Bundesgerichtshof Urteil, 09. Apr. 2013 - 1 StR 586/12

bei uns veröffentlicht am09.04.2013

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 586/12
vom
9. April 2013
BGHSt: ja
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
____________________________
1. Täter einer Steuerhinterziehung durch Unterlassen (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO)
kann nur derjenige sein, der selbst zur Aufklärung steuerlich erheblicher Tatsachen
besonders verpflichtet ist.
2. Das Merkmal "pflichtwidrig" in § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO bezieht sich allein auf
das Verhalten des Täters, nicht auf dasjenige eines anderen Tatbeteiligten.
Damit kommt eine Zurechnung fremder Pflichtverletzungen auch dann nicht in
Betracht, wenn sonst nach allgemeinen Grundsätzen Mittäterschaft vorliegen
würde.
3. Eine eigene Rechtspflicht zur Aufklärung über steuerlich erhebliche Tatsachen
trifft gemäß § 35 AO auch den Verfügungsberechtigten. Verfügungsbe-
rechtigter im Sinne dieser Vorschrift kann auch ein steuernder Hintermann sein,
der ihm gegenüber weisungsabhängige "Strohleute" im Rechtsverkehr nach
außen im eigenen Namen auftreten lässt.
BGH, Urteil vom 9. April 2013 - 1 StR 586/12 - LG Mannheim
in der Strafsache
gegen
wegen Steuerhinterziehung u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 9. April 2013,
an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
Rothfuß,
Dr. Graf,
Prof. Dr. Jäger,
Prof. Dr. Radtke,
Richter
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte - in der Verhandlung -,
Justizangestellte - bei der Verkündung -
als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 11. Juni 2012
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte in den Fällen 19 sowie 23 bis 26 der Urteilsgründe jeweils wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung verurteilt wird,
b) aufgehoben aa) im Einzelstrafausspruch in den Fällen 19 sowie 23 bis 26 der Urteilsgründe und bb) im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen. 3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung in 29 Fällen und Beihilfe zur Steuerhinterziehung in fünf Fällen unter Einbeziehung einer Geldstrafe aus einem Urteil des Amtsgerichts Bensheim vom 22. November 2011 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und neun Monaten verurteilt.
2
Hiergegen richtet sich die auf eine nicht näher ausgeführte Verfahrensrüge sowie die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat den aus dem Tenor ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist es unbegründet.

A.

3
Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:

I.

4
Fälle 1 bis 29 der Urteilsgründe („Bandentaten“)
5
1. Der einschlägig vorbestrafte Angeklagte hatte erfahren, dass sich eine bis dahin von Ba. , G. und B. angeführte Gruppe erfolgreich im Handel mit Altgold betätigt hatte. Dieser Handel war darauf ausgerichtet, systematisch einen betrügerischen „Umsatzsteuergewinn“ zu er- wirtschaften. Der „Gewinn“ wurde dadurch erzielt, dass die beim Verkauf von Altgold an Scheideanstalten neben dem Nettokaufpreis erlangte Umsatzsteuer einbehalten wurde, in den Umsatzsteuervoranmeldungen der einliefernden Personen aber ein nicht gerechtfertigter Vorsteuerabzug aus Scheinrechnungen vorgenommen wurde. Das Hinterziehungssystem folgte bis zum Einstieg des Angeklagten im Juni 2010 im Wesentlichen folgendem Ablauf:
6
Die Gruppe ließ Goldscheideanstalten mit von Ba. und G. „schwarz“ - also ohne Umsatzsteuer - angekauftem Gold in normalen Handels- geschäften beliefern. Bei den Scheideanstalten traten als liefernde Unternehmer (sog. Einlieferer) nur G. oder Personen auf, die von G. zu diesem Zwecke angeworben worden waren und entsprechende Gewerbe angemeldet hatten. Die Goldscheideanstalten rechneten beim Ankauf des Goldes mit den Einlieferern über Gutschriften (§ 14 Abs. 2 Satz 2 UStG) unter Ausweis von Umsatzsteuer ab und überwiesen den Bruttokaufpreis auf deren Konten. Die jeweiligen Einlieferer händigten den Brutto-Gutschriftsbetrag an Ba. oder G. aus und erhielten dafür eine Provision in Höhe von drei bis vier Prozent des Gutschriftsbetrages.
7
Die Einlieferer - darunter auch G. , soweit er in eigenem Namen Gold bei den Goldscheideanstalten einlieferte - meldeten in ihren Umsatzsteuervoranmeldungen die Umsatzsteuer aus den Gutschriften für die Goldlieferungen an. Zur Minimierung der sich ergebenden Zahllast nahmen sie jedoch gleichzeitig einen unberechtigten Vorsteuerabzug (§ 15 UStG) aus Scheinrechnungen vor, die B. beschaffte. Es handelte sich dabei um sog. Abdeckrechnungen , in denen den Rechnungsadressaten unter Umsatzsteuerausweis tatsächlich nicht erbrachte Lieferungen von Gold in Rechnung gestellt wurden. Die „Gewinne“ aus den Geschäften verwendeten G. und Ba. einerseits für weitere Goldankäufe sowie zum Bezahlen der Abdeckrechnungen, andererseits für einen aufwendigen Lebensstil.
8
Anlässlich eines Streits um eine offene Forderung B. s nahmen Ba. und G. den Angeklagten in die Gruppe auf, um fortan mit ihm nach „be- währtem Geschäftsmodell“ den auf Steuerhinterziehung ausgerichteten Gold- handel fortzusetzen. Der Angeklagte übernahm - B. ersetzend - in führender Funktion gemäß einer „internen Aufgabenverteilung“ folgende Aufgaben (UA S. 20). Er sollte: - finanzielle Mittel für den weiteren Altgoldankauf zur Verfügung stellen , - neue Einlieferer anwerben, - die „Logistik“ für die Abdeckrechnungen, insbesondere neue Scheinfirmen und „Strohmänner“ sowie entsprechende Unterlagen, bereitstellen , - teilweise Altgold von Ba. in Empfang nehmen und an die anzuwerbenden neuen Einlieferer verteilen, - teilweise das Bargeld von den Einlieferern in Empfang nehmen, - teilweise die Gutschriftsbelege der Scheideanstalten, die für die Erstellung von Abdeckrechnungen benötigt wurden, von den Einlieferern in Empfang nehmen und an G. weiterleiten und - teilweise die Abdeckrechnungen von G. in Empfang nehmen und den Einlieferern übergeben.
9
Ba. sollte, wie zuvor auch, in erster Linie für die Beschaffung und teilweise Verteilung des Goldes zuständig sein, während G. die Abdeckrechnungen fertigen und daneben weiterhin Gold einliefern sollte.
10
Ende September 2010 nahm der Angeklagte den gesondert Verfolgten Gl. in die Gruppe auf, der als „Rechnungsschreiber“ und Einlieferer unter Falschpersonalien auftretend fortan ebenfalls eine führende Funktion in der Gruppe einnahm. Er ersetzte G. , als dieser im Oktober 2010 aus der Gruppe ausschied.
11
Der Angeklagte erhielt bei jedem Goldgeschäft einen Gewinnanteil; im Übrigen blieb die Gewinnverteilung in der Gruppe weitgehend ungeklärt. Die in diesen Fällen unter Beteiligung des Angeklagten insgesamt bewirkte Umsatzsteuerverkürzung betrug 1.382.391,24 Euro.
12
2. Die einzelnen Fälle wiesen folgende Besonderheiten auf:
13
a) Fälle 1 bis 18 der Urteilsgründe
14
aa) In den Fällen 1 bis 14 sowie 16 bis 18 der Urteilsgründe wurden die Einlieferungen von G. sowie von vier weiteren Einlieferern vorgenommen. Die für die Steuerhinterziehung erforderlichen Abdeckrechnungen auf dem Briefkopf einer A. GmbH stellte G. her, der zu diesem Zweck vom Angeklagten Geschäftsunterlagen und einen Firmenstempel der A. GmbH erhalten hatte. Der Angeklagte veranlasste jeweils, dass die Rechnungen vom formellen Geschäftsführer der A. GmbH, einem unter den Falschpersona- lien „ T. “ auftretenden nicht näher identifizierten bulgarischen Staatsangehörigen, unterzeichnet wurden.
15
bb) Im Fall 15 der Urteilsgründe wurden Vorsteuern aus Abdeckrechnungen geltend gemacht, die Gl. unter den Falschpersonalien „ F. “ gefertigt hatte. Der Angeklagte hatte Gl. zuvor einen auf diesen Namen ausgestellten gefälschten Reisepass besorgt.
16
b) Fälle 23 bis 26 der Urteilsgründe
17
Gl. trat in den Monaten September bis Dezember 2010 unter den Falschpersonalien „ F. “ selbst als Einlieferer auf. Da er einen falschen Namen verwendete, gab er abweichend von der sonst üblichen Vorgehensweise absprachegemäß keine Umsatzsteuervoranmeldungen ab. Die Verwendung von Abdeckrechnungen erschien im Hinblick auf die Identitätstäuschung zu Verschleierungszwecken nicht erforderlich. Den für die Einlieferung bei der Goldscheideanstalt erhaltenen Kaufpreis händigte er abzüglich einer Provision von einem Prozent des Gutschriftsbetrages an den Angeklagten oder an Ba. aus.
18
c) Fälle 27 und 28 der Urteilsgründe
19
In den Fällen 27 und 28 der Urteilsgründe wurden zwei Einlieferer unter Falschpersonalien tätig, denen der Angeklagte gefälschte Ausweisdokumente verschafft hatte. Da auch sie unter diesen Falschpersonalien auftraten, wurden Abdeckrechnungen für ihre Einlieferungen von vorneherein nicht erstellt.
20
d) Fälle 20 bis 22 sowie 29 der Urteilsgründe
21
aa) Die Einlieferin Y. hatte von Gl. unter dem Namen „ F. “ erstellte Abdeckrechnungen erhalten. Sie gab absprachewidrig keine Umsatzsteuervoranmeldungen ab (Fälle 20 bis 22 der Urteilsgründe)
22
bb) Der Einlieferer D. gab, obwohl er Abdeckrechnungen erhalten hatte, ebenfalls absprachewidrig keine Umsatzsteuervoranmeldungen ab (Fall 29 der Urteilsgründe).
23
e) Fall 19 der Urteilsgründe
24
Das Gruppenmitglied G. , das im Fall 19 der Urteilsgründe als Einlieferer tätig wurde, gab abweichend von den Absprachen in der Gruppe gleichfalls keine Umsatzsteuervoranmeldung ab.
25
3. Das Landgericht hat die vom Angeklagten aus der Gruppe heraus begangenen Taten als 18 Fälle gemeinschaftlicher Steuerhinterziehung durch aktives Tun gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO, § 25 Abs. 2 StGB (Fälle 1 bis 18 der Urteilsgründe) und elf Fälle gemeinschaftlicher Steuerhinterziehung durch Unterlassen gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO, § 25 Abs. 2 StGB (Fälle 19 bis 29 der Urteilsgründe) gewertet. Es hat in diesen Fällen jeweils eine bandenmäßige Begehung i.S.v. § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 5 AO angenommen.
26
Das Landgericht hat den Angeklagten in diesen Fällen jeweils als Mittäter eingestuft. Soweit Unterlassungsdelikte vorlägen (Fälle 19 bis 29 der Urteilsgründe ), habe er gemeinschaftlich mit anderen die Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen unterlassen.
27
Die über die Gewerbe der Einlieferer abgewickelten Goldlieferungen hat das Landgericht den Mitgliedern der Gruppe, die sie als Bande qualifiziert hat, und damit auch dem Angeklagten zugerechnet, weil die Einlieferer sich als „Strohleute“ in einer arbeitnehmerähnlichen Stellung befunden hätten und - somit nicht als Unternehmer im Sinne des § 2 UStG handelnd - den Tatplan der Bandenmitglieder lediglich umgesetzt hätten. Daher habe für den Angeklag- ten als „Mitunternehmer“ gemäß § 18 UStG die Pflicht bestanden, diese Goldeinlieferungen in Umsatzsteuererklärungen als Umsätze anzumelden.
28
Soweit (in den Fällen 19 sowie 23 bis 26 der Urteilsgründe) G. und Gl. als Einlieferer tätig geworden seien, sei der Angeklagte nicht als „Mitunternehmer“ einzustufen. Denn diese Gruppenmitglieder hätten nicht die Position von „Strohleuten“ eingenommen. Deshalb seien auch deren Goldeinlieferungen nicht dem Angeklagten unter dem Gesichtspunkt (mit)unternehmerischer Tätigkeit zurechenbar. Dennoch habe sich der Angeklagte auch insoweit der gemeinschaftlichen Umsatzsteuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO, § 25 Abs. 2 StGB strafbar gemacht. Er müsse sich als Hintermann - entgegen der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs - die Pflichtverletzungen der Bandenmitglieder zurechnen lassen.

II.

29
Weitere Taten des Angeklagten (Fälle 30 bis 34 der Urteilsgründe)
30
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts leistete der Angeklagte außerhalb der Bande Unterstützungsbeiträge zu weiteren vergleichbaren Taten:
31
a) Fall 30 der Urteilsgründe (Unterstützung einer Gruppe um B. )
32
Der wegen den Streitigkeiten mit G. und Ba. aus der Bande ausgeschiedene B. nahm in einer neuen Gruppe entsprechende Goldhandelsgeschäfte vor, die ebenfalls auf die Hinterziehung von Umsatzsteuer abzielten. Die Geschäfte wurden über die vermögenslose S. GmbH abgewickelt. Nachdem viele Banken unter anderem wegen des von ihnen gesehenen Geldwäscheverdachts nicht mehr dazu bereit waren, Konten für Goldhändler zu errichten, unterstützte der Angeklagte die Gruppe, indem er über einen unabhängigen Finanzvermittler die Eröffnung eines Geschäftskontos ermöglichte.
33
Die durch die Nichtabgabe der Umsatzsteuererklärungen für die über die S. GmbH abgewickelten Goldhandelsgeschäfte eingetretene Umsatzsteuerverkürzung betrug insgesamt 824.000,04 Euro.
34
b) Fälle 31 bis 34 der Urteilsgründe (Unterstützung einer Gruppe um Te. )
35
Für entsprechende Goldhandelsgeschäfte einer Gruppe um Te. , bei denen ebenfalls systematisch Umsatzsteuern hinterzogen wurden, stellte der Angeklagte Abdeckrechnungen zur Verfügung, die er von Gl. fertigen ließ. Sie wurden zum unberechtigten Vorsteuerabzug verwendet. Hier- durch wurde durch Yi. Umsatzsteuer in Höhe von insgesamt 89.965 Euro und durch Ü. von weiteren 57.633,42 Euro hinterzogen.
36
2. Die den Fällen 30 bis 34 der Urteilsgründe zu Grunde liegenden Taten hat das Landgericht jeweils als Beihilfe zur Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 1 und 2 AO, § 27 StGB gewertet. Dabei ist es angesichts des einmaligen Tatbeitrages des Angeklagten im Falle der S. GmbH von einer einheitlichen Beihilfetat ausgegangen.

B.

37
Die Revision des Angeklagten führt mit der Sachrüge - die nicht ausgeführte Verfahrensrüge ist unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO) - zu einem Teilerfolg. In den Fällen 19 sowie 23 bis 26 der Urteilsgründe ändert der Senat den Schuldspruch von Mittäterschaft auf Beihilfe zur Steuerhinterziehung ab. Dies zieht in diesen Fällen die Aufhebung der zugehörigen Einzelstrafen sowie des Gesamtstrafenausspruchs nach sich. Im Übrigen enthält das Urteil keinen den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler.

I.


38
Die verfahrensgegenständlichen Taten können in zwei Fallkomplexe unterteilt werden. Fallkomplex I umfasst die von der Bande um den Angeklagten und Ba. sowie G. bzw. Gl. begangenen Taten (Fälle 1 bis 29 der Urteilsgründe). Fallkomplex II erfasst die Unterstützungshandlungen des Angeklagten für andere Täter bzw. Tätergruppierungen (Fälle 30 bis 34 der Urteilsgründe). Ausgehend von den sich stellenden Rechts- fragen lassen sich im Fallkomplex I zwei Untergruppen bilden: Die Fallgruppe I.1. umfasst diejenigen Fälle, bei denen von den Einlieferern unrichtige Umsatzsteuervoranmeldungen abgegeben wurden (Fälle 1 bis 18 der Urteilsgründe ), während der Fallgruppe I.2. diejenigen Fälle zuzuordnen sind, bei denen von den Einlieferern (pflichtwidrig) keine Steueranmeldungen eingereicht wurden (Fälle 19 bis 29 der Urteilsgründe). Letztere Fallgruppe (Unterlassungstaten ) lässt sich weiter unterteilen in die Gruppe der Fälle, in denen weisungsabhängige Strohleute als Einlieferer tätig wurden (Fallgruppe I.2.a: Fälle 20 bis 22 und 27 bis 29 der Urteilsgründe) und diejenige, in der die führenden Bandenmitglieder G. und Gl. gegenüber den Scheideanstalten als Einlieferer auftraten (Fallgruppe I.2.b: Fälle 19 sowie 23 bis 26 der Urteilsgründe).

II.


39
Mit Ausnahme hinsichtlich der Fallgruppe I.2.b (Fälle 19 sowie 23 bis 26 der Urteilsgründe) hält der Schuldspruch rechtlicher Nachprüfung stand.
40
1. Fallgruppe I.1. (Fälle 1 bis 18 der Urteilsgründe)
41
Die Verurteilung des Angeklagten in der Fallgruppe I.1 wegen in Mittäterschaft begangener Steuerhinterziehung durch aktives Tun gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO, § 25 Abs. 2 StGB begegnet keinen rechtlichen Bedenken.
42
a) Täter einer Steuerhinterziehung im Sinne von § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO kann nicht nur der Steuerpflichtige sein. Vielmehr kommt als Täter einer Steu- erhinterziehung durch aktives Tun grundsätzlich jedermann in Betracht („wer“), sofern er den gesetzlichen Tatbestand verwirklicht. Mittäter kann daher auch eine Person sein, der das Gesetz keine steuerlichen Pflichten zuweist, sofern nur die Voraussetzungen einer gemeinschaftlichen Begehungsweise im Sinne von § 25 Abs. 2 StGB gegeben sind (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 12. November 1986 - 3 StR 405/86, BGHR StGB § 25 Abs. 2 Mittäter 1; BGH, Urteil vom 28. Mai 1986 - 3 StR 103/86, NStZ 1986, 463; BGH, Beschluss vom 6. Oktober 1989 - 3 StR 80/89, BGHR AO § 370 Abs. 1 Nr. 1 Mittäter 3; BGH, Urteil vom 22. Mai 2003 - 5 StR 520/02, BGHR AO § 370 Abs. 1 Nr. 1 Täter 4; BGH, Beschluss vom 7. November 2006 - 5 StR 164/06, wistra 2007, 112).
43
Mittäter ist, wer nicht nur fremdes Tun fördert, sondern einen eigenen Tatbeitrag derart in eine gemeinschaftliche Tat einfügt, dass sein Beitrag als Teil der Tätigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergänzung seines eigenen Tatanteils erscheint. Ob ein Beteiligter ein so enges Verhältnis zur Tat hat, ist nach den gesamten Umständen, die von seiner Vorstellung umfasst sind, in wertender Betrachtung zu beurteilen. Wesentliche Anhaltspunkte können der Grad des eigenen Interesses am Taterfolg, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille zur Tatherrschaft sein (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 30. Juni 2005 - 5 StR 12/05, NStZ 2006, 44; BGH, Urteil vom 15. Januar 1991 - 5 StR 492/90, BGHSt 37, 289, 291 mwN).
44
b) Die erkennbar auf der Grundlage einer Gesamtbetrachtung der maßgeblichen Umstände getroffene Wertung des Landgerichts, der Angeklagte sei in diesen Fällen Mittäter und nicht nur Gehilfe der durch Einreichung unrichtiger Umsatzsteuervoranmeldungen für die Einlieferer begangenen Steuerhinterziehungen gewesen, ist rechtlich nicht zu beanstanden.
45
Das Landgericht durfte dabei maßgeblich berücksichtigen, dass die Einlieferer mit der Einreichung unrichtiger Umsatzsteuervoranmeldungen lediglich den Tatplan der Gruppe (Bande) um den Angeklagten sowie Ba. undG.
bzw. Gl. umsetzten. In diesem Tatplan spielte die Verwendung der von dem Angeklagten beschafften Abdeckrechnungen zur Verschleierung der Steuerverkürzungen eine bedeutende Rolle. Der Angeklagte hatte zudem an der Funktionsfähigkeit des verwendeten Systems der Hinterziehung von Umsatzsteuer erhebliches wirtschaftliches Eigeninteresse, denn er war an den Erträgen aus diesem System beteiligt. Die von ihm erbrachten Tatbeiträge, etwa seine Mitwirkung bei der Beschaffung der Abdeckrechnungen und bei der Übergabe des Goldes an die Einlieferer, hat das Landgericht rechtsfehlerfrei als für die Taten wesentlich angesehen.
46
Der Annahme von Mittäterschaft steht nicht entgegen, dass der Angeklagte seine jeweiligen Tatbeiträge lediglich im Vorfeld der unrichtigen Steueranmeldungen erbrachte (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 25. September 2012 - 1 StR 407/12, wistra 2013, 67; Urteil vom 28. Mai 1986 - 3 StR 103/86, NStZ 1986, 463). Insoweit gelten die allgemeinen strafrechtlichen Grundsätze (vgl. BGH, Beschluss vom 27. März 2012 - 3 StR 63/12).
47
2. Fallkomplex II. (Fälle 30 bis 34 der Urteilsgründe)
48
Die Verurteilung wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung im Fallkomplex II. ist ebenfalls rechtsfehlerfrei. Die Urteilsfeststellungen belegen in den Fällen 30 bis 34 der Urteilsgründe sowohl die Haupttaten der Steuerhinterziehung als auch die von dem Angeklagten vorsätzlich erbrachten Tatbeiträge.

