Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Juni 2019 - XI ZB 36/17

bei uns veröffentlicht am25.06.2019
vorgehend
Landgericht Mainz, 6 O 59/17, 12.10.2017
Oberlandesgericht Koblenz, 6 W 523/17, 04.12.2017

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XI ZB 36/17
vom
25. Juni 2019
in dem Rechtsstreit
ECLI:DE:BGH:2019:250619BXIZB36.17.0

Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. Juni 2019 durch den Vizepräsidenten Prof. Dr. Ellenberger, die Richter Dr. Joeres und Dr. Matthias sowie die Richterinnen Dr. Menges und Dr. Dauber

beschlossen:
Die Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 4. Dezember 2017 wird als unzulässig verworfen. Streitwert: bis 7.000 €

Gründe:

I.

1
Der Kläger begehrt von der Beklagten im Ausgangsverfahren vor dem Landgericht Schadensersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung.
2
Nach einem Beratungsgespräch mit einem Mitarbeiter der Beklagten zeichnete der Kläger am 13. April 2007 eine Beteiligung am L. Fonds in Höhe von 30.000 US-Dollar zuzüglich eines Agios in Höhe von 5% der Anlagesumme. Am 30. Mai 2007 zahlte der Kläger die Anlagesumme in Höhe von 30.000 US-Dollar zuzüglich des Agios in Höhe von 1.500 US-Dollar. In der Folgezeit erhielt er Ausschüttungen in Höhe von 570,41 €.
3
Im Laufe des Rechtsstreits hat der Kläger mit Schriftsatz vom 19. Juni 2017 einen Musterverfahrensantrag nach dem KapMuG gestellt, der unter anderem in Bezug auf den von der Streithelferin der Beklagten herausgegebenen Emissionsprospekt die Feststellung diverser Prospektfehler zum Gegenstand hat. Das Landgericht hat mit Beschluss vom 12. Oktober 2017 entschieden, den Musterverfahrensantrag im Klageregister des Bundesanzeigers bekannt zu machen. Der Beschluss ist am 26. Januar 2018 im Klageregister veröffentlicht worden.
4
Die Beklagte ist der Ansicht, dass der Musterverfahrensantrag unzulässig sei, weil der Anwendungsbereich des KapMuG nicht eröffnet sei.
5
Gegen den Bekanntmachungsbeschluss des Landgerichts vom 12. Oktober 2017 haben die Beklagte und die Streithelferin der Beklagten sofortige Beschwerde eingelegt, mit der sie dessen Aufhebung und die Verwerfung des Musterverfahrensantrages als unzulässig begehrt haben. Sie haben gemeint, der Anwendungsbereich des KapMuG sei hier nicht eröffnet, so dass der Anfechtungsausschluss des § 3 Abs. 2 Satz 1 KapMuG keine Anwendung finde. Das Beschwerdegericht hat die sofortige Beschwerde mit Beschluss vom 4. Dezember 2017 als unzulässig verworfen.
6
Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Beschwerdegericht im Wesentlichen ausgeführt, dass das Rechtsmittel unzulässig sei, weil § 3 Abs. 2 Satz 1 KapMuG die Unanfechtbarkeit des Beschlusses zur Bekanntmachung eines Musterverfahrensantrages anordne.
7
Mit ihrer vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Beklagte ihr Rechtsschutzbegehren weiter.

II.

8
Die von der Beklagten eingelegte Rechtsbeschwerde ist unstatthaft und daher als unzulässig zu verwerfen.
9
1. Die Rechtsbeschwerde ist weder gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO noch gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthaft. Nach § 3 Abs. 2 Satz 1 KapMuG ist die Anfechtung des Bekanntmachungsbeschlusses ausgeschlossen. Die Zulassungsentscheidung des Beschwerdegerichts entfaltet für das Rechtsbeschwerdegericht keine Bindungswirkung.
10
a) Durch die Zulassungsentscheidung wird dem Beschwerdeführer die Rechtsbeschwerde nur zugänglich gemacht, wenn sie nach dem Gesetz grundsätzlich eröffnet ist, nicht aber in den Fällen, in denen die Anfechtbarkeit gesetzlich ausgeschlossen ist. Eine nach dem Gesetz unanfechtbare Entscheidung kann nicht durch den Ausspruch eines Gerichts der Anfechtung unterworfen werden (st. Rspr., vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 21. April 2004 - XII ZB 279/03, BGHZ 159, 14, 15 und vom 5. November 2015 - III ZB 69/14, BGHZ 207, 306 Rn. 7 jeweils mwN).
11
b) So liegt der Fall hier. Der Bekanntmachungsbeschluss ist, wie das Beschwerdegericht zutreffend erkannt hat, gemäß § 3 Abs. 2 Satz 1 KapMuG unanfechtbar. Etwas anderes gilt entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde auch nicht in den Fällen, in denen der Rechtsmittelführer - wie hier die Beklagte - geltend macht, der Anwendungsbereich des KapMuG (§ 1 Abs. 1 KapMuG) sei nicht eröffnet (offengelassen von BGH, Beschluss vom 5. November 2015 - III ZB 69/14, BGHZ 207, 306 Rn. 9).
12
aa) Allerdings gehen Teile der obergerichtlichen Rechtsprechung und Literatur davon aus, dass der Anfechtungsausschluss nach § 3 Abs. 2 Satz 1 KapMuG keine Anwendung findet, wenn das Ausgangsverfahren nicht in den Anwendungsbereich des KapMuG fällt. Vielmehr sei in diesen Fällen eine Anfechtung des Bekanntmachungsbeschlusses analog § 252, § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft (vgl. KG, WM 2015, 71 f.; KG, Beschlüsse vom 28. Oktober 2014 - 7 Kap 2/14, juris Rn. 8, vom 18. Dezember 2014 - 4 Kap 14/14, juris Rn. 10 und vom 23. Dezember 2014 - 4 Kap 1/14, juris Rn. 9; Wieczorek/Schütze/ Großerichter, ZPO, 4. Aufl., § 3 KapMuG Rn. 77; KK-KapMuG/Kruis, 2. Aufl., § 3 Rn. 122 ff.; vgl. zu § 3 KapMuG aF: Plaßmeier, NZG 2005, 609, 610 Fn. 16 und Varadinek/Asmus, ZIP 2008, 1309, 1310). Diese Ansicht stützt sich auf die Senatsrechtsprechung zur Anfechtbarkeit eines Aussetzungsbeschlusses nach § 7 Abs. 1 Satz 1 KapMuG in der bis zum 31. Oktober 2012 geltenden Fassung (im Folgenden: aF), wonach der in § 7 Abs. 1 Satz 4 KapMuG aF angeordnete Anfechtungsausschluss solche Rechtsstreitigkeiten nicht erfasst, in denen ein Musterfeststellungsantrag nach § 1 KapMuG aF nicht gestellt werden kann (vgl. Senatsbeschlüsse vom 16. Juni 2009 - XI ZB 33/08, WM 2009, 1359 Rn. 8 ff., vom 8. September 2009 - XI ZB 4/09, juris Rn. 5, vom 30. November 2010 - XI ZB 23/10, WM 2011, 110 Rn. 10, vom 17. Mai 2011 - XI ZB 2/11, juris Rn. 8 und vom 11. September 2012 - XI ZB 32/11, WM 2012, 2146 Rn. 13).
13
bb) Andere Stimmen in Rechtsprechung und Literatur nehmen demgegenüber an, dass der Anfechtungsausschluss des § 3 Abs. 2 Satz 1 KapMuG unabhängig davon greift, ob das Ausgangsverfahren im Anwendungsbereich des KapMuG liegt (vgl. OLG Braunschweig, BKR 2017, 173 Rn. 19 ff.; OLG Bremen, WM 2018, 180, 181; KG, WM 2015, 1415; KG, WM 2015, 2363; KG, AG 2015, 904 f.; KG, WM 2018, 178; KG, Beschluss vom 5. Januar 2015 - 20 Kap 1/14, juris Rn. 8; OLG München, Beschluss vom 29. Juli 2013 - 5 W 1384/13, juris; Blankenheim, WM 2017, 795, 796; Elzer, FD-ZVR 2017, 400054; vgl. zu § 2 KapMuG aF: Riedel in Vorwerk/Wolf, KapMuG, § 2 Rn. 5).
14
cc) Die letztgenannte Ansicht ist zutreffend.
15
Die Regelung des § 3 Abs. 2 Satz 1 KapMuG bestimmt, dass das Prozessgericht einen zulässigen Musterverfahrensantrag im Klageregister durch unanfechtbaren Beschluss öffentlich bekannt macht. Damit ist die Anfechtbarkeit des Bekanntmachungsbeschlusses ausgeschlossen (vgl. OLG Braunschweig , BKR 2017, 173 Rn. 20; OLG Bremen, WM 2018, 180, 181; KG, WM 2015, 1415). Der Gesetzgeber überlässt die Entscheidung, ob der Musterverfahrensantrag statthaft und auch sonst zulässig ist, mithin zunächst ohne weitere Überprüfungsmöglichkeit dem jeweiligen Prozessgericht. Das ist in diesem Stadium des Verfahrens hinzunehmen, weil gegen erstinstanzliche Aussetzungsentscheidungen eine zeitlich versetzte Rechtsschutzmöglichkeit gegeben ist. Denn im Zuge der Novellierung des KapMuG hat der Gesetzgeber vor dem Hintergrund der Senatsrechtsprechung zur Anfechtbarkeit eines Aussetzungsbeschlusses nach § 7 Abs. 1 KapMuG aF (vgl. Senatsbeschlüsse vom 16. Juni 2009 - XI ZB 33/08, WM 2009, 1359 Rn. 8 ff., vom 8. September 2009 - XI ZB 4/09, juris Rn. 5, vom 30. November 2010 - XI ZB 23/10, WM 2011, 110 Rn. 10, vom 17. Mai 2011 - XI ZB 2/11, juris Rn. 8 und vom 11. September 2012 - XI ZB 32/11, WM 2012, 2146 Rn. 13) den vormals in § 7 Abs. 1 Satz 4 KapMuG aF normierten Anfechtungsausschluss aufgehoben, so dass die Aussetzungsentscheidung des erstinstanzlichen Prozessgerichts nunmehr gemäß § 252, § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO der sofortigen Beschwerde unterliegt (vgl. BT-Drucks. 17/8799, S. 21). Mit ihr kann auch geltend gemacht werden, dass das ausgesetzte Verfahren nicht in den Anwendungsbereich des KapMuG fällt (Senatsbeschlüsse vom 8. April 2014 - XI ZB 40/11, WM 2014, 992 Rn. 23 und vom 30. April 2019 - XI ZB 13/18, XI ZB 14/18, XI ZB 15/18 n.n.v.; vgl. zu § 7 Abs. 1 Satz 1 KapMuG aF bereits Senatsbeschlüsse vom 16. Juni 2009 - XI ZB 33/08, WM 2009, 1359 Rn. 7 und vom 30. November 2010 - XI ZB 23/10, WM 2011, 110 Rn. 10).
16
Ein zeitlich versetzter Rechtsschutz ist von dem Antragsgegner auch unter Berücksichtigung des verfassungsrechtlichen Gebots effektiven Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG) hinzunehmen, weil der Gesetzgeber das Verfahren so ausgestaltet hat, dass ihm bei gesetzeskonformer Handhabung keine unverhältnismäßigen Belastungen drohen (vgl. BVerfGE 88, 118, 123 f.; OLG Braunschweig, BKR 2017, 173 Rn. 25 ff.; OLG Bremen, WM 2018, 180, 181; KG, Beschluss vom 5. Januar 2015 - 20 Kap 1/14, juris Rn. 8; KG, AG 2015, 904, WM 2015, 2363, 2364 und WM 2018, 178, 179 f.). Zwar sieht sich der Antragsgegner im Falle der Bekanntmachung eines Musterverfahrensantrages auf Grund der gemäß § 5 KapMuG eintretenden Unterbrechung des Verfahrens einer Verzögerung seines Rechtsstreits auch dann ausgesetzt, wenn das Verfahren tatsächlich nicht in den Anwendungsbereich des KapMuG fällt. Die mit der Unterbrechung einhergehende Verzögerung des Verfahrens dauert aber nach den gesetzlichen Vorgaben regelmäßig maximal sechs Monate (vgl. § 6 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 KapMuG). Diese Verzögerung ist in Anbetracht der vom Gesetzgeber mit dem Anfechtungsausschluss nach § 3 Abs. 2 Satz 1 KapMuG verfolgten Rechtsklarheit und Verfahrensbeschleunigung bei Ermittlung des Quorums für den Erlass eines Vorlagebeschlusses gemäß § 6 Abs. 1 KapMuG hinzunehmen (vgl. BT-Drucks. 17/8799, S. 17; KG, Beschluss vom 5. Januar 2015 - 20 Kap 1/14, juris Rn. 8; KG, AG 2015, 904, WM 2015, 2363, WM 2015, 2363, 2364 und WM 2018, 178, 179 f.).
17
2. Eine Kostenentscheidung ist nicht zu treffen. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens bilden einen Teil der Kosten des Rechtsstreits, die unabhängig vom Ausgang des Beschwerdeverfahrens die nach §§ 91 ff. ZPO in der Sache unterliegende Partei zu tragen hat (vgl. BGH, Beschluss vom 5. November 2015 - III ZB 69/14, BGHZ 207, 306 Rn. 25 mwN).
Ellenberger Joeres Matthias Menges Dauber Vorinstanzen:
LG Mainz, Entscheidung vom 12.10.2017 - 6 O 59/17 -
OLG Koblenz, Entscheidung vom 04.12.2017 - 6 W 523/17 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Juni 2019 - XI ZB 36/17

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Juni 2019 - XI ZB 36/17

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 574 Rechtsbeschwerde; Anschlussrechtsbeschwerde


(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 2


(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unver

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 20


(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat. (2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der

Zivilprozessordnung - ZPO | § 567 Sofortige Beschwerde; Anschlussbeschwerde


(1) Die sofortige Beschwerde findet statt gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Entscheidungen der Amtsgerichte und Landgerichte, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.es sich um solche eine mündliche Verhandlung nicht erfordernde E
Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Juni 2019 - XI ZB 36/17 zitiert 14 §§.

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(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

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Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz - KapMuG 2012 | § 1 Anwendungsbereich


(1) Dieses Gesetz ist anwendbar in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, in denen 1. ein Schadensersatzanspruch wegen falscher, irreführender oder unterlassener öffentlicher Kapitalmarktinformation,2. ein Schadensersatzanspruch wegen Verwendung einer fa

Zivilprozessordnung - ZPO | § 252 Rechtsmittel bei Aussetzung


Gegen die Entscheidung, durch die auf Grund der Vorschriften dieses Titels oder auf Grund anderer gesetzlicher Bestimmungen die Aussetzung des Verfahrens angeordnet oder abgelehnt wird, findet die sofortige Beschwerde statt.

Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz - KapMuG 2012 | § 7 Sperrwirkung des Vorlagebeschlusses


Mit Erlass des Vorlagebeschlusses ist die Einleitung eines weiteren Musterverfahrens für die gemäß § 8 Absatz 1 auszusetzenden Verfahren unzulässig. Ein gleichwohl ergangener Vorlagebeschluss ist nicht bindend.

Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz - KapMuG 2012 | § 6 Vorlage an das Oberlandesgericht; Verordnungsermächtigung


(1) Durch Vorlagebeschluss ist eine Entscheidung des im Rechtszug übergeordneten Oberlandesgerichts über die Feststellungsziele gleichgerichteter Musterverfahrensanträge herbeizuführen, wenn innerhalb von sechs Monaten nach der ersten Bekanntmachung

Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz - KapMuG 2012 | § 3 Zulässigkeit des Musterverfahrensantrags


(1) Das Prozessgericht verwirft den Musterverfahrensantrag durch unanfechtbaren Beschluss als unzulässig, soweit 1. die Entscheidung des zugrunde liegenden Rechtsstreits nicht von den geltend gemachten Feststellungszielen abhängt,2. die angegebenen B

Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz - KapMuG 2012 | § 2 Musterverfahrensantrag


(1) Durch Musterverfahrensantrag kann im ersten Rechtszug die Feststellung des Vorliegens oder Nichtvorliegens anspruchsbegründender oder anspruchsausschließender Voraussetzungen oder die Klärung von Rechtsfragen (Feststellungsziele) begehrt werden.

Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz - KapMuG 2012 | § 5 Unterbrechung des Verfahrens


Mit der Bekanntmachung des Musterverfahrensantrags im Klageregister wird das Verfahren unterbrochen.

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Referenzen

(1) Das Prozessgericht verwirft den Musterverfahrensantrag durch unanfechtbaren Beschluss als unzulässig, soweit

1.
die Entscheidung des zugrunde liegenden Rechtsstreits nicht von den geltend gemachten Feststellungszielen abhängt,
2.
die angegebenen Beweismittel zum Beweis der geltend gemachten Feststellungsziele ungeeignet sind,
3.
nicht dargelegt ist, dass eine Bedeutung für andere Rechtsstreitigkeiten gegeben ist, oder
4.
der Musterverfahrensantrag zum Zwecke der Prozessverschleppung gestellt ist.

(2) Einen zulässigen Musterverfahrensantrag macht das Prozessgericht im Bundesanzeiger unter der Rubrik „Klageregister nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz“ (Klageregister) durch unanfechtbaren Beschluss öffentlich bekannt. Die Bekanntmachung enthält nur die folgenden Angaben:

1.
die vollständige Bezeichnung der Beklagten und ihrer gesetzlichen Vertreter,
2.
die Bezeichnung des von dem Musterverfahrensantrag betroffenen Emittenten von Wertpapieren oder Anbieters von sonstigen Vermögensanlagen,
3.
die Bezeichnung des Prozessgerichts,
4.
das Aktenzeichen des Prozessgerichts,
5.
die Feststellungsziele des Musterverfahrensantrags,
6.
eine knappe Darstellung des vorgetragenen Lebenssachverhalts und
7.
den Zeitpunkt des Eingangs des Musterverfahrensantrags beim Prozessgericht und den Zeitpunkt der Bekanntmachung im Klageregister.

(3) Das Prozessgericht soll zulässige Musterverfahrensanträge binnen sechs Monaten nach Eingang des Antrags bekannt machen. Verzögerungen der Bekanntmachung sind durch unanfechtbaren Beschluss zu begründen.

(4) Das Prozessgericht kann davon absehen, Musterverfahrensanträge im Klageregister öffentlich bekannt zu machen, wenn die Voraussetzungen zur Einleitung eines Musterverfahrens nach § 6 Absatz 1 Satz 1 bereits vorliegen.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Das Prozessgericht verwirft den Musterverfahrensantrag durch unanfechtbaren Beschluss als unzulässig, soweit

1.
die Entscheidung des zugrunde liegenden Rechtsstreits nicht von den geltend gemachten Feststellungszielen abhängt,
2.
die angegebenen Beweismittel zum Beweis der geltend gemachten Feststellungsziele ungeeignet sind,
3.
nicht dargelegt ist, dass eine Bedeutung für andere Rechtsstreitigkeiten gegeben ist, oder
4.
der Musterverfahrensantrag zum Zwecke der Prozessverschleppung gestellt ist.

(2) Einen zulässigen Musterverfahrensantrag macht das Prozessgericht im Bundesanzeiger unter der Rubrik „Klageregister nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz“ (Klageregister) durch unanfechtbaren Beschluss öffentlich bekannt. Die Bekanntmachung enthält nur die folgenden Angaben:

1.
die vollständige Bezeichnung der Beklagten und ihrer gesetzlichen Vertreter,
2.
die Bezeichnung des von dem Musterverfahrensantrag betroffenen Emittenten von Wertpapieren oder Anbieters von sonstigen Vermögensanlagen,
3.
die Bezeichnung des Prozessgerichts,
4.
das Aktenzeichen des Prozessgerichts,
5.
die Feststellungsziele des Musterverfahrensantrags,
6.
eine knappe Darstellung des vorgetragenen Lebenssachverhalts und
7.
den Zeitpunkt des Eingangs des Musterverfahrensantrags beim Prozessgericht und den Zeitpunkt der Bekanntmachung im Klageregister.

(3) Das Prozessgericht soll zulässige Musterverfahrensanträge binnen sechs Monaten nach Eingang des Antrags bekannt machen. Verzögerungen der Bekanntmachung sind durch unanfechtbaren Beschluss zu begründen.

(4) Das Prozessgericht kann davon absehen, Musterverfahrensanträge im Klageregister öffentlich bekannt zu machen, wenn die Voraussetzungen zur Einleitung eines Musterverfahrens nach § 6 Absatz 1 Satz 1 bereits vorliegen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 279/03
vom
21. April 2004
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Gegen eine einstweilige Anordnung nach § 769 Abs. 1 ZPO ist weder die sofortige
Beschwerde noch eine außerordentliche Beschwerde statthaft.
BGH, Beschluß vom 21. April 2004 - XII ZB 279/03 - OLG Stuttgart
AG Ulm
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 21. April 2004 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, Weber-Monecke,
Prof. Dr. Wagenitz und Dose

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde des Beklagten gegen den Beschluß des 16. Zivilsenats - Familiensenat - des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 18. November 2003 wird auf seine Kosten als unzulässig verworfen. Beschwerdewert: bis 150 €

Gründe:


I.

