im Klageverfahren anfallende Verfahrensgebühr.
BGH, Beschluss vom 20. Dezember 2011 - XI ZB 17/11 - OLG Hamm
LG Essen
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. Dezember 2011 durch
den Vorsitzenden Richter Wiechers, die Richterin Mayen sowie die Richter
Dr. Grüneberg, Maihold und Pamp

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des 25. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 13. Mai 2011 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 2.042,04 € festgesetzt.

Gründe:

I.

1
Die Parteien streiten im Verfahren der Kostenfestsetzung darum, ob bei der Berechnung der von der Beklagten der Klägerin zu erstattenden Kosten die geltend gemachte zweitinstanzliche Verfahrensgebühr Nr. 3200 VV RVG in voller Höhe anzusetzen ist, oder ob auf diese Gebühr bei der Kostenfestsetzung gemäß Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG die für die vorgerichtliche Tätigkeit ihres Prozessbevollmächtigten angefallene Geschäftsgebühr teilweise anzurechnen ist.
2
Der instanzgerichtliche Prozessbevollmächtigte der Klägerin (im Folgenden : Klägervertreter) wandte sich mit Schreiben vom 4. Dezember 2008 an die Beklagte und machte im Namen des Zedenten Schadensersatzansprüche wegen fehlerhafter Anlageberatung geltend. Hierfür stellte er dem Zedenten mit der über 5.963,09 € lautenden Gebührenrechnung vom 8. Dezember 2008 eine 2,3-fache Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG in Rechnung. Nachdem das im Namen des Zedenten an die Beklagte gerichtete Schreiben erfolglos geblieben war, trat der Zedent seine Ansprüche an die Klägerin ab, die die Beklagte aus abgetretenem Recht mit der Klage in Anspruch nahm. Gegenstand der Klage waren unter anderem die vorgerichtlich angefallenen Rechtsanwaltskosten von 5.963,09 €. Mit Urteil des Landgerichts Essen vom 28. Oktober 2009 wurde die Beklagte insoweit antragsgemäß verurteilt. Zur Begründung führte das Landgericht aus, die Klägerin habe einen Anspruch auf Erstattung der geltend gemachten außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren, da der Ansatz einer 2,3-fachen Gebühr angesichts der Komplexität der Materie nicht von vornherein unbillig im Sinne des RVG erscheine. Das Oberlandesgericht Hamm hat das landgerichtliche Urteil mit rechtskräftigem Urteil vom 20. September 2010 (I-31 U 14/10) in diesem Punkt bestätigt (Nr. 6 des Urteilstenors) und zur Begründung ausgeführt, der Klägerin stehe aus abgetretenem Recht ein Anspruch auf Erstattung von Rechtsanwaltskosten in Höhe von 5.963,09 € zu. Die Kosten des Rechtsstreits hat es in vollem Umfang der Beklagten auferlegt.
3
Das Landgericht hat - soweit im Rechtsbeschwerdeverfahren von Bedeutung - die Erstattungsfähigkeit der vom Klägervertreter geltend gemachten vollen zweitinstanzlichen Verfahrensgebühr abgelehnt und mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 9. Februar 2011 auf diese eine Geschäftsgebühr mit einem Gebührensatz von 0,75 angerechnet. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der Klägerin hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Klägervertreter habe unstreitig wegen seiner außergerichtlichen Tätigkeit eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG verdient. Diese sei in dem vom Landgericht vorgenommenen Umfang gemäß Vor- bemerkung 3 Abs. 4 Satz 1 VV zum RVG auf die vom Klägervertreter zur Erstattung angemeldete Verfahrensgebühr anzurechnen, weil diese wegen desselben Gegenstands entstanden sei. Der Gegenstand werde durch den Auftrag des Auftraggebers bestimmt; dabei sei die Frage, ob ein Gegenstand vorliege oder zwei Gegenstände anzunehmen seien, anhand einer wirtschaftlichen Betrachtung zu beantworten. Dies führe - wenn sich wie im Streitfall ergebe, dass es um denselben Anspruch und dasselbe Recht gehe - bei einem Auftrag des Zedenten zur außergerichtlichen Tätigkeit und einem weiteren Auftrag der Zessionarin zur gerichtlichen Tätigkeit nicht dazu, dass von zwei Gegenständen auszugehen sei; auch in diesem Fall betreffe die Tätigkeit vielmehr denselben Gegenstand. Dies entspreche auch Sinn und Zweck der Anrechnung, mit der der Arbeitsersparnis des Rechtsanwalts Rechnung getragen werden solle. Die Anrechnung sei im Verhältnis zur Beklagten gemäß § 15a Abs. 2 RVG zu berücksichtigen , da die Geschäftsgebühr durch das Urteil des Oberlandesgerichts Hamm vom 20. September 2010 tituliert worden sei. Die Verurteilung beziehe sich ausweislich des Berufungsurteils und der Klagebegründung unzweifelhaft auf die infolge der vorgerichtlichen Tätigkeit entstandene Geschäftsgebühr des Klägervertreters. Das Oberlandesgericht hat die Rechtsbeschwerde zugelassen.

II.

