Bundesgerichtshof Urteil, 17. Dez. 2019 - 1 StR 364/18
vorgehend
Bundesgerichtshof
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 17. Dezember 2019, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Dr. Raum,
die Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Fischer,
die Richter am Bundesgerichtshof Dr. Bär, Dr. Leplow
und die Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Pernice,
Staatsanwältin beim Bundesgerichtshof als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt – in der Verhandlung – als Verteidiger,
Justizangestellte – in der Verhandlung –, Justizhauptsekretärin – bei der Verkündung – als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte der unerlaubten Ausfuhr von Betäubungsmitteln schuldig ist;
b) im gesamten Strafausspruch aufgehoben. 2. Die weitergehende Revision des Angeklagten und die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das vorgenannte Urteil werden verworfen. 3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels des Angeklagten, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 4. Die Staatskasse hat die Kosten des Rechtsmittels der Staatsanwaltschaft und die dem Angeklagten hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Von Rechts wegen
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen bandenmäßiger unerlaubter Ausfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 19 Fällen und wegen unerlaubter Ausfuhr von Betäubungsmitteln in 7.129 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von elf Monaten unter Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt ; hierzu hat es bestimmt, dass drei Monate wegen einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung als vollstreckt gelten. Die gegen seine Verurteilung gerichtete Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts beanstandet, hat mit der Sachrüge den aus dem Tenor ersichtlichen Teilerfolg. Sein weitergehendes Rechtsmittel ist ebenso wie die auf das Strafmaß beschränkte und vom Generalbundesanwalt nicht vertretene Revision der Staatsanwaltschaft unbegründet.
I.
- 2
- Nach den Feststellungen des Landgerichts ließ sich der Angeklagte, ein Apotheker in W. , in einen von den rechtskräftig verurteilten vormaligen Mitangeklagten H. , F. , K. u.a. ersonnenen Versandhandel einspannen , in welchem über das Internet bestellte verschreibungspflichtige Medikamente mit den Wirkstoffen Alprazolam, Amfepranon, Bromazepan, Clonazepam , Diazepam, Lorazepam, Nitrazepam, Oxazepam, Temazepam, Tetrazepam oder Zolpidem an Kunden aus dem Ausland, vorwiegend aus den USA, geliefert wurden. Diese Wirkstoffe können eine Abhängigkeitserkrankung verursachen. Über eine für die Ausfuhr nach dem Betäubungsmittelgesetz erforderliche Erlaubnis verfügte niemand aus der Gruppierung. Rechtsanwalt D. hatte den Angeklagten an H. vermittelt und ihm mitgeteilt, das Vertriebssystem sei von anderen Rechtsanwälten geprüft. Dazu zeigte er dem Angeklag- ten mehrere Blätter, die er als Gutachten bezeichnete, ohne sie ihm aber zum Lesen zu überlassen. Zudem erhielt der Angeklagte von der Landesapothekerkammer Rheinland-Pfalz die telefonische Auskunft, gegen den Versand von Medikamenten ins Ausland auf der Grundlage von Rezepten bestünden keine Bedenken.
- 3
- Vier in die Vertriebsstruktur eingebundene Ärzte stellten per Ferndiagnose die Rezepte aus und achteten insbesondere darauf, dass in Bezug auf den jeweiligen Kunden die Höchstdosis gemessen an einem Zeitraum von drei Monaten nicht überschritten wurde. Der Angeklagte und andere Apotheker wie etwa die nichtrevidierende Mitangeklagte G. in anderen Versandfällen ließen von ihren Angestellten anhand der elektronisch versandten Rezepte die Medikamente zusammenstellen, verpacken und verschicken; dabei prüften die Mitarbeiter auf Anweisung des Angeklagten, ob der betreffende Kunde innerhalb des Quartals bereits Medikamente bezogen hatte und dessen zulässiges Kontingent mithin ausgeschöpft war. Kamen sie zu einem solchen Ergebnis, führte die Apotheke die Lieferung nicht aus, sondern ‚gab das Rezept in das System zurück‘. Auf diese Weise versandten die Angestellten des Angeklagten im Zeit- raum vom 4. Juni 2007 bis zum 6. August 2008 in 7.129 Fällen Tabletten mit den genannten Wirkstoffen ins Ausland. Der Angeklagte stellte seine Medikamentenlieferungen der die Webseiten betreibenden A. AG in Rechnung, wobei er nur die übliche geringe Spanne zwischen Einkaufs- und Apothekenverkaufspreis in Höhe von ca. einem bis zwei Prozent als Gewinn erzielte. An den von der A. AG nach deren Abrechnung gegenüber den Kunden vereinnahmten erheblichen Gewinnen hatte er keinen Anteil.
- 4
- Bei 19 überwiegend an verschiedenen Tagen im Zeitraum vom 9. November 2007 bis 5. Mai 2008 vorgenommenen Lieferungen überstiegen die auf Veranlassung des Angeklagten ins Ausland versandten Medikamente mit den Wirkstoffen Alprazolam, Diazepam, Lorazepam, Tetrazepam oder Oxazepam die – mit den Urteilen des Bundesgerichtshofs vom 2. November 2010 – 1 StR 581/09Rn. 48 ff. (BGHSt 56, 52) und 1 StR 579/09 Rn. 36 ff. auf der Grundlage einer noch nicht missbräuchlichen Tagesdosis zwischen zwei und 120 Milligramm multipliziert mit einer noch zulässigen Einnahmedauer von 60 Tagen bestimmten – Grenzen zur nicht geringen Menge.
II.
- 5
- 1. Das Urteil hält der auf die Sachrüge des Angeklagten vorzunehmenden Überprüfung hinsichtlich des Tatvorsatzes bezüglich des Qualifikationsmerkmals der nicht geringen Menge und in den Konkurrenzen nicht stand. Im Übrigen bleibt die Revision des Angeklagten erfolglos.
- 6
- a) In den 19 Fällen der unerlaubten bandenmäßigen Ausfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 30a Abs. 1 Variante 5 BtMG) unterfallen die Versendungen der verschreibungspflichtigen Medikamente als sognannte ausgenommene Zubereitungen wegen Fehlens einer Erlaubnis (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 BtMG) und Genehmigung (§ 11 Abs. 1 Satz 1 BtMG) dem strafbewehrten Ausfuhrverbot (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Variante 5, § 2 Abs. 1 Nr. 2, 3, § 1 Abs. 1 BtMG mit Anlage III zweiter Gedankenstrich Buchst. b Satz 2). Die vom Bundesgerichtshof über zwei Jahre nach Ende der Tatserie bestimmten Grenzwerte (Urteile vom 2. November 2010 – 1 StR 581/09, BGHSt 56, 52 Rn. 48 ff. und 1 StR 579/09 Rn. 36 ff.) sind in diesen Einzelgeschäften überschritten. Indes hat das Landgericht einen entsprechenden Tatvorsatz des Angeklagten nicht tragfähig belegt (dazu unter aa)). Ein solcher Vorsatz lässt sich auch nicht auf die gebotene Zusammenfassung der 7.148 Einzelfälle als tateinheitlich begangen (§ 52 Abs. 1 Alternative 2 StGB) stützen (dazu unter bb)). Der Senat kann daher offenlassen, ob eine Inbegriffsrüge (§ 261 StPO), mit welcher der Angeklagte in den 19 Qualifikationsfällen den Widerspruch zwischen Urteilsinhalt und der verlesenen E-Mail einer ausgebliebenen Zeugin beanstandet, ebenfalls zum Erfolg geführt hätte. Im Einzelnen:
- 7
- aa) Auch dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe sind keine Feststellungen zum Tatvorsatz bezüglich des Überschreitens der nicht geringen Menge auf hierfür tragfähiger Beweisgrundlage zu entnehmen.
- 8
- (1) In den Feststellungen zum Sachverhalt unter III. des Urteils fehlen die erforderlichen Ausführungen zur subjektiven Tatseite.
- 9
- (2) Erst in der rechtlichen Würdigung (UA S. 348) wird ein bedingter Vorsatz mit dem dem Angeklagten bewussten Risiko begründet, die Rechtsprechung könne die Grenze zur nicht geringen Menge niedriger und strenger als an einem dreimonatigen Zeitraum bemessen ansetzen; das Überschreiten habe der Angeklagte billigend in Kauf genommen, da ihm der gewinnbringende Versand wichtiger gewesen sei. Diese allgemeine Erwägung gibt jedoch nicht die Vorstellungen des Angeklagten bezüglich der ʺQualitätʺ der Zubereitungen wieder (vgl. BGH, Beschluss vom 1. Juni 1983 – 3 StR 163/83 Rn. 2): Entscheidend ist nach den durch die Urteile des Bundesgerichtshofs vom 2. November 2010 – 1 StR 581/09 Rn. 32 ff. (BGHSt 56, 52) und 1 StR 579/09 Rn. 29 ff. aufgestellten Grundsätzen, welches Potential für eine Abhängigkeitserkrankung die Medikamente in sich bargen und mithin ab welcher Dauer die Einnahme die Gefahr des schädlichen Missbrauchs mit sich brachte. Mit diesem tatsächlichen Bezugspunkt für einen Vorsatz (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Oktober2016 – 1 StR 366/16 Rn. 17; OLG Nürnberg, Beschluss vom 4. April 2016 – 2 OLG 8 Ss 173/15 Rn. 59) hätte sich das Landgericht auseinandersetzen müssen. So aber fehlt eine Begründung, warum der Angeklagte bei einer Berechnung anhand eines dreimonatigen Zeitraums einen schädlichen Missbrauch zumindest für möglich hielt und sich damit abfand.
- 10
- (3) Der Angeklagte hat sich dahin eingelassen, er habe in seiner Praxis – abweichend von der im Vertriebssystem vorgegebenen Prüfung der Höchstdosis anhand eines Zeitraums von drei Monaten – ʺdurch entsprechende Listenʺ bestimmt, dass seine Mitarbeiter bei Berechnung des noch zulässigen Lieferumfangs eine Grenze von nur sechs Wochen zugrunde zu legen hätten. Die für sich genommen rechtsfehlerfreie Widerlegung dieser Einlassung mit den Erwägungen , der Angeklagte habe zum einen die Listen nicht genauer umschreiben können, zum anderen sei er davon abgerückt, erhellt indes nicht das Vorstellungsbild des Angeklagten bezüglich des schädlichen Risikos eines dreimonatigen Zeitraums. Allein damit hat das Landgericht seine Überzeugung (§ 261 StPO) vom Tatvorsatz nicht dargelegt. Das Widerlegen der Einlassung eines Angeklagten hat nur einen begrenzten Beweiswert, weil auch ein unschuldiger Angeklagter durch eine Lüge sich besser zu verteidigen glauben kann (BGH, Urteil vom 5. Juli 1995 – 2 StR 137/95, BGHSt 41, 153, 156; Beschlüsse vom 18. Mai 2017 – 2 StR 473/16 Rn. 10; vom 30. September 2015 – 1 StR 445/15 Rn. 15; vom 16. Dezember 2010 – 4 StR 508/10 Rn. 3 und vom 17. Mai 2000 – 3 StR 161/00 Rn. 8).
- 11
- bb) Der Qualifikationstatbestand der bandenmäßigen unerlaubten Ausfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge lässt sich auch nicht damit begründen, dass – im Wege des uneigentlichen Organisationsdelikts – sämtliche 7.148 Einzelgeschäfte dem Angeklagten als tateinheitlich begangen (§ 52 Abs. 1 Alternative 2 StGB) zuzurechnen sind; denn dies führt nicht zur Zusam- menrechnung der jeweiligen Menge aus den 7.148 Einzellieferungen. Im Einzelnen :
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- (1) Bei Zusammenarbeit mehrerer Beteiligter innerhalb einer Tatserie bestimmt sich die Zahl der rechtlichen Handlungen im Sinne von § 53 Abs. 1 StGB für jeden Täter grundsätzlich nach der Anzahl seiner eigenen Handlungen zur Verwirklichung der Einzeldelikte. Leistet der Täter zu einzelnen Taten selbst nicht unmittelbar einen individuellen Tatbeitrag, sondern erschöpft sich seine Mitwirkung daran im Aufbau und in der Aufrechterhaltung des auf die Straftaten ausgerichteten ʺGeschäftsbetriebsʺ, sind diese Taten als – uneigentliches – Organisationsdelikt zu einer einheitlichen Tat im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB zusammenzufassen (st. Rspr.; BGH, Urteile vom 17. Juni 2004 – 3 StR 344/03, BGHSt 49, 177, 183 f. und vom 24. Oktober 2018 – 5 StR 477/17 Rn. 24; Beschlüsse vom 6. Dezember 2018 – 1 StR 186/18 Rn. 5; vom 31. Juli 2018 – 3 StR 620/17 Rn. 22; vom 29. November 2017 – 5 StR 335/17 Rn. 7; vom 29. November 2016 – 3 StR 291/16 Rn. 12 und vom 3. März 2016 – 4 StR 134/15 Rn. 12).
- 13
- Dass der Angeklagte jedes einzelne der 7.148 Rezepte kontrollierte und jede Lieferung freigab, ist nicht festgestellt (vgl. insbesondere UA S. 10), auch nicht unter Berücksichtigung des Gesamtzusammenhangs der Urteilsgründe. Vielmehr legt die Wiedergabe der Aussage des Zeugen B. (UA S. 346) nahe, dass die Angestellten im Rahmen der generellen Weisungen des Angeklagten als ihres Arbeitgebers die Rezepte eigenständig prüften und die Medikamentenlieferungen zusammenstellten sowie nur bei Zweifeln über den noch zulässigen Lieferumfang beim Angeklagten nachfragten.
- 14
- (2) Das gebotene Zusammenfassen der Einzelgeschäfte zu einer einheitlich begangenen Tat in 7.148 Fällen führt nicht dazu, dass die Mengen aus den Versendungen zusammenzurechnen wären. Insoweit gilt:
- 15
- (2.1) Eine solche Zusammenrechnung käme nur bei Annahme einer Bewertungseinheit zwischen den 7.148 Ausfuhrgeschäften in Betracht, nicht hingegen bei mehrfachen, aber tateinheitlich zusammentreffenden Verstößen gegen dasselbe Gesetz (§ 52 Abs. 1 Alternative 2 StGB). Nur bei Annahme von Bewertungseinheit wäre von einem einzigen Fall auszugehen (BGH, Beschluss vom 24. Januar 2017 – 3 StR 487/16 Rn. 4-7; Kudlich, JR 2018, 659, 660; Weber , BtMG, 5. Aufl., § 29a Rn. 171; vgl. auch BGH, Beschlüsse vom 24. Juli 2018 – 3 StR 88/17 Rn. 6 und vom 5. August 2014 – 3 StR 340/14 Rn. 7; Urteil vom 17. April 2014 – 3 StR 84/14 Rn. 11; siehe aber auch BGH, Beschluss vom 3. September 2015 – 3 StR 236/15 Rn. 21). Allein diese Unterscheidung zwischen Bewertungseinheit und tateinheitlicher Begehung im Sinne des § 52 Abs. 1 Alternative 2 StGB trägt dem Grundsatz Rechnung, dass der Regelungsgehalt der §§ 52, 53 StGB vornehmlich die Strafenbildung betrifft und daher zum Auslegen von Tatbestands- oder Qualifikationsmerkmalen grundsätzlich nichts beiträgt (BGH, Urteil vom 17. Juni 2004 – 3 StR 344/03 Rn. 25, BGHSt 49, 177, 186).
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- (2.2) Die 7.148 Einzelgeschäfte sind nicht zu einer Bewertungseinheit zusammenzufassen. Denn die Grundsätze, die für die Tatbestandsvariante des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 30a Abs. 1 Variante 3, § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG) gelten und etwa zur Bewertungseinheit führen, wenn die weiter zu veräußernden Betäubungsmittel aus einem einheitlichen Erwerbsvorgang stammen oder zu einem einheitlichen Verkaufsvorrat vereint werden (st. Rspr.; BGH, Beschlüsse vom 24. Januar 2017 – 3 StR 487/16 Rn. 4; vom 28. Mai 2018 – 3 StR 88/18 Rn. 6, BGHR BtMG § 29a Abs. 1 Nr. 2 Konkurrenzen 6 und vom 3. September 2019 – 1 StR 300/19 Rn. 10), sind nicht auf die Tathandlungen der Ausfuhr zu übertragen. Denn die Ausfuhr der Zubereitungen ist nach § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Variante 5, § 2 Abs. 1 Nr. 2, 3, § 1 Abs. 1 BtMG i.V.m. Anlage III zweiter Gedankenstrich Buchst. b Satz 2 unter Strafe gestellt, aber nicht das unerlaubte Handeltreiben mit ihnen (BGH, Urteile vom 2. November 2010 – 1 StR 581/09, BGHSt 56, 52 Rn. 27 und 1 StR 579/09 Rn. 23).
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- (3) Aus dem gleichen Grund lässt sich der Vorsatz des Angeklagten bezüglich des Überschreitens der nicht geringen Menge auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Besitzes darauf stützen, dass die Medikamente vor ihrer Ausfuhr zu einem einheitlichen Verkaufsvorrat zusammengeführt wurden (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 24. Januar 2017 – 3 StR 487/16 Rn. 8). Da im Übrigen die Betäubungsmittelmengen bei tateinheitlich zusammentreffenden Fällen nicht zu addieren sind, kommt es für den Tatvorsatz auch nicht darauf an, ob der Angeklagte als Inhaber der Apotheke die Verfügungsgewalt über die verschiedenen Medikamente vor dem Versand zumindest zugleich ausübte, sich die tatbestandlichen Ausführungshandlungen mithin überschnitten (vgl. dazu BGH, Beschlüsse vom 28. Mai 2018 – 3 StR 88/18 Rn. 7, BtMG § 29a Abs. 1 Nr. 2 Konkurrenzen 6 und 3 StR 95/18 Rn. 6; vom 21. August 2018 – 3 StR 615/17 Rn. 10 und vom 5. Juni 2019 – 2 StR 287/18 Rn. 8).