Die Parteien streiten um Abänderung eines Titels über Kindesunterhalt. Mit gerichtlichem Vergleich vom 1. Dezember 1998 verpflichtete sich der Kläger , an den Beklagten, seinen Sohn aus geschiedener Ehe, Unterhalt in Höhe von 170 % des Regelbetrages abzüglich des hälftigen Kindergeldes zu zahlen. Mit der vorliegenden Klage begehrt er Herabsetzung des Kindesunterhalts auf 114 % des Regelbetrages abzüglich des hälftigen Kindergeldes. Auf den Antrag des Klägers hat das Amtsgericht die Zwangsvollstrekkung aus dem Vergleich einstweilen gegen Sicherheitsleistung in Höhe des sonst vollstreckbaren Betrages eingestellt, soweit der Titel 150 % des Regelbe-
trages abzüglich des hälftigen Kindergeldes übersteigt. Das Oberlandesgericht hat die dagegen eingelegte sofortige Beschwerde als unzulässig verworfen und wegen der Frage "der Anfechtungsmöglichkeiten gegen einen Beschluß nach § 769 ZPO" die Rechtsbeschwerde zugelassen.

II.

Die Rechtsbeschwerde des Beklagten ist unzulässig. 1. Nach der Neuregelung des Beschwerderechts durch das Zivilprozeßreformgesetz vom 27. Juli 2001 (BGBl. I S. 1887, 1902) kann der Bundesgerichtshof gegen Beschlüsse des Beschwerdegerichts, des Berufungsgerichts oder des Oberlandesgerichts im ersten Rechtszug ausschließlich in den Fällen des § 574 Abs. 1 ZPO angerufen werden. Danach ist die Rechtsbeschwerde nur statthaft, wenn dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist (§ 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) oder das Berufungsgericht sie in dem angefochtenen Beschluß zugelassen hat (§ 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO). Beide Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Gegen Beschlüsse, mit denen eine Beschwerde als unzulässig verworfen wurde, ist die Rechtsbeschwerde nicht generell statthaft. Insoweit unterscheidet sich das Beschwerderecht (§ 572 Abs. 2 ZPO) von der ausdrücklichen Regelung im Berufungsrecht (§ 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO). Der Senat ist auch nicht an die Zulassung der Rechtsbeschwerde durch das Beschwerdegericht gebunden. Durch die Zulassung wird dem Beschwerdeführer die Rechtsbeschwerde zugänglich gemacht, wenn sie nach dem Gesetz grundsätzlich statthaft ist. Sie wird aber nicht in den Fällen eröffnet, in denen
die Anfechtbarkeit gesetzlich ausgeschlossen ist (BGH Beschlüsse vom 12. September 2002 - III ZB 43/02 - NJW 2002, 3554 zur Prozeßkostenhilfe; vom 8. Oktober 2002 - VI ZB 27/02 - NJW 2003, 211 zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und vom 10. Dezember 2003 - IV ZB 35/03 - FamRZ 2004, 437 zur Zurückweisung der Berufung nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Eine nach dem Gesetz unanfechtbare Entscheidung des Beschwerdegerichts kann nicht durch dessen Ausspruch der Anfechtung unterworfen werden. Das gilt erst recht, wenn schon das Rechtsmittel zum Beschwerdegericht nicht zulässig war (vgl. BGH Beschluß vom 23. Oktober 2003 - IX ZB 369/02 - NJW 2004, 1112 m.w.N.). 2. Wie das Beschwerdegericht zutreffend erkannt hat, ist gegen einstweilige Anordnungen nach § 769 Abs. 1 ZPO kein Rechtsmittel gegeben.
a) Gegen Entscheidungen des Prozeßgerichts nach § 769 Abs. 1 ZPO, in denen die Zwangsvollstreckung ganz oder teilweise eingestellt wird, ist eine sofortige Beschwerde nicht statthaft. Das folgt aus einer Auslegung des § 769 Abs. 1 ZPO im Kontext der allgemeinen Vorschriften zur Zwangsvollstreckung, insbesondere der §§ 707 Abs. 2 Satz 2, 793 ZPO. Während eine Anfechtungsmöglichkeit in § 769 Abs. 1 ZPO nicht ausdrücklich geregelt ist, schließt § 707 Abs. 2 Satz 2 ZPO die Anfechtung einer Entscheidung über die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung bei Anträgen auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand oder Wiederaufnahme des Verfahrens ausdrücklich aus; § 719 Abs. 1 Satz 1 ZPO verweist für die Fälle des Einspruchs oder der Berufung gegen ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil auf diese Regelung. Im übrigen folgt aus § 793 ZPO, daß gegen Entscheidungen , die im Zwangsvollstreckungsverfahren ohne mündliche Verhandlung ergehen können, die sofortige Beschwerde stattfindet. Ob gegen eine Ent-
scheidung über die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung nach § 769 Abs. 1 ZPO die allgemeine Beschwerdemöglichkeit nach § 793 ZPO eröffnet oder ob wegen der Vergleichbarkeit zu den abweichend geregelten Einzelfällen und einer planwidrigen Regelungslücke eine Analogie zu § 707 Abs. 2 ZPO geboten ist, muss deswegen eine Auslegung des § 769 Abs. 1 ZPO ergeben. Gegen die Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde nach § 793 ZPO spricht schon der Anwendungsbereich dieser Vorschrift. Sie ermöglicht ein Rechtsmittel gegen Entscheidungen des Vollstreckungsgerichts, während im 1. Abschnitt des 8. Buches der Zivilprozeßordnung (§§ 704 ff. ZPO) nicht nur die Tätigkeit des Vollstreckungsgerichts, sondern auch das Verfahren des Prozeßgerichts geregelt ist. Gerade § 769 Abs. 1 ZPO ermöglicht es dem mit Einwendungen gegen das Urteil befaßten Prozeßgericht, die Zwangsvollstreckung gegen oder ohne Sicherheitsleistung einzustellen (vgl. Künkel MDR 1989, 309, 310). Insoweit ist das Verfahren mit den Verfahren nach § 707 ZPO vergleichbar , in denen ebenfalls ein schon vollstreckbarer Titel abgeändert werden soll. Wie in jenen Verfahren ist es auch hier geboten, die Entscheidung in der Hauptsache nicht durch Rechtsmittel gegen die Nebenentscheidung über die vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung zu verzögern. Entsprechend sind auch sonst die in einem Hauptsacheverfahren ergangenen einstweiligen Anordnungen regelmäßig nicht anfechtbar, wie sich aus § 620 c ZPO ergibt. Auch wegen der gleichen Interessenlage bei der Einstellungsmöglichkeit nach § 769 Abs. 1 ZPO zu jener nach § 707 ZPO ist es geboten, die Vorschrift des § 707 Abs. 2 Satz 2 ZPO analog anzuwenden. Nach der gesetzgeberischen Wertung kann das mit der Hauptsache befasste erstinstanzliche Gericht am besten beurteilen, ob und gegebenenfalls welche einstweilige Regelung erforderlich ist (vgl. BT-Drucks. 10/3054 S. 14). Seine Entscheidung in der
Hauptsache soll nicht durch eine vorläufige Entscheidung des Beschwerdegerichts beeinflußt werden (Stein/Jonas/Münzberg ZPO 22. Aufl. § 769 Rdn. 18). Dadurch wird der Rechtsschutz nicht entscheidend beeinträchtigt, denn die Anordnungen sind in jeder Instanz frei abänderbar, um der jeweiligen Prozeßlage gerecht zu werden (Stein/Jonas/Münzberg aaO.; Zöller/Herget ZPO 24. Aufl. § 707 Rdn. 18, 22). Zudem endet die einstweilige Maßnahme mit der Entscheidung in der Hauptsache. Deswegen spricht sich auch der überwiegende Teil der Rechtsprechung für eine analoge Anwendung des § 707 Abs. 2 Satz 2 ZPO auf § 769 Abs. 1 ZPO aus (aus der neueren Rechtsprechung vgl. z.B. neben dem hier angefochtenen Beschluß des OLG Stuttgart noch OLG Frankfurt NJW-RR 2003, 140; OLG Karlsruhe, FamRZ 2003, 1676; OLG Koblenz OLGR 2003, 332; LG Magdeburg Beschluß vom 6. Oktober 2003 - 3 T 714/03 - veröffentlicht bei JURIS). Einer entsprechenden Anwendung des § 707 Abs. 2 Satz 2 ZPO steht nicht entgegen, daß der Gesetzgeber die Frage trotz der in Rechtsprechung (vgl. insoweit die Aufstellung von Lemke, MDR 2000, 13, 18) und Literatur umstrittenen Rechtsfrage ungeregelt gelassen hat. Denn entgegen der Auffassung des LArbG Frankfurt (Beschluß vom 8. Mai 2003 - 16 Ta 172/03 - veröffentlicht bei JURIS) folgt daraus nicht, daß die Rechtsfrage im Sinne einer Anwendbarkeit der sofortigen Beschwerde nach § 793 ZPO geregelt sein sollte. Der Gesetzgeber hat die zunächst aufgetretene unbewußte Regelungslücke vielmehr in Kenntnis der überwiegenden Auffassung zur Unanfechtbarkeit des Beschlusses nach § 769 Abs. 1 ZPO unverändert gelassen. Schon im Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Zivilprozeßordnung vom 18. März 19 85 war eine Änderung des § 769 Abs. 3 ZPO vorgesehen, wonach auch gegen solche Beschlüsse keine Rechtsmittel zulässig sein sollten, um nicht das Verfahren der Hauptsache entgegen dem rechtsstaatlichen Gebot zur Gewährung eines wirksamen Rechtsschutzes unangemessen zu verzögern (BT-Drucks. 10/3054
S. 14). Zwar ist diese Regelung letztlich nicht in das Gesetz übernommen worden. Das war bei gleich gebliebener gesetzgeberischer Intention, nämlich das Verfahren der Hauptsache nicht durch Rechtsmittel gegen Zwischen- und Nebenentscheidungen unvertretbar zu verzögern, allein auf die Auffassung zurückzuführen , die grundsätzliche Unanfechtbarkeit dieser Anordnungen und Maßnahmen sei "in der Rechtsprechung hinreichend anerkannt" (BTDrucks. 11/3621 S. 25, 26). Letztlich wollte der Gesetzgeber die Rechtsfrage also im Sinne einer Unanfechtbarkeit dieser Entscheidungen beantwortet lassen. Daran hat sich auch durch die späteren Reformen nichts geändert, weil diese Frage bei gleich gebliebener Motivation des Gesetzgebers ungeregelt geblieben ist (vgl. BT-Drucks. 14/4722 S. 68, 122; so auch Musielak/Lackmann ZPO 3. Aufl. § 707 Rdn. 12; MünchKomm/Schmidt ZPO 2. Aufl. § 769 Rdn. 33; OLG Frankfurt NJW-RR 2003, 140).
b) Zu Recht hat das Beschwerdegericht auch eine außerordentliche Beschwerde nicht für zulässig erachtet. Der Bundesgerichtshof hat entschieden, daß nach der Neuregelung des Beschwerderechts durch das Zivilprozeßreformgesetz Beschlüsse der Beschwerdegerichte ausschließlich in den Fällen des § 574 Abs. 1 ZPO angefochten werden können. Ein außerordentliches Rechtsmittel zum Bundesgerichtshof ist auch dann nicht statthaft, wenn die Entscheidung ein Verfahrensgrundrecht des Beschwerdeführers verletzt oder aus sonstigen Gründen greifbar gesetzwidrig ist. In einem solchen Fall ist die angefochtene Entscheidung durch das Gericht, das sie erlassen hat, auf (fristgebundene ) Gegenvorstellung zu korrigieren. Wird ein Verfassungsverstoß nicht beseitigt, kommt allein eine Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht in Betracht (BGHZ 150, 133). Entsprechend ist durch das Zivilprozeßreformgesetz die Vorschrift des § 321 a ZPO eingeführt worden, die es dem Gericht erster Instanz ermöglicht, auf fristgebundene Rüge sein noch nicht rechtskräftiges Urteil abzuändern. So hat auch das Bundesverfassungsgericht
durch Plenarbeschluß vom 30. April 2003 (FamRZ 2003, 995) dem Gesetzgeber aufgegeben, bis zum 31. Dezember 2004 eine fachgerichtliche Abhilfemöglichkeit für den Fall zu schaffen, daß ein Gericht in entscheidungserheblicher Weise den Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt. Für den Fall, daß der Gesetzgeber keine rechtzeitige Neuregelung trifft, hat es angeordnet, daß das Verfahren auf Antrag einer beschwerten Partei von dem Gericht fortzusetzen ist, dessen Entscheidung wegen der behaupteten Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör angegriffen wird. Auch das spricht dafür, selbst in Fällen fehlerhafter Ermessensausübung (vgl. insoweit noch OLG Celle WM 2002, 2453; OLG Schleswig Beschluß vom 18. August 2003 - 16 W 110/03 - veröffentlicht bei Juris; OLG Köln FF 2002, 175; OLG Frankfurt InVo 2003, 479) eine außerordentliche Beschwerde nicht mehr zuzulassen, zumal dem Ausgangsgericht die Möglichkeit eröffnet wird, greifbaren Verfahrensverstößen selbst abzuhelfen. Im übrigen darf das Gericht den Beschluß nach § 769 Abs. 1 ZPO schon nach der gegenwärtigen Rechtslage jederzeit ändern und die Zwangsvollstreckung
gegen oder ohne Sicherheitsleistung einstellen oder aufheben und die Einstellung rückgängig machen (vgl. Zöller/Herget ZPO 24. Aufl. § 769 Rdn. 10).
Hahne Sprick Weber-Monecke Bundesrichter Prof. Dr. Wagenitz Dose kann urlaubsbedingt nicht unterzeichnen. Hahne
7
a) Durch die Zulassung wird dem Beschwerdeführer die Rechtsbeschwerde nur zugänglich gemacht, wenn sie nach dem Gesetz grundsätzlich eröffnet ist, nicht aber in den Fällen, in denen die Anfechtbarkeit gesetzlich ausgeschlossen ist. Die Bindungswirkung der Rechtsmittelzulassung umfasst bei der Rechtsbeschwerde nur die in § 574 Abs. 3 Satz 1 in Verbindung mit § 574 Abs. 2 ZPO genannten Zulassungsvoraussetzungen. Sie kann hingegen nicht dazu führen, dass ein gesetzlich nicht vorgesehener Instanzenzug eröffnet wird. Eine nach dem Gesetz unanfechtbare Entscheidung kann daher nicht durch den Ausspruch eines Gerichts der Anfechtung unterworfen werden (st. Rspr. s. etwa Senatsbeschluss vom 26. März 2015 - III ZB 80/13, MDR 2015, 668, 669 Rn. 11; BGH, Beschlüsse vom 21. April 2004 - XII ZB 279/03, BGHZ 159, 14, 15 mwN; vom 11. Mai 2005 - XII ZB 189/03, NJW-RR 2005, 1009 und vom 23. Mai 2012 - XII ZB 417/11, NJW-RR 2012, 1156 Rn. 4).

(1) Das Prozessgericht verwirft den Musterverfahrensantrag durch unanfechtbaren Beschluss als unzulässig, soweit

1.
die Entscheidung des zugrunde liegenden Rechtsstreits nicht von den geltend gemachten Feststellungszielen abhängt,
2.
die angegebenen Beweismittel zum Beweis der geltend gemachten Feststellungsziele ungeeignet sind,
3.
nicht dargelegt ist, dass eine Bedeutung für andere Rechtsstreitigkeiten gegeben ist, oder
4.
der Musterverfahrensantrag zum Zwecke der Prozessverschleppung gestellt ist.

(2) Einen zulässigen Musterverfahrensantrag macht das Prozessgericht im Bundesanzeiger unter der Rubrik „Klageregister nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz“ (Klageregister) durch unanfechtbaren Beschluss öffentlich bekannt. Die Bekanntmachung enthält nur die folgenden Angaben:

1.
die vollständige Bezeichnung der Beklagten und ihrer gesetzlichen Vertreter,
2.
die Bezeichnung des von dem Musterverfahrensantrag betroffenen Emittenten von Wertpapieren oder Anbieters von sonstigen Vermögensanlagen,
3.
die Bezeichnung des Prozessgerichts,
4.
das Aktenzeichen des Prozessgerichts,
5.
die Feststellungsziele des Musterverfahrensantrags,
6.
eine knappe Darstellung des vorgetragenen Lebenssachverhalts und
7.
den Zeitpunkt des Eingangs des Musterverfahrensantrags beim Prozessgericht und den Zeitpunkt der Bekanntmachung im Klageregister.

(3) Das Prozessgericht soll zulässige Musterverfahrensanträge binnen sechs Monaten nach Eingang des Antrags bekannt machen. Verzögerungen der Bekanntmachung sind durch unanfechtbaren Beschluss zu begründen.

(4) Das Prozessgericht kann davon absehen, Musterverfahrensanträge im Klageregister öffentlich bekannt zu machen, wenn die Voraussetzungen zur Einleitung eines Musterverfahrens nach § 6 Absatz 1 Satz 1 bereits vorliegen.

(1) Dieses Gesetz ist anwendbar in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, in denen

1.
ein Schadensersatzanspruch wegen falscher, irreführender oder unterlassener öffentlicher Kapitalmarktinformation,
2.
ein Schadensersatzanspruch wegen Verwendung einer falschen oder irreführenden öffentlichen Kapitalmarktinformation oder wegen Unterlassung der gebotenen Aufklärung darüber, dass eine öffentliche Kapitalmarktinformation falsch oder irreführend ist, oder
3.
ein Erfüllungsanspruch aus Vertrag, der auf einem Angebot nach dem Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, einschließlich eines Anspruchs nach § 39 Absatz 3 Satz 3 und 4 des Börsengesetzes, beruht,
geltend gemacht wird.

(2) Öffentliche Kapitalmarktinformationen sind Informationen über Tatsachen, Umstände, Kennzahlen und sonstige Unternehmensdaten, die für eine Vielzahl von Kapitalanlegern bestimmt sind und einen Emittenten von Wertpapieren oder einen Anbieter von sonstigen Vermögensanlagen betreffen. Dies sind insbesondere Angaben in

1.
Prospekten nach der Verordnung (EU) 2017/1129 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über den Prospekt, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel an einem geregelten Markt zu veröffentlichen ist und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/71/EG (ABl. L 168 vom 30.6.2017, S. 12), Wertpapier-Informationsblättern nach dem Wertpapierprospektgesetz und Informationsblättern nach dem Wertpapierhandelsgesetz,
2.
Verkaufsprospekten, Vermögensanlagen-Informationsblättern und wesentlichen Anlegerinformationen nach dem Verkaufsprospektgesetz, dem Vermögensanlagengesetz, dem Investmentgesetz in der bis zum 21. Juli 2013 geltenden Fassung sowie dem Kapitalanlagegesetzbuch,
3.
Mitteilungen über Insiderinformationen im Sinne des Artikels 17 der Verordnung (EU) Nr. 596/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über Marktmissbrauch (Marktmissbrauchsverordnung) und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und der Richtlinien 2003/124/EG, 2003/125/EG und 2004/72/EG der Kommission (ABl. L 173 vom 12.6.2014, S. 1) in der jeweils geltenden Fassung und des § 26 des Wertpapierhandelsgesetzes,
4.
Darstellungen, Übersichten, Vorträgen und Auskünften in der Hauptversammlung über die Verhältnisse der Gesellschaft einschließlich ihrer Beziehungen zu verbundenen Unternehmen im Sinne des § 400 Absatz 1 Nummer 1 des Aktiengesetzes,
5.
Jahresabschlüssen, Lageberichten, Konzernabschlüssen, Konzernlageberichten sowie Halbjahresfinanzberichten des Emittenten und in
6.
Angebotsunterlagen im Sinne des § 11 Absatz 1 Satz 1 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.

7
a) Durch die Zulassung wird dem Beschwerdeführer die Rechtsbeschwerde nur zugänglich gemacht, wenn sie nach dem Gesetz grundsätzlich eröffnet ist, nicht aber in den Fällen, in denen die Anfechtbarkeit gesetzlich ausgeschlossen ist. Die Bindungswirkung der Rechtsmittelzulassung umfasst bei der Rechtsbeschwerde nur die in § 574 Abs. 3 Satz 1 in Verbindung mit § 574 Abs. 2 ZPO genannten Zulassungsvoraussetzungen. Sie kann hingegen nicht dazu führen, dass ein gesetzlich nicht vorgesehener Instanzenzug eröffnet wird. Eine nach dem Gesetz unanfechtbare Entscheidung kann daher nicht durch den Ausspruch eines Gerichts der Anfechtung unterworfen werden (st. Rspr. s. etwa Senatsbeschluss vom 26. März 2015 - III ZB 80/13, MDR 2015, 668, 669 Rn. 11; BGH, Beschlüsse vom 21. April 2004 - XII ZB 279/03, BGHZ 159, 14, 15 mwN; vom 11. Mai 2005 - XII ZB 189/03, NJW-RR 2005, 1009 und vom 23. Mai 2012 - XII ZB 417/11, NJW-RR 2012, 1156 Rn. 4).