4
Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO) und auch im übrigen (§ 575 ZPO) zulässig. Sie hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht hat das Beschwerdegericht die außergerichtliche Geschäftsgebühr gemäß Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG auf die vom Klägervertreter verdiente zweitinstanzliche Verfahrensgebühr angerechnet und dabei angenommen, die Beklagte könne sich nach § 15a Abs. 2 Fall 2 RVG auf die Anrechnung berufen, weil wegen des Anspruches auf die Geschäftsgebühr bereits ein Vollstreckungstitel vorliege. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde fehlt es weder an einer ausreichenden Titulierung im Sinne des § 15a Abs. 2 Fall 2 RVG (dazu unten 2.) noch scheidet eine Anrechnung mangels Gegenstandsidentität im Sinne von Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG aus (dazu unten 3.).
5
1. Zutreffend und von der Rechtsbeschwerde zu Recht nicht angegriffen hat das Beschwerdegericht angenommen, dass die Geschäftsgebühr anteilig auch auf die in zweiter Instanz entstandene Verfahrensgebühr angerechnet werden kann, sofern sie nicht bereits auf die erstinstanzlich verdiente Verfahrensgebühr angerechnet worden ist. Da die eine Anrechnung regelnde Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG dem Teil 3 des VV RVG insgesamt vorangestellt ist, bezieht sie sich auf sämtliche Gebühren des Abschnitts 3 des VV RVG und gilt deshalb auch für die Verfahrensgebühr Nr. 3200 VV RVG (vgl. Hess. Finanzgericht , Beschluss vom 26. Februar 2010 - 11 Ko 103/10 Rn. 8 = RVG-Report 2010, 308; FG Köln, Beschluss vom 30. Juli 2009 - 10 Ko 1450/09 Rn. 13 = AGS 2010, 288; Niedersächsisches Finanzgericht, Beschluss vom 28. Februar 2011 - 16 Ko 7/10 Rn. 9 f.; aA Mayer, FD-RVG 2011, 321388).
6
2. Die Rechtsbeschwerde stellt ferner zu Recht nicht in Frage, dass § 15a RVG auch auf den Streitfall Anwendung findet. In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist mittlerweile geklärt, dass sich die Anrechnungsvorschrift des § 15a RVG auch in Kostenfestsetzungsverfahren, die vor Inkrafttreten des § 15a RVG entstandene Gebühren betreffen, grundsätzlich nicht auswirkt , eine Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr vielmehr nur unter den in § 15a Abs. 2 RVG genannten Voraussetzungen stattfindet (BGH, Beschlüsse vom 2. September 2009 - II ZB 35/07, NJW 2009, 3101 Rn. 8, vom 9. Dezember 2009 - XII ZB 175/07, NJW 2010, 1375 Rn. 16 ff., vom 11. März 2010 - IX ZB 82/08 Rn. 6 = JurBüro 2010, 358, vom 29. April 2010 - V ZB 38/10 Rn. 8 ff. = JurBüro 2010, 471, vom 10. August 2010 - VIII ZB 15/10 Rn. 6 ff. = JurBüro 2011, 22, vom 14. September 2010 - VIII ZB 33/10 Rn. 7 f. = AGS 2010, 473, vom 28. Oktober 2010 - VII ZB 55/09 Rn. 5 = RVGreport 2011, 27 und vom 7. Dezember 2010 - VI ZB 45/10, NJW 2011, 861 Rn. 7 und Senatsbeschluss vom 28. September 2010 - XI ZB 7/10, juris Rn. 8).
7
Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde sind im Streitfall die Voraussetzungen, unter denen sich der kostenpflichtige Prozessgegner nach § 15a Abs. 2 RVG auf die Anrechnung berufen kann, aber erfüllt. Das Urteil des Oberlandesgerichts Hamm vom 20. September 2010 stellt einen die Anrechnung gemäß § 15a Abs. 2 Fall 2 RVG rechtfertigenden Vollstreckungstitel bezüglich der Geschäftsgebühr dar. Die Rechtsbeschwerde kann hiergegen nicht mit Erfolg einwenden, der Vollstreckungstitel weise keine exakte Bezifferung des Anspruchs aus. Das Gegenteil ist der Fall. Auch wenn der Begriff "Geschäftsgebühr" weder im landgerichtlichen Urteil noch im Berufungsurteil ausdrücklich genannt wird, kann kein Zweifel daran bestehen, dass die vom Klägervertreter verdiente vorgerichtliche Geschäftsgebühr dort tituliert worden ist. Anders als in dem von der Rechtsbeschwerde zum Beleg ihrer Auffassung zitierten Beschluss des VI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 7. Dezember 2010 (VI ZB 45/10, NJW 2011, 861 Rn. 8 ff.) fehlt es im Streitfall nicht an einer betragsmäßigen Bezifferung des Anspruchs. Vielmehr sind hier die vorgerichtlichen Anwaltskosten im landgerichtlichen Tenor und bestätigend im oberlandesgerichtlichen Tenor jeweils betragsmäßig in Höhe von 5.963,09 € gesondert tituliert. Im Tatbestand des Berufungsurteils wird dieser Betrag als "Rechtsanwaltsgebühren" für die außergerichtliche Tätigkeit erläutert und aus den Urteilsgründen beider Urteile folgt, dass die Klägerin den Betrag als Schadensersatz für die vorprozessual entstandenen Anwaltskosten verlangen könne, wobei ausweislich des landgerichtlichen Urteils ausdrücklich die dem Zedenten in Rechnung gestellte 2,3-fache Gebühr unbeanstandet blieb. Anders als in dem vom VI. Zivilsenat entschiedenen Fall, der einen Prozessvergleich betraf, aus dem sich nicht entnehmen ließ, in welcher Höhe die Geschäftsgebühr dort mit der Vergleichssumme abgegolten war (BGH, Beschluss vom 7. Dezember 2010 - VI ZB 45/10, NJW 2011, 861 Rn. 12 f.), lässt sich im Streitfall daher zweifelsfrei feststellen, dass die Geschäftsgebühr tituliert worden ist.
8