49
3. Fallgruppe I.2.a (Fälle 20 bis 22 sowie 27 bis 29 der Urteilsgründe)
50
Die Verurteilung des Angeklagten der Fallgruppe I.2.a wegen Steuerhinterziehung durch Unterlassen gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO hält jedenfalls im Ergebnis rechtlicher Nachprüfung stand.
51
a) Tatbestandlich i.S.d. § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO handelt, wer eine Rechtspflicht zur Offenbarung steuerlich erheblicher Tatsachen verletzt. Diese Voraussetzung muss auch bei einem Mittäter vorliegen.
52
aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann Täter - auch Mittäter - einer Steuerhinterziehung durch Unterlassen nur derjenige sein, der selbst zur Aufklärung steuerlich erheblicher Tatsachen besonders verpflichtet ist (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 4. April 1979 - 3 StR 488/78, BGHSt 28, 371, 375 ff.; BGH, Urteil vom 12. November 1986 - 3 StR 405/86, BGHR StGB § 25 Abs. 2 Mittäter 1; BGH, Beschluss vom 14. Februar 1990 - 3 StR 317/89, BGHR AO § 370 Abs. 1 Nr. 2 Eingangsabgaben 1; BGH, Beschluss vom 20. November 1990 - 3 StR 259/90, BGHR AO § 370 Abs. 1 Nr. 2 Mittäter 2; BGH, Urteil vom 24. Oktober 2002 - 5 StR 600/01, BGHSt 48, 52, 58; BGH, Urteil vom 22. Mai 2003 - 5 StR 520/02, BGHR AO § 370 Abs. 1 Nr. 1 Täter 4 = wistra 2003, 344; BGH, Beschluss vom 22. Juli 2004 - 5 StR 85/04, wistra 2004, 393; BGH, Beschluss vom 7. November 2006 - 5 StR 164/06, wistra 2007, 112; BGH, Beschluss vom 14. April 2010 - 1 StR 105/10). Dabei können sich Offenbarungspflichten sowohl aus den gesetzlich besonders festgelegten steuerlichen Erklärungspflichten wie auch aus allgemeinen Garantenpflichten ergeben, die allerdings eine untergeordnete Rolle spielen (vgl. Joecks in Franzen/Gast/ Joecks, Steuerstrafrecht, 7. Aufl., § 370 Rn. 161 ff.).
53
bb) Demgegenüber ist die Strafkammer - mit durchaus beachtlichen Argumenten - der Auffassung, dass die von der Rechtsprechung vorgenommene Beschränkung des Täterkreises auf Personen, die eine eigene Offenbarungs- pflicht verletzen, nicht zutreffend sei (UA S. 153 ff.). Vielmehr handele es sich beim Unterlassungstatbestand des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO um ein Allgemeinde- likt, sodass die Pflichtverletzung eines „Vordermanns“ einem selbst nicht erklä- rungspflichtigen „Hintermann“ zugerechnet werden könne. Aus diesem Grund könnten Personen auch Mittäter sein, die keine sie persönlich treffende Pflicht verletzen, sofern nur die allgemeinen Voraussetzungen für die Annahme von Mittäterschaft gegeben seien.
54
Der Wortlaut des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO sei mit einer Einstufung als Allgemeindelikt vereinbar. Das Gesetz grenze den Täterkreis nicht näher ein, sondern verwende - ebenso wie bei § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO - die für Allgemein- delikte typische Umschreibung „wer“. Schließlich beschreibe auch das Merkmal „pflichtwidrig“ keine persönliche Pflichtenstellung für einen bestimmten Personenkreis , sondern enthalte ein strafrechtliches „Jedermann-Gebot“. Es beschreibe nicht den Personenkreis näher, sondern konkretisiere, welche Art und Weise des Handelns unter Strafe gestellt sei (vgl. Bender, wistra 2004, 368, 371; Kuhlen in: Festschrift für Heike Jung, 2007, S. 445, 457). Auch die Systematik des Gesetzes spreche für die vom Landgericht vertretene Auffassung, denn § 370 AO enthalte die im Ordnungswidrigkeitentatbestand des § 378 Abs. 1 AO enthaltene Beschränkung des Täterkreises gerade nicht.
55
Schließlich verweist das Landgericht darauf, dass die bisherige Auslegung des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO nicht zu sachgerechten Ergebnissen führe. So sei es oft letztlich vom Zufall abhängig, ob eine Bestrafung als Täter oder - trotz vergleichbaren Unrechtsgehalts der Tatbeteiligung - nur als Gehilfe in Betracht komme, etwa weil ein unterstützter anderer Tatbeteiligter eine Steuererklärung überhaupt nicht statt - wie geplant - mit falschem Inhalt abgebe. So sei es nach der bisherigen Auslegung des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO möglich, dass ein „Hin- termann“ trotz tatbeherrschender Stellung nur als Gehilfe bestraft werden könne.
56
cc) Der Senat teilt die Auffassung, dass es sich auch bei dem Unterlassungstatbestand des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO um ein Delikt handelt, das nicht nur vom Steuerpflichtigen und Personen, denen sonst in den Steuergesetzen steuerliche Erklärungspflichten auferlegt sind (vgl. §§ 34, 35 AO), verwirklicht werden kann, sondern grundsätzlich von „Jedermann“.
57
(1) Durch die offene Formulierung des Gesetzes „wer“, die allen drei Tatvarianten der Steuerhinterziehung vorangestellt ist, enthält § 370 Abs. 1 AO die herkömmlich bei der Ausgestaltung von Allgemein-/Jedermannsdelikten verwendete Formulierung (vgl. Kuhlen in: Festschrift für Heike Jung, 2007, S. 445, 457). Nach dem Gesetzeswortlaut erfolgt damit keine Beschränkung auf eine bestimmte Tätergruppe; einen Statusbegriff, wie er sonst häufig bei der Beschreibung tauglicher Täter bei Sonderdelikten zu finden ist, enthält § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO nicht.
58
(2) Der Umstand, dass der Tatbestand des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO hin- sichtlich des Merkmals „pflichtwidrig“ weitere Besonderheiten aufweist, ergibt sich darüber hinaus auch aus einem systematischen Vergleich zu anderen Tatbeständen , die ebenfalls das Merkmal „pflichtwidrig“ aufgreifen, jedoch anders ausgestaltet sind:
59
So knüpfen zwar auch die Straftatbestände des § 266a Abs. 2 Nr. 2 StGB und des § 356 StGB an das Merkmal „pflichtwidrig“ an. Diese Tatbestände enthalten aber jeweils den Täterkreis beschreibende Statusbegriffe, so dass bereits der jeweilige Wortlaut („als Arbeitgeber“ bzw. „ein Anwalt oder anderer Rechtsbeistand, welcher bei den ihm in dieser Eigenschaft anvertrauten Ange- legenheiten …. pflichtwidrig dient“) die Eigenschaft des tauglichen Täters be- schränkt. Beide Tatbestände knüpfen damit an ein besonderes Vertrauensverhältnis oder an besonders ausgestaltete Pflichtenstellungen an, die sich aus der personalen Eigenschaft als „Arbeitgeber“ bzw. „als Anwalt“ ergeben. Dem- gegenüber erfordert die Tathandlung des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO (pflichtwidriges In-Unkenntnis-lassen bezogen auf steuerlich erhebliche Tatsachen) keine Anknüpfung an solche personenbezogenen Eigenschaften und Umstände. Die Strafvorschrift des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO verwendet nicht die Formulierung „wer als Steuerpflichtiger“ (vgl. § 33 Abs. 1 AO) und richtet sich deshalb auch nicht allein an den Adressaten eines Steuergesetzes, also denjenigen, dem aus einem Steuergesetz Rechte und Pflichten erwachsen (vgl. zum Begriff des Steuerpflichtigen Rüsken in Klein, AO, 11. Aufl., § 33 Rn. 1).
60
(3) Auch aus der Struktur des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO insgesamt ergibt sich keine Beschränkung des Täterkreises auf den Adressaten eines Steuergesetzes. Tatbestandsrelevant ist der Verstoß gegen die Handlungspflicht bei Taten nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO zwar nur, wenn die Finanzbehörden über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis gelassen werden. Hieraus folgt aber lediglich, dass die Pflicht zur Erfolgsabwendung, gegen die der Unterlassende verstößt, nur dann eine Strafbarkeit begründen kann, wenn sie auf eine Beseitigung der Unkenntnis des Finanzamtes gerichtet ist. Dem lässt sich aber nur entnehmen, wie die im Interesse des geschützten Rechtsguts (Steueraufkommen ) bestehende Pflichtenstellung näher ausgestaltet sein muss, nicht aber, wer Träger der Pflicht ist.
61
(4) Ein Vergleich mit dem Bußgeldtatbestand des § 378 Abs. 1 AO zeigt, dass auch das Steuerstraf- bzw. Ordnungswidrigkeitenrecht Beschränkungen des Täterkreises kennt. Bei dieser Vorschrift ist der Täterkreis eingeschränkt auf Steuerpflichtige sowie Personen, „die bei Wahrnehmung der Angelegenheiten eines Steuerpflichtigen eine der in § 370 Abs. 1 AO bezeichnete Tat leicht- fertig“ begeht. Eine derartige Begrenzung des Täterkreises enthält § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO nicht.
62
(5) Auch der Schutzzweck der Norm gebietet keine Beschränkung auf die Verletzung eigener steuerlicher Pflichten. Denn geschütztes Rechtsgut ist bei allen Tatbeständen des § 370 AO das öffentliche Interesse des Staates am vollständigen und rechtzeitigen Aufkommen jeder einzelnen Steuerart (vgl. BGH, Urteil vom 25. Januar 1995 - 5 StR 491/94, BGHSt 41, 1 und Beschluss vom 22. November 2012 - 1 StR 537/12 [zur Veröffentlichung in BGHSt vorgesehen ] mwN). Alle Tatbestandsvarianten des § 370 Abs. 1 AO enthalten daher auch einheitlich als Taterfolg die Verkürzung von Steuern sowie die Erlangung nicht gerechtfertigter Steuervorteile für sich oder einen anderen.
63
dd) Schließlich trifft auch der Hinweis des Landgerichts zu, dass es zuweilen allein von der Ausgestaltung der steuerlichen Normen abhängt, ob eine Tatbegehung durch aktives Tun (§ 370 Abs. 1 Nr. 1 AO) oder eine solche durch Unterlassen (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO) in Betracht kommt, was - etwa auch im Bereich mittelbarer Täterschaft - erhebliche Auswirkungen auf die Strafbarkeit von Tatbeteiligten haben kann.
64
ee) Der Senat erkennt ausdrücklich an, dass das Landgericht mit sorgfältiger Begründung gegen die bisherige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs Stellung bezogen und damit eine Änderung der Rechtsprechung angeregt hat. Gleichwohl hält er an der Rechtsprechung fest, dass Täter einer Steuerhinterziehung durch Unterlassen gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO nur derjenige sein kann, der selbst zur Aufklärung steuerlich erheblicher Tatsachen besonders verpflichtet ist. Denn der Wortlaut dieser Strafnorm lässt eine andere Auslegung nicht zu (vgl. Art. 103 Abs. 2 GG). Nach Auffassung des Senats bezieht sich das Merkmal „pflichtwidrig“ allein auf das Verhalten des Täters (bei dem es sich indes nicht um den Steuerpflichtigen handeln muss), nicht allgemein auf dasjenige irgendeines Tatbeteiligten. Damit kommt eine Zurechnung fremder Pflichtverletzungen auch dann nicht in Betracht, wenn sonst nach allgemeinen Grundsätzen Mittäterschaft vorliegen würde.
65
Anders wäre dies etwa, wenn der Gesetzgeber die Formulierung „wer bewirkt, dass die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis gelassen werden“, gewählt hätte. Es bleibt daher dem Gesetzgeber vorbehalten, etwaige Ungereimtheiten im Anwendungsbereich der Tatbestände des § 370 Abs. 1 AO zu beseitigen. Im Übrigen kann ein Tatgericht den Umstand, dass eine nur als Gehilfe strafbare Person Tatherrschaft hatte, im Rahmen des nach erfolgter Strafrahmenverschiebung gemäß § 27 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB eröffneten Strafrahmens erheblich strafschärfend werten.
66
b) Entgegen der Auffassung des Landgerichts ergibt sich die für eine Unterlassungsstrafbarkeit nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO somit erforderliche Erklä- rungspflicht des Angeklagten nicht daraus, dass er als „Mitunternehmer“ gemäß § 2 UStG verpflichtet gewesen wäre, gemäß § 18 UStG die von den Einlieferern getätigten Umsätze anzumelden.
67
Dies gilt unabhängig von dem Umstand, dass das Landgericht mit dem Begriff des Mitunternehmers einen im Umsatzsteuerrecht nicht gebräuchlichen (vgl. BFH, Urteil vom 18. März 1988 - V R 178/83, DStR 1988, 516, 517) Begriff des Einkommensteuergesetzes (vgl. § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG) verwendet hat. Dabei kann auch dahinstehen, ob die Bande, der sich der Angeklagte zur Begehung von Steuerstraftaten angeschlossen hatte, aufgrund geschlossenen Auftretens nach außen hin als eigenständiges Unternehmen im Sinne des § 2 UStG anzusehen sein könnte. Denn entgegen der Ansicht des Landgerichts waren jedenfalls bei den hier in Rede stehenden Goldverkäufen allein die „Strohleute“ die Unternehmer, die in einer Leistungsbeziehung zu den Scheide- anstalten standen, nicht die hinter den „Strohleuten“ stehende Bande. Die Einlieferer waren insoweit - obgleich „Strohleute“ - nicht als für die Leistungsbezie- hungen bedeutungslose „Nichtunternehmer“ anzusehen. Damit scheidet die vom Landgericht vorgenommene Zurechnung der von den Einlieferern getätigten Umsätze zur Bande als Leistungserbringerin aus.
68
aa) Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuergesetzes ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt (§ 2 Abs. 1 Satz 1 UStG). Vom Unternehmerbegriff des Umsatzsteuergesetzes werden zwar unabhängig von der Rechtsform Personen und Personenzusammenschlüsse aller Art erfasst. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs erbringt ein Zusammenschluss natürlicher Personen regelmäßig aber nur dann als selbständiger Unternehmer i.S.d. § 2 UStG Leistungen gegen Entgelt, wenn dem Leistungsempfänger diese Personenmehrheit als Schuldner der vereinbarten Leistung und Gläubiger des vereinbarten Entgelts gegenübersteht (vgl. BFH, Urteil vom 16. August 2001 - V R 67/00, UR 2002, 213; BFH, Urteil vom 18. März 1988 - V R 178/83, DStR 1988, 516, 517). Maßgeblich ist somit, ob der Zusammenschluss natürlicher Personen als solcher nach außen durch die Erbringung von Umsätzen erkennbar am Wirtschaftsverkehr teilnimmt (vgl. Klenk in Sölch/ Ringleb, UStG, 63. Lfg., § 2 Rn. 10 f.).
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bb) Ob und inwieweit die Bande, der sich der Angeklagte angeschlossen hatte, diese Voraussetzung erfüllte und sie damit als Unternehmerin im Sinne des § 2 UStG tätig wurde, ist den Urteilsfeststellungen nicht eindeutig zu entnehmen.
70
Letztlich kann dies hier auch dahinstehen. Denn die sich aus der Unternehmerstellung ergebenden Erklärungspflichten eines Unternehmers im Sinne des § 2 UStG beschränken sich auf diejenigen Umsätze, die seinem Unternehmen zuzuordnen sind. Dazu gehörten hier - für die Bande - die Goldlieferungen der Einlieferer an die Scheideanstalten nicht.
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(1) Wer bei einem Umsatz als Leistender anzusehen ist, ergibt sich nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs regelmäßig aus den abgeschlossenen zivilrechtlichen Vereinbarungen (vgl. BFH, Urteil vom 16. August 2001 - V R 67/00, UR 2002, 213; BFH, Urteil vom 26. Juni 2003 - V R 22/02, DStRE 2004, 153). Leistender ist damit in der Regel derjenige, der die Lieferungen oder sonstigen Leistungen im eigenen Namen gegenüber einem anderen selbst ausführt oder durch einen Beauftragten ausführen lässt. Ob eine Leistung dem Handelnden oder einem anderen zuzurechnen ist, hängt deshalb grundsätzlich davon ab, ob der Handelnde gegenüber dem Leistungsempfänger im eigenen Namen oder berechtigterweise im Namen eines anderen bei Ausführung entgeltlicher Leistungen aufgetreten ist (st. Rspr.; vgl. nur BFH, Urteil vom 12. Mai 2011 - V R 25/10, DStRE 2011, 1326 mwN). Dabei kann auch ein „Strohmann" Unternehmer und Leistender im Sinne des Umsatzsteuergesetzes sein. Er ist nicht deswegen unselbständig i.S.d. § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG, weil er im Innenverhältnis den Weisungen des Auftraggebers verpflichtet ist (BFH, Urteil vom 26. Juni 2003 - V R 22/02, DStRE 2004, 153). Ohne Bedeutung für die Beurteilung der Leistungsbeziehungen im Verhältnis zu Dritten ist grundsätzlich, aus welchen Gründen der „Hintermann“ gegenüber dem Vertragspartner des „Strohmanns“ und Leistungsempfänger (einem Dritten), als Leistender nicht in Erscheinung treten will (BFH aaO; zu den Leistungsbeziehungen zwischen Stroh- und Hintermann vgl. auch BFH, Urteil vom 12. Mai 2011 - V R 25/10, DStRE 2011, 1326).
72
(2) Unbeachtlich ist ein „vorgeschobenes" Strohmanngeschäft allerdings dann, wenn es nur zum Schein abgeschlossen wird, d.h. wenn beide Vertragsparteien einverständlich oder stillschweigend davon ausgehen, dass die Rechtswirkungen des Geschäfts gerade nicht zwischen ihnen, sondern zwischen dem Leistungsempfänger und dem „Hintermann" eintreten sollen (vgl. § 41 Abs. 2 AO; BFH, Urteil vom 12. Mai 2011 - V R 25/10, DStRE 2011, 1326 unter II.1.c; BFH, Beschluss vom 31. Januar 2002 - V B 108/01, BFHE 198, 208 = BStBl II 2004, 622, unter II.4.c; BFH, Beschluss vom 17. Oktober 2003 V B 111/02, BFH/NV 2004, 235; vgl. auch BGH, Urteil vom 22. Mai 2003 - 1 StR 520/02, BGHR AO § 370 Abs. 1 Nr. 1 Täter 4 = wistra 2003, 344). Letzteres ist insbesondere dann zu bejahen, wenn der Leistungsempfänger weiß oder davon ausgehen muss, dass derjenige, mit dem (als „Strohmann“) oder in dessen Namen das Rechtsgeschäft abgeschlossen wird, selbst keine eigene - ggf. auch durch Subunternehmer auszuführende - Verpflichtung aus dem Rechtsgeschäft übernehmen will (vgl. BFH, Urteil vom 12. Mai 2011 - V R 25/10, DStRE 2011, 1326 unter II.1.c; BFH, Beschluss vom 31. Januar 2002 - V B 108/01, BFHE 198, 208; BFH, Urteil vom 12. August 2009 - XI R 48/07, BFH/NV 2010, 259).
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(3) So verhielt es sich nach den Feststellungen hier nicht. Da nicht die Bande um den Angeklagten, sondern die Einlieferer gegenüber den Scheideanstalten auftraten und für letztere keine Anhaltspunkte bestanden, dass diese Personen für eine hinter ihnen stehende Person oder Personenmehrheit handelten und nur als „Rechnungsschreiber“ oder „Gutschriftsempfänger“ tätig wurden (vgl. BFH, Urteil vom 5. August 2010 - V R 13/09, BFH/NV 2011, 81 unter II.2.a.aa), waren die Einlieferer, auch soweit sie nur „Strohleute“ waren, bei den Goldveräußerungen an die Scheideanstalten als die leistenden Unternehmer anzusehen.