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- cc) Insbesondere wegen des Zeitablaufs ist auszuschließen, dass weitergehende tragfähige Feststellungen zum Vorstellungsbild des Angeklagten bezüglich eines Missbrauchs bei zunehmender Einnahmedauer der Medikamente oder zu Einzelanweisungen möglich sind. Der Schuldspruch ist daher auf das Grunddelikt der unerlaubten Ausfuhr von Betäubungsmitten (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Variante 5 BtMG) und auf Tateinheit abzuändern (§ 354 Abs. 1 StPO analog). Der Senat sieht nach § 260 Abs. 4 Satz 5 StPO davon ab, die gleichartige Idealkonkurrenz in der Urteilsformel zum Ausdruck zu bringen. Die Vorschrift des § 265 Abs. 1 StPO steht der Schuldspruchänderung nicht entgegen , da auszuschließen ist, dass sich der teilgeständige Angeklagte gegen die Änderung der Konkurrenzverhältnisse wirksamer als geschehen hätte verteidigen können. Diese Korrektur des Schuldspruchs zieht die Aufhebung des gesamten Strafausspruchs nach sich. Sämtliche Feststellungen bleiben aufrechterhalten , da sie von den aufgezeigten Rechtsfehlern nicht betroffen sind (§ 353 Abs. 2 StPO). Das nunmehr zur Entscheidung berufene Tatgericht darf seiner Strafzumessung neue Feststellungen zugrundelegen, sofern sie den bisherigen nicht widersprechen.
- 19
- b) Im Übrigen ist die Revision aus den Erwägungen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet. Der Schuldspruch wegen unerlaubter Ausfuhr von Betäubungsmitteln wird von den Feststellungen getragen.
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- aa) Davon, dass der Angeklagte, der den Versand bestimmte (vgl. dazu Oğlakcioğlu,medstra 2016, 71, 76), wusste, dass die Zubereitungen dem Betäubungsmittelgesetz unterfielen (Prinzip der Positivliste; vgl. dazu BGH, Urteil vom 20. September 2017 – 1 StR 64/17, BGHSt 63, 11 Rn. 20 f. mwN), hat sich das Landgericht rechtsfehlerfrei vor allem aufgrund des Geständnisses überzeugt. Einem Tatbestandsirrtum (§ 16 Abs. 1 Satz 1 StGB) war er nicht unterlegen (vgl. BGH, Urteile vom 2. November 2010 – 1 StR 581/09, BGHSt 56, 52 Rn. 67; vom 7. März 1996 – 4 StR 742/95 Rn. 19-21, BGHR StGB § 17 Unrechtsbewusstsein 3 und vom 11. September 2002 – 1 StR 73/02 Rn. 12 f., BGHR AWG § 34 UN-Embargo 5; Beschlüsse vom 15. November 2012 – 3 StR 295/12 Rn. 3 und vom 23. August 2006 – 5 StR 105/06 Rn. 6; kritisch zur Differenzierung nach einem – hier einschlägigen – repressiven Verbot mit Befreiungsvorbehalt und einem präventiven Verbot mit Erlaubnisvorbehalt BGH, Urteil vom 18. Juli 2018 – 2 StR 416/16 Rn. 9 f., BGHR KWG § 54 Erlaubnispflichtigkeit
1).
- 21
- bb) Zur Vermeidbarkeit des festgestellten Verbotsirrtums (§ 17 Satz 1 StGB) hat der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift zutreffend ausgeführt : ʺUnvermeidbar ist ein Verbotsirrtum erst dann, wenn der Täter alle seine geistigen Erkenntniskräfte eingesetzt und etwa aufkommende Zweifel durch Nachdenken oder erforderlichenfalls durch Einholung verlässlichen und sachkundigen Rechtsrats beseitigt hat. Dabei müssen sowohl die Auskunftsperson als auch die Auskunft aus der Sicht des Täters verlässlich sein; die Auskunft selbst muss zudem einen unrechtsverneinenden Inhalt haben. Eine Auskunft ist in diesem Sinne nur dann verlässlich, wenn sie objektiv, sorgfältig , verantwortungsbewusst und insbesondere nach pflichtgemäßer Prüfung der Sach- und Rechtslage erteilt worden ist. Bei der Auskunftsperson ist dies der Fall, wenn sie die Gewähr für eine diesen Anforderungen entsprechende Auskunftserteilung bietet , sie muss insbesondere sachkundig und unvoreingenommen sein und mit der Erteilung der Auskunft keinerlei Eigeninteresse verfolgen (Senat, Urteil vom 11.10.2012 – 1 StR 213/10, juris Rn. 70 mwN). Zudem darf der Täter nicht vorschnell auf die Richtigkeit eines ihm günstigen Standpunkts vertrauen und seine Augen nicht vor gegenteiligen Ansichten und Entscheidungen verschließen. Maßgebend sind die jeweils konkreten Umstände, insbesondere seine Verhältnisse und Persönlichkeit; daher sind zum Beispiel sein Bildungsstand, seine Erfahrung und seine berufliche Stellung zu berücksichtigen (vgl. Fischer, [StGB, 65. Aufl.,] § 17 Rdn. 8; vgl. etwa BGH, Urteil vom 20. November 1952 – 4 StR 850/51, BGHSt 4, 80, 86 [Rechtsanwalt ]; BayObLG, Urteil vom 24. Februar 1972 – 8 St 1/72, BayObLGSt 1972, 52, 57 [Hersteller von Lebensmitteln]; BGH, Urteil vom 3. April 2008 – 3 StR 394/07, juris Rn. 38-42).
[1] Die Auskunft von Rechtsanwalt D. durfte der Angeklagte nicht als hinreichend verlässlich ansehen.
Der Rat eines Rechtsanwalts ist nicht ohne weiteres bereits deshalb vertrauenswürdig, weil er von einer kraft ihrer Berufsstellung vertrauenswürdigen Person erteilt worden ist. Maßgebend ist vielmehr, ob der Rechtsrat – aus der Sicht des Anfragenden – nach eingehender sorgfältiger Prüfung erfolgt und von der notwendigen Sachkenntnis getragen ist. Auskünfte, die erkennbar vordergründig und mangelhaft sind, können den Täter nicht entlasten. Vielmehr muss der Beratende eine vollständige Kenntnis von allen tatsächlich gegebenen , relevanten Umständen haben. Insbesondere bei komplexen Sachverhalten und erkennbar schwierigen Rechtsfragen ist regelmäßig ein detailliertes, schriftliches Gutachten erforderlich, um einen unvermeidbaren Verbotsirrtum zu begründen (Senat, Urteil vom 11. Oktober 2012 – 1 StR 213/10, juris Rn. 74).
Vorliegend teilte Rechtsanwalt D. dem Angeklagten lediglich mit, externe Rechtsanwälte hätten das Konzept geprüft. Zur Untermauerung dieser Behauptung zeigte er dem Angeklagten mehrere Blätter, ohne dem Angeklagten diese zum Lesen oder zum endgültigen Besitz zu überlassen (UA S. 11). Hier hätte sich von Seiten des Angeklagten sowohl die Nachfrage aufgedrängt, um welche Rechtsanwälte es sich handele, als auch die Bitte, die Dokumente lesen zu dürfen, um diese selbst zu überprüfen oder ggf. eine Überprüfung zu veranlassen. Auf den bloßen Hinweis ohne weitere Erläuterungen hingegen durfte der Angeklagte nicht vertrauen.
[2] Auch die telefonisch erteilte Auskunft der Landesapothekerkammer Rheinland-Pfalz vermag den Angeklagten nicht zu entlasten.
… Unzutreffende Auskünfte unzuständiger Behörden können nur dann zur Unvermeidbarkeit des Irrtums führen, wenn sich für den Täter die fehlende Zuständigkeit und Beurteilungskompetenz nicht aufdrängt (Senat, Beschluss vom 2. Februar 2000 – 1 StR 597/99, juris Rn. 27 ff).
Bei dem Angeklagten handelt es sich um einen approbierten Apotheker mit langjähriger Berufserfahrung. Zur Ausbildung eines Apothekers gehören auch Grundkenntnisse im Betäubungsmittel - und Arzneirecht. Gerade aufgrund seiner beruflichen Stellung und der hiermit verbundenen Verpflichtungen war von dem Angeklagten zu erwarten, dass ihm bekannt ist, dass der Handel mit Benzodiazepinen und NonBenzodiazepinen wegen der erhöhten Gefahr einer Abhängigkeitserkrankung bei dauerhaftem Konsum einer besonderen betäubungsmittelrechtlichen Kontrolle unterliegt und daher einer betäubungsmittelrechtlichen Erlaubnis bedarf. Jedenfalls hätte er dies bei gebotener Anstrengung von Verstand und Gewissen erkennen können. Gleichermaßen hätte er – unter Berücksichtigung seiner beruflichen Stellung und Erfahrung – erkennen können, dass er sich an das für die Erteilung von Erlaubnissen und Genehmigungen im Betäubungsmittelrecht zuständige BfArM [Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte] hätte wenden müssen. Diese Zuständigkeit ergibt sich sowohl für die Erlaubnis nach § 3 BtMG, als auch für die – hier ebenfalls nicht eingeholte – Ausfuhrgenehmigung nach § 11 BtMG bereits aus dem Gesetzeswortlaut. Ferner ist zu berücksichtigen, dass § 81 AMG ausdrücklich vorsieht, dass die Vorschriften des BtMG unberührt bleiben. …
[3] Schließlich ist nach den Feststellungen auch nicht davon auszugehen, dass das BfArM dem Angeklagten auf eine entsprechende Anfrage ebenfalls die Auskunft erteilt hätte, die Ausfuhr ausgenommener Zubereitungen bedürfe keiner Erlaubnis nach § 3 BtMG.
Hat der Täter einer Erkundigungspflicht nicht genügt, so setzt die Feststellung von Vermeidbarkeit voraus, dass die Erkundigung zu einer richtigen Auskunft geführt hätte (BGH, Urteil
vom 7. April 2016 – 5 StR 332/15, juris Rn. 22; Fischer, Strafgesetzbuch, 65. Auflage 2018, § 17 Rn. 15 mwN).
Entgegen der Auffassung der Revision war der Verbotsirrtum des Angeklagten hier auch nicht deshalb als unvermeidbar einzustufen, weil ein Auskunftsersuchen an das BfArM nicht zu einer richtigen Antwort, also dem Hinweis auf die Erlaub- nispflichtigkeit des Tuns, geführt hätte. … Zu klären war die nicht von der Verteidigung an das BfArM gerichtete Frage, ob es sich bei ausgenommenen Zubereitungen um Betäubungsmittel im Sinne des § 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG handelt, sondern vielmehr die Frage, ob die Ausfuhr ausgenommener Zubereitungen nach § 3 Abs. 1 BtMG erlaubnispflichtig ist.
Soweit die Revision vorträgt, eine telefonische Nachfrage bei der Bundesopiumstelle habe ergeben, dass eine Ausfuhrgenehmigung nicht erforderlich sei (RB S. 54), betraf diese Auskunft eine Anfrage des gesondert verfolgten Fr. (UA S. 349). Den Feststellungen ist nicht zu entnehmen, dass auch der Angeklagte Kenntnis von dieser Anfrage und der daraufhin erteilten Auskunft hatte, so dass dies den Angeklagten bereits deshalb nicht entlasten kann.ʺ
- 22
- c) Der Ausspruch über die Kompensation einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung bleibt von der Aufhebung des Strafausspruchs unberührt (vgl. BGH, Beschlüsse vom 17. September 2019 – 1 StR 240/19 Rn. 14 und vom 13. März 2019 – 1 StR 50/19 Rn. 10 mwN).
- 23
- d) Ein Verfahrenshindernis besteht nicht. Der Ablauf der Verjährungsfrist von fünf Jahren (§ 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB) ist rechtzeitig durch den Durchsuchungsbeschluss vom 13. Juli 2009 (Band III Blatt 890/891 der Hauptakten; dazu unter aa)) und erneut durch die Anklageerhebung am 28. Januar 2013 (Band VIII Blatt 2122 R der Hauptakten; dazu unter bb)) unterbrochen worden (§§ 78a, 78c Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, Nr. 6 StGB).
- 24
- aa) Der Durchsuchungsbeschluss vom 13. Juli 2009 erstreckt sich auf alle verfahrensgegenständlichen Fälle (vgl. BGH, Urteil vom 22. August 2006 – 1 StR 547/05 Rn. 25, 28; Beschlüsse vom 29. Januar 2015 – 1 StR 587/14 Rn. 9 und vom 2. November 2010 – 1 StR 544/09 Rn. 8).
- 25
- bb) Die Anklage vom 23. Januar 2013 hat nach einleitender Beschreibung des Tathergangs präzise sämtliche ausgeurteilten Ausfuhrgeschäfte bezeichnet.
- 26
- (1) Sie ist nur deswegen zurückgenommen worden, um solche Ausfuhrfälle herauszunehmen, in welchen die Medikamente nicht dem Betäubungsmittelgesetz unterfielen (UA S. 358). Dies führt aber nicht zur Unwirksamkeit der Anklage, die ihrer Umgrenzungsfunktion genügt hat (vgl. dazu insbesondere bei einem uneigentlichen Organisationsdelikt BGH, Urteile vom 24. Januar 2012 – 1 StR 412/11, BGHSt 57, 88 Rn. 19 f.; vom 18. September 2013 – 2 StR 365/12, BGHSt 59, 11 Rn. 5 und vom 29. Juni 2016 – 2 StR 520/15 Rn. 35).
- 27
- (2) Durch die Rücknahme der ersten Anklage entfällt nicht die Unterbrechungswirkung (NK-StGB-Saliger, StGB, 5. Aufl., § 78c Rn. 56; S/S-SternbergLieben /Bosch, StGB, 30. Aufl., § 78c Rn. 14; vgl. auch – nicht tragend – BGH, Beschluss vom 10. August 2017 – 3 StR 227/17 Rn. 6). Für eine solche Einschränkung gibt der Wortlaut des § 78c Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 StGB nichts her. Im Gegenteil zeigen die Vorschriften § 78c Abs. 1 Satz 1 Nr. 10 und 11 StGB, dass auch vorläufige Maßnahmen eine Unterbrechungswirkung herbeiführen. Die einmal herbeigeführte Unterbrechung mit der Folge des neuen Ablaufs der Frist (§ 78c Abs. 3 Satz 1 StGB) kann nicht nachträglich wieder beseitigt werden. Die Wirkung einer Rücknahme ist nur bei der Ruhensvorschrift des § 78b StGB geregelt , und zwar für die Rücknahme eines Auslieferungsersuchens (§ 78b Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 StGB; dazu BGH, Beschluss vom 28. Oktober 2010 – 5 StR 263/10 Rn. 12).
- 28
- 2. Die auf den Strafausspruch beschränkte Revision der Staatsanwaltschaft ist aus den zutreffenden Erwägungen des Generalbundesanwalts in seiner Zuschrift unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
III.
- 29
- Die Schuldspruchänderung und Aufhebung des Strafausspruchs sind nicht auf die nichtrevidierende Mitangeklagte G. nach § 357 Satz 1 StPO zu erstrecken, da diese nicht wegen derselben Ausfuhrtaten, sondern wegen eigener Lieferungen aus ihrer Apotheke bestraft worden ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom 23. Januar 1959 – 4 StR 428/58, BGHSt 12, 335, 341 ff.; vom 12. September 1996 – 1 StR 509/96 Rn. 10, BGHR StPO § 357 Erstreckung 6 und vom 27. Januar 2010 – 5 StR 254/09 Rn. 8 f.).
IV.
- 30
- Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
- 31
- Das für die Strafzumessung relevante Regelbeispiel der Gewerbsmäßigkeit (§ 29 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BtMG) bleibt von der Änderung der Konkurrenzverhältnisse unberührt (vgl. BGH, Urteil vom 17. Juni 2004 – 3 StR 344/03 Rn. 24-27, BGHSt 49, 177, 182 ff.; Beschlüsse vom 29. November 2016 – 3 StR 291/16 Rn. 12; vom 19. Dezember 2012 – 1 StR 165/12 Rn. 44, insoweit in BGHSt 58, 76 nicht abgedruckt, und vom 14. November 2012 – 3 StR 403/12 Rn. 9).
Raum Fischer Bär Leplow Pernice
Vorinstanz:
Landshut, LG, 12.02.2018 - 45 Js 11552/08 3 KLs
Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 17. Dez. 2019 - 1 StR 364/18
Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 17. Dez. 2019 - 1 StR 364/18
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Bundesgerichtshof Urteil, 17. Dez. 2019 - 1 StR 364/18 zitiert oder wird zitiert von 31 Urteil(en).
(1) Einer Erlaubnis des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte bedarf, wer
- 1.
Betäubungsmittel anbauen, herstellen, mit ihnen Handel treiben, sie, ohne mit ihnen Handel zu treiben, einführen, ausführen, abgeben, veräußern, sonst in den Verkehr bringen, erwerben oder - 2.
ausgenommene Zubereitungen (§ 2 Abs. 1 Nr. 3) herstellen
(2) Eine Erlaubnis für die in Anlage I bezeichneten Betäubungsmittel kann das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte nur ausnahmsweise zu wissenschaftlichen oder anderen im öffentlichen Interesse liegenden Zwecken erteilen.
(1) Wer Betäubungsmittel im Einzelfall einführen oder ausführen will, bedarf dazu neben der erforderlichen Erlaubnis nach § 3 einer Genehmigung des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte. Betäubungsmittel dürfen durch den Geltungsbereich dieses Gesetzes nur unter zollamtlicher Überwachung ohne weiteren als den durch die Beförderung oder den Umschlag bedingten Aufenthalt und ohne daß das Betäubungsmittel zu irgendeinem Zeitpunkt während des Verbringens dem Durchführenden oder einer dritten Person tatsächlich zur Verfügung steht, durchgeführt werden. Ausgenommene Zubereitungen dürfen nicht in Länder ausgeführt werden, die die Einfuhr verboten haben.
(2) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates das Verfahren über die Erteilung der Genehmigung zu regeln und Vorschriften über die Einfuhr, Ausfuhr und Durchfuhr zu erlassen, soweit es zur Sicherheit oder Kontrolle des Betäubungsmittelverkehrs, zur Durchführung der internationalen Suchtstoffübereinkommen oder von Rechtsakten der Organe der Europäischen Union erforderlich ist. Insbesondere können
- 1.
die Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr auf bestimmte Betäubungsmittel und Mengen beschränkt sowie in oder durch bestimmte Länder oder aus bestimmten Ländern verboten, - 2.