3. Ohne Rechtsfehler ist das Beschwerdegericht auch zu dem Ergebnis gelangt, gemäß Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG sei die titulierte Geschäftsgebühr auf die vom Klägervertreter verdiente Verfahrensgebühr anzurechnen, weil sie wegen desselben Gegenstandes entstanden sei wie die Verfahrensgebühr.
9
Für die Anrechnung nach Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG kommt es nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht darauf an, ob die Geschäfts - und die Verfahrensgebühr dieselbe Angelegenheit oder unterschiedliche kostenrechtliche Angelegenheiten betreffen; entscheidend ist allein, dass wegen desselben Gegenstands bereits eine Geschäftsgebühr entstanden ist (BGH, Beschluss vom 2. Oktober 2008 - I ZB 30/08, WRP 2009, 75 Rn. 11). Was Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit in diesem Sinn ist, wird durch das Recht oder Rechtsverhältnis bestimmt, auf das sich die Tätigkeit des Rechtsanwalts im Rahmen des ihm erteilten Auftrags bezieht. Dabei ist bei der Bestimmung des Gegenstandes keine formale, sondern eine wertende Betrachtungsweise angezeigt (BGH, Urteil vom 14. März 2007 - VIII ZR 184/06, NJW 2007, 2050 Rn. 14 ff.) und auf die wirtschaftliche Identität abzustellen (vgl. Müller-Rabe in Gerold/Schmidt, Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, 19. Aufl., VV 1008 Rn. 136). Die Frage, ob eine vorgerichtliche anwaltliche Tätigkeit und die anschließende Klage in diesem Sinne denselben Gegenstand gemäß Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG betreffen, ist daher anhand einer wirtschaftlichen Betrachtung zu entscheiden (BGH, Urteil vom 14. März 2007 - VIII ZR 184/06, NJW 2007, 2050 Rn. 15). Der hierfür zu fordernde sachliche Zusammenhang ist problemlos gegeben, wenn der vom Rechtsanwalt angemahnte Zahlungsbetrag anschließend eingeklagt wird (Schons in Hartung/Schons/Enders, Rechtsanwaltsvergütungsgesetz , Vorbem. 3 VV Rn. 95; vgl. auch BGH, Urteil vom 14. März 2007 - VIII ZR 184/06, NJW 2007, 2050 Rn. 13, 16). Die Anrechnungsnorm (Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG) findet nämlich ihren Grund in dem geringeren Einarbeitungs- und Vorbereitungsaufwand, den ein bereits vorgerichtlich mit der Angelegenheit befasster Rechtsanwalt hat (BT-Drucks. 15/1971, S. 209; BGH, Urteil vom 14. März 2007 - VIII ZR 184/06, NJW 2007, 2050 Rn. 15 und BGH, Beschluss vom 16. Juli 2008 - IV ZB 24/07, JurBüro 2008, 529, 530 mwN).
10
Einen solchen Fall hat das Beschwerdegericht hier zu Recht bejaht. Wie auch die Rechtsbeschwerde nicht in Abrede stellt, handelt es sich bei den außergerichtlich gegenüber der Beklagten geltend gemachten Ansprüchen wegen fehlerhafter Anlageberatung um diejenigen, die später eingeklagt worden sind. Dass sie vorgerichtlich von dem Zedenten aus eigenem Recht geltend gemacht wurden und prozessual von der Klägerin aus abgetretenem Recht, ändert - wie das Beschwerdegericht zu Recht angenommen hat - nichts an der zur Anrechnung nach Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG führenden wirtschaftlichen Identität (ebenso u.a. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11. April 2011 - I-17 W 14/11, juris Rn. 15 ff. und OLG Düsseldorf, Beschluss vom 9. Juni 2011 - I-10 W 45/11, BeckRS 2011, 21986; aA OLG Frankfurt, Urteil vom 3. Januar 2011 - 23 U 259/09 sowie Mayer, FD-RVG 2011, 321388 und NJW-Spezial 2011, 668, 669). Eine formale, auf die Person des Auftraggebers abstellende Betrachtungsweise wird in Fällen der vorliegenden Art, in denen der Zessionar die vorgerichtlich bereits vom Zedenten verfolgte Forderung aus abgetretenem Recht einklagt, dem oben dargelegten Sinn der Anrechnungsvorschrift nicht gerecht. Danach soll bei der Höhe der insgesamt vom Rechtsanwalt verdienten Gebüh- ren gerade dem typischerweise geringeren Aufwand nach vorprozessualer Befassung Rechnung getragen werden. Entscheidend ist bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtung danach, dass die vom Anwalt zu entfaltende Tätigkeit in beiden Fällen dieselben rechtlichen und tatsächlichen Punkte betrifft (vgl. BGH, Urteil vom 14. März 2007 - VIII ZR 184/06, NJW 2007, 2050 Rn. 15). Das ist in Fällen der vorliegenden Art ungeachtet der Zession der Fall.
11
Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde liegt darin auch keine ungerechtfertigte Begünstigung des Zessionars. Die Anrechnung hat ihren Grund darin, dass dem schon vorprozessual mit der Sache befassten und hierfür vergüteten Prozessbevollmächtigten im Hinblick auf den erfahrungsgemäß geringeren Einarbeitungs- und Vorbereitungsaufwand nur eine gekürzte Vergütung zugebilligt werden solle (BGH, Beschluss vom 10. Dezember 2009 - VII ZB 41/09, juris Rn. 6, 9). Genau so liegt der Sachverhalt aber auch in Fällen der vorliegenden Art. Wie die Rechtsbeschwerdeerwiderung zu Recht geltend macht, würde hier die Nichtanrechnung allein den Anwalt entgegen dem oben näher dargelegten Sinn und Zweck der Anrechnungsnorm privilegieren, ohne dass hierfür ein sachlicher Grund bestünde.
12
Die Vorinstanzen haben nach alledem zu Recht die gekürzte Verfahrensgebühr in Ansatz gebracht.
13
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Wiechers Mayen Grüneberg
Maihold Pamp