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Die Frage, ob die „Strohleute“ im Verhältnis zur Bande, von der sie das Altgold erhielten, wegen ihres kollusiven Zusammenwirkens ohne handelstypisches Verhalten nicht als Unternehmer anzusehen waren (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 8. Februar 2011 - 1 StR 24/10, BGHR UStG § 15 Abs. 1 Unternehmer 1; BGH, Urteil vom 22. Mai 2003 - 5 StR 520/02, BGHR AO § 370 Abs. 1 Nr. 1 Täter 4 = wistra 2003, 344), ist insoweit ohne Bedeutung.
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cc) Der Umstand, dass sowohl die gegenüber den Scheideanstalten nicht auftretenden Bandenmitglieder als auch die „Strohleute“ von Anfang an beabsichtigten, auf der Grundlage der Altgoldgeschäfte Umsatzsteuern zu hinterziehen , steht der Annahme steuerbarer und steuerpflichtiger Ausgangsumsätze (Lieferungen) der Einlieferer nicht entgegen (vgl. BFH, Urteil vom 5. August 2010 - V R 13/09, BFH/NV 2011, 81 unter II.2.a.bb mwN; zum Entstehen einer anzumeldenden Steuerschuld gemäß § 14c Abs. 2 UStG, wenn der Einlieferer die Ausstellung einer unrichtigen Gutschrift veranlasst, vgl. BGH, Urteil vom 27. Oktober 2011 - 5 StR 14/11, NStZ 2012, 267, 268; vgl. auch Korn in Bunjes, UStG, 11. Aufl., § 14c Rn. 5; Wagner in Sölch/Ringleb, UStG, 68. Lfg., § 14c Rn. 152 f.).
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c) Leistende Unternehmer und damit als Steuerpflichtige zur Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen für die Altgoldlieferungen an die Scheideanstalten verpflichtet waren somit die „Strohleute“ als Unternehmer und nicht der Angeklagte. Jedoch bestand daneben für den Angeklagten als Verfügungsberechtigten im Sinne von § 35 AO eine eigenständige Rechtspflicht, dafür Sorge zu tragen, dass die umsatzsteuerlichen Erklärungspflichten für die als „Strohleute“ eingesetzten Einlieferer erfüllt werden.
77
aa) Nach § 35 AO hat derjenige, der als Verfügungsberechtigter im eigenen oder fremden Namen auftritt, die Pflichten eines gesetzlichen Vertreters (§ 34 Abs. 1 AO), soweit er sie rechtlich und tatsächlich erfüllen kann. Wer daher in diesem Sinne als Verfügungsberechtigter auftritt, hat unter der Voraussetzung , dass er dazu tatsächlich und rechtlich in der Lage ist, wie der gesetzliche Vertreter nach § 34 Abs. 1 AO die steuerlichen Pflichten des Rechtsträgers zu erfüllen (vgl. BFH, Urteil vom 24. April 1991 - I R 56/89, BFH/NV 1992, 76). Zu den von ihm zu erfüllenden Pflichten gehört insbesondere die Abgabe von Steuererklärungen (etwa von Umsatzsteuervoranmeldungen oder Umsatzsteuerjahreserklärungen , vgl. BFH, Urteil vom 5. August 2010 - V R 13/09, BFH/NV 2011, 81 sowie Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 6. Juni 2008 - 11 K 573/06, EFG 2009, 1610; vgl. auch BGH, Urteil vom 8. November 1989 - 3 StR 249/89, BGHR AO § 35 Verfügungsberechtigter 2 sowie BGH, Urteil vom 12. November 1986 - 3 StR 405/86, BGHR AO § 370 Abs. 1 Nr. 2 Mittäter
1) und die Entrichtung der Steuern aus den vorhandenen Mitteln.
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(1) Verfügungsberechtigter im Sinne des § 35 AO ist jeder, der nach dem Gesamtbild der Verhältnisse rechtlich und wirtschaftlich über Mittel, die einem anderen zuzurechnen sind, verfügen kann und als solcher nach außen auftritt (vgl. BFH, Urteil vom 5. August 2010 - V R 13/09, BFH/NV 2011, 81; BFH, Urteil vom 27. November 1990 - VII R 20/89, BStBl. II 1991, 284; Krömker in Lippross , Basiskommentar Steuerrecht, 65. Lfg., § 35 AO Rn. 2; Gmach, DStZ 2001, 341, 342; Ransiek in Kohlmann, Steuerstrafrecht, 40. Lfg., § 370 AO Rn. 118 ff.).
79
Nicht ausreichend ist eine rein tatsächliche Verfügungsmacht, etwa die Möglichkeit, über (allein) wirtschaftlichen Druck auf die Verfügungen des Steuerpflichtigen Einfluss zu nehmen (vgl. hierzu BFH, Urteil vom 16. März 1995 - VII R 38/94, BStBl. II 1995, 859 betreffend eine Bank; Mösbauer, DB 2005, 1816, 1819); vielmehr muss die Verfügungsmöglichkeit rechtlich eingeräumt worden sein, sodass der Verfügungsberechtigte aufgrund bürgerlich-rechtlicher Verfügungsmacht im Außenverhältnis wirksam handeln kann (vgl. BFH, Urteil vom 21. Februar 1989 - VII R 165/85, BStBl. II 1989, 491 unter II.1.; Jatzke in Beermann/Gosch, 62. Lfg., § 35 AO Rn. 7). Entscheidend für die Pflichtenstellung des § 35 AO ist, dass der Verfügungsberechtigte durch die Übertragung der rechtlichen Verfügungsbefugnis (in der Regel durch Rechtsgeschäft, vgl. Schwarz, AO, 122. Lfg., § 35 AO Rn. 7) in die Lage versetzt worden ist, am Rechtsverkehr wirksam teilzunehmen (vgl. Jatzke aaO Rn. 7).
80
Eine mittelbare rechtliche Verfügungsbefugnis genügt. Verfügungsberechtigt im Sinne des § 35 AO ist daher auch, wer aufgrund seiner Stellung die Pflichten des gesetzlichen Vertreters erfüllen kann oder durch die Bestellung entsprechender Organe erfüllen lassen kann (vgl. Boeker in Hübschmann/ Hepp/Spitaler (HHSp), AO, Lfg. 205, § 35 AO Rn. 8 mwN). Gleiches gilt für denjenigen, der kraft eines Rechtsverhältnisses den Vertretenen steuern und über seine Mittel verfügen kann (vgl. zu einem Treuhand- oder sonstigen Auftragsverhältnis : Finanzgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 25. Juni 2008 - 12 K 407/04, Rn. 87 ff. [juris], EFG 2008, 1434). Auch wenn ein Geschäftsherr einem Dritten für einen bestimmten Geschäftsbereich völlig freie Hand lässt, so kann dieser Dritte nach den Umständen des Einzelfalls für den Geschäftsbereich , den er übernommen hat, als Verfügungsberechtigter im Sinne des § 35 AO anzusehen sein (vgl. Schwarz aaO Rn. 7).
81
(2) Nur wer als Verfügungsberechtigter nach außen auftritt, kann Verfügungsberechtigter im Sinne des § 35 AO sein (vgl. BFH, Beschluss vom 26. April 2010 - VII B 194/09, BFH/NV 2010, 1610 unter II.3.; BFH, Urteil vom 24. April 1991 - I R 56/89, BFH/NV 1992, 76). Auftreten bedeutet Teilnahme am Wirtschafts- und Rechtsverkehr, die über die Beziehungen zum Rechtsinhaber hinausgeht (vgl. BFH, Urteil vom 29. Oktober 1985 - VII R 186/82, BFH/NV 1986, 192 unter 1., noch zu § 108 RAO; Niedersächsisches Finanzgericht, Ur- teil vom 9. Juli 1991 - XI 508/90, EFG 1992, 239; Boeker in HHSp, Lfg. 205, § 35 Rn. 10; Rüsken in Klein, AO, 11. Aufl., § 35 Rn. 7).
82
Keine Voraussetzung ist ein Auftreten gerade gegenüber den Finanzbehörden oder in steuerlichen Angelegenheiten (vgl. BFH, Urteil vom 27. November 1990 - VII R 20/89, BStBl. II 1991,284; BFH, Urteil vom 21. Februar 1989 - VII R 165/85, BStBl. II 1989, 491 mwN; Niedersächsisches Finanzgericht aaO; Gmach, DStZ 2001, 341, 342), vielmehr genügt, dass der Verfügungsberechtigte gegenüber irgendjemandem - nach außen - im Rechtsverkehr als solcher aufgetreten ist (vgl. BFH, Urteil vom 29. Oktober 1985 - VII R 186/82, BFH/NV 1986, 192 unter 1.).
83
Das Auftreten muss auch nicht in einer Disposition über fremdes Vermögen bestehen. Es reicht aus, wenn der Verfügungsberechtigte sich nach außen so geriert, als könne er über fremdes Vermögen verfügen. Nimmt etwa ein faktischer Geschäftsführer oder „faktischer Leiter“ (vgl. BFH, Beschluss vom 10. Oktober 1994 - I B 228/93, BFH/NV 1995, 662) eines Unternehmens Geschäftsführungsaufgaben tatsächlich wahr, so reicht es aus, wenn er lediglich gegenüber einer „begrenzten Öffentlichkeit“, etwa im Rahmen von Gesellschafterversammlungen , zu erkennen gibt, dass er als solcher über das Vermögen verfügen kann, das Auftreten gegenüber der „allgemeinen Öffentlichkeit“ aber weisungsabhängigen Personen überlässt (vgl. BFH, Urteil vom 5. August 2010 - V R 13/09, BFH/NV 2011, 81; BFH, Urteil vom 24. April 1991 - I R 56/89, BFH/NV 1992, 76; vgl. auch BFH, Beschluss vom 9. Januar 2013 - VII B 67/12 sowie Merkt, AO-StB 2009, 81, 84). Hält sich der faktisch Leitende selbst im Hintergrund und bedient er sich zur Ausübung seiner Verfügungsbefugnis der Unterstützung weisungsgebundener Personen, wird er nach § 35 AO nur verpflichtet, wenn die Weisungsabhängigkeit auch nach außen - mithin mindestens gegenüber einer „begrenzten Öffentlichkeit“ - erkennbar wird (BFH, Beschluss vom 26. April 2010 - VII B 194/09, BFH/NV 2010, 1610 unter II.3 mwN; vgl. auch Rüsken in Klein, AO, 11. Aufl., § 35 Rn. 7). Diese Grundsätze gelten für Einzelunternehmen entsprechend (vgl. BFH, Beschluss vom 11. Dezember 2007 - VII B 172/07, BFH/NV 2008, 748; zur faktischen Unternehmensbeherrschung bei Einzelunternehmen vgl. auch Köhler in Wabnitz /Janovsky, Handbuch des Wirtschafts- und Steuerstrafrechts, 3. Aufl. 2007, Kap. 7, Rn. 274 sowie Bieneck in Müller-Gugenberger/Bieneck, Wirtschaftsstrafrecht , 5. Aufl., § 77 Rn. 20).
84
(3) Wer als Verfügungsberechtigter auftritt, hat die steuerlichen Pflichten eines gesetzlichen Vertreters nur in dem Umfang zu erfüllen, wie er dies tatsächlich und rechtlich kann (§ 35 AO 2. Halbsatz). Mit Blick auf die ansonsten weitgehende Bedeutungslosigkeit der Vorschrift des § 35 AO gegenüber dem bereits über § 34 Abs. 1 AO unmittelbar erfassten Personenkreis ist aber nicht erforderlich, dass der Verfügungsberechtigte unmittelbar rechtlich zur Pflichtenerfüllung in der Lage ist, mittelbares Können genügt daher (vgl. BFH, Urteil vom 16. März 1995 - VII R 38/94, BFHE 177, 209, BStBl. II 1995, 859 unter 3.a.; BFH, Urteil vom 7. April 1992 - VII R 104/90, BFH/NV 1993, 213; BFH, Urteil vom 27. November 1990 - VII R 20/89, BFHE 163, 106, BStBl. II 1991, 284).
85
Steuerliche Pflichten sind daher auch dann rechtlich und tatsächlich erfüllbar , wenn zwar keine unmittelbare Vertretungsbefugnis besteht, die rechtliche Stellung jedoch eine verbindliche Weisung an den Vertretenen ermöglicht (Koenig in Pahlke/Koenig, AO, 2. Aufl., § 35 Rn. 14). Aber auch derjenige, der kraft eines Vertragsverhältnisses den Steuerpflichtigen steuern und deshalb über dessen Mittel verfügen kann, kann im Einzelfall tatsächlich und rechtlich in der Lage sein, die steuerlichen Pflichten eines gesetzlichen Vertreters zu erfüllen (vgl. Finanzgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 25. Juni 2008 - 12 K 407/04, Rn. 87 ff. [juris], EFG 2008, 1434).
86
bb) Gemessen an diesen Maßstäben war der Angeklagte Verfügungsberechtigter im Sinne des § 35 AO. Er kam seiner sich hieraus ergebenden Ver- pflichtung, für die als „Strohleute“ tätigen Einlieferer die Goldverkäufe umfas- sende Umsatzsteuervoranmeldungen abzugeben, nicht nach, obwohl er hierzu tatsächlich und rechtlich zumindest mittelbar in der Lage war.
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(1) Die Einlieferer traten zwar gegenüber den Scheideanstalten selbst nach außen auf. Im Verhältnis zu den führenden Bandenmitgliedern - also auch zum Angeklagten - waren sie jedoch bei den Goldgeschäften als abhängige und unselbständige „Strohleute“ eingebunden und hatten sämtliche Geschäftsabläufe wirtschaftlich aus der Hand gegeben (vgl. zur faktischen Führung von Strohmannfirmen vgl. BGH, Beschluss vom 13. Dezember 2012 - 5 StR 407/12, NJW 2013, 624). Die Goldgeschäfte waren ihnen nicht nur hinsichtlich Zeit und Umfang vorgegeben; auch mussten sie den ihnen überwiesenen Kaufpreis nach fest vorgegebenen Abläufen abheben und gegen eine Provision, die ebenfalls nach festen Kriterien bestimmt war, aushändigen. Ihr Verhalten gegenüber den Finanzbehörden wurde dirigiert, indem ihnen entweder entspre- chende „Buchhaltung“ (Abdeckrechnungen) ausgehändigt wurde oder sie mit gefälschten Papieren ausgestattet wurden, die ein Auftreten gegenüber dem Finanzamt von vornherein entbehrlich machten. Die zu einer Begleichung der Umsatzsteuerschuld (Belieferung der Goldscheideanstalten) notwendigen und zunächst auch vorhandenen Mittel, die ihnen ein steuerehrliches Verhalten ermöglicht hätten, wurden ihnen nach den ihnen vorgegebenen Geschäftsabläufen entzogen. Damit ließen die Einlieferer dem Angeklagten sowie den weiteren „führenden“ Mitgliedern der Bande insgesamt völlig freie Hand.
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Die hieraus resultierende Leitungsmacht des Angeklagten wird besonders deutlich in den Fällen, in denen der Angeklagte selbst die Einlieferer zum Zwecke des Goldhandels anwarb, ihnen gefälschte Papiere besorgte und ihnen Anweisungen zur Erledigung notwendiger Formalitäten erteilte. Aber auch soweit anstelle des Angeklagten die weiteren führenden Mitglieder der Bande bei der Einflussnahme auf die „Strohleute“ mitwirkten, gilt im Ergebnis nichts ande- res. Sie handelten auf der Grundlage einer gemeinsamen Absprache, die ba- sierend auf dem „bewährten Geschäftsmodell“ eine intern arbeitsteilige Vorgehensweise vorsah. Einschränkungen der Befugnisse des Angeklagten waren damit aber nicht verbunden.
89
Jedenfalls gegenüber den Einlieferern und den weiteren führenden Bandenmitgliedern , also gegenüber einer „begrenzten Öffentlichkeit“ trat der Angeklagte als einer der faktischen „Leiter“ der Unternehmen der Einlieferer auf. Soweit der Angeklagte den Einlieferern gefälschte Papiere verschafft hatte und sie bei der Erledigung der erforderlichen Formalitäten begleitete, trat er zudem gegenüber der „allgemeinen Öffentlichkeit“ auf. Als der Angeklagte etwa in Be- gleitung von Einlieferern bei einer Steuerberaterin, der Zeugin L. , erschien, trat der Angeklagte, so deren Wahrnehmung, als derjenige auf, der „die Geschäfte gemacht“ hat (UA S. 115). Demgegenüber beschränkte sich das Handeln der Einlieferer auf die Einlieferung des Goldes bei den Scheideanstalten sowie auf Treffen mit dem Angeklagten oder anderen führenden Bandenmitgliedern , um dabei Geld und Gutschriften auszuhändigen oder Abdeckrechnungen sowie Gold entgegenzunehmen.
90
Der Angeklagte war auch in der Lage, zumindest mittelbar über die jeweiligen Einlieferer und die weiteren führenden Bandenmitglieder, der Verpflichtung zur Einreichung von Umsatzsteuervoranmeldungen nachzukommen. Denn er hatte Zugriff auf die Gutschriften der Goldscheideanstalten, anhand deren die Umsatzsteuervoranmeldungen hätten erstellt werden können. Zudem war er nach der getroffenen Bandenabrede auch für die „Logistik“ und damit für die Erstellung der Abdeckrechnungen anhand der Gutschriften verantwortlich.
Damit trafen ihn als Verfügungsberechtigten im Sinne des § 35 AO die Pflichten eines gesetzlichen Vertreters.
91
(2) Für die Fälle 20 bis 22 und 29 der Urteilsgründe gilt nichts Abweichendes. Zwar haben die Einlieferer Y. und D. in diesen Fällen aus Nachlässigkeit oder sonstigen Gründen abredewidrig statt unrichtiger Voranmeldungen überhaupt keine Erklärungen abgegeben. Dies beseitigte aber nicht die auch in diesen Fällen bestehende, sich aus der „arbeitnehmerähnlichen Stellung“ dieser „Strohleute“ ergebende Verfügungsbefugnis des Angeklagten i.S.v. § 35 AO.
92
(3) Damit traf den Angeklagten in den Fällen 20 bis 22 sowie 27 bis 29 der Urteilsgründe neben den anderen führenden Bandenmitgliedern Ba. und Gl. eine sich aus § 35 AO ergebende Pflicht, für die Unternehmen der als „Strohleute“ tätigen Einlieferer Umsatzsteuervoranmeldungen abzugeben. Dieser Pflicht sind sie gemeinschaftlich (vgl. hierzu allgemein Weigend in LKStGB , 12. Aufl., § 13 Rn. 82 mwN) nicht nachgekommen und haben sich daher - wie vom Landgericht ausgeurteilt - wegen in Mittäterschaft begangener Steuerhinterziehung durch Unterlassen gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO, § 25 Abs. 2 StGB strafbar gemacht.
93
4. Fallgruppe I.2.b (Fälle 19 sowie 23 bis 26 der Urteilsgründe)
94
Im Gegensatz zur Fallgruppe I.2.a hält der Schuldspruch wegen Steuerhinterziehung durch Unterlassen in den Fällen der Fallgruppe I.2.b (Fälle 19 sowie 23 bis 26 der Urteilsgründe) rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Denn in diesen Fällen traf den Angeklagten keine Offenbarungspflicht für die von den als Einlieferern tätigen Bandenmitgliedern G. und Gl. mit den Scheideanstalten getätigten Umsätze. Der Senat stellt jedoch den Schuldspruch auf Beihilfe (§ 27 StGB) um.
95
a) Gegenüber den Scheideanstalten wurden hier allein die führenden Bandenmitglieder G. und Gl. , die insoweit als Einlieferer auftraten, als Unternehmer i.S.v. § 2 UStG tätig, nicht die hinter diesen stehende Bande. Der Angeklagte war daher auch nicht als Bandenmitglied zur Offenbarung dieser Umsätze gegenüber den Finanzbehörden verpflichtet.
96
b) Auch aus § 35 AO traf den Angeklagten nicht die Pflicht, für die als Einzelunternehmer tätigen G. und Gl. die steuerlichen Pflichten wahrzunehmen. Denn anders als die übrigen Einlieferer („Strohleute“) waren die Bandenmitglieder G. und Gl. nicht lediglich völlig weisungsabhängige „Strohleute“, sondern nahmen ebenfalls Führungspositionen innerhalb der Bande ein. Dementsprechend ermöglichten es die internen Absprachen dem Angeklagten weder, in den Geschäftsablauf von G. oder Gl. als Einlieferer aktiv einzugreifen noch deren Geschäfte „treuhänderisch“ zu führen. Der Angeklagte hatte daher gegenüber diesen Personen keine Stellung inne, die ihn hinsichtlich deren Einzelunternehmen als Verfügungsberechtigten i.S.v. § 35 AO qualifizieren würde.
97
c) Sonstige Offenbarungspflichten gegenüber den Finanzbehörden sind nicht ersichtlich. Insbesondere hat der Angeklagte hier jedenfalls wegen der Besonderheiten des Besteuerungsverfahrens im Umsatzsteuerrecht (§ 18 UStG, § 168 AO) auch keine Offenbarungspflichten aus einer sich etwa aus dem von der Bande betriebenen Hinterziehungssystem ergebenden Garantenstellung (Ingerenz) verletzt.
98
d) Der Senat kann den Schuldspruch jedoch auf Beihilfe (§ 27 StGB), die von den Feststellungen getragen wird, abändern. Er schließt aus, dass sich der Angeklagte gegen diesen Vorwurf anders als geschehen hätte verteidigen können.