Ausnahmen von Absatz 1 für den Reiseverkehr und die Versendung von Proben im Rahmen der internationalen Zusammenarbeit zugelassen, - 3.
Regelungen über das Mitführen von Betäubungsmitteln durch Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte im Rahmen des grenzüberschreitenden Dienstleistungsverkehrs getroffen und - 4.
Form, Inhalt, Anfertigung, Ausgabe und Aufbewahrung der zu verwendenden amtlichen Formblätter festgelegt
(1) Im Sinne dieses Gesetzes ist
- 1.
Stoff: - a)
chemische Elemente und chemische Verbindungen sowie deren natürlich vorkommende Gemische und Lösungen, - b)
Pflanzen, Algen, Pilze und Flechten sowie deren Teile und Bestandteile in bearbeitetem oder unbearbeitetem Zustand, - c)
Tierkörper, auch lebender Tiere, sowie Körperteile, -bestandteile und Stoffwechselprodukte von Mensch und Tier in bearbeitetem oder unbearbeitetem Zustand, - d)
Mikroorganismen einschließlich Viren sowie deren Bestandteile oder Stoffwechselprodukte;
- 2.
Zubereitung: ohne Rücksicht auf ihren Aggregatzustand ein Stoffgemisch oder die Lösung eines oder mehrerer Stoffe außer den natürlich vorkommenden Gemischen und Lösungen; - 3.
ausgenommene Zubereitung: eine in den Anlagen I bis III bezeichnete Zubereitung, die von den betäubungsmittelrechtlichen Vorschriften ganz oder teilweise ausgenommen ist; - 4.
Herstellen: das Gewinnen, Anfertigen, Zubereiten, Be- oder Verarbeiten, Reinigen und Umwandeln.
(2) Der Einfuhr oder Ausfuhr eines Betäubungsmittels steht jedes sonstige Verbringen in den oder aus dem Geltungsbereich dieses Gesetzes gleich.
(1) Betäubungsmittel im Sinne dieses Gesetzes sind die in den Anlagen I bis III aufgeführten Stoffe und Zubereitungen.
(2) Die Bundesregierung wird ermächtigt, nach Anhörung von Sachverständigen durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Anlagen I bis III zu ändern oder zu ergänzen, wenn dies
- 1.
nach wissenschaftlicher Erkenntnis wegen der Wirkungsweise eines Stoffes, vor allem im Hinblick auf das Hervorrufen einer Abhängigkeit, - 2.
wegen der Möglichkeit, aus einem Stoff oder unter Verwendung eines Stoffes Betäubungsmittel herstellen zu können, oder - 3.
zur Sicherheit oder zur Kontrolle des Verkehrs mit Betäubungsmitteln oder anderen Stoffen oder Zubereitungen wegen des Ausmaßes der mißbräuchlichen Verwendung und wegen der unmittelbaren oder mittelbaren Gefährdung der Gesundheit
(3) Das Bundesministerium für Gesundheit wird ermächtigt in dringenden Fällen zur Sicherheit oder zur Kontrolle des Betäubungsmittelverkehrs durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates Stoffe und Zubereitungen, die nicht Arzneimittel oder Tierarzneimittel sind, in die Anlagen I bis III aufzunehmen, wenn dies wegen des Ausmaßes der mißbräuchlichen Verwendung und wegen der unmittelbaren oder mittelbaren Gefährdung der Gesundheit erforderlich ist. Eine auf der Grundlage dieser Vorschrift erlassene Verordnung tritt nach Ablauf eines Jahres außer Kraft.
(4) Das Bundesministerium für Gesundheit (Bundesministerium) wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates die Anlagen I bis III oder die auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen zu ändern, soweit das auf Grund von Änderungen der Anhänge zu dem Einheits-Übereinkommen von 1961 über Suchtstoffe in der Fassung der Bekanntmachung vom 4. Februar 1977 (BGBl. II S. 111) und dem Übereinkommen von 1971 über psychotrope Stoffe (BGBl. 1976 II S. 1477) (Internationale Suchtstoffübereinkommen) oder auf Grund von Änderungen des Anhangs des Rahmenbeschlusses 2004/757/JI des Rates vom 25. Oktober 2004 zur Festlegung von Mindestvorschriften über die Tatbestandsmerkmale strafbarer Handlungen und die Strafen im Bereich des illegalen Drogenhandels (ABl. L 335 vom 11.11.2004, S. 8), der durch die Richtlinie (EU) 2017/2103 (ABl. L 305 vom 21.11.2017, S. 12) geändert worden ist, erforderlich ist.
Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.
(1) Hat jemand mehrere Straftaten begangen, die gleichzeitig abgeurteilt werden, und dadurch mehrere Freiheitsstrafen oder mehrere Geldstrafen verwirkt, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt.
(2) Trifft Freiheitsstrafe mit Geldstrafe zusammen, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt. Jedoch kann das Gericht auf Geldstrafe auch gesondert erkennen; soll in diesen Fällen wegen mehrerer Straftaten Geldstrafe verhängt werden, so wird insoweit auf eine Gesamtgeldstrafe erkannt.
(3) § 52 Abs. 3 und 4 gilt sinngemäß.
(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt.
(2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie darf nicht milder sein, als die anderen anwendbaren Gesetze es zulassen.
(3) Geldstrafe kann das Gericht unter den Voraussetzungen des § 41 neben Freiheitsstrafe gesondert verhängen.
(4) Auf Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Absatz 1 Nummer 8) muss oder kann erkannt werden, wenn eines der anwendbaren Gesetze dies vorschreibt oder zulässt.
(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt.
(2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie darf nicht milder sein, als die anderen anwendbaren Gesetze es zulassen.
(3) Geldstrafe kann das Gericht unter den Voraussetzungen des § 41 neben Freiheitsstrafe gesondert verhängen.
(4) Auf Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Absatz 1 Nummer 8) muss oder kann erkannt werden, wenn eines der anwendbaren Gesetze dies vorschreibt oder zulässt.
(1) Hat jemand mehrere Straftaten begangen, die gleichzeitig abgeurteilt werden, und dadurch mehrere Freiheitsstrafen oder mehrere Geldstrafen verwirkt, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt.
(2) Trifft Freiheitsstrafe mit Geldstrafe zusammen, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt. Jedoch kann das Gericht auf Geldstrafe auch gesondert erkennen; soll in diesen Fällen wegen mehrerer Straftaten Geldstrafe verhängt werden, so wird insoweit auf eine Gesamtgeldstrafe erkannt.
(3) § 52 Abs. 3 und 4 gilt sinngemäß.
(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer
- 1.
als Person über 21 Jahre Betäubungsmittel unerlaubt an eine Person unter 18 Jahren abgibt oder sie ihr entgegen § 13 Abs. 1 verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt oder - 2.
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt, sie in nicht geringer Menge herstellt oder abgibt oder sie besitzt, ohne sie auf Grund einer Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 erlangt zu haben.
(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.
(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer
- 1.
als Person über 21 Jahre Betäubungsmittel unerlaubt an eine Person unter 18 Jahren abgibt oder sie ihr entgegen § 13 Abs. 1 verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt oder - 2.
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt, sie in nicht geringer Menge herstellt oder abgibt oder sie besitzt, ohne sie auf Grund einer Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 erlangt zu haben.
(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.
(1) Im Sinne dieses Gesetzes ist
- 1.
Stoff: - a)
chemische Elemente und chemische Verbindungen sowie deren natürlich vorkommende Gemische und Lösungen, - b)
Pflanzen, Algen, Pilze und Flechten sowie deren Teile und Bestandteile in bearbeitetem oder unbearbeitetem Zustand, - c)
Tierkörper, auch lebender Tiere, sowie Körperteile, -bestandteile und Stoffwechselprodukte von Mensch und Tier in bearbeitetem oder unbearbeitetem Zustand, - d)
Mikroorganismen einschließlich Viren sowie deren Bestandteile oder Stoffwechselprodukte;
- 2.
Zubereitung: ohne Rücksicht auf ihren Aggregatzustand ein Stoffgemisch oder die Lösung eines oder mehrerer Stoffe außer den natürlich vorkommenden Gemischen und Lösungen; - 3.
ausgenommene Zubereitung: eine in den Anlagen I bis III bezeichnete Zubereitung, die von den betäubungsmittelrechtlichen Vorschriften ganz oder teilweise ausgenommen ist; - 4.
Herstellen: das Gewinnen, Anfertigen, Zubereiten, Be- oder Verarbeiten, Reinigen und Umwandeln.
(2) Der Einfuhr oder Ausfuhr eines Betäubungsmittels steht jedes sonstige Verbringen in den oder aus dem Geltungsbereich dieses Gesetzes gleich.
(1) Betäubungsmittel im Sinne dieses Gesetzes sind die in den Anlagen I bis III aufgeführten Stoffe und Zubereitungen.
(2) Die Bundesregierung wird ermächtigt, nach Anhörung von Sachverständigen durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Anlagen I bis III zu ändern oder zu ergänzen, wenn dies
- 1.
nach wissenschaftlicher Erkenntnis wegen der Wirkungsweise eines Stoffes, vor allem im Hinblick auf das Hervorrufen einer Abhängigkeit, - 2.
wegen der Möglichkeit, aus einem Stoff oder unter Verwendung eines Stoffes Betäubungsmittel herstellen zu können, oder - 3.
zur Sicherheit oder zur Kontrolle des Verkehrs mit Betäubungsmitteln oder anderen Stoffen oder Zubereitungen wegen des Ausmaßes der mißbräuchlichen Verwendung und wegen der unmittelbaren oder mittelbaren Gefährdung der Gesundheit
(3) Das Bundesministerium für Gesundheit wird ermächtigt in dringenden Fällen zur Sicherheit oder zur Kontrolle des Betäubungsmittelverkehrs durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates Stoffe und Zubereitungen, die nicht Arzneimittel oder Tierarzneimittel sind, in die Anlagen I bis III aufzunehmen, wenn dies wegen des Ausmaßes der mißbräuchlichen Verwendung und wegen der unmittelbaren oder mittelbaren Gefährdung der Gesundheit erforderlich ist. Eine auf der Grundlage dieser Vorschrift erlassene Verordnung tritt nach Ablauf eines Jahres außer Kraft.
(4) Das Bundesministerium für Gesundheit (Bundesministerium) wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates die Anlagen I bis III oder die auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen zu ändern, soweit das auf Grund von Änderungen der Anhänge zu dem Einheits-Übereinkommen von 1961 über Suchtstoffe in der Fassung der Bekanntmachung vom 4. Februar 1977 (BGBl. II S. 111) und dem Übereinkommen von 1971 über psychotrope Stoffe (BGBl. 1976 II S. 1477) (Internationale Suchtstoffübereinkommen) oder auf Grund von Änderungen des Anhangs des Rahmenbeschlusses 2004/757/JI des Rates vom 25. Oktober 2004 zur Festlegung von Mindestvorschriften über die Tatbestandsmerkmale strafbarer Handlungen und die Strafen im Bereich des illegalen Drogenhandels (ABl. L 335 vom 11.11.2004, S. 8), der durch die Richtlinie (EU) 2017/2103 (ABl. L 305 vom 21.11.2017, S. 12) geändert worden ist, erforderlich ist.
(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer
- 1.
als Person über 21 Jahre Betäubungsmittel unerlaubt an eine Person unter 18 Jahren abgibt oder sie ihr entgegen § 13 Abs. 1 verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt oder - 2.
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt, sie in nicht geringer Menge herstellt oder abgibt oder sie besitzt, ohne sie auf Grund einer Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 erlangt zu haben.
(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.
BUNDESGERICHTSHOF
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts - zu 1. b) und 2. auf dessen Antrag - am 28. Mai 2018 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 analog StPO einstimmig
beschlossen:
a) im Schuld- und Strafausspruch dahin geändert, dass der Angeklagte wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu der Freiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt wird;
b) mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt unterblieben ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge sowie wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln zu der Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt und Einziehungsentscheidungen getroffen. Von einer Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt hat es abgesehen. Das auf die Sachrüge gestützte Rechtsmittel des Angeklagten hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Erfolg. Im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
- 2
- 1. Die Bewertung des konkurrenzrechtlichen Verhältnisses der beiden Betäubungsmitteltaten zueinander hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.
- 3
- a) Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen betrieb der Angeklagte in der von ihm bewohnten Hälfte eines Doppelhauses seit Herbst 2015 eine Cannabisplantage. Bei der Durchsuchung am 26. Juni 2017 wurden in einem Zimmer im Obergeschoss und in zwei Zimmern des Dachgeschosses im Frühjahr desselben Jahres gesetzte und noch nicht abgeerntete Pflanzen in verschiedenen Wachstumsstadien mit einem Gesamtgewicht von 4,6 Kilogramm und einem Wirkstoffgehalt vom 189 Gramm THC gefunden. In einem der Dachgeschosszimmer lag zudem griffbereit in einem offenen Regal hinter einem Vorhang ein "Kampf-Survival-Messer" mit einer Klingenlänge von zehn Zentimetern, das zum Einsatz gegen Menschen bestimmt war (Tat II. Fall 1 der Urteilsgründe). Außerdem wurden im Kühlschrank der Küche im ersten Obergeschoss eingeschweißt zwei Kilogramm gemahlenes Cannabispflanzenmaterial mit einem Wirkstoffgehalt von 146 Gramm THC und 40 Gramm getrocknete Marihuanablüten mit 3,3 Gramm THC sichergestellt, die als Reste aus einer früheren Ernte übriggeblieben waren (Tat II. Fall 2 der Urteilsgründe). Die aufgefundenen Rauschmittel waren - abgesehen von geringen Eigenkonsummengen - jeweils zum Verkauf bestimmt.
- 4
- Das Landgericht, das einen Zusammenhang zwischen der vormaligen Ernte und dem Besitz des Messers nicht zu erkennen vermocht hat, hat lediglich die Tat II. Fall 1 der Urteilsgründe als bewaffnetes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln , die Tat II. Fall 2 der Urteilsgründe dagegen als bloßes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gewertet. Dabei hat es - ohne dies näher zu begründen - zwei im Verhältnis der Tatmehrheit zueinander stehende Taten angenommen.
- 5
- b) Zwar geht das Landgericht im Ansatz zutreffend von zwei Taten des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln aus. Denn gesonderte Anbauvorgänge, die auf gewinnbringende Veräußerung der dadurch erzeugten Betäubungsmittel abzielen, sind grundsätzlich als für sich selbständige Taten des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln zu bewerten (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Juni 2011 - 3 StR 485/10, juris Rn. 5; Urteil vom 20. Dezember 2012 - 3 StR 407/12, NStZ 2013, 546, 548 jew. mwN). Dass der Angeklagte die Handelsmengen aus beiden Anbauvorgängen gleichzeitig in Besitz hatte, begründet insbesondere keine Bewertungseinheit. Eine solche Bewertungseinheit, bei der eine Mehrzahl auf den Vertrieb von Betäubungsmitteln gerichteter Tätigkeiten tatbestandlich zu einer Tat im Rechtssinne zusammengefasst werden (vgl. BGH, Beschluss vom 10. Juli 2017 - GSSt 4/17, juris Rn. 18 f. mwN [zur Veröffentlichung in BGHSt vorgesehen]; LK/Rissing-van Saan, StGB, 12. Aufl., Vor §§ 52 ff. Rn. 40), liegt grundsätzlich nur dann vor, wenn die verschiedenen Betätigungen , die jeweils von dem pauschalierenden, verschiedene Tätigkeiten umfassenden Begriff des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln umfasst werden, sich im Rahmen ein und desselben Güterumsatzes auf den Vertrieb einer einheitlichen Rauschgiftmenge beziehen (BGH, Beschluss vom 24. Januar 2017 - 3 StR 487/16, NStZ 2017, 711, 712 mwN). Da das bei jedem Erntevorgang gewonnene Marihuana jeweils eine eigene Handelsmenge darstellt, scheidet eine Bewertungseinheit schon deshalb aus, weil die den Vertrieb fördernden Tätigkeiten hinsichtlich der Einzelmengen jeweils nicht denselben Güterumsatz betreffen. Auch der bloße gleichzeitige Besitz zweier Handelsmengen vermag mehrere selbständige Fälle des Handeltreibens nicht zu einer Bewertungseinheit im Sinne einer tatbestandlichen Handlungseinheit zu verbinden (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteil vom 2. April 2015 - 3 StR 642/14, juris Rn. 7; Beschluss vom 24. Januar 2017 - 3 StR 487/16, NStZ 2017, 711, 712 jew. mwN). Anders ist es nur dann, wenn die beiden Handelsmengen - sei es auch nur teilweise - zu einem einheitlichen Verkaufsvorrat zusammengeführt werden.
- 6
- Doch hat das Landgericht bei der Annahme von Tatmehrheit nicht bedacht , dass mehrere Taten des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln aus anderen Gründen zueinander in Tateinheit im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB stehen, wenn ihre tatbestandlichen Ausführungshandlungen sich - teilweise - überschneiden (BGH, Beschluss vom 24. Januar 2017 - 3 StR 487/16, NStZ 2017, 711, 712 mwN; vgl. auch BGH, Beschlüsse vom 10. Juli 2017 - GSSt 4/17, juris Rn. 23 [zur Veröffentlichung in BGHSt vorgesehen]; vom 28. Juni 2011 - 3 StR 485/10, juris Rn. 5). Da das Vorhalten einer Handelsmenge zum Vertrieb als Teilakt des Handeltreibens anzusehen ist, vermag der gleichzeitige Besitz zweier für den Verkauf bestimmter Vorräte jedenfalls dann Tateinheit in diesem Sinne zu begründen, wenn die Art und Weise der Besitzausübung über eine bloße Gleichzeitigkeit hinausgeht und die Wertung rechtfertigt, dass - etwa wegen eines räumlichen und zeitlichen Zusammenhangs (vgl. auch BGH, Urteil vom 2. April 2015 - 3 StR 642/14, juris Rn. 8; Beschluss vom 10. Juli 2017 - GSSt 4/17, juris Rn. 29 [zur Veröffentlichung in BGHSt vorgesehen]) - die tatsächliche Ausübung des Besitzes über die eine Menge zugleich die tatsächliche Verfügungsgewalt über die andere darstellt (BGH, Urteil vom 2. April 2015 - 3 StR 642/14, juris Rn. 7 mwN; LK/Rissing-van Saan, StGB, 12. Aufl., Vor §§ 52 ff. Rn. 43; Weber, BtMG, 5. Aufl., Vor §§ 29 ff. Rn. 628 ff.; vgl. auch BGH, Beschluss vom 13. Oktober 1998 - 4 StR 315/98, NStZ-RR 1999, 119, 120).