Vorinstanzen:
LG Essen, Entscheidung vom 09.02.2011 - 11 O 30/09 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 13.05.2011 - I-25 W 95/11 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Dez. 2011 - XI ZB 17/11

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(1) Sieht dieses Gesetz die Anrechnung einer Gebühr auf eine andere Gebühr vor, kann der Rechtsanwalt beide Gebühren fordern, jedoch nicht mehr als den um den Anrechnungsbetrag verminderten Gesamtbetrag der beiden Gebühren. (2) Sind mehrere Gebüh
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(1) Sieht dieses Gesetz die Anrechnung einer Gebühr auf eine andere Gebühr vor, kann der Rechtsanwalt beide Gebühren fordern, jedoch nicht mehr als den um den Anrechnungsbetrag verminderten Gesamtbetrag der beiden Gebühren.

(2) Sind mehrere Gebühren teilweise auf dieselbe Gebühr anzurechnen, so ist der anzurechnende Betrag für jede anzurechnende Gebühr gesondert zu ermitteln. Bei Wertgebühren darf der Gesamtbetrag der Anrechnung jedoch denjenigen Anrechnungsbetrag nicht übersteigen, der sich ergeben würde, wenn eine Gebühr anzurechnen wäre, die sich aus dem Gesamtbetrag der betroffenen Wertteile nach dem höchsten für die Anrechnungen einschlägigen Gebührensatz berechnet. Bei Betragsrahmengebühren darf der Gesamtbetrag der Anrechnung den für die Anrechnung bestimmten Höchstbetrag nicht übersteigen.

(3) Ein Dritter kann sich auf die Anrechnung nur berufen, soweit er den Anspruch auf eine der beiden Gebühren erfüllt hat, wegen eines dieser Ansprüche gegen ihn ein Vollstreckungstitel besteht oder beide Gebühren in demselben Verfahren gegen ihn geltend gemacht werden.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Die Rechtsbeschwerde ist binnen einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des Beschlusses durch Einreichen einer Beschwerdeschrift bei dem Rechtsbeschwerdegericht einzulegen. Die Rechtsbeschwerdeschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Entscheidung, gegen die die Rechtsbeschwerde gerichtet wird und
2.
die Erklärung, dass gegen diese Entscheidung Rechtsbeschwerde eingelegt werde.
Mit der Rechtsbeschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift der angefochtenen Entscheidung vorgelegt werden.

(2) Die Rechtsbeschwerde ist, sofern die Beschwerdeschrift keine Begründung enthält, binnen einer Frist von einem Monat zu begründen. Die Frist beginnt mit der Zustellung der angefochtenen Entscheidung. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend.

(3) Die Begründung der Rechtsbeschwerde muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit die Entscheidung des Beschwerdegerichts oder des Berufungsgerichts angefochten und deren Aufhebung beantragt werde (Rechtsbeschwerdeanträge),
2.
in den Fällen des § 574 Abs. 1 Nr. 1 eine Darlegung zu den Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 574 Abs. 2,
3.
die Angabe der Rechtsbeschwerdegründe, und zwar
a)
die bestimmte Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt;
b)
soweit die Rechtsbeschwerde darauf gestützt wird, dass das Gesetz in Bezug auf das Verfahren verletzt sei, die Bezeichnung der Tatsachen, die den Mangel ergeben.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Beschwerde- und die Begründungsschrift anzuwenden. Die Beschwerde- und die Begründungsschrift sind der Gegenpartei zuzustellen.

(5) Die §§ 541 und 570 Abs. 1, 3 gelten entsprechend.

(1) Sieht dieses Gesetz die Anrechnung einer Gebühr auf eine andere Gebühr vor, kann der Rechtsanwalt beide Gebühren fordern, jedoch nicht mehr als den um den Anrechnungsbetrag verminderten Gesamtbetrag der beiden Gebühren.

(2) Sind mehrere Gebühren teilweise auf dieselbe Gebühr anzurechnen, so ist der anzurechnende Betrag für jede anzurechnende Gebühr gesondert zu ermitteln. Bei Wertgebühren darf der Gesamtbetrag der Anrechnung jedoch denjenigen Anrechnungsbetrag nicht übersteigen, der sich ergeben würde, wenn eine Gebühr anzurechnen wäre, die sich aus dem Gesamtbetrag der betroffenen Wertteile nach dem höchsten für die Anrechnungen einschlägigen Gebührensatz berechnet. Bei Betragsrahmengebühren darf der Gesamtbetrag der Anrechnung den für die Anrechnung bestimmten Höchstbetrag nicht übersteigen.

(3) Ein Dritter kann sich auf die Anrechnung nur berufen, soweit er den Anspruch auf eine der beiden Gebühren erfüllt hat, wegen eines dieser Ansprüche gegen ihn ein Vollstreckungstitel besteht oder beide Gebühren in demselben Verfahren gegen ihn geltend gemacht werden.