III.


99
Die Schuldspruchänderung von Steuerhinterziehung auf Beihilfe zur Steuerhinterziehung in Fallgruppe I.2.b (Fälle 19 sowie 23 bis 26 der Urteilsgründe ) zieht die Aufhebung der Einzelstrafen in diesen Fällen sowie des Gesamtstrafenausspruchs nach sich. Im Übrigen ist die Strafzumessung rechtsfehlerfrei.

IV.


100
Einer Aufhebung von Feststellungen bedarf es bei dem hier allein vorliegenden Subsumtionsfehler nicht. Das neue Tatgericht darf allerdings weitere Feststellungen treffen, die mit den bisherigen nicht im Widerspruch stehen. Nack Rothfuß Graf Jäger Radtke

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 09. Apr. 2013 - 1 StR 586/12

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 09. Apr. 2013 - 1 StR 586/12

Referenzen - Gesetze

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge
Bundesgerichtshof Urteil, 09. Apr. 2013 - 1 StR 586/12 zitiert 24 §§.

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Strafprozeßordnung - StPO | § 344 Revisionsbegründung


(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen. (2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer R

Einkommensteuergesetz - EStG | § 15 Einkünfte aus Gewerbebetrieb


(1) 1Einkünfte aus Gewerbebetrieb sind 1. Einkünfte aus gewerblichen Unternehmen. 2Dazu gehören auch Einkünfte aus gewerblicher Bodenbewirtschaftung, z. B. aus Bergbauunternehmen und aus Betrieben zur Gewinnung von Torf, Steinen und Erden, soweit sie

Strafgesetzbuch - StGB | § 49 Besondere gesetzliche Milderungsgründe


(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes: 1. An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.2. Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf hö

Umsatzsteuergesetz - UStG 1980 | § 15 Vorsteuerabzug


(1) Der Unternehmer kann die folgenden Vorsteuerbeträge abziehen: 1. die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Die Ausübung des Vorsteuera

Abgabenordnung - AO 1977 | § 370 Steuerhinterziehung


(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer1.den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,2.die Finanzbehörden pflichtwidrig über steu

Umsatzsteuergesetz - UStG 1980 | § 14 Ausstellung von Rechnungen


(1) Rechnung ist jedes Dokument, mit dem über eine Lieferung oder sonstige Leistung abgerechnet wird, gleichgültig, wie dieses Dokument im Geschäftsverkehr bezeichnet wird. Die Echtheit der Herkunft der Rechnung, die Unversehrtheit ihres Inhalts und

Strafgesetzbuch - StGB | § 27 Beihilfe


(1) Als Gehilfe wird bestraft, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat. (2) Die Strafe für den Gehilfen richtet sich nach der Strafdrohung für den Täter. Sie ist nach § 49 Abs. 1 zu milde

Umsatzsteuergesetz - UStG 1980 | § 2 Unternehmer, Unternehmen


(1) Unternehmer ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbstständig ausübt, unabhängig davon, ob er nach anderen Vorschriften rechtsfähig ist. Das Unternehmen umfasst die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers. G

Strafgesetzbuch - StGB | § 25 Täterschaft


(1) Als Täter wird bestraft, wer die Straftat selbst oder durch einen anderen begeht. (2) Begehen mehrere die Straftat gemeinschaftlich, so wird jeder als Täter bestraft (Mittäter).

Umsatzsteuergesetz - UStG 1980 | § 18 Besteuerungsverfahren


(1) Der Unternehmer hat vorbehaltlich des § 18i Absatz 3, des § 18j Absatz 4 und des § 18k Absatz 4 bis zum zehnten Tag nach Ablauf jedes Voranmeldungszeitraums eine Voranmeldung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung zu ü

Abgabenordnung - AO 1977 | § 34 Pflichten der gesetzlichen Vertreter und der Vermögensverwalter


(1) Die gesetzlichen Vertreter natürlicher und juristischer Personen und die Geschäftsführer von nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen und Vermögensmassen haben deren steuerliche Pflichten zu erfüllen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass

Strafgesetzbuch - StGB | § 266a Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt


(1) Wer als Arbeitgeber der Einzugsstelle Beiträge des Arbeitnehmers zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung, unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt gezahlt wird, vorenthält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldst

Umsatzsteuergesetz - UStG 1980 | § 14c Unrichtiger oder unberechtigter Steuerausweis


(1) Hat der Unternehmer in einer Rechnung für eine Lieferung oder sonstige Leistung einen höheren Steuerbetrag, als er nach diesem Gesetz für den Umsatz schuldet, gesondert ausgewiesen (unrichtiger Steuerausweis), schuldet er auch den Mehrbetrag. Ber

Abgabenordnung - AO 1977 | § 168 Wirkung einer Steueranmeldung


Eine Steueranmeldung steht einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleich. Führt die Steueranmeldung zu einer Herabsetzung der bisher zu entrichtenden Steuer oder zu einer Steuervergütung, so gilt Satz 1 erst, wenn die Finanzbehörde z

Abgabenordnung - AO 1977 | § 41 Unwirksame Rechtsgeschäfte


(1) Ist ein Rechtsgeschäft unwirksam oder wird es unwirksam, so ist dies für die Besteuerung unerheblich, soweit und solange die Beteiligten das wirtschaftliche Ergebnis dieses Rechtsgeschäfts gleichwohl eintreten und bestehen lassen. Dies gilt nicht

Abgabenordnung - AO 1977 | § 378 Leichtfertige Steuerverkürzung


(1) Ordnungswidrig handelt, wer als Steuerpflichtiger oder bei Wahrnehmung der Angelegenheiten eines Steuerpflichtigen eine der in § 370 Abs. 1 bezeichneten Taten leichtfertig begeht. § 370 Abs. 4 bis 7 gilt entsprechend. (2) Die Ordnungswidrigke

Abgabenordnung - AO 1977 | § 35 Pflichten des Verfügungsberechtigten


Wer als Verfügungsberechtigter im eigenen oder fremden Namen auftritt, hat die Pflichten eines gesetzlichen Vertreters (§ 34 Abs. 1), soweit er sie rechtlich und tatsächlich erfüllen kann.

Abgabenordnung - AO 1977 | § 33 Steuerpflichtiger


(1) Steuerpflichtiger ist, wer eine Steuer schuldet, für eine Steuer haftet, eine Steuer für Rechnung eines Dritten einzubehalten und abzuführen hat, wer eine Steuererklärung abzugeben, Sicherheit zu leisten, Bücher und Aufzeichnungen zu führen oder

Strafgesetzbuch - StGB | § 356 Parteiverrat


(1) Ein Anwalt oder ein anderer Rechtsbeistand, welcher bei den ihm in dieser Eigenschaft anvertrauten Angelegenheiten in derselben Rechtssache beiden Parteien durch Rat oder Beistand pflichtwidrig dient, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis

Referenzen - Urteile

Bundesgerichtshof Urteil, 09. Apr. 2013 - 1 StR 586/12 zitiert oder wird zitiert von 42 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Urteil, 09. Apr. 2013 - 1 StR 586/12 zitiert 16 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 27. Okt. 2011 - 5 StR 14/11

bei uns veröffentlicht am 27.10.2011

5 StR 14/11 BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL vom 27. Oktober 2011 in der Strafsache gegen wegen gewerbsmäßigen Bandenbetrugs Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 27. Oktober 2011, an der teilgenommen haben:

Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Dez. 2012 - 5 StR 407/12

bei uns veröffentlicht am 13.12.2012

Nachschlagewerk: ja BGHSt : nein Veröffentlichung : ja StGB § 266 Zu den Anforderungen an die Annahme einer faktischen Geschäftsführerstellung gegenüber einem abhängigen Unternehmen. BGH, Beschluss vom 13. Dezember 2012 – 5 StR 407/12 LG B

Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Sept. 2012 - 1 StR 407/12

bei uns veröffentlicht am 25.09.2012

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 407/12 vom 25. September 2012 in der Strafsache gegen 1. 2. wegen Steuerhinterziehung u.a. Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. September 2012 beschlossen : Die Revisionen der Angeklagten gegen d

Bundesgerichtshof Urteil, 30. Juni 2005 - 5 StR 12/05

bei uns veröffentlicht am 30.06.2005

5 StR 12/05 BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL vom 30. Juni 2005 in der Strafsache gegen wegen Steuerhinterziehung u. a. Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 30. Juni 2005, an der teilgenommen haben: Vorsitzen

Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Nov. 2012 - 1 StR 537/12

bei uns veröffentlicht am 22.11.2012

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 537/12 vom 22. November 2012 BGHSt: ja BGHR: ja Nachschlagewerk: ja Veröffentlichung: ja _________________________ GG Art. 103 Abs. 2 AO § 370 Abs. 1 und 4 Zur Bezifferung aufgrund unrichtiger Feststellung

Bundesgerichtshof Urteil, 24. Okt. 2002 - 5 StR 600/01

bei uns veröffentlicht am 24.10.2002

Nachschlagewerk: ja BGHSt : ja, aber ohne die Ausführungen zu II. 2a und 3a (Verfahrensrügen ) Veröffentlichung: ja AO 1977 § 370 Abs. 1 Nr. 2 BranntwMonG § 143 1. Für ein Entziehen von verbrauchsteuerpflichtigen Waren aus einem Steueraussetz

Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Juli 2004 - 5 StR 85/04

bei uns veröffentlicht am 22.07.2004

5 StR 85/04 BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS vom 22. Juli 2004 in der Strafsache gegen wegen Steuerhinterziehung u. a. Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 22. Juli 2004 beschlossen: I. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urtei

Bundesgerichtshof Beschluss, 08. Feb. 2011 - 1 StR 24/10

bei uns veröffentlicht am 08.02.2011

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 24/10 vom 8. Februar 2011 BGHSt: nein BGHR: ja Nachschlagewerk: ja Veröffentlichung: ja _____________________________ AO § 370 Abs. 1 Nr. 1 UStG § 15 Abs. 1 Jedenfalls dann, wenn derjenige, für den eine Lieferu

Bundesgerichtshof Beschluss, 14. Apr. 2010 - 1 StR 105/10

bei uns veröffentlicht am 14.04.2010

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 105/10 vom 14. April 2010 in der Strafsache gegen wegen Steuerhinterziehung Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 14. April 2010 beschlossen: Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgeric

Bundesgerichtshof Beschluss, 27. März 2012 - 3 StR 63/12

bei uns veröffentlicht am 27.03.2012

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 StR 63/12 vom 27. März 2012 in der Strafsache gegen 1. 2. wegen Betruges Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerdeführer und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 2

Bundesgerichtshof Urteil, 22. Mai 2003 - 5 StR 520/02

bei uns veröffentlicht am 22.05.2003

Nachschlagewerk: ja BGHSt : nein Veröffentlichung: ja AO § 370 Abs. 1 Nr. 1; UStG § 2 Abs. 1 Eine Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO begeht, wer in Steuerverkürzungsabsicht Vorsteuer aus Rechnungen geltend macht, die von Personen gestel

Bundesfinanzhof Beschluss, 09. Jan. 2013 - VII B 67/12

bei uns veröffentlicht am 09.01.2013

Tatbestand 1 I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) war Alleingesellschafterin der nach britischem Recht gegründeten Firma … Ltd. (Ltd.), die die Vermietung v

Bundesfinanzhof Urteil, 12. Mai 2011 - V R 25/10

bei uns veröffentlicht am 12.05.2011

Tatbestand 1 I. Die Beteiligten streiten darüber, ob dem Kläger und Revisionskläger (Kläger) in den Streitjahren 1993 und 1994 Vermittlungsumsätze an die F-GmbH zuzurech

Bundesfinanzhof Urteil, 05. Aug. 2010 - V R 13/09

bei uns veröffentlicht am 05.08.2010

Tatbestand 1 I. Gegenstand des Rechtsstreits ist ein Haftungsbescheid, den der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) aufgrund § 71 der Abgabenordnung (AO)

Bundesfinanzhof Beschluss, 26. Apr. 2010 - VII B 194/09

bei uns veröffentlicht am 26.04.2010

Tatbestand 1 I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) war im Handelsregister als einziger und damit einzelvertretungsberechtigter Vorstand einer AG eingetragen. Nach

Finanzgericht Baden-Württemberg Urteil, 25. Juni 2008 - 12 K 407/04

bei uns veröffentlicht am 25.06.2008

Tatbestand   1 Streitig ist, ob der Kläger eine Steuerhinterziehung begangen oder an einer solchen Tat teilgenommen hat und deshalb gemäß § 71 der Abgabenordnung (AO 1977) für die verkürzten Steuern haftet. 2 Das Landgericht X verurteilt
26 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 09. Apr. 2013 - 1 StR 586/12.

Bundesgerichtshof Urteil, 27. Juni 2018 - 1 StR 282/17

bei uns veröffentlicht am 27.06.2018

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 1 StR 282/17 vom 27. Juni 2018 in der Strafsache gegen wegen Steuerhinterziehung ECLI:DE:BGH:2018:270618U1STR282.17.0 Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund derHauptverhandlung vom 26

Bundesgerichtshof Beschluss, 03. Dez. 2013 - 1 StR 579/13

bei uns veröffentlicht am 03.12.2013

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 579/13 vom 3. Dezember 2013 in der Strafsache gegen wegen Steuerhinterziehung Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 3. Dezember 2013 beschlossen : 1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des

Bundesgerichtshof Beschluss, 13. März 2019 - 1 StR 50/19

bei uns veröffentlicht am 13.03.2019

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 50/19 vom 13. März 2019 in der Strafsache gegen wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung ECLI:DE:BGH:2019:130319B1STR50.19.0 Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und de

Bundesgerichtshof Beschluss, 29. Jan. 2014 - 1 StR 469/13

bei uns veröffentlicht am 29.01.2014

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 469/13 vom 29. Januar 2014 in der Strafsache gegen wegen Steuerhinterziehung u.a. Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 29. Januar 2014 gemäß § 349 Abs. 2 StPO beschlossen: Die Revision des Angeklagten

Referenzen

Wer als Verfügungsberechtigter im eigenen oder fremden Namen auftritt, hat die Pflichten eines gesetzlichen Vertreters (§ 34 Abs. 1), soweit er sie rechtlich und tatsächlich erfüllen kann.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
2.
die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder
3.
pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt
und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) missbraucht,
3.
die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht,
4.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
5.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt oder
6.
eine Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(4) Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Steuervorteile sind auch Steuervergütungen; nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, soweit sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden. Die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 sind auch dann erfüllt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können.

(5) Die Tat kann auch hinsichtlich solcher Waren begangen werden, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch dann, wenn sich die Tat auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden oder die einem Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation oder einem mit dieser assoziierten Staat zustehen. Das Gleiche gilt, wenn sich die Tat auf Umsatzsteuern oder auf die in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. L 9 vom 14.1.2009, S. 12) genannten harmonisierten Verbrauchsteuern bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden.

(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten unabhängig von dem Recht des Tatortes auch für Taten, die außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes begangen werden.

(1) Als Täter wird bestraft, wer die Straftat selbst oder durch einen anderen begeht.

(2) Begehen mehrere die Straftat gemeinschaftlich, so wird jeder als Täter bestraft (Mittäter).

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
2.
die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder
3.
pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt
und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) missbraucht,
3.
die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht,
4.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
5.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt oder
6.
eine Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(4) Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Steuervorteile sind auch Steuervergütungen; nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, soweit sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden. Die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 sind auch dann erfüllt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können.

(5) Die Tat kann auch hinsichtlich solcher Waren begangen werden, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch dann, wenn sich die Tat auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden oder die einem Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation oder einem mit dieser assoziierten Staat zustehen. Das Gleiche gilt, wenn sich die Tat auf Umsatzsteuern oder auf die in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. L 9 vom 14.1.2009, S. 12) genannten harmonisierten Verbrauchsteuern bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden.

(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten unabhängig von dem Recht des Tatortes auch für Taten, die außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes begangen werden.

Wer als Verfügungsberechtigter im eigenen oder fremden Namen auftritt, hat die Pflichten eines gesetzlichen Vertreters (§ 34 Abs. 1), soweit er sie rechtlich und tatsächlich erfüllen kann.

(1) Rechnung ist jedes Dokument, mit dem über eine Lieferung oder sonstige Leistung abgerechnet wird, gleichgültig, wie dieses Dokument im Geschäftsverkehr bezeichnet wird. Die Echtheit der Herkunft der Rechnung, die Unversehrtheit ihres Inhalts und ihre Lesbarkeit müssen gewährleistet werden. Echtheit der Herkunft bedeutet die Sicherheit der Identität des Rechnungsausstellers. Unversehrtheit des Inhalts bedeutet, dass die nach diesem Gesetz erforderlichen Angaben nicht geändert wurden. Jeder Unternehmer legt fest, in welcher Weise die Echtheit der Herkunft, die Unversehrtheit des Inhalts und die Lesbarkeit der Rechnung gewährleistet werden. Dies kann durch jegliche innerbetriebliche Kontrollverfahren erreicht werden, die einen verlässlichen Prüfpfad zwischen Rechnung und Leistung schaffen können. Rechnungen sind auf Papier oder vorbehaltlich der Zustimmung des Empfängers elektronisch zu übermitteln. Eine elektronische Rechnung ist eine Rechnung, die in einem elektronischen Format ausgestellt und empfangen wird.

(2) Führt der Unternehmer eine Lieferung oder eine sonstige Leistung nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 aus, gilt Folgendes:

1.
führt der Unternehmer eine steuerpflichtige Werklieferung (§ 3 Abs. 4 Satz 1) oder sonstige Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück aus, ist er verpflichtet, innerhalb von sechs Monaten nach Ausführung der Leistung eine Rechnung auszustellen;
2.
führt der Unternehmer eine andere als die in Nummer 1 genannte Leistung aus, ist er berechtigt, eine Rechnung auszustellen. Soweit er einen Umsatz an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen oder an eine juristische Person, die nicht Unternehmer ist, ausführt, ist er verpflichtet, innerhalb von sechs Monaten nach Ausführung der Leistung eine Rechnung auszustellen. Eine Verpflichtung zur Ausstellung einer Rechnung besteht nicht, wenn der Umsatz nach § 4 Nummer 8 bis 29 steuerfrei ist. § 14a bleibt unberührt.
Unbeschadet der Verpflichtungen nach Satz 1 Nr. 1 und 2 Satz 2 kann eine Rechnung von einem in Satz 1 Nr. 2 bezeichneten Leistungsempfänger für eine Lieferung oder sonstige Leistung des Unternehmers ausgestellt werden, sofern dies vorher vereinbart wurde (Gutschrift). Die Gutschrift verliert die Wirkung einer Rechnung, sobald der Empfänger der Gutschrift dem ihm übermittelten Dokument widerspricht. Eine Rechnung kann im Namen und für Rechnung des Unternehmers oder eines in Satz 1 Nr. 2 bezeichneten Leistungsempfängers von einem Dritten ausgestellt werden.

(3) Unbeschadet anderer nach Absatz 1 zulässiger Verfahren gelten bei einer elektronischen Rechnung die Echtheit der Herkunft und die Unversehrtheit des Inhalts als gewährleistet durch

1.
eine qualifizierte elektronische Signatur oder
2.
elektronischen Datenaustausch (EDI) nach Artikel 2 der Empfehlung 94/820/EG der Kommission vom 19. Oktober 1994 über die rechtlichen Aspekte des elektronischen Datenaustausches (ABl. L 338 vom 28.12.1994, S. 98), wenn in der Vereinbarung über diesen Datenaustausch der Einsatz von Verfahren vorgesehen ist, die die Echtheit der Herkunft und die Unversehrtheit der Daten gewährleisten.

