Bundesgerichtshof Urteil, 21. Feb. 2006 - 1 StR 278/05

bei uns veröffentlicht am21.02.2006

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 278/05
vom
21. Februar 2006
in der Strafsache
gegen
wegen vorsätzlicher Körperverletzung u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 21. Februar
2006, an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl
als Vorsitzender
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Kolz,
Hebenstreit,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Elf,
der Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Graf,
Bundesanwalt - in der Verhandlung -,
Bundesanwalt - bei der Verkündung -
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwältin
als Verteidigerin,
Rechtsanwalt
als Vertreter der Nebenklägerin,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft und der Nebenklägerin wird das Urteil des Landgerichts Landshut vom 18. Februar 2005 mit den Feststellungen aufgehoben, soweit der Angeklagte freigesprochen worden ist. Der Ausspruch darüber, dass die wegen vorsätzlicher Körperverletzung rechtskräftig festgesetzte Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt wird, entfällt. Im Übrigen wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine Strafkammer des Landgerichts München I zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:


I.

1
Dem Angeklagten lagen zahlreiche, teilweise schwerwiegende Delikte zur Last, die er sämtlich zum Nachteil der Nebenklägerin, seiner inzwischen von ihm geschiedenen Ehefrau, begangen haben soll.
2
1. Er war in dieser Sache bereits durch Urteil des Landgerichts Landshut vom 9. Mai 2003 wegen gefährlicher Körperverletzung (Strafe hierfür: ein Jahr) und wegen vorsätzlicher Körperverletzung (Strafe hierfür: sechs Monate) zu einer zur Bewährung ausgesetzten Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt worden. Von weiteren Vorwürfen, die insbesondere, aber nicht ausschließlich Sexualdelikte betrafen, war er freigesprochen worden, da die Strafkammer die Aussagen der Nebenklägerin, soweit sie nicht durch anderweitige Beweismittel gestützt waren, nicht als ausreichende Grundlage für eine Verurteilung ansah. Die Revision der Nebenklägerin gegen dieses Urteil hatte in dem Umfang Erfolg gehabt, in dem das Urteil gemäß § 400 Abs. 1 StPO einer Überprüfung durch den Senat zugänglich war (Urteil vom 21. Januar 2004 - 1 StR 379/03, teilweise abgedruckt in NStZ 2004, 635 f.). Ergebnis war, dass die Verurteilung wegen vorsätzlicher Körperverletzung zu sechs Monaten Freiheitsstrafe bestehen blieb. Die vom Senat für sich genommen ausdrücklich als rechtsfehlerfrei bewertete Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung wurde dagegen insgesamt aufgehoben, da insoweit eine tateinheitliche Verurteilung wegen weiterer nebenklagefähiger Tatbestände in Betracht kam. Ebenfalls aufgehoben wurden die Freisprüche, denen der Vorwurf von Körperverletzungs - und (oder) Sexualdelikten zu Grunde lag.
3
2. Die neu zur Entscheidung berufene Strafkammer konnte sich erneut nicht von der Richtigkeit der vom Angeklagten in vollem Umfang bestrittenen Vorwürfe überzeugen. Weitergehend als in dem ersten Urteil des Landgerichts in dieser Sache betrifft dies auch den Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung. Sie hat deshalb lediglich (deklaratorisch) festgestellt, dass der Angeklagte wegen vorsätzlicher Körperverletzung zu sechs Monaten Freiheitsstrafe verurteilt ist und hat ihn im Übrigen freigesprochen. Hinsichtlich der Strafe von sechs Monaten wegen vorsätzlicher Körperverletzung hat sie geprüft, ob sie zur Bewährung ausgesetzt werden kann, und hat dies bejaht.

II.