(1) Das Prozessgericht verwirft den Musterverfahrensantrag durch unanfechtbaren Beschluss als unzulässig, soweit

1.
die Entscheidung des zugrunde liegenden Rechtsstreits nicht von den geltend gemachten Feststellungszielen abhängt,
2.
die angegebenen Beweismittel zum Beweis der geltend gemachten Feststellungsziele ungeeignet sind,
3.
nicht dargelegt ist, dass eine Bedeutung für andere Rechtsstreitigkeiten gegeben ist, oder
4.
der Musterverfahrensantrag zum Zwecke der Prozessverschleppung gestellt ist.

(2) Einen zulässigen Musterverfahrensantrag macht das Prozessgericht im Bundesanzeiger unter der Rubrik „Klageregister nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz“ (Klageregister) durch unanfechtbaren Beschluss öffentlich bekannt. Die Bekanntmachung enthält nur die folgenden Angaben:

1.
die vollständige Bezeichnung der Beklagten und ihrer gesetzlichen Vertreter,
2.
die Bezeichnung des von dem Musterverfahrensantrag betroffenen Emittenten von Wertpapieren oder Anbieters von sonstigen Vermögensanlagen,
3.
die Bezeichnung des Prozessgerichts,
4.
das Aktenzeichen des Prozessgerichts,
5.
die Feststellungsziele des Musterverfahrensantrags,
6.
eine knappe Darstellung des vorgetragenen Lebenssachverhalts und
7.
den Zeitpunkt des Eingangs des Musterverfahrensantrags beim Prozessgericht und den Zeitpunkt der Bekanntmachung im Klageregister.

(3) Das Prozessgericht soll zulässige Musterverfahrensanträge binnen sechs Monaten nach Eingang des Antrags bekannt machen. Verzögerungen der Bekanntmachung sind durch unanfechtbaren Beschluss zu begründen.

(4) Das Prozessgericht kann davon absehen, Musterverfahrensanträge im Klageregister öffentlich bekannt zu machen, wenn die Voraussetzungen zur Einleitung eines Musterverfahrens nach § 6 Absatz 1 Satz 1 bereits vorliegen.

Gegen die Entscheidung, durch die auf Grund der Vorschriften dieses Titels oder auf Grund anderer gesetzlicher Bestimmungen die Aussetzung des Verfahrens angeordnet oder abgelehnt wird, findet die sofortige Beschwerde statt.

(1) Die sofortige Beschwerde findet statt gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Entscheidungen der Amtsgerichte und Landgerichte, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
es sich um solche eine mündliche Verhandlung nicht erfordernde Entscheidungen handelt, durch die ein das Verfahren betreffendes Gesuch zurückgewiesen worden ist.

(2) Gegen Entscheidungen über Kosten ist die Beschwerde nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt.

(3) Der Beschwerdegegner kann sich der Beschwerde anschließen, selbst wenn er auf die Beschwerde verzichtet hat oder die Beschwerdefrist verstrichen ist. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Beschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Das Prozessgericht verwirft den Musterverfahrensantrag durch unanfechtbaren Beschluss als unzulässig, soweit

1.
die Entscheidung des zugrunde liegenden Rechtsstreits nicht von den geltend gemachten Feststellungszielen abhängt,
2.
die angegebenen Beweismittel zum Beweis der geltend gemachten Feststellungsziele ungeeignet sind,
3.
nicht dargelegt ist, dass eine Bedeutung für andere Rechtsstreitigkeiten gegeben ist, oder
4.
der Musterverfahrensantrag zum Zwecke der Prozessverschleppung gestellt ist.

(2) Einen zulässigen Musterverfahrensantrag macht das Prozessgericht im Bundesanzeiger unter der Rubrik „Klageregister nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz“ (Klageregister) durch unanfechtbaren Beschluss öffentlich bekannt. Die Bekanntmachung enthält nur die folgenden Angaben:

1.
die vollständige Bezeichnung der Beklagten und ihrer gesetzlichen Vertreter,
2.
die Bezeichnung des von dem Musterverfahrensantrag betroffenen Emittenten von Wertpapieren oder Anbieters von sonstigen Vermögensanlagen,
3.
die Bezeichnung des Prozessgerichts,
4.
das Aktenzeichen des Prozessgerichts,
5.
die Feststellungsziele des Musterverfahrensantrags,
6.
eine knappe Darstellung des vorgetragenen Lebenssachverhalts und
7.
den Zeitpunkt des Eingangs des Musterverfahrensantrags beim Prozessgericht und den Zeitpunkt der Bekanntmachung im Klageregister.

(3) Das Prozessgericht soll zulässige Musterverfahrensanträge binnen sechs Monaten nach Eingang des Antrags bekannt machen. Verzögerungen der Bekanntmachung sind durch unanfechtbaren Beschluss zu begründen.

(4) Das Prozessgericht kann davon absehen, Musterverfahrensanträge im Klageregister öffentlich bekannt zu machen, wenn die Voraussetzungen zur Einleitung eines Musterverfahrens nach § 6 Absatz 1 Satz 1 bereits vorliegen.

Mit Erlass des Vorlagebeschlusses ist die Einleitung eines weiteren Musterverfahrens für die gemäß § 8 Absatz 1 auszusetzenden Verfahren unzulässig. Ein gleichwohl ergangener Vorlagebeschluss ist nicht bindend.

(1) Dieses Gesetz ist anwendbar in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, in denen

1.
ein Schadensersatzanspruch wegen falscher, irreführender oder unterlassener öffentlicher Kapitalmarktinformation,
2.
ein Schadensersatzanspruch wegen Verwendung einer falschen oder irreführenden öffentlichen Kapitalmarktinformation oder wegen Unterlassung der gebotenen Aufklärung darüber, dass eine öffentliche Kapitalmarktinformation falsch oder irreführend ist, oder
3.
ein Erfüllungsanspruch aus Vertrag, der auf einem Angebot nach dem Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, einschließlich eines Anspruchs nach § 39 Absatz 3 Satz 3 und 4 des Börsengesetzes, beruht,
geltend gemacht wird.

(2) Öffentliche Kapitalmarktinformationen sind Informationen über Tatsachen, Umstände, Kennzahlen und sonstige Unternehmensdaten, die für eine Vielzahl von Kapitalanlegern bestimmt sind und einen Emittenten von Wertpapieren oder einen Anbieter von sonstigen Vermögensanlagen betreffen. Dies sind insbesondere Angaben in

1.
Prospekten nach der Verordnung (EU) 2017/1129 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über den Prospekt, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel an einem geregelten Markt zu veröffentlichen ist und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/71/EG (ABl. L 168 vom 30.6.2017, S. 12), Wertpapier-Informationsblättern nach dem Wertpapierprospektgesetz und Informationsblättern nach dem Wertpapierhandelsgesetz,
2.
Verkaufsprospekten, Vermögensanlagen-Informationsblättern und wesentlichen Anlegerinformationen nach dem Verkaufsprospektgesetz, dem Vermögensanlagengesetz, dem Investmentgesetz in der bis zum 21. Juli 2013 geltenden Fassung sowie dem Kapitalanlagegesetzbuch,
3.
Mitteilungen über Insiderinformationen im Sinne des Artikels 17 der Verordnung (EU) Nr. 596/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über Marktmissbrauch (Marktmissbrauchsverordnung) und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und der Richtlinien 2003/124/EG, 2003/125/EG und 2004/72/EG der Kommission (ABl. L 173 vom 12.6.2014, S. 1) in der jeweils geltenden Fassung und des § 26 des Wertpapierhandelsgesetzes,
4.
Darstellungen, Übersichten, Vorträgen und Auskünften in der Hauptversammlung über die Verhältnisse der Gesellschaft einschließlich ihrer Beziehungen zu verbundenen Unternehmen im Sinne des § 400 Absatz 1 Nummer 1 des Aktiengesetzes,
5.
Jahresabschlüssen, Lageberichten, Konzernabschlüssen, Konzernlageberichten sowie Halbjahresfinanzberichten des Emittenten und in
6.
Angebotsunterlagen im Sinne des § 11 Absatz 1 Satz 1 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.

8
aa) Allerdings ist der in einem Kapitalanleger-Musterverfahren ergangene Aussetzungsbeschluss gemäß § 7 Abs. 1 Satz 4 KapMuG unanfechtbar. Ob dieser generelle Ausschluss einer Rechtsschutzmöglichkeit vor dem Hintergrund, dass die rechtsfehlerhafte Beteiligung am Musterverfahren für einen Beteiligten erhebliche, später nicht mehr kompensierbare Rechtsnachteile nach sich ziehen kann, verfassungsrechtlich bedenklich ist (vgl. KK-KapMuG/Kruis, § 7 Rn. 45), bedarf keiner näheren Erörterung, weil § 7 KapMuG auf das Streitverhältnis der Parteien keine Anwendung findet.
5
1. Die Rechtsbeschwerden sind gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthaft, da das Beschwerdegericht sie zugelassen hat. Der Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerden steht - wie der erkennende Senat bereits mit Beschluss vom 16. Juni 2009 entschieden hat (XI ZB 33/08, WM 2009, 1359, Tz. 7 ff.) - § 7 Abs. 1 Satz 4 KapMuG nicht entgegen, da Rechtsstreitigkeiten aus einem Beratungsvertrag, in denen kein Musterfeststellungsantrag nach § 1 KapMuG gestellt werden kann, von § 7 Abs. 1 KapMuG von vornherein nicht erfasst werden. Die Entscheidung des Landgerichts ist daher entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts rechtsmittelfähig (vgl. Senatsbeschluss vom 16. Juni 2009 aaO, Tz. 16).
10
1. Zu Recht hat das Beschwerdegericht die Aussetzung des Rechtsstreits als unzulässig angesehen und den Aussetzungsbeschluss des Landgerichts trotz der Regelung des § 7 Abs. 1 Satz 4 KapMuG aufgehoben, da § 7 KapMuG auf das Streitverhältnis der Parteien insoweit keine Anwendung findet, als Ansprüche aus vorvertraglicher Aufklärungspflichtverletzung der Beklagten aus dem Darlehensverhältnis im Streit sind.
8
1. Rechtsfehlerhaft ist das Beschwerdegericht der Ansicht, der Aussetzungsbeschluss des Landgerichts sei gemäß § 7 Abs. 1 Satz 4 KapMuG unanfechtbar. § 7 Abs. 1 KapMuG findet auf das Streitverhältnis der Parteien insoweit keine Anwendung, als Ansprüche aus vorvertraglicher Aufklärungspflichtverletzung der Beklagten zu 2) aus dem Darlehensverhältnis bzw. Ansprüche aus einem Widerruf nach dem Verbraucherdarlehensrecht im Streit sind (vgl. Senatsbeschluss vom 30. November 2010 - XI ZB 23/10, WM 2011, 110 ff.). Daher ist die auf § 7 Abs. 1 KapMuG gestützte Aussetzung des gesamten Rechtsstreits durch das Landgericht unzulässig.
13
Aufgrund dessen stellt, anders als die Rechtsbeschwerde meint, eine Aufhebung des Aussetzungsbeschlusses auch keine Umgehung der Frist des § 569 Abs. 1 ZPO dar. Ganz im Gegenteil verlangt das verfassungsrechtliche Gebot effektiven Rechtsschutzes die Aufhebung eines entgegen § 7 Abs. 1 KapMuG erlassenen Aussetzungsbeschlusses. Es ist einem Kläger nicht zuzumuten , dass sein wegen Verletzung darlehensvertraglicher Pflichten geführter Prozess ausgesetzt bleibt und er unabsehbare Zeit auf das Ergebnis des Musterverfahrens warten muss, obwohl nicht feststeht, dass es auf den Ausgang des Musterverfahrens in seinem Prozess tatsächlich ankommt. Hinzu kommt, dass der Anleger durch die - gesetzeswidrige - Aussetzung gegebenenfalls erhebliche Rechtsnachteile erleiden kann. Vergehen bis zum Abschluss des Musterverfahrens mehrere Jahre, kann der Kläger in seinem Prozess erhebliche Schwierigkeiten haben, eine Pflichtverletzung der Bank im Zusammenhang mit der Darlehensgewährung beweisen zu können, so wenn Zeugen verstorben sind oder sich wegen Zeitablaufs nicht mehr genau an den Inhalt des Beratungsgesprächs erinnern können (vgl. Senatsbeschluss vom 16. Juni 2009 - XI ZB 33/08, WM 2009, 1359 Rn. 15).

(1) Das Prozessgericht verwirft den Musterverfahrensantrag durch unanfechtbaren Beschluss als unzulässig, soweit

1.
die Entscheidung des zugrunde liegenden Rechtsstreits nicht von den geltend gemachten Feststellungszielen abhängt,
2.
die angegebenen Beweismittel zum Beweis der geltend gemachten Feststellungsziele ungeeignet sind,
3.
nicht dargelegt ist, dass eine Bedeutung für andere Rechtsstreitigkeiten gegeben ist, oder
4.
der Musterverfahrensantrag zum Zwecke der Prozessverschleppung gestellt ist.

(2) Einen zulässigen Musterverfahrensantrag macht das Prozessgericht im Bundesanzeiger unter der Rubrik „Klageregister nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz“ (Klageregister) durch unanfechtbaren Beschluss öffentlich bekannt. Die Bekanntmachung enthält nur die folgenden Angaben:

1.
die vollständige Bezeichnung der Beklagten und ihrer gesetzlichen Vertreter,
2.
die Bezeichnung des von dem Musterverfahrensantrag betroffenen Emittenten von Wertpapieren oder Anbieters von sonstigen Vermögensanlagen,
3.
die Bezeichnung des Prozessgerichts,
4.
das Aktenzeichen des Prozessgerichts,
5.
die Feststellungsziele des Musterverfahrensantrags,
6.
eine knappe Darstellung des vorgetragenen Lebenssachverhalts und
7.
den Zeitpunkt des Eingangs des Musterverfahrensantrags beim Prozessgericht und den Zeitpunkt der Bekanntmachung im Klageregister.

(3) Das Prozessgericht soll zulässige Musterverfahrensanträge binnen sechs Monaten nach Eingang des Antrags bekannt machen. Verzögerungen der Bekanntmachung sind durch unanfechtbaren Beschluss zu begründen.

(4) Das Prozessgericht kann davon absehen, Musterverfahrensanträge im Klageregister öffentlich bekannt zu machen, wenn die Voraussetzungen zur Einleitung eines Musterverfahrens nach § 6 Absatz 1 Satz 1 bereits vorliegen.

(1) Durch Musterverfahrensantrag kann im ersten Rechtszug die Feststellung des Vorliegens oder Nichtvorliegens anspruchsbegründender oder anspruchsausschließender Voraussetzungen oder die Klärung von Rechtsfragen (Feststellungsziele) begehrt werden. Der Musterverfahrensantrag kann vom Kläger und vom Beklagten gestellt werden.

(2) Der Musterverfahrensantrag ist bei dem Prozessgericht unter Angabe der Feststellungsziele und der öffentlichen Kapitalmarktinformationen zu stellen.

(3) In dem Antrag sind die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel anzugeben. Der Antragsteller muss darlegen, dass der Entscheidung über die Feststellungsziele im Musterverfahren (Musterentscheid) Bedeutung über den einzelnen Rechtsstreit hinaus für andere gleichgelagerte Rechtsstreitigkeiten zukommen kann.

(4) Dem Antragsgegner ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

(1) Das Prozessgericht verwirft den Musterverfahrensantrag durch unanfechtbaren Beschluss als unzulässig, soweit

1.
die Entscheidung des zugrunde liegenden Rechtsstreits nicht von den geltend gemachten Feststellungszielen abhängt,
2.
die angegebenen Beweismittel zum Beweis der geltend gemachten Feststellungsziele ungeeignet sind,
3.
nicht dargelegt ist, dass eine Bedeutung für andere Rechtsstreitigkeiten gegeben ist, oder
4.
der Musterverfahrensantrag zum Zwecke der Prozessverschleppung gestellt ist.

(2) Einen zulässigen Musterverfahrensantrag macht das Prozessgericht im Bundesanzeiger unter der Rubrik „Klageregister nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz“ (Klageregister) durch unanfechtbaren Beschluss öffentlich bekannt. Die Bekanntmachung enthält nur die folgenden Angaben:

1.
die vollständige Bezeichnung der Beklagten und ihrer gesetzlichen Vertreter,
2.
die Bezeichnung des von dem Musterverfahrensantrag betroffenen Emittenten von Wertpapieren oder Anbieters von sonstigen Vermögensanlagen,
3.
die Bezeichnung des Prozessgerichts,
4.
das Aktenzeichen des Prozessgerichts,
5.
die Feststellungsziele des Musterverfahrensantrags,
6.
eine knappe Darstellung des vorgetragenen Lebenssachverhalts und
7.
den Zeitpunkt des Eingangs des Musterverfahrensantrags beim Prozessgericht und den Zeitpunkt der Bekanntmachung im Klageregister.

(3) Das Prozessgericht soll zulässige Musterverfahrensanträge binnen sechs Monaten nach Eingang des Antrags bekannt machen. Verzögerungen der Bekanntmachung sind durch unanfechtbaren Beschluss zu begründen.

(4) Das Prozessgericht kann davon absehen, Musterverfahrensanträge im Klageregister öffentlich bekannt zu machen, wenn die Voraussetzungen zur Einleitung eines Musterverfahrens nach § 6 Absatz 1 Satz 1 bereits vorliegen.

Mit Erlass des Vorlagebeschlusses ist die Einleitung eines weiteren Musterverfahrens für die gemäß § 8 Absatz 1 auszusetzenden Verfahren unzulässig. Ein gleichwohl ergangener Vorlagebeschluss ist nicht bindend.

8
aa) Allerdings ist der in einem Kapitalanleger-Musterverfahren ergangene Aussetzungsbeschluss gemäß § 7 Abs. 1 Satz 4 KapMuG unanfechtbar. Ob dieser generelle Ausschluss einer Rechtsschutzmöglichkeit vor dem Hintergrund, dass die rechtsfehlerhafte Beteiligung am Musterverfahren für einen Beteiligten erhebliche, später nicht mehr kompensierbare Rechtsnachteile nach sich ziehen kann, verfassungsrechtlich bedenklich ist (vgl. KK-KapMuG/Kruis, § 7 Rn. 45), bedarf keiner näheren Erörterung, weil § 7 KapMuG auf das Streitverhältnis der Parteien keine Anwendung findet.
5
1. Die Rechtsbeschwerden sind gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthaft, da das Beschwerdegericht sie zugelassen hat. Der Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerden steht - wie der erkennende Senat bereits mit Beschluss vom 16. Juni 2009 entschieden hat (XI ZB 33/08, WM 2009, 1359, Tz. 7 ff.) - § 7 Abs. 1 Satz 4 KapMuG nicht entgegen, da Rechtsstreitigkeiten aus einem Beratungsvertrag, in denen kein Musterfeststellungsantrag nach § 1 KapMuG gestellt werden kann, von § 7 Abs. 1 KapMuG von vornherein nicht erfasst werden. Die Entscheidung des Landgerichts ist daher entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts rechtsmittelfähig (vgl. Senatsbeschluss vom 16. Juni 2009 aaO, Tz. 16).
10
1. Zu Recht hat das Beschwerdegericht die Aussetzung des Rechtsstreits als unzulässig angesehen und den Aussetzungsbeschluss des Landgerichts trotz der Regelung des § 7 Abs. 1 Satz 4 KapMuG aufgehoben, da § 7 KapMuG auf das Streitverhältnis der Parteien insoweit keine Anwendung findet, als Ansprüche aus vorvertraglicher Aufklärungspflichtverletzung der Beklagten aus dem Darlehensverhältnis im Streit sind.
8
1. Rechtsfehlerhaft ist das Beschwerdegericht der Ansicht, der Aussetzungsbeschluss des Landgerichts sei gemäß § 7 Abs. 1 Satz 4 KapMuG unanfechtbar. § 7 Abs. 1 KapMuG findet auf das Streitverhältnis der Parteien insoweit keine Anwendung, als Ansprüche aus vorvertraglicher Aufklärungspflichtverletzung der Beklagten zu 2) aus dem Darlehensverhältnis bzw. Ansprüche aus einem Widerruf nach dem Verbraucherdarlehensrecht im Streit sind (vgl. Senatsbeschluss vom 30. November 2010 - XI ZB 23/10, WM 2011, 110 ff.). Daher ist die auf § 7 Abs. 1 KapMuG gestützte Aussetzung des gesamten Rechtsstreits durch das Landgericht unzulässig.
13
Aufgrund dessen stellt, anders als die Rechtsbeschwerde meint, eine Aufhebung des Aussetzungsbeschlusses auch keine Umgehung der Frist des § 569 Abs. 1 ZPO dar. Ganz im Gegenteil verlangt das verfassungsrechtliche Gebot effektiven Rechtsschutzes die Aufhebung eines entgegen § 7 Abs. 1 KapMuG erlassenen Aussetzungsbeschlusses. Es ist einem Kläger nicht zuzumuten , dass sein wegen Verletzung darlehensvertraglicher Pflichten geführter Prozess ausgesetzt bleibt und er unabsehbare Zeit auf das Ergebnis des Musterverfahrens warten muss, obwohl nicht feststeht, dass es auf den Ausgang des Musterverfahrens in seinem Prozess tatsächlich ankommt. Hinzu kommt, dass der Anleger durch die - gesetzeswidrige - Aussetzung gegebenenfalls erhebliche Rechtsnachteile erleiden kann. Vergehen bis zum Abschluss des Musterverfahrens mehrere Jahre, kann der Kläger in seinem Prozess erhebliche Schwierigkeiten haben, eine Pflichtverletzung der Bank im Zusammenhang mit der Darlehensgewährung beweisen zu können, so wenn Zeugen verstorben sind oder sich wegen Zeitablaufs nicht mehr genau an den Inhalt des Beratungsgesprächs erinnern können (vgl. Senatsbeschluss vom 16. Juni 2009 - XI ZB 33/08, WM 2009, 1359 Rn. 15).