(4) Eine Rechnung muss folgende Angaben enthalten:

1.
den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers und des Leistungsempfängers,
2.
die dem leistenden Unternehmer vom Finanzamt erteilte Steuernummer oder die ihm vom Bundeszentralamt für Steuern erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer,
3.
das Ausstellungsdatum,
4.
eine fortlaufende Nummer mit einer oder mehreren Zahlenreihen, die zur Identifizierung der Rechnung vom Rechnungsaussteller einmalig vergeben wird (Rechnungsnummer),
5.
die Menge und die Art (handelsübliche Bezeichnung) der gelieferten Gegenstände oder den Umfang und die Art der sonstigen Leistung,
6.
den Zeitpunkt der Lieferung oder sonstigen Leistung; in den Fällen des Absatzes 5 Satz 1 den Zeitpunkt der Vereinnahmung des Entgelts oder eines Teils des Entgelts, sofern der Zeitpunkt der Vereinnahmung feststeht und nicht mit dem Ausstellungsdatum der Rechnung übereinstimmt,
7.
das nach Steuersätzen und einzelnen Steuerbefreiungen aufgeschlüsselte Entgelt für die Lieferung oder sonstige Leistung (§ 10) sowie jede im Voraus vereinbarte Minderung des Entgelts, sofern sie nicht bereits im Entgelt berücksichtigt ist,
8.
den anzuwendenden Steuersatz sowie den auf das Entgelt entfallenden Steuerbetrag oder im Fall einer Steuerbefreiung einen Hinweis darauf, dass für die Lieferung oder sonstige Leistung eine Steuerbefreiung gilt,
9.
in den Fällen des § 14b Abs. 1 Satz 5 einen Hinweis auf die Aufbewahrungspflicht des Leistungsempfängers und
10.
in den Fällen der Ausstellung der Rechnung durch den Leistungsempfänger oder durch einen von ihm beauftragten Dritten gemäß Absatz 2 Satz 2 die Angabe „Gutschrift”.
In den Fällen des § 10 Abs. 5 sind die Nummern 7 und 8 mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Bemessungsgrundlage für die Leistung (§ 10 Abs. 4) und der darauf entfallende Steuerbetrag anzugeben sind. Unternehmer, die § 24 Abs. 1 bis 3 anwenden, sind jedoch auch in diesen Fällen nur zur Angabe des Entgelts und des darauf entfallenden Steuerbetrags berechtigt. Die Berichtigung einer Rechnung um fehlende oder unzutreffende Angaben ist kein rückwirkendes Ereignis im Sinne von § 175 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und § 233a Absatz 2a der Abgabenordnung.

(5) Vereinnahmt der Unternehmer das Entgelt oder einen Teil des Entgelts für eine noch nicht ausgeführte Lieferung oder sonstige Leistung, gelten die Absätze 1 bis 4 sinngemäß. Wird eine Endrechnung erteilt, sind in ihr die vor Ausführung der Lieferung oder sonstigen Leistung vereinnahmten Teilentgelte und die auf sie entfallenden Steuerbeträge abzusetzen, wenn über die Teilentgelte Rechnungen im Sinne der Absätze 1 bis 4 ausgestellt worden sind.

(6) Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens durch Rechtsverordnung bestimmen, in welchen Fällen und unter welchen Voraussetzungen

1.
Dokumente als Rechnungen anerkannt werden können,
2.
die nach Absatz 4 erforderlichen Angaben in mehreren Dokumenten enthalten sein können,
3.
Rechnungen bestimmte Angaben nach Absatz 4 nicht enthalten müssen,
4.
eine Verpflichtung des Unternehmers zur Ausstellung von Rechnungen mit gesondertem Steuerausweis (Absatz 4) entfällt oder
5.
Rechnungen berichtigt werden können.

(7) Führt der Unternehmer einen Umsatz im Inland aus, für den der Leistungsempfänger die Steuer nach § 13b schuldet, und hat der Unternehmer im Inland weder seinen Sitz noch seine Geschäftsleitung, eine Betriebsstätte, von der aus der Umsatz ausgeführt wird oder die an der Erbringung dieses Umsatzes beteiligt ist, oder in Ermangelung eines Sitzes seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, so gelten abweichend von den Absätzen 1 bis 6 für die Rechnungserteilung die Vorschriften des Mitgliedstaats, in dem der Unternehmer seinen Sitz, seine Geschäftsleitung, eine Betriebsstätte, von der aus der Umsatz ausgeführt wird, oder in Ermangelung eines Sitzes seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat. Satz 1 gilt nicht, wenn eine Gutschrift gemäß Absatz 2 Satz 2 vereinbart worden ist. Nimmt der Unternehmer in einem anderen Mitgliedstaat an einem der besonderen Besteuerungsverfahren entsprechend Titel XII Kapitel 6 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. L 347 vom 11.12.2006, S. 1) in der jeweils gültigen Fassung teil, so gelten für die in den besonderen Besteuerungsverfahren zu erklärenden Umsätze abweichend von den Absätzen 1 bis 6 für die Rechnungserteilung die Vorschriften des Mitgliedstaates, in dem der Unternehmer seine Teilnahme anzeigt.

(1) Der Unternehmer kann die folgenden Vorsteuerbeträge abziehen:

1.
die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Die Ausübung des Vorsteuerabzugs setzt voraus, dass der Unternehmer eine nach den §§ 14, 14a ausgestellte Rechnung besitzt. Soweit der gesondert ausgewiesene Steuerbetrag auf eine Zahlung vor Ausführung dieser Umsätze entfällt, ist er bereits abziehbar, wenn die Rechnung vorliegt und die Zahlung geleistet worden ist;
2.
die entstandene Einfuhrumsatzsteuer für Gegenstände, die für sein Unternehmen nach § 1 Absatz 1 Nummer 4 eingeführt worden sind;
3.
die Steuer für den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen für sein Unternehmen, wenn der innergemeinschaftliche Erwerb nach § 3d Satz 1 im Inland bewirkt wird;
4.
die Steuer für Leistungen im Sinne des § 13b Absatz 1 und 2, die für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Soweit die Steuer auf eine Zahlung vor Ausführung dieser Leistungen entfällt, ist sie abziehbar, wenn die Zahlung geleistet worden ist;
5.
die nach § 13a Abs. 1 Nr. 6 geschuldete Steuer für Umsätze, die für sein Unternehmen ausgeführt worden sind.
Nicht als für das Unternehmen ausgeführt gilt die Lieferung, die Einfuhr oder der innergemeinschaftliche Erwerb eines Gegenstands, den der Unternehmer zu weniger als 10 Prozent für sein Unternehmen nutzt.

(1a) Nicht abziehbar sind Vorsteuerbeträge, die auf Aufwendungen, für die das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 bis 4, 7 oder des § 12 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes gilt, entfallen. Dies gilt nicht für Bewirtungsaufwendungen, soweit § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes einen Abzug angemessener und nachgewiesener Aufwendungen ausschließt.

(1b) Verwendet der Unternehmer ein Grundstück sowohl für Zwecke seines Unternehmens als auch für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, oder für den privaten Bedarf seines Personals, ist die Steuer für die Lieferungen, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb sowie für die sonstigen Leistungen im Zusammenhang mit diesem Grundstück vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen, soweit sie nicht auf die Verwendung des Grundstücks für Zwecke des Unternehmens entfällt. Bei Berechtigungen, für die die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke gelten, und bei Gebäuden auf fremdem Grund und Boden ist Satz 1 entsprechend anzuwenden.

(2) Vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist die Steuer für die Lieferungen, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen sowie für die sonstigen Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung folgender Umsätze verwendet:

1.
steuerfreie Umsätze;
2.
Umsätze im Ausland, die steuerfrei wären, wenn sie im Inland ausgeführt würden.
Gegenstände oder sonstige Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung einer Einfuhr oder eines innergemeinschaftlichen Erwerbs verwendet, sind den Umsätzen zuzurechnen, für die der eingeführte oder innergemeinschaftlich erworbene Gegenstand verwendet wird.

(3) Der Ausschluss vom Vorsteuerabzug nach Absatz 2 tritt nicht ein, wenn die Umsätze

1.
in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 1
a)
nach § 4 Nr. 1 bis 7, § 25 Abs. 2 oder nach den in § 26 Abs. 5 bezeichneten Vorschriften steuerfrei sind oder
b)
nach § 4 Nummer 8 Buchstabe a bis g, Nummer 10 oder Nummer 11 steuerfrei sind und sich unmittelbar auf Gegenstände beziehen, die in das Drittlandsgebiet ausgeführt werden;
2.
in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nr. 2
a)
nach § 4 Nr. 1 bis 7, § 25 Abs. 2 oder nach den in § 26 Abs. 5 bezeichneten Vorschriften steuerfrei wären oder
b)
nach § 4 Nummer 8 Buchstabe a bis g, Nummer 10 oder Nummer 11 steuerfrei wären und der Leistungsempfänger im Drittlandsgebiet ansässig ist oder diese Umsätze sich unmittelbar auf Gegenstände beziehen, die in das Drittlandsgebiet ausgeführt werden.

(4) Verwendet der Unternehmer einen für sein Unternehmen gelieferten, eingeführten oder innergemeinschaftlich erworbenen Gegenstand oder eine von ihm in Anspruch genommene sonstige Leistung nur zum Teil zur Ausführung von Umsätzen, die den Vorsteuerabzug ausschließen, so ist der Teil der jeweiligen Vorsteuerbeträge nicht abziehbar, der den zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führenden Umsätzen wirtschaftlich zuzurechnen ist. Der Unternehmer kann die nicht abziehbaren Teilbeträge im Wege einer sachgerechten Schätzung ermitteln. Eine Ermittlung des nicht abziehbaren Teils der Vorsteuerbeträge nach dem Verhältnis der Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, zu den Umsätzen, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, ist nur zulässig, wenn keine andere wirtschaftliche Zurechnung möglich ist. In den Fällen des Absatzes 1b gelten die Sätze 1 bis 3 entsprechend.

(4a) Für Fahrzeuglieferer (§ 2a) gelten folgende Einschränkungen des Vorsteuerabzugs:

1.
Abziehbar ist nur die auf die Lieferung, die Einfuhr oder den innergemeinschaftlichen Erwerb des neuen Fahrzeugs entfallende Steuer.
2.
Die Steuer kann nur bis zu dem Betrag abgezogen werden, der für die Lieferung des neuen Fahrzeugs geschuldet würde, wenn die Lieferung nicht steuerfrei wäre.
3.
Die Steuer kann erst in dem Zeitpunkt abgezogen werden, in dem der Fahrzeuglieferer die innergemeinschaftliche Lieferung des neuen Fahrzeugs ausführt.

(4b) Für Unternehmer, die nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässig sind und die nur Steuer nach § 13b Absatz 5, nur Steuer nach § 13b Absatz 5 und § 13a Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit § 14c Absatz 1 oder nur Steuer nach § 13b Absatz 5 und § 13a Absatz 1 Nummer 4 schulden, gelten die Einschränkungen des § 18 Absatz 9 Satz 5 und 6 entsprechend.

(5) Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung nähere Bestimmungen darüber treffen,

1.
in welchen Fällen und unter welchen Voraussetzungen zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens für den Vorsteuerabzug auf eine Rechnung im Sinne des § 14 oder auf einzelne Angaben in der Rechnung verzichtet werden kann,
2.
unter welchen Voraussetzungen, für welchen Besteuerungszeitraum und in welchem Umfang zur Vereinfachung oder zur Vermeidung von Härten in den Fällen, in denen ein anderer als der Leistungsempfänger ein Entgelt gewährt (§ 10 Abs. 1 Satz 3), der andere den Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen kann, und
3.
wann in Fällen von geringer steuerlicher Bedeutung zur Vereinfachung oder zur Vermeidung von Härten bei der Aufteilung der Vorsteuerbeträge (Absatz 4) Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, unberücksichtigt bleiben können oder von der Zurechnung von Vorsteuerbeträgen zu diesen Umsätzen abgesehen werden kann.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
2.
die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder
3.
pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt
und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) missbraucht,
3.
die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht,
4.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
5.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt oder
6.
eine Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(4) Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Steuervorteile sind auch Steuervergütungen; nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, soweit sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden. Die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 sind auch dann erfüllt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können.

(5) Die Tat kann auch hinsichtlich solcher Waren begangen werden, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch dann, wenn sich die Tat auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden oder die einem Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation oder einem mit dieser assoziierten Staat zustehen. Das Gleiche gilt, wenn sich die Tat auf Umsatzsteuern oder auf die in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. L 9 vom 14.1.2009, S. 12) genannten harmonisierten Verbrauchsteuern bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden.

(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten unabhängig von dem Recht des Tatortes auch für Taten, die außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes begangen werden.

(1) Als Täter wird bestraft, wer die Straftat selbst oder durch einen anderen begeht.

(2) Begehen mehrere die Straftat gemeinschaftlich, so wird jeder als Täter bestraft (Mittäter).

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
2.
die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder
3.
pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt
und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) missbraucht,
3.
die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht,
4.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
5.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt oder
6.
eine Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(4) Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Steuervorteile sind auch Steuervergütungen; nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, soweit sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden. Die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 sind auch dann erfüllt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können.

(5) Die Tat kann auch hinsichtlich solcher Waren begangen werden, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch dann, wenn sich die Tat auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden oder die einem Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation oder einem mit dieser assoziierten Staat zustehen. Das Gleiche gilt, wenn sich die Tat auf Umsatzsteuern oder auf die in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. L 9 vom 14.1.2009, S. 12) genannten harmonisierten Verbrauchsteuern bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden.

(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten unabhängig von dem Recht des Tatortes auch für Taten, die außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes begangen werden.

(1) Als Täter wird bestraft, wer die Straftat selbst oder durch einen anderen begeht.

(2) Begehen mehrere die Straftat gemeinschaftlich, so wird jeder als Täter bestraft (Mittäter).

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
2.
die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder
3.
pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt
und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) missbraucht,
3.
die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht,
4.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
5.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt oder
6.
eine Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(4) Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Steuervorteile sind auch Steuervergütungen; nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, soweit sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden. Die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 sind auch dann erfüllt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können.

(5) Die Tat kann auch hinsichtlich solcher Waren begangen werden, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch dann, wenn sich die Tat auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden oder die einem Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation oder einem mit dieser assoziierten Staat zustehen. Das Gleiche gilt, wenn sich die Tat auf Umsatzsteuern oder auf die in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. L 9 vom 14.1.2009, S. 12) genannten harmonisierten Verbrauchsteuern bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden.

(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten unabhängig von dem Recht des Tatortes auch für Taten, die außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes begangen werden.

(1) Unternehmer ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbstständig ausübt, unabhängig davon, ob er nach anderen Vorschriften rechtsfähig ist. Das Unternehmen umfasst die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt oder eine Personenvereinigung nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig wird.

(2) Die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit wird nicht selbständig ausgeübt,

1.
soweit natürliche Personen, einzeln oder zusammengeschlossen, einem Unternehmen so eingegliedert sind, dass sie den Weisungen des Unternehmers zu folgen verpflichtet sind,
2.
wenn eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert ist (Organschaft). Die Wirkungen der Organschaft sind auf Innenleistungen zwischen den im Inland gelegenen Unternehmensteilen beschränkt. Diese Unternehmensteile sind als ein Unternehmen zu behandeln. Hat der Organträger seine Geschäftsleitung im Ausland, gilt der wirtschaftlich bedeutendste Unternehmensteil im Inland als der Unternehmer.

(3) (weggefallen)

(1) Der Unternehmer hat vorbehaltlich des § 18i Absatz 3, des § 18j Absatz 4 und des § 18k Absatz 4 bis zum zehnten Tag nach Ablauf jedes Voranmeldungszeitraums eine Voranmeldung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung zu übermitteln, in der er die Steuer für den Voranmeldungszeitraum (Vorauszahlung) selbst zu berechnen hat. Auf Antrag kann das Finanzamt zur Vermeidung von unbilligen Härten auf eine elektronische Übermittlung verzichten; in diesem Fall hat der Unternehmer eine Voranmeldung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck abzugeben. § 16 Abs. 1 und 2 und § 17 sind entsprechend anzuwenden. Die Vorauszahlung ist am zehnten Tag nach Ablauf des Voranmeldungszeitraums fällig und bis dahin vom Unternehmer zu entrichten.

(2) Voranmeldungszeitraum ist das Kalendervierteljahr. Beträgt die Steuer für das vorangegangene Kalenderjahr mehr als 7 500 Euro, ist der Kalendermonat Voranmeldungszeitraum. Beträgt die Steuer für das vorangegangene Kalenderjahr nicht mehr als 1 000 Euro, kann das Finanzamt den Unternehmer von der Verpflichtung zur Abgabe der Voranmeldungen und Entrichtung der Vorauszahlungen befreien. Nimmt der Unternehmer seine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit auf, ist im laufenden und folgenden Kalenderjahr Voranmeldungszeitraum der Kalendermonat. Daneben ist im laufenden und folgenden Kalenderjahr in folgenden Fällen Voranmeldungszeitraum der Kalendermonat:

1.
bei im Handelsregister eingetragenen, noch nicht gewerblich oder beruflich tätig gewesenen juristischen Personen oder Personengesellschaften, die objektiv belegbar die Absicht haben, eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig auszuüben (Vorratsgesellschaften), und zwar ab dem Zeitpunkt des Beginns der tatsächlichen Ausübung dieser Tätigkeit, und
2.
bei der Übernahme von juristischen Personen oder Personengesellschaften, die bereits gewerblich oder beruflich tätig gewesen sind und zum Zeitpunkt der Übernahme ruhen oder nur geringfügig gewerblich oder beruflich tätig sind (Firmenmantel), und zwar ab dem Zeitpunkt der Übernahme.
Für die Besteuerungszeiträume 2021 bis 2026 ist abweichend von Satz 4 in den Fällen, in denen der Unternehmer seine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit nur in einem Teil des vorangegangenen Kalenderjahres ausgeübt hat, die tatsächliche Steuer in eine Jahressteuer umzurechnen und in den Fällen, in denen der Unternehmer seine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit im laufenden Kalenderjahr aufnimmt, die voraussichtliche Steuer des laufenden Kalenderjahres maßgebend.

(2a) Der Unternehmer kann an Stelle des Kalendervierteljahres den Kalendermonat als Voranmeldungszeitraum wählen, wenn sich für das vorangegangene Kalenderjahr ein Überschuss zu seinen Gunsten von mehr als 7 500 Euro ergibt. In diesem Fall hat der Unternehmer bis zum 10. Februar des laufenden Kalenderjahres eine Voranmeldung für den ersten Kalendermonat abzugeben. Die Ausübung des Wahlrechts bindet den Unternehmer für dieses Kalenderjahr. Absatz 2 Satz 6 gilt entsprechend.

(3) Der Unternehmer hat vorbehaltlich des § 18i Absatz 3, des § 18j Absatz 4 und des § 18k Absatz 4 für das Kalenderjahr oder für den kürzeren Besteuerungszeitraum eine Steuererklärung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung zu übermitteln, in der er die zu entrichtende Steuer oder den Überschuss, der sich zu seinen Gunsten ergibt, nach § 16 Absatz 1 bis 4 und § 17 selbst zu berechnen hat (Steueranmeldung). In den Fällen des § 16 Absatz 3 und 4 ist die Steueranmeldung binnen einem Monat nach Ablauf des kürzeren Besteuerungszeitraums zu übermitteln. Auf Antrag kann das Finanzamt zur Vermeidung von unbilligen Härten auf eine elektronische Übermittlung verzichten; in diesem Fall hat der Unternehmer eine Steueranmeldung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck abzugeben und eigenhändig zu unterschreiben.

(4) Berechnet der Unternehmer die zu entrichtende Steuer oder den Überschuss in der Steueranmeldung für das Kalenderjahr abweichend von der Summe der Vorauszahlungen, so ist der Unterschiedsbetrag zugunsten des Finanzamts einen Monat nach dem Eingang der Steueranmeldung fällig und bis dahin vom Unternehmer zu entrichten. Setzt das Finanzamt die zu entrichtende Steuer oder den Überschuss abweichend von der Steueranmeldung für den Voranmeldungszeitraum oder für das Kalenderjahr oder auf Grund unterbliebener Abgabe der Steueranmeldung fest, so ist der Unterschiedsbetrag zugunsten des Finanzamts einen Monat nach der Bekanntgabe des Steuerbescheids fällig und bis dahin vom Unternehmer zu entrichten. Die Fälligkeit rückständiger Vorauszahlungen (Absatz 1) bleibt von den Sätzen 1 und 2 unberührt.

(4a) Voranmeldungen (Absätze 1 und 2) und eine Steuererklärung (Absätze 3 und 4) haben auch die Unternehmer und juristischen Personen abzugeben, die ausschließlich Steuer für Umsätze nach § 1 Abs. 1 Nr. 5, § 13b Absatz 5 oder § 25b Abs. 2 zu entrichten haben, sowie Fahrzeuglieferer (§ 2a). Voranmeldungen sind nur für die Voranmeldungszeiträume abzugeben, in denen die Steuer für diese Umsätze zu erklären ist. Die Anwendung des Absatzes 2a ist ausgeschlossen.

(4b) Für Personen, die keine Unternehmer sind und Steuerbeträge nach § 6a Abs. 4 Satz 2 oder nach § 14c Abs. 2 schulden, gilt Absatz 4a entsprechend.