- 7
- Nach den Feststellungen besaß der Angeklagte die beiden zum Handel bestimmten Mengen nicht lediglich gleichzeitig. Vielmehr verfügte er über beide Betäubungsmittelmengen gemeinsam. Beide entstammten dem fortlaufenden Betrieb einer Marihuanaplantage und befanden sich in unmittelbarem räumlichen Zusammenhang, da sich jedenfalls ein Anbauraum, in dem die weitere Ernte heranwuchs, auf dem gleichen Geschoss des Doppelhauses wie die Küche befand, in der die Reste aus der vorangegangenen Ernte gelagert wurden. Mithin hat der Angeklagte sich wegen - in einem Fall bewaffneten - Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei tateinheitlich zusammentreffenden Fällen strafbar gemacht.
- 8
- Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend ab. § 265 StPO steht der Schuldspruchänderung nicht entgegen, da sich der Angeklagte bei zutreffender konkurrenzrechtlicher Bewertung des Tatgeschehens nicht wirksamer hätte verteidigen können.
- 9
- 2. Die Schuldspruchänderung hat zur Folge, dass die festgesetzten Einzelstrafen in Höhe von fünf Jahren und sechs Monaten sowie drei Jahren und sechs Monaten entfallen. Doch kann die Gesamtstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten als Einzelstrafe bestehen bleiben (§ 354 Abs. 1 StPO analog), weil der Unrechts- und Schuldgehalt der Tat durch die abweichende konkurrenzrechtliche Bewertung hier nicht berührt wird.
- 10
- 3. Dagegen kann die Nichtanordnung der Maßregel der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt keinen Bestand haben. Der Generalbundesanwalt hat in seiner Zuschrift insoweit Folgendes ausgeführt: "Die gegebene Begründung (UA S. 26 - 28) ist hinsichtlich der Verneinung eines Hangs widersprüchlich [nachfolgend a)] und hinsichtlich der Ablehnung der Voraussetzungen des § 64 S. 2 StGB lückenhaft [nachfolgend b)].
a) Ein 'Hang' i. S. d. § 64 S. 1 StGB liegt nicht nur im Falle einer chronischen , auf körperlicher Sucht beruhenden Abhängigkeit vor; vielmehr genügt bereits eine eingewurzelte, auf psychischer Disposition beruhende oder durch Übung erworbene intensive Neigung, immer wieder Rauschmittel im Übermaß zu sich zu nehmen, wobei noch keine physische Abhängigkeit bestehen muss (BGHR StGB § 64 Abs. 1 Hang 5; BGH, Beschluss vom 12. Juli 2016 - 3 StR 243/16).
Das Landgericht hat festgestellt, dass der Angeklagte - von einer zwischenzeitlichen Abstinenzphase abgesehen - seit seiner Jugend Cannabis zu sich nimmt, täglich je nach der Menge zusätzlich genossenen Alkohols zwischen 0,5 und 1,5 Gramm konsumiert (UA S. 4, 6) und diesen Eigenbedarf den Ernten seiner Cannabis-Indoorplantage entnimmt. Dennoch hat die Strafkammer einen Hang im vorbeschriebenen Sinne mangels Anzeichen für eine soziale Gefährdung und aufgrund der gezeigten Arbeits- und Leistungsfähigkeit - 'insbesondere' beim Betrieb der Plantage - verneint (UA S. 27). Andererseits hat das Landgericht jedoch im Anschluss an die Einschätzung der hinzugezogenen Sachverständigen zur Begründung des Fehlens einer Erfolgsaussicht i. S. d. § 64 S. 2 StGB ausgeführt, 'dass es aufgrund der festzustellenden verharmlosenden inneren Einstellung des Angeklagten zu Cannabis und des (wohl) über Jahrzehnte hinweg erfolgten Missbrauchs zu einer Verinnerlichung der Neigung zum Konsum gekommen ist' (UA S. 28). Das ist widersprüchlich. Denn der Sache nach ist die Strafkammer damit - im Ge-
gensatz zu den Ausführungen von UA S. 27 - doch von einem Hang im Sinne einer eingewurzelten, durch Übung erworbenen intensiven Neigung zum Rauschmittelkonsum ausgegangen.
b) Die Verneinung hinreichend konkreter Erfolgsaussicht i. S. d. § 64 S. 2 StGB ist nicht ausreichend dargelegt. Die vorzitierte Begründung [siehe vorstehend a)] belegt lediglich einen Hang i. S. d. § 64 S. 1 StGB, was gerade Voraussetzung für die Maßregelanordnung ist. Ausführungen dazu, ob der Angeklagte therapiebereit ist, fehlen. Auch die weitere Begründung, 'dass der Angeklagte den Umgang mit Cannabis zu seiner Profession erhoben hat' (UA S. 28), vermag ohne weitere Erläuterung mangelnde Erfolgsaussicht nicht zu begründen. Insbesondere lässt sich daraus allein nicht schließen, dass aufgrund einer verfestigten Einstellung des Angeklagten im Maßregelvollzug eine etwaig fehlende Therapiebereitschaft nicht geweckt werden kann (vgl. dazu BGH StraFo 2011, 323, 324)."
- 11
- Dem schließt sich der Senat an. Über eine mögliche Anordnung der Maßregel wird deshalb neu zu verhandeln und zu entscheiden sein.
Berg Hoch
(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.
(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.
(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.
(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.
(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.
(1) Die Hauptverhandlung schließt mit der auf die Beratung folgenden Verkündung des Urteils.
(2) Wird ein Berufsverbot angeordnet, so ist im Urteil der Beruf, der Berufszweig, das Gewerbe oder der Gewerbezweig, dessen Ausübung verboten wird, genau zu bezeichnen.
(3) Die Einstellung des Verfahrens ist im Urteil auszusprechen, wenn ein Verfahrenshindernis besteht.
(4) Die Urteilsformel gibt die rechtliche Bezeichnung der Tat an, deren der Angeklagte schuldig gesprochen wird. Hat ein Straftatbestand eine gesetzliche Überschrift, so soll diese zur rechtlichen Bezeichnung der Tat verwendet werden. Wird eine Geldstrafe verhängt, so sind Zahl und Höhe der Tagessätze in die Urteilsformel aufzunehmen. Wird die Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten, die Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung zur Bewährung ausgesetzt, der Angeklagte mit Strafvorbehalt verwarnt oder von Strafe abgesehen, so ist dies in der Urteilsformel zum Ausdruck zu bringen. Im übrigen unterliegt die Fassung der Urteilsformel dem Ermessen des Gerichts.
(5) Nach der Urteilsformel werden die angewendeten Vorschriften nach Paragraph, Absatz, Nummer, Buchstabe und mit der Bezeichnung des Gesetzes aufgeführt. Ist bei einer Verurteilung, durch die auf Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe von nicht mehr als zwei Jahren erkannt wird, die Tat oder der ihrer Bedeutung nach überwiegende Teil der Taten auf Grund einer Betäubungsmittelabhängigkeit begangen worden, so ist außerdem § 17 Abs. 2 des Bundeszentralregistergesetzes anzuführen.
(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.
(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn
- 1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen, - 2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder - 3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.
(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.
(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.
(1) Wer bei Begehung der Tat einen Umstand nicht kennt, der zum gesetzlichen Tatbestand gehört, handelt nicht vorsätzlich. Die Strafbarkeit wegen fahrlässiger Begehung bleibt unberührt.
(2) Wer bei Begehung der Tat irrig Umstände annimmt, welche den Tatbestand eines milderen Gesetzes verwirklichen würden, kann wegen vorsätzlicher Begehung nur nach dem milderen Gesetz bestraft werden.
Fehlt dem Täter bei Begehung der Tat die Einsicht, Unrecht zu tun, so handelt er ohne Schuld, wenn er diesen Irrtum nicht vermeiden konnte. Konnte der Täter den Irrtum vermeiden, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.
(1) Wer
- 1.
Geschäfte betreibt, die nach § 3, auch in Verbindung mit § 53b Abs. 3 Satz 1 oder 2, verboten sind, oder - 2.
ohne Erlaubnis nach § 32 Abs. 1 Satz 1 Bankgeschäfte betreibt oder Finanzdienstleistungen erbringt,
(1a) Ebenso wird bestraft, wer ohne Zulassung nach Artikel 14 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 über OTC-Derivate, zentrale Gegenparteien und Transaktionsregister (ABl. L 201 vom 27.7.2012, S. 1) eine Clearingdienstleistung erbringt.
(1b) Ebenso wird bestraft, wer ohne die erforderliche Zulassung nach Artikel 16 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 909/2014 eine Zentralverwahrertätigkeit ausübt.
(1c) Ebenso wird bestraft, wer ohne Zulassung nach Artikel 12 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2020/1503 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. Oktober 2020 über Europäische Schwarmfinanzierungsdienstleister für Unternehmen und zur Änderung der Verordnung (EU) 2017/1129 und der Richtlinie (EU) 2019/1937 (ABl. L 347 vom 20.10.2020, S. 1) eine Schwarmfinanzierungsdienstleistung erbringt.
(2) Handelt der Täter fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe.
Fehlt dem Täter bei Begehung der Tat die Einsicht, Unrecht zu tun, so handelt er ohne Schuld, wenn er diesen Irrtum nicht vermeiden konnte. Konnte der Täter den Irrtum vermeiden, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Gründe:
- 1
- I. Nach den Feststellungen des Landgerichts machte sich der Angeklagte , der seit seinem 14. Lebensjahr in politisch rechtsgerichteten Organisationen und Parteien aktiv und seit dem Jahre 1998 Mitglied des Bundesvorstands der NPD ist, im Jahre 1993 mit dem Handel von CDs unter dem Namen "P. Liste" selbstständig. Seit dem Jahre 1996 bestritt er seinen Lebensunterhalt ausschließlich mit dieser Tätigkeit. Im Januar 1998 brachte er sein Unternehmen in die der NPD nahestehende "D. Verlags Gesellschaft mbH" ein. Dort war er zunächst als Produktionsleiter angestellt und für alle Artikel verantwortlich, die der Verlag vertrieb; seit dem Jahre 2004 ist er einer von zwei Geschäftsführern. Der Angeklagte hatte bei der Auswahl der CDs freie Hand und trug die Verantwortung für die rechtliche Seite der Produktionen. Dabei war ihm klar, dass sich die von dem Verlag unter seiner Leitung vertriebenen Liedtexte teilweise am Rande der Legalität bewegten. Anlässlich einer Durchsuchung der Räumlichkeiten der "D. Verlags Gesellschaft mbH" im März 2003 wurden insgesamt 250 verschiedene CDs sichergestellt; ihr Inhalt wurde in der Folgezeit überprüft.
- 2
- Hinsichtlich acht dieser CDs hat die Staatsanwaltschaft Anklage erhoben. Sie hat dem Angeklagten vorgeworfen, er habe sich der Volksverhetzung in fünf Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Gewaltdarstellung, des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, der Beschimpfung von Bekenntnissen, Religionsgesellschaften und Weltanschauungsvereinigungen sowie des Verbreitens von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen schuldig gemacht.
- 3
- Das Landgericht hat den Angeklagten freigesprochen. Es hat dies damit begründet, dass teilweise schon die Voraussetzungen des objektiven Tatbestands der jeweils in Betracht kommenden Strafvorschriften nicht gegeben seien ; teilweise hat es angenommen, der Angeklagte habe nicht vorsätzlich gehandelt bzw. sich in einem unvermeidbaren Verbotsirrtum befunden.
- 4
- Hiergegen richtet sich die mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts begründete Revision der Staatsanwaltschaft. Das vom Generalbundesanwalt - mit Ausnahme des Falles II. 5. der Urteilsgründe - vertretene Rechtsmittel hat einen Teilerfolg.
- 5
- II. Die Revision ist nicht begründet, soweit sie sich gegen den Freispruch des Angeklagten in den Fällen II. 1., 2. und 5. der Urteilsgründe wendet.
- 6
- 1. Im Fall II. 1. der Urteilsgründe hat das Landgericht ohne Rechtsfehler den objektiven Tatbestand der Volksverhetzung (§ 130 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a und d StGB) verneint; denn der Text des Liedes "Geh uns aus dem Weg" auf der CD "Eiserne Jugend" der Gruppe "Foierstoss" wendet sich nicht gegen ein Angriffsobjekt im Sinne der genannten Vorschrift.
- 7
- Die Norm setzt voraus, dass sich der Inhalt einer Schrift, der nach § 11 Abs. 3 StGB CDs gleich stehen, gegen einen Teil der Bevölkerung oder gegen eine nationale, rassische, religiöse oder durch ihr Volkstum bestimmte Gruppe richtet. Unter einem - im vorliegenden Fall allein in Betracht kommenden - Teil der Bevölkerung ist eine von der übrigen Bevölkerung auf Grund gemeinsamer äußerer oder innerer Merkmale politischer, nationaler, ethnischer, rassischer, religiöser, weltanschaulicher, sozialer, wirtschaftlicher, beruflicher oder sonstiger Art unterscheidbare Gruppe von Personen zu verstehen, die zahlenmäßig von einiger Erheblichkeit und somit individuell nicht mehr unterscheidbar sind (vgl. Fischer, StGB 55. Aufl. § 130 Rdn. 4). Dass es sich bei den mit den Bezeichnungen "Linke und Antifa-Brut" sowie "Rote Flut" angesprochenen Personenkreisen nicht um abgrenzbare Bevölkerungsgruppen in diesem Sinne handelt , hat das Landgericht mit revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Interpretation des Liedtextes dargelegt.
- 8
- a) Die Auslegung des Inhalts einer Schrift im Sinne des § 130 Abs. 2 Nr. 1 StGB hat sich wegen des Charakters der Vorschrift als Verbreitungsdelikt an seinem objektiven Sinngehalt, Zweck und Erklärungswert zu orientieren, wie sie von einem verständigen, unvoreingenommenen Durchschnittsleser oder -hörer aufgefasst werden. Ob die Schrift die inhaltlichen Anforderungen des objektiven Tatbestands erfüllt, muss sich demnach in erster Linie aus ihr selbst ergeben. Umstände, die in der Schrift selbst keinen Niederschlag gefunden haben, bleiben grundsätzlich außer Betracht. Insbesondere subjektive Zielsetzungen, Mo- tive, Absichten, Vorstellungen oder Neigungen des Täters müssen zumindest "zwischen den Zeilen" erkennbar sein (vgl. Miebach/Schäfer in MünchKomm StGB § 130 Rdn. 57). Lässt eine Äußerung mehrere Deutungen zu, von denen nur eine strafbar ist, so darf die zur Bestrafung führende Interpretation nur zugrunde gelegt werden, wenn die anderen Deutungsmöglichkeiten, insbesondere solche, die mit der Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG) vereinbar wären, mit überzeugenden Gründen ausgeschlossen werden können (vgl. BVerfG NJW 1994, 2943).
- 9
- b) Bei einer diesen Maßstäben entsprechenden Auslegung des Inhalts der CD ergibt sich, dass kein ausreichend eingrenzbarer Bevölkerungsteil angegriffen wird.
- 10
- Zwar kann grundsätzlich auch eine politische Gruppierung taugliches Ziel eines Angriffs im Sinne des § 130 Abs. 2 StGB sein (vgl. von Bubnoff in LK 11. Aufl. § 130 Rdn. 9). Bei nicht näher spezifizierten Sammelbegriffen wie "Rote" oder "Linke" ist der bezeichnete Personenkreis jedoch so groß und unüberschaubar und umfasst derart zahlreiche, sich teilweise deutlich unterscheidende politische Richtungen und Einstellungen, dass seine Abgrenzung auf Grund bestimmter Merkmale von der Gesamtbevölkerung nicht möglich ist (vgl. BGHR StGB § 130 Nr. 1 Bevölkerungsteil 1).
- 11
- Ähnliches gilt im Ergebnis für die Bezeichnung "Antifa-Brut". Der Begriff "Antifa" bezeichnet nach allgemeinem Verständnis je nach Zusammenhang linke , linksradikale und/oder autonome Gruppierungen oder Organisationen, die sich das Ziel gesetzt haben, Nationalismus oder Rassismus zu bekämpfen. Dabei handelt es sich allerdings nicht um ein auch nur annähernd homogenes Gebilde. Vielmehr ist die Ablehnung von Faschismus, Rassismus und Nationalismus häufig nur der kleinste gemeinsame Nenner, der zwischen den unter- schiedlichen Gruppierungen konsensfähig ist. Treffen sich indes ansonsten politisch -ideologisch ganz unterschiedlich geprägte Personengruppen lediglich in einem gemeinsamen Ziel, so reicht allein dies grundsätzlich nicht aus, um sie als abgrenzbaren Teil der Bevölkerung im Sinne des § 130 Abs. 1 und 2 StGB ansehen zu können; denn die Personenmehrheit ist in diesen Fällen nicht in einem Maße durch gemeinsame individuelle Merkmale geprägt, das sie nach außen als Einheit erscheinen lässt und eine hinreichend sichere Unterscheidung von der übrigen Bevölkerung ermöglicht.
- 12
- Die besonderen Umstände des vorliegenden Falles führen nicht zu einem abweichenden Ergebnis; denn auch dem Kontext, etwa dem Inhalt der übrigen Lieder der CD, sind bei sachgerechter Interpretation keine Gesichtspunkte zu entnehmen, die zu einer hinreichenden Eingrenzbarkeit des angegriffenen Personenkreises führen könnten.