8
Mit dem neu eingefügten § 15 a RVG hat der Gesetzgeber das RVG nicht geändert, sondern lediglich die seiner Ansicht nach bereits vor Einfügung von § 15 a RVG bestehende Gesetzeslage in dem Sinne, wie auch der erkennende Senat sie verstanden hat, klargestellt, derzufolge sich die Anrechnung gemäß Vorb. 3 Abs. 4 VV RVG grundsätzlich im Verhältnis zu Dritten, also insbesondere im Kostenfestsetzungsverfahren, nicht auswirkt. Die Anrechnungsvorschrift betrifft vielmehr grundsätzlich nur das Innenverhältnis zwischen Anwalt und Mandant. In der Kostenfestsetzung musste und muss daher eine Verfahrensgebühr auch dann in voller Höhe festgesetzt werden, wenn für den Bevollmächtigten eine Geschäftsgebühr entstanden ist. Sichergestellt wird durch § 15 a Abs. 2 RVG lediglich, dass ein Dritter nicht über den Betrag hinaus auf Ersatz und Erstattung in Anspruch genommen werden kann, den der Anwalt von seinem Mandanten verlangen kann (siehe hierzu BT-Drucks. 16/12717 S. 2 und S. 67 f.; Pressemitteilung des Bundesministeriums der Justiz vom 5. April 2009; ebenso OLG Stuttgart, Beschl. v. 11. August 2009 - 8 W 339/09, juris Tz. 10; OLG Dresden, Beschl. v. 13. August 2009 - 3 W 0793/09, n.v.; OVG Münster, Beschl. v. 11. August 2009 - 4 E 1609/09, juris Tz. 9 ff.; Kallenbach, AnwBl. 2009, 442; Schons, AGS 2009, 216, 217; Hansens, RVG-Report 2009, 241, 246; ders. AnwBl. 2009, 535 ff.).
16
Der Gesetzgeber hat mit § 15 a RVG das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz nicht geändert, sondern lediglich die seiner Ansicht nach bereits zuvor bestehende Gesetzeslage klargestellt. Danach betreffen Anrechnungsvorschriften grundsätzlich nur das Innenverhältnis zwischen Anwalt und Mandant. Gegen- über dem Gegner musste und muss daher die Verfahrensgebühr auch dann in voller Höhe festgesetzt werden, wenn schon eine Geschäftsgebühr entstanden war. Sichergestellt wird durch § 15 a Abs. 2 RVG lediglich, dass ein Dritter nicht mehr zu erstatten hat, als der gegnerische Anwalt von seinem Mandanten verlangen kann.
8
Die Vorschrift über die Anrechnung der Geschäftsgebühr betrifft das Innenverhältnis zwischen dem Rechtsanwalt und seinem Mandanten und wirkt sich im Verhältnis zu Dritten, also insbesondere im Kostenfestsetzungsverfahren , grundsätzlich nicht aus (BGH, Beschl. v. 2. September 2009, II ZB 35/07, NJW 2009, 3101, 3102; Beschl. v. 9. Dezember 2009, XII ZB 175/07, FamRZ 2010, 456, 457). Die Anrechnung ist bei der Kostenerstattung nur dahingehend zu berücksichtigen, dass der Gegner nicht mehr zu zahlen hat, als die siegreiche Partei ihrem Rechtsanwalt aus dem Mandatsverhältnis schuldet. Die An- rechnung findet daher im Rahmen der Kostenfestsetzung nur in den Fällen statt, die nunmehr in § 15a Abs. 2 RVG gesetzlich geregelt worden sind.
6
Die Rechtsbeschwerde macht zutreffend geltend, dass die in Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG vorgeschriebene Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens der Parteien in der Weise hätte erfolgen müssen, wie sie nunmehr in § 15a RVG beschrieben ist, der durch Art. 7 Abs. 4 Nr. 3 des Gesetzes zur Modernisierung von Verfahren im anwaltlichen und notariellen Berufsrecht , zur Errichtung einer Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft sowie zur Änderung sonstiger Vorschriften vom 30. Juli 2009 (BGBl. I S. 2449) in das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz eingefügt worden und gemäß Art. 10 Satz 2 dieses Gesetzes am 5. August 2009 in Kraft getreten ist.
7
b) Der Senat hat bis zum Erlass des § 15a RVG in ständiger Rechtsprechung die Auffassung vertreten, dass sich durch die anteilige Anrechnung einer vorgerichtlich entstandenen Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens gemäß Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG nicht die bereits entstandene Geschäftsgebühr, sondern die in dem anschließenden gerichtlichen Verfahren nach Nr. 3100 VV RVG anfallende Verfahrensgebühr vermindert und dass es für die Anrechnung ohne Bedeutung ist, ob die Geschäftsgebühr auf materiell-rechtlicher Grundlage vom Prozessgegner zu erstatten und ob sie unstreitig, geltend gemacht, tituliert oder bereits beglichen ist oder nicht. Dieser im Senatsbeschluss vom 22. Januar 2008 (VIII ZB 57/07, aaO Rn. 6 ff.) näher ausgeführten Sichtweise, der insbesondere mehrere Zivilsenate des Bundesgerichtshofs gefolgt sind, hat sich der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (Beschluss vom 2. September 2009 - II ZB 35/07, aaO Rn. 6 ff.), nicht anzuschließen vermocht, seine Bedenken jedoch nicht näher ausgeführt, weil er den zwischenzeitlich in Kraft getretenen § 15a RVG auch auf noch nicht abgeschlossene Kostenfestsetzungsverfahren angewandt wissen will. Dies hat er damit begründet, dass der Gesetzgeber mit dem neu eingefügten § 15a RVG das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz nicht geändert, sondern lediglich die seiner Ansicht nach bereits vor dessen Einfügung bestehende Rechtslage klargestellt habe, derzufolge sich die Anrechnung gemäß Vorbe- merkung 3 Abs. 4 VV RVG grundsätzlich im Verhältnis zu Dritten, also insbesondere im Kostenfestsetzungsverfahren, nicht auswirke, sondern nur das Innenverhältnis zwischen Anwalt und Mandant betreffe. Dieser Sichtweise, der sich mehrere Zivilsenate des Bundesgerichtshofs angeschlossen haben, ist auch der Senat durch Beschluss vom 10. August 2010 (VIII ZB 15/10, zur Veröffentlichung vorgesehen) zur Vermeidung eines der Sache nicht angemessenen Vorgehens nach § 132 GVG beigetreten.
7
a) Dass § 15a RVG auf den Streitfall Anwendung findet, wird von der Rechtsbeschwerde nicht in Frage gestellt. Nach der Auffassung des Senats (vgl. Beschlüsse vom 19. Oktober 2010 - VI ZB 26/10, juris Rn. 8 und vom 16. November 2010 - VI ZB 47/10; BGH, Beschlüsse vom 2. September 2009 - II ZB 35/07, NJW 2009, 3101 Rn. 6 ff.; vom 9. Dezember 2009 - XII ZB 175/07, NJW 2010, 1375 Rn. 11 ff. m.w.N. zum Streitstand; vom 3. Februar 2010 - XII ZB 177/09, FamRZ 2010, 806 Rn. 10; vom 11. März 2010 - IX ZB 82/08, AGS 2010, 159; juris Rn. 6; vom 29. April 2010 - V ZB 38/10, FamRZ 2010, 1248 Rn. 9 f. und vom 10. August 2010 - VIII ZB 15/10, Rn. 9 juris) ist auch für die Zeit vor Inkrafttreten des Änderungsgesetzes (Art. 7 Abs. 4 Nr. 3 des Gesetzes zur Modernisierung von Verfahren im anwaltlichen und notariellen Berufsrecht, zur Errichtung einer Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft sowie zur Änderung sonstiger Vorschriften vom 30. Juli 2009, BGBl. I S. 2449) davon auszugehen, dass die in Vorbemerkung 3 Abs. 3 VV-RVG angeordnete Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr für die Höhe der gesetzlichen Gebühren im Verhältnis der Prozessparteien untereinander ohne Bedeutung ist und die entsprechend berechtigte Prozesspartei die Erstattung einer ungekürzten Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV-RVG beanspruchen kann.