(4c) Ein nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässiger Unternehmer, der vor dem 1. Juli 2021 als Steuerschuldner Umsätze nach § 3a Absatz 5 im Gemeinschaftsgebiet erbringt, kann abweichend von den Absätzen 1 bis 4 für jeden Besteuerungszeitraum (§ 16 Absatz 1a Satz 1) eine Steuererklärung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung bis zum 20. Tag nach Ablauf jedes Besteuerungszeitraums dem Bundeszentralamt für Steuern übermitteln, in der er die Steuer für die vorgenannten Umsätze selbst zu berechnen hat (Steueranmeldung). Die Steuer ist am 20. Tag nach Ablauf des Besteuerungszeitraums fällig und bis dahin vom Unternehmer zu entrichten. Die Ausübung des Wahlrechts hat der Unternehmer auf dem amtlich vorgeschriebenen, elektronisch zu übermittelnden Dokument dem Bundeszentralamt für Steuern anzuzeigen, bevor er Umsätze nach § 3a Abs. 5 im Gemeinschaftsgebiet erbringt. Das Wahlrecht kann nur mit Wirkung vom Beginn eines Besteuerungszeitraums an widerrufen werden. Der Widerruf ist vor Beginn des Besteuerungszeitraums, für den er gelten soll, gegenüber dem Bundeszentralamt für Steuern auf elektronischem Weg zu erklären. Kommt der Unternehmer seinen Verpflichtungen nach den Sätzen 1 bis 3 oder § 22 Abs. 1 wiederholt nicht oder nicht rechtzeitig nach, schließt ihn das Bundeszentralamt für Steuern von dem Besteuerungsverfahren nach Satz 1 aus. Der Ausschluss gilt ab dem Besteuerungszeitraum, der nach dem Zeitpunkt der Bekanntgabe des Ausschlusses gegenüber dem Unternehmer beginnt.

(4d) Für nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässige Unternehmer, die vor dem 1. Juli 2021 im Inland im Besteuerungszeitraum (§ 16 Absatz 1 Satz 2) als Steuerschuldner Umsätze nach § 3a Absatz 5 erbringen und diese Umsätze in einem anderen Mitgliedstaat erklären sowie die darauf entfallende Steuer entrichten, gelten insoweit die Absätze 1 bis 4 nicht.

(4e) Ein im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässiger Unternehmer (§ 13b Absatz 7 Satz 2), der vor dem 1. Juli 2021 als Steuerschuldner Umsätze nach § 3a Absatz 5 im Inland erbringt, kann abweichend von den Absätzen 1 bis 4 für jeden Besteuerungszeitraum (§ 16 Absatz 1b Satz 1) eine Steuererklärung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung bis zum 20. Tag nach Ablauf jedes Besteuerungszeitraums übermitteln, in der er die Steuer für die vorgenannten Umsätze selbst zu berechnen hat; dies gilt nur, wenn der Unternehmer im Inland, auf der Insel Helgoland und in einem der in § 1 Absatz 3 bezeichneten Gebiete weder seinen Sitz, seine Geschäftsleitung noch eine Betriebsstätte hat. Die Steuererklärung ist der zuständigen Steuerbehörde des Mitgliedstaates der Europäischen Union zu übermitteln, in dem der Unternehmer ansässig ist; diese Steuererklärung ist ab dem Zeitpunkt eine Steueranmeldung im Sinne des § 150 Absatz 1 Satz 3 und des § 168 der Abgabenordnung, zu dem die in ihr enthaltenen Daten von der zuständigen Steuerbehörde des Mitgliedstaates der Europäischen Union, an die der Unternehmer die Steuererklärung übermittelt hat, dem Bundeszentralamt für Steuern übermittelt und dort in bearbeitbarer Weise aufgezeichnet wurden. Satz 2 gilt für die Berichtigung einer Steuererklärung entsprechend. Die Steuer ist am 20. Tag nach Ablauf des Besteuerungszeitraums fällig und bis dahin vom Unternehmer zu entrichten. Die Ausübung des Wahlrechts nach Satz 1 hat der Unternehmer in dem amtlich vorgeschriebenen, elektronisch zu übermittelnden Dokument der Steuerbehörde des Mitgliedstaates der Europäischen Union, in dem der Unternehmer ansässig ist, vor Beginn des Besteuerungszeitraums anzuzeigen, ab dessen Beginn er von dem Wahlrecht Gebrauch macht. Das Wahlrecht kann nur mit Wirkung vom Beginn eines Besteuerungszeitraums an widerrufen werden. Der Widerruf ist vor Beginn des Besteuerungszeitraums, für den er gelten soll, gegenüber der Steuerbehörde des Mitgliedstaates der Europäischen Union, in dem der Unternehmer ansässig ist, auf elektronischem Weg zu erklären. Kommt der Unternehmer seinen Verpflichtungen nach den Sätzen 1 bis 5 oder § 22 Absatz 1 wiederholt nicht oder nicht rechtzeitig nach, schließt ihn die zuständige Steuerbehörde des Mitgliedstaates der Europäischen Union, in dem der Unternehmer ansässig ist, von dem Besteuerungsverfahren nach Satz 1 aus. Der Ausschluss gilt ab dem Besteuerungszeitraum, der nach dem Zeitpunkt der Bekanntgabe des Ausschlusses gegenüber dem Unternehmer beginnt. Die Steuererklärung nach Satz 1 gilt als fristgemäß übermittelt, wenn sie bis zum 20. Tag nach Ablauf des Besteuerungszeitraums (§ 16 Absatz 1b Satz 1) der zuständigen Steuerbehörde des Mitgliedstaates der Europäischen Union übermittelt worden ist, in dem der Unternehmer ansässig ist, und dort in bearbeitbarer Weise aufgezeichnet wurde. Die Entrichtung der Steuer erfolgt entsprechend Satz 4 fristgemäß, wenn die Zahlung bis zum 20. Tag nach Ablauf des Besteuerungszeitraums (§ 16 Absatz 1b Satz 1) bei der zuständigen Steuerbehörde des Mitgliedstaates der Europäischen Union, in dem der Unternehmer ansässig ist, eingegangen ist. § 240 der Abgabenordnung ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass eine Säumnis frühestens mit Ablauf des 10. Tages nach Ablauf des auf den Besteuerungszeitraum (§ 16 Absatz 1b Satz 1) folgenden übernächsten Monats eintritt.

(4f) Soweit Organisationseinheiten der Gebietskörperschaften Bund und Länder durch ihr Handeln eine Erklärungspflicht begründen, obliegen der jeweiligen Organisationseinheit für die Umsatzbesteuerung alle steuerlichen Rechte und Pflichten. In den in § 30 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a und b der Abgabenordnung genannten Verfahren tritt die Organisationseinheit insoweit an die Stelle der Gebietskörperschaft. § 2 Absatz 1 Satz 2 bleibt unberührt. Die Organisationseinheiten können jeweils für ihren Geschäftsbereich durch Organisationsentscheidungen weitere untergeordnete Organisationseinheiten mit Wirkung für die Zukunft bilden. Einer Organisationseinheit übergeordnete Organisationseinheiten können durch Organisationsentscheidungen mit Wirkung für die Zukunft die in Satz 1 genannten Rechte und Pflichten der untergeordneten Organisationseinheit wahrnehmen oder mehrere Organisationseinheiten zu einer Organisationseinheit zusammenschließen. Die in § 1a Absatz 3 Nummer 2, § 2b Absatz 2 Nummer 1, § 3a Absatz 5 Satz 3, § 3c Absatz 4 Satz 1, § 18 Absatz 2 Satz 2, § 18a Absatz 1 Satz 2, § 19 Absatz 1, § 20 Satz 1 Nummer 1 und § 24 Absatz 1 Satz 1 genannten Betragsgrenzen gelten für Organisationseinheiten stets als überschritten. Wahlrechte, deren Rechtsfolgen das gesamte Unternehmen der Gebietskörperschaft erfassen, können nur einheitlich ausgeübt werden. Die Gebietskörperschaft kann gegenüber dem für sie zuständigen Finanzamt mit Wirkung für die Zukunft erklären, dass die Sätze 1 bis 5 nicht zur Anwendung kommen sollen; ein Widerruf ist nur mit Wirkung für die Zukunft möglich.

(4g) Die oberste Landesfinanzbehörde oder die von ihr beauftragte Landesfinanzbehörde kann anordnen, dass eine andere als die nach § 21 Absatz 1 der Abgabenordnung örtlich zuständige Finanzbehörde die Besteuerung einer Organisationseinheit des jeweiligen Landes übernimmt. Die oberste Landesfinanzbehörde oder die von ihr beauftragte Landesfinanzbehörde kann mit der obersten Finanzbehörde eines anderen Landes oder einer von dieser beauftragten Landesfinanzbehörde vereinbaren, dass eine andere als die nach § 21 Absatz 1 der Abgabenordnung zuständige Finanzbehörde die Besteuerung einer Organisationseinheit des Landes der zuständigen Finanzbehörde übernimmt. Die Senatsverwaltung für Finanzen von Berlin oder eine von ihr beauftragte Landesfinanzbehörde kann mit der obersten Finanzbehörde eines anderen Landes oder mit einer von dieser beauftragten Landesfinanzbehörde vereinbaren, dass eine andere als die nach § 21 Absatz 1 der Abgabenordnung zuständige Finanzbehörde die Besteuerung für eine Organisationseinheit der Gebietskörperschaft Bund übernimmt.

(5) In den Fällen der Beförderungseinzelbesteuerung (§ 16 Abs. 5) ist abweichend von den Absätzen 1 bis 4 wie folgt zu verfahren:

1.
Der Beförderer hat für jede einzelne Fahrt eine Steuererklärung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck in zwei Stücken bei der zuständigen Zolldienststelle abzugeben.
2.
Die zuständige Zolldienststelle setzt für das zuständige Finanzamt die Steuer auf beiden Stücken der Steuererklärung fest und gibt ein Stück dem Beförderer zurück, der die Steuer gleichzeitig zu entrichten hat. Der Beförderer hat dieses Stück mit der Steuerquittung während der Fahrt mit sich zu führen.
3.
Der Beförderer hat bei der zuständigen Zolldienststelle, bei der er die Grenze zum Drittlandsgebiet überschreitet, eine weitere Steuererklärung in zwei Stücken abzugeben, wenn sich die Zahl der Personenkilometer (§ 10 Abs. 6 Satz 2), von der bei der Steuerfestsetzung nach Nummer 2 ausgegangen worden ist, geändert hat. Die Zolldienststelle setzt die Steuer neu fest. Gleichzeitig ist ein Unterschiedsbetrag zugunsten des Finanzamts zu entrichten oder ein Unterschiedsbetrag zugunsten des Beförderers zu erstatten. Die Sätze 2 und 3 sind nicht anzuwenden, wenn der Unterschiedsbetrag weniger als 2,50 Euro beträgt. Die Zolldienststelle kann in diesen Fällen auf eine schriftliche Steuererklärung verzichten.

(5a) In den Fällen der Fahrzeugeinzelbesteuerung (§ 16 Absatz 5a) hat der Erwerber, abweichend von den Absätzen 1 bis 4, spätestens bis zum 10. Tag nach Ablauf des Tages, an dem die Steuer entstanden ist, eine Steuererklärung, in der er die zu entrichtende Steuer selbst zu berechnen hat, nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung zu übermitteln oder nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck abzugeben (Steueranmeldung). Bei Verwendung des Vordrucks muss dieser vom Erwerber eigenhändig unterschrieben sein. Gibt der Erwerber die Steueranmeldung nicht ab oder hat er die Steuer nicht richtig berechnet, so kann die Finanzbehörde die Steuer festsetzen. Die Steuer ist am zehnten Tag nach Ablauf des Tages fällig, an dem sie entstanden ist, und ist bis dahin vom Erwerber zu entrichten.

(5b) In den Fällen des § 16 Abs. 5b ist das Besteuerungsverfahren nach den Absätzen 3 und 4 durchzuführen. Die bei der Beförderungseinzelbesteuerung (§ 16 Abs. 5) entrichtete Steuer ist auf die nach Absatz 3 Satz 1 zu entrichtende Steuer anzurechnen.

(6) Zur Vermeidung von Härten kann das Bundesministerium der Finanzen mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung die Fristen für die Voranmeldungen und Vorauszahlungen um einen Monat verlängern und das Verfahren näher bestimmen. Dabei kann angeordnet werden, dass der Unternehmer eine Sondervorauszahlung auf die Steuer für das Kalenderjahr zu entrichten hat.

(7) Zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens kann das Bundesministerium der Finanzen mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, dass und unter welchen Voraussetzungen auf die Erhebung der Steuer für Lieferungen von Gold, Silber und Platin sowie sonstige Leistungen im Geschäft mit diesen Edelmetallen zwischen Unternehmern, die an einer Wertpapierbörse im Inland mit dem Recht zur Teilnahme am Handel zugelassen sind, verzichtet werden kann. Das gilt nicht für Münzen und Medaillen aus diesen Edelmetallen.

(8) (weggefallen)

(9) Zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens kann das Bundesministerium der Finanzen mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung die Vergütung der Vorsteuerbeträge (§ 15) an im Ausland ansässige Unternehmer, abweichend von § 16 und von den Absätzen 1 bis 4, in einem besonderen Verfahren regeln. Dabei kann auch angeordnet werden,

1.
dass die Vergütung nur erfolgt, wenn sie eine bestimmte Mindesthöhe erreicht,
2.
innerhalb welcher Frist der Vergütungsantrag zu stellen ist,
3.
in welchen Fällen der Unternehmer den Antrag eigenhändig zu unterschreiben hat,
4.
wie und in welchem Umfang Vorsteuerbeträge durch Vorlage von Rechnungen und Einfuhrbelegen nachzuweisen sind,
5.
dass der Bescheid über die Vergütung der Vorsteuerbeträge elektronisch erteilt wird,
6.
wie und in welchem Umfang der zu vergütende Betrag zu verzinsen ist.
Von der Vergütung ausgeschlossen sind in Rechnung gestellte Steuerbeträge für Ausfuhrlieferungen, bei denen die Gegenstände vom Abnehmer oder von einem von ihm beauftragten Dritten befördert oder versendet wurden, die nach § 4 Nummer 1 Buchstabe a in Verbindung mit § 6 steuerfrei sind, oder für innergemeinschaftliche Lieferungen, die nach § 4 Nummer 1 Buchstabe b in Verbindung mit § 6a steuerfrei sind oder in Bezug auf § 6a Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 steuerfrei sein können. Sind die durch die Rechtsverordnung nach den Sätzen 1 und 2 geregelten Voraussetzungen des besonderen Verfahrens erfüllt und schuldet der im Ausland ansässige Unternehmer ausschließlich Steuer nach § 13a Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit § 14c Absatz 1 oder § 13a Absatz 1 Nummer 4, kann die Vergütung der Vorsteuerbeträge nur in dem besonderen Verfahren durchgeführt werden. Einem Unternehmer, der im Gemeinschaftsgebiet ansässig ist und Umsätze ausführt, die zum Teil den Vorsteuerabzug ausschließen, wird die Vorsteuer höchstens in der Höhe vergütet, in der er in dem Mitgliedstaat, in dem er ansässig ist, bei Anwendung eines Pro-rata-Satzes zum Vorsteuerabzug berechtigt wäre. Einem Unternehmer, der nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässig ist, wird die Vorsteuer nur vergütet, wenn in dem Land, in dem der Unternehmer seinen Sitz hat, keine Umsatzsteuer oder ähnliche Steuer erhoben oder im Fall der Erhebung im Inland ansässigen Unternehmern vergütet wird. Von der Vergütung ausgeschlossen sind bei Unternehmern, die nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässig sind, die Vorsteuerbeträge, die auf den Bezug von Kraftstoffen entfallen. Die Sätze 6 und 7 gelten nicht für Unternehmer, die nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässig sind, soweit sie im Besteuerungszeitraum (§ 16 Absatz 1 Satz 2) vor dem 1. Juli 2021 als Steuerschuldner Umsätze nach § 3a Absatz 5 im Gemeinschaftsgebiet erbracht und für diese Umsätze von § 18 Absatz 4c Gebrauch gemacht haben oder diese Umsätze in einem anderen Mitgliedstaat erklärt sowie die darauf entfallende Steuer entrichtet haben; Voraussetzung ist, dass die Vorsteuerbeträge im Zusammenhang mit Umsätzen nach § 3a Absatz 5 stehen. Die Sätze 6 und 7 gelten auch nicht für Unternehmer, die nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässig sind, soweit sie im Besteuerungszeitraum (§ 16 Absatz 1 Satz 2) nach dem 30. Juni 2021 als Steuerschuldner Lieferungen nach § 3 Absatz 3a Satz 1 innerhalb eines Mitgliedstaates, Fernverkäufe nach § 3 Absatz 3a Satz 2, innergemeinschaftliche Fernverkäufe nach § 3c Absatz 1 Satz 2 und 3, Fernverkäufe nach § 3c Absatz 2 oder 3 oder sonstige Leistungen an Empfänger nach § 3a Absatz 5 Satz 1 im Gemeinschaftsgebiet erbracht und für diese Umsätze von den §§ 18i, 18j oder 18k Gebrauch gemacht haben; Voraussetzung ist, dass die Vorsteuerbeträge mit Lieferungen nach § 3 Absatz 3a Satz 1 innerhalb eines Mitgliedstaates, Fernverkäufen nach § 3 Absatz 3a Satz 2, innergemeinschaftlichen Fernverkäufen nach § 3c Absatz 1 Satz 2 und 3, Fernverkäufen nach § 3c Absatz 2 oder 3 oder sonstigen Leistungen an Empfänger nach § 3a Absatz 5 Satz 1 im Zusammenhang stehen.

(10) Zur Sicherung des Steueranspruchs in den Fällen des innergemeinschaftlichen Erwerbs neuer motorbetriebener Landfahrzeuge und neuer Luftfahrzeuge (§ 1b Abs. 2 und 3) gilt folgendes:

1.
Die für die Zulassung oder die Registrierung von Fahrzeugen zuständigen Behörden sind verpflichtet, den für die Besteuerung des innergemeinschaftlichen Erwerbs neuer Fahrzeuge zuständigen Finanzbehörden ohne Ersuchen Folgendes mitzuteilen:
a)
bei neuen motorbetriebenen Landfahrzeugen die erstmalige Ausgabe von Zulassungsbescheinigungen Teil II oder die erstmalige Zuteilung eines amtlichen Kennzeichens bei zulassungsfreien Fahrzeugen. Gleichzeitig sind die in Nummer 2 Buchstabe a bezeichneten Daten und das zugeteilte amtliche Kennzeichen oder, wenn dieses noch nicht zugeteilt worden ist, die Nummer der Zulassungsbescheinigung Teil II zu übermitteln,
b)
bei neuen Luftfahrzeugen die erstmalige Registrierung dieser Luftfahrzeuge. Gleichzeitig sind die in Nummer 3 Buchstabe a bezeichneten Daten und das zugeteilte amtliche Kennzeichen zu übermitteln. Als Registrierung im Sinne dieser Vorschrift gilt nicht die Eintragung eines Luftfahrzeugs in das Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen.
2.
In den Fällen des innergemeinschaftlichen Erwerbs neuer motorbetriebener Landfahrzeuge (§ 1b Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 und Absatz 3 Nummer 1) gilt Folgendes:
a)
Bei der erstmaligen Ausgabe einer Zulassungsbescheinigung Teil II im Inland oder bei der erstmaligen Zuteilung eines amtlichen Kennzeichens für zulassungsfreie Fahrzeuge im Inland hat der Antragsteller die folgenden Angaben zur Übermittlung an die Finanzbehörden zu machen:
aa)
den Namen und die Anschrift des Antragstellers sowie das für ihn zuständige Finanzamt (§ 21 der Abgabenordnung),
bb)
den Namen und die Anschrift des Lieferers,
cc)
den Tag der Lieferung,
dd)
den Tag der ersten Inbetriebnahme,
ee)
den Kilometerstand am Tag der Lieferung,
ff)
die Fahrzeugart, den Fahrzeughersteller, den Fahrzeugtyp und die Fahrzeug-Identifizierungsnummer,
gg)
den Verwendungszweck.
Der Antragsteller ist zu den Angaben nach den Doppelbuchstaben aa und bb auch dann verpflichtet, wenn er nicht zu den in § 1a Absatz 1 Nummer 2 und § 1b Absatz 1 genannten Personen gehört oder wenn Zweifel daran bestehen, dass die Eigenschaften als neues Fahrzeug im Sinne des § 1b Absatz 3 Nummer 1 vorliegen. Die Zulassungsbehörde darf die Zulassungsbescheinigung Teil II oder bei zulassungsfreien Fahrzeugen, die nach § 4 Absatz 2 und 3 der Fahrzeug-Zulassungsverordnung ein amtliches Kennzeichen führen, die Zulassungsbescheinigung Teil I erst aushändigen, wenn der Antragsteller die vorstehenden Angaben gemacht hat.
b)
Ist die Steuer für den innergemeinschaftlichen Erwerb nicht entrichtet worden, hat die Zulassungsbehörde auf Antrag des Finanzamts die Zulassungsbescheinigung Teil I für ungültig zu erklären und das amtliche Kennzeichen zu entstempeln. Die Zulassungsbehörde trifft die hierzu erforderlichen Anordnungen durch schriftlichen Verwaltungsakt (Abmeldungsbescheid). Das Finanzamt kann die Abmeldung von Amts wegen auch selbst durchführen, wenn die Zulassungsbehörde das Verfahren noch nicht eingeleitet hat. Satz 2 gilt entsprechend. Das Finanzamt teilt die durchgeführte Abmeldung unverzüglich der Zulassungsbehörde mit und händigt dem Fahrzeughalter die vorgeschriebene Bescheinigung über die Abmeldung aus. Die Durchführung der Abmeldung von Amts wegen richtet sich nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz. Für Streitigkeiten über Abmeldungen von Amts wegen ist der Verwaltungsrechtsweg gegeben.
3.
In den Fällen des innergemeinschaftlichen Erwerbs neuer Luftfahrzeuge (§ 1b Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 und Abs. 3 Nr. 3) gilt Folgendes:
a)
Bei der erstmaligen Registrierung in der Luftfahrzeugrolle hat der Antragsteller die folgenden Angaben zur Übermittlung an die Finanzbehörden zu machen:
aa)
den Namen und die Anschrift des Antragstellers sowie das für ihn zuständige Finanzamt (§ 21 der Abgabenordnung),
bb)
den Namen und die Anschrift des Lieferers,
cc)
den Tag der Lieferung,
dd)
das Entgelt (Kaufpreis),
ee)
den Tag der ersten Inbetriebnahme,
ff)
die Starthöchstmasse,
gg)
die Zahl der bisherigen Betriebsstunden am Tag der Lieferung,
hh)
den Flugzeughersteller und den Flugzeugtyp,
ii)
den Verwendungszweck.
Der Antragsteller ist zu den Angaben nach Satz 1 Doppelbuchstabe aa und bb auch dann verpflichtet, wenn er nicht zu den in § 1a Abs. 1 Nr. 2 und § 1b Abs. 1 genannten Personen gehört oder wenn Zweifel daran bestehen, ob die Eigenschaften als neues Fahrzeug im Sinne des § 1b Abs. 3 Nr. 3 vorliegen. Das Luftfahrt-Bundesamt darf die Eintragung in der Luftfahrzeugrolle erst vornehmen, wenn der Antragsteller die vorstehenden Angaben gemacht hat.
b) Ist die Steuer für den innergemeinschaftlichen Erwerb nicht entrichtet worden, so hat das Luftfahrt-Bundesamt auf Antrag des Finanzamts die Betriebserlaubnis zu widerrufen. Es trifft die hierzu erforderlichen Anordnungen durch schriftlichen Verwaltungsakt (Abmeldungsbescheid). Die Durchführung der Abmeldung von Amts wegen richtet sich nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz. Für Streitigkeiten über Abmeldungen von Amts wegen ist der Verwaltungsrechtsweg gegeben.