Mit Erlass des Vorlagebeschlusses ist die Einleitung eines weiteren Musterverfahrens für die gemäß § 8 Absatz 1 auszusetzenden Verfahren unzulässig. Ein gleichwohl ergangener Vorlagebeschluss ist nicht bindend.

Gegen die Entscheidung, durch die auf Grund der Vorschriften dieses Titels oder auf Grund anderer gesetzlicher Bestimmungen die Aussetzung des Verfahrens angeordnet oder abgelehnt wird, findet die sofortige Beschwerde statt.

(1) Die sofortige Beschwerde findet statt gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Entscheidungen der Amtsgerichte und Landgerichte, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
es sich um solche eine mündliche Verhandlung nicht erfordernde Entscheidungen handelt, durch die ein das Verfahren betreffendes Gesuch zurückgewiesen worden ist.

(2) Gegen Entscheidungen über Kosten ist die Beschwerde nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt.

(3) Der Beschwerdegegner kann sich der Beschwerde anschließen, selbst wenn er auf die Beschwerde verzichtet hat oder die Beschwerdefrist verstrichen ist. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Beschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

23
(a) An der Grundaussage der Senatsrechtsprechung, dass ein originär nicht musterverfahrensfähiger Rechtsstreit nicht über die Aussetzung zur Teilnahme am Musterverfahren bestimmt werden darf, hat § 8 KapMuG nF nichts geändert. Zwar ist durch § 1 Abs. 1 Nr. 2 KapMuG nF der Anwendungsbereich des KapMuG auf Schadensersatzansprüche wegen Verwendung einer falschen oder irreführenden öffentlichen Kapitalmarktinformation oder wegen unterlassener Aufklärung darüber, dass eine öffentliche Kapitalmarktinformation falsch oder irreführend ist, erweitert worden. Jedoch setzt eine Aussetzung nach § 8 Abs. 1 Satz 1 KapMuG nF ebenso wie nach § 7 Abs. 1 Satz 1 KapMuG aF voraus, dass die geltend gemachten Klageansprüche überhaupt Gegenstand des Musterverfahrens sein können. Trotz der Erweiterung des Anwendungsbereichs des KapMuG können nicht unter Verwendung einer öffentlichen Kapitalmarktinformation begangene Aufklärungsfehler - wie beispielsweise das Verschweigen von Rückvergütungen - nicht Gegenstand eines Musterverfahrens sein, weil der Bezug zu einer öffentlichen Kapitalmarktinformation fehlt (vgl. BT-Drucks. 17/8799 S. 17). Ein insofern gestellter Musterverfahrensantrag muss nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 KapMuG nF als unzulässig verworfen werden. Ein Rechtsstreit, in dem der Musterverfahrensantrag als unzulässig verworfen werden müsste, kann nicht durch Aussetzung nach § 8 Abs. 1 Satz 1 KapMuG nF musterverfahrensfähig werden, denn sowohl § 3 Abs. 1 Nr. 1 KapMuG nF als auch § 8 Abs. 1 Satz 1 KapMuG nF verlangen wortgleich, dass die Entscheidung des betroffenen Rechtsstreits von den Feststellungszielen abhängt.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XI ZB 13/18 Berichtigt durch
Beschluss vom
26. August 2019
Weber
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
vom
30. April 2019
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 2 KapMuG ist der Anwendungsbereich des Kapitalanleger
-Musterverfahrensgesetzes nur dann eröffnet, wenn die öffentliche
Kapitalmarktinformation als Mittel der schriftlichen Aufklärung verwendet
worden ist. Dafür muss sie dem Kapitalanleger so rechtzeitig vor
dem Vertragsschluss übergeben worden sein, dass ihr Inhalt noch rechtzeitig
zur Kenntnis genommen werden konnte (Abgrenzung zu BGH, Beschluss
vom 8. Dezember 2015 - X ARZ 573/15, WM 2016, 156 Rn. 14).

b) Der verfassungsrechtliche Grundsatz effektiven Rechtsschutzes erfordert
eine Auslegung des § 8 Abs. 1 Satz 1 KapMuG, nach der eine Aussetzung
nur dann in Betracht kommt, wenn sich das Prozessgericht bereits
die Überzeugung (§ 286 ZPO) gebildet hat, dass es auf dort statthaft geltend
gemachte Feststellungsziele für den Ausgang des Rechtsstreits
konkret ankommen wird. Das gilt auch dann, wenn hierzu eine Beweisaufnahme
durchzuführen ist (Fortführung der Senatsbeschlüsse vom
8. April 2014 - XI ZB 40/11, WM 2014, 992 Rn. 24 und vom 2. Dezember
2014 - XI ZB 17/13, WM 2015, 69 Rn. 14). Vor der Aussetzungsentscheidung
nach § 8 Abs. 1 Satz 1 KapMuG demgegenüber offenbleiben
müssen nicht nur die im Musterverfahren statthaften Feststellungsziele,
sondern auch solche Tatsachen oder Rechtsfragen, die nur auf diese
bezogen geprüft werden können. Das Prozessgericht ist nicht gehalten,
hierzu vor seiner Aussetzungsentscheidung hypothetische Erwägungen
anzustellen.
BGH, Beschluss vom 30. April 2019 - XI ZB 13/18 - OLG Hamburg
LG Hamburg
ECLI:DE:BGH:2019:300419BXIZB13.18.0

Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 30. April 2019 durch den Vizepräsidenten Prof. Dr. Ellenberger, die Richter Dr. Grüneberg und Dr. Matthias sowie die Richterinnen Dr. Derstadt und Dr. Dauber

beschlossen:
Auf die Rechtsmittel der Beklagten werden der Beschluss des 14. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Hamburg vom 13. März 2018 sowie der Beschluss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Hamburg vom 8. August 2017 aufgehoben. Es wird die Fortsetzung des Verfahrens angeordnet. Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf bis 13.000 € festgesetzt.

Gründe:

I.

1
Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen fehlerhafter Anlageberatung hinsichtlich ihrer Beteiligung an der S. Immobilienfonds auf Schadensersatz in Anspruch.
2
Im März 2007 zeichnete die Klägerin eine Fondsbeteiligung an der S. Immobilienfonds . Zwischen den Parteien ist streitig, ob dieser Zeichnung eine Beratung durch die Beklagte vorausging. Die Klägerin behauptet hierzu, sie habe sich von ihrem Vater, dem Zeu- gen Dr. K. , vertreten lassen, der auf einer von der Beklagten organisierten Frankreichreise einen der Kundenberater der Beklagten, den Zeugen G. , kennengelernt habe. Dieser habe ihrem Vater erklärt, dass eine Beteiligung an dem Fonds direkt über die Beklagte erfolgen könne. Nach einem Telefonat ihres Vaters mit dem Zeugen G. am 7. März 2007 sei ihr ein Zeichnungsschein übersandt worden, den sie unterzeichnet an die Beklagte zurückgeschickt habe. Sie bzw. ihr Vater seien von der Beklagten nicht ordnungsgemäß beraten worden, weil sie unter anderem über die Höhe der von der Beklagten vereinnahmten Rückvergütung getäuscht worden sei. Zudem sei der zugehörige Prospekt, der der Klägerin unstreitig rechtzeitig vor der Zeichnung der Fondsbeteiligung vorlag, in mehrfacher Hinsicht fehlerhaft, worauf die Beklagte sie ebenfalls nicht hingewiesen habe.
3
Die Beklagte behauptet demgegenüber, sie sei zwar - was unstreitig ist - Initiatorin und Anbieterin des geschlossenen Immobilienfonds gewesen, aber nicht als Beraterin oder Vermittlerin der Anlage aufgetreten. Der Zeuge G. sei nicht im Endkundengeschäft tätig, sondern mit der Vertriebspartnerbetreuung befasst gewesen. Da Informationsreisen für neu aufgelegte Fonds nur für Vertriebspartner organisiert worden seien, habe der Vater der Klägerin den Zeugen G. auf einer solchen Reise nicht kennenlernen können. Zudem befinde sich auf dem von der Klägerin vorgelegten Zeichnungsschein über den vorgesehenen Feldern für den jeweiligen Einreicher und Vermittler ein Stempel der Firma "W. GmbH". Die Beklagte hat zudem die Einrede der Verjährung erhoben.
4
Am 9. Februar 2017 erließ das Landgericht Hamburg (Az.: 327 OH 2/16) einen Vorlagebeschluss gemäß § 6 Abs. 1 KapMuG, der am 22. Februar 2017 im Klageregister des Bundesanzeigers bekannt gemacht wurde. Die Feststellungsziele des Vorlagebeschlusses sind unter anderem auf die Feststellung der von der Klägerin gerügten Prospektfehler des Emissionsprospekts betreffend die S. Immobilienfonds gerichtet. Das Musterverfahren ist mittlerweile beim Hanseatischen Oberlandesgericht Hamburg unter dem Aktenzeichen 14 Kap 2/17 anhängig.
5
Mit Beschluss vom 8. August 2017 hat das Landgericht den mit Klageschrift vom 16. Dezember 2016 eingeleiteten Rechtsstreit gemäß § 8 Abs. 1 KapMuG ausgesetzt. Gegen den Aussetzungsbeschluss, der an die Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 17. August 2017 formlos abgesendet worden ist, hat diese am 1. September 2017 sofortige Beschwerde eingelegt. Sie ist der Ansicht, dass die Aussetzung zu Unrecht erfolgt sei, weil der klägerische Vortrag zu ihrer Passivlegitimation widersprüchlich und damit unschlüssig sei, so dass es an der erforderlichen Vorgreiflichkeit des Musterverfahrens fehle. Das Beschwerdegericht hat die sofortige Beschwerde mit Beschluss vom 13. März 2018 zurückgewiesen. Dagegen wendet sich die Beklagte mit ihrer vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde.

II.