(1) Sieht dieses Gesetz die Anrechnung einer Gebühr auf eine andere Gebühr vor, kann der Rechtsanwalt beide Gebühren fordern, jedoch nicht mehr als den um den Anrechnungsbetrag verminderten Gesamtbetrag der beiden Gebühren.

(2) Sind mehrere Gebühren teilweise auf dieselbe Gebühr anzurechnen, so ist der anzurechnende Betrag für jede anzurechnende Gebühr gesondert zu ermitteln. Bei Wertgebühren darf der Gesamtbetrag der Anrechnung jedoch denjenigen Anrechnungsbetrag nicht übersteigen, der sich ergeben würde, wenn eine Gebühr anzurechnen wäre, die sich aus dem Gesamtbetrag der betroffenen Wertteile nach dem höchsten für die Anrechnungen einschlägigen Gebührensatz berechnet. Bei Betragsrahmengebühren darf der Gesamtbetrag der Anrechnung den für die Anrechnung bestimmten Höchstbetrag nicht übersteigen.

(3) Ein Dritter kann sich auf die Anrechnung nur berufen, soweit er den Anspruch auf eine der beiden Gebühren erfüllt hat, wegen eines dieser Ansprüche gegen ihn ein Vollstreckungstitel besteht oder beide Gebühren in demselben Verfahren gegen ihn geltend gemacht werden.

7
a) Dass § 15a RVG auf den Streitfall Anwendung findet, wird von der Rechtsbeschwerde nicht in Frage gestellt. Nach der Auffassung des Senats (vgl. Beschlüsse vom 19. Oktober 2010 - VI ZB 26/10, juris Rn. 8 und vom 16. November 2010 - VI ZB 47/10; BGH, Beschlüsse vom 2. September 2009 - II ZB 35/07, NJW 2009, 3101 Rn. 6 ff.; vom 9. Dezember 2009 - XII ZB 175/07, NJW 2010, 1375 Rn. 11 ff. m.w.N. zum Streitstand; vom 3. Februar 2010 - XII ZB 177/09, FamRZ 2010, 806 Rn. 10; vom 11. März 2010 - IX ZB 82/08, AGS 2010, 159; juris Rn. 6; vom 29. April 2010 - V ZB 38/10, FamRZ 2010, 1248 Rn. 9 f. und vom 10. August 2010 - VIII ZB 15/10, Rn. 9 juris) ist auch für die Zeit vor Inkrafttreten des Änderungsgesetzes (Art. 7 Abs. 4 Nr. 3 des Gesetzes zur Modernisierung von Verfahren im anwaltlichen und notariellen Berufsrecht, zur Errichtung einer Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft sowie zur Änderung sonstiger Vorschriften vom 30. Juli 2009, BGBl. I S. 2449) davon auszugehen, dass die in Vorbemerkung 3 Abs. 3 VV-RVG angeordnete Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr für die Höhe der gesetzlichen Gebühren im Verhältnis der Prozessparteien untereinander ohne Bedeutung ist und die entsprechend berechtigte Prozesspartei die Erstattung einer ungekürzten Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV-RVG beanspruchen kann.
11
c) Die Geschäftsgebühr bezieht sich hier auf denselben Gegenstand i.S. der Vorbemerkung 3 Abs. 4 zu Nr. 3100 VV RVG. Der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit im kostenrechtlichen Sinn wird nach allgemeiner Auffassung durch das Recht oder das Rechtsverhältnis definiert, auf das sich die Tätigkeit des Rechtsanwalts im Rahmen des ihm von seinem Mandanten erteilten Auftrags bezieht (vgl. BGH, Urt. v. 14.3.2007 - VIII ZR 184/06, NJW 2007, 2050 Tz. 15 m.w.N.). Gegenstand der Abmahnung wie eines anschließenden Verfü- gungs- und Hauptsacheverfahrens ist demnach im vorliegenden Zusammenhang der durch den vermeintlichen Wettbewerbsverstoß begründete Unterlassungsanspruch. Dagegen kommt es für die Anwendung der Anrechnungsregelung nach der Vorbemerkung 3 Abs. 4 zu Nr. 3100 VV RVG nicht darauf an, ob die Geschäfts- und die Verfahrensgebühr dieselbe Angelegenheit oder unterschiedliche kostenrechtliche Angelegenheiten betreffen.
14
cc) Die zuletzt genannte Auffassung verdient den Vorzug.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZB 24/07
vom
16. Juli 2008
in dem Rechtsstreit
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Seiffert, Wendt, die Richterin
Dr. Kessal-Wulf und den Richter Dr. Franke
am 16. Juli 2008