- 13
- 2. Auch im Fall II. 2. der Urteilsgründe ist der Freispruch des Angeklagten vom Vorwurf der Volksverhetzung (§ 130 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a und d StGB) in Tateinheit mit Gewaltdarstellung (§ 131 Abs. 1 Nr. 1 und 4 StGB) bezüglich der Texte der Lieder auf der CD "Spirit of 88/White Power Skinheads" der Band "Spreegeschwader" im Ergebnis nicht zu beanstanden.
- 14
- a) Hinsichtlich des Liedes "Ignoranten" liegen - entgegen der Ansicht des Landgerichts, das zur Begründung des Freispruchs auf einen Tatbestandsbzw. unvermeidbaren Verbotsirrtum des Angeklagten abgestellt hat - bereits die Voraussetzungen des objektiven Tatbestands der Norm nicht vor; denn es fehlt an der in allen Alternativen der Vorschrift vorausgesetzten besonderen Intensität des Angriffs.
- 15
- aa) Mit dem Text des genannten Liedes wird zunächst nicht zum Hass gegen einen Teil der Bevölkerung oder eine im Gesetz näher bezeichnete Gruppe von Personen aufgestachelt. Hierunter ist ein Verhalten zu verstehen, das auf die Gefühle oder den Intellekt eines anderen einwirkt und objektiv geeignet sowie subjektiv bestimmt ist, eine emotional gesteigerte, über die bloße Ablehnung oder Verachtung hinausgehende, feindselige Haltung gegen den betreffenden Bevölkerungsteil oder die betreffende Gruppe zu erzeugen oder zu verstärken (vgl. BGHSt 40, 97, 102; 46, 212, 217). Der Liedtext enthält zwar abfällige Äußerungen über Türken, Albaner und Russen, denen vor allem die Beherrschung der Schulen und die Begehung bestimmter Arten von Straftaten vorgeworfen wird. Wenn auch Hetze, die sich gegen Ausländer richtet, bei entsprechendem Gewicht regelmäßig tatbestandsrelevant sein kann (vgl. Miebach /Schäfer, aaO § 130 Rdn. 32), so ist hier jedoch die erforderliche besonders intensive Form der Einwirkung (vgl. BGHSt 21, 371, 372) auch unter Beachtung des zu berücksichtigenden Kontextes nicht gegeben.
- 16
- bb) Daneben wird auch nicht zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen gegen die genannten Angriffsobjekte aufgefordert. Dies setzt ein über das bloße Befürworten hinausgehendes, ausdrückliches oder konkludentes Einwirken auf andere mit dem Ziel voraus, in ihnen den Entschluss zu diskriminierenden Handlungen hervorzurufen, die den elementaren Geboten der Menschlichkeit widersprechen (vgl. Lenckner/Sternberg-Lieben in Schönke/Schröder, StGB 27. Aufl. § 130 Rdn. 5 b; von Bubnoff, aaO § 130 Rdn. 19). Hierunter fallen etwa Gewalttätigkeiten im Sinne des § 125 StGB, Freiheitsberaubungen, gewaltsame Vertreibungen, Pogrome, die Veranstaltung von Hetzjagden gegen Ausländer und sonstige im Widerspruch zu elementaren Geboten der Menschlichkeit stehende Behandlungen aller Art (vgl. Miebach/Schäfer, aaO § 130 Rdn. 35). Ein derartiger Appellcharakter ist dem Text des genannten Liedes nicht zu entnehmen.
- 17
- cc) Schließlich wird auch nicht die Menschenwürde anderer dadurch angegriffen , dass eines der genannten Angriffsobjekte beschimpft, böswillig verächtlich gemacht oder verleumdet wird. Beschimpfen ist eine nach Inhalt oder Form besonders verletzende Äußerung der Missachtung (vgl. BGHSt 46, 212, 216). Unter Verächtlichmachen ist jede auch bloß wertende Äußerung zu verstehen , durch die jemand als der Achtung der Staatsbürger unwert oder unwürdig hingestellt wird (vgl. BGHSt 3, 346, 348). Verleumden erfordert das wider besseres Wissen aufgestellte oder verbreitete Behaupten einer Tatsache, die geeignet ist, die betroffene Gruppe in ihrer Geltung und in ihrem Ansehen herabzuwürdigen (vgl. Fischer, aaO § 130 Rdn. 11). Ein Angriff gegen die Menschenwürde anderer, der sich durch eine dieser Handlungen ergeben muss, setzt voraus, dass sich die feindselige Handlung nicht nur gegen einzelne Persönlichkeitsrechte wie etwa die Ehre richtet, sondern den Menschen im Kern seiner Persönlichkeit trifft, indem er unter Missachtung des Gleichheitssatzes als minderwertig dargestellt und ihm das Lebensrecht in der Gemeinschaft bestritten wird (vgl. BVerfG NJW 2001, 61, 63). Ein noch weiter gehender Angriff etwa auf das biologische Lebensrecht an sich ist nicht erforderlich (vgl. BayObLG NStZ 1994, 588, 589). Auch insoweit kommen grundsätzlich entsprechend intensive ausländerfeindliche Parolen in Betracht (vgl. die Beispiele bei Miebach/Schäfer, aaO § 130 Rdn. 44 m. w. N.).
- 18
- Derart besonders qualifizierte Beeinträchtigungen, die durch ein gesteigertes Maß an Gehässigkeit und Rohheit gekennzeichnet sein müssen, und durch die die Angehörigen des betreffenden Bevölkerungsteils oder der betreffenden Gruppe in ihren grundlegenden Lebensrechten als gleichwertige Persönlichkeiten in der Gemeinschaft verletzt werden und der unverzichtbare Bereich ihres Persönlichkeitskerns sozial abgewertet wird (vgl. BGHSt 36, 83, 90), liegen hier indes nicht vor. Der Gehalt des Textes zielt vielmehr in erster Linie auf das Anprangern eines von den Interpreten postulierten Unverständnisses gegenüber dem vermeintlich legitimen Anliegen ausländerfeindlicher Bevölkerungskreise und eine - wenn auch durchaus massive - Kundgabe der Missbilligung bestimmter behaupteter Zustände.
- 19
- b) Bezüglich des Liedes "Mörder in der Nacht" hat das Landgericht die Verwirklichung des objektiven Tatbestands von § 131 StGB ohne Rechtsfehler verneint, da dem Text keine eindeutig gewaltverherrlichende Aussage zu entnehmen ist.
- 20
- 3. Der Freispruch des Angeklagten im Fall II. 5. der Urteilsgründe vom Vorwurf der Beschimpfung von Bekenntnissen, Religionsgesellschaften und Weltanschauungsvereinigungen (§ 166 Abs. 1 und 2 StGB) ist ebenfalls rechtlich nicht zu beanstanden.
- 21
- Das Landgericht hat den objektiven Tatbestand des § 166 StGB rechtsfehlerfrei mit der Begründung verneint, es fehle an einer ausreichenden Tathandlung , weil dem Angeklagten nicht nachzuweisen gewesen sei, dass er die CD "Der Untermensch" der Gruppe "Camulos" - deren Texte in mehreren Liedern allerdings die inhaltlichen Voraussetzungen des § 166 StGB erfüllen - tatsächlich verbreitet, das heißt, sie ihrer Substanz nach einem größeren Personenkreis zugänglich gemacht (vgl. BGH NJW 1999, 1979, 1980 zu § 184 StGB m. w. N.) habe. Das Landgericht hat lediglich festgestellt, dass im Lager des Verlags eine CD aufbewahrt wurde. Das bloße Vorrätighalten einer Schrift ist gemäß § 166 StGB indes ebenso wenig mit Strafe bedroht wie der Versuch des Verbreitens (§ 166 Abs. 1 und 2, § 23 Abs. 2, § 12 Abs. 1 und 2 StGB).
- 22
- Soweit das Landgericht im Übrigen in Bezug auf eine mögliche Strafbarkeit wegen Volksverhetzung den Vorsatz des Angeklagten nicht festzustellen vermocht hat, begegnet dies aus den vom Generalbundesanwalt in seiner An- tragsschrift zutreffend dargelegten Gründen keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
- 23
- III. Demgegenüber hält das Urteil sachlichrechtlicher Prüfung in den Fällen II. 3., 4., 6., 7. und 8. der Urteilsgründe nicht stand.
- 24
- 1. Bei dem Freispruch des Angeklagten im Fall II. 3. der Urteilsgründe vom Vorwurf der Volksverhetzung (§ 130 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a und d StGB) im Zusammenhang mit dem Text des Liedes "Rote raus" auf der CD "Herz des Reiches" der Gruppe "Panzerfaust" hat das Landgericht weder den objektiven noch den subjektiven Tatbestand der Vorschrift mit einer rechtlich tragfähigen Begründung ausgeschlossen.
- 25
- a) Entgegen der Meinung der Strafkammer wird mit dem in dem Lied verwendeten Ausdruck "Kommunisten" ein Teil der Bevölkerung im Sinne des Tatbestandes der Volksverhetzung gemäß § 130 Abs. 1 und 2 StGB bezeichnet. Im Gegensatz zu der "Antifa"-Bewegung, in der weltanschaulich unterschiedlich geprägte Gruppierungen lediglich durch ein gemeinsames Ziel vereint sind, verbindet Kommunisten - bei durchaus unterschiedlicher Ausrichtung in Einzelfragen - eine gemeinsame weltanschauliche, politisch-ideologische Grundüberzeugung. Diese gibt der Personenmehrheit ein insgesamt gemeinschaftliches Gepräge, das sie - trotz im Randbereich vorhandener Berührungspunkte und Überschneidungen mit sonstigen, insbesondere politisch linksgerichteten Gruppierungen - in ausreichender Weise von der übrigen Bevölkerung unterscheidbar macht.
- 26
- b) Der Text des Liedes enthält einen Angriff gegen die Menschenwürde anderer, der darin liegt, dass die Kommunisten als Teil der Bevölkerung böswillig verächtlich gemacht werden. In ihm heißt es auszugsweise: "Blöder als die Polizei erlaubt/ Dreckiger als das dreckigste Schwein/ Du stinkst mehr als ein Hundehaufen/ Dein Gehirn ist erbsenklein/ Du bist ein Kommunist und deine Ideen gehören auf den Mist/ Nie wieder werdet ihr unser Volk zerspalten/ Unser Heimat vergewaltigen". Der Refrain lautet: "Rote raus, Rote raus, Rote raus/ Das ist unsre Heimat, hier sind wir zu haus/ Rote raus, Rote raus, Rote raus/ Ihr lächerlichen Kasper, wir lachen euch bloß aus". Bei sachgerechter Auslegung werden hierdurch in eindeutiger Weise Kommunisten nicht nur in einzelnen Persönlichkeitsrechten wie ihrer Ehre getroffen, sondern darüber hinausgehend in besonders gehässiger und roher Weise sozial abgewertet und im Kern ihrer Persönlichkeit verletzt.
- 27
- c) Soweit das Landgericht ausgeführt hat, eine Strafbarkeit des Angeklagten scheide daneben jedenfalls aus subjektiven Gründen aus, da ihm "als Laien" kein Vorsatz nachgewiesen werden könne, wenn selbst die Strafkammer den Text für rechtlich noch vertretbar erachte, hat es die Voraussetzungen vorsätzlichen Handelns verkannt.
- 28
- aa) Das Landgericht hätte, wollte es den Vorsatz des Angeklagten verneinen , aufgrund der Feststellungen zum objektiven Tatgeschehen darlegen müssen, was der Angeklagte im Einzelnen nicht in sein Wissen und Wollen aufgenommen hat. Da im Rahmen des § 130 StGB bedingter Vorsatz ausreicht, kommt es darauf an, ob der Täter das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen der Norm als möglich und nicht ganz fernliegend erkennt und damit in der Weise einverstanden ist, dass er die Tatbestandsverwirklichung billigend in Kauf nimmt (vgl. Fischer, aaO § 15 Rdn. 9 ff.).
- 29
- bb) Dem Landgericht oblag es deshalb, unter Anlegung dieser Maßstäbe zu prüfen, ob der Angeklagte zumindest bedingt vorsätzlich davon ausging, dass in dem betreffenden Lied Kommunisten als Teil der Bevölkerung böswillig verächtlich gemacht werden. Hierfür reichte allein der Hinweis darauf nicht aus, dass die Strafkammer selbst die Verwirklichung des objektiven Tatbestands der Norm verneint hat. Vielmehr musste sie die maßgebende Vorstellung des Täters zum Zeitpunkt der Begehung der Tat feststellen und würdigen. Dabei war darauf Bedacht zu nehmen, dass der Vorsatz auf der Wissensseite als intellektuelles Element erfordert, dass der Täter sich zurzeit der Handlung des Vorliegens aller Umstände des äußeren Tatbestands bewusst ist.
- 30
- Namentlich bei normativ geprägten Tatbestandsmerkmalen braucht der Täter im Übrigen nicht die aus den Gesetzesbegriffen folgende rechtliche Wertung nachzuvollziehen; insofern genügt die Parallelwertung in der Laiensphäre, die voraussetzt, dass der Täter die Tatsachen kennt, die dem normativen Begriff zugrunde liegen, und auf der Grundlage dieses Wissens den sozialen Sinngehalt des Tatbestandsmerkmals richtig begreift (vgl. Lackner/Kühl, StGB 26. Aufl. § 15 Rdn. 9, 14).
- 31
- 2. Im Fall II. 4. der Urteilsgründe hat das Landgericht zum Vorwurf des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen (§ 86 a Abs. 1 Nr. 2 StGB) festgestellt, dass der Angeklagte in den Räumen der "D. Verlags Gesellschaft mbH" zu Verkaufszwecken die CD "Stimme des Volkes 26.03.1999" lagerte. Diese enthielt die Aufnahme einer aus Liedern und Textbeiträgen bestehenden Sendung von "Radio Germania", einem politisch rechtsgerichteten Sender. In zwei Liedern wird unter Anknüpfung an den Sprachgebrauch des Dritten Reiches die Parole der Hitlerjugend "Blut und Ehre" gebraucht. Dem Angeklagten war im Jahre 1999 in einem Gespräch von dem Verantwortlichen des Senders mitgeteilt worden, dass alle Sendungen anwaltlich begutachtet und für unbedenklich gehalten worden seien. Daneben wird von dem Sprecher zu Beginn der Sendung darauf hingewiesen, dass die Sendung "wie immer auch dieses Mal von unseren Rechtsanwälten als strafrecht- lich nicht relevant und ohne Verstöße gegen die Jugendschutzordnung gewertet worden" sei.
- 32
- a) Die Strafkammer hat im Ergebnis rechtsfehlerfrei angenommen, dass der objektive Tatbestand des § 86 a Abs. 1 Nr. 2 StGB erfüllt ist; denn der Angeklagte hielt mit der beschriebenen CD einen Gegenstand zum Zwecke der Verbreitung vorrätig, der ein Kennzeichen einer nationalsozialistischen Organisation im Sinne von § 86 a Abs. 2 Satz 1, § 86 Abs. 1 Nr. 4 StGB enthielt.
- 33
- b) Zur Begründung des Freispruchs hat das Landgericht darauf abgestellt , dem Angeklagten könne nicht nachgewiesen werden, er habe gewusst, dass die Verwendung des Begriffspaares "Blut und Ehre" zweifelsfrei auf die Parole der Hitlerjugend hinweise; es fehle somit an der subjektiven Tatseite. Gehe man stattdessen von einem Verbotsirrtum aus, sei dieser unvermeidbar gewesen. Diese Ausführungen begegnen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
- 34
- aa) Zwar können Fehlvorstellungen oder -bewertungen über normative Tatbestandsmerkmale je nach dem Stand der (Un-)Kenntnis des Täters zu einem den Vorsatz und damit die Strafbarkeit ausschließenden Tatbestandsirrtum (§§ 15, 16 StGB) oder zu einem vermeidbaren oder unvermeidbaren Verbotsirrtum (§ 17 StGB) führen, wobei die sachgerechte Einordnung derartiger Irrtümer unter Rückgriff auf wertende Kriterien und differenzierte Betrachtungen vorzunehmen ist (vgl. BGH NStZ 2006, 214, 217). Insoweit kann das Vertrauen des Täters in juristische Auskünfte sowohl im Rahmen des Tatbestandsvorsatzes Bedeutung erlangen als auch sich im Bereich der Schuld auf die Strafbarkeit auswirken (vgl. Kirch-Heim/Samson, wistra 2008, 81). Durch die vom Landgericht getroffenen Feststellungen wird indes weder tragfähig belegt, dass der An- geklagte ohne Vorsatz handelte, noch dass ihm bei Begehung der Tat die Einsicht fehlte, Unrecht zu tun.
- 35
- bb) Weder die pauschale Auskunft des für den Radiosender Verantwortlichen über eine anwaltliche Begutachtung noch der ebenso substanzlose Hinweis des Sprechers zu Beginn der Sendung enthält einen irgendwie näher fassbaren konkreten Hinweis auf eine Strafnorm oder gar ein bestimmtes Tatbestandsmerkmal. Die Feststellungen lassen deshalb nicht erkennen, wieso der Angeklagte allein aufgrund dieser Auskünfte nicht zumindest im Sinne bedingten Vorsatzes wusste und wollte, dass in den betreffenden Liedern mit der Losung "Blut und Ehre" die Parole der Hitlerjugend wiedergegeben wurde. Dies gilt erst recht vor dem Hintergrund, dass der Angeklagte aufgrund seines politischen Werdegangs und seiner über viele Jahre ausgeübten beruflichen Tätigkeit mit dem Vokabular politisch rechtsgerichteter Kreise in hohem Maße vertraut war.
- 36
- cc) Auch ein Verbotsirrtum des Angeklagten ist nicht ausreichend belegt. Wenn der Täter einen in seiner Bedeutung zutreffend erkannten Umstand rechtlich unrichtig subsumiert, kann seine Fehlvorstellung zwar als sog. Subsumtionsirrtum im Rahmen der Schuld Bedeutung gewinnen (vgl. Lackner/Kühl, aaO § 15 Rdn. 14). Hierzu lassen die Urteilsgründe jedoch jegliche näheren Ausführungen vermissen. Der - rechtsfehlerhaften - Annahme eines Tatbestandsirrtums wird vielmehr ohne nähere Begründung diejenige eines Verbotsirrtums "nachgeschoben". Da der Täter bereits dann ausreichende Unrechtseinsicht hat, wenn er bei Begehung der Tat mit der Möglichkeit rechnet, Unrecht zu tun, und dies billigend in Kauf nimmt (vgl. BGHSt 4, 1, 4; 27, 196, 202; BGH NStZ 1996, 236, 237; 338), hier dem Angeklagten aber bewusst war, dass er sich in einem rechtlichen Grenzbereich bewegte, liegt es zumindest nicht nahe, dass er aufgrund der pauschalen Hinweise über das Unrecht seines Tuns irrte.