6
Die statthafte Rechtsbeschwerde (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO) ist zulässig und begründet. Sie führt unter Aufhebung der Entscheidung des Beschwerdegerichts sowie unter Aufhebung des Beschlusses des Landgerichts zur Anordnung der Fortsetzung des Verfahrens.
7
1. Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:
8
Das Landgericht habe den Rechtsstreit zu Recht gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 KapMuG ausgesetzt. Die Entscheidung des Rechtsstreits hänge von den im Musterverfahren geltend gemachten Feststellungszielen ab.
9
Entgegen der Ansicht der Beklagten sei der Rechtsstreit nicht deshalb bereits ohne weitere Beweiserhebungen entscheidungsreif, weil die Klage wegen widersprüchlicher Angaben zur Passivlegitimation unschlüssig sei. Die Klägerin habe vorgetragen, dass ein Anlageberatungsvertrag zwischen ihr und der Beklagten zustande gekommen sei und sie, vertreten durch ihren Vater, von dem Zeugen G. in mehrfacher Hinsicht unzureichend oder falsch beraten worden sei. Der Schlüssigkeit der Klage stehe nicht entgegen, dass in der Klageschrift auf den als Anlage K 3 überreichten Zeichnungsschein Bezug genommen worden sei, der in einem für Vermittler vorgesehenen Feld den Stempelaufdruck "W. GmbH" trage. Die Klägerin habe hierzu vorgetragen, dass ihr ein Herr P. unbekannt sei und sie nicht sagen könne, in welchem Zusammenhang er involviert sei, weil ihr Vater nur mit dem Zeugen G. in Kontakt gestanden habe. Ob der Vortrag zutreffend sei, sei keine Frage der Schlüssigkeit. Für den Abschluss eines Anlageberatungsvertrages sei Beweis angetreten worden durch die Benennung der Zeugen Dr. K. und G. , weswegen der Rechtsstreit noch nicht entscheidungsreif sei.
10
Der Aussetzungsbeschluss sei auch nicht deshalb fehlerhaft, weil die Frage der Passivlegitimation durch eine - nicht umfangreiche - Beweisaufnahme geklärt und dadurch möglicherweise Entscheidungsreife herbeigeführt werden könne. Zur Auslegung des Begriffs der Abhängigkeit der Entscheidung eines Rechtsstreits von den geltend gemachten Feststellungszielen im Sinne des § 8 Abs. 1 Satz 1 KapMuG würden unterschiedliche Auffassungen vertreten. Zu folgen sei der Ansicht, nach der die Abhängigkeit abstrakt zu beurteilen sei. Es sei nicht erforderlich, dass die Entscheidung nach Klärung sämtlicher übriger Voraussetzungen nur noch von den Feststellungszielen abhänge. Sinn und Zweck des Musterverfahrens, geschädigten Anlegern die Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen durch eine Bündelung von Verfahren mit gleichgerichteten Tatsachen- und Rechtsfragen zu erleichtern, würden verfehlt, wenn in jedem Einzelverfahren zunächst alle anderen relevanten Fragen durch Beweisaufnahmen geklärt werden müssten.
11
2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand. Das Prozessgericht hätte für die Aussetzungsentscheidung nach § 8 Abs. 1 Satz 1 KapMuG nicht ungeklärt lassen dürfen , ob zwischen den Parteien ein Anlageberatungs- oder Auskunftsvertrag zustande gekommen ist und ob die Beklagte, falls ein solcher Vertrag besteht, nicht bereits unabhängig von den im Musterverfahren streitgegenständlichen Prospektfehlern deshalb haftet, weil sie die Klägerin über die Höhe der von ihr vereinnahmten Rückvergütungen unzutreffend unterrichtet hat. Nur wenn ein Anlageberatungs- oder Auskunftsvertrag als Grundlage einer möglichen Haftung der Beklagten für die angeblichen Prospektfehler besteht und die nicht musterverfahrensfähige Anspruchsbegründung das Klagebegehren nicht trägt, hängt die Entscheidung des Rechtsstreits von den geltend gemachten Feststellungszielen ab.
12
a) Zutreffend ist das Beschwerdegericht allerdings davon ausgegangen, dass die Aussetzung des Rechtsstreits nach § 8 Abs. 1 KapMuG nicht daran scheitert, dass der Anwendungsbereich des Gesetzes nicht eröffnet (aa) oder der Rechtsstreit ohne Rückgriff auf die Feststellungsziele des Musterverfahrens bereits entscheidungsreif wäre (bb).
13
aa) Der Anwendungsbereich des KapMuG ist eröffnet.
14
(1) In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist geklärt, dass eine Aussetzung nach § 8 Abs. 1 KapMuG dann unzulässig ist, wenn die geltend gemachten Klageansprüche nicht nach Maßgabe des § 1 Abs. 1 KapMuG in den Anwendungsbereich des KapMuG fallen (Senatsbeschluss vom 8. April 2014 - XI ZB 40/11, WM 2014, 992 Rn. 23; vgl. zu § 7 Abs. 1 Satz 1 KapMuG in der bis 31. Oktober 2012 geltenden Fassung [im Folgenden: aF] bereits Senatsbeschlüsse vom 16. Juni 2009 - XI ZB 33/08, WM 2009, 1359 Rn. 10 ff. und vom 30. November 2010 - XI ZB 23/10, WM 2011, 110 Rn. 10 ff.).
15
(2) Diese Grundsätze schließen eine Aussetzung des Rechtsstreits gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 KapMuG hier nicht aus.
16
(a) Durch § 1 Abs. 1 Nr. 2 KapMuG in der Fassung des Gesetzes zur Reform des Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetzes und zur Änderung anderer Vorschriften vom 19. Dezember 2012 (BGBl. I S. 2182) ist der Anwendungsbereich des KapMuG auf Schadensersatzansprüche wegen Verwendung einer falschen oder irreführenden öffentlichen Kapitalmarktinformation erweitert worden. Danach reicht der mittelbare Bezug zu einer existierenden öffentlichen Kapitalmarktinformation aus. Aufklärungsfehler, die ohne Bezug zu einer öffentlichen Kapitalmarktinformation begangen worden sein sollen, können jedoch weiterhin nicht Gegenstand eines Musterverfahrens sein (Senatsbeschlüsse vom 8. April 2014 - XI ZB 40/11, WM 2014, 992 Rn. 23 und vom 23. Oktober 2018 - XI ZB 3/16, WM 2019, 20 Rn. 73, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt).
17
Die vom Gesetzgeber beabsichtigte "moderate" Erweiterung des Anwendungsbereichs hat auch nichts daran geändert, dass die öffentliche Kapitalmarktinformation als solche - und nicht der Inhalt eines individuell geführten mündlichen Aufklärungsgesprächs - Voraussetzung des vertraglichen oder vorvertraglichen Anspruchs sein muss (vgl. BT-Drucks. 17/8799, S. 16). Nur unter dieser Voraussetzung können überhaupt Fragen aufgeworfen werden, die in einem Musterverfahren verallgemeinerungsfähig geklärt werden können. Daraus folgt, dass es nach Sinn und Zweck des § 1 Abs. 1 Nr. 2 KapMuG nicht unerheblich ist, in welcher Form die öffentliche Kapitalmarktinformation Eingang in die Aufklärung des Kapitalanlegers gefunden hat (für § 32b Abs. 1 Nr. 2 ZPO anders BGH, Beschluss vom 8. Dezember 2015 - X ARZ 573/15, WM 2016, 156 Rn. 14). Danach ist der Anwendungsbereich des Gesetzes vielmehr nur dann eröffnet, wenn die öffentliche Kapitalmarktinformation als Mittel der schriftlichen Aufklärung verwendet worden ist. Dafür muss sie dem Kapitalanleger so rechtzeitig vor dem Vertragsschluss übergeben worden sein, dass ihr Inhalt noch rechtzeitig zur Kenntnis genommen werden konnte (vgl. dazu Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 21 und BGH, Urteil vom 8. Januar 2019 - II ZR 139/17, WM 2019, 495 Rn. 21, jeweils mwN). Der Erfahrungssatz , dass etwaige Prospektfehler auch dann für die Anlageentscheidung ursächlich werden können, wenn der Kapitalanleger den Prospekt zwar nicht selbst erhalten hat, der Prospekt aber dem Anlageberater oder -vermittler als Arbeitsgrundlage für das mit dem Anlageinteressenten geführte Gespräch gedient hat (BGH, Urteile vom 3. Dezember 2007 - II ZR 21/06, WM 2008, 391 Rn. 16 ff., vom 17. April 2018 - II ZR 265/16, WM 2018, 1101 Rn. 24 und vom 17. Juli 2018 - II ZR 13/17, WM 2018, 1594 Rn. 16, jeweils mwN), ändert nichts daran, dass in diesen Fallkonstellationen allein die mündliche Beratung maßgebend bleibt (vgl. BGH, Urteil vom 8. Januar 2019 - II ZR 139/17 aaO Rn. 22). Ob diese pflichtwidrig erfolgt ist, kann nur individuell geklärt werden.
18
(b) Danach ist der Anwendungsbereich des Gesetzes hier gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 2 KapMuG eröffnet. Der Prospekt lag der Klägerin nach ihrem unstreitig gebliebenen Vortrag rechtzeitig vor der Anlageentscheidung vor und sie begründet den Vorwurf der fehlerhaften Anlageberatung jedenfalls auch mit Prospektfehlern, die Gegenstand des Musterverfahrens sind. Der Umstand, dass der Kapitalanleger seinen Anspruch auch auf eine Anspruchsbegründung stützt, der keine im Musterverfahren festzustellenden Tatsachen oder Rechtsfragen zugrunde liegen (wie hier der unabhängig vom Inhalt des Prospekts erhobene Vorwurf, unzutreffend über die Höhe der Rückvergütungen unterrichtet worden zu sein), führt nicht dazu, dass der Klageanspruch insgesamt aus dem Anwendungsbereich des KapMuG fällt (BGH, Beschluss vom 5. November 2015 - III ZB 69/14, BGHZ 207, 306 Rn. 24).
19
bb) Der Rechtsstreit ist auch nicht bereits ohne Rückgriff auf die Feststellungsziele des Musterverfahrens entscheidungsreif.
20
(1) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine Aussetzung nach § 8 Abs. 1 KapMuG unzulässig, wenn der Rechtsstreit bereits unabhängig von den Feststellungszielen auf geklärter Tatsachengrundlage ohne weitere Beweiserhebung entscheidungsreif ist, beispielsweise wegen anderweitiger Rechtshängigkeit des Streitgegenstands oder Verjährung der geltend gemachten Ansprüche (Senatsbeschluss vom 2. Dezember 2014 - XI ZB 17/13, WM 2015, 69 Rn. 13; BGH, Beschlüsse vom 28. Januar 2016 - III ZB 88/15, WM 2016, 403 Rn. 14, vom 25. Februar 2016 - III ZB 74/15, juris Rn. 14, III ZB 76/15, juris Rn. 14, III ZB 77/15, juris Rn. 14, III ZB 78/15, juris Rn. 14, III ZB 79/15, juris Rn. 14 und vom 24. März 2016 - III ZB 75/15, juris Rn. 14).
21
(2) Das ist hier nicht der Fall. Wie das Beschwerdegericht zutreffend angenommen hat, ist die Klage nicht bereits mangels schlüssiger Darlegung des Zustandekommens eines Anlageberatungs- oder Auskunftsvertrags mit der Beklagten ohne Beweiserhebung abweisungsreif.
22
Eine Partei genügt ihrer Darlegungslast, wenn sie Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als in ihrer Person entstanden erscheinen zu lassen, wobei unerheblich ist, wie wahrscheinlich diese Darstellung ist (vgl. BGH, Urteil vom 25. Juli 2005 - II ZR 199/03, WM 2005, 1847 f.; Beschlüsse vom 21. Mai 2007 - II ZR 266/04, WM 2007, 1569 Rn. 8 und vom 21. Juli 2011 - IV ZR 216/09, VersR 2011, 1384 Rn. 6). Erfüllt das Parteivorbringen diese Anforderungen, kann der Vortrag weiterer Einzelheiten oder die Erklärung für einen gehaltenen Vortrag nicht gefordert werden. Es ist vielmehr Sache des Tatrichters, in die Beweisaufnahme einzutreten und dabei gegebenenfalls Zeugen nach weiteren Einzelheiten zu befragen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 21. Mai 2007, aaO und vom 21. Juli 2011, aaO).
23
Gemessen hieran ist der Vortrag der Klägerin unter Berücksichtigung der ständigen Senatsrechtsprechung zu den Voraussetzungen für den Abschluss eines Anlageberatungsvertrages (vgl. dazu Senatsurteile vom 6. Juli 1993 - XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126, 128, vom 25. September 2007 - XI ZR 320/06, BKR 2008, 199 Rn. 12 und vom 1. Juli 2014 - XI ZR 247/12, WM 2014, 1621 Rn. 21) schlüssig. Der Umstand, dass der Stempelaufdruck auf dem als Anlage K 3 überreichten Zeichnungsschein im Widerspruch zu dem übrigen Vortrag der Klägerin stehen mag, ist allein im Rahmen der Beweiswürdigung nach der Vernehmung der von ihr zum Beweis ihres Tatsachenvortrages angebotenen Zeugen zu berücksichtigen (vgl. BGH, Urteil vom 13. März 2012 - II ZR 50/09, WM 2012, 990 Rn. 16).
24
b) Über die in der höchstrichterlichen Rechtsprechung bereits geklärten Fallgruppen hinaus hat der Bundesgerichtshof bislang offengelassen, wie das Tatbestandsmerkmal der Abhängigkeit von den geltend gemachten Feststellungzielen als Voraussetzung der Aussetzung des Rechtsstreits nach § 8 Abs. 1 Satz 1 KapMuG auszulegen ist (vgl. Senatsbeschlüsse vom 8. April 2014 - XI ZB 40/11, WM 2014, 992 Rn. 24 und vom 2. Dezember 2014 - XI ZB 17/13, WM 2015, 69 Rn. 14).
25
aa) In der obergerichtlichen Rechtsprechung und im Schrifttum wird unter Bezugnahme auf die Gesetzesbegründung zum Entwurf des Gesetzes zur Reform des Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetzes (vgl. BT-Drucks. 17/8799, S. 20) die Ansicht vertreten, die Abhängigkeit sei grundsätzlich nur abstrakt zu beurteilen. Es genüge deshalb, wenn die Möglichkeit bzw. hinreichende Wahrscheinlichkeit bestehe, dass die Entscheidung des Rechtsstreits von den Feststellungszielen abhängen könne. Es sei nicht erforderlich, dass die Entscheidung nach Klärung sämtlicher Rechtsfragen nur noch von den Feststellungszielen abhänge (OLG München, ZIP 2013, 2077, 2078; OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 27. Januar 2014 - 23 W 120/13, juris Rn. 7; OLG München, ZIP 2018, 327, 328; OLG Brandenburg, Beschluss vom 9. August 2018 - 4 W 18/18, juris Rn. 9; OLG Oldenburg, WM 2019, 590, 591; KK-KapMuG/Kruis, 2. Aufl., § 3 Rn. 40 und § 8 Rn. 28; Reuschle in Wieczorek/Schütze, ZPO, 4. Aufl., § 8 KapMuG Rn. 21 ff.; Söhner, ZIP 2013, 7, 10; in diesem Sinne wohl auch Schneider/Heppner, BB 2012, 2703, 2707).
26
bb) Der Senat und andere Stimmen in der Literatur haben bereits darauf hingewiesen, dass gegen ein solches Verständnis im Hinblick auf den verfassungsrechtlichen Grundsatz effektiven Rechtsschutzes Bedenken bestehen (Senatsbeschlüsse vom 8. April 2014 - XI ZB 40/11, WM 2014, 992 Rn. 24 und vom 2. Dezember 2014 - XI ZB 17/13, WM 2015, 69 Rn. 14; Halfmeier in Prütting/Gehrlein, ZPO, 10. Aufl., § 8 KapMuG Rn. 2; ders., DB 2012, 2145 f.; Möllers/Seidenschwann, NZG 2012, 1401, 1405; Wolf/Lange, NJW 2012, 3751, 3753). Diese Bedenken greifen durch. Soweit die Gesetzesbegründung zu § 8 KapMuG die Abhängigkeit grundsätzlich abstrakt beurteilen und dem Prozessgericht im Hinblick auf die Aussetzung einen Beurteilungsspielraum einräumen will (vgl. BT-Drucks. 17/8799, S. 20), ist dies mit dem verfassungsrechtlichen Gebot effektiven Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG) nicht vereinbar.
27
(1) Die aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitende Rechtsschutzgarantie gewährleistet in zivilrechtlichen Streitigkeiten - ebenso wie Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG für den Bereich des öffentlichen Rechts - nicht nur, dass überhaupt ein Rechtsweg zu den Gerichten offensteht. Sie garantiert vielmehr auch die Effektivität des Rechtsschutzes. Schränkt der Gesetzgeber im Rahmen der ihm obliegenden normativen Ausgestaltungsbefugnis die Rechtsschutzgewährung durch die Gerichte ein, müssen solche Einschränkungen mit den Belangen einer rechtsstaatlichen Verfahrensordnung vereinbar sein und dürfen den einzelnen Rechtsuchenden nicht unverhältnismäßig belasten. Darin findet die Ausgestaltungsbefugnis des Gesetzgebers zugleich ihre Grenze. Der Rechtsweg darf danach nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden (vgl. BVerfGE 88, 118, 123 ff.; 93, 99, 107 f.).
28
(2) Diese verfassungsrechtlichen Vorgaben erfordern eine Auslegung des § 8 Abs. 1 Satz 1 KapMuG, nach der eine Aussetzung nur dann in Betracht kommt, wenn sich das Prozessgericht bereits die Überzeugung (§ 286 ZPO) gebildet hat, dass es auf dort statthaft geltend gemachte Feststellungsziele für den Ausgang des Rechtsstreits konkret ankommen wird. Das gilt auch dann, wenn hierzu eine Beweisaufnahme durchzuführen ist. Der Rechtsstreit hängt im Sinne des § 8 Abs. 1 KapMuG erst dann von den Feststellungszielen des Musterverfahrens ab, wenn nur noch Tatsachen oder Rechtsfragen offen sind, die unabhängig vom Ausgang des Musterverfahrens nicht beantwortet werden können.
29
Es ist dem Rechtsuchenden nicht zuzumuten, dass sein individueller Rechtsstreit ausgesetzt wird und er unabsehbare Zeit auf das Ergebnis des oft jahrelang dauernden Musterverfahrens warten muss, obwohl nicht feststeht, dass es auf den Ausgang des Musterverfahrens in seinem Prozess tatsächlich ankommt. Neben der reinen Verzögerung kann er erhebliche Rechtsnachteile in der Beweisführung dadurch erleiden, dass Zeugen verstorben sind oder sich wegen des Zeitablaufs nicht mehr genau an den Sachverhalt erinnern können. Ferner ist kein sachlicher Grund dafür ersichtlich, eine Partei an den Kosten eines Musterverfahrens anteilig zu beteiligen (vgl. § 24 KapMuG), das für ihren Rechtsstreit nicht entscheidungserheblich ist (vgl. Senatsbeschlüsse vom 16. Juni 2009 - XI ZB 33/08, WM 2009, 1359 Rn. 15 und vom 11. September 2012 - XI ZB 32/11, WM 2012, 2146 Rn. 13).
30
cc) Nach diesem Maßstab war die Aussetzungsentscheidung hier unzulässig.
31
(1) Das Prozessgericht hätte nicht ungeklärt lassen dürfen, ob zwischen den Parteien ein Anlageberatungsvertrag oder zumindest ein Auskunftsvertrag zustande gekommen ist. Etwaige spezialgesetzliche Prospekthaftungsansprüche der Klägerin gegen die Beklagte nach § 13 VerkProspG i.V.m. §§ 44 ff. BörsG, jeweils in der bis zum 31. Mai 2012 geltenden Fassung (künftig: aF), wären verjährt (vgl. § 46 BörsG aF), so dass ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte ohne das Zustandekommen einer vertraglichen Haftungsgrundlage zwischen den Parteien ausscheidet. Die Klage wäre dann abweisungsreif. Auf die im Musterverfahren streitgegenständlichen Prospektfehler kann es im vorliegenden Rechtsstreit nur dann ankommen, wenn sich das Prozessgericht bereits die Überzeugung gebildet hat, dass die Beklagte auf vertraglicher Grundlage die Pflicht traf, die Klägerin vollständig und zutreffend über die gezeichnete Anlage zu unterrichten.
32
(2) Darüber hinaus kommt eine Aussetzung nach § 8 Abs. 1 Satz 1 KapMuG hier nur dann in Betracht, wenn feststeht, dass dem Klagebegehren nicht bereits deshalb stattzugeben ist, weil die Beklagte - wie von der Klägerin geltend gemacht - ihre Beratungspflicht durch unzutreffende Angaben über die Höhe der von ihr vereinnahmten Rückvergütungen verletzt hat.
33
Werden Beratungspflichtverletzungen geltend gemacht, die - wie hier der Vorwurf einer unabhängig von den Angaben im Prospekt erfolgten Fehlinformation über Rückvergütungen - keinen Bezug zu einer veröffentlichten Kapitalmarktinformation haben, können diese nicht Gegenstand eines Musterverfahrens sein (Senatsbeschlüsse vom 8. April 2014 - XI ZB 40/11, WM 2014, 992 Rn. 23 und vom 23. Oktober 2018 - XI ZB 3/16, WM 2019, 20 Rn. 73 mwN). Der Erfolg einer solchen nicht musterverfahrensfähigen Anspruchsbegründung kann von vorneherein nicht vom Ausgang des Musterverfahrens abhängen. Das gilt auch dann, wenn sie in unzulässiger Weise zum Gegenstand eines Feststellungsziels des maßgeblichen Vorlagebeschlusses geworden ist. Denn da ein Feststellungsantrag, der ein unstatthaftes Feststellungsziel zum Gegenstand hat, im Musterentscheid nicht in der Sache zu entscheiden, sondern als im Musterverfahren nicht statthaft zurückzuweisen ist (Senatsbeschluss vom 23. Oktober 2018 aaO Rn. 69 ff.), kann das Musterverfahren auch dann zur Klärung der nicht musterverfahrensfähigen Anspruchsbegründung nichts beitragen.
34
(3) Vor der Aussetzungsentscheidung nach § 8 Abs. 1 Satz 1 KapMuG demgegenüber offenbleiben müssen nicht nur die im Musterverfahren statthaften Feststellungsziele, sondern auch solche Tatsachen oder Rechtsfragen, die nur auf diese bezogen geprüft werden können. Das Prozessgericht ist nicht gehalten , hierzu vor seiner Aussetzungsentscheidung hypothetische Erwägungen anzustellen. Offenbleiben muss deswegen hier, ob eine Unrichtigkeit des Prospekts vorliegt und gegebenenfalls welche, sowie ferner, ob die Beklagte hierauf bezogen ein Verschulden trifft, der Prospektfehler für die Anlageentscheidung kausal geworden ist oder die kenntnisabhängige Verjährung eingreift. Diese Punkte lassen sich erst konkret prüfen, wenn ein bestimmter Prospektfehler feststeht.

III.

35
Die angefochtene Entscheidung ist gemäß § 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO aufzuheben. Da die Sache zur Endentscheidung reif ist, hat der Senat in der Sache selbst zu entscheiden (§ 577 Abs. 5, § 563 Abs. 3 ZPO). Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten ist der Beschluss des Landgerichts vom 8. August 2017 aufzuheben und dem Verfahren Fortgang zu geben.

IV.

36
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Die Beklagte wendet sich gegen die Aussetzung des Rechtsstreits nach § 8 KapMuG. Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens bilden einen Teil der Kosten des Ausgangsrechtsstreits , welche die in der Sache unterliegende Partei unabhängig vom Ausgang des Beschwerde- und Rechtsbeschwerdeverfahrens nach §§ 91 ff. ZPO zu tragen hat (Senatsbeschlüsse vom 30. November 2010 - XI ZB 23/10, WM 2011, 110 Rn. 18 und vom 2. Dezember 2014 - XI ZB 17/13, WM 2015, 69 Rn. 20).
37
Den Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens hat der Senat gemäß § 3 ZPO mit einem Fünftel des Werts des Rechtsstreits (bis 13.000 €) bemessen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 5. November 2015 - III ZB 69/14, juris Rn. 26, insoweit in BGHZ 207, 306 nicht abgedruckt, und vom 28. Januar 2016 - III ZB 88/15, WM 2016, 403 Rn. 19).
Ellenberger Grüneberg Matthias Derstadt Dauber

Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 08.08.2017 - 302 O 415/16 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 13.03.2018 - 14 W 41/17
BESCHLUSS
XI ZB 13/18
vom
26. August 2019
in dem Rechtsstreit


ECLI:DE:BGH:2019:260819BXIZB13.18.0

Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 26. August 2019 durch den
Vizepräsidenten Prof. Dr. Ellenberger, die Richter Dr. Grüneberg und
Dr. Matthias sowie die Richterinnen Dr. Derstadt und Dr. Dauber

beschlossen:
Das Rubrum des Senatsbeschlusses vom 30. April 2019 wird dahingehend
berichtigt, dass die Bezeichnung der Beklagten und
Rechtsbeschwerdeführerin richtig lautet:
"…

"

Ellenberger Grüneberg Matthias

Derstadt Dauber
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 08.08.2017 - 302 O 415/16 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 13.03.2018 - 14 W 41/17 -
Berichtigt durch
Beschluss vom 26.08.2019
Strietzel,
Justizobersekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XI ZB 14/18
vom
30. April 2019
in dem Rechtsstreit
ECLI:DE:BGH:2019:300419BXIZB14.18.0

Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 30. April 2019 durch den Vizepräsidenten Prof. Dr. Ellenberger, die Richter Dr. Grüneberg und Dr. Matthias sowie die Richterinnen Dr. Derstadt und Dr. Dauber

beschlossen:
Auf die Rechtsmittel der Beklagten werden der Beschluss des 14. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Hamburg vom 16. März 2018 sowie der Beschluss der 30. Zivilkammer des Landgerichts Hamburg vom 2. August 2017 aufgehoben und die Fortsetzung des Verfahrens angeordnet. Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf bis 16.000 € festgesetzt.

Gründe:

I.

1
Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Schadensersatz wegen einer angeblich fehlerhaften Anlageberatung hinsichtlich ihrer Beteiligung an der S. Immobilienfonds in Anspruch.
2
Im März 2007 zeichnete die Klägerin eine Fondsbeteiligung an der S. Immobilienfonds . Zwischen den Parteien ist streitig, ob dieser Zeichnung eine Beratung durch die Beklagte vorausging. Die Klägerin behauptet hierzu, sie habe sich von ihrem Vater, dem Zeu- gen Dr. K. , vertreten lassen, der auf einer von der Beklagten organisierten Frankreichreise einen Kundenberater der Beklagten, den Zeugen G. , kennengelernt habe. Dieser habe ihrem Vater erklärt, dass eine Beteiligung an dem Fonds direkt über die Beklagte erfolgen könne. Nach einem Telefonat ihres Vaters mit dem Zeugen G. am 7. März 2007 sei ihr ein Zeichnungsschein übersandt worden, den sie unterzeichnet an die Beklagte zurückgeschickt habe. Sie bzw. ihr Vater seien von der Beklagten nicht ordnungsgemäß beraten worden, weil sie unter anderem über die Höhe der von der Beklagten vereinnahmten Rückvergütung getäuscht worden sei. Zudem sei der zugehörige Prospekt, der der Klägerin unstreitig rechtzeitig vor der Zeichnung der Fondsbeteiligung vorlag, in mehrfacher Hinsicht fehlerhaft, worauf die Beklagte sie ebenfalls nicht hingewiesen habe.
3
Die Beklagte behauptet demgegenüber, sie sei zwar - was unstreitig ist - Initiatorin und Anbieterin des geschlossenen Immobilienfonds gewesen, aber nicht als Beraterin oder Vermittlerin der Anlage aufgetreten. Der Zeuge G. sei nicht im Endkundengeschäft tätig, sondern mit der Vertriebspartnerbetreuung befasst gewesen. Da Informationsreisen für neu aufgelegte Fonds nur für Vertriebspartner organisiert worden seien, habe der Vater der Klägerin den Zeugen G. auf einer solchen Reise nicht kennenlernen können. Zudem befinde sich auf dem von der Klägerin vorgelegten Zeichnungsschein über den vorgesehenen Feldern für den jeweiligen Einreicher und Vermittler ein Stempel der Firma "W. GmbH". Die Beklagte hat zudem die Einrede der Verjährung erhoben.
4
Am 9. Februar 2017 erließ das Landgericht Hamburg (Az.: 327 OH 2/16) einen Vorlagebeschluss gemäß § 6 Abs. 1 KapMuG, der am 22. Februar2017 im Klageregister des Bundesanzeigers bekannt gemacht wurde. Die Feststellungsziele des Vorlagebeschlusses sind unter anderem auf die Feststellung der von der Klägerin gerügten Prospektfehler des Emissionsprospekts betreffend die S. Immobilienfonds gerichtet. Das Musterverfahren ist mittlerweile beim Hanseatischen Oberlandesgericht Hamburg unter dem Aktenzeichen 14 Kap 2/17 anhängig.
5
Mit Beschluss vom 2. August 2017 hat das Landgericht den mit Klageschrift vom 29. Dezember 2016 eingeleiteten Rechtsstreit gemäß § 8 Abs. 1 KapMuG ausgesetzt. Gegen den Aussetzungsbeschluss, der den Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 9. August 2017 zugestellt worden ist, hat diese am 23. August 2017 sofortige Beschwerde eingelegt. Sie ist der Ansicht, dass die Aussetzung zu Unrecht erfolgt sei, weil der klägerische Vortrag zu ihrer Passivlegitimation widersprüchlich und damit unschlüssig sei, so dass es an der erforderlichen Vorgreiflichkeit des Musterverfahrens fehle. Das Beschwerdegericht hat die sofortige Beschwerde mit Beschluss vom 16. März 2018 zurückgewiesen. Dagegen wendet sich die Beklagte mit ihrer vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde.

II.