beschlossen:
Auf die Rechtsmittel der Beklagten werden - unter ihrer Zurückweisung im Übrigen - der Beschluss des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 25. Oktober 2007 und der Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Ulm vom 28. August 2007 aufgehoben.
Die von den Beklagten an die Kläger laut gerichtlich protokolliertem Vergleich vom 4. Juni 2007 (2 O 512/06 LG Ulm) zu erstattenden Kosten werden auf 7.232,85 € festgesetzt.
Der weitergehende Kostenfestsetzungsantrag der Kläger wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Rechtsmittel tragen die Kläger zu 85% und die Beklagten zu 15%.
Wert: 1.345,89 €

Gründe:


1
Die I. Kläger haben beide Beklagten vor dem Landgericht auf Rückzahlung eines Darlehens und die Beklagte zu 2 darüber hinaus auf Duldung der Zwangsvollstreckung aus zwei zur Sicherung des Darlehens bestellten Grundschulden in Anspruch genommen. Der Rechtsstreit ist durch einen gerichtlich protokollierten Vergleich beendet worden. Danach haben die Beklagten die Kosten des Rechtsstreits zu tragen mit Ausnahme der Einigungsgebühr, die von den Parteien jeweils selbst zu übernehmen ist. Der Wert des Rechtsstreits und des Vergleichs ist auf 127.822,97 € festgesetzt worden. Die Rechtspflegerin des Landgerichts hat auf Antrag der Kläger die von den Beklagten zu erstattenden Kosten auf 8.399,29 € einschließlich Mehrwertsteuer festgesetzt. In diesem Betrag ist eine 1,3 Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG in Höhe von 2.332,88 € (1.960,40 € zuzüglich Mehrwertsteuer) enthalten.
2
Mit ihrer sofortigen Beschwerde haben die Beklagten eine Herabsetzung dieser Verfahrensgebühr auf eine 0,55 Verfahrensgebühr angestrebt ; die rechnerische Ermittlung des nach ihrer Auffassung festzusetzenden Betrages beruht auf einem offensichtlichen Rechenfehler. Die Beklagten sind der Meinung, aufgrund der Bestimmung in Vorbem. 3 Abs. 4 zu Nr. 3100 VV RVG sei eine 0,75 Geschäftsgebühr auf die 1,3 Verfahrensgebühr anzurechnen, weil die Prozessbevollmächtigten die Kläger schon vorgerichtlich vertreten hätten. Damit sind sie vor dem Oberlandesgericht ohne Erfolg geblieben. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgen sie ihr Begehren weiter.
3
II. Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthafte Beschwerde ist auch im Übrigen zulässig. Sie führt auch in der Sache zum Erfolg.
4
1. Das Oberlandesgericht hat ausgeführt: Eine Pflicht der Rechtspflegerin zur Anrechnung einer Geschäftsgebühr, die aufgrund der vorgerichtlichen Tätigkeit der Bevollmächtigten der Kläger entstanden sei, auf die gerichtliche Verfahrensgebühr bestehe nicht, da die Kläger diese Geschäftsgebühr nicht als Nebenforderung auf Grundlage eines materiell -rechtlichen Schadensersatzanspruchs eingeklagt hätten. Nur dann aber sei nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine Anrechnung im Kostenfestsetzungsverfahren geboten. Die Anrechnungsvorschrift in Vorbem. 3 Abs. 4 zu Nr. 3100 VV RVG gelte überdies nur im Verhältnis zwischen einer Partei und ihrem Prozessbevollmächtigten. Der Prozessgegner hafte auf Erstattung vorgerichtlicher Kosten ausschließlich nach materiellem Recht. Nur wenn der Anfall der Geschäftsgebühr und die Pflicht des Gegners, sie zu tragen, oder jedenfalls die für die Berücksichtigung maßgebenden Tatsachen unstreitig seien, müsse diese als materiell-rechtlicher Anspruch einer Partei im Kostenfestsetzungsverfahren berücksichtigt werden; davon sei im gegebenen Fall nicht auszugehen.
5
2. Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
6
a) Nach Vorbem. 3 Abs. 4 zu Nr. 3100 VV RVG ist unter der - hier gegebenen - Voraussetzung, dass es sich um denselben Gegenstand handelt, eine bereits entstandene Geschäftsgebühr teilweise auf die spätere Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens anzurechnen. Nach dem eindeutigen Wortlaut der Bestimmung ist die gerichtliche Verfahrensgebühr zu mindern, nicht hingegen die vorgerichtliche Geschäftsge- bühr. Die Geschäftsgebühr bleibt also unangetastet; durch die Anrechnung verringert sich lediglich die Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG (vgl. BGH, Urteile vom 7. März 2007 - VIII ZR 86/06 - NJW 2007, 2049 Tz. 11; vom 14. März 2007 - VIII ZR 184/06 - NJW 2007, 2050 Tz. 19). Dieser Umstand ist im Kostenfestsetzungsverfahren zu berücksichtigen. Auf Weiteres kommt es - entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts - nach den angeführten Entscheidungen nicht an.
7
Der b) VIII. Zivilsenat hat mittlerweile auch ausdrücklich ausgesprochen , dass es für die kostenrechtliche Anrechnung ohne Bedeutung ist, ob die Geschäftsgebühr vom Prozessgegner auf materiell-rechtlicher Grundlage zu erstatten und ob sie insoweit zwischen den Parteien unstreitig , geltend gemacht, tituliert oder bereits beglichen ist. Maßgebend ist, dass § 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO, auf den es in diesem Zusammenhang allein ankommt, für eine Kostenerstattung an die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts und darüber unmittelbar an die Anrechnungsbestimmung in Vorbem. 3 Abs. 4 zu Nr. 3100 VV RVG anknüpft. Entsteht die Verfahrensgebühr wegen der in der genannten Bestimmung vorgesehenen Anrechnung eines Teils der bereits vorher entstandenen Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG von vornherein nur in gekürzter Höhe, kommt im Rahmen der Kostenfestsetzung auch keine darüber hinausgehende Erstattung in Betracht. Für die Anrechnung und damit die von selbst einsetzende Kürzung ist entscheidend, ob und in welcher Höhe eine Geschäftsgebühr bei vorausgesetzter Identität des Streitgegenstandes entstanden ist, der Rechtsanwalt zum Zeitpunkt des Entstehens der Verfahrensgebühr also schon einen Anspruch auf eine Geschäftsgebühr aus seinem vorprozessualen Tätigwerden erlangt hatte (vgl. BGH, Beschluss vom 22. Januar 2008 - VIII ZB 57/07 - NJW 2008, 1323 Tz. 6, 10).