4
Die gegen dieses Urteil gerichteten Revisionen der Staatsanwaltschaft und der Nebenklägerin haben mit der Sachrüge (hinsichtlich der Nebenklägerin: erneut) Erfolg.
5
1. Die Strafkammer kommt (erneut) zu dem Ergebnis, die Angaben der Nebenklägerin seien keine hinlängliche Grundlage für eine Verurteilung. Eine Verurteilung sei nur möglich, soweit diese Angaben durch andere Beweismittel bestätigt und gestützt werden.
6
Selbst auf dieser Grundlage hat der Freispruch vom Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung keinen Bestand.
7
a) Die Strafkammer hat festgestellt, dass der Zeuge Z. in der ersten Hauptverhandlung in dieser Sache ausgesagt hatte, die Nebenklägerin sei am Abend des in Rede stehenden Tages (12. September 1999) zu ihm gekommen und habe sehr "derhaut" - was so viel wie nicht unerheblich verletzt bedeuten soll - ausgesehen. Nunmehr, so die Strafkammer, "konnte oder wollte" er sich an das Datum des Besuchs und auch an konkrete Verletzungen nicht mehr erinnern. Daher stehe - anders als in der ersten Hauptverhandlung - kein Beweismittel zur Verfügung, das die - grundsätzlich unzulänglichen - Aussagen der Nebenklägerin bestätigen könne.
8
b) Die Strafkammer war allerdings - anders als insbesondere die Revision der Nebenklägerin dies zu vertreten scheint - nicht daran gebunden, dass der Senat die früher getroffenen Feststellungen (um einheitliche Feststellungen zu ermöglichen) nur deshalb aufgehoben hatte, weil noch zusätzliche Feststellungen möglich erschienen und im Übrigen den Schuldspruch als für sich genommen rechtsfehlerfrei bezeichnet hat. Mit der Aufhebung des Schuldspruchs einschließlich der zu Grunde liegenden Feststellungen hatte die Strafkammer in eigener Verantwortung neu über diesen Punkt zu befinden.
9
c) Die Strafkammer hat jedoch verkannt, dass auch die von ihr festgestellten früheren Aussagen des Zeugen ihrer Würdigung unterlagen. Es versteht sich weder von selbst, dass die früheren Aussagen schon für sich genommen unglaubhaft waren, noch versteht sich von selbst, dass das Aussageverhalten des Zeugen in der neuen Hauptverhandlung ohne weiteres entscheidend gegen die Glaubhaftigkeit seiner früheren Aussagen spricht. Dieses Aussageverhalten lässt vielmehr die unterschiedlichsten Auslegungen möglich erscheinen, z. B.
10
- die Erinnerung des Zeugen ist wegen Zeitablaufs verblasst; - der Zeuge will zu seiner ursprünglich richtigen Aussage nicht mehr stehen ; - der Zeuge will nicht einräumen, dass seine ursprüngliche Aussage falsch war.
11
Mit diesen und etwaigen sonstigen Möglichkeiten, die offensichtlich zu unterschiedlichen Ergebnissen führen können, hätte sich die Strafkammer auseinandersetzen und dementsprechend sämtliche angefallenen Erkenntnisse über Aussage und Aussageverhalten des Zeugen würdigen müssen. Dies ist nicht geschehen. Die Feststellung, es gebe kein Beweismittel zur Stützung der Angaben der Nebenklägerin, lässt vielmehr besorgen, die Strafkammer habe allein die Aussage des Zeugen in der (zweiten) Hauptverhandlung für ein berücksichtigungsfähiges Beweisergebnis gehalten.
12
Schon dies führt zur Aufhebung des Urteils, soweit der Angeklagte vom Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung freigesprochen worden ist.
13
2. Im Übrigen kann das Urteil deshalb keinen Bestand haben, weil die für Verurteilung oder Freispruch zentralen Aussagen der Nebenklägerin im Ansatz nicht rechtsfehlerfrei gewürdigt worden sind.
14
a) Kann der Tatrichter nicht die erforderliche Gewissheit gewinnen und spricht er den Angeklagten daher frei, so hat das Revisionsgericht dies allerdings regelmäßig hinzunehmen. Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatrichters. Es kommt nicht darauf an, ob das Revisionsgericht angefallene Erkenntnisse anders gewürdigt oder Zweifel überwunden hätte. Daran ändert sich nicht einmal dann etwas, wenn die tatrichterlichen Feststellungen "lebensfremd erscheinen" mögen. Es gibt nämlich im Strafprozess keinen Beweis des ersten Anscheins, der nicht auf der Gewissheit des Richters, sondern auf der Wahrscheinlichkeit eines Geschehensablaufs beruht.
15
Demgegenüber ist eine Beweiswürdigung etwa dann rechtsfehlerhaft, wenn sie lückenhaft, namentlich wesentliche Feststellungen nicht erörtert, widersprüchlich oder unklar ist, gegen Gesetze der Logik oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt oder wenn an die zur Verurteilung erforderliche Gewissheit im Ansatz unzutreffende ("überspannte") Anforderungen gestellt sind (st. Rspr., vgl. nur BGH StraFo 2003, 381; BGH NStZ-RR 2003, 371 ; BGH NJW 2002, 2188, 2189 m. w. N.).
16
b) So verhält es sich hier.
17