6
Die statthafte Rechtsbeschwerde (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO) ist zulässig und begründet. Sie führt unter Aufhebung der Entscheidung des Beschwerdegerichts sowie unter Aufhebung des Beschlusses des Landgerichts zur Anordnung der Fortsetzung des Verfahrens.
7
1. Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:
8
Das Landgericht habe den Rechtsstreit zu Recht gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 KapMuG ausgesetzt. Die Entscheidung des Rechtsstreits hänge von den im Musterverfahren geltend gemachten Feststellungszielen ab.
9
Entgegen der Ansicht der Beklagten sei der Rechtsstreit nicht deshalb bereits ohne weitere Beweiserhebungen entscheidungsreif, weil die Klage wegen widersprüchlicher Angaben zur Passivlegitimation unschlüssig sei. Die Klägerin habe vorgetragen, dass ein Anlageberatungsvertrag zwischen ihr und der Beklagten zustande gekommen sei und sie, vertreten durch ihren Vater, von dem Zeugen G. in mehrfacher Hinsicht unzureichend oder falsch beraten worden sei. Der Schlüssigkeit der Klage stehe nicht entgegen, dass in der Klageschrift auf den als Anlage K 3 überreichten Zeichnungsschein Bezug genommen worden sei, der in einem für Vermittler vorgesehenen Feld den Stempelaufdruck "W. GmbH" trage. Die Klägerin habe hierzu vorgetragen, dass ihr ein Herr P. unbekannt sei und sie nicht sagen könne, in welchem Zusammenhang er involviert sei, weil ihr Vater nur mit dem Zeugen G. in Kontakt gestanden habe. Ob der Vortrag zutreffend sei, sei keine Frage der Schlüssigkeit. Für den Abschluss eines Anlageberatungsvertrages sei Beweis angetreten worden durch die Benennung der Zeugen Dr. K. und G. , weswegen der Rechtsstreit noch nicht entscheidungsreif sei.
10
Der Aussetzungsbeschluss sei auch nicht deshalb fehlerhaft, weil die Frage der Passivlegitimation durch eine - nicht umfangreiche - Beweisaufnahme geklärt und dadurch möglicherweise Entscheidungsreife herbeigeführt werden könne. Zur Auslegung des Begriffs der Abhängigkeit der Entscheidung eines Rechtsstreits von den geltend gemachten Feststellungszielen im Sinne des § 8 Abs. 1 Satz 1 KapMuG würden unterschiedliche Auffassungen vertreten. Zu folgen sei der Ansicht, nach der die Abhängigkeit abstrakt zu beurteilen sei. Es sei nicht erforderlich, dass die Entscheidung nach Klärung sämtlicher übriger Voraussetzungen nur noch von den Feststellungszielen abhänge. Sinn und Zweck des Musterverfahrens, geschädigten Anlegern die Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen durch eine Bündelung von Verfahren mit gleichgerichteten Tatsachen- und Rechtsfragen zu erleichtern, würden verfehlt, wenn in jedem Einzelverfahren zunächst alle anderen relevanten Fragen durch Beweisaufnahmen geklärt werden müssten.
11
2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand. Das Prozessgericht hätte für die Aussetzungsentscheidung nach § 8 Abs. 1 Satz 1 KapMuG nicht ungeklärt lassen dürfen , ob zwischen den Parteien ein Anlageberatungs- oder Auskunftsvertrag zustande gekommen ist und ob die Beklagte, falls ein solcher Vertrag besteht, nicht bereits unabhängig von den im Musterverfahren streitgegenständlichen Prospektfehlern deshalb haftet, weil sie die Klägerin über die Höhe der von ihr vereinnahmten Rückvergütungen unzutreffend unterrichtet hat. Nur wenn ein Anlageberatungs- oder Auskunftsvertrag als Grundlage einer möglichen Haftung der Beklagten für die angeblichen Prospektfehler besteht und die nicht musterverfahrensfähige Anspruchsbegründung das Klagebegehren nicht trägt, hängt die Entscheidung des Rechtsstreits von den geltend gemachten Feststellungszielen ab.
12
a) Zutreffend ist das Beschwerdegericht allerdings davon ausgegangen, dass die Aussetzung des Rechtsstreits nach § 8 Abs. 1 KapMuG nicht daran scheitert, dass der Anwendungsbereich des Gesetzes nicht eröffnet (aa) oder der Rechtsstreit ohne Rückgriff auf die Feststellungsziele des Musterverfahrens bereits entscheidungsreif wäre (bb).
13
aa) Der Anwendungsbereich des KapMuG ist eröffnet.
14
(1) In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist geklärt, dass eine Aussetzung nach § 8 Abs. 1 KapMuG dann unzulässig ist, wenn die geltend gemachten Klageansprüche nicht nach Maßgabe des § 1 Abs. 1 KapMuG in den Anwendungsbereich des KapMuG fallen (Senatsbeschluss vom 8. April 2014 - XI ZB 40/11, WM 2014, 992 Rn. 23; vgl. zu § 7 Abs. 1 Satz 1 KapMuG in der bis 31. Oktober 2012 geltenden Fassung [im Folgenden: aF] bereits Senatsbeschlüsse vom 16. Juni 2009 - XI ZB 33/08, WM 2009, 1359 Rn. 10 ff. und vom 30. November 2010 - XI ZB 23/10, WM 2011, 110 Rn. 10 ff.).
15
(2) Diese Grundsätze schließen eine Aussetzung des Rechtsstreits gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 KapMuG hier nicht aus.
16
(a) Durch § 1 Abs. 1 Nr. 2 KapMuG in der Fassung des Gesetzes zur Reform des Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetzes und zur Änderung anderer Vorschriften vom 19. Dezember 2012 (BGBl. I S. 2182) ist der Anwendungsbereich des KapMuG auf Schadensersatzansprüche wegen Verwendung einer falschen oder irreführenden öffentlichen Kapitalmarktinformation erweitert worden. Danach reicht der mittelbare Bezug zu einer existierenden öffentlichen Kapitalmarktinformation aus. Aufklärungsfehler, die ohne Bezug zu einer öffentlichen Kapitalmarktinformation begangen worden sein sollen, können jedoch weiterhin nicht Gegenstand eines Musterverfahrens sein (Senatsbeschlüsse vom 8. April 2014 - XI ZB 40/11, WM 2014, 992 Rn. 23 und vom 23. Oktober 2018 - XI ZB 3/16, WM 2019, 20 Rn. 73, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt

).

17
Die vom Gesetzgeber beabsichtigte "moderate" Erweiterung des Anwendungsbereichs hat auch nichts daran geändert, dass die öffentliche Kapitalmarktinformation als solche - und nicht der Inhalt eines individuell geführten mündlichen Aufklärungsgesprächs - Voraussetzung des vertraglichen oder vor- vertraglichen Anspruchs sein muss (vgl. BT-Drucks. 17/8799, S. 16). Nur unter dieser Voraussetzung können überhaupt Fragen aufgeworfen werden, die in einem Musterverfahren verallgemeinerungsfähig geklärt werden können. Daraus folgt, dass es nach Sinn und Zweck des § 1 Abs. 1 Nr. 2 KapMuG nicht unerheblich ist, in welcher Form die öffentliche Kapitalmarktinformation Eingang in die Aufklärung des Kapitalanlegers gefunden hat (für § 32b Abs. 1 Nr. 2 ZPO anders BGH, Beschluss vom 8. Dezember 2015 - X ARZ 573/15, WM 2016, 156 Rn. 14). Danach ist der Anwendungsbereich des Gesetzes vielmehr nur dann eröffnet, wenn die öffentliche Kapitalmarktinformation als Mittel der schriftlichen Aufklärung verwendet worden ist. Dafür muss sie dem Kapitalanleger so rechtzeitig vor dem Vertragsschluss übergeben worden sein, dass ihr Inhalt noch rechtzeitig zur Kenntnis genommen werden konnte (vgl. dazu Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 21 und BGH, Urteil vom 8. Januar 2019 - II ZR 139/17, WM 2019, 495 Rn. 21, jeweils mwN). Der Erfahrungssatz , dass etwaige Prospektfehler auch dann für die Anlageentscheidung ursächlich werden können, wenn der Kapitalanleger den Prospekt zwar nicht selbst erhalten hat, der Prospekt aber dem Anlageberater oder -vermittler als Arbeitsgrundlage für das mit dem Anlageinteressenten geführte Gespräch gedient hat (BGH, Urteile vom 3. Dezember 2007 - II ZR 21/06, WM 2008, 391 Rn. 16 ff., vom 17. April 2018 - II ZR 265/16, WM 2018, 1101 Rn. 24 und vom 17. Juli 2018 - II ZR 13/17, WM 2018, 1594 Rn. 16, jeweils mwN), ändert nichts daran, dass in diesen Fallkonstellationen allein die mündliche Beratung maßgebend bleibt (vgl. BGH, Urteil vom 8. Januar 2019 - II ZR 139/17 aaO Rn. 22). Ob diese pflichtwidrig erfolgt ist, kann nur individuell geklärt werden.
18
(b) Danach ist der Anwendungsbereich des Gesetzes hier gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 2 KapMuG eröffnet. Der Prospekt lag der Klägerin nach ihrem unstreitig gebliebenen Vortrag rechtzeitig vor der Anlageentscheidung vor und sie begründet den Vorwurf der fehlerhaften Anlageberatung jedenfalls auch mit Prospektfehlern, die Gegenstand des Musterverfahrens sind. Der Umstand, dass der Kapitalanleger seinen Anspruch auch auf eine Anspruchsbegründung stützt, der keine im Musterverfahren festzustellenden Tatsachen oder Rechtsfragen zugrunde liegen (wie hier der unabhängig vom Inhalt des Prospekts erhobene Vorwurf, unzutreffend über die Höhe der Rückvergütungen unterrichtet worden zu sein), führt nicht dazu, dass der Klageanspruch insgesamt aus dem Anwendungsbereich des KapMuG fällt (BGH, Beschluss vom 5. November 2015 - III ZB 69/14, BGHZ 207, 306 Rn. 24).
19
bb) Der Rechtsstreit ist auch nicht bereits ohne Rückgriff auf die Feststellungsziele des Musterverfahrens entscheidungsreif.
20
(1) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine Aussetzung nach § 8 Abs. 1 KapMuG unzulässig, wenn der Rechtsstreit bereits unabhängig von den Feststellungszielen auf geklärter Tatsachengrundlage ohne weitere Beweiserhebung entscheidungsreif ist, beispielsweise wegen anderweitiger Rechtshängigkeit des Streitgegenstands oder Verjährung der geltend gemachten Ansprüche (Senatsbeschluss vom 2. Dezember 2014 - XI ZB 17/13, WM 2015, 69 Rn. 13; BGH, Beschlüsse vom 28. Januar 2016 - III ZB 88/15, WM 2016, 403 Rn. 14, vom 25. Februar 2016 - III ZB 74/15, juris Rn. 14, III ZB 76/15, juris Rn. 14, III ZB 77/15, juris Rn. 14, III ZB 78/15, juris Rn. 14, III ZB 79/15, juris Rn. 14 und vom 24. März 2016 - III ZB 75/15, juris Rn. 14).
21
(2) Das ist hier nicht der Fall. Wie das Beschwerdegericht zutreffend angenommen hat, ist die Klage nicht bereits mangels schlüssiger Darlegung des Zustandekommens eines Anlageberatungs- oder Auskunftsvertrags mit der Beklagten ohne Beweiserhebung abweisungsreif.
22
Eine Partei genügt ihrer Darlegungslast, wenn sie Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als in ihrer Person entstanden erscheinen zu lassen, wobei unerheblich ist, wie wahrscheinlich diese Darstellung ist (vgl. BGH, Urteil vom 25. Juli 2005 - II ZR 199/03, WM 2005, 1847 f.; Beschlüsse vom 21. Mai 2007 - II ZR 266/04, WM 2007, 1569 Rn. 8 und vom 21. Juli 2011 - IV ZR 216/09, VersR 2011, 1384 Rn. 6). Erfüllt das Parteivorbringen diese Anforderungen, kann der Vortrag weiterer Einzelheiten oder die Erklärung für einen gehaltenen Vortrag nicht gefordert werden. Es ist vielmehr Sache des Tatrichters, in die Beweisaufnahme einzutreten und dabei gegebenenfalls Zeugen nach weiteren Einzelheiten zu befragen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 21. Mai 2007, aaO und vom 21. Juli 2011, aaO).
23
Gemessen hieran ist der Vortrag der Klägerin unter Berücksichtigung der ständigen Senatsrechtsprechung zu den Voraussetzungen für den Abschluss eines Anlageberatungsvertrages (vgl. dazu Senatsurteile vom 6. Juli 1993 - XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126, 128, vom 25. September 2007 - XI ZR 320/06, BKR 2008, 199 Rn. 12 und vom 1. Juli 2014 - XI ZR 247/12, WM 2014, 1621 Rn. 21) schlüssig. Der Umstand, dass der Stempelaufdruck auf dem als Anlage K 3 überreichten Zeichnungsschein im Widerspruch zu dem übrigen Vortrag der Klägerin stehen mag, ist allein im Rahmen der Beweiswürdigung nach der Vernehmung der von ihr zum Beweis ihres Tatsachenvortrages angebotenen Zeugen zu berücksichtigen (vgl. BGH, Urteil vom 13. März 2012 - II ZR 50/09, WM 2012, 990 Rn. 16).
24
b) Über die in der höchstrichterlichen Rechtsprechung bereits geklärten Fallgruppen hinaus hat der Bundesgerichtshof bislang offengelassen, wie das Tatbestandsmerkmal der Abhängigkeit von den geltend gemachten Feststellungzielen als Voraussetzung der Aussetzung des Rechtsstreits nach § 8 Abs. 1 Satz 1 KapMuG auszulegen ist (vgl. Senatsbeschlüsse vom 8. April 2014 - XI ZB 40/11, WM 2014, 992 Rn. 24 und vom 2. Dezember 2014 - XI ZB 17/13, WM 2015, 69 Rn. 14).
25
aa) In der obergerichtlichen Rechtsprechung und im Schrifttum wird unter Bezugnahme auf die Gesetzesbegründung zum Entwurf des Gesetzes zur Reform des Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetzes (vgl. BT-Drucks. 17/8799, S. 20) die Ansicht vertreten, die Abhängigkeit sei grundsätzlich nur abstrakt zu beurteilen. Es genüge deshalb, wenn die Möglichkeit bzw. hinreichende Wahrscheinlichkeit bestehe, dass die Entscheidung des Rechtsstreits von den Feststellungszielen abhängen könne. Es sei nicht erforderlich, dass die Entscheidung nach Klärung sämtlicher Rechtsfragen nur noch von den Feststellungszielen abhänge (OLG München, ZIP 2013, 2077, 2078; OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 27. Januar 2014 - 23 W 120/13, juris Rn. 7; OLG München, ZIP 2018, 327, 328; OLG Brandenburg, Beschluss vom 9. August 2018 - 4 W 18/18, juris Rn. 9; OLG Oldenburg, WM 2019, 590, 591; KK-KapMuG/Kruis, 2. Aufl., § 3 Rn. 40 und § 8 Rn. 28; Reuschle in Wieczorek/Schütze, ZPO, 4. Aufl., § 8 KapMuG Rn. 21 ff.; Söhner, ZIP 2013, 7, 10; in diesem Sinne wohl auch Schneider/Heppner, BB 2012, 2703, 2707).
26
bb) Der Senat und andere Stimmen in der Literatur haben bereits darauf hingewiesen, dass gegen ein solches Verständnis im Hinblick auf den verfassungsrechtlichen Grundsatz effektiven Rechtsschutzes Bedenken bestehen (Senatsbeschlüsse vom 8. April 2014 - XI ZB 40/11, WM 2014, 992 Rn. 24 und vom 2. Dezember 2014 - XI ZB 17/13, WM 2015, 69 Rn. 14; Halfmeier in Prütting/Gehrlein, ZPO, 10. Aufl., § 8 KapMuG Rn. 2; ders., DB 2012, 2145 f.; Möllers/Seidenschwann, NZG 2012, 1401, 1405; Wolf/Lange, NJW 2012, 3751, 3753). Diese Bedenken greifen durch. Soweit die Gesetzesbegründung zu § 8 KapMuG die Abhängigkeit grundsätzlich abstrakt beurteilen und dem Prozessgericht im Hinblick auf die Aussetzung einen Beurteilungsspielraum einräumen will (vgl. BT-Drucks. 17/8799, S. 20), ist dies mit dem verfassungsrechtlichen Gebot effektiven Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG) nicht vereinbar.
27
(1) Die aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitende Rechtsschutzgarantie gewährleistet in zivilrechtlichen Streitigkeiten - ebenso wie Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG für den Bereich des öffentlichen Rechts - nicht nur, dass überhaupt ein Rechtsweg zu den Gerichten offensteht. Sie garantiert vielmehr auch die Effektivität des Rechtsschutzes. Schränkt der Gesetzgeber im Rahmen der ihm obliegenden normativen Ausgestaltungsbefugnis die Rechtsschutzgewährung durch die Gerichte ein, müssen solche Einschränkungen mit den Belangen einer rechtsstaatlichen Verfahrensordnung vereinbar sein und dürfen den einzelnen Rechtsuchenden nicht unverhältnismäßig belasten. Darin findet die Ausgestaltungsbefugnis des Gesetzgebers zugleich ihre Grenze. Der Rechtsweg darf danach nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden (vgl. BVerfGE 88, 118, 123 ff.; 93, 99, 107 f.).
28
(2) Diese verfassungsrechtlichen Vorgaben erfordern eine Auslegung des § 8 Abs. 1 Satz 1 KapMuG, nach der eine Aussetzung nur dann in Betracht kommt, wenn sich das Prozessgericht bereits die Überzeugung (§ 286 ZPO) gebildet hat, dass es auf dort statthaft geltend gemachte Feststellungsziele für den Ausgang des Rechtsstreits konkret ankommen wird. Das gilt auch dann, wenn hierzu eine Beweisaufnahme durchzuführen ist. Der Rechtsstreit hängt im Sinne des § 8 Abs. 1 KapMuG erst dann von den Feststellungszielen des Musterverfahrens ab, wenn nur noch Tatsachen oder Rechtsfragen offen sind, die unabhängig vom Ausgang des Musterverfahrens nicht beantwortet werden können.
29
Es ist dem Rechtsuchenden nicht zuzumuten, dass sein individueller Rechtsstreit ausgesetzt wird und er unabsehbare Zeit auf das Ergebnis des oft jahrelang dauernden Musterverfahrens warten muss, obwohl nicht feststeht, dass es auf den Ausgang des Musterverfahrens in seinem Prozess tatsächlich ankommt. Neben der reinen Verzögerung kann er erhebliche Rechtsnachteile in der Beweisführung dadurch erleiden, dass Zeugen verstorben sind oder sich wegen des Zeitablaufs nicht mehr genau an den Sachverhalt erinnern können. Ferner ist kein sachlicher Grund dafür ersichtlich, eine Partei an den Kosten eines Musterverfahrens anteilig zu beteiligen (vgl. § 24 KapMuG), das für ihren Rechtsstreit nicht entscheidungserheblich ist (vgl. Senatsbeschlüsse vom 16. Juni 2009 - XI ZB 33/08, WM 2009, 1359 Rn. 15 und vom 11. September 2012 - XI ZB 32/11, WM 2012, 2146 Rn. 13).
30
cc) Nach diesem Maßstab war die Aussetzungsentscheidung hier unzulässig.
31
(1) Das Prozessgericht hätte nicht ungeklärt lassen dürfen, ob zwischen den Parteien ein Anlageberatungsvertrag oder zumindest ein Auskunftsvertrag zustande gekommen ist. Etwaige spezialgesetzliche Prospekthaftungsansprüche der Klägerin gegen die Beklagte nach § 13 VerkProspG i.V.m. §§ 44 ff. BörsG, jeweils in der bis zum 31. Mai 2012 geltenden Fassung (künftig: aF), wären verjährt (vgl. § 46 BörsG aF), so dass ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte ohne das Zustandekommen einer vertraglichen Haftungsgrundlage zwischen den Parteien ausscheidet. Die Klage wäre dann abweisungsreif. Auf die im Musterverfahren streitgegenständlichen Prospektfehler kann es im vorliegenden Rechtsstreit nur dann ankommen, wenn sich das Prozessgericht bereits die Überzeugung gebildet hat, dass die Beklagte auf vertraglicher Grundlage die Pflicht traf, die Klägerin vollständig und zutreffend über die gezeichnete Anlage zu unterrichten.
32
(2) Darüber hinaus kommt eine Aussetzung nach § 8 Abs. 1 Satz 1 KapMuG hier nur dann in Betracht, wenn feststeht, dass dem Klagebegehren nicht bereits deshalb stattzugeben ist, weil die Beklagte - wie von der Klägerin geltend gemacht - ihre Beratungspflicht durch unzutreffende Angaben über die Höhe der von ihr vereinnahmten Rückvergütungen verletzt hat.
33
Werden Beratungspflichtverletzungen geltend gemacht, die - wie hier der Vorwurf einer unabhängig von den Angaben im Prospekt erfolgten Fehlinformation über Rückvergütungen - keinen Bezug zu einer veröffentlichten Kapitalmarktinformation haben, können diese nicht Gegenstand eines Musterverfahrens sein (Senatsbeschlüsse vom 8. April 2014 - XI ZB 40/11, WM 2014, 992 Rn. 23 und vom 23. Oktober 2018 - XI ZB 3/16, WM 2019, 20 Rn. 73 mwN). Der Erfolg einer solchen nicht musterverfahrensfähigen Anspruchsbegründung kann von vorneherein nicht vom Ausgang des Musterverfahrens abhängen. Das gilt auch dann, wenn sie in unzulässiger Weise zum Gegenstand eines Feststellungsziels des maßgeblichen Vorlagebeschlusses geworden ist. Denn da ein Feststellungsantrag, der ein unstatthaftes Feststellungsziel zum Gegenstand hat, im Musterentscheid nicht in der Sache zu entscheiden, sondern als im Musterverfahren nicht statthaft zurückzuweisen ist (Senatsbeschluss vom 23. Oktober 2018 aaO Rn. 69 ff.), kann das Musterverfahren auch dann zur Klärung der nicht musterverfahrensfähigen Anspruchsbegründung nichts beitragen.
34
(3) Vor der Aussetzungsentscheidung nach § 8 Abs. 1 Satz 1 KapMuG demgegenüber offenbleiben müssen nicht nur die im Musterverfahren statthaften Feststellungsziele, sondern auch solche Tatsachen oder Rechtsfragen, die nur auf diese bezogen geprüft werden können. Das Prozessgericht ist nicht gehalten , hierzu vor seiner Aussetzungsentscheidung hypothetische Erwägungen anzustellen. Offenbleiben muss deswegen hier, ob eine Unrichtigkeit des Prospekts vorliegt und gegebenenfalls welche, sowie ferner, ob die Beklagte hierauf bezogen ein Verschulden trifft, der Prospektfehler für die Anlageentscheidung kausal geworden ist oder die kenntnisabhängige Verjährung eingreift. Diese Punkte lassen sich erst konkret prüfen, wenn ein bestimmter Prospektfehler feststeht.