8
Das ist hier zu bejahen. Der spätere Prozessbevollmächtigte ist für die Kläger bereits vorgerichtlich tätig geworden, wie sich aus dem von den Klägern vorgelegten Schriftverkehr ergibt. Damit liegen die Voraussetzungen gemäß Vorbem. 3 Abs. 4 zu Nr. 3100 VV RVG vor. Die Anrechnungsvorschrift findet ihren Grund darin, dass der Gebührenanspruch unter einem aufwandsbezogenen Gesichtspunkt gekürzt wird, weil nämlich der Rechtsanwalt aufgrund seiner vorprozessualen Befassung mit der Sache in der Regel nur einen geringeren Einarbeitungs- und Vorbereitungsaufwand hat (BGH aaO, Tz. 11).
9
Der c) III. Zivilsenat hat sich der Rechtsprechung des VIII. Zivilsenats angeschlossen und sich dessen Ausführungen ausdrücklich zu Eigen gemacht (Beschluss vom 30. April 2008 - III ZB 8/08 - bei juris abrufbar Tz. 4); auch der erkennende Senat tritt dieser Rechtsprechung bei.
10
Mithin hätte die Rechtspflegerin bei der von den Beklagten angegriffenen Kostenfestsetzung die 1,3 Verfahrensgebühr unter Teilanrechnung der wegen desselben Gegenstandes entstandenen Geschäftsgebühr vermindern müssen. Nach Vorbem. 3 Abs. 4 zu Nr. 3100 VV RVG ist eine nach den Nr. 2300 - 2303 VV RVG entstandene Geschäftsgebühr "zur Hälfte, jedoch höchstens mit einem Gebührensatz von 0,75" zur Anrechnung zu bringen. Das bedeutet, dass die Geschäftsgebühr den Satz von 1,5 erreichen oder überschreiten muss, um sie - wie von den Beklagten angestrebt - mit einem Satz von 0,75 anrechnen zu können (vgl. Riedel /Sußbauer/Keller, RVG 9. Aufl. VV Teil 3 Vorbem. 3 Rdn. 65).
11
Die Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG, dem hier einschlägigen Gebührentatbestand, sieht einen Gebührensatzrahmen von 0,5 bis 2,5 vor. Jedoch kann eine Gebühr von mehr als 1,3 nur gefordert werden , wenn die vorgerichtliche Tätigkeit umfangreich oder schwierig war. Dafür ist nichts ersichtlich, so dass die von den Beklagten mit ihrem Antrag begehrte Reduzierung um 0,75 auf eine 0,55 Verfahrensgebühr nicht in Betracht kommt. Es wäre Sache der Beklagten als den Festsetzungsgegnern gewesen, Umstände darzulegen, die eine Abweichung von der 1,3 Verfahrensgebühr rechtfertigen könnten, denn insoweit beziehen sie sich auf eine Ausnahme zum gebührengesetzlichen Regelfall (vgl. BGH, Beschluss vom 22. Januar 2008 aaO Tz. 12).
Terno Seiffert Wendt Dr. Kessal-Wulf Dr. Franke
Vorinstanzen:
LG Ulm, Entscheidung vom 28.08.2007 - 2 O 512/06 -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 25.10.2007 - 8 W 439/07 -
14
cc) Die zuletzt genannte Auffassung verdient den Vorzug.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)