Die Strafkammer führt aus, die Unglaubhaftigkeit der Aussagen der Nebenklägerin habe sich "bereits auf Grund der vorgenommenen Beweiswürdigung" ergeben, ohne dass es der Ausführungen der von der Strafkammer angehörten Sachverständigen bedurft hätte. Die Ausführungen dieser Sachverständigen , deren Zuziehung, so die Strafkammer, gleichwohl "angezeigt" gewesen sei und die die Nebenklägerin nach den Urteilsfeststellungen insgesamt 16 Stunden exploriert hat (vgl. hierzu unter dem Gesichtspunkt des Schutzes (potentieller) Opfer generell BGH NJW 2005, 1519, 1521), sind dann aber doch in den Urteilsgründen auf insgesamt etwa 30 Seiten minutiös nachgezeichnet. Sie werden von der Strafkammer als überzeugende Bestätigung des Beweisergebnisses bewertet.
18
Gegen die Ausführungen der Sachverständigen, jedenfalls so wie sie von der Strafkammer übereinstimmend an mehreren Stellen des Urteils mitgeteilt sind, bestehen an einer zentralen Stelle Bedenken. Es heißt:
19
".. trotz der detaillierten und konstanten Schilderung einzelner der Anklage zu Grunde liegender Sachverhalte" - an anderer Stelle ist insoweit von "einzelne (n) Vergewaltigungen" die Rede - , "welche für den Wahrheitsgehalt der Aussage sprechen mag, ... ist es … nicht möglich, … einzelne ... Tatvorwürfe … als ... wahr herauszugreifen, da die Glaubhaftigkeit … immer bezogen auf das gesamte Aussageverhalten eines Zeugen gesehen werden muss".
20
Dies trifft so nicht zu. Es ist bei einer entsprechend sorgfältigen und umfassenden Würdigung aller Erkenntnisse nicht schon im Ansatz ausgeschlossen , einem Zeugen teilweise zu glauben und teilweise nicht. Zwar müssen ins- besondere dann, wenn ein Zeuge in einem zentralen Punkt erkennbar gelogen hat, gewichtige Gesichtspunkte dafür sprechen, ihm im Übrigen zu glauben; wie im Kern schon aus § 261 StPO folgt, gibt es aber keinen Rechts- und auch keinen Erfahrungssatz, dass einer Zeugenaussage zumal zu unterschiedlichen Lebenssachverhalten, nur entweder insgesamt geglaubt oder insgesamt nicht geglaubt werden könnte.
21
Dies hatte der Senat auch bereits in seinem ersten Urteil in dieser Sache näher dargelegt. Hierauf nimmt er Bezug (vgl. auch Meyer-Goßner, StPO 48. Aufl. § 261 Rdn. 11a; Schoreit in KK 5. Aufl. § 261 Rdn. 29 jew. m. w. N.).
22
Die Strafkammer macht sich an anderer Stelle des Urteils dies - mit den Worten jener Entscheidung - im Prinzip auch zu Eigen, erklärt jedoch auch das Gegenteil für überzeugend und richtig. Der von ihr angelegte Maßstab ist also unklar. Nachdem die Strafkammer zwar bei der Schilderung einzelner gewichtiger Taten im Hinblick auf ihren Inhalt und die insoweit zutage getretene Aussagekonstanz erhebliche Anhaltspunkte dafür sieht, dass diese Schilderung richtig sein könnte, sie andererseits aber doch nicht zu einer Verurteilung kommt, kann der Senat nicht ausschließen, dass sich die aufgezeigten Unklarheiten auf die Entscheidung ausgewirkt haben. Dies führt zur Aufhebung auch der übrigen Freisprüche, ohne dass es noch auf weiteres ankäme.
23
3. Der Senat bemerkt jedoch: Die Nebenklägerin hat eine der von ihr dem Angeklagten vorgeworfenen Vergewaltigungen nach den Urteilsfeststellungen wie folgt geschildert: Sie habe für den Sohn die Milch warm gemacht, als sie der Angeklagte im Streit über das Haus mit einer schwarz-grauen Pistole bedroht habe. Der Sohn habe geweint, sie habe ihn beruhigt. Dann habe sie der Angeklagte auf das Bett geworfen und mit einem Schal und einer Strumpf- hose ans Bett gefesselt. Die Pistole habe er auf das Fensterbrett gelegt. Er habe sich ausgezogen, sie geschlagen und gewürgt und mit ihr den Geschlechtsverkehr ausgeübt. Dabei habe er ihre Hose zerrissen. Nach dem Geschlechtsverkehr habe er ihr eine zuvor mitgebrachte Knoblauchwurst und ein gedrechseltes Holzstück gegen ihren Willen in die Scheide eingeführt.
24
Die Schilderung anderer Vorfälle ist damit vergleichbar. Gleichwohl geht die Strafkammer davon aus, gegen einen "erlebnisfundierten Bericht" spreche der deutliche "Detaillierungsbruch" zwischen den Angaben zum "Rahmenbereich" einerseits und dem "Kerngeschehen" andererseits. Ohne nähere Erörterung erscheint dies unter den gegebenen Umständen nicht tragfähig begründet.
25
Im Übrigen weist der Senat insbesondere auf die im schriftlichen Antrag des Generalbundesanwalts näher ausgeführten Gesichtspunkte hin.
26
4. Die Strafkammer hat die bereits rechtskräftig verhängte Freiheitsstrafe von sechs Monaten zur Bewährung ausgesetzt. Sie hat dabei verkannt, dass diese Strafe durch Anrechnung von Untersuchungshaft vollständig verbüßt ist. Eine bereits vollständig verbüßte Strafe kann nicht mehr zur Bewährung ausgesetzt werden (BGHSt 31, 25). Der entsprechende Ausspruch hatte daher zu entfallen.