- 37
- dd) Rechtsfehlerhaft hat das Landgericht weiter angenommen, ein etwaiger Verbotsirrtum sei unvermeidbar gewesen; hierfür bilden die getroffenen Feststellungen keine ausreichende Grundlage.
- 38
- Die Unvermeidbarkeit eines Verbotsirrtums setzt voraus, dass der Täter alle seine geistigen Erkenntniskräfte eingesetzt und etwa aufkommende Zweifel durch Nachdenken oder erforderlichenfalls durch Einholung verlässlichen und sachkundigen Rechtsrats beseitigt hat (vgl. BGHSt 21, 18, 20). Dabei müssen sowohl die Auskunftsperson als auch die Auskunft aus der Sicht des Täters verlässlich sein; die Auskunft selbst muss zudem einen unrechtsverneinenden Inhalt haben. Eine Auskunft ist in diesem Sinne nur dann verlässlich, wenn sie objektiv, sorgfältig, verantwortungsbewusst und insbesondere nach pflichtgemäßer Prüfung der Sach- und Rechtslage erteilt worden ist (vgl. Vogel in LK 12. Aufl. § 17 Rdn. 78, 85). Bei der Auskunftsperson ist dies der Fall, wenn sie die Gewähr für eine diesen Anforderungen entsprechende Auskunftserteilung bietet (vgl. BGHSt 40, 257, 264).
- 39
- Hinzu kommt, dass der Täter nicht vorschnell auf die Richtigkeit eines ihm günstigen Standpunkts vertrauen und seine Augen nicht vor gegenteiligen Ansichten und Entscheidungen verschließen darf. Maßgebend sind die jeweils konkreten Umstände, insbesondere seine Verhältnisse und Persönlichkeit; daher sind zum Beispiel sein Bildungsstand, seine Erfahrung und seine berufliche Stellung zu berücksichtigen (vgl. Fischer, aaO § 17 Rdn. 8).
- 40
- Das Vertrauen auf eingeholten rechtsanwaltlichen Rat vermag somit nicht in jedem Fall einen unvermeidbaren Verbotsirrtum des Täters zu begründen. Wendet sich dieser an einen auf dem betreffenden Rechtsgebiet versierten Anwalt, so hat er damit zwar vielfach das zunächst Gebotene getan (vgl. BGHR StGB § 17 Vermeidbarkeit 3). Jedoch ist weiter erforderlich, dass der Täter auf die Richtigkeit der Auskunft nach den für ihn erkennbaren Umständen vertrauen darf. Dies ist nicht der Fall, wenn die Unerlaubtheit des Tuns für ihn bei auch nur mäßiger Anspannung von Verstand und Gewissen leicht erkennbar ist oder er nicht mehr als eine Hoffnung haben kann, das ihm bekannte Strafgesetz greife hier noch nicht ein. Daher darf der Täter sich auf die Auffassung eines Rechtsanwalts etwa nicht allein deswegen verlassen, weil sie seinem Vorhaben günstig ist (vgl. BGH, Beschl. vom 12. Juni 1985 - 3 StR 82/85). Eher zur Absicherung als zur Klärung bestellte Gefälligkeitsgutachten scheiden als Grundlage unvermeidbarer Verbotsirrtümer aus (vgl. Fischer, aaO § 17 Rdn. 9 a). Auskünfte , die erkennbar vordergründig und mangelhaft sind oder nach dem Willen des Anfragenden lediglich eine "Feigenblattfunktion" (vgl. Cramer/Sternberg-Lieben in Schönke/Schröder, StGB 27. Aufl. § 17 Rdn. 18) erfüllen sollen, können den Täter ebenfalls nicht entlasten (vgl. BGH NStZ 2000, 307, 309). Insbesondere bei komplexen Sachverhalten und erkennbar schwierigen Rechtsfragen ist regelmäßig ein detailliertes, schriftliches Gutachten erforderlich, um einen unvermeidbaren Verbotsirrtum zu begründen (vgl. Kirch-Heim/Samson, aaO 81, 85).
- 41
- Vor diesem Hintergrund genügen die getroffenen Feststellungen nicht ansatzweise, um die Unvermeidbarkeit eines etwaigen Verbotsirrtums zu belegen. Dem Angeklagten oblag bereits aufgrund seiner langjährigen beruflichen Tätigkeit als der für das Verlagsprogramm verantwortlichen Person eine besondere Erkundigungs- und Prüfungspflicht, an die strenge Anforderungen zu stellen sind (vgl. BGHSt 37, 55, 66). Dies gilt erst recht im Hinblick auf die sonstigen besonderen Umstände des vorliegenden Falles. So war dem selbst mit den einschlägigen Rechtsfragen vertrauten Angeklagten bewusst, dass er sich in einem rechtlichen Grenzbereich bewegte und die Gefahr der Erfüllung von Straftatbeständen aufgrund des Inhalts der von der "D. Verlags Gesellschaft mbH" angebotenen und vertriebenen CDs nahe lag.
- 42
- Der Angeklagte durfte sich somit allein auf die pauschale mündliche Auskunft eines Dritten über eine anwaltliche Begutachtung ebenso wenig verlassen wie auf die Aussage des Sprechers zu Beginn der Sendung. Beide Hinweise boten keinerlei Gewähr für eine hinreichende inhaltliche Verlässlichkeit; denn sie ließen weder einen Schluss auf den Umfang noch auf die Sorgfältigkeit der rechtlichen Überprüfung zu. Die Auskunft hätte sich zudem inhaltlich darauf richten müssen, dass das beabsichtigte Handeln kein Unrecht ist (vgl. Vogel, aaO § 17 Rdn. 19). Hinsichtlich der Aussage durch den Verantwortlichen des Senders verhalten sich die Urteilsgründe indes noch nicht einmal dazu, ob sich die anwaltliche Begutachtung auf alle oder nur auf einzelne nach dem Strafgesetzbuch in Betracht kommenden Strafvorschriften bezog und auch etwa die einschlägigen Normen des Jugendschutzgesetzes (vgl. §§ 15, 27 JuSchG) umfasste.
- 43
- 3. Der Freispruch des Angeklagten im Fall II. 6. der Urteilsgründe vom Vorwurf der Volksverhetzung (§ 130 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a und d StGB) bezüglich des Liedes "Stinkendes Leben" auf der CD "Das rechte Wort" der Gruppe "Patriot 19/8 & Sleipnir" kann ebenfalls keinen Bestand haben.
- 44
- a) Die in dem Lied angesprochene Gruppe der "Punker" stellt einen Teil der Bevölkerung im Sinne der genannten Vorschrift dar (vgl. Lenckner/Sternberg-Lieben, aaO § 130 Rdn. 4; Miebach/Schäfer, aaO § 130 Rdn. 25). Punker sind aufgrund einer etwa in ihrem Lebensstil und äußeren Erscheinungsbild zu Tage tretenden weltanschaulichen Überzeugung, die trotz unterschiedlicher Präferenzen im Einzelnen nach außen genügende Gemeinsamkeiten erkennen lässt, als Personenmehrheit von der übrigen Bevölkerung in ausreichendem Maße abgrenzbar.
- 45
- b) Entgegen der Auffassung der Strafkammer wird in dem genannten Lied die Menschenwürde der Punker dadurch angegriffen, dass sie beschimpft und böswillig verächtlich gemacht werden. Mit dem Text der Kehrreime "Du bist ein Punk, du bist so krank/ bist so abnorm und nie in Form/ benimmst dich wie das letzte Schwein/ Gefällt es dir, Abschaum zu sein?" und "Die Zeit ist reif für Deutschlands Segen/ Die Zukunft liegt in unserer Hand/ Wir werden sie von den Straßen fegen/ Und frei und sauber sei das Land" sowie weiteren ähnlichen Passagen wird die Missachtung von Punkern in besonders gravierender Form zum Ausdruck gebracht; diese werden im Kern ihrer Persönlichkeit getroffen und verletzt. Soweit die Strafkammer in diesem Zusammenhang gemeint hat, nur eine Beeinträchtigung der Ehre feststellen zu können, und zur Begründung ausgeführt hat, die Bezeichnung "Schwein" sei im heutigen Sprachgebrauch üblich und werde teilweise auch in populären Liedern wie "Männer sind Schweine" der Gruppe "Die Ärzte" gebraucht, hat sie in besonderer Weise die sich bei verständiger Würdigung aufdrängende Bedeutung des hier relevanten Textes verkannt. In diesem geht es im Gegensatz zu dem von der Strafkammer als Vergleich bemühten Lied nicht um eine satirische Überspitzung bestimmter menschlicher Verhaltensweisen und Eigenschaften; vielmehr wird in eindeutiger Weise das Recht von Punkern auf Anerkennung als Persönlichkeiten in der Gemeinschaft besonders gehässig und roh verletzt und der unverzichtbare Bereich ihres Persönlichkeitskerns sozial abgewertet.
- 46
- c) Mit dem Inhalt des letzten Kehrreims wird daneben auch zu Gewaltund Willkürmaßnahmen gegen Punker aufgefordert, da zumindest konkludent auf andere mit dem Ziel eingewirkt wird, in ihnen den Entschluss zu Gewalttätigkeiten und ähnlichen Handlungen hervorzurufen. Diesem appellativen Charakter des Textes steht nicht entgegen, dass vordergründig die Formulierung "Wir werden sie von der Straße fegen" benutzt wird. Bei sachgerechter Bewertung ergibt sich, dass die Zielrichtung der Aussage nicht dahin geht, eigene Handlungen oder Absichten der Interpreten darzustellen; vielmehr ist die eigentliche Intention erkennbar darauf gerichtet, andere zu animieren, Gewalt- oder Willkürmaßnahmen zu verüben bzw. sich solchen anzuschließen.
- 47
- d) Soweit die Strafkammer daneben unter Hinweis auf eine Unbedenklichkeitserklärung des Rechtsanwalts N. , deren näherer Inhalt in den Feststellungen nicht mitgeteilt wird, den Vorsatz des Angeklagten verneint hat, hält dies aus den dargelegten Gründen rechtlicher Prüfung nicht stand. Der Schluss des Landgerichts von dieser nicht näher spezifizierten Auskunft darauf, dass der Angeklagte sich in einer Fehlvorstellung über bestimmte Merkmale des gesetzlichen Tatbestands befand, entbehrt auch hier einer tragfähigen Grundlage.
- 48
- e) Aus denselben Gründen ist die den Ausführungen über einen Tatbestandsirrtum ohne weitere Begründung folgende Annahme eines Verbotsirrtums rechtsfehlerhaft. Die Strafkammer hat auch in diesem Fall nicht dargelegt, über welches normative Tatbestandsmerkmal sich der Angeklagte in einer Weise im Irrtum befunden haben soll, die seine Unrechtseinsicht ausschloss.
- 49
- f) Schließlich reichen die Ausführungen des Landgerichts nicht aus, um die Unvermeidbarkeit eines etwaigen Verbotsirrtums zu begründen. Allein das Vertrauen in eine inhaltlich nicht näher konkretisierte anwaltliche Auskunft kann bei sachgerechter Bewertung der sonstigen Umstände des vorliegenden Falles bei Anwendung der dargelegten Maßstäbe nicht zu der Annahme führen, der Angeklagte habe seine eventuelle Fehlvorstellung nicht durch die genügende Anspannung seines Gewissens vermeiden können.
- 50
- 4. Der Freispruch im Fall II. 7. der Urteilsgründe vom Vorwurf der Volksverhetzung (§ 130 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a und d StGB) im Zusammenhang mit dem Text des Liedes "Bunthaarige Schweine" auf der CD "Totgesagte leben länger" der Gruppe "Doitsche Patrioten" begegnet ebenfalls durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
- 51
- a) Der Text des Liedes richtet sich wie im Fall zuvor bei verständiger Auslegung gegen Punker und damit gegen einen genügend abgrenzbaren Teil der Bevölkerung. Dem steht nicht entgegen, dass die Punker hier nicht ausdrücklich als solche bezeichnet sind; denn eine derartige namentliche Benennung ist jedenfalls dann entbehrlich, wenn sich aus dem Inhalt der Schrift ausreichend deutlich ergibt, welcher bestimmte Bevölkerungsteil Ziel des Angriffs ist. Dies ist hier der Fall. In dem Text des Liedes werden mehrere typische Äußerlichkeiten und Verhaltensweisen genannt, die Punkern zuzuordnen sind und deren Erscheinungsbild bestimmen. Dies lässt den zweifelsfreien Schluss darauf zu, dass hier die betreffende Personenmehrheit als Angriffsobjekt umschrieben ist.
- 52
- b) Mit Formulierungen wie "Hallo du kleines Arschgesicht/ Ich find dich einfach widerlich/ Wie oft willst du denn noch erwachen/ Bestell dir lieber gleich nen Sarg", "Bunthaarige Schweine/ Dreckig eklig und verkeimt/ Ziehst du hier nicht gleich Leine/ Nutz ich die Gunst der Zeit" oder "Vielleicht hast du es nicht ganz geschnallt/ Verpiss dich bevor es knallt" wird sowohl die Menschenwürde der Punker dadurch angegriffen, dass sie böswillig verächtlich gemacht werden, als auch zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen gegen sie aufgefordert.
- 53
- c) Soweit die Strafkammer den Vorsatz des Angeklagten verneint hat, weil er gewusst habe, dass zu der CD ein Gutachten der Rechtsanwältin P. existiere, das zu dem Ergebnis gekommen sei, die Texte seien strafrechtlich unbedenklich, hält dies aus den bereits ausgeführten Gründen rechtlicher Überprüfung nicht stand. Auch in diesem Fall wird der Inhalt des Gutachtens in den Urteilsgründen nicht mitgeteilt; danach kannte der Angeklagte nur dessen pauschales Ergebnis. Somit wird die Folgerung der Strafkammer, er habe sich über einzelne Tatbestandsmerkmale im Irrtum befunden, von den Feststellungen nicht getragen.
- 54
- d) Entsprechendes gilt für die Annahme eines unvermeidbaren Verbotsirrtums. Dessen Voraussetzungen sind den Feststellungen nicht zu entnehmen. Auch insoweit gelten die obigen Ausführungen entsprechend. Darüber hinaus wäre hier in die rechtliche Bewertung die Kenntnis des Angeklagten davon einzubeziehen gewesen, dass in zumindest einem früheren Fall (Fall II. 2. der Urteilsgründe ) trotz eines Gutachtens von Rechtsanwältin P. , welches zu dem Ergebnis gekommen war, die auf der CD befindlichen und von ihr geprüften Texte seien erlaubt, die CD im Nachhinein bezüglich dreier Lieder durch die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften indiziert wurde, was zu einer Neuauflage führte, in der die beanstandeten Lieder durch andere ersetzt wurden. Der Angeklagte hatte somit begründeten Anlass, an der Verlässlichkeit der Auskunft zu zweifeln und durfte auch aus diesem Grunde nicht ohne Weiteres auf das pauschale Ergebnis der entsprechenden Begutachtung vertrauen.
- 55
- 5. Soweit die Strafkammer im Fall II. 8. der Urteilsgründe den Angeklagten vom Vorwurf des Verbreitens von Propagandamaterial verfassungswidriger Organisationen (§ 86 Abs. 1 Nr. 4 StGB) freigesprochen hat, hält das Urteil revisionsrechtlicher Prüfung schließlich ebenfalls nicht stand.
- 56
- a) Das Landgericht hat zunächst den objektiven Tatbestand der Vorschrift mit rechtsfehlerfreien Erwägungen bejaht. Dabei hat es zutreffend ausgeführt , den Texten der Lieder "Doitschland" und "Unter dem Krakenkreuz" sei bei einer Auslegung aus verständiger Sicht zu entnehmen, dass der Ausdruck "Krakenkreuz" als Synonym für "Hakenkreuz" gebraucht und damit eindeutig an nationalsozialistische Zielsetzungen angeknüpft werde.
- 57
- b) Das Landgericht hat jedoch die - bereits als solche nicht nahe liegende - Einlassung des Angeklagten, der angegeben hat, er habe die CD als "reine Spaß-CD" bewertet, mit der ein besonderer Typ Skinheads satirisch habe dargestellt werden sollen, für nicht widerlegt angesehen und deshalb den Vorsatz des Angeklagten verneint. Die dem zugrunde liegende Beweiswürdigung zur subjektiven Tatseite geht von einem unzutreffenden Verständnis der Liedtexte aus und erweist sich als lücken- und damit sachlichrechtlich fehlerhaft.
- 58
- aa) Die Interpretation des Textes der einzelnen Lieder durch das Landgericht begegnet durchgreifenden Bedenken, soweit es verschiedene Passagen als geeignet angesehen hat, Zweifel aufkommen zu lassen, ob mit den Liedtexten politische Ziele verfolgt werden sollten. Hierfür hat es etwa die Textstelle "Doitschland ich lieb dich so/ das ist keine Banane und keine Schokolade/ ich vermisse meine Heimat und das finde ich sehr schade" benannt. Insoweit hätte sich die Strafkammer jedenfalls mit der nahe liegenden Möglichkeit auseinandersetzen müssen, dass die Begriffe "Banane" und "Schokolade" in der rechtsextremen Szene als Synonyme für Menschen mit dunkler Hautfarbe und südländischer Herkunft gebraucht werden. In diesem Zusammenhang wäre zu würdigen gewesen, dass der Angeklagte mit der politisch rechtsgerichteten Terminologie in besonderer Weise vertraut war, was nahe legt, dass ihm der Gehalt der dargestellten Textpassage in Form einer rassistischen Ausrichtung der Texte ohne Weiteres klar war.
- 59
- bb) Das Landgericht hat sich daneben nicht erkennbar damit auseinandergesetzt , dass - für den Angeklagten nach den Umständen ebenfalls augen- fällig - durch das Propagieren des "Marschierens unter dem Krakenkreuz" zur Machtübernahme als Entsprechung zum Marschieren der vormaligen NSDAP unter dem Hakenkreuz mit dem Ziel der Machtergreifung in besonderer Weise an die nationalsozialistische Terminologie und Ideologie angeknüpft wird. Den Urteilsgründen ist kein Anhaltspunkt dafür zu entnehmen, dass der Angeklagte den objektiven Bedeutungsgehalt dieser eindeutigen Passage nicht erkannte und damit nicht einverstanden war. Becker Miebach von Lienen Hubert Schäfer
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
Die Angeklagten wurden jeweils wegen Veruntreuung von Arbeitsentgelt in 35 Fällen (§ 266a Abs. 1 StGB) in Tateinheit mit Beschäftigung von Ausländern ohne Genehmigung in größerem Umfang (§ 407 Abs. 1 Nr. 1 SGB III) zu zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafen verurteilt. Ihre Revisionen haben mit der Sachrüge Erfolg. 1. Folgendes ist festgestellt:a) Die Angeklagten waren die Verantwortlichen der türkischen T. AG mit Niederlassung in W. , die im Rahmen der Werkvertragskontingentregelung zwischen der Bundesrepublik und der Türkei insbesondere der Baufirma D. in W. türkische Bauarbeiter zur Verfügung stellte.
b) Die Möglichkeiten dieser Regelung reichten für den Arbeitskräftebedarf der Fa. D. nicht aus. Da Selbständige nicht unter diese Regelung fallen, wollten die Angeklagten nach anwaltlicher Beratung eine Gesellschaft mit türkischen Bauarbeitern als Gesellschafter gründen. Dies schrieb der Angeklagte Tu. Y. am 21. März 1995 dem Landratsamt - Ausländeramt - Lichtenfels und bat um "Überprüfung der diesbezüglichen Möglichkeiten". Ausweislich des Schreibens sollte durch die Gesellschaftsgründung erreicht werden, daß die Arbeiter "einen Antrag auf Aufenthaltserlaubnis mit selbständiger Erwerbstätigkeit stellen können, so daß diese Arbeiter mit diesem Visum uneingeschränkt für uns bzw. die Fa. D. tätig sein können". Die Firma D. bat das Landsratsamt mit Schreiben vom 23. März 1995, "den Antrag der Fa. T. , Facharbeiter zu stellen, zu bewilligen". Sie brauche für ihre Baustellen kurzfristig Maurer, Betonbauer, Schaler, Putzer und Pflasterer.
c) Gegenüber dem Landratsamt äußerten sich auf dessen Anfrage die IHK Bayreuth und das Arbeitsamt Coburg. Während die IHK Bayreuth dem Anliegen der Fa. T. positiv gegenüberstand, brachte das Arbeitsamt Coburg mit längeren, auch auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts gestützten rechtlichen Ausführungen Bedenken zum Ausdruck: Aus den Schreiben vom 21. und 23. März 1995 gehe hervor, daß nicht selbständige sondern Arbeitnehmertätigkeit geplant sei.
d) Was das Landratsamt in den nächsten Monaten den Angeklagten mitteilte, ergeben die Urteilsgründe nicht. Jedoch errichteten der Angeklagte Ta. Y. und 29 türkische Bauarbeiter durch notariellen Vertrag vom 19. November 1995 die Y. & Co Bauunternehmung in W. . Ihr Gegenstand war "die Erbringung von Werkleistungen auf dem Gebiet des
Hoch-, Tief- und Ausbaus und artverwandte Leistungen". Kein Gesellschafter außer Ta. Y. war vertretungsberechtigt. Durch weiteren notariellen Vertrag vom 7. Januar 1996 traten weitere acht türkische Bauarbeiter als Gesellschafter ein, zwei traten aus. Tu. Y. gehörte der Gesellschaft nicht an, hatte aber bestimmenden Einfluß.
e) Er legte die Verträge dem Landratsamt vor. Der Sachbearbeiter R. hatte Bedenken gegen die Erteilung von Aufenthaltsgenehmigungen und wandte sich an den Regierungsdirektor Ri. , der die Genehmigungen mit folgender Auflage erteilte: "Gilt nur für die Ausübung der selbständigen Tätigkeit als Gesellschafter innerhalb der GdbR Fa. Y. & Co, W. , zum Zwecke der Erbringung von Werkleistungen für die Fa. D. , W. ". Die Auffassung des Arbeitsamts Coburg ließ er außer Betracht, da dies "nach den Richtlinien des Innenministeriums am Verwaltungsverfahren nicht zu beteiligen gewesen sei".
f) Zwischen April und September 1996 setzten die Angeklagten die Gesellschafter so ein, wie Bauarbeiter üblicherweise eingesetzt werden. Sie zahlten ihnen Gewinnanteile in Höhe des Tariflohns für Bauarbeiter. Bei Lohnzahlungen in gleicher Höhe wären Sozialabgaben von insgesamt 118.000 DM angefallen. 2. Die Angeklagten haben fehlendes Unrechtsbewußtsein geltend gemacht. Ihnen sei "signalisiert worden, daß der von ihnen eingeschlagene Weg rechtlich zulässig sei". 3. Das Landgericht geht von einem Verbotsirrtum aus, den die Angeklagten jedoch hätten vermeiden können (§ 17 Satz 2 StGB). Sie hätten sich nicht auf die Aufenthaltsgenehmigungen verlassen dürfen, sondern hätten bei
der Arbeits- oder Sozialverwaltung nachfragen müssen. Das Landratsamt hätte dem von ihnen erweckten Eindruck, die türkischen Bauarbeiter sollten selbständige Tätigkeit ausüben, vertraut. Darüber hinaus stehe in einem von "T." Y. - welcher Angeklagte das ist, bleibt letztlich offen - unterschriebenen Brief vom 16. Mai 1997 an die Fa.D. , es seien Leistungen "entgegen gültigem Recht" ausgeführt worden. Schließlich hätten sie auch die AOK Lichtenfels getäuscht; dieser hatten sie "unrichtig angegeben, daß die 'Gesellschafter' Arbeitnehmer der T. AG sind und daher eine Absicherung über die SSK" - Türkische Krankenversicherung - "besteht". All dies belege, daß sie schuldhaft gehandelt hätten. 4. Diese Erwägungen sind in ihrem Ansatz widersprüchlich.
a) Eine auf einer Täuschung durch den Anfrager basierende Auskunft könnte keinen Verbotsirrtum begründen, da der Anfrager dann weiß, daß das, was er tut, nicht dem entspricht, wozu er eine Auskunft erhalten hat.
b) Ebensowenig läge ein Verbotsirrtum vor, wenn die Angeklagten unabhängig vom Verhalten des Landratsamts ihr Verhalten für verboten gehalten hätten. In all diesen Fällen wären die Angeklagten aber von der Annahme eines - auch vermeidbaren - Verbotsirrtums nicht beschwert. 5. Die Annahme, die Angeklagten hätten das Landratsamt getäuscht oder sonst das Verbotene ihres Tuns erkannt, wird jedoch von den Feststellungen nicht getragen:
a) Selbst wenn das Landratsamt - im Gegensatz zum Arbeitsamt, das mit den Briefen vom 21. und 23. März 1995 keine andere Erkenntnisgrundlage
hatte - über die vorgesehene Tätigkeit der Bauarbeiter geirrt hat, so ist nicht ersichtlich, daß dieser Irrtum auf dem Verhalten der Angeklagten beruhte. Diese haben gegenüber dem Landratsamt weder ausdrücklich unwahre Tatsachen erklärt, noch wesentliche Tatsachen verschwiegen. Ein nicht auf den Anfrager zurückgehender behördlicher Irrtum kann sich nicht zu dessen Lasten auswirken.
b) Hinsichtlich des Briefs vom 16. Mai 1997 ist über die genannte Passage hinaus nichts mitgeteilt. Selbst wenn sich die Leistungen entgegen gültigem Recht auf das Verhalten der Angeklagten im Zusammenhang mit dem Gesellschaftsvertrag beziehen sollten, so erscheint jedenfalls nicht ausgeschlossen , daß etwaige entsprechende Erkenntnisse der Angeklagten zur Tatzeit noch nicht vorlagen, sondern Ergebnis der zwischenzeitlich gegen sie eingeleiteten Ermittlungen waren. Damit hätte sich die Strafkammer auseinandersetzen müssen.
c) Auch zu der genannten Angabe gegenüber der AOK Lichtenfels ist näheres nicht mitgeteilt. Vor allem deckt sich diese im Rahmen der rechtlichen Würdigung getroffene Feststellung aber nicht mit dem Inhalt der im Rahmen der Beweiswürdigung mitgeteilten Aussagen des Zeugen A. von der AOK Lichtenfels, die zu alledem nichts enthält, sondern nur die rechnerischen Grundlagen zur festgestellten Höhe der nichtabgeführten Sozialabgaben betrifft. Mitgeteilt ist demgegenüber die Aussage des Zeugen K. v on der AOK Burgkunstadt, der bekundet hat, daß für die Gesellschafter "entsprechende" Bescheinigungen der SSK vorgelegen hätten, die nicht gelten würden, soweit "diese türkischen Staatsangehörigen unselbständig im Rahmen der Y. GbR gehandelt hätten".
Gewürdigt ist diese als glaubhaft bezeichnete Aussage nur dahin, daß sie dem insgesamt gefundenen Ergebnis nicht entgegensteht. All dies ist unklar. Wenn der AOK Burgkunstadt Bescheinigungen der SSK vorlagen, die einen Versicherungsschutz (nur) für Selbständige beinhalteten , hätte es der Darlegung bedurft, warum für die Angeklagten Anlaß bestand , gegenüber der AOK Lichtenfels zu behaupten, die Gesellschafter seien deshalb bei der SSK versichert, weil sie Arbeitnehmer der Fa. T. seien. Die Feststellungen und Erwägungen im Zusammenhang mit dem Verhalten der Angeklagten gegenüber der AOK können nach alledem nicht Grundlage von Schlüssen zum Nachteil der Angeklagten sein. 6. Da also nicht davon ausgegangen werden kann, daß die Angeklagten das Verbotene ihres Tuns erkannt hatten, ist entscheidend, ob sie, wie das Landgericht meint, ihren Irrtum vermeiden konnten. Dies war zu verneinen.
a) Da die Angeklagten wegen der gesellschaftsrechtlichen Vertragsgestaltung die maßgeblichen ausländer- und sozialrechtlichen Bestimmungen nicht für anwendbar hielten, handelt es sich um einen Irrtum über letztlich berufsspezifische Rechtsfragen, der die Schuld nur entfallen läßt, wenn zuvor ausreichende Erkundigungen eingezogen wurden (vgl. Tröndle/Fischer StGB, 49. Aufl. § 17 Rdn. 9 m.w.Nachw.). Dieser Erkundigungspflicht sind die Angeklagten durch das Schreiben an das Landratsamt und die Vorlage des notariellen Vertrages nachgekommen. Wenn auch ausdrückliche Ausführungen des Landratsamts gegenüber den Angeklagten nicht festgestellt sind, so hat es doch in Kenntnis der Ziele der Angeklagten und aller tatsächlichen Umstände - durch einen Regierungsdirektor - mit der Erteilung der Aufenthaltsgenehmi-
gungen Entscheidungen im Sinne der Angeklagten getroffen. An derartigen behördlichen Entscheidungen kann der Bürger in aller Regel sein Verhalten ausrichten, ohne Bestrafung befürchten zu müssen (vgl. schon für behördliche Auskünfte BayOblG GA 1966, 182, 183; Friedrich-Christian Schroeder in LK 11. Aufl. § 17 Rdn. 43 m.w.Nachw.).
b) Entgegen der Annahme des Landgerichts brauchten die Angeklagten nicht bei noch weiteren Stellen Rechtsrat einholen. Dies wäre nur der Fall, wenn die angefragte Behörde zur Beantwortung für den Anfrager erkennbar unzuständig wäre. aa) Das Landratsamt - Ausländeramt - war für die Erteilung der Aufenthaltsgenehmigungen zuständig, die Grundlage der vorgesehenen beruflichen Tätigkeit der türkischen Bauarbeiter im Inland waren. Es hat jedoch letztlich nicht zu befinden, ob eine bestimmte Art der Berufsausübung als selbständig zu bewerten ist. bb) Für die Annahme, daß sich das Landratsamt gleichwohl auch für die Beurteilung dieser Frage für kompetent gehalten hat, spricht indessen, daß es die von ihm - unbeschadet von Verwaltungsrichtlinien - selbst eingeholte eingehende fachliche Stellungnahme des Arbeitsamts außer Betracht gelassen hat. Andererseits hat Regierungsdirektor Ri. ausweislich der Urteilsgründe ausgesagt, er habe "gegenüber den Angeklagten ... nicht zum Ausdruck gebracht, daß die ausländerrechtlichen Genehmigungen für sich alleine ein 'Freibrief' für das Handeln der Angeklagten seien". cc) Letztlich braucht der Senat aber nicht zu entscheiden, ob sich das Landratsamt insgesamt für kompetent gehalten hat oder nicht:
Fragt ein Bürger bei einer nicht offensichtlich insgesamt unzuständigen Behörde nach der Erlaubtheit eines Vorhabens, so muß diese den Anfragenden darauf hinweisen, wenn sie sich selbst nicht für genügend kompetent zur Beurteilung dieses Vorhabens hält (BayObLG aaO). Ein solcher ausdrücklicher Hinweis kann unter den gegebenen Umständen nicht dadurch ersetzt werden, daß die Erklärung, die Genehmigungen seien ein Freibrief, unterlassen wurde. dd) Darauf, daß die Angeklagten jedenfalls bei der IHK Bayreuth, einer für die Beurteilung einschlägiger berufsspezifischer Rechtsfragen ebenfalls kompetenten Stelle (vgl. OLG Zweibrücken StV 1992, 119, 120), offenbar auch keine andere Auskunft bekommen hätten (vgl. oben 1 c), kommt es daher nicht mehr an. 7. Die Sache bedarf nach alledem neuer Verhandlung und Entscheidung , ohne daß es auf das übrige Revisionsvorbringen noch ankäme.
Der beantragte Freispruch durch den Senat kommt dagegen nicht in Betracht , weil insbesondere im Zusammenhang mit dem Brief vom 16. Mai 1997 und dem Verhalten der Angeklagten gegenüber der AOK (vgl. oben 5 b, c) noch Feststellungen möglich erscheinen, die einen Schuldspruch tragen können (vgl. BGHSt 36, 316, 319). Schäfer Maul Wahl Boetticher Schluckebier
(1) Einer Erlaubnis des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte bedarf, wer
- 1.
Betäubungsmittel anbauen, herstellen, mit ihnen Handel treiben, sie, ohne mit ihnen Handel zu treiben, einführen, ausführen, abgeben, veräußern, sonst in den Verkehr bringen, erwerben oder - 2.
ausgenommene Zubereitungen (§ 2 Abs. 1 Nr. 3) herstellen
(2) Eine Erlaubnis für die in Anlage I bezeichneten Betäubungsmittel kann das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte nur ausnahmsweise zu wissenschaftlichen oder anderen im öffentlichen Interesse liegenden Zwecken erteilen.
(1) Wer Betäubungsmittel im Einzelfall einführen oder ausführen will, bedarf dazu neben der erforderlichen Erlaubnis nach § 3 einer Genehmigung des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte. Betäubungsmittel dürfen durch den Geltungsbereich dieses Gesetzes nur unter zollamtlicher Überwachung ohne weiteren als den durch die Beförderung oder den Umschlag bedingten Aufenthalt und ohne daß das Betäubungsmittel zu irgendeinem Zeitpunkt während des Verbringens dem Durchführenden oder einer dritten Person tatsächlich zur Verfügung steht, durchgeführt werden. Ausgenommene Zubereitungen dürfen nicht in Länder ausgeführt werden, die die Einfuhr verboten haben.
(2) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates das Verfahren über die Erteilung der Genehmigung zu regeln und Vorschriften über die Einfuhr, Ausfuhr und Durchfuhr zu erlassen, soweit es zur Sicherheit oder Kontrolle des Betäubungsmittelverkehrs, zur Durchführung der internationalen Suchtstoffübereinkommen oder von Rechtsakten der Organe der Europäischen Union erforderlich ist. Insbesondere können
- 1.
die Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr auf bestimmte Betäubungsmittel und Mengen beschränkt sowie in oder durch bestimmte Länder oder aus bestimmten Ländern verboten, - 2.
Ausnahmen von Absatz 1 für den Reiseverkehr und die Versendung von Proben im Rahmen der internationalen Zusammenarbeit zugelassen, - 3.
Regelungen über das Mitführen von Betäubungsmitteln durch Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte im Rahmen des grenzüberschreitenden Dienstleistungsverkehrs getroffen und - 4.
Form, Inhalt, Anfertigung, Ausgabe und Aufbewahrung der zu verwendenden amtlichen Formblätter festgelegt
Die Vorschriften des Betäubungsmittel- und Atomrechts, des Anti-Doping-Gesetzes und des Tierschutzgesetzes bleiben unberührt.
(1) Einer Erlaubnis des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte bedarf, wer
- 1.
Betäubungsmittel anbauen, herstellen, mit ihnen Handel treiben, sie, ohne mit ihnen Handel zu treiben, einführen, ausführen, abgeben, veräußern, sonst in den Verkehr bringen, erwerben oder - 2.
ausgenommene Zubereitungen (§ 2 Abs. 1 Nr. 3) herstellen
(2) Eine Erlaubnis für die in Anlage I bezeichneten Betäubungsmittel kann das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte nur ausnahmsweise zu wissenschaftlichen oder anderen im öffentlichen Interesse liegenden Zwecken erteilen.
(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer
- 1.
Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt, veräußert, abgibt, sonst in den Verkehr bringt, erwirbt oder sich in sonstiger Weise verschafft, - 2.
eine ausgenommene Zubereitung (§ 2 Abs. 1 Nr. 3) ohne Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 herstellt, - 3.
Betäubungsmittel besitzt, ohne zugleich im Besitz einer schriftlichen Erlaubnis für den Erwerb zu sein, - 4.