(11) Die für die Steueraufsicht zuständigen Zolldienststellen wirken an der umsatzsteuerlichen Erfassung von Personenbeförderungen mit nicht im Inland zugelassenen Kraftomnibussen mit. Sie sind berechtigt, im Rahmen von zeitlich und örtlich begrenzten Kontrollen die nach ihrer äußeren Erscheinung nicht im Inland zugelassenen Kraftomnibusse anzuhalten und die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse festzustellen, die für die Umsatzsteuer maßgebend sind, und die festgestellten Daten den zuständigen Finanzbehörden zu übermitteln.

(12) Im Ausland ansässige Unternehmer (§ 13b Absatz 7), die grenzüberschreitende Personenbeförderungen mit nicht im Inland zugelassenen Kraftomnibussen durchführen, haben dies vor der erstmaligen Ausführung derartiger auf das Inland entfallender Umsätze (§ 3b Abs. 1 Satz 2) bei dem für die Umsatzbesteuerung zuständigen Finanzamt anzuzeigen, soweit diese Umsätze nicht der Beförderungseinzelbesteuerung (§ 16 Abs. 5) unterliegen. Das Finanzamt erteilt hierüber eine Bescheinigung. Die Bescheinigung ist während jeder Fahrt mitzuführen und auf Verlangen den für die Steueraufsicht zuständigen Zolldienststellen vorzulegen. Bei Nichtvorlage der Bescheinigung können diese Zolldienststellen eine Sicherheitsleistung nach den abgabenrechtlichen Vorschriften in Höhe der für die einzelne Beförderungsleistung voraussichtlich zu entrichtenden Steuer verlangen. Die entrichtete Sicherheitsleistung ist auf die nach Absatz 3 Satz 1 zu entrichtende Steuer anzurechnen.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
2.
die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder
3.
pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt
und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) missbraucht,
3.
die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht,
4.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
5.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt oder
6.
eine Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(4) Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Steuervorteile sind auch Steuervergütungen; nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, soweit sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden. Die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 sind auch dann erfüllt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können.

(5) Die Tat kann auch hinsichtlich solcher Waren begangen werden, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch dann, wenn sich die Tat auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden oder die einem Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation oder einem mit dieser assoziierten Staat zustehen. Das Gleiche gilt, wenn sich die Tat auf Umsatzsteuern oder auf die in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. L 9 vom 14.1.2009, S. 12) genannten harmonisierten Verbrauchsteuern bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden.

(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten unabhängig von dem Recht des Tatortes auch für Taten, die außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes begangen werden.

(1) Als Täter wird bestraft, wer die Straftat selbst oder durch einen anderen begeht.

(2) Begehen mehrere die Straftat gemeinschaftlich, so wird jeder als Täter bestraft (Mittäter).

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
2.
die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder
3.
pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt
und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) missbraucht,
3.
die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht,
4.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
5.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt oder
6.
eine Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(4) Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Steuervorteile sind auch Steuervergütungen; nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, soweit sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden. Die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 sind auch dann erfüllt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können.

(5) Die Tat kann auch hinsichtlich solcher Waren begangen werden, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch dann, wenn sich die Tat auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden oder die einem Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation oder einem mit dieser assoziierten Staat zustehen. Das Gleiche gilt, wenn sich die Tat auf Umsatzsteuern oder auf die in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. L 9 vom 14.1.2009, S. 12) genannten harmonisierten Verbrauchsteuern bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden.

(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten unabhängig von dem Recht des Tatortes auch für Taten, die außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes begangen werden.

(1) Als Gehilfe wird bestraft, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat.

(2) Die Strafe für den Gehilfen richtet sich nach der Strafdrohung für den Täter. Sie ist nach § 49 Abs. 1 zu mildern.

(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen.

(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
2.
die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder
3.
pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt
und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) missbraucht,
3.
die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht,
4.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
5.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt oder
6.
eine Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(4) Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Steuervorteile sind auch Steuervergütungen; nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, soweit sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden. Die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 sind auch dann erfüllt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können.

(5) Die Tat kann auch hinsichtlich solcher Waren begangen werden, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch dann, wenn sich die Tat auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden oder die einem Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation oder einem mit dieser assoziierten Staat zustehen. Das Gleiche gilt, wenn sich die Tat auf Umsatzsteuern oder auf die in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. L 9 vom 14.1.2009, S. 12) genannten harmonisierten Verbrauchsteuern bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden.

(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten unabhängig von dem Recht des Tatortes auch für Taten, die außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes begangen werden.

(1) Als Täter wird bestraft, wer die Straftat selbst oder durch einen anderen begeht.

(2) Begehen mehrere die Straftat gemeinschaftlich, so wird jeder als Täter bestraft (Mittäter).

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
2.
die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder
3.
pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt
und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) missbraucht,
3.
die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht,
4.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
5.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt oder
6.
eine Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(4) Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Steuervorteile sind auch Steuervergütungen; nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, soweit sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden. Die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 sind auch dann erfüllt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können.

(5) Die Tat kann auch hinsichtlich solcher Waren begangen werden, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch dann, wenn sich die Tat auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden oder die einem Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation oder einem mit dieser assoziierten Staat zustehen. Das Gleiche gilt, wenn sich die Tat auf Umsatzsteuern oder auf die in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. L 9 vom 14.1.2009, S. 12) genannten harmonisierten Verbrauchsteuern bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden.

(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten unabhängig von dem Recht des Tatortes auch für Taten, die außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes begangen werden.

(1) Als Täter wird bestraft, wer die Straftat selbst oder durch einen anderen begeht.

(2) Begehen mehrere die Straftat gemeinschaftlich, so wird jeder als Täter bestraft (Mittäter).

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
2.
die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder
3.
pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt
und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) missbraucht,
3.
die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht,
4.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
5.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt oder
6.
eine Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(4) Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Steuervorteile sind auch Steuervergütungen; nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, soweit sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden. Die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 sind auch dann erfüllt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können.

(5) Die Tat kann auch hinsichtlich solcher Waren begangen werden, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch dann, wenn sich die Tat auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden oder die einem Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation oder einem mit dieser assoziierten Staat zustehen. Das Gleiche gilt, wenn sich die Tat auf Umsatzsteuern oder auf die in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. L 9 vom 14.1.2009, S. 12) genannten harmonisierten Verbrauchsteuern bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden.

(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten unabhängig von dem Recht des Tatortes auch für Taten, die außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes begangen werden.

Nachschlagewerk: ja
BGHSt : nein
Veröffentlichung: ja
Eine Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO begeht,
wer in Steuerverkürzungsabsicht Vorsteuer aus Rechnungen
geltend macht, die von Personen gestellt werden, die nicht
Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 1 UStG sind.
Keine Unternehmer im umsatzsteuerlichen Sinne sind Personen
, die von ihnen ausgewiesene Umsatzsteuer nicht gegenüber
dem Finanzamt anmelden sollen, und die lediglich zu diesem
Zweck in der Lieferkette vorgeschaltet wurden.
BGH, Urt. vom 22. Mai 2003 - 5 StR 520/02
LG Limburg a. d. Lahn -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 22. Mai 2003
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Steuerhinterziehung u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
22. Mai 2003, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin Harms,
Richter Häger,
Richter Dr. Raum,
Richter Dr. Brause,
Richter Schaal
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten S ,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten H ,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Limburg a. d. Lahn vom 29. April 2002 wird hinsichtlich des Angeklagten S mit der Maßgabe verworfen, daß dieser wegen Steuerhinterziehung in sechs Fällen verurteilt ist.
2. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird – unter Verwerfung ihrer Revision im übrigen – das vorgenannte Urteil bezüglich des Angeklagten H mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben,
a) soweit der Angeklagte wegen Untreue in 41 Fällen verurteilt wurde;
b) im Gesamtstrafausspruch.
3. Die Staatskasse trägt die Kosten des Revisionsverfahrens und die den Angeklagten entstandenen notwendigen Auslagen.
4. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die verbleibenden Kosten des Verfahrens, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e Das Landgericht hat den Angeklagten S wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung in sechs Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren, den Angeklagten H wegen Untreue in 41 Fällen sowie Steuerhinterziehung in 17 Fällen, davon in elf Fällen in Tateinheit mit Urkundenfälschung, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt. Die Vollstreckung der Freiheitsstrafen hat das Landgericht bei beiden Angeklagten zur Bewährung ausgesetzt. Die gegen das Urteil zu Ungunsten der Angeklagten eingelegten Revisionen der Staatsanwaltschaft bleiben im wesentlichen erfolglos. Im übrigen hat das Rechtsmittel zugunsten des Angeklagten H in dem aus dem Urteilstenor ersichtlichen Umfang Erfolg.

I.


Nach den Feststellungen des Landgerichts hatte der Angeklagte S , der zunächst als freier Mitarbeiter der U H GmbH (im folgenden: U ) mit dem Einkauf von elektronischen Bauteilen (hier: Central Processing Units – CPUs) betraut war, ab August 1996 in diesem Unternehmen die Stellung eines Geschäftsführers inne. Auf Rechnung der U kaufte der Angeklagte S von dem anderweit verfolgten Zeugen He über dessen Unternehmen C und Co solche CPUs in großem Ausmaß. Die U finanzierte dem Zeugen He die Bestellungen vor, die dieser als innergemeinschaftliche Lieferung umsatzsteuerfrei aus dem EU-Ausland einführte. Dem Angeklagten S war dabei bewußt, daß He die CPUs an U zwar mit Umsatzsteuerausweis verkaufte, seinerseits aber keine Umsatzsteuervoranmeldungen abgab. Dies geschah in Absprache mit dem Angeklagten S , der die in den Rechnungen ausgewiesene Umsatzsteuer für die U als Vorsteuer geltend machte. Ihm kam es darauf an, die Ware durch diese Vorgehensweise um
den Umsatzsteueranteil zu verbilligen. Den Vermögensvorteil, der durch die nicht angemeldete und nicht abgeführte Umsatzsteuer entstand, teilten sich He , der hiervon 70 % erhielt, und der Angeklagte S . Hierdurch erzielte der Angeklagte S insgesamt einen – von den Beteiligten sogenannten – „Umsatzsteuergewinn“ in Höhe von ca. 1 Million DM. Der Angeklagte S veräußerte die CPUs überwiegend an die vom Angeklagten H geführte H P C und V GmbH (HP ), deren Gesellschafter der Angeklagte H und dessen Ehefrau waren. Der HP gegenüber stellte der Angeklagte S Rechnungen mit Mehrwertsteuerausweis. Die HP machte die ausgewiesene und von ihr bezahlte Umsatzsteuer als Vorsteuer geltend. Der Angeklagte H verkaufte über sein Unternehmen die CPUs dann an verschiedene Abnehmer, unter anderem auch an die niederländische Ha . Das Landgericht hat sich nicht davon überzeugen können, daß der Angeklagte H Kenntnis davon hatte, daß der Angeklagte S die CPUs vom He bezog und dieser keine entsprechenden Umsatzsteueranmeldungen abgegeben hatte.
Den Angeklagten S hat es wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung des He verurteilt, weil dieser in den Monaten Juli bis Dezember 1996 keine Umsatzsteuervoranmeldungen abgegeben und dadurch ca. 15 Millionen DM Steuern verkürzt hatte. Eine eigene Täterschaft bei der Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldungen der U durch den Angeklagten S scheide aus, weil dieser berechtigt die ausgewiesene Umsatzsteuer als Vorsteuer in Abzug gebracht habe. Unabhängig davon, ob He für die C.S. die ausgewiesene Umsatzsteuer angemeldet habe, habe er als Unternehmer im umsatzsteuerrechtlichen Sinne der U die Ware verschafft.
Der Angeklagte H hatte nach den Feststellungen des Landgerichts in 39 Fällen Zahlungen an die Einkäufer Ho (M in Dreieich) und N (J in Raunheim) geleistet, die aus einem vorher
zu Lasten ihres Arbeitgebers getätigten Preisaufschlag gezahlt wurden. Um selbst aus dem Vermögen der GmbH seinen Anteil entnehmen zu können, erstellte der Angeklagte H entsprechende Provisionsabrechnungen, die teilweise über die Summe der Preisaufschläge hinausgingen. Insgesamt fertigte er in 39 Fällen Provisionsabrechnungen in Höhe von ca. 275.000 DM. Weiterhin ließ sich der Angeklagte vom Zeugen B zwei Scheinrechnungen – unter Ausweis der Umsatzsteuer – in Höhe von brutto 138.000 DM und 172.500 DM über Beratungs- und Vermittlungsleistungen ausstellen, die B tatsächlich nicht erbracht hatte. Der Zeuge B erhielt hierfür eine Provision in Höhe von 10 % der Rechnungssumme. Diese Gelder entnahm der Angeklagte H dem Gesellschaftsvermögen. Diese vorgenannten Entnahmen aus dem Vermögen der HP GmbH hat das Landgericht als jeweils tatmehrheitlich begangene Untreuehandlungen zu Lasten der HP GmbH gewertet.
Die Belege über die vorgenannten Entnahmen, die sämtlich mit einem Umsatzsteuerausweis versehen waren, verwandte der Angeklagte H , indem er hieraus Vorsteuern geltend machte. Dadurch verkürzte er seine Umsatzsteuerlast. Weiterhin legte er in elf Fällen seinen Umsatzsteueranmeldungen Quittungen bei, in denen er in der Absicht, Umsatzsteuer zu verkürzen , die ausgewiesenen Beträge durch Manipulation am Beleg erhöht hatte. Insoweit hat ihn das Landgericht wegen Steuerhinterziehung in 17 Fällen in Tateinheit mit Urkundenfälschung in elf Fällen verurteilt.

II.


Die Revisionen der Staatsanwaltschaft bleiben, soweit sie zu Ungunsten der Angeklagten eingelegt wurden, im wesentlichen ohne Erfolg.
Die drei von der Staatsanwaltschaft erhobenen Aufklärungsrügen sind jedenfalls schon deshalb unzulässig, weil sich ihnen jeweils keine bestimmte
Beweisbehauptung entnehmen läßt. Insoweit beschränken sich die Rügen darauf, lediglich allgemeine Ermittlungsmöglichkeiten aufzuzeigen.
1. Hinsichtlich des Angeklagten S führt die Revision der Staatsanwaltschaft zu einer Änderung des Schuldspruchs.

a) Ohne Rechtsfehler geht das Landgericht allerdings davon aus, daß hinsichtlich der von dem Zeugen H begangenen Umsatzsteuerhinterziehungen keine Mittäterschaft des Mitangeklagten S vorliegt. Zwar ist eine Mittäterschaft bei Steuerhinterziehungen Dritter nach § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO grundsätzlich möglich, weil Täter auch derjenige sein kann, den selbst keine steuerlichen Pflichten treffen (BGHSt 38, 37, 41; BGH NStZ 1986, 463). Etwas anderes gilt aber für den echten Unterlassenstatbestand der Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO. Danach macht sich strafbar, wer die Finanzbehörden über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis läßt, insbesondere indem er es unterläßt, eine Steuererklärung abzugeben, und dadurch Steuern verkürzt. Täter kann deshalb nur derjenige sein, den die konkrete Pflicht zur Abgabe der Steueranmeldung trifft (vgl. auch Gribbohm/Utech NStZ 1990, 209, 211). Hinsichtlich der Firmen , für die der Zeuge H handelte, traf ausschließlich ihn die steuerrechtliche Pflicht zur Abgabe entsprechender Umsatzsteueranmeldungen.

b) Durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet jedoch die Auffassung des Landgerichts, der Angeklagte S habe die der U in Rechnung gestellte Umsatzsteuer als Vorsteuer in Abzug bringen dürfen.
aa) Eine – hier allein in Betracht kommende – Vorsteuererstattung nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG setzt voraus, daß in Rechnungen im Sinne des § 14 UStG eine Steuer gesondert ausgewiesen ist für Lieferungen, die von einem anderen Unternehmen für das Unternehmen des Vorsteuerberechtigten ausgeführt wurden. Demnach müßte zwischen dem Lieferanten und dem Empfänger ein Leistungsaustausch stattgefunden haben, mithin der Verur-
teilte H als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 1 UStG geliefert ha- ben. Zwar ist Unternehmer grundsätzlich derjenige, der nach außen als Leistender aufgetreten und aus dem Rechtsverhältnis berechtigt und verpflichtet ist. Etwas anderes gilt aber dann, wenn ein vorgeschobenes Strohmanngeschäft vorliegt und die Parteien davon ausgehen, daß die Rechtswirkungen des Geschäfts gerade nicht zwischen ihnen eintreten sollen (BFHE 198, 208, 213; vgl. auch Klenk in Sölch/Ringleb, UStG 48. Lfg. § 2 Rdn. 225 f.). Dies gilt insbesondere in den Fällen, in denen der Strohmann und der Dritte kollusiv handeln. In solchen Kollusionsfällen bedient sich eine Seite des Strohmanns für die Durchsetzung eigener wirtschaftlicher Interessen. Liegt eine solche Fallgestaltung vor, ist dieser Strohmann nur noch als Hilfsperson dem Lager desjenigen zuzuordnen, in dessen Interesse er handelt (vgl. Heidner in Bunjes/Geist, UStG 7. Aufl. § 2 Rdn. 13 m. w. N.). Entscheidend ist deshalb immer, ob nach dem Gesamtbild der Umstände noch ein Verhalten „wie ein Händler“ angenommen werden kann (vgl. BFH BStBl II 1985, 173, 176; 1987, 752; Heidner aaO Rdn. 7; Stadie in Rau/Dürrwächter, UStG 8. Aufl. § 2 Rdn. 303).
bb) Entgegen der Auffassung des Landgerichts fehlt dem Zeugen He eine entsprechende eigene Unternehmerstellung; denn er war in die Lieferkette nicht wie ein typischer Händler einbezogen. Auch wenn die Bestellungen formell über ihn abgewickelt wurden, bestand seine wesentliche Aufgabe darin, durch Hinterziehung der Umsatzsteuer einen Gewinn zu ermöglichen. Er hatte weder ein Kapitalrisiko zu tragen, weil ihm die Waren durch die U vorfinanziert wurden, noch bestand ein wesentliches Abnahmerisiko , weil er nur auf Bestellung des Angeklagten S handelte. Aus dessen Sicht war He lediglich ein nach seinen Vorgaben funktionierendes Zwischenglied, dessen alleinige Aufgabe es war, einen „Umsatzsteuergewinn“ zu erwirtschaften. Dieses ist aber gerade kein handelstypisches Verhalten.
War He somit als unselbständiger Strohmann dem Lager des Angeklagten S zuzurechnen, fehlte ihm die Unternehmereigenschaft im Sinne des § 2 Abs. 1 UStG. Lieferungen, die durch He an die U erfolgten, unterlagen damit nicht dem Vorsteuerabzug. Da der Angeklagte S die CPUs über seinen Strohmann He für die U als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung (§ 4 Nr. 1 lit. b i. V. m. § 6a Abs. 1 UStG) erhielt, war zu Lasten der U keine Umsatzsteuer entstanden, die Gegenstand einer Vorsteuererstattung hätte sein können.
cc) In der Geltendmachung der Vorsteuer in den Umsatzsteueranmeldungen liegt damit eine täterschaftliche Handlung der Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO. Daß der Angeklagte, dem es um den „umsatzsteuerlichen Gewinn“ ging, dabei auch vorsätzlich gehandelt hat, bedarf keiner näheren Erläuterung. Eine Beihilfehandlung zur Steuerhinterziehung des He kommt daneben nicht mehr in Betracht, weil dessen Handlung eine ihm steuerlich zuzurechnende Vorbereitungshandlung für seine eigene Steuerhinterziehung darstellte. Die steuerliche Verkürzung realisierte sich allein durch den unberechtigten Vorsteuerabzug der U , den der Angeklagte S bewirkt hat. Ein weiterreichender selbständiger Steuerschaden ist durch das Verhalten des He nicht entstanden.
dd) Den Schuldspruch kann der Senat hier selbst umstellen. Der Angeklagte S war wegen täterschaftlicher Steuerhinterziehung angeklagt. Die Frage der Unternehmerstellung im Sinne des § 2 Abs. 1 UStG war – wie die Urteilsgründe belegen – ein zentraler Punkt der Erörterungen im landgerichtlichen Verfahren. Vor diesem Hintergrund ist es auszuschließen, daß sich der Angeklagte im Falle einer neuerlichen Zurückverweisung anders hätte verteidigen können als bislang geschehen.