III.


27
In Übereinstimmung mit dem Antrag des Generalbundesanwalts hat der Senat die Sache nunmehr an ein anderes Landgericht zurückverwiesen. Wahl Kolz Hebenstreit Elf Graf

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 21. Feb. 2006 - 1 StR 278/05

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 21. Feb. 2006 - 1 StR 278/05

Referenzen - Gesetze

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Strafprozeßordnung - StPO | § 261 Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung


Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

Strafprozeßordnung - StPO | § 400 Rechtsmittelbefugnis des Nebenklägers


(1) Der Nebenkläger kann das Urteil nicht mit dem Ziel anfechten, daß eine andere Rechtsfolge der Tat verhängt wird oder daß der Angeklagte wegen einer Gesetzesverletzung verurteilt wird, die nicht zum Anschluß des Nebenklägers berechtigt. (2) De
Bundesgerichtshof Urteil, 21. Feb. 2006 - 1 StR 278/05 zitiert 4 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Strafprozeßordnung - StPO | § 261 Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung


Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

Strafprozeßordnung - StPO | § 400 Rechtsmittelbefugnis des Nebenklägers


(1) Der Nebenkläger kann das Urteil nicht mit dem Ziel anfechten, daß eine andere Rechtsfolge der Tat verhängt wird oder daß der Angeklagte wegen einer Gesetzesverletzung verurteilt wird, die nicht zum Anschluß des Nebenklägers berechtigt. (2) De

Referenzen - Urteile

Bundesgerichtshof Urteil, 21. Feb. 2006 - 1 StR 278/05 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

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Bundesgerichtshof Urteil, 21. Jan. 2004 - 1 StR 379/03

bei uns veröffentlicht am 21.01.2004

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 1 StR 379/03 vom 21. Januar 2004 in der Strafsache gegen wegen gefährlicher Körperverletzung u.a. Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 21. Januar 2004, an der teilgeno
2 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 21. Feb. 2006 - 1 StR 278/05.

Bundesgerichtshof Urteil, 09. Mai 2006 - 1 StR 37/06

bei uns veröffentlicht am 09.05.2006

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 1 StR 37/06 vom 9. Mai 2006 in der Strafsache gegen wegen Sachbeschädigung u.a. Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 9. Mai 2006, an der teilgenommen haben: Vorsitzender Ric

Bundesgerichtshof Urteil, 21. Nov. 2013 - 4 StR 363/13

bei uns veröffentlicht am 21.11.2013

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 4 StR 363/13 vom 21. November 2013 in der Strafsache gegen wegen Verdachts des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern u.a. Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 21. Novemb

Referenzen

(1) Der Nebenkläger kann das Urteil nicht mit dem Ziel anfechten, daß eine andere Rechtsfolge der Tat verhängt wird oder daß der Angeklagte wegen einer Gesetzesverletzung verurteilt wird, die nicht zum Anschluß des Nebenklägers berechtigt.

(2) Dem Nebenkläger steht die sofortige Beschwerde gegen den Beschluß zu, durch den die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt oder das Verfahren nach den §§ 206a und 206b eingestellt wird, soweit er die Tat betrifft, auf Grund deren der Nebenkläger zum Anschluß befugt ist. Im übrigen ist der Beschluß, durch den das Verfahren eingestellt wird, für den Nebenkläger unanfechtbar.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 379/03
vom
21. Januar 2004
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
21. Januar 2004, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl,
Dr. Boetticher,
Dr. Kolz,
Hebenstreit,
Bundesanwalt ,
Staatsanwältin
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Rechtsanwalt
als Vertreter der Nebenklägerin,
Justizangestellte ,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
richts Landshut vom 9. Mai 2003 mit den Feststellungen aufgehoben
a) im Schuldspruch wegen gefährlicher Körperverletzung (II 1 der Urteilsgründe);
b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe;
c) soweit der Angeklagte von den ihm unter Nrn. 1, 3 und 5 der Anklage und den beiden ersten der ihm unter Nr. 6 der Anklage zur Last gelegten Vorwürfen freigesprochen worden ist. 2. Die Revision wird als unzulässig verworfen, soweit sie sich gegen
a) die Verurteilung wegen (vorsätzlicher) Körperverletzung (II 2 der Urteilsgründe);
b) den Freispruch von dem dem Angeklagten unter Nr. 4 der Anklage zur Last gelegten Vorwurf richtet. Insoweit hat die Beschwerdeführerin die Kosten ihres Rechtsmittels und die dem Angeklagten dadurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen. 3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die verbleibenden Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Gründe:


Dem Angeklagten liegen zahlreiche, zum Teil schwerwiegende Delikte zur Last, die er sämtlich zum Nachteil der Nebenklägerin, seiner inzwischen von ihm geschiedenen Ehefrau begangen haben soll.
Die Strafkammer hat die entsprechenden Aussagen der Nebenklägerin für sich genommen jedoch nicht als hinreichend sichere Verurteilungsgrundlage angesehen und ist ihnen nur insoweit gefolgt, als sie sich auch anderweitig bestätigt haben.
Die auf die Sachrüge gestützte Revision der Nebenklägerin greift die Beweiswürdigung an und hält es für rechtsfehlerhaft, daß die Strafkammer über die abgeurteilten Taten hinaus "die weiteren Taten" nicht festgestellt hat. Bezug genommen ist damit erkennbar auf die (unverändert zugelassene) Anklage und die dort vorgenommene rechtliche Bewertung der Taten. Beantragt ist, das Urteil in vollem Umfang aufzuheben.
Die Revision ist zwar nicht in vollem Umfang, wohl aber überwiegend zulässig. Soweit sie zulässig ist, ist sie auch begründet.

I.


1. Verurteilt wurde der Angeklagte wegen

a) gefährlicher Körperverletzung (Mißhandlung der Nebenklägerin mit einem Stock und einem Gürtel) zu einem Jahr Freiheitsstrafe (II 1 der Urteilsgründe , entspricht Nr. 2 der Anklage);


b) vorsätzlicher Körperverletzung (Mißhandlung der Nebenklägerin mit den Fäusten) zu sechs Monaten Freiheitsstrafe (II 2 der Urteilsgründe, entspricht dem dritten Vorwurf von Nr. 6 der Anklage).
Hieraus wurde eine zur Bewährung ausgesetzte Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten gebildet.
Soweit dem Angeklagten tateinheitlich neben der gefährlichen Körperverletzung auch noch Vergewaltigung und Freiheitsberaubung und tateinheitlich neben der vorsätzlichen Körperverletzung auch noch Freiheitsberaubung und Bedrohung vorgeworfen wurde, konnte sich die Strafkammer nicht überzeugen. Von einem Freispruch hat sie insoweit aber abgesehen. Dies ist auf der Grundlage des Standpunkts der Strafkammer zutreffend (vgl. Meyer-Goßner StPO 46. Aufl. § 260 Rdn. 12 m.w. Nachw.).
2. Freigesprochen wurde der Angeklagte von insgesamt vier, teilweise in Tateinheit mit weiteren Delikten stehenden Vorwürfen der Vergewaltigung oder sexuellen Nötigung (Nr. 1 und Nr. 5 der Anklage, 2. Fall von Nr. 3 und 2. Fall von Nr. 6 der Anklage), von zwei, ebenfalls in Tateinheit mit weiteren Delikten stehenden Vorwürfen der (vorsätzlichen) Körperverletzung (jeweils der erste Fall von Nrn. 3 und 6 der Anklage) und dem Vorwurf einer räuberischen Erpressung (Nr. 4 der Anklage).
3. Ein Nebenkläger kann nur im Zusammenhang mit Nebenklagedelikten Revision einlegen, also insbesondere mit der Behauptung, der Angeklagte sei zu Unrecht vom Vorwurf eines Nebenklagedelikts freigesprochen worden, oder es sei bei einer Verurteilung nicht auch die Verurteilung wegen eines tateinheitlich erfüllten (gegebenenfalls weiteren) Nebenklagedelikts erfolgt (vgl. im einzelnen Meyer-Goßner aaO § 400 Rdn. 4 m.w. Nachw.).


a) Dementsprechend ist die Revision nicht zulässig im Fall II 2 der Urteilsgründe (vgl. oben I 1 b), in dem zusätzlich noch eine tateinheitliche Verurteilung wegen Freiheitsberaubung und Bedrohung in Betracht gekommen wäre und hinsichtlich des Freispruchs vom Vorwurf der räuberischen Erpressung im Fall Nr. 4 der Anklage (vgl. oben I 2 am Ende), da insoweit allein nicht nebenklagefähige Delikte im Raum stehen.

b) Im übrigen ist die Revision zulässig, da es in sämtlichen verbleibenden Fällen allein oder jedenfalls auch um die unterbliebene Verurteilung wegen eines Sexual- oder eines vorsätzlich begangenen Körperverletzungsdelikts, also jeweils eines Nebenklagedelikts (§ 395 Abs. 1 Nr. 1 a oder Nr. 1 c StPO) geht.