III.

35
Die angefochtene Entscheidung ist gemäß § 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO aufzuheben. Da die Sache zur Endentscheidung reif ist, hat der Senat in der Sache selbst zu entscheiden (§ 577 Abs. 5, § 563 Abs. 3 ZPO). Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten ist der Beschluss des Landgerichts vom 2. August 2017 aufzuheben und dem Verfahren Fortgang zu geben.

IV.

36
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Die Beklagte wendet sich gegen die Aussetzung des Rechtsstreits nach § 8 KapMuG. Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens bilden einen Teil der Kosten des Ausgangsrechtsstreits , welche die in der Sache unterliegende Partei unabhängig vom Ausgang des Beschwerde- und Rechtsbeschwerdeverfahrens nach §§ 91 ff. ZPO zu tragen hat (Senatsbeschlüsse vom 30. November 2010 - XI ZB 23/10, WM 2011, 110 Rn. 18 und vom 2. Dezember 2014 - XI ZB 17/13, WM 2015, 69 Rn. 20).
37
Den Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens hat der Senat gemäß § 3 ZPO mit einem Fünftel des Werts des Rechtsstreits (bis16.000 €) bemessen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 5. November 2015 - III ZB 69/14, juris Rn. 26, insoweit in BGHZ 207, 306 nicht abgedruckt, und vom 28. Januar 2016 - III ZB 88/15, WM 2016, 403 Rn. 19).
Ellenberger Grüneberg Matthias Derstadt Dauber

Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 02.08.2017 - 330 O 530/16 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 16.03.2018 - 14 W 53/17 -
BESCHLUSS
XI ZB 14/18
vom
26. August 2019
in dem Rechtsstreit


ECLI:DE:BGH:2019:260819BXIZB14.18.0

Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 26. August 2019 durch den
Vizepräsidenten Prof. Dr. Ellenberger, die Richter Dr. Grüneberg und
Dr. Matthias sowie die Richterinnen Dr. Derstadt und Dr. Dauber

beschlossen:
Das Rubrum des Senatsbeschlusses vom 30. April 2019 wird dahingehend
berichtigt, dass die Bezeichnung der Beklagten und
Rechtsbeschwerdeführerin richtig lautet:
"…

"

Ellenberger Grüneberg Matthias

Derstadt Dauber
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 02.08.2017 - 330 O 530/16 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 16.03.2018 - 14 W 53/17 -
Berichtigt durch
Beschluss vom 29.08.2019
Strietzel,
Justizobersekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XI ZB 15/18
vom
30. April 2019
in dem Rechtsstreit
ECLI:DE:BGH:2019:300419BXIZB15.18.0

Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 30. April 2019 durch den Vizepräsidenten Prof. Dr. Ellenberger, die Richter Dr. Grüneberg und Dr. Matthias sowie die Richterinnen Dr. Derstadt und Dr. Dauber

beschlossen:
Auf die Rechtsmittel der Beklagten werden der Beschluss des 14. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Hamburg vom 16. März 2018 sowie der Beschluss der 18. Zivilkammer des Landgerichts Hamburg vom 8. Juni 2017 aufgehoben und die Fortsetzung des Verfahrens angeordnet. Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf bis 25.000 € festgesetzt.

Gründe:

I.

1
Die Kläger nehmen die Beklagte auf Schadensersatz wegen einer angeblich fehlerhaften Anlageberatung hinsichtlich ihrer Beteiligung an der S. Immobilienfonds in Anspruch.
2
Im März 2007 zeichneten die Kläger jeweils eine Fondsbeteiligung an der S. Immobilienfonds . Zwischen den Parteien ist streitig, ob dieser Zeichnung eine Beratung durch die Beklagte vorausging. Die Kläger behaupten, dass der Kläger zu 1, der auch die Klägerin zu 2 vertreten habe, auf einer von der Beklagten organisierten Frankreichreise einen der Kundenberater der Beklagten, den Zeugen G. , kennengelernt habe. Dieser habe ihm erklärt, dass eine Beteiligung an dem Fonds direkt über die Beklagte erfolgen könne. Nach einem Telefonat des Klägers zu 1 mit dem Zeugen G. am 7. März 2007 seien ihnen Zeichnungsscheine übersandt worden, die sie unterzeichnet an die Beklagte zurückgeschickt hätten. Sie seien von der Beklagten nicht ordnungsgemäß beraten worden, weil sie unter anderem über die Höhe der von der Beklagten vereinnahmten Rückvergütung getäuscht worden seien. Zudem sei der zugehörige Prospekt, der den Klägern unstreitig rechtzeitig vor der Zeichnung der Fondsbeteiligung vorlag, in mehrfacher Hinsicht fehlerhaft, worauf die Beklagte sie ebenfalls nicht hingewiesen habe.
3
Die Beklagte behauptet demgegenüber, sie sei zwar - was unstreitig ist - Initiatorin und Anbieterin des geschlossenen Immobilienfonds gewesen, aber nicht als Beraterin oder Vermittlerin der Anlage aufgetreten. Der Zeuge G. sei nicht im Endkundengeschäft tätig, sondern mit der Vertriebspartnerbetreuung befasst gewesen. Da Informationsreisen für neu aufgelegte Fonds nur für Vertriebspartner organisiert worden seien, habe der Kläger zu 1 den Zeugen G. auf einer solchen Reise nicht kennenlernen können. Zudem befinde sich auf den von den Klägern vorgelegten Zeichnungsscheinen über den vorgesehenen Feldern für den jeweiligen Einreicher und Vermittler jeweils ein Stempel der Firma "W. GmbH". Die Beklagte hat zudem die Einrede der Verjährung erhoben.
4
Am 9. Februar 2017 erließ das Landgericht Hamburg (Az.: 327 OH 2/16) einen Vorlagebeschluss gemäß § 6 Abs. 1 KapMuG, der am 22. Februar 2017 im Klageregister des Bundesanzeigers bekannt gemacht wurde. Die Feststellungsziele des Vorlagebeschlusses sind unter anderem auf die Feststellung der von den Klägern gerügten Prospektfehler des Emissionsprospekts betreffend die S. Immobilienfonds gerichtet. Das Musterverfahren ist mittlerweile beim Hanseatischen Oberlandesgericht Hamburg unter dem Aktenzeichen 14 Kap 2/17 anhängig.
5
Mit Beschluss vom 8. Juni 2017 hat das Landgericht den mit Klageschrift vom 16. Dezember 2016 eingeleiteten Rechtsstreit gemäß § 8 Abs. 1 KapMuG ausgesetzt. Gegen den Aussetzungsbeschluss, der der Beklagten am 12. Juni 2017 zugestellt worden ist, hat diese am 23. Juni 2017 sofortige Beschwerde eingelegt. Sie ist der Ansicht, dass die Aussetzung zu Unrecht erfolgt sei, weil der klägerische Vortrag zu ihrer Passivlegitimation widersprüchlich und damit unschlüssig sei, so dass es an der Vorgreiflichkeit des Musterverfahrens fehle. Das Beschwerdegericht hat die sofortige Beschwerde mit Beschluss vom 16. März 2018 zurückgewiesen. Dagegen wendet sich die Beklagte mit ihrer vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde.

II.

6
Die statthafte Rechtsbeschwerde (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO) ist zulässig und begründet. Sie führt unter Aufhebung der Entscheidung des Beschwerdegerichts sowie unter Aufhebung des Beschlusses des Landgerichts zur Anordnung der Fortsetzung des Verfahrens.
7
1. Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:
8
Das Landgericht habe den Rechtsstreit zu Recht gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 KapMuG ausgesetzt. Die Entscheidung des Rechtsstreits hänge von den im Musterverfahren geltend gemachten Feststellungszielen ab.
9
Entgegen der Ansicht der Beklagten sei der Rechtsstreit nicht deshalb bereits ohne weitere Beweiserhebungen entscheidungsreif, weil die Klage wegen widersprüchlicher Angaben zur Passivlegitimation unschlüssig sei. Die Kläger hätten vorgetragen, dass ein Anlageberatungsvertrag zwischen ihnen und der Beklagten zustande gekommen sei und sie von dem Zeugen G. in mehrfacher Hinsicht unzureichend oder falsch beraten worden seien. Der Schlüssigkeit der Klage stehe nicht entgegen, dass in der Klageschrift auf die als Anlagen K 3a und 3b überreichten Zeichnungsscheine Bezug genommen worden sei, die in einem für Vermittler vorgesehenen Feld den Stempelaufdruck "W. GmbH" trügen. Die Kläger hätten hierzu vorgetragen, dass ihnen ein Herr P. unbekannt sei und sie nicht sagen könnten, in welchem Zusammenhang er involviert sei, weil der Kläger zu 1 nur mit dem Zeugen G. in Kontakt gestanden habe. Ob der Vortrag zutreffend sei, sei keine Frage der Schlüssigkeit. Für den Abschluss eines Anlageberatungsvertrages sei Beweis angetreten worden durch die Benennung des Zeugen G. , weswegen der Rechtsstreit noch nicht entscheidungsreif sei.
10
Der Aussetzungsbeschluss sei auch nicht deshalb fehlerhaft, weil die Frage der Passivlegitimation durch eine - nicht umfangreiche - Beweisaufnahme geklärt und dadurch möglicherweise Entscheidungsreife herbeigeführt werden könne. Zur Auslegung des Begriffs der Abhängigkeit der Entscheidung eines Rechtsstreits von den geltend gemachten Feststellungszielen im Sinne des § 8 Abs. 1 Satz 1 KapMuG würden unterschiedliche Auffassungen vertreten. Zu folgen sei der Ansicht, nach der die Abhängigkeit abstrakt zu beurteilen sei. Es sei nicht erforderlich, dass die Entscheidung nach Klärung sämtlicher übriger Voraussetzungen nur noch von den Feststellungszielen abhänge. Sinn und Zweck des Musterverfahrens, geschädigten Anlegern die Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen durch eine Bündelung von Verfahren mit gleichge- richteten Tatsachen- und Rechtsfragen zu erleichtern, würden verfehlt, wenn in jedem Einzelverfahren zunächst alle anderen relevanten Fragen durch Beweisaufnahmen geklärt werden müssten.
11
2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand. Das Prozessgericht hätte für die Aussetzungsentscheidung nach § 8 Abs. 1 Satz 1 KapMuG nicht ungeklärt lassen dürfen , ob zwischen den Parteien ein Anlageberatungs- oder Auskunftsvertrag zustande gekommen ist und ob die Beklagte, falls ein solcher Vertrag besteht, nicht bereits unabhängig von den im Musterverfahren streitgegenständlichen Prospektfehlern deshalb haftet, weil sie die Kläger über die Höhe der von ihr vereinnahmten Rückvergütungen unzutreffend unterrichtet hat. Nur wenn ein Anlageberatungs- oder Auskunftsvertrag als Grundlage einer möglichen Haftung der Beklagten für die angeblichen Prospektfehler besteht und die nicht musterverfahrensfähige Anspruchsbegründung das Klagebegehren nicht trägt, hängt die Entscheidung des Rechtsstreits von den geltend gemachten Feststellungszielen ab.
12
a) Zutreffend ist das Beschwerdegericht allerdings davon ausgegangen, dass die Aussetzung des Rechtsstreits nach § 8 Abs. 1 KapMuG nicht daran scheitert, dass der Anwendungsbereich des Gesetzes nicht eröffnet (aa) oder der Rechtsstreit ohne Rückgriff auf die Feststellungsziele des Musterverfahrens bereits entscheidungsreif wäre (bb).
13
aa) Der Anwendungsbereich des KapMuG ist eröffnet.
14
(1) In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist geklärt, dass eine Aussetzung nach § 8 Abs. 1 KapMuG dann unzulässig ist, wenn die geltend gemachten Klageansprüche nicht nach Maßgabe des § 1 Abs. 1 KapMuG in den Anwendungsbereich des KapMuG fallen (Senatsbeschluss vom 8. April 2014 - XI ZB 40/11, WM 2014, 992 Rn. 23; vgl. zu § 7 Abs. 1 Satz 1 KapMuG in der bis 31. Oktober 2012 geltenden Fassung [im Folgenden: aF] bereits Senatsbeschlüsse vom 16. Juni 2009 - XI ZB 33/08, WM 2009, 1359 Rn. 10 ff. und vom 30. November 2010 - XI ZB 23/10, WM 2011, 110 Rn. 10 ff.).
15
(2) Diese Grundsätze schließen eine Aussetzung des Rechtsstreits gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 KapMuG hier nicht aus.
16
(a) Durch § 1 Abs. 1 Nr. 2 KapMuG in der Fassung des Gesetzes zur Reform des Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetzes und zur Änderung anderer Vorschriften vom 19. Dezember 2012 (BGBl. I S. 2182) ist der Anwendungsbereich des KapMuG auf Schadensersatzansprüche wegen Verwendung einer falschen oder irreführenden öffentlichen Kapitalmarktinformation erweitert worden. Danach reicht der mittelbare Bezug zu einer existierenden öffentlichen Kapitalmarktinformation aus. Aufklärungsfehler, die ohne Bezug zu einer öffentlichen Kapitalmarktinformation begangen worden sein sollen, können jedoch weiterhin nicht Gegenstand eines Musterverfahrens sein (Senatsbeschlüsse vom 8. April 2014 - XI ZB 40/11, WM 2014, 992 Rn. 23 und vom 23. Oktober 2018 - XI ZB 3/16, WM 2019, 20 Rn. 73, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt).
17
Die vom Gesetzgeber beabsichtigte "moderate" Erweiterung des Anwendungsbereichs hat auch nichts daran geändert, dass die öffentliche Kapitalmarktinformation als solche - und nicht der Inhalt eines individuell geführten mündlichen Aufklärungsgesprächs - Voraussetzung des vertraglichen oder vorvertraglichen Anspruchs sein muss (vgl. BT-Drucks. 17/8799, S. 16). Nur unter dieser Voraussetzung können überhaupt Fragen aufgeworfen werden, die in einem Musterverfahren verallgemeinerungsfähig geklärt werden können. Daraus folgt, dass es nach Sinn und Zweck des § 1 Abs. 1 Nr. 2 KapMuG nicht unerheblich ist, in welcher Form die öffentliche Kapitalmarktinformation Eingang in die Aufklärung des Kapitalanlegers gefunden hat (für § 32b Abs. 1 Nr. 2 ZPO anders BGH, Beschluss vom 8. Dezember 2015 - X ARZ 573/15, WM 2016, 156 Rn. 14). Danach ist der Anwendungsbereich des Gesetzes vielmehr nur dann eröffnet, wenn die öffentliche Kapitalmarktinformation als Mittel der schriftlichen Aufklärung verwendet worden ist. Dafür muss sie dem Kapitalanleger so rechtzeitig vor dem Vertragsschluss übergeben worden sein, dass ihr Inhalt noch rechtzeitig zur Kenntnis genommen werden konnte (vgl. dazu Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 21 und BGH, Urteil vom 8. Januar 2019 - II ZR 139/17, WM 2019, 495 Rn. 21, jeweils mwN). Der Erfahrungssatz , dass etwaige Prospektfehler auch dann für die Anlageentscheidung ursächlich werden können, wenn der Kapitalanleger den Prospekt zwar nicht selbst erhalten hat, der Prospekt aber dem Anlageberater oder -vermittler als Arbeitsgrundlage für das mit dem Anlageinteressenten geführte Gespräch gedient hat (BGH, Urteile vom 3. Dezember 2007 - II ZR 21/06, WM 2008, 391 Rn. 16 ff., vom 17. April 2018 - II ZR 265/16, WM 2018, 1101 Rn. 24 und vom 17. Juli 2018 - II ZR 13/17, WM 2018, 1594 Rn. 16, jeweils mwN), ändert nichts daran, dass in diesen Fallkonstellationen allein die mündliche Beratung maßgebend bleibt (vgl. BGH, Urteil vom 8. Januar 2019 - II ZR 139/17 aaO Rn. 22). Ob diese pflichtwidrig erfolgt ist, kann nur individuell geklärt werden.
18
(b) Danach ist der Anwendungsbereich des Gesetzes hier gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 2 KapMuG eröffnet. Der Prospekt lag den Klägern nach ihrem unstreitig gebliebenen Vortrag rechtzeitig vor der Anlageentscheidung vor und sie begründen den Vorwurf der fehlerhaften Anlageberatung jedenfalls auch mit Prospektfehlern, die Gegenstand des Musterverfahrens sind. Der Umstand, dass der Kapitalanleger seinen Anspruch auch auf eine Anspruchsbegründung stützt, der keine im Musterverfahren festzustellenden Tatsachen oder Rechtsfragen zugrunde liegen (wie hier der unabhängig vom Inhalt des Prospekts erhobene Vorwurf, unzutreffend über die Höhe der Rückvergütungen unterrichtet worden zu sein), führt nicht dazu, dass der Klageanspruch insgesamt aus dem Anwendungsbereich des KapMuG fällt (BGH, Beschluss vom 5. November 2015 - III ZB 69/14, BGHZ 207, 306 Rn. 24).
19
bb) Der Rechtsstreit ist auch nicht bereits ohne Rückgriff auf die Feststellungsziele des Musterverfahrens entscheidungsreif.
20
(1) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine Aussetzung nach § 8 Abs. 1 KapMuG unzulässig, wenn der Rechtsstreit bereits unabhängig von den Feststellungszielen auf geklärter Tatsachengrundlage ohne weitere Beweiserhebung entscheidungsreif ist, beispielsweise wegen anderweitiger Rechtshängigkeit des Streitgegenstands oder Verjährung der geltend gemachten Ansprüche (Senatsbeschluss vom 2. Dezember 2014 - XI ZB 17/13, WM 2015, 69 Rn. 13; BGH, Beschlüsse vom 28. Januar 2016 - III ZB 88/15, WM 2016, 403 Rn. 14, vom 25. Februar 2016 - III ZB 74/15, juris Rn. 14, III ZB 76/15, juris Rn. 14, III ZB 77/15, juris Rn. 14, III ZB 78/15, juris Rn. 14, III ZB 79/15, juris Rn. 14 und vom 24. März 2016 - III ZB 75/15, juris Rn. 14).
21
(2) Das ist hier nicht der Fall. Wie das Beschwerdegericht zutreffend angenommen hat, ist die Klage nicht bereits mangels schlüssiger Darlegung des Zustandekommens eines Anlageberatungs- oder Auskunftsvertrags mit der Beklagten ohne Beweiserhebung abweisungsreif.
22
Eine Partei genügt ihrer Darlegungslast, wenn sie Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als in ihrer Person entstanden erscheinen zu lassen, wobei unerheblich ist, wie wahrscheinlich diese Darstellung ist (vgl. BGH, Urteil vom 25. Juli 2005 - II ZR 199/03, WM 2005, 1847 f.; Beschlüsse vom 21. Mai 2007 - II ZR 266/04, WM 2007, 1569 Rn. 8 und vom 21. Juli 2011 - IV ZR 216/09, VersR 2011, 1384 Rn. 6). Erfüllt das Parteivorbringen diese Anforderungen, kann der Vortrag wei- terer Einzelheiten oder die Erklärung für einen gehaltenen Vortrag nicht gefordert werden. Es ist vielmehr Sache des Tatrichters, in die Beweisaufnahme einzutreten und dabei gegebenenfalls Zeugen nach weiteren Einzelheiten zu befragen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 21. Mai 2007, aaO und vom 21. Juli 2011, aaO).
23
Gemessen hieran ist der Vortrag der Kläger unter Berücksichtigung der ständigen Senatsrechtsprechung zu den Voraussetzungen für den Abschluss eines Anlageberatungsvertrages (vgl. dazu Senatsurteile vom 6. Juli 1993 - XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126, 128, vom 25. September 2007 - XI ZR 320/06, BKR 2008, 199 Rn. 12 und vom 1. Juli 2014 - XI ZR 247/12, WM 2014, 1621 Rn. 21) schlüssig. Der Umstand, dass der Stempelaufdruck auf den als Anlagen K 3a und 3b überreichten Zeichnungsscheinen im Widerspruch zu dem übrigen Vortrag der Kläger stehen mag, ist allein im Rahmen der Beweiswürdigung nach der Vernehmung des von ihnen zum Beweis ihres Tatsachenvortrages angebotenen Zeugen zu berücksichtigen (vgl. BGH, Urteil vom 13. März 2012 - II ZR 50/09, WM 2012, 990 Rn. 16).
24
b) Über die in der höchstrichterlichen Rechtsprechung bereits geklärten Fallgruppen hinaus hat der Bundesgerichtshof bislang offengelassen, wie das Tatbestandsmerkmal der Abhängigkeit von den geltend gemachten Feststellungzielen als Voraussetzung der Aussetzung des Rechtsstreits nach § 8 Abs. 1 Satz 1 KapMuG auszulegen ist (vgl. Senatsbeschlüsse vom 8. April 2014 - XI ZB 40/11, WM 2014, 992 Rn. 24 und vom 2. Dezember 2014 - XI ZB 17/13, WM 2015, 69 Rn. 14).
25
aa) In der obergerichtlichen Rechtsprechung und im Schrifttum wird unter Bezugnahme auf die Gesetzesbegründung zum Entwurf des Gesetzes zur Reform des Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetzes (vgl. BT-Drucks. 17/8799, S. 20) die Ansicht vertreten, die Abhängigkeit sei grundsätzlich nur abstrakt zu beurteilen. Es genüge deshalb, wenn die Möglichkeit bzw. hinreichende Wahrscheinlichkeit bestehe, dass die Entscheidung des Rechtsstreits von den Feststellungszielen abhängen könne. Es sei nicht erforderlich, dass die Entscheidung nach Klärung sämtlicher Rechtsfragen nur noch von den Feststellungszielen abhänge (OLG München, ZIP 2013, 2077, 2078; OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 27. Januar 2014 - 23 W 120/13, juris Rn. 7; OLG München, ZIP 2018, 327, 328; OLG Brandenburg, Beschluss vom 9. August 2018 - 4 W 18/18, juris Rn. 9; OLG Oldenburg, WM 2019, 590, 591; KK-KapMuG/Kruis, 2. Aufl., § 3 Rn. 40 und § 8 Rn. 28; Reuschle in Wieczorek/Schütze, ZPO, 4. Aufl., § 8 KapMuG Rn. 21 ff.; Söhner, ZIP 2013, 7, 10; in diesem Sinne wohl auch Schneider/Heppner, BB 2012, 2703, 2707).
26
bb) Der Senat und andere Stimmen in der Literatur haben bereits darauf hingewiesen, dass gegen ein solches Verständnis im Hinblick auf den verfassungsrechtlichen Grundsatz effektiven Rechtsschutzes Bedenken bestehen (Senatsbeschlüsse vom 8. April 2014 - XI ZB 40/11, WM 2014, 992 Rn. 24 und vom 2. Dezember 2014 - XI ZB 17/13, WM 2015, 69 Rn. 14; Halfmeier in Prütting/Gehrlein, ZPO, 10. Aufl., § 8 KapMuG Rn. 2; ders., DB 2012, 2145 f.; Möllers/Seidenschwann, NZG 2012, 1401, 1405; Wolf/Lange, NJW 2012, 3751, 3753). Diese Bedenken greifen durch. Soweit die Gesetzesbegründung zu § 8 KapMuG die Abhängigkeit grundsätzlich abstrakt beurteilen und dem Prozessgericht im Hinblick auf die Aussetzung einen Beurteilungsspielraum einräumen will (vgl. BT-Drucks. 17/8799, S. 20), ist dies mit dem verfassungsrechtlichen Gebot effektiven Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG) nicht vereinbar.
27
(1) Die aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitende Rechtsschutzgarantie gewährleistet in zivilrechtlichen Streitigkeiten - ebenso wie Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG für den Bereich des öffentlichen Rechts - nicht nur, dass überhaupt ein Rechtsweg zu den Gerichten offensteht. Sie garantiert vielmehr auch die Effektivität des Rechtsschutzes. Schränkt der Gesetzgeber im Rahmen der ihm obliegenden normativen Ausgestaltungsbefugnis die Rechtsschutzgewährung durch die Gerichte ein, müssen solche Einschränkungen mit den Belangen einer rechtsstaatlichen Verfahrensordnung vereinbar sein und dürfen den einzelnen Rechtsuchenden nicht unverhältnismäßig belasten. Darin findet die Ausgestaltungsbefugnis des Gesetzgebers zugleich ihre Grenze. Der Rechtsweg darf danach nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden (vgl. BVerfGE 88, 118, 123 ff.; 93, 99, 107 f.).
28
(2) Diese verfassungsrechtlichen Vorgaben erfordern eine Auslegung des § 8 Abs. 1 Satz 1 KapMuG, nach der eine Aussetzung nur dann in Betracht kommt, wenn sich das Prozessgericht bereits die Überzeugung (§ 286 ZPO) gebildet hat, dass es auf dort statthaft geltend gemachte Feststellungsziele für den Ausgang des Rechtsstreits konkret ankommen wird. Das gilt auch dann, wenn hierzu eine Beweisaufnahme durchzuführen ist. Der Rechtsstreit hängt im Sinne des § 8 Abs. 1 KapMuG erst dann von den Feststellungszielen des Musterverfahrens ab, wenn nur noch Tatsachen oder Rechtsfragen offen sind, die unabhängig vom Ausgang des Musterverfahrens nicht beantwortet werden können.
29
Es ist dem Rechtsuchenden nicht zuzumuten, dass sein individueller Rechtsstreit ausgesetzt wird und er unabsehbare Zeit auf das Ergebnis des oft jahrelang dauernden Musterverfahrens warten muss, obwohl nicht feststeht, dass es auf den Ausgang des Musterverfahrens in seinem Prozess tatsächlich ankommt. Neben der reinen Verzögerung kann er erhebliche Rechtsnachteile in der Beweisführung dadurch erleiden, dass Zeugen verstorben sind oder sich wegen des Zeitablaufs nicht mehr genau an den Sachverhalt erinnern können.
Ferner ist kein sachlicher Grund dafür ersichtlich, eine Partei an den Kosten eines Musterverfahrens anteilig zu beteiligen (vgl. § 24 KapMuG), das für ihren Rechtsstreit nicht entscheidungserheblich ist (vgl. Senatsbeschlüsse vom 16. Juni 2009 - XI ZB 33/08, WM 2009, 1359 Rn. 15 und vom 11. September 2012 - XI ZB 32/11, WM 2012, 2146 Rn. 13).
30
cc) Nach diesem Maßstab war die Aussetzungsentscheidung hier unzulässig.
31
(1) Das Prozessgericht hätte nicht ungeklärt lassen dürfen, ob zwischen den Parteien ein Anlageberatungsvertrag oder zumindest ein Auskunftsvertrag zustande gekommen ist. Etwaige spezialgesetzliche Prospekthaftungsansprüche der Kläger gegen die Beklagte nach § 13 VerkProspG i.V.m. §§ 44 ff. BörsG, jeweils in der bis zum 31. Mai 2012 geltenden Fassung (künftig: aF), wären verjährt (vgl. § 46 BörsG aF), so dass ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte ohne das Zustandekommen einer vertraglichen Haftungsgrundlage zwischen den Parteien ausscheidet. Die Klage wäre dann abweisungsreif. Auf die im Musterverfahren streitgegenständlichen Prospektfehler kann es im vorliegenden Rechtsstreit nur dann ankommen, wenn sich das Prozessgericht bereits die Überzeugung gebildet hat, dass die Beklagte auf vertraglicher Grundlage die Pflicht traf, die Kläger vollständig und zutreffend über die gezeichnete Anlage zu unterrichten.
32
(2) Darüber hinaus kommt eine Aussetzung nach § 8 Abs. 1 Satz 1 KapMuG hier nur dann in Betracht, wenn feststeht, dass dem Klagebegehren nicht bereits deshalb stattzugeben ist, weil die Beklagte - wie von den Klägern geltend gemacht - ihre Beratungspflicht durch unzutreffende Angaben über die Höhe der von ihr vereinnahmten Rückvergütungen verletzt hat.
33
Werden Beratungspflichtverletzungen geltend gemacht, die - wie hier der Vorwurf einer unabhängig von den Angaben im Prospekt erfolgten Fehlinformation über Rückvergütungen - keinen Bezug zu einer veröffentlichten Kapitalmarktinformation haben, können diese nicht Gegenstand eines Musterverfahrens sein (Senatsbeschlüsse vom 8. April 2014 - XI ZB 40/11, WM 2014, 992 Rn. 23 und vom 23. Oktober 2018 - XI ZB 3/16, WM 2019, 20 Rn. 73 mwN). Der Erfolg einer solchen nicht musterverfahrensfähigen Anspruchsbegründung kann von vorneherein nicht vom Ausgang des Musterverfahrens abhängen. Das gilt auch dann, wenn sie in unzulässiger Weise zum Gegenstand eines Feststellungsziels des maßgeblichen Vorlagebeschlusses geworden ist. Denn da ein Feststellungsantrag, der ein unstatthaftes Feststellungsziel zum Gegenstand hat, im Musterentscheid nicht in der Sache zu entscheiden, sondern als im Musterverfahren nicht statthaft zurückzuweisen ist (Senatsbeschluss vom 23. Oktober 2018 aaO Rn. 69 ff.), kann das Musterverfahren auch dann zur Klärung der nicht musterverfahrensfähigen Anspruchsbegründung nichts beitragen.
34
(3) Vor der Aussetzungsentscheidung nach § 8 Abs. 1 Satz 1 KapMuG demgegenüber offenbleiben müssen nicht nur die im Musterverfahren statthaften Feststellungsziele, sondern auch solche Tatsachen oder Rechtsfragen, die nur auf diese bezogen geprüft werden können. Das Prozessgericht ist nicht gehalten , hierzu vor seiner Aussetzungsentscheidung hypothetische Erwägungen anzustellen. Offenbleiben muss deswegen hier, ob eine Unrichtigkeit des Prospekts vorliegt und gegebenenfalls welche, sowie ferner, ob die Beklagte hierauf bezogen ein Verschulden trifft, der Prospektfehler für die Anlageentscheidung kausal geworden ist oder die kenntnisabhängige Verjährung eingreift. Diese Punkte lassen sich erst konkret prüfen, wenn ein bestimmter Prospektfehler feststeht.

III.

35
Die angefochtene Entscheidung ist gemäß § 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO aufzuheben. Da die Sache zur Endentscheidung reif ist, hat der Senat in der Sache selbst zu entscheiden (§ 577 Abs. 5, § 563 Abs. 3 ZPO). Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten ist der Beschluss des Landgerichts vom 8. Juni 2017 aufzuheben und dem Verfahren Fortgang zu geben.

IV.

36
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Die Beklagte wendet sich gegen die Aussetzung des Rechtsstreits nach § 8 KapMuG. Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens bilden einen Teil der Kosten des Ausgangsrechtsstreits , welche die in der Sache unterliegende Partei unabhängig vom Ausgang des Beschwerde- und Rechtsbeschwerdeverfahrens nach §§ 91 ff. ZPO zu tragen hat (Senatsbeschlüsse vom 30. November 2010 - XI ZB 23/10, WM 2011, 110 Rn. 18 und vom 2. Dezember 2014 - XI ZB 17/13, WM 2015, 69 Rn. 20).
37
Den Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens hat der Senat gemäß § 3 ZPO mit einem Fünftel des Werts des Rechtsstreits (bis25.000 €) bemessen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 5. November 2015 - III ZB 69/14, juris Rn. 26, insoweit in BGHZ 207, 306 nicht abgedruckt, und vom 28. Januar 2016 - III ZB 88/15, WM 2016, 403 Rn. 19).
Ellenberger Grüneberg Matthias Derstadt Dauber

Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 08.06.2017 - 318 O 282/16 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 16.03.2018 - 14 W 54/17 -
BESCHLUSS
XI ZB 15/18
vom
29. August 2019
in dem Rechtsstreit


ECLI:DE:BGH:2019:290819BXIZB15.18.0

Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 29. August 2019 durch den
Vizepräsidenten Prof. Dr. Ellenberger, die Richter Dr. Grüneberg und
Dr. Matthias sowie die Richterinnen Dr. Derstadt und Dr. Dauber

beschlossen:
Das Rubrum des Senatsbeschlusses vom 30. April 2019 wird dahingehend
berichtigt, dass die Bezeichnung der Beklagten und
Rechtsbeschwerdeführerin richtig lautet:
"…

"

Ellenberger Grüneberg Matthias

Derstadt Dauber
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 08.06.2017 - 318 O 282/16 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 16.03.2018 - 14 W 54/17 -

Mit Erlass des Vorlagebeschlusses ist die Einleitung eines weiteren Musterverfahrens für die gemäß § 8 Absatz 1 auszusetzenden Verfahren unzulässig. Ein gleichwohl ergangener Vorlagebeschluss ist nicht bindend.

8
aa) Allerdings ist der in einem Kapitalanleger-Musterverfahren ergangene Aussetzungsbeschluss gemäß § 7 Abs. 1 Satz 4 KapMuG unanfechtbar. Ob dieser generelle Ausschluss einer Rechtsschutzmöglichkeit vor dem Hintergrund, dass die rechtsfehlerhafte Beteiligung am Musterverfahren für einen Beteiligten erhebliche, später nicht mehr kompensierbare Rechtsnachteile nach sich ziehen kann, verfassungsrechtlich bedenklich ist (vgl. KK-KapMuG/Kruis, § 7 Rn. 45), bedarf keiner näheren Erörterung, weil § 7 KapMuG auf das Streitverhältnis der Parteien keine Anwendung findet.
10
1. Zu Recht hat das Beschwerdegericht die Aussetzung des Rechtsstreits als unzulässig angesehen und den Aussetzungsbeschluss des Landgerichts trotz der Regelung des § 7 Abs. 1 Satz 4 KapMuG aufgehoben, da § 7 KapMuG auf das Streitverhältnis der Parteien insoweit keine Anwendung findet, als Ansprüche aus vorvertraglicher Aufklärungspflichtverletzung der Beklagten aus dem Darlehensverhältnis im Streit sind.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

Mit der Bekanntmachung des Musterverfahrensantrags im Klageregister wird das Verfahren unterbrochen.

(1) Durch Vorlagebeschluss ist eine Entscheidung des im Rechtszug übergeordneten Oberlandesgerichts über die Feststellungsziele gleichgerichteter Musterverfahrensanträge herbeizuführen, wenn innerhalb von sechs Monaten nach der ersten Bekanntmachung eines Musterverfahrensantrags mindestens neun weitere gleichgerichtete Musterverfahrensanträge bekannt gemacht wurden. Der Vorlagebeschluss ist unanfechtbar und für das Oberlandesgericht bindend.

(2) Zuständig für den Vorlagebeschluss ist das Prozessgericht, bei dem der erste bekannt gemachte Musterverfahrensantrag gestellt wurde.

(3) Der Vorlagebeschluss enthält:

1.
die Feststellungsziele und
2.
eine knappe Darstellung des den Musterverfahrensanträgen zugrunde liegenden gleichen Lebenssachverhalts.

(4) Das Prozessgericht macht den Inhalt des Vorlagebeschlusses im Klageregister öffentlich bekannt.

(5) Sind seit Bekanntmachung des jeweiligen Musterverfahrensantrags innerhalb von sechs Monaten nicht neun weitere gleichgerichtete Anträge bekannt gemacht worden, weist das Prozessgericht den Antrag durch Beschluss zurück und setzt das Verfahren fort. Der Beschluss ist unanfechtbar.

(6) Sind in einem Land mehrere Oberlandesgerichte errichtet, so kann die Zuständigkeit für das Musterverfahren von der Landesregierung durch Rechtsverordnung einem der Oberlandesgerichte oder dem Obersten Landesgericht zugewiesen werden. Die Landesregierungen können die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen. Durch Staatsverträge zwischen Ländern kann die Zuständigkeit eines Oberlandesgerichts für einzelne Bezirke oder für das gesamte Gebiet mehrerer Länder begründet werden.

(1) Das Prozessgericht verwirft den Musterverfahrensantrag durch unanfechtbaren Beschluss als unzulässig, soweit

1.
die Entscheidung des zugrunde liegenden Rechtsstreits nicht von den geltend gemachten Feststellungszielen abhängt,
2.
die angegebenen Beweismittel zum Beweis der geltend gemachten Feststellungsziele ungeeignet sind,
3.
nicht dargelegt ist, dass eine Bedeutung für andere Rechtsstreitigkeiten gegeben ist, oder
4.
der Musterverfahrensantrag zum Zwecke der Prozessverschleppung gestellt ist.

(2) Einen zulässigen Musterverfahrensantrag macht das Prozessgericht im Bundesanzeiger unter der Rubrik „Klageregister nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz“ (Klageregister) durch unanfechtbaren Beschluss öffentlich bekannt. Die Bekanntmachung enthält nur die folgenden Angaben:

1.
die vollständige Bezeichnung der Beklagten und ihrer gesetzlichen Vertreter,
2.
die Bezeichnung des von dem Musterverfahrensantrag betroffenen Emittenten von Wertpapieren oder Anbieters von sonstigen Vermögensanlagen,
3.
die Bezeichnung des Prozessgerichts,
4.
das Aktenzeichen des Prozessgerichts,
5.
die Feststellungsziele des Musterverfahrensantrags,
6.
eine knappe Darstellung des vorgetragenen Lebenssachverhalts und
7.
den Zeitpunkt des Eingangs des Musterverfahrensantrags beim Prozessgericht und den Zeitpunkt der Bekanntmachung im Klageregister.

(3) Das Prozessgericht soll zulässige Musterverfahrensanträge binnen sechs Monaten nach Eingang des Antrags bekannt machen. Verzögerungen der Bekanntmachung sind durch unanfechtbaren Beschluss zu begründen.

(4) Das Prozessgericht kann davon absehen, Musterverfahrensanträge im Klageregister öffentlich bekannt zu machen, wenn die Voraussetzungen zur Einleitung eines Musterverfahrens nach § 6 Absatz 1 Satz 1 bereits vorliegen.

(1) Durch Vorlagebeschluss ist eine Entscheidung des im Rechtszug übergeordneten Oberlandesgerichts über die Feststellungsziele gleichgerichteter Musterverfahrensanträge herbeizuführen, wenn innerhalb von sechs Monaten nach der ersten Bekanntmachung eines Musterverfahrensantrags mindestens neun weitere gleichgerichtete Musterverfahrensanträge bekannt gemacht wurden. Der Vorlagebeschluss ist unanfechtbar und für das Oberlandesgericht bindend.

(2) Zuständig für den Vorlagebeschluss ist das Prozessgericht, bei dem der erste bekannt gemachte Musterverfahrensantrag gestellt wurde.

(3) Der Vorlagebeschluss enthält:

1.
die Feststellungsziele und
2.
eine knappe Darstellung des den Musterverfahrensanträgen zugrunde liegenden gleichen Lebenssachverhalts.

(4) Das Prozessgericht macht den Inhalt des Vorlagebeschlusses im Klageregister öffentlich bekannt.

(5) Sind seit Bekanntmachung des jeweiligen Musterverfahrensantrags innerhalb von sechs Monaten nicht neun weitere gleichgerichtete Anträge bekannt gemacht worden, weist das Prozessgericht den Antrag durch Beschluss zurück und setzt das Verfahren fort. Der Beschluss ist unanfechtbar.

(6) Sind in einem Land mehrere Oberlandesgerichte errichtet, so kann die Zuständigkeit für das Musterverfahren von der Landesregierung durch Rechtsverordnung einem der Oberlandesgerichte oder dem Obersten Landesgericht zugewiesen werden. Die Landesregierungen können die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen. Durch Staatsverträge zwischen Ländern kann die Zuständigkeit eines Oberlandesgerichts für einzelne Bezirke oder für das gesamte Gebiet mehrerer Länder begründet werden.

7
a) Durch die Zulassung wird dem Beschwerdeführer die Rechtsbeschwerde nur zugänglich gemacht, wenn sie nach dem Gesetz grundsätzlich eröffnet ist, nicht aber in den Fällen, in denen die Anfechtbarkeit gesetzlich ausgeschlossen ist. Die Bindungswirkung der Rechtsmittelzulassung umfasst bei der Rechtsbeschwerde nur die in § 574 Abs. 3 Satz 1 in Verbindung mit § 574 Abs. 2 ZPO genannten Zulassungsvoraussetzungen. Sie kann hingegen nicht dazu führen, dass ein gesetzlich nicht vorgesehener Instanzenzug eröffnet wird. Eine nach dem Gesetz unanfechtbare Entscheidung kann daher nicht durch den Ausspruch eines Gerichts der Anfechtung unterworfen werden (st. Rspr. s. etwa Senatsbeschluss vom 26. März 2015 - III ZB 80/13, MDR 2015, 668, 669 Rn. 11; BGH, Beschlüsse vom 21. April 2004 - XII ZB 279/03, BGHZ 159, 14, 15 mwN; vom 11. Mai 2005 - XII ZB 189/03, NJW-RR 2005, 1009 und vom 23. Mai 2012 - XII ZB 417/11, NJW-RR 2012, 1156 Rn. 4).