(weggefallen) - 5.
entgegen § 11 Abs. 1 Satz 2 Betäubungsmittel durchführt, - 6.
entgegen § 13 Abs. 1 Betäubungsmittel - a)
verschreibt, - b)
verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt,
- 6a.
entgegen § 13 Absatz 1a Satz 1 und 2 ein dort genanntes Betäubungsmittel überlässt, - 6b.
entgegen § 13 Absatz 1b Satz 1 Betäubungsmittel verabreicht, - 7.
entgegen § 13 Absatz 2 - a)
Betäubungsmittel in einer Apotheke oder tierärztlichen Hausapotheke, - b)
Diamorphin als pharmazeutischer Unternehmer
- 8.
entgegen § 14 Abs. 5 für Betäubungsmittel wirbt, - 9.
unrichtige oder unvollständige Angaben macht, um für sich oder einen anderen oder für ein Tier die Verschreibung eines Betäubungsmittels zu erlangen, - 10.
einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Erwerb oder zur unbefugten Abgabe von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, eine solche Gelegenheit öffentlich oder eigennützig mitteilt oder einen anderen zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verleitet, - 11.
ohne Erlaubnis nach § 10a einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, oder wer eine außerhalb einer Einrichtung nach § 10a bestehende Gelegenheit zu einem solchen Verbrauch eigennützig oder öffentlich mitteilt, - 12.
öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3 des Strafgesetzbuches) dazu auffordert, Betäubungsmittel zu verbrauchen, die nicht zulässigerweise verschrieben worden sind, - 13.
Geldmittel oder andere Vermögensgegenstände einem anderen für eine rechtswidrige Tat nach Nummern 1, 5, 6, 7, 10, 11 oder 12 bereitstellt, - 14.
einer Rechtsverordnung nach § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 oder § 13 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, 2a oder 5 zuwiderhandelt, soweit sie für einen bestimmten Tatbestand auf diese Strafvorschrift verweist.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 2, 5 oder 6 Buchstabe b ist der Versuch strafbar.
(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter
- 1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 5, 6, 10, 11 oder 13 gewerbsmäßig handelt, - 2.
durch eine der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1, 6 oder 7 bezeichneten Handlungen die Gesundheit mehrerer Menschen gefährdet.
(4) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1, 2, 5, 6 Buchstabe b, Nummer 6b, 10 oder 11 fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.
(5) Das Gericht kann von einer Bestrafung nach den Absätzen 1, 2 und 4 absehen, wenn der Täter die Betäubungsmittel lediglich zum Eigenverbrauch in geringer Menge anbaut, herstellt, einführt, ausführt, durchführt, erwirbt, sich in sonstiger Weise verschafft oder besitzt.
(6) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 sind, soweit sie das Handeltreiben, Abgeben oder Veräußern betreffen, auch anzuwenden, wenn sich die Handlung auf Stoffe oder Zubereitungen bezieht, die nicht Betäubungsmittel sind, aber als solche ausgegeben werden.
(1) Einer Erlaubnis des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte bedarf, wer
- 1.
Betäubungsmittel anbauen, herstellen, mit ihnen Handel treiben, sie, ohne mit ihnen Handel zu treiben, einführen, ausführen, abgeben, veräußern, sonst in den Verkehr bringen, erwerben oder - 2.
ausgenommene Zubereitungen (§ 2 Abs. 1 Nr. 3) herstellen
(2) Eine Erlaubnis für die in Anlage I bezeichneten Betäubungsmittel kann das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte nur ausnahmsweise zu wissenschaftlichen oder anderen im öffentlichen Interesse liegenden Zwecken erteilen.
(1) Die Verjährung schließt die Ahndung der Tat und die Anordnung von Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8) aus. § 76a Absatz 2 bleibt unberührt.
(2) Verbrechen nach § 211 (Mord) verjähren nicht.
(3) Soweit die Verfolgung verjährt, beträgt die Verjährungsfrist
- 1.
dreißig Jahre bei Taten, die mit lebenslanger Freiheitsstrafe bedroht sind, - 2.
zwanzig Jahre bei Taten, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafen von mehr als zehn Jahren bedroht sind, - 3.
zehn Jahre bei Taten, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafen von mehr als fünf Jahren bis zu zehn Jahren bedroht sind, - 4.
fünf Jahre bei Taten, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafen von mehr als einem Jahr bis zu fünf Jahren bedroht sind, - 5.
drei Jahre bei den übrigen Taten.
(4) Die Frist richtet sich nach der Strafdrohung des Gesetzes, dessen Tatbestand die Tat verwirklicht, ohne Rücksicht auf Schärfungen oder Milderungen, die nach den Vorschriften des Allgemeinen Teils oder für besonders schwere oder minder schwere Fälle vorgesehen sind.
Die Verjährung beginnt, sobald die Tat beendet ist. Tritt ein zum Tatbestand gehörender Erfolg erst später ein, so beginnt die Verjährung mit diesem Zeitpunkt.
(1) Die Verjährung wird unterbrochen durch
- 1.
die erste Vernehmung des Beschuldigten, die Bekanntgabe, daß gegen ihn das Ermittlungsverfahren eingeleitet ist, oder die Anordnung dieser Vernehmung oder Bekanntgabe, - 2.
jede richterliche Vernehmung des Beschuldigten oder deren Anordnung, - 3.
jede Beauftragung eines Sachverständigen durch den Richter oder Staatsanwalt, wenn vorher der Beschuldigte vernommen oder ihm die Einleitung des Ermittlungsverfahrens bekanntgegeben worden ist, - 4.
jede richterliche Beschlagnahme- oder Durchsuchungsanordnung und richterliche Entscheidungen, welche diese aufrechterhalten, - 5.
den Haftbefehl, den Unterbringungsbefehl, den Vorführungsbefehl und richterliche Entscheidungen, welche diese aufrechterhalten, - 6.
die Erhebung der öffentlichen Klage, - 7.
die Eröffnung des Hauptverfahrens, - 8.
jede Anberaumung einer Hauptverhandlung, - 9.
den Strafbefehl oder eine andere dem Urteil entsprechende Entscheidung, - 10.
die vorläufige gerichtliche Einstellung des Verfahrens wegen Abwesenheit des Angeschuldigten sowie jede Anordnung des Richters oder Staatsanwalts, die nach einer solchen Einstellung des Verfahrens oder im Verfahren gegen Abwesende zur Ermittlung des Aufenthalts des Angeschuldigten oder zur Sicherung von Beweisen ergeht, - 11.
die vorläufige gerichtliche Einstellung des Verfahrens wegen Verhandlungsunfähigkeit des Angeschuldigten sowie jede Anordnung des Richters oder Staatsanwalts, die nach einer solchen Einstellung des Verfahrens zur Überprüfung der Verhandlungsfähigkeit des Angeschuldigten ergeht, oder - 12.
jedes richterliche Ersuchen, eine Untersuchungshandlung im Ausland vorzunehmen.
(2) Die Verjährung ist bei einer schriftlichen Anordnung oder Entscheidung in dem Zeitpunkt unterbrochen, in dem die Anordnung oder Entscheidung abgefasst wird. Ist das Dokument nicht alsbald nach der Abfassung in den Geschäftsgang gelangt, so ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem es tatsächlich in den Geschäftsgang gegeben worden ist.
(3) Nach jeder Unterbrechung beginnt die Verjährung von neuem. Die Verfolgung ist jedoch spätestens verjährt, wenn seit dem in § 78a bezeichneten Zeitpunkt das Doppelte der gesetzlichen Verjährungsfrist und, wenn die Verjährungsfrist nach besonderen Gesetzen kürzer ist als drei Jahre, mindestens drei Jahre verstrichen sind. § 78b bleibt unberührt.
(4) Die Unterbrechung wirkt nur gegenüber demjenigen, auf den sich die Handlung bezieht.
(5) Wird ein Gesetz, das bei der Beendigung der Tat gilt, vor der Entscheidung geändert und verkürzt sich hierdurch die Frist der Verjährung, so bleiben Unterbrechungshandlungen, die vor dem Inkrafttreten des neuen Rechts vorgenommen worden sind, wirksam, auch wenn im Zeitpunkt der Unterbrechung die Verfolgung nach dem neuen Recht bereits verjährt gewesen wäre.
(1) Die Verjährung wird unterbrochen durch
- 1.
die erste Vernehmung des Beschuldigten, die Bekanntgabe, daß gegen ihn das Ermittlungsverfahren eingeleitet ist, oder die Anordnung dieser Vernehmung oder Bekanntgabe, - 2.
jede richterliche Vernehmung des Beschuldigten oder deren Anordnung, - 3.
jede Beauftragung eines Sachverständigen durch den Richter oder Staatsanwalt, wenn vorher der Beschuldigte vernommen oder ihm die Einleitung des Ermittlungsverfahrens bekanntgegeben worden ist, - 4.
jede richterliche Beschlagnahme- oder Durchsuchungsanordnung und richterliche Entscheidungen, welche diese aufrechterhalten, - 5.
den Haftbefehl, den Unterbringungsbefehl, den Vorführungsbefehl und richterliche Entscheidungen, welche diese aufrechterhalten, - 6.
die Erhebung der öffentlichen Klage, - 7.
die Eröffnung des Hauptverfahrens, - 8.
jede Anberaumung einer Hauptverhandlung, - 9.
den Strafbefehl oder eine andere dem Urteil entsprechende Entscheidung, - 10.
die vorläufige gerichtliche Einstellung des Verfahrens wegen Abwesenheit des Angeschuldigten sowie jede Anordnung des Richters oder Staatsanwalts, die nach einer solchen Einstellung des Verfahrens oder im Verfahren gegen Abwesende zur Ermittlung des Aufenthalts des Angeschuldigten oder zur Sicherung von Beweisen ergeht, - 11.
die vorläufige gerichtliche Einstellung des Verfahrens wegen Verhandlungsunfähigkeit des Angeschuldigten sowie jede Anordnung des Richters oder Staatsanwalts, die nach einer solchen Einstellung des Verfahrens zur Überprüfung der Verhandlungsfähigkeit des Angeschuldigten ergeht, oder - 12.
jedes richterliche Ersuchen, eine Untersuchungshandlung im Ausland vorzunehmen.
(2) Die Verjährung ist bei einer schriftlichen Anordnung oder Entscheidung in dem Zeitpunkt unterbrochen, in dem die Anordnung oder Entscheidung abgefasst wird. Ist das Dokument nicht alsbald nach der Abfassung in den Geschäftsgang gelangt, so ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem es tatsächlich in den Geschäftsgang gegeben worden ist.
(3) Nach jeder Unterbrechung beginnt die Verjährung von neuem. Die Verfolgung ist jedoch spätestens verjährt, wenn seit dem in § 78a bezeichneten Zeitpunkt das Doppelte der gesetzlichen Verjährungsfrist und, wenn die Verjährungsfrist nach besonderen Gesetzen kürzer ist als drei Jahre, mindestens drei Jahre verstrichen sind. § 78b bleibt unberührt.
(4) Die Unterbrechung wirkt nur gegenüber demjenigen, auf den sich die Handlung bezieht.
(5) Wird ein Gesetz, das bei der Beendigung der Tat gilt, vor der Entscheidung geändert und verkürzt sich hierdurch die Frist der Verjährung, so bleiben Unterbrechungshandlungen, die vor dem Inkrafttreten des neuen Rechts vorgenommen worden sind, wirksam, auch wenn im Zeitpunkt der Unterbrechung die Verfolgung nach dem neuen Recht bereits verjährt gewesen wäre.
(1) Die Verjährung ruht
- 1.
bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres des Opfers bei Straftaten nach den §§ 174 bis 174c, 176 bis 178, 182, 184b Absatz 1 Satz 1 Nummer 3, auch in Verbindung mit Absatz 2, §§ 225, 226a und 237, - 2.
solange nach dem Gesetz die Verfolgung nicht begonnen oder nicht fortgesetzt werden kann; dies gilt nicht, wenn die Tat nur deshalb nicht verfolgt werden kann, weil Antrag, Ermächtigung oder Strafverlangen fehlen.
(2) Steht der Verfolgung entgegen, daß der Täter Mitglied des Bundestages oder eines Gesetzgebungsorgans eines Landes ist, so beginnt die Verjährung erst mit Ablauf des Tages zu ruhen, an dem
- 1.
die Staatsanwaltschaft oder eine Behörde oder ein Beamter des Polizeidienstes von der Tat und der Person des Täters Kenntnis erlangt oder - 2.
eine Strafanzeige oder ein Strafantrag gegen den Täter angebracht wird (§ 158 der Strafprozeßordnung).
(3) Ist vor Ablauf der Verjährungsfrist ein Urteil des ersten Rechtszuges ergangen, so läuft die Verjährungsfrist nicht vor dem Zeitpunkt ab, in dem das Verfahren rechtskräftig abgeschlossen ist.
(4) Droht das Gesetz strafschärfend für besonders schwere Fälle Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren an und ist das Hauptverfahren vor dem Landgericht eröffnet worden, so ruht die Verjährung in den Fällen des § 78 Abs. 3 Nr. 4 ab Eröffnung des Hauptverfahrens, höchstens jedoch für einen Zeitraum von fünf Jahren; Absatz 3 bleibt unberührt.
(5) Hält sich der Täter in einem ausländischen Staat auf und stellt die zuständige Behörde ein förmliches Auslieferungsersuchen an diesen Staat, ruht die Verjährung ab dem Zeitpunkt des Zugangs des Ersuchens beim ausländischen Staat
- 1.
bis zur Übergabe des Täters an die deutschen Behörden, - 2.
bis der Täter das Hoheitsgebiet des ersuchten Staates auf andere Weise verlassen hat, - 3.
bis zum Eingang der Ablehnung dieses Ersuchens durch den ausländischen Staat bei den deutschen Behörden oder - 4.
bis zur Rücknahme dieses Ersuchens.
(6) In den Fällen des § 78 Absatz 3 Nummer 1 bis 3 ruht die Verjährung ab der Übergabe der Person an den Internationalen Strafgerichtshof oder den Vollstreckungsstaat bis zu ihrer Rückgabe an die deutschen Behörden oder bis zu ihrer Freilassung durch den Internationalen Strafgerichtshof oder den Vollstreckungsstaat.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
G r ü n d e
- 1
- Mit heutigem Beschluss hat der Senat auf die Revision des Angeklagten das Urteil des Landgerichts Berlin vom 10. Dezember 2009 gemäß § 349 Abs. 4 StPO aufgehoben und das Verfahren nach § 206a StPO eingestellt. Der Haftbefehl des Landgerichts Berlin vom 9. Juni 2004 war daher aufzuheben (§ 126 Abs. 3 StPO).
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
Erfolgt zugunsten eines Angeklagten die Aufhebung des Urteils wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes und erstreckt sich das Urteil, soweit es aufgehoben wird, noch auf andere Angeklagte, die nicht Revision eingelegt haben, so ist zu erkennen, als ob sie gleichfalls Revision eingelegt hätten. § 47 Abs. 3 gilt entsprechend.
(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer
- 1.
Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt, veräußert, abgibt, sonst in den Verkehr bringt, erwirbt oder sich in sonstiger Weise verschafft, - 2.
eine ausgenommene Zubereitung (§ 2 Abs. 1 Nr. 3) ohne Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 herstellt, - 3.
Betäubungsmittel besitzt, ohne zugleich im Besitz einer schriftlichen Erlaubnis für den Erwerb zu sein, - 4.
(weggefallen) - 5.
entgegen § 11 Abs. 1 Satz 2 Betäubungsmittel durchführt, - 6.
entgegen § 13 Abs. 1 Betäubungsmittel - a)
verschreibt, - b)
verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt,
- 6a.
entgegen § 13 Absatz 1a Satz 1 und 2 ein dort genanntes Betäubungsmittel überlässt, - 6b.
entgegen § 13 Absatz 1b Satz 1 Betäubungsmittel verabreicht, - 7.
entgegen § 13 Absatz 2 - a)
Betäubungsmittel in einer Apotheke oder tierärztlichen Hausapotheke, - b)
Diamorphin als pharmazeutischer Unternehmer
- 8.
entgegen § 14 Abs. 5 für Betäubungsmittel wirbt, - 9.
unrichtige oder unvollständige Angaben macht, um für sich oder einen anderen oder für ein Tier die Verschreibung eines Betäubungsmittels zu erlangen, - 10.
einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Erwerb oder zur unbefugten Abgabe von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, eine solche Gelegenheit öffentlich oder eigennützig mitteilt oder einen anderen zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verleitet, - 11.
ohne Erlaubnis nach § 10a einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, oder wer eine außerhalb einer Einrichtung nach § 10a bestehende Gelegenheit zu einem solchen Verbrauch eigennützig oder öffentlich mitteilt, - 12.
öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3 des Strafgesetzbuches) dazu auffordert, Betäubungsmittel zu verbrauchen, die nicht zulässigerweise verschrieben worden sind, - 13.
Geldmittel oder andere Vermögensgegenstände einem anderen für eine rechtswidrige Tat nach Nummern 1, 5, 6, 7, 10, 11 oder 12 bereitstellt, - 14.
einer Rechtsverordnung nach § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 oder § 13 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, 2a oder 5 zuwiderhandelt, soweit sie für einen bestimmten Tatbestand auf diese Strafvorschrift verweist.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 2, 5 oder 6 Buchstabe b ist der Versuch strafbar.
(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter
- 1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 5, 6, 10, 11 oder 13 gewerbsmäßig handelt, - 2.
durch eine der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1, 6 oder 7 bezeichneten Handlungen die Gesundheit mehrerer Menschen gefährdet.
(4) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1, 2, 5, 6 Buchstabe b, Nummer 6b, 10 oder 11 fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.
(5) Das Gericht kann von einer Bestrafung nach den Absätzen 1, 2 und 4 absehen, wenn der Täter die Betäubungsmittel lediglich zum Eigenverbrauch in geringer Menge anbaut, herstellt, einführt, ausführt, durchführt, erwirbt, sich in sonstiger Weise verschafft oder besitzt.
(6) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 sind, soweit sie das Handeltreiben, Abgeben oder Veräußern betreffen, auch anzuwenden, wenn sich die Handlung auf Stoffe oder Zubereitungen bezieht, die nicht Betäubungsmittel sind, aber als solche ausgegeben werden.