II.


Im aufgezeigten Umfang ist die Revision begründet.
Während der Angeklagte jedes Fehlverhalten abgestritten hat, hat die Nebenklägerin die Vorgänge unter Angabe zahlreicher Details so geschildert, wie dies auch in der Anklage geschehen ist.
Ihr könne jedoch, so die Strafkammer, nur in sehr beschränktem Umfang geglaubt werden. Sie habe, wie im einzelnen dargelegt wird, schon öfter die Unwahrheit gesagt, auch gegenüber Gerichten und Behörden, und damit dem Angeklagten jeweils helfen wollen. Dies begründe Zweifel an ihrer generellen Glaubwürdigkeit. Darüber hinaus bestünden aber auch näher ausgeführte Bedenken gegen ihre auf die Anklagevorwürfe bezogenen Aussagen, so daß ihre Angaben nur dann Grundlage einer Verurteilung sein könnten, wenn sie durch andere Beweismittel bestätigt würden, wie dies bei den abgeurteilten Taten
- hier lagen ärztliche Atteste oder die Angaben unbeteiligter Zeugen vor - hin- sichtlich der Körperverletzungen der Fall sei. All dies liegt zwar im Ansatz im Rahmen einer vom Revisionsgericht hinzunehmenden tatrichterlichen Beweiswürdigung, konkret ist die Beweiswürdigung aber lückenhaft und eine Reihe einzelner Erwägungen erscheinen so fernliegend, daß sie mangels näherer Begründung nicht mehr als tragfähig angesehen werden können. 1. Schon gegen die Ausführungen zur „generellen“ Glaubwürdigkeit der Person der Nebenklägerin – die ohnehin allenfalls begrenzte Rückschlüsse auf die Glaubhaftigkeit der konkreten fallbezogenen Aussage zuläßt (vgl. BGH StV 1994, 64 m.w. Nachw.; vgl. hierzu auch Boetticher in NJW-Sonderheft für G. Schäfer 2002, 8, 12 f.) – bestehen Bedenken:
a) Die Nebenklägerin hat den Angeklagten, ihren damaligen Ehemann, nach den Feststellungen der Strafkammer mit unwahren Angaben gegenüber amtlichen Stellen insbesondere vor ihm nachteiligen ausländerrechtlichen Konsequenzen schützen wollen. Es liegt nicht ohne weiteres nahe, daß dies ein gewichtiges Indiz für die Annahme sein könnte, vorliegend belaste sie ihn zu Unrecht. Die gegenläufige Zielrichtung der von der Strafkammer festgestellten früheren Unwahrheiten und der vorliegenden Angaben wäre jedenfalls erkennbar zu erwägen gewesen.
b) Ebensowenig ist in diesem Zusammenhang ein weiterer sich aufdrängender Gesichtspunkt erörtert: Die Strafkammer hat festgestellt, daß der (einschlägig vorbestrafte) Angeklagte gegen die Nebenklägerin "öfters gewalttätig" wurde und es dabei - ersichtlich über die abgeurteilten Fälle hinaus - "zu massiven Körperverletzungen" gekommen ist. Eine Reihe von Zeugen haben insoweit Details bekundet , z. B. Verletzungsspuren gesehen oder beobachtet zu haben, wie der An-
geklagte die Nebenklägerin die Treppe hinuntergeworfen und für den Fall der Benachrichtigung der Polizei weitere Gewalt angedroht hat. Ein möglicher Zusammenhang zwischen den festgestellten Tendenzen zu falschen, den Angeklagten begünstigenden Angaben und der vom Angeklagten offenbar immer wieder ausgeübten massiven Gewalt wäre bei der Gewichtung der festgestellten Falschaussagen ebenfalls in die Erwägungen einzubeziehen gewesen.