c) Die Änderung des Schuldspruchs führt beim Angeklagten S gleichwohl nicht zu einer Aufhebung des Strafausspruches. Der Senat kann ausschließen, daß im Hinblick auf die in den Urteilsgründen aufgeführten
Milderungsgründe und insbesondere aufgrund der dargestellten Verfahrensverzögerung eine andere Strafe in Betracht kommt.
2. Die Revision der Staatsanwaltschaft zu Ungunsten des Angeklagten H beanstandet die unterbliebene Verurteilung wegen Steuerhinterziehung im Zusammenhang mit der Abnahme der CPUs. Sie bleibt ohne Erfolg.

a) Die Auffassung der Beschwerdeführerin, im Verhältnis zwischen der (vom Angeklagten S repräsentierten) U und der vom Angeklagten H geleiteten HP GmbH läge kein Liefervorgang im Sinne des § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG vor, trifft nicht zu. An einer Unternehmerstellung im Sinne des § 2 Abs. 1 UStG bestehen in diesem Fall keine Zweifel. Sie handelten die Preise aus und verhielten sich wie Kaufleute. Insoweit waren sie beide Teil eines selbständigen Leistungsaustausches. Allein der Umstand, daß der dem Angeklagten S vorgeschaltete He kein Unternehmer im umsatzsteuerlichen Sinne war, hat keinen Einfluß auf das Verhältnis zwischen U und HP , weil jede Leistungsbeziehung selbständig zu betrachten ist.
Die Unternehmereigenschaft im Sinne des § 2 Abs. 1 UStG mag allerdings dann fehlen, wenn bloße Scheingeschäfte abgewickelt werden, die letztlich nur auf einen „Umsatzsteuergewinn“ ausgerichtet sind. Im vorliegenden Fall hat das Landgericht jedoch nur eine Kreislieferung in zwei Fällen festgestellt, wobei offen geblieben ist, ob der Kreis sich bis zum Angeklagten H und dessen HP geschlossen und er hiervon überhaupt Kenntnis erlangt hat.

b) Ohne Rechtsverstoß kommt das Landgericht nach einer eingehenden und sorgfältigen Beweiswürdigung zu dem Ergebnis, daß der Angeklagte H nicht in ein Gesamtsystem eingebunden war, das auf die Verkürzung der Umsatzsteuer ausgerichtet war, oder daß der Angeklagte H beim Ankauf der CPUs hiervon zumindest Kenntnis erlangt hatte.
aa) Die Aufgabe, sich auf der Grundlage der vorhandenen Beweis- mittel eine Überzeugung vom tatsächlichen Geschehen zu verschaffen, obliegt grundsätzlich allein dem Tatrichter. Seine Beweiswürdigung hat das Revisionsgericht regelmäßig hinzunehmen. Es ist ihm verwehrt, sie durch eine eigene zu ersetzen oder sie nur deshalb zu beanstanden, weil aus seiner Sicht eine andere Bewertung der Beweise näher gelegen hätte. Das Revisionsgericht kann eine solche Entscheidung im übrigen nur auf Rechtsfehler überprüfen, insbesondere darauf, ob die Beweiswürdigung in sich widersprüchlich , unklar oder lückenhaft ist, die Beweismittel nicht ausschöpft, Verstöße gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze aufweist oder ob der Tatrichter überspannte Anforderungen an die für eine Verurteilung erforderliche Gewißheit gestellt hat (ständige Rechtsprechung, vgl. BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 16; BGH NStZ-RR 2000, 171 f.).
bb) Diesen Anforderungen hält das landgerichtliche Urteil stand.
(1) Die von der Beschwerdeführerin aufgeführten Indiztatsachen hat das Landgericht gesehen und gewürdigt. Soweit die Staatsanwaltschaft sich bei ihrer abweichenden Beurteilung auf zwei nachgewiesene Warenkreisläufe stützt, kommt diesem Umstand kein Beweiswert zu, weil das Landgericht nicht feststellen konnte, daß gerade der Angeklagte H in diesen Kreislauf einbezogen war. Vielmehr schließt das Landgericht auf der Grundlage der Aussage des Zeugen W eine Lieferung der markierten Kisten an H aus. Weshalb ein Telefongespräch des Angeklagten S mit dem He , das der Angeklagte H mithören konnte, Anhaltspunkte für dessen Kenntnis von Umsatzsteuerhinterziehungen im Vorfeld der Handelskette geben könnte, ist nicht zu erkennen.
(2) Dem Zusammenhang der Urteilsgründe läßt sich auch mit hinreichender Sicherheit entnehmen, daß der Tatrichter die gebotene Gesamtwürdigung (vgl. BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 11, 24 jeweils m. w. N.) vorgenommen hat. Er stellt nämlich die den Angeklagten H entlasten-
den Gesichtspunkte (ordnungsgemäße und unauffällige Abwicklung der Geschäfte , die entlastende Aussage des Mitangeklagten S sowie mittelbar auch des Zeugen He , der nichts von einer kollusiven Einbindung des Angeklagten H wußte) den jeweils belastenden Umständen (Nichtregistrierung der eine Identifizierung ermöglichenden Lotnummern der CPUs, günstige Preise, schneller Warenumschlag) gegenüber. Unter Würdigung der jeweils für und gegen den Angeklagten sprechenden Gesichtspunkte ist das Landgericht dann zu der Wertung gelangt, daß die Einlassung des Angeklagten nicht widerlegbar ist. Bei diesem Gang der Prüfung ist auszuschließen , daß der Tatrichter die belastenden Indizien nicht auch in ihrer Gesamtheit gesehen und gewürdigt hat.
(3) Keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet schließlich die vom Landgericht im Rahmen der Beweiswürdigung benutzte und von der Beschwerdeführerin beanstandete Wendung, es halte „die Einlassung des Angeklagten für nicht widerlegbar“. Zwar dürfen nicht alle denkbaren Gesichtspunkte und vagen Möglichkeiten, zu denen keine Feststellungen getroffen werden können, zugunsten des Angeklagten berücksichtigt werden (BGH NJW 2002, 2188, 2189; NStZ-RR 2002, 243; BGHR StPO § 261 Überzeugungsbildung 18, 22). Dies hat das Landgericht indes ersichtlich auch nicht getan. Vielmehr würdigt es die Umstände, die für und gegen die Einlassung des Angeklagten H sprechen, wonach er keine Kenntnis von den Umsatzsteuermanipulationen erlangt haben will. Mit der Schlußfolgerung, die Einlassung des Angeklagten sei nicht widerlegbar, wird lediglich zum Ausdruck gebracht, das Landgericht habe sich keine sichere Überzeugung davon bilden können, daß der Angeklagte – entgegen seinen Beteuerungen – doch von den umsatzsteuerlichen Manipulationen seines Lieferanten Kenntnis hatte.
3. Die Revision der Staatsanwaltschaft, die gemäß § 301 StPO hier zugunsten des Angeklagten H wirkt, führt zur Aufhebung des Urteils, soweit der Angeklagte H wegen Untreue verurteilt worden ist.

a) Die Staatsanwaltschaft hat im Hinblick auf den Angeklagten H die umfassende Aufhebung des landgerichtlichen Urteils beantragt. In ihrer Begründung wendet sich die Revision allerdings allein gegen die unterbliebene Verurteilung wegen Umsatzsteuerhinterziehung im Zusammenhang mit dem Erwerb der CPUs über die U . Ob in der Begründung eine teilweise Beschränkung des Rechtsmittels zu sehen ist, bedarf keiner Entscheidung. Eine Beschränkung wäre unwirksam, wenn es sich – unabhängig davon , ob Tateinheit (§ 52 StGB) oder Tatmehrheit (§ 53 StGB) vorliegt – um eine einheitliche Tat im Sinne des § 264 StPO handeln würde. Wie der Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt hat, sind diese Voraussetzungen hier erfüllt. Der aufgrund der Anklage zur Aburteilung gestellte Lebenssachverhalt enthält alle damit zusammenhängenden und darauf bezogenen Vorkommnisse , auch wenn diese in der Anklageschrift nicht ausdrücklich erwähnt sind (BGHSt 29, 288, 292 f.; NStZ 2001, 440). Maßgeblich ist dabei, daß zwischen den eine prozessuale Tat bildenden geschichtlichen Vorgängen unter Berücksichtigung ihrer strafrechtlichen Bedeutung ein untrennbarer Zusammenhang besteht. Diese Voraussetzung ist hier schon deshalb gegeben , weil die als Untreuehandlung ausgeurteilten Handlungen zugleich den Gegenstand der Umsatzsteuerhinterziehung bildeten; denn die zu Unrecht als Provisionen oder Beraterhonorare bezeichneten Betriebsausgaben enthielten jeweils auch einen sachlich nicht gerechtfertigten Umsatzsteuerausweis , den der Angeklagte bei seinen monatlichen Umsatzsteuervoranmeldungen in Verkürzungsabsicht als Vorsteuerabzug geltend machte. Da wiederum die von der Staatsanwaltschaft angestrebte Verurteilung wegen der Umsatzsteuerhinterziehungen im Zusammenhang mit dem Ankauf der CPUs lediglich den Schuldumfang der bereits ausgeurteilten falschen Umsatzsteueranmeldungen erhöhen würde, liegt zwischen sämtlichen Handlungen ein derart untrennbarer Zusammenhang vor, daß sie aufgrund ihrer Verzahnung insgesamt eine einheitliche prozessuale Tat im Sinne des § 264 StPO bilden.

b) Die Verurteilungen wegen Untreue zum Nachteil der HP GmbH gemäß § 266 StGB haben keinen Bestand. Gesellschafter und Geschäftsfüh-
rer der HP GmbH waren der Angeklagte und seine Ehefrau. In der Recht- sprechung des Bundesgerichtshofs ist für den Alleingesellschafter anerkannt, daß dieser ohne weiteres Vermögenswerte aus der GmbH ziehen kann. Eine Grenze besteht insoweit, als das Stammkapital nicht beeinträchtigt und insbesondere keine Existenzgefährdung der Gesellschaft hierdurch herbeigeführt werden darf (BGHSt 9, 203, 216; BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 23, 37, 45). Dies gilt im übrigen auch dann, wenn bei einer mehrgliedrigen Kapitalgesellschaft sämtliche Gesellschafter einvernehmlich handeln, selbst wenn die Entnahmen zum Zwecke der Steuerhinterziehung verschleiert werden (BGHSt 35, 333, 336 f.; BGH NJW 2000, 154, 155 m. Anm. Gehrlein S. 1089 f.).

c) Der neue Tatrichter wird demnach zu prüfen haben, ob die Ehefrau des Angeklagten H als dessen Mitgesellschafterin die Entnahmen gebilligt hat. Selbst wenn sich ein solches Einverständnis nicht feststellen lassen sollte, hätte das Fehlen ihrer Zustimmung allenfalls dann Bedeutung, wenn die Ehefrau des Angeklagten H als verbliebene und alleingeschädigte Gesellschafterin gemäß § 266 Abs. 2 StGB i.V.m. § 247 StGB fristgerecht einen Strafantrag gestellt hätte. Unabhängig davon wird der neue Tatrichter feststellen müssen, ob durch die Entnahmehandlungen des Angeklagten H das Stammkapital der HP GmbH angegriffen oder deren Existenz gefährdet worden ist. In diesem Falle käme es auf ein Einverständnis seiner Mitgesellschafter nicht mehr an (BGH NJW aaO).
Soweit eine Beihilfe zur Untreue der Zeugen N und Ho zu Lasten ihrer Arbeitgeber in Betracht kommt, bezöge sich ein solcher Tatvorwurf nicht auf die angeklagte Tat. Bei einer Beihilfe zu einer Untreue der Zeugen N und Ho ist Tathandlung die Vereinbarung eines Preisaufschlages, bei einer Untreue zu Lasten der HP GmbH ist die Entnahme der Gelder Tathandlung. Beide Vorgänge stehen aber nicht in einem so untrennbaren Zusammenhang, daß sie jeweils als dieselbe prozessuale Tat im Sinne des § 264 StPO angesehen werden müßten.

d) Die Aufhebung der Schuldsprüche wegen Untreue führt zur Aufhe- bung des Gesamtstrafausspruches mit den zugehörigen Feststellungen. Obwohl auch die Einsatzstrafe in Wegfall gelangt, kann der Senat ausschließen, daß die übrigen Einzelstrafen von dem Rechtsfehler beeinflußt sind. Die insoweit zur Strafzumessung getroffenen Feststellungen bleiben gleichfalls bestehen.

III.


Trotz der Teilaufhebung nach § 301 StPO sind die Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft im Sinne des Kostenrechts erfolglos (§ 473 Abs. 1 Satz 1 StPO). Harms Häger Raum Brause Schaal

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
2.
die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder
3.
pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt
und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) missbraucht,
3.
die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht,
4.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
5.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt oder
6.
eine Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(4) Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Steuervorteile sind auch Steuervergütungen; nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, soweit sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden. Die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 sind auch dann erfüllt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können.

(5) Die Tat kann auch hinsichtlich solcher Waren begangen werden, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch dann, wenn sich die Tat auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden oder die einem Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation oder einem mit dieser assoziierten Staat zustehen. Das Gleiche gilt, wenn sich die Tat auf Umsatzsteuern oder auf die in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. L 9 vom 14.1.2009, S. 12) genannten harmonisierten Verbrauchsteuern bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden.

(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten unabhängig von dem Recht des Tatortes auch für Taten, die außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes begangen werden.

5 StR 12/05

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 30. Juni 2005
in der Strafsache
gegen
wegen Steuerhinterziehung u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 30. Juni
2005, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin Harms,
Richter Basdorf,
Richter Dr. Raum,
Richter Dr. Brause,
Richter Schaal
als beisitzende Richter,
Ministerialrat
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt N ,
Rechtsanwalt K
als Verteidiger,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 28. Juni 2004 im Schuldspruch dahingehend geändert, daß die Angeklagte wegen Steuerhinterziehung in zwei Fällen und wegen versuchter Steuerhinterziehung in Tateinheit mit Urkundenfälschung verurteilt ist.
Die weitergehende Revision der Staatsanwaltschaft sowie die Revision der Angeklagten werden verworfen.
Die Angeklagte hat die Kosten ihres Rechtsmittels zu tragen. Die Staatskasse trägt die Kosten des Rechtsmittels der Staatsanwaltschaft und die hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen der Angeklagten.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e Das Landgericht hat die Angeklagte wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung in zwei Fällen und wegen Beihilfe zur versuchten Steuerhinterziehung in Tateinheit mit Beihilfe zur Urkundenfälschung zu einer zur Bewährung ausgesetzten Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt. Die vom Generalbundesanwalt vertretene Revision der Staatsanwaltschaft führt lediglich zur Abänderung des Schuldspruchs. Das Rechtsmittel der Angeklagten ist unbegründet.

I.


Nach den Feststellungen des Landgerichts war die als S teuerberaterin tätige Angeklagte in ein aus mehreren Firmen bestehendes Umsatzsteuerhinterziehungssystem eingebunden.
Im Jahre 1996 erwarben die Organisatoren dieses Steuerhinterziehungssystems über die von ihnen beherrschte C GmbH Computerbauteile von der niederländischen Firma I . Zum Zwecke der Vorsteuererschleichung und Umsatzsteuerhinterziehung schalteten sie rechnungsmäßig die F GmbH ein, eine selbst nicht wirtschaftlich tätige Scheinfirma, welche den Bezug der Computerbauteile als innergemeinschaftliche Lieferung umsatzsteuerfrei aus den Niederlanden vortäuschte. Die F GmbH verkaufte die Bauteile sodann papiermäßig mit einem geringen Aufpreis, aber nunmehr unter offenem Umsatzsteuerausweis an die ebenfalls von den Organisatoren beherrschte M GmbH weiter. Auch die M GmbH verfolgte keine eigenen Geschäftszwecke und war nur zur Verschleierung der Waren- und Zahlungsströme zwischengeschaltet. Die M GmbH veräußerte sodann die Bauteile rechnungsmäßig und wiederum unter Ausweis der Umsatzsteuer an die C GmbH weiter. Diese verkaufte die Bauteile tatsächlich in Deutschland, fingierte aber umsatzsteuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen. Auf diese Weise konnten die beteiligten Unternehmen M GmbH und C GmbH die in ihren Einkaufsrechnungen jeweils ausgewiesene Umsatzsteuer als Vorsteuer geltend machen, während die C GmbH mit Hilfe der nur vorgetäuschten innergemeinschaftlichen Verkäufe keine Umsatzsteuer anmeldete.
Zur weiteren Verschleierung und umsatzsteuerrechtlichen „Glattstellung“ der F GmbH wurden verfälschte Blankorechnungen der A GmbH, einer insolventen früheren Geschäftspartnerin der C GmbH, erstellt, passend zu den Verkäufen der F GmbH als Einkaufsrechnungen
mit Umsatzsteuerausweis ausgefüllt und zum Gegenstand der Umsatzsteuervoranmeldungen gemacht.
Ihrem Tatplan entsprechend, gaben die Verantwortliche n der jeweils beteiligten Firmen für den Voranmeldungszeitraum September 1996 (F GmbH und M GmbH) bzw. für das dritte Quartal 1996 (C GmbH) inhaltlich unzutreffende Umsatzsteuervoranmeldungen ab, in denen die aus den fingierten Einkäufen von den jeweils vorgeschalteten Firmen ausgewiesenen Umsatzsteuerbeträge als Vorsteuer geltend gemacht wurden. Der mit einem Vorsteuerüberhang endenden Voranmeldung der F GmbH stimmte das zuständige Finanzamt nicht zu; in ihr wurden zu Unrecht angebliche Vorsteuern in Höhe von rund 1,5 Millionen DM aus Einkäufen bei der A GmbH geltend gemacht. Die Erklärung der M GmbH wies unter Verrechnung in Wahrheit nicht anrechenbarer Vorsteuern von rund 1,4 Millionen DM aus angeblichen Einkäufen bei der F GmbH einen Umsatzsteuerzahlbetrag von rund 38.000 DM aus. Die C GmbH erklärte schließlich unter Anrechnung angeblicher Vorsteuern in Höhe von rund 1,6 Millionen DM aus Einkäufen bei der M GmbH einen Vorsteuerüberhang von rund 65.000 DM, dem das zuständige Finanzamt zustimmte.
Zur Einbindung der Angeklagten in das Umsatzsteuerhin terziehungssystem hat das Landgericht folgende Feststellungen getroffen: Ab 1995 beriet die Angeklagte die C GmbH steuerrechtlich, erledigte die Buchhaltung und erstellte die Jahresabschlüsse sowie die Steuererklärungen. Sie gründete als Vertreterin einer Luxemburger Firma zusammen mit einem anderweitig verfolgten Partner 1996 die M GmbH, über deren Geschäftskonto sie (mit)zeichnungsberechtigt war und die sie ebenfalls steuerrechtlich beriet. Auch bei der M GmbH war die Angeklagte für die Verbuchung der Ein- und Ausgangsrechnungen zuständig. Darüber hinaus hatte die Angeklagte Einblick in die Kontobewegungen auf dem Geschäftskonto der F GmbH. In die geplanten und durchgeführten Steuerhinterziehungen war die Angeklagte frühzeitig, wenn auch nicht von Anfang
an eingeweiht; ihre steuerrechtlichen Kenntnisse halfen bei der Planung und Durchführung der Taten. Bei einer Umsatzsteuersonderprüfung der M GmbH im März 1997, die in den Kanzleiräumen de r Angeklagten stattfand , versuchte sie das Tatgeschehen durch unrichtