Bundesgerichtshof Beschluss, 06. Dez. 2016 - XI ZR 46/14

bei uns veröffentlicht am06.12.2016
vorgehend
Landgericht Frankfurt (Oder), 12 O 218/11, 17.04.2012

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XI ZR 46/14
vom
6. Dezember 2016
in dem Rechtsstreit
ECLI:DE:BGH:2016:061216BXIZR46.14.0

Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 6. Dezember 2016 durch den Vizepräsidenten Prof. Dr. Ellenberger, die Richter Dr. Grüneberg und Dr. Matthias sowie die Richterinnen Dr. Menges und Dr. Derstadt

beschlossen:
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 5. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 16. Januar 2014 wird zurückgewiesen, soweit der Kläger sich mit seiner Klage gegen die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung aus der notariellen Urkunde vom 21. November 1995 wegen des dinglichen Anspruchs aus der Grundschuld wendet. Im Übrigen bleibt das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde unterbrochen. Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.

Gründe:

I.

1
Der Kläger wendet sich mit der Vollstreckungsabwehrklage gegen die Zwangsvollstreckung aus einer notariellen Urkunde.
2
In dieser Urkunde vom 21. November 1995 bestellte der Kläger zur Besicherung eines von der Beklagten gewährten Darlehens zu deren Gunsten eine Grundschuld in Höhe von 2.300.000 DM nebst Zinsen und Nebenleistung an einem in seinem Eigentum stehenden Grundstück und unterwarf sich wegen des Anspruchs aus der Grundschuld nebst Zinsen und Nebenleistung der sofortigen Zwangsvollstreckung in das Grundeigentum. Ferner übernahm der Kläger in der Urkunde die persönliche Haftung für die Zahlung eines Geldbetrages in Höhe der Grundschuld und unterwarf sich insoweit der sofortigen Zwangsvollstreckung in sein gesamtes Vermögen.
3
Mit der Klage begehrt der Kläger, die Zwangsvollstreckung aus der notariellen Urkunde vom 21. November 1995 für unzulässig zu erklären. Die Klage ist in beiden Vorinstanzen erfolglos geblieben.
4
Das beim Senat anhängige Verfahren über die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht ist gemäß § 240 ZPO unterbrochen worden, da das Amtsgericht Frankfurt (Oder) durch Beschluss vom 29. Oktober 2014 das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Klägers eröffnet hat.
5
Die Insolvenzverwalterin hat unter dem 14. April 2015 mitgeteilt, dass sie den Rechtsstreit nicht aufnehme. Mit Schriftsatz vom 22. April 2015 hat der Kläger die Aufnahme des Rechtsstreits erklärt.

II.

6
Der Rechtsstreit ist von dem Kläger nur insoweit aufgenommen worden, als er sich mit seiner Klage gegen die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung wegen des dinglichen Anspruchs aus der Grundschuld wendet. Im Übrigen bleibt das Verfahren gemäß § 240 ZPO unterbrochen.
7
1. Nur soweit sich der Kläger mit seinem - nicht auf den persönlichen Anspruch beschränkten - Klageantrag gegen die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung wegen des dinglichen Anspruchs aus der Grundschuld wendet, liegt ein Rechtsstreit im Sinne von § 86 Abs. 1 Nr. 2 InsO vor (vgl. Senatsbeschluss vom 10. Mai 2016 - XI ZR 46/14, WM 2016, 1070 Rn. 12).
8
Der Kläger ist diesbezüglich zur Aufnahme befugt, ohne dass eine Erklärung der Insolvenzverwalterin über die Freigabe des betroffenen Grundstücks erforderlich ist (vgl. dazu Senatsbeschluss vom 10. Mai 2016 - XI ZR 46/14, WM 2016, 1070 Rn. 13 f.). Denn nach dem Schriftsatz des Klägers vom 27. Oktober 2016, dem die Beklagte nicht entgegengetreten ist, und dem mit diesem Schriftsatz vorgelegten Protokoll des Amtsgerichts Frankfurt (Oder) vom 14. Oktober 2014, Az. 3 K 170/11, über den Termin zur Verteilung des Versteigerungserlöses ist das mit der Grundschuld belastete Grundstück im Wege der Zwangsversteigerung verwertet worden und vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht nur die Versteigerung selbst erfolgt, sondern darüber hinaus auch der Teilungsplan ausgeführt und der Versteigerungserlös verteilt worden, so dass im Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens kein Gegenstand mehr vorhanden war, dessen Freigabe aus der Masse durch den Insolvenzverwalter in Betracht kam.
9
Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass eine Vollstreckungsabwehrklage nach Beendigung der Zwangsvollstreckung mit dem Antrag auf Rückgewähr des durch die Zwangsvollstreckung Erlangten fortgeführt werden kann ("verlängerte Vollstreckungsabwehrklage", vgl. BGH, Urteile vom 8. Januar 1987 - IX ZR 66/85, BGHZ 99, 292, 294, vom 2. April 2001 - II ZR 331/99, WM 2001, 2251, 2253 [unter V.], vom 12. Juli 2002 - V ZR 195/01, juris Rn. 7, vom 7. Juli 2005 - VII ZR 351/03, BGHZ 163, 339, 341 f., vom 8. März 2006 - IV ZR 145/05, WM 2006, 1170 Rn. 12 und vom 5. Juli 2013 - V ZR 141/12, WM 2013, 1791 Rn. 15, jeweils mwN).
10
Denn zum einen hat der Kläger eine entsprechende Umstellung des Klageantrags bisher nicht angekündigt. Zum anderen würde durch eine solche Umstellung der Passivprozess im Sinne von § 86 InsO in einen Aktivprozess gemäß § 85 InsO umschlagen (vgl. zu dieser Möglichkeit BGH, Urteile vom 8. Januar 1962 - VII ZR 65/61, BGHZ 36, 258, 264 f. und vom 27. März 1995 - II ZR 140/93, WM 1995, 838, 839), da Gegenstand der "verlängerten Vollstreckungsabwehrklage" eine gewöhnliche Geldforderung gegen den Vollstreckungsgläubiger ist (vgl. BGH, Urteil vom 20. März 2008 - IX ZR 2/07, WM 2008, 838 Rn. 11). In diesem Fall wäre der Kläger gemäß § 85 Abs. 2 InsO zur Aufnahme des Rechtsstreits befugt, nachdem die Insolvenzverwalterin ihrerseits die Aufnahme abgelehnt hat.
11
Unter diesen Umständen kommt es nicht darauf an, ob maßgeblich für die Einordnung als Aktiv- oder Passivprozess entsprechend dem Wortlaut von §§ 85, 86 InsO der Zeitpunkt der Unterbrechung des Prozesses ist (so MünchKommInsO/Schumacher, 3. Aufl., § 85 Rn. 9; BK-InsO/Blersch/ v. Olshausen, Stand Januar 2006, § 85 Rn. 5; Jaeger/Henckel, KO, 9. Aufl., § 10 Rn. 106) oder der Zeitpunkt, in dem der Prozess aufgenommen werden soll (so HambKomm/Kuleisa, 5. Aufl., § 85 InsO Rn. 2; Uhlenbruck/Mock, InsO, 14. Aufl., § 86 Rn. 3; Piekenbrock in: Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, Fachanwaltskommentar Insolvenzrecht, 2. Aufl., § 85 InsO Rn. 31; K. Schmidt/Sternal, InsO, 19. Aufl., § 85 Rn. 37; Jaeger/Windel, InsO, § 85 Rn. 113, § 86 Rn. 4).
12
2. Soweit sich der Kläger mit seiner Klage gegen die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung wegen der von ihm in der Grundschuldbestellungsurkunde übernommenen persönlichen Haftung wendet, ist unabhängig von der abge- schlossenen Grundstücksverwertung eine Aufnahme durch den Kläger nicht möglich (Senatsbeschluss vom 10. Mai 2016 - XI ZR 46/14, WM 2016, 1070 Rn. 10 f.)
13
3. Der teilweisen Aufnahme des Rechtsstreits steht nicht entgegen, dass die im Wege der Vollstreckungsabwehrklage geltend gemachten Einwendungen und die mit der Nichtzulassungsbeschwerde geltend gemachten Zulassungsgründe sich gegen die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung aus der notariellen Urkunde sowohl wegen der vom Kläger übernommenen persönlichenHaftung als auch wegen des dinglichen Anspruchs aus der Grundschuld richten und damit der aufgenommene und der weiterhin unterbrochene Verfahrensteil dieselben Rechtsfragen aufwerfen.
14
Zwar darf nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine Teilentscheidung grundsätzlich nur dann ergehen, wenn sie von der Entscheidung über den verbleibenden Teil des Rechtsstreits in der Art unabhängig ist, dass die Gefahr einander widerstreitender Erkenntnisse in der Teil- und in der Schlussentscheidung nicht besteht (vgl. nur BGH, Urteil vom 26. April 1989 - IVb ZR 48/88, BGHZ 107, 236, 242 und Beschluss vom 7. Juli 2010 - XII ZR 158/09, ZIP 2010, 2410 Rn. 13). Dies gilt aber nicht, wenn die Aufnahme eines durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens unterbrochenen Rechtsstreits dem Insolvenzverwalter, dem Gläubiger oder dem Schuldner nur zu einem Teil möglich ist und Anhaltspunkte dafür, dass der unterbrochene Teil des Verfahrens alsbald fortgesetzt werden kann, nicht ersichtlich sind. Denn andernfalls würde der Rechtsschutz des das Verfahren aufnehmenden Insolvenzverwalters, Gläubigers oder Schuldners ohne sachliche Rechtfertigung verkürzt (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Juli 2010, aaO Rn. 17 ff. und Urteil vom 30. November 2011 - XII ZR 170/06, WM 2012, 1091 Rn. 15).

III.

15
Soweit das Verfahren vom Kläger aufgenommen worden ist, ist die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision zurückzuweisen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts sowie die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordern (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Von einer näheren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO abgesehen.
Ellenberger Grüneberg Matthias
Menges Derstadt
Vorinstanzen:
LG Frankfurt (Oder), Entscheidung vom 17.04.2012 - 12 O 218/11 -
OLG Brandenburg, Entscheidung vom 16.01.2014 - 5 U 45/12 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 06. Dez. 2016 - XI ZR 46/14

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Zivilprozessordnung - ZPO | § 240 Unterbrechung durch Insolvenzverfahren


Im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Partei wird das Verfahren, wenn es die Insolvenzmasse betrifft, unterbrochen, bis es nach den für das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften aufgenommen oder das Insolvenzverfa

Insolvenzordnung - InsO | § 85 Aufnahme von Aktivprozessen


(1) Rechtsstreitigkeiten über das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen, die zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens für den Schuldner anhängig sind, können in der Lage, in der sie sich befinden, vom Insolvenzverwalter aufgenommen werden. Wird
Bundesgerichtshof Beschluss, 06. Dez. 2016 - XI ZR 46/14 zitiert 6 §§.

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Insolvenzordnung - InsO | § 86 Aufnahme bestimmter Passivprozesse


(1) Rechtsstreitigkeiten, die zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gegen den Schuldner anhängig sind, können sowohl vom Insolvenzverwalter als auch vom Gegner aufgenommen werden, wenn sie betreffen: 1. die Aussonderung eines Gegenstands aus

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(1) Rechtsstreitigkeiten, die zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gegen den Schuldner anhängig sind, können sowohl vom Insolvenzverwalter als auch vom Gegner aufgenommen werden, wenn sie betreffen:

1.
die Aussonderung eines Gegenstands aus der Insolvenzmasse,
2.
die abgesonderte Befriedigung oder
3.
eine Masseverbindlichkeit.

(2) Erkennt der Verwalter den Anspruch sofort an, so kann der Gegner einen Anspruch auf Erstattung der Kosten des Rechtsstreits nur als Insolvenzgläubiger geltend machen.

12
c) Soweit sich der Kläger mit seinem - nicht auf den persönlichen Anspruch beschränkten - Klageantrag auch gegen die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung wegen des dinglichen Anspruchs aus der Grundschuld wendet, liegt zwar ein Rechtsstreit im Sinne von § 86 Abs. 1 Nr. 2 InsO vor (vgl. § 49 InsO; HambKomm/Kuleisa, 5. Aufl., § 86 InsO Rn. 9 mwN; MünchKommInsO/ Schumacher, 3. Aufl., § 86 Rn. 9; Jaeger/Windel, InsO, 2007, § 86 Rn. 9 mwN). Der Kläger ist diesbezüglich aber nicht zur Aufnahme befugt.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 331/99 Verkündet am:
2. April 2001
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Frage der Behandlung nach der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung entstehender
Vorteile, die den Schaden mindern würden, bei der Schadensberechnung.
BGH, Urt. v. 2. April 2001 - II ZR 331/99 - OLG Naumburg
LG Magdeburg
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 2. April 2001 durch den Vorsitzenden Richter Dr. h.c. Röhricht
und die Richter Dr. Hesselberger, Prof. Dr. Goette, Dr. Kurzwelly und Kraemer

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel der Parteien wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 29. Oktober 1999 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als der Kläger zur Zahlung von mehr als 8.250,-- DM verurteilt worden ist.
Die weitergehende Revision des Klägers wird zurückgewiesen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger war Bevollmächtigter der Investorengruppe "P. ", deren Mitglieder sich zu einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts zusammengeschlossen hatten. Zweck der Gesellschaft war der Erwerb des Grundstücks S. straße 7 in M. , auf dem ein "Haus der privaten Wohnungswirtschaft"
entstehen sollte. Beabsichtigt war, das Objekt langfristig an die "L. mbH" (künftig: L. ) und an den "H. G. e.V." (künftig: H. G. e.V.) zu vermieten. Dementsprechend unterschrieben der H. G. e.V. am 13. Juli 1994 und die L. am 26. November 1994 jeweils einen "Mietvertrag für gewerbliche Räume und Grundstücke" und übersandten die Urkunden an den Kläger. In den Vertragsangeboten war jeweils eine feste Laufzeit von zehn Jahren vorgesehen. In dem Vertragsangebot der L. war der Mietzins für die Dauer von fünf Vertragsjahren festgeschrieben; danach war die Möglichkeit vorgesehen, ihn aufgrund einer Wertsicherungsklausel anzupassen. Das Mietvertragsangebot des H. G. e.V. sah die Möglichkeit vor, schon ab Vertragsschluß eine Anpassung des Mietzinses vorzunehmen. Der Kläger unterließ es, die von der L. sowie dem H. G. e.V. unterschriebenen Urkunden im Namen der Gesellschaft zu unterschreiben und zurückzuschicken. Dies teilte er den Gesellschaftern nicht mit. Erst am 27. Januar 1997 schloß der Kläger mit der L. einen auf zehn Jahre begrenzten Mietvertrag , wobei ab 1. Juli 1999 eine Staffelmiete vorgesehen war. Einen entsprechenden Vertrag schloß der Kläger mit dem H. G. e.V. am 5. Mai 1997. Am 20. März 1997 überwies der Kläger vom Gesellschaftskonto auf sein Privatkonto einen höheren Betrag. Daraufhin kündigte die Gesellschaft spätestens am 26. Mai 1997 die Bevollmächtigung des Klägers fristlos.
Mit seiner Klage, die vom Landgericht abgewiesen wurde, setzte sich der Kläger ursprünglich gegen die fristlose Kündigung der Bevollmächtigung zur Wehr. In den Rechtsmittelinstanzen ist nur noch über die Widerklage der Beklagten zu befinden. Sie machen als Gesellschafter der Gesellschaft bürgerlichen Rechts zum einen Schadensersatzansprüche geltend, die sie daraus
herleiten, daß der Kläger es im Jahre 1994 versäumt habe, Mietvertragsangebote der L. und des H. G. e.V. rechtswirksam anzunehmen und die im Jahre 1997 tatsächlich getroffenen mietvertraglichen Vereinbarungen im Vergleich dazu wirtschaftlich ungünstigere Konditionen enthielten. Zum anderen verlangen die Beklagten Rückzahlung des Mehrwertsteuerbetrages in Höhe von 8.250,-- DM, den der Kläger zusätzlich zu dem festgelegten Pauschalhonorar dem Gesellschafterkonto entnommen habe. Als Schadensersatz verlangen die Beklagten 77.402,20 DM sowie die Zahlung von monatlich 1.042,92 DM für den Zeitraum von November 1999 bis einschließlich Juni 2001 und von monatlich 318,68 DM vom Juli 2001 bis März 2002. Das Berufungsgericht hat der Widerklage hinsichtlich des Rückforderungsanspruchs (8.250,-- DM) voll und der Zahlungsklage in Höhe von 64.725,76 DM (insgesamt 72.975,76 DM) stattgegeben und den Kläger verurteilt, an die Beklagten monatlich 734,28 DM für den Zeitraum November 1999 bis einschließlich Juni 2001 zu zahlen (Urteilstenor II 1 und 2). Außerdem hat es festgestellt, daß der Kläger den Beklagten zum Ersatz künftiger Schäden verpflichtet ist (Urteilstenor III). Im übrigen hat es die Widerklage abgewiesen (Urteilstenor IV) und die weitergehende Berufung des Klägers zurückgewiesen (Urteilstenor V).
Mit seiner Revision begehrt der Kläger, die Widerklage abzuweisen, soweit er zu höheren Zahlungen als 8.250,-- DM verurteilt worden ist. Dagegen greift er das Berufungsurteil nicht an, soweit es die Feststellung enthält, daß er den Beklagten zum Ersatz künftiger Schäden verpflichtet sei. Mit ihrer Anschlußrevision beantragen die Beklagten, das angefochtene Urteil aufzuheben, soweit es sie beschwert, und auch insoweit nach ihren Anträgen in der Berufungsinstanz zu erkennen.

Entscheidungsgründe:


Die Revision des Klägers bleibt teilweise erfolglos, soweit er sich gegen seine Verurteilung zur Zahlung von Schadensersatz wendet. Die Anschlußrevision der Beklagten führt dagegen zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
A. Die Revision hat Erfolg, soweit das Berufungsgericht die sicheren Mehreinnahmen der Beklagten für den Zeitraum 1. Juli 2001 bis einschließlich März 2002 in Höhe von (227,46 DM x 9) 2.047,14 DM nicht angerechnet hat.
I. Die Feststellung des Berufungsgerichts, die Gesellschaft bürgerlichen Rechts "S. straße 7" habe zu dem Zeitpunkt, als dem Kläger die bindenden Mietvertragsangebote zugingen, bereits bestanden, wird von der Revision nicht angegriffen. Sie ist auch aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Der wesentliche Inhalt des Gesellschaftsvertrages war von den Gründungsgesellschaftern zu dieser Zeit schon vereinbart worden und der Kläger war bereits für die Gesellschaft tätig.
II. Demgegenüber kann der Auffassung des Berufungsgerichts, dieser Gesellschaftsvertrag sei nicht gemäß §§ 313 Satz 1, 125 BGB formnichtig, nicht gefolgt werden. Nach § 313 Satz 1 BGB bedarf ein Vertrag, durch den sich der eine Teil verpflichtet, das Eigentum an einem Grundstück zu übertragen oder zu erwerben, der notariellen Beurkundung. Das trifft zwar auf einen Gesellschaftsvertrag, der den Zweck der Gesellschaft mit "Verwalten und Verwerten" eines Grundstücks bezeichnet, nicht zu (Sen.Urt. v. 2. Oktober 1997
- II ZR 249/96, WM 1997, 2220, 2221 m.w.N.). Anders ist aber der Fall zu beurteilen , daß durch den Vertrag eine Erwerbspflicht begründet wird (vgl. MünchKomm./ Kanzleiter, 3. Aufl. § 313 Rdn. 39. Eine solche Verpflichtung liegt hier vor. Gegenstand der Gesellschaft war (auch) "der Erwerb" des Grundstücks S. straße 7. Das Urteil erweist sich in diesem Punkt aber aus anderen Gründen als richtig.
Ob der Formmangel nach § 313 Satz 2 BGB inzwischen geheilt wurde, ist dem Berufungsurteil nicht eindeutig zu entnehmen. Hierfür könnte der Umstand sprechen, daß der Kläger für die Gesellschaft konkrete Verhandlungen über die Vermietung von Räumen des Anwesens führte. Diese Frage bedarf indes keiner abschließenden Klärung. Es kommen nämlich dann, wenn eine Heilung des Formmangels nicht eingetreten ist, die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft zur Anwendung. Der erforderliche Gesellschaftsvertrag liegt vor. Der Gesellschaftszweck ist weder verboten noch sittenwidrig und die Gesellschaft ist in Vollzug gesetzt. Bis zur Geltendmachung des Fehlers ist die Gesellschaft deshalb voll wirksam (vgl. z.B. Sen.Urt. v. 14. Oktober 1991 - II ZR 212/90, WM 1992, 490, 491 m.w.N.). Aus dem Berufungsurteil ergibt sich nicht, daß eine außerordentliche Kündigung der Gesellschaft ausgesprochen worden ist. Deshalb ist davon auszugehen , daß die Gesellschaft weiter besteht.
III. Die Revision wendet sich nicht gegen die Feststellung des Berufungsgerichts , der Kläger habe seine Pflichten als Bevollmächtigter der Gesellschaft dadurch verletzt, daß er es unterlassen habe, die ihm übersandten Mietvertragsangebote der beiden gewerblichen Mietinteressenten unverzüglich an
diese unterschrieben zurückzusenden, so daß entsprechende Mietverträge nicht schon Anfang des Jahre 1995 zustande gekommen seien. Die Revision macht indes geltend, das Berufungsgericht sei gehalten gewesen, bei der Prüfung , ob den Beklagten ein Schaden entstanden sei, einen Gesamtvergleich zwischen den Mietangeboten und den Mietverträgen vorzunehmen. Dieser Argumentation kann nur zum Teil gefolgt werden.
1. Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts führten die im Jahre 1997 abgeschlossenen Mietverträge im Vergleich zu den in den Angeboten von 1994 enthaltenen Mieten zunächst zu Mindereinnahmen der Gesellschaft. Nach den Berechnungen des Berufungsgerichts hätten sich diese von Juni 1997 bis einschließlich Oktober 1999 auf insgesamt 64.725,76 DM und für die Zeit von November 1999 bis Juni 2001 auf monatlich 734,28 DM belaufen. Erstmals ab Juli 2001 könnten die neuen Mietverträge zu Mehreinnahmen der Gesellschaft führen. Diese und die weiter zu erwartenden Mehreinnahmen können nach der Auffassung des Berufungsgerichts jedoch nicht schadensmindernd berücksichtigt werden.
2. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes sind im Rahmen der Schadensberechnung vorteilhafte Umstände, die mit dem schädigenden Ereignis in einem qualifizierten Zusammenhang stehen, zu berücksichtigen, soweit ihre Anrechnung dem Sinn und Zweck des Schadensersatzes entspricht und weder den Geschädigten unzumutbar belastet, noch den Schädiger unbillig entlastet (BGHZ 109, 380, 392). Vor- und Nachteile müssen bei wertender Betrachtung gleichsam zu einer Rechnungseinheit verbunden sein (BGHZ 77, 151, 154; 91, 206, 210; 136, 52, 54), was voraussetzt, daß festgestellt wird, ob und gegebenenfalls welche einzelnen Vorteile sich bei wertender Betrachtung
bestimmten Schadenspositionen zuordnen lassen (BGHZ 136, 52, 53; vgl. ferner Lange, Schadensersatz 2. Aufl. 1990, S. 487; MünchKomm./Grunsky, BGB 3. Aufl. vor § 249 Rdn. 94 ff.). Diese Voraussetzungen liegen vor.
Hätte der Kläger die Vertragsangebote Ende 1994/Anfang 1995 für die Gesellschaft angenommen, so hätten die im Jahre 1997 abgeschlossenen Verträge nicht vereinbart werden müssen. Das schädigende Ereignis war demnach im allgemeinen und nicht nur unter besonders eigenartigen, unwahrscheinlichen und nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge außer Betracht zu lassenden Umständen geeignet, einen Erfolg der eingetretenen Art herbeizuführen (BGH, Urt. v. 9. Oktober 1997 - III ZR 4/97, NJW 1998, 138, 140 m.w.N.). Der damit zwischen dem Nichtzustandekommen der Verträge Anfang 1995 und dem Abschluß der Mietverträge im Jahre 1997 bestehende enge sachliche, persönliche und rechtliche Zusammenhang verbindet beide Vorgänge zu einer Rechnungseinheit und gebietet bei wertender Betrachtung eine Gesamtschau sämtlicher Vor- und Nachteile, welche die jeweiligen Verträge nach sich gezogen hätten oder haben. Die tatsächlich abgeschlossenen Verträge müssen daher den Kläger insoweit entlasten, als sie für die Gesellschaft als Vermieterin Vorteile bringen.
3. Gegen dieses Ergebnis kann nicht eingewandt werden, bei den neuen Mietverträgen handele es sich um Rechtsgeschäfte, die sich als selbständig und vom Schadensfall unabhängiger Erwerbsgrund begreifen ließen (vgl. dazu Müller/Laube, JZ 1991, 162 ff.). Vertragserfolge aus Drittgeschäften sind nicht stets das Ergebnis eigener "privatautonomer Rechtsschöpfung", an welcher der Schädiger gegen den Willen des Geschädigten nicht teilhaben darf. Sonst wä-
ren Vorschriften wie §§ 324 Abs. 1 Satz 2, 552 Satz 2, 615 Satz 2, 642 Abs. 2, 649 Satz 2, 843 Abs. 4 BGB nicht erklärbar.
Ein stichhaltiger Grund für einen bei der Gesellschaft neben einem entsprechenden Schadensersatzanspruch verbleibenden vermögenswerten Vorteil ist hier nicht erkennbar. Der Kläger hat als Bevollmächtigter der Gesellschaft mit denselben, bereits früher ins Auge gefaßten Partnern die Mietverträge geschlossen.
4. Maßgeblich für die Schadensbemessung unter Einschluß der Befugnis des Gerichts, künftige Vorteile einzubeziehen, ist der Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung (BGH, Urt. v. 12. Juli 1996 - V ZR 117/95, NJW 1996, 2652, 2654 m.w.N.).

a) Die Frage, inwieweit das Gericht zukünftige Entwicklungen der Schadenshöhe berücksichtigen muß, ist im einzelnen umstritten (vgl. dazu BGHZ 27, 181, 188; Grunsky aaO, Rdn. 128 f. m.w.N.). Das Gericht braucht jedenfalls die Sachaufklärung nicht bis zur vollen Überzeugung von der endgültigen Schadenshöhe fortzusetzen. Allerdings darf es einen substantiierten Vortrag zur Entwicklung der Schadenshöhe nicht von vornherein außer acht lassen (vgl. Lange aaO, S. 45 Fn. 101; Staudinger/Schiemann, BGB 13. Aufl. vor §§ 249 ff. Rdn. 79). § 287 ZPO erfaßt grundsätzlich auch die Fälle, bei denen zur Bemessung des Schadens eine Zukunftsprognose erforderlich ist (vgl. Zöller/Greger, ZPO 21. Aufl. § 287 Rdn. 2).

b) Im Revisionsverfahren ist zu prüfen, ob das Berufungsgericht sich bei der Schadensermittlung auf grundsätzlich falsche oder offenbar unsachliche
Erwägungen gestützt hat und ob wesentlicher Tatsachenvortrag außer acht gelassen worden ist; ein Revisionsgrund ist auch gegeben, wenn nicht erkennbar ist, ob sich die Vorinstanz der freieren Stellung nach § 287 Abs. 1 ZPO bewußt war oder wenn die Grenzen des Ermessens überschritten wurden (BGH, Urt. v. 9. Juni 1999 - VIII ZR 336/98, NJW 1999, 3487 m.w.N.).
Nach diesen Grundsätzen hätte das Berufungsgericht die künftigen Mietmehreinnahmen schadensmindernd berücksichtigen müssen, soweit sie im Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung bereits feststanden. Es handelt sich dabei um die Differenz von monatlich 227,46 DM im Zeitraum 1. Juli 2001 (weitere Erhöhung aufgrund der Staffelmietvereinbarung) bis einschließlich März 2002 (Gleitklausel im ursprünglichen, nicht geschlossenen, Vertrag), also um insgesamt 2.047,14 DM.
IV. Anders fällt die Beurteilung hinsichtlich der ungewissen Mehreinnahmen ab April 2002 (und bis zum Vertragsende) aus: Hier kam allenfalls eine Schätzung, gegebenenfalls unter Hinzuziehung eines Sachverständigen, in Betracht. Dem stand jedoch bereits entgegen, daß die Entwicklung der Lebenshaltungskostenindices bis zum Jahre 2007 so wenig hervorsehbar ist, daß auch die Möglichkeit einer Schätzung ausscheidet.
V. Das Berufungsgericht hat jedoch nicht hinreichend beachtet, daß den Geschädigten die Möglichkeit verbleiben muß, spätere Vorteile, die den Schaden mindern würden, nach bereicherungsrechtlichen Vorschriften abzuschöpfen.
Ist die Zwangsvollstreckung noch nicht abgeschlossen, steht dem Schuldner § 767 Abs. 1 ZPO zur Verfügung, wobei die Präklusion des § 767 Abs. 2 ZPO, die die Rechtskraft absichern soll, nicht zum Tragen kommt. Sie betrifft nur Tatsachenveränderungen, die bis zur letzten mündlichen Verhandlung eingetreten sind, nicht jedoch spätere Veränderungen (Schultz, AcP 191, 451 ff., 453; Staudinger/Schiemann aaO, Rdn. 80 vor §§ 249 ff.; Grunsky aaO, Rdn. 120 vor § 249). Neue - nicht präkludierte - Tatsachen können dabei allerdings nur solche Schadensveränderungen sein, über die das Gericht nicht rechtskräftig entschieden hat.
Ist die Zwangsvollstreckung bereits abgeschlossen, eröffnet die ganz herrschende Meinung dem Vollstreckungsschuldner die Möglichkeit der "verlängerten Vollstreckungsgegenklage", die materiell eine einfache Bereicherungsklage gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB auf Rückgewähr des in der Zwangsvollstreckung Erlangten darstellt (BGHZ 83, 278, 290; 100, 211, 212 f.; BGH, Urt. v. 5. Oktober 1993 - XI ZR 180/92, NJW 1993, 3318, 3320). Die vollstreckungsrechtlichen Rechtsbehelfe zugunsten des Schuldners entfallen zwar mit Beendigung der Zwangsvollstreckung. Dieser Wegfall bedeutet jedoch keine endgültige Festschreibung der Rechtslage, da die endgültige Güterverteilung nicht Aufgabe der Zwangsvollstreckung ist. Deren Ergebnis unterliegt vielmehr - in den Grenzen der Rechtskraft - der Überprüfung durch das materielle Recht.
Da die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils nicht eindeutig erkennen lassen, ob das Berufungsgericht die Anrechnung späterer Vorteile in Gestalt höherer Mieterträge endgültig oder nur wegen des gegenwärtigen Fehlens einer ausreichenden tatsächlichen Grundlage für eine Schadens-
schätzung nach § 287 ZPO ablehnen wollte, ist klarzustellen, daß die Rechtskraft des Urteils dem Kläger nicht die Möglichkeit abschneidet, etwaige spätere Mehreinnahmen der Beklagten aus den von ihm im Jahre 1997 abgeschlossenen Mietverträgen noch nachträglich auf einem der dargestellten Wege schadensmindernd geltend zu machen.
B. Die Anschlußrevision rügt mit Erfolg, das Berufungsgericht habe den Prozeßstoff zum Teil rechtlich fehlerhaft gewürdigt und zum Teil den Sachvortrag der Beklagten nicht in seine Überlegungen einbezogen.
I. Das Berufungsgericht hat bei der Schadensermittlung die gemieteten offenen Einstellplätze sowie die Tiefgaragenparkplätze berücksichtigt. Seine insoweit vorgenommene Schadensermittlung weist jedoch Fehler auf.
1. Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts sind drei offene Einstellplätze und 15 Tiefgaragenplätze vorhanden, von denen die drei Plätze im Hof für je 70,-- DM und fünf Tiefgaragenplätze für je 100,-- DM an die L. sowie vier Tiefgaragenplätze für je 100,-- DM an den H. G. e.V. vermietet sind. Das Verhältnis der von den beiden Gewerbemietern gemieteten Flächen beträgt - unstreitig - 362,12 qm (L. ) zu 118,75 qm (Verein), also 3 : 1. Demgegenüber nimmt das Berufungsgericht für den Verein irrtümlich eine gemietete Fläche von 178,75 qm und kommt daher zu einem Verhältnis von 2 : 1. Diese und andere Rechenfehler, welche die Anschlußrevision im einzelnen darlegt, beeinflussen das Ergebnis zu Ungunsten der Beklagten. Sie hat das Berufungsgericht in seinem Urteil an einer Stelle die von dem Verein gemieteten Gewerbeflächen mit 118,75 qm und nicht wie bei der Berechnung der Stellplatzflächen mit
178,75 qm angesetzt. Trifft die Zahl von 118,75 qm zu, so ergäbe sich nach den Verträgen des Jahres 1994 eine von der L. angemietete Zahl von 13,5 Stellplätzen. Entgegen dem Vorbringen der Anschlußrevision, das von zwei weiteren freien, von dem Verein angemieteten Stellplätzen ausgeht, weist der Vertrag von 1994 allerdings insofern nur ein Optionsrecht aus, wobei gegenwärtig offenbleibt, ob der Verein diese Option ausgeübt hätte.
2. Ein Fehler liegt weiterhin darin, daß das Berufungsgericht die Nebenflächen nicht richtig bewertet.

a) Das Berufungsgericht nimmt an, die nach den ursprünglichen Mietvertragsangeboten zu vermietenden Nebenflächen könnten keine gesonderte Berücksichtigung finden, da die L. in ihrem schriftlichen Mietvertrag keine Miete von Nebenflächen, Kellern, Böden etc. vorgesehen habe, während der Verein - ausdrücklich, aber ohne gesonderte Vergütung - einen Aktenkeller von ca. 20 qm Fläche und einen Bodenraum von ca. 14 qm Fläche gemietet habe. Hingegen setzt es den für die nach den Verträgen von 1997 gesondert vermieteten Nebenflächen insgesamt monatlich gezahlten Betrag von 460,-- DM zu Lasten der Beklagten an.

b) Das Berufungsgericht übersieht dabei, daß die L. und der Verein laut Vermerk des Klägers vom 12. Januar 1995 4.000,-- DM jährlich zusätzlich für die Nebenflächen angeboten haben sollen ("Sowohl die Nebenräume als auch die Miete hierfür soll im Verhältnis der angemieteten Wohn- und Nutzflächen aufgeteilt werden"). Hierauf haben die Beklagten in ihrer Berufungserwiderung ausdrücklich hingewiesen. Das Berufungsgericht ist hierauf nicht eingegangen. Es hat daher mögliche Mieteinnahmen für die Nebenflä-
chen in Höhe von monatlich ca. 335,-- DM zu Lasten der Beklagten außer acht gelassen.
C. Die Aushebung und Zurückverweisung der Sache erfolgen, damit das Berufungsgericht etwa noch fehlende Feststellungen treffen und gegebenenfalls erforderliche Neuberechnungen vornehmen kann. Gleichzeitig erhält der Kläger die Gelegenheit, sich erforderlichenfalls zu dem von der Anschlußrevision angeschnittenen Punkten zu äußern.
Röhricht Hesselberger Goette
Kurzwelly Kraemer

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 195/01 Verkündet am:
12. Juli 2002
K a n i k ,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 12. Juli 2002 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel und die Richter Tropf, Dr. Klein, Dr. Lemke und Dr. Gaier

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 21. März 2001 aufgehoben.
Die Berufung der Kläger gegen das Urteil der 19. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 20. März 1998 wird zurückgewiesen.
Die Kläger haben die Kosten der beiden Rechtsmittelverfahren zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Mit notariellem Vertrag vom 31. Dezember 1996 verkauften die Beklagten ein ihnen gehörendes Hausgrundstück unter Ausschluß jeglicher Gewährleistung für Größe, Güte und Beschaffenheit an die Kläger. Die Parteien vereinbarten , daß die im Grundbuch eingetragenen Belastungen, eine Auflassungsvormerkung sowie Grundschulden in Höhe von insgesamt 700.000 DM, von den Klägern nicht zu übernehmen waren und das Grundstück lastenfrei
übertragen werden sollte. Den beurkundenden Notar wiesen die Parteien an, aus dem auf ein von ihm einzurichtendes Anderkonto zu zahlenden Kaufpreis in Höhe von 783.000 DM zunächst die bestehenden Grundschulden abzulösen. Einen Teilbetrag in Höhe von 55.000 DM sollte der Notar aufgrund übereinstimmender Anweisungen der Beklagten und des Vormerkungsberechtigten R. freigeben. Der Restbetrag sollte der Sicherung der von den Beklagten übernommenen Verpflichtung dienen, etwaige Mängel der elektrischen Installationen des Hauses zu beseitigen. Für den Fall, daû der Kaufpreis bei Fälligkeit am 31. März 1997 nicht gezahlt werde, vereinbarten die Parteien eine jährliche Verzinsung in Höhe von 12 %. Wegen ihrer Zahlungspflichten aus dem Kaufvertrag unterwarfen sich die Kläger der sofortigen Zwangsvollstrekkung in ihr gesamtes Vermögen.
Im April 1997 überwiesen die Kläger 644.100 DM auf das Notaranderkonto. Die Zahlung des restlichen Kaufpreises in Höhe von 138.900 DM lehnten sie mit der Begründung ab, daû ihnen wegen verschiedener von den Beklagten arglistig verschwiegener Mängel des Hauses Schadensersatzansprüche zustünden. Gegen die daraufhin von den Beklagten eingeleitete Zwangsvollstreckung aus dem notariellen Kaufvertrag erhoben die Kläger Vollstrekkungsabwehrklage. Auf ihren Antrag hin stellte das Landgericht mit Beschluû vom 25. Juni 1997 die Zwangsvollstreckung einstweilen bis zur erstinstanzlichen Entscheidung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 160.000 DM ein, die von den Klägern durch eine Bürgschaft der F. V. bank e. G. erbracht wurde. Nachdem das Landgericht die Klage mit Urteil vom 20. März 1998 abgewiesen hatte, veranlaûten die Beklagten die F. V. bank e. G. zur Auszahlung der gesamten Bürgschaftssumme in Höhe von 160.000 DM. Mit Anwaltsschreiben vom 27. April 1998 forderten die Kläger die Beklagten auf,
diesen Betrag bis zum 11. Mai 1998 auf das Notaranderkonto einzuzahlen, anderenfalls behielten sie sich vor, die Annahme der von den Beklagten geschuldeten Leistung abzulehnen. Dieser Aufforderung kamen die Beklagten lediglich in Höhe eines Teilbetrages von 43.373,72 DM nach. Im September 1998 widerrief die Grundschuldgläubigerin, die V. bank M. e. G., den dem beurkundenden Notar zum Zwecke der Ablösung der Grundschulden erteilten Treuhandauftrag. Daraufhin sandte der Notar die bei ihm hinterlegten Löschungsbewilligungen an die Berechtigten zurück, überwies den Klägern den von ihnen auf das Anderkonto eingezahlten Geldbetrag und hinterlegte den von den Beklagten eingezahlten Geldbetrag nebst Zinsen, insgesamt 45.522,49 DM, bei der Hinterlegungsstelle des Amtsgerichts F. .
Nach Klageabweisung durch das Landgericht haben die Kläger ihren erstinstanzlichen Antrag, die Zwangsvollstreckung aus dem notariellen Kaufvertrag für unzulässig zu erklären, in der Berufungsinstanz nicht weiterverfolgt, sondern statt dessen die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung eines Betrages in Höhe von 116.626,28 DM nebst Zinsen sowie zur Freigabe des beim Amtgericht F. hinterlegten Geldbetrages verlangt. Diesen Anspruch haben die Kläger in erster Linie darauf gestützt, daû den Beklagten die Verschaffung lastenfreien Eigentums nach Verkündung des landgerichtlichen Urteils unmöglich geworden sei. Im übrigen meinen sie auch wegen arglistiger Täuschung über Mängel des verkauften Hausgrundstücks im Umfang der durch die F. V. bank e. G. geleisteten Zahlung Schadensersatz verlangen zu können. Das Berufungsgericht hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Dagegen richtet sich die Revision der Beklagten. Die Kläger beantragen die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:


I.


Das Berufungsgericht meint, die Beklagten seien den Klägern gemäû §§ 434, 440 Abs. 1, 325, 326 BGB a. F. zum Schadensersatz verpflichtet, da ihnen die Erfüllung ihrer vertraglichen Pflicht zur Verschaffung lastenfreien Grundeigentums nachträglich unmöglich geworden sei und sie darüber hinaus mit der Erfüllung dieser Verpflichtung in Verzug geraten seien. Die von den Parteien auf das Notaranderkonto eingezahlten Geldbeträge hätten nicht ausgereicht , um die Löschung nicht nur der Grundschulden, sondern auch der Auflassungsvormerkung herbeizuführen. Da die Beklagten nicht dargelegt hätten, daû sie auûer dem von den Klägern entrichteten Kaufpreis sonstige finanzielle Mittel zur Löschung der Belastungen hätten einsetzen können, sei von einem nachträglichen Unvermögen der Beklagten zur Erfüllung ihrer Rechtsverschaffungspflicht auszugehen. Nach fruchtlosem Ablauf der von den Klägern zur Beseitigung der bestehenden Belastungen gesetzten Frist sei neben dem Anspruch aus § 325 BGB auch ein Anspruch aus § 326 BGB entstanden. Diese Ansprüche seien nicht wegen eigener Vertragsuntreue der Kläger ausgeschlossen. Selbst wenn die Kläger zur teilweisen Zurückbehaltung des vereinbarten Kaufpreises nicht berechtigt gewesen sein sollten, sei die darin liegende Vertragsuntreue mit Auszahlung der Bürgschaftssumme an die Beklagten beseitigt worden. Da es den Beklagten wegen dieser Zahlung unschwer möglich gewesen sei, sämtliche Grundstücksbelastungen zu beseitigen , sei eine etwaige Vertragsuntreue der Kläger auch nicht ursächlich für das Unvermögen der Beklagten und für deren Verzug geworden. Der von den Beklagten geschuldete groûe Schadensersatz umfasse auch die Bürgschafts-
summe, da diese bei wirtschaftlicher Betrachtung als von den Klägern veranlaûte Begleichung des restlichen Kaufpreises zu bewerten sei. Soweit die Beklagten einen Teil des Bürgschaftsbetrages an den Notar überwiesen haben, seien sie sowohl im Wege des Schadensersatzes als auch nach § 812 Abs. 1 BGB zur Einwilligung in die Freigabe des hinterlegten Geldbetrages verpflichtet.

II.


Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
1. Die Berufung ist allerdings - was das Revisionsgericht von Amts wegen zu prüfen hat (BGHZ 102, 37, 38; BGH, Urt. v. 30. November 1995, III ZR 240/94, NJW 1996, 527; BGH, Urt. v. 11. Oktober 2000, VIII ZR 321/99, NJW 2001, 226 m. w. N.) - trotz der mit ihr verfolgten Umstellung der Klage zulässig.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine Berufung nur dann zulässig, wenn der Berufungskläger mit ihr die Beseitigung einer in dem angefochtenen Urteil liegenden Beschwer erstrebt. Eine Berufung ist deshalb unzulässig, wenn sie den in erster Instanz erhobenen und dort abgewiesenen Klageanspruch nicht wenigstens teilweise weiterverfolgt, also die Richtigkeit der erstinstanzlichen Klageabweisung gar nicht in Frage stellt, sondern lediglich im Wege der Klageänderung einen neuen, bislang nicht geltend gemachten Anspruch zur Entscheidung stellt. Die Änderung - oder auch Erweiterung - der Klage in zweiter Instanz kann nicht alleiniges Ziel des Rechts-
mittels sein; vielmehr setzt ein derartiges Prozeûziel eine zulässige Berufung voraus (u. a. BGH, Urt. v. 30. November 1995, III ZR 240/94, NJW 1996, 527; BGH, Urt. v. 13. Juni 1996, III ZR 40/96, NJW-RR 1996, 1276; BGH, Urt. v. 25. Februar 1999, III ZR 53/98, NJW 1999, 1407 f; BGH, Urt. v. 11. Oktober 2000, VIII ZR 321/99, NJW 2001, 226; BGH, Urt. v. 23. November 2000, VII ZR 242/99, NJW 2001, 435; BGH, Urt. v. 3. Mai 2001, XII ZR 62/99, NJW 2001, 2259, 2260). Zwar sind die Kläger mit der Berufungsbegründung von der erstinstanzlich erhobenen Vollstreckungsgegenklage zu einer Schadensersatzund Bereicherungsklage übergegangen. Damit haben sie jedoch nur die prozessuale Konsequenz aus dem Umstand gezogen, daû die Beklagten nach Erlaû des erstinstanzlichen Urteils wegen ihrer restlichen Kaufpreisforderung die von den Klägern gestellte Prozeûbürgschaft in Anspruch genommen hatten , womit die weitere Zwangsvollstreckung gegenstandslos geworden war. Diese Änderung des Klageantrags führt nicht zur Unzulässigkeit der Berufung, weil der Übergang von der Vollstreckungsgegenklage zur Klage auf Rückgewähr des beigetriebenen oder zur Abwendung der Zwangsvollstreckung geleisteten Betrages unabhängig von der in Betracht gezogenen materiellen Anspruchsgrundlage als "verlängerte Vollstreckungsabwehrklage" nach § 264 Nr. 3 ZPO a. F. nicht als Klageänderung anzusehen ist (vgl. BGHZ 99, 292, 294; OLG Schleswig, MDR 1991, 669; MünchKommZPO/Rimmelspacher, 2. Aufl., vor § 511 Rdnr. 37; Zöller/Gummer, ZPO, 23. Aufl., vor § 511 Rdnr. 10c; Schneider, MDR 1987, 811, 812; Bub, MDR 1995, 1191, 1192; siehe auch BGH, Beschl. v. 26. Mai 1994, III ZB 17/94, NJW 1994, 2098, 2099; BGH, Urt. v. 8. Juni 1994, VIII ZR 178/93, NJW 1994, 2896, 2897 zur Klageerweiterung gemäû § 264 Nr. 2 ZPO).
2. In der Sache selbst ist die Klage nicht begründet, so daû die Verurteilung der Beklagten keinen Bestand haben kann.

a) Soweit das Berufungsgericht einen Schadensersatzanspruch sowohl wegen Unmöglichkeit (§§ 440 Abs. 1, 325 Abs. 1 S. 1 BGB a. F.) als auch wegen Verzuges (§§ 440 Abs. 1, 326 Abs. 1 BGB a. F.) bejaht, übersieht es bereits , daû sich Unmöglichkeit und Verzug gegenseitig ausschlieûen (Soergel /Wiedemann, BGB, 12. Aufl., vor § 284 Rdnr. 12; MünchKommBGB/Thode, 4. Aufl., § 284 Rdnr. 27 f; Staudinger/Löwisch [2001], Vorbem. zu §§ 284 - 292 Rdnr. 5; Jauernig/Vollkommer, BGB, 9. Aufl., § 284 Rdnr. 3). Denn der Begriff des Verzuges setzt voraus, daû die Leistung noch nachgeholt werden kann, also nicht unmöglich geworden ist (BGHZ 84, 244, 248). Unabhängig hiervon sind die Voraussetzungen keiner der beiden genannten Anspruchsgrundlagen erfüllt.
aa) Die Kläger haben gegen die Beklagten keinen Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung gemäû §§ 440 Abs. 1, 325 Abs. 1 S. 1 BGB a. F. Zwar haben die Beklagten den kaufvertraglichen Anspruch der Kläger auf Verschaffung lastenfreien Grundeigentums gemäû §§ 433 Abs. 1 S. 1, 434 BGB a. F. bislang nicht erfüllt. Wie sich aus § 440 Abs. 1 BGB a. F. ergibt, handelt es sich bei der von den Beklagten vertraglich übernommenen und im übrigen aus § 434 BGB a. F. folgenden Verpflichtung zur Beseitigung der im Grundbuch eingetragenen Rechte Dritter auch um eine den §§ 320 ff BGB a. F. unterfallende Hauptleistungspflicht (vgl. Staudinger/Köhler [1995], § 434 Rdnr. 1; MünchKommBGB/H. P. Westermann, 3. Aufl., § 434 Rdnr. 1). Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist den Beklagten die Erfüllung dieser Verpflichtung jedoch nicht unmöglich geworden (§ 275 Abs. 2 BGB a. F.).
Selbst wenn die Beklagten nicht über die finanziellen Mittel verfügen sollten, um das Grundstück lastenfrei zu machen, hätte sie das wegen des Prinzips der unbeschränkten Vermögenshaftung nicht von ihrer Leistungspflicht befreien können (vgl. BGHZ 107, 92, 101 f).
Ferner ist die Herbeiführung der Lastenfreiheit auch nicht dadurch unmöglich geworden, daû die aus den Grundpfandrechten und der Auflassungsvormerkung Berechtigten die dem Notar erteilten Treuhandaufträge zwischenzeitlich widerrufen haben. Damit ist zwar der für die Ablösung der Belastungen zunächst vorgesehene Weg verstellt, eine Ablösung jedoch nicht schlechthin ausgeschlossen.
bb) Ein Schadensersatzanspruch wegen Verzugs gemäû §§ 440 Abs. 1, 326 Abs. 1 BGB a. F. scheitert schon daran, daû die Kläger die Beklagten nicht unter Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung zur Beseitigung der Grundstückslasten aufgefordert haben. Die Kläger haben die Beklagten mit Schreiben vom 27. April 1998 lediglich dazu aufgefordert, die von ihnen vereinnahmte Bürgschaftssumme auf das Notaranderkonto einzuzahlen. Selbst wenn man eine entsprechende Verpflichtung der Beklagten annähme, wäre sie mit der von ihnen geschuldeten Lastenfreiheit keineswegs identisch. Denn die Einzahlung der Bürgschaftssumme auf das Notaranderkonto und die vom Notar zu veranlassende Weiterleitung der darauf gutgeschriebenen Beträge an die gesicherten Gläubiger war nur eine von mehreren Möglichkeiten, die Lastenfreiheit herbeizuführen. Insbesondere hätten die Beklagten die Löschung der im Grundbuch eingetragenen Rechte auch durch unmittelbare Zahlungen an die Berechtigten herbeiführen können. Im übrigen erfüllt auch der bloûe Vorbehalt,
die Annahme der Leistung abzulehnen, nicht den Tatbestand der Ablehnungsandrohung.

b) Die Kläger haben gegen die Beklagten auch keinen Anspruch auf Herausgabe der vereinnahmten Bürgschaftssumme gemäû § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB. Bei der Leistungskondiktion vollzieht sich der Bereicherungsausgleich grundsätzlich nur innerhalb des jeweiligen Leistungsverhältnisses (BGHZ 40, 272, 277 f; BGHZ 105, 365, 369; Senat, Urt. v. 16. Juli 1999, V ZR 56/98, NJW 1999, 2890, 2891 m. w. N.; Esser/Weyers, Schuldrecht II/2, 8. Aufl., § 48 II, S. 44; Erman/H. P. Westermann, BGB, § 812 Rdnr. 16). Zwischen welchen Personen ein Leistungsverhältnis besteht, bestimmt sich auf der Grundlage des bereicherungsrechtlichen Leistungsbegriffs danach, welchen Zweck die Beteiligten im Zeitpunkt der Zuwendung nach ihrem zum Ausdruck gekommenen Willen verfolgt haben (BGHZ 122, 46, 50; BGHZ 105, 365, 369). Die Auszahlung der Bürgschaftssumme an die Beklagten stellt sich danach nicht als Leistung der Kläger, sondern ausschlieûlich als Leistung der F. V. bank e. G. dar, die ihre Verpflichtung aus einem mit den Beklagten geschlossenen (Prozeû-)Bürgschaftsvertrag erfüllen wollte. Die Zuwendung diente nicht zugleich der Erfüllung der Verbindlichkeiten der Kläger aus dem notariellen Kaufvertrag vom 31. Dezember 1996. Denn nach § 774 Abs. 1 BGB hat die Leistung des Bürgen nicht das Erlöschen der gesicherten Hauptforderung, sondern deren Übergang auf den Bürgen zum Zwecke des Rückgriffs gegen den Hauptschuldner zur Folge. Damit hatte die F. V. bank e. G. keinerlei Anlaû, die von den Klägern geschuldete Leistung für diese als Dritte im Sinne von § 267 Abs. 1 BGB zu bewirken. Durch das Bestehen einer vertraglichen Beziehung zwischen dem Zuwendenden und dem Zuwendungsempfänger unterscheidet sich die vorliegende Fallgestaltung ins-
besondere von den Fällen der Leistung kraft Anweisung, bei denen der Angewiesene mit seiner Zuwendung an den Anweisungsempfänger eine eigene Leistung an den Anweisenden und zugleich eine Leistung des Anweisenden an den Anweisungsempfänger bewirkt, so daû bei Mängeln im Valutaverhältnis ein Bereicherungsanspruch des Anweisenden gegenüber dem Anweisungsempfänger gegeben sein kann (vgl. Senat, Urt. v. 16. Juli 1999, V ZR 56/98, NJW 1999, 2890, 2891 m. w. N.).
Einem Anspruch der Kläger wegen Bereicherung in sonstiger Weise (§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB) steht der Grundsatz der Subsidiarität der Eingriffskondiktion entgegen (vgl. BGHZ 40, 272, 278; BGHZ 56, 228, 240).
Wegen der gezahlten Bürgschaftssumme kommt somit ein Bereicherungsanpruch allein der F. V. bank e. G., nicht jedoch ein solcher der Kläger in Betracht (zur Rückabwicklung rechtsgrundloser Zahlungen des Bürgen vgl. auch Staudinger/Horn [1997], § 765 Rdnr. 239 f; Staudinger/ Lorenz [1999], § 812 Rdnr. 47 f; MünchKommBGB/Lieb, 3. Aufl., § 812 Rdnr. 127 f). Es kann deshalb dahinstehen, ob die Beklagten die Bürgschaft bereits vor Rechtskraft des die Vollstreckungsgegenklage abweisenden Urteils des Landgerichts in Anspruch nehmen durften und ob die akzessorische Bürgschaftsverpflichtung zusammen mit der gesicherten Hauptforderung im Hinblick auf den von den Klägern geltend gemachten Schadensersatzanspruch wegen Sachmängeln oder die von ihnen erklärte Anfechtung des Kaufvertrags vom 31. Dezember 1996 weggefallen ist.

c) Ob die von den Klägern gerügten Sachmängel des verkauften Hausgrundstücks tatsächlich vorliegen, bedarf im Rahmen des vorliegenden
Rechtsstreits auch im übrigen keiner Klärung. Gewährleistungsansprüche sind hier nicht mehr im Streit.

d) Sollte die von den Klägern wegen der behaupteten Sachmängel erklärte und zunächst zulässigerweise (vgl. Senat, Urt. v. 22. Februar 1991, V ZR 299/89, NJW 1991, 1673, 1674) durch die Ablehnung eines Schadensersatzanspruchs gemäû § 463 S. 2 BGB a. F. durch das Landgericht bedingte Arglistanfechtung (§ 123 Abs. 1 BGB) des Kaufvertrags vom 31. Dezember 1996 gerechtfertigt sein, würde dies nur die Verpflichtung zur Rückabwicklung der zur Erfüllung dieses Kaufvertrags erbrachten Leistungen zur Folge haben, wozu die Bürgschaftssumme gerade nicht gehört. Sonstige Vermögensvorteile haben die Beklagten aufgrund des mit den Klägern geschlossenen Kaufvertrags nicht erlangt. Den auf das Notaranderkonto überwiesenen Teilkaufpreis hat der Notar zwischenzeitlich an die Kläger zurückgezahlt. Der vom Notar bei der Hinterlegungsstelle des Amtsgerichts F. hinterlegte Geldbetrag ist Teil der Bürgschaftssumme und gebührt im Falle ihrer rechtsgrundlosen Zahlung der F. V. bank e. G.
3. Das Urteil der ersten Instanz ist mithin wieder herzustellen (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO a. F.). Die Kosten der Rechtsmittelzüge haben die Kläger zu tragen (§§ 91, 97 Abs. 1 ZPO).
Wenzel Tropf Klein Lemke Gaier

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VII ZR 351/03 Verkündet am:
7. Juli 2005
Seelinger-Schardt,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
War im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung eine Aufrechnungslage nicht
gegeben, kann der auf die Aufrechnung gestützte Einwand der Erfüllung nicht deshalb
gemäß § 767 Abs. 2 ZPO präkludiert sein, weil die Aufrechnungslage hätte geschaffen
werden können.
BGH, Urteil vom 7. Juli 2005 - VII ZR 351/03 - OLG Braunschweig
LG Braunschweig
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 7. Juli 2005 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Dressler und die Richter
Dr. Haß, Hausmann, Dr. Wiebel und Prof. Dr. Kniffka

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Braunschweig vom 27. November 2003 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin nimmt die Beklagten im Wege der verlängerten Vollstreckungsabwehrklage in Anspruch. Mit Urteil des Landgerichts B. vom 24. Juli 1997 wurde die Klägerin zur Zahlung von Restwerklohn an den Beklagten zu 2 verurteilt; im Vertrag war die VOB/B vereinbart. Die Klägerin nahm ihre Berufung vor der mündlichen Verhandlung zurück. Nach Erhebung einer Vollstreckungsabwehrklage Ende März 1999 trat der Beklagte zu 2 im April 1999 die Ansprüche aus dem Urteil des Landgerichts B. vom 24. Juli 1997 an den Beklagten zu 1 ab.
Die Klägerin hat 131 Mängel an fünf Teilobjekten behauptet, die ihr erst nach Schluß der mündlichen Verhandlung des Vorprozesses bekannt geworden seien. Sie habe dem Beklagten zu 2 nach Kenntnis von den Mängeln im Herbst 1998 Anfang Februar 1999 erfolglos Frist zur Mangelbeseitigung gesetzt. Danach habe sie einen Teil der Mängel beseitigen lassen. Sie rechnet mit den Beseitigungskosten sowie einem Vorschußanspruch für die Beseitigung der übrigen Mängel auf. Im Laufe dieses Rechtsstreits hat die Klägerin die Klage auf den Beklagten zu 1 erweitert und den Antrag auf Unzulässigerklärung der Vollstreckung aus dem Urteil wiederholt. Weiter hat sie beantragt, die Vollstreckung des Beklagten zu 2 aus dem Kostenfestsetzungsbeschluß des Landgerichts B. für unzulässig zu erklären. Während dieses Rechtsstreits sind das Urteil des Landgerichts B. vom 24. Juli 1997 sowie der dazugehörige Kostenfestsetzungsbeschluß vollstreckt worden. Die Klägerin begehrt nunmehr, den Beklagten zu 1 zur Rückzahlung vollstreckter 96.951,09 € zu verurteilen, sowie die Feststellung , daß die Hauptsache bezüglich des Beklagten zu 2 erledigt sei. Landgericht und Berufungsgericht haben die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Klägerin sei mit ihrer auf die Aufrechnung gestützten Einwendung präkludiert. Der Senat hat die Revision der Klägerin zugelassen, mit der sie ihr Klagebegehren weiterverfolgt.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
Auf das Schuldverhältnis findet das Bürgerliche Gesetzbuch in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung Anwendung (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB).

I.

Das Berufungsgericht führt aus, die Klage sei zulässig. Nach Beendigung der Zwangsvollstreckung könne der Klageantrag auf Zahlung umgestellt werden. Ein Anspruch sei aus Bereicherungsrecht begründet, sofern vor Beendigung der Zwangsvollstreckung eine Klage nach § 767 ZPO Erfolg gehabt hätte. Die Klägerin sei allerdings mit ihren Gegenansprüchen nach § 767 Abs. 2 ZPO präkludiert. Maßgeblicher Zeitpunkt sei der Schluß der mündlichen Verhandlung im ersten Rechtszug des Vorprozesses und damit der 19. Juni 1997, da die Klägerin ihre Berufung vor der Verhandlung im zweiten Rechtszug zurückgenommen habe. Die Klägerin habe keinen Beweis dafür angetreten, daß die Mängel der Werkleistung des Beklagten zu 2 erst nach dem 19. Juni 1997 erkennbar geworden seien. Entscheidend sei allein, ob diese Mängel objektiv erkennbar gewesen seien und bereits zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung im Vorprozeß hätten geltend gemacht werden können, nicht aber, daß die Klägerin den Beklagten zu 2 erfolglos zur Nachbesserung aufgefordert habe.

II.

Das hält der rechtlichen Nachprüfung im entscheidenden Punkt nicht stand.
1. Zutreffend beurteilt das Berufungsgericht die Klage als zulässig. Nach Beendigung der Zwangsvollstreckung kann der Klageantrag von der Feststellung der Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung auf Rückzahlung der geleisteten Beträge umgestellt werden; darin liegt keine Klageänderung. Nach allgemeiner Ansicht setzen sich vielmehr die rechtlichen Möglichkeiten der Vollstreckungsabwehrklage nach Beendigung der Zwangsvollstreckung in der materiellrechtlichen Bereicherungsklage fort (BGH, Urteil vom 17. Februar 1982 - IVb ZR 657/80, BGHZ 83, 278, 280). 2. a) Im Ansatz zutreffend stellt das Berufungsgericht für den nach Beendigung der Zwangsvollstreckung geltend gemachten Bereicherungsanspruch darauf ab, ob vor Beendigung der Zwangsvollstreckung eine Vollstreckungsabwehrklage begründet gewesen wäre. Anderenfalls ist die Leistung des Schuldners an den Gläubiger mit Rechtsgrund erfolgt. Dabei bestimmt es zu Recht als maßgeblichen Zeitpunkt für eine Präklusion der Einwendungen der Klägerin gemäß § 767 Abs. 2 ZPO den Schluß der mündlichen Verhandlung im ersten Rechtszug des Vorprozesses. Nach Rücknahme der Berufung ist auf diesen Zeitpunkt abzustellen (MünchKommZPO/K. Schmidt, 2. Aufl., § 767 Rdn. 76 m.w.N.).
b) Nach den bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts ist die Klägerin nicht gemäß § 767 Abs. 2 ZPO mit ihrer auf die Aufrechnung gestützten Einwendung präkludiert. Das Berufungsgericht verkennt die Tragweite des von der Rechtsprechung entwickelten Grundsatzes, wonach bei einer Aufrechnung maßgeblich auf den Zeitpunkt abzustellen ist, in dem die Aufrechnungslage entstanden ist. aa) Eine Vollstreckungsabwehrklage kann nach § 767 ZPO nur Erfolg haben, wenn die Gründe, auf denen die Einwendung beruht, nach Schluß der
letzten mündlichen Verhandlung entstanden sind. Sind die Gründe vor diesem Zeitpunkt entstanden und wird die Rechtswirkung der Einwendung erst durch eine Willenserklärung ausgelöst, so ist nach gefestigter Rechtsprechung der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Willenserklärung objektiv abgegeben werden konnte (BGH, Urteil vom 17. Juli 2003 - IX ZR 268/02, NJW 2003, 3134, 3135 m.w.N.; Urteil vom 16. Februar 1961 - VII ZR 191/59, BGHZ 34, 274, 279; Zöller /Herget, ZPO, 25. Aufl., § 767 Rdn. 14 m.w.N.). Dementsprechend kommt es bei der Aufrechnung darauf an, ob die Aufrechnungslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bestanden hat. Ist das der Fall, kann mit der Vollstreckungsabwehrklage nicht der Einwand erhoben werden, die Forderung des Gläubigers sei durch die nach Schluß der mündlichen Verhandlung erklärte Aufrechnung mit Gegenansprüchen erloschen. bb) Danach wäre die Klägerin mit dem Einwand der Erfüllung durch Aufrechnung präkludiert, wenn ihr vor Schluß der mündlichen Verhandlung im Vorprozeß ein auf Geld gerichteter, mithin aufrechenbarer Anspruch wegen der gerügten Mängel zugestanden hat. Das Berufungsgericht hat dazu keine Feststellungen getroffen. Zugunsten der Klägerin ist deshalb in der Revision davon auszugehen, daß im maßgeblichen Zeitpunkt keine Aufrechnungslage bestanden hat. Dann kommt eine Präklusion nicht in Betracht. cc) Demgegenüber will das Berufungsgericht in Übereinstimmung mit dem OLG Koblenz (OLGReport 2001, 455, 457) die Präklusion auch auf den Fall anwenden, daß die Aufrechnungslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung nicht bestanden hat, jedoch die Voraussetzungen für die Aufrechnung hätten geschaffen werden können. Das steht nicht in Übereinstimmung mit der gesetzlichen Regelung. Danach kommt es darauf an, ob die Einwendung objektiv hätte erhoben werden können. Das ist nicht der Fall, wenn deren materiell-rechtliche Voraussetzungen im Zeitpunkt der letzten mündlichen
Verhandlung nicht vorgelegen haben. Der Schuldner ist nicht genötigt, die Voraussetzungen für eine Aufrechnung, möglicherweise gegen seine eigenen Interessen und seinen Willen, zu schaffen (vgl. OLG Hamm, BauR 1989, 744). So wäre es unvertretbar, ihn mittelbar zu zwingen, sein Leistungsverweigerungsrecht aufzugeben und die Voraussetzungen für einen auf Geldzahlung gerichteten Anspruch dadurch zu schaffen, daß er den Gläubiger in Verzug mit der Mängelbeseitigung setzt. Das Leistungsverweigerungsrecht hat für ihn den Vorteil , daß er nach der Abnahme berechtigt ist, das mindestens Dreifache der Mängelbeseitigungskosten zurückzuhalten, § 641 Abs. 3 BGB. Das Berufungsgericht setzt ohne weiteres die Möglichkeit, ein Gestaltungsrecht auszuüben, mit der Möglichkeit gleich, die Voraussetzungen für die Ausübung eines Gestaltungsrechts zu schaffen. Die von ihm herangezogenen Belegstellen auch der Entscheidungen des Bundesgerichtshofs rechtfertigen diese Gleichsetzung nicht. Dressler Haß Hausmann Wiebel Kniffka
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1. Die Klägerin hat den Rechtsstreit mit Erhebung einer Vollstreckungsgegenklage begonnen und diese in zweiter Instanz als so genannte verlängerte Vollstreckungsgegenklage fortgeführt. Sie begehrt nunmehr von der Beklagten den erlangten Veräußerungserlös von 184.895,85 €. Das unterliegt keinen Bedenken, weil die Klägerin nur die prozessuale Konsequenz aus dem Umstand gezogen hat, dass das belastete Grundstück unter Löschung der Grundschuld freihändig veräußert und eine weitere Zwangsvollstreckung dadurch gegenstandslos geworden ist (§§ 264 Nr. 3, 525 ZPO; BGHZ 99, 292, 294; BGH, Urteil vom 12. Juli 2002 - V ZR 195/01 - unter II 1 m.w.N.).
15
b) Der Grundsatz, dass dem dinglichen Rechtsnachfolger gegen den der Zwangshypothek zugrunde liegenden titulierten Anspruch nur die Abwehrrechte zustehen, die sein Rechtsvorgänger gehabt hätte, gilt auch dann, wenn der neue Eigentümer nach Beendigung der gegen ihn durchgeführten Zwangsvoll- streckung gegen den Gläubiger mit einer „verlängerten Vollstreckungsgegenklage“ (vgl. BGH, Urteil vom 2. April 2001 - II ZR 331/99, NJW-RR 2001, 1450, 1451) einen Bereicherungsanspruch wegen angeblich zu Unrecht vollstreckter Beträge geltend macht. Denn nach Beendigung der Zwangsvollstreckung setzt die materiell-rechtliche Bereicherungsklage lediglich die rechtlichen Möglichkeiten der Vollstreckungsabwehrklage fort (BGH, Urteil vom 17. Februar 1982 - IVb ZR 657/80, BGHZ 83, 278, 280; Urteil vom 7. Juli 2005 - VII ZR 351/03, BGHZ 163, 339, 341 f.). Daher unterliegt eine solche Bereicherungsklage denselben Einschränkungen, denen eine Vollstreckungsabwehrklage unterlegen wäre. Daraus folgt, dass der neue Eigentümer als dinglicher Rechtsnachfolger des Vollstreckungsschuldners einen bereicherungsrechtlichen Rückforderungsanspruch hinsichtlich der vollstreckten oder zur Abwendung der Zwangsvollstreckung geleisteten Beträge nicht auf solche Einwände stützen kann, die im Verhältnis zwischen dem Vollstreckungsschuldner und dem Vollstreckungsgläubiger ausgeschlossen sind.

(1) Rechtsstreitigkeiten, die zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gegen den Schuldner anhängig sind, können sowohl vom Insolvenzverwalter als auch vom Gegner aufgenommen werden, wenn sie betreffen:

1.
die Aussonderung eines Gegenstands aus der Insolvenzmasse,
2.
die abgesonderte Befriedigung oder
3.
eine Masseverbindlichkeit.

(2) Erkennt der Verwalter den Anspruch sofort an, so kann der Gegner einen Anspruch auf Erstattung der Kosten des Rechtsstreits nur als Insolvenzgläubiger geltend machen.

(1) Rechtsstreitigkeiten über das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen, die zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens für den Schuldner anhängig sind, können in der Lage, in der sie sich befinden, vom Insolvenzverwalter aufgenommen werden. Wird die Aufnahme verzögert, so gilt § 239 Abs. 2 bis 4 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(2) Lehnt der Verwalter die Aufnahme des Rechtsstreits ab, so können sowohl der Schuldner als auch der Gegner den Rechtsstreit aufnehmen.

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bb) Nach Beendigung der Zwangsvollstreckung kann der Vollstreckungsschuldner keine Vollstreckungsgegenklage mehr erheben; seine rechtlichen Möglichkeiten setzen sich vielmehr in der materiell-rechtlichen Bereicherungsklage fort (BGHZ 83, 278, 280; Zöller/Herget, aaO § 767 Rn. 2 Stichwort Bereicherungsklage ). Auch daraus erwächst dem Kläger kein erheblicher Einwand gegen das Absonderungsrecht der S. GmbH. Da der Gegenstand eines etwaigen Bereicherungsanspruchs in der Insolvenz der S. GmbH nicht mehr in Natur zurückgewährt werden kann, erschöpften sich etwaige Ansprüche des Klägers gegen die S. GmbH einschließlich solcher aus Insolvenzanfechtung (vgl. BGHZ 155, 199, 203) in einer gewöhnlichen Geldforderung , die sich gegen das gesamte Vermögen der S. GmbH richtete und insoweit keine Aussonderungskraft außerhalb oder innerhalb deren Insolvenz mehr hat (vgl. BGHZ, aaO S. 203 f; 156, 350, 359 f). Ansprüche gegen die von dem Beklagten verwaltete Masse sind daher nicht begründet.

(1) Rechtsstreitigkeiten über das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen, die zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens für den Schuldner anhängig sind, können in der Lage, in der sie sich befinden, vom Insolvenzverwalter aufgenommen werden. Wird die Aufnahme verzögert, so gilt § 239 Abs. 2 bis 4 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(2) Lehnt der Verwalter die Aufnahme des Rechtsstreits ab, so können sowohl der Schuldner als auch der Gegner den Rechtsstreit aufnehmen.

(1) Rechtsstreitigkeiten, die zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gegen den Schuldner anhängig sind, können sowohl vom Insolvenzverwalter als auch vom Gegner aufgenommen werden, wenn sie betreffen:

1.
die Aussonderung eines Gegenstands aus der Insolvenzmasse,
2.
die abgesonderte Befriedigung oder
3.
eine Masseverbindlichkeit.

(2) Erkennt der Verwalter den Anspruch sofort an, so kann der Gegner einen Anspruch auf Erstattung der Kosten des Rechtsstreits nur als Insolvenzgläubiger geltend machen.

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c) Soweit sich der Kläger mit seinem - nicht auf den persönlichen Anspruch beschränkten - Klageantrag auch gegen die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung wegen des dinglichen Anspruchs aus der Grundschuld wendet, liegt zwar ein Rechtsstreit im Sinne von § 86 Abs. 1 Nr. 2 InsO vor (vgl. § 49 InsO; HambKomm/Kuleisa, 5. Aufl., § 86 InsO Rn. 9 mwN; MünchKommInsO/ Schumacher, 3. Aufl., § 86 Rn. 9; Jaeger/Windel, InsO, 2007, § 86 Rn. 9 mwN). Der Kläger ist diesbezüglich aber nicht zur Aufnahme befugt.
13
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs darf eine Teilentscheidung grundsätzlich nur dann ergehen, wenn sie von der Entscheidung über den verbleibenden Teil des Rechtsstreits in der Art unabhängig ist, dass die Gefahr einander widerstreitender Erkenntnisse in der Teil- und in der Schlussentscheidung nicht besteht (vgl. Senatsurteil vom 5. Juni 2002 - XII ZR 194/00 - FamRZ 2002, 1097; vgl. auch Zöller/Vollkommer ZPO 28. Aufl. § 301 Rdn. 7 - jeweils m.w.N.).
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Die Entscheidung hat als Teilurteil zu ergehen. Die Möglichkeit einer Widersprüchlichkeit des Teilurteils im Verhältnis zu einer späteren Entscheidung über die noch nicht aufgenommenen Anträge steht einer Teilentscheidung hier nicht im Wege. Das ist vom Bundesgerichtshof für eine den Streitgegenstand nur teilweise betreffende Insolvenzeröffnung bereits entschieden worden. Zur Begründung hat er darauf abgestellt, dass die nur einen Streitgenossen betreffende Insolvenzeröffnung zur faktischen Trennung des Verfahrens führe und die Aufnahme hinsichtlich des unterbrochenen Teils ungewiss sei (BGH Urteil vom 7. November 2006 - X ZR 149/04 - NJW 2007, 156 Rn. 15 mwN; ebenso OLG Hamm FamRZ 2005, 279, 280 zur teilweisen Unterbrechung im Unterhaltsverfahren nach §§ 36, 40 InsO). Ebenso hat der Senat im Fall der Aufnahme nach § 86 Abs. 1 Nr. 1 InsO entschieden (Senatsbeschluss vom 7. Juli 2010 - XII ZR 158/09 - NZM 2011, 75 Rn. 11 ff.). Der Prozess muss bei dieser Lage nicht nur teilweise fortgeführt, sondern insoweit auch abschließend entschieden werden können. Dieselben Gründe gelten, wenn der Rechtsstreit - wie im vorliegenden Fall - nur über einen Teil der Ansprüche als Aktivprozess geführt wird und eine Aufnahme des als Passivprozess geführten anderen Teils während des Insolvenzverfahrens nicht möglich ist. Denn anderenfalls würde der Rechtsschutz des das Verfahren aufnehmenden Insolvenzverwalters (oder auch des Schuldners oder dessen Prozessgegners, §§ 85 Abs. 2, 86 Abs. 1 InsO) ohne sachliche Rechtfertigung und insbesondere dem Sinn und Zweck der §§ 85, 86 InsO zuwiderlaufend verkürzt.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.