c) Demgegenüber erwägt die Strafkammer in diesem Zusammenhang auch folgendes: Die Nebenklägerin hat das dargelegte Verhalten zu Gunsten des Angeklagten unter anderem damit erklärt, daß der Angeklagte sie bedroht habe und dies dahin erläutert, daß er zu ihr "nicht nett" gewesen sei. Eine in dieser Weise gekennzeichnete Drohung, so folgert die Strafkammer, könne "dem Wortsinn nach ... nicht besonders gravierend" gewesen sein und deswegen das Verhalten der Nebenklägerin nicht erklären. Dies ist jedoch für die genannte Bewertung von Bedrohungen der Nebenklägerin durch den Angeklagten deshalb keine tragfähige Erwägung, weil die Strafkammer auch in diesem Zusammenhang die von ihr festgestellten massiven Körperverletzungen, die der Angeklagte der Nebenklägerin zugefügt hat, nicht erkennbar bedacht hat. 2. Von alledem abgesehen, hat die Strafkammer aber auch bei der Bewertung der tatbezogenen Angaben der Nebenklägerin einen rechtlich nicht unbedenklichen Maßstab angelegt:
a) Bei einem Widerspruch zwischen mehreren Erkenntnisquellen hat das Gericht ohne Rücksicht auf deren Art und Zahl darüber zu befinden, in welchen von ihnen die Wahrheit ihren Ausdruck gefunden hat. Stehen sich Bekundungen eines - insbesondere einzigen - Zeugen und des Angeklagten unvereinbar gegenüber ("Aussage gegen Aussage"), darf das Gericht allerdings den Bekundungen dieses Zeugen nicht deshalb, weil er Anzeigeerstatter und
(gegebenenfalls) Geschädigter ist, ein schon im Ansatz ausschlaggebend höheres Gewicht beimessen als den Angaben des Angeklagten (vgl. zusammenfassend Gollwitzer in Löwe/Rosenberg StPO 25. Aufl. § 261 Rdn. 71 m. zahlr. Nachw.). Maßgebend ist nicht allein die formale Stellung des Aussagenden im Prozeß, sondern der innere Wert einer Aussage, also deren Glaubhaftigkeit. Es ist in einer Gesamtwürdigung (vgl. BGHSt 44, 153, 158 f. m.w. Nachw.) zu entscheiden, ob einer solchen Zeugenaussage gefolgt werden kann (zu den im Rahmen einer kriterienorientierten Aussageanalyse vielfach bedeutsamen, gleichwohl einer schematischen Bewertung aber nicht zugänglichen aussageimmanenten Qualitätsmerkmalen vgl. eingehend BGHSt 45, 164, 170 ff. m.w. Nachw.).
b) Diesen Anforderungen werden die Ausführungen der Strafkammer nicht in vollem Umfang gerecht. Sie hat nämlich nicht erkennbar gewürdigt, daß in den abgeurteilten Fällen die Angaben der Nebenklägerin durch andere, von der Strafkammer als zuverlässig angesehene Beweismittel bestätigt wurden. Insoweit hat also die Nebenklägerin die Wahrheit gesagt, während der Angeklagte demgegenüber gelogen hat. Hinsichtlich der übrigen Teile der Aussage besteht unter diesen Umständen gerade nicht die durch das Fehlen sonstiger Erkenntnisse gekennzeichnete "Aussage gegen Aussage"-Situation. Zwar ist der Tatrichter im Ergebnis nicht gehindert, einem Zeugen nur teilweise zu glauben, dies bedarf jedoch einer eingehenden Gesamtwürdigung aller bei der Prüfung einer Aussage insgesamt angefallener Erkenntnisse und nicht einer lediglich isolierten Prüfung jedes einzelnen Teils einer Aussage. 3. Hinzu kommt hier, daß auch gegen mehrere auf die Angaben zum Tatgeschehen bezogene Erwägungen der Strafkammer rechtliche Bedenken bestehen:

a) Die Strafkammer hat festgestellt, daß die Nebenklägerin auf dem Scheidungsantrag den Namen des Angeklagten "mit einem großen Herz" eingerahmt hat. Dies, so die Nebenklägerin, sei ironisch gemeint gewesen, man gebrauche in Bayern den Ausdruck "des is a Herzerl". Die Strafkammer hält diese Ausführungen für psychologisch nicht nachvollziehbar, da "Herzerl" Ausdruck für eine "harmlose Person" sei. Eine Zeugin, so heißt es dann ohne nähere Erläuterung, habe bekundet, die Nebenklägerin habe den Angeklagten als "Herzerl" bezeichnet, wenn sie sich ihm überlegen gefühlt habe. All dies, so die Strafkammer dann zusammenfassend, könne dafür sprechen, daß sich die Nebenklägerin rächen wolle. Diese Ausführungen können nicht ohne weiteres nachvollziehbar verdeutlichen , warum das auf den Scheidungsantrag gemalte Herz für eine Falschaussage sprechen könnte. Im übrigen bemerkt der Senat, daß selbst dann, wenn die Nebenklägerin ihre Angaben gemacht hätte, um sich am Angeklagten zu rächen, dies nicht ohne weiteres die Unrichtigkeit ihrer Angaben belegen würde (vgl. BGH NStZ-RR 2003, 206, 208 m.w. Nachw.). Es ist nicht erkennbar , daß sich die Strafkammer dessen bewußt gewesen wäre.
b) Die Strafkammer erwägt, daß die Nebenklägerin "niemandem etwas von den Vergewaltigungen" berichtet habe. Sie führt aber auch aus, daß die Nebenklägerin einer Freundin gesagt habe, sie habe zwar mit dem Angeklagten geschlafen, aber nicht freiwillig. Hierzu erwägt die Strafkammer, es bestünden Zweifel, ob die Nebenklägerin ihre "fehlende Bereitschaft (zum Geschlechtsverkehr ) nach außen signalisiert" habe. Die Annahme, die Nebenklägerin habe Vergewaltigungen (z. B. aus Rache) nur erfunden, wofür auch spreche , daß sie früher niemandem etwas davon erzählt habe und die Annahme, die Nebenklägerin habe zwar gegenüber Zeugen von unfreiwilligem Geschlechtsverkehr berichtet, möglicherweise habe der Angeklagte aber nicht bemerkt, daß Geschlechtsverkehr gegen den Willen der Nebenklägerin stattfand , sind miteinander nicht vereinbar und können daher auch nicht, wie hier in
unklarer Weise geschehen, miteinander vermengt werden. Einmal fehlte es schon am objektiven Tatbestand, einmal nur am subjektiven Tatbestand. Wäre - obwohl eine konkrete Grundlage für eine solche Annahme nicht zu erkennen ist - davon auszugehen, daß der Angeklagte etwaigen Widerstand der Nebenklägerin lediglich nicht bemerkt hat, wäre gegebenenfalls auch auf die im Urteil zwar wiedergegebenen, aber nicht näher behandelten Tatumstände einzugehen gewesen. Danach soll der Angeklagte der Nebenklägerin z. B. nach (gewaltsamem ) Geschlechtsverkehr "eine Knoblauchwurst, ein Holzstück und Flaschen" in die Scheide eingeführt haben. Die Annahme, daß er etwa irrtümlich geglaubt habe, die Nebenklägerin sei mit solchem Vorgehen einverstanden, erscheint sehr fernliegend und hätte jedenfalls eingehender Begründung bedurft.
c) Nicht rechtsfehlerfrei begründet ist auch die Würdigung der Aussage der zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung zehn Jahre alten Tochter der Nebenklägerin. Diese hat bekundet, sie habe am Kommunionstag ihrer Cousine durch die Tür gesehen, wie ihre Mutter ans Bett gefesselt und dabei ganz nackt gewesen sei. Der Angeklagte habe auf der Mutter gelegen und vergeblich versucht , die Tür mit seinem Fuß zu schließen, als er sie bemerkt habe. Die Strafkammer hält dies nicht für glaubhaft. Die Zeugin sei von ihrer Mutter beeinflußt. So habe sie etwa auf die Frage, warum die Mutter den Angeklagten (1995) geheiratet hat, keine anderen Gründe angegeben als diese und auch deren Worte gebraucht (Der Angeklagte habe "genervt"). Grundsätzlich kann allerdings gerade bei der Würdigung von Kinderaussagen eine Rolle spielen, daß Kinder in erhöhtem Maße (bewußten oder unbewußten) Beeinflussungen unterliegen und darüber hinaus auf Grund eines Autoritätsgefälles besonders bestrebt sein können, sich entsprechend dem Wunsch eines Erwachsenen, zumal der Mutter, zu verhalten. Steht eine solche Möglichkeit im Raum, bedarf es vor allem näherer Erwägungen zur Persönlich-
keit des Kindes und hierzu angefallener Erkenntnisse. Je nach den Umständen des Falles kann dabei auch sachverständige Beratung zweckmäßig sein (vgl. zu alledem näher Eisenberg, Beweisrecht der StPO 4. Aufl. Rdn. 1861 m.w. Nachw.). Ohne derartige Erwägungen ist jedenfalls die Annahme nicht tragfähig , die detaillierte Schilderung eines von ihr angeblich beobachteten konkreten Vorganges durch die Tochter der Nebenklägerin sei hier nicht zuletzt deshalb nicht glaubhaft, weil sie keine eigenständige Äußerung dazu abgegeben hat, warum ihre Mutter den Angeklagten geheiratet hat. Dies gilt um so mehr, als die Zeugin zum Zeitpunkt dieser Eheschließung höchstens drei Jahre alt war. 4. Nach alledem ist das Urteil in dem Umfang aufzuheben, in dem es auf Grund der Revision der Nebenklägerin einer Überprüfung durch den Senat zugänglich ist. Soweit der Angeklagte im Fall II 1 der Urteilsgründe nur wegen gefährlicher Körperverletzung und nicht auch wegen Vergewaltigung verurteilt worden ist, kann auch der für sich genommene rechtsfehlerfreie Schuldspruch wegen gefährlicher Körperverletzung nicht bestehen bleiben, da die Vergewaltigung hierzu gegebenenfalls in Tateinheit stünde (st. Rspr., vgl. d. Nachw. b. Kuckein in KK 5. Aufl. § 353 Rdn. 12). Damit entfällt zugleich die Gesamtstrafe. Nack Wahl Boetticher Kolz Hebenstreit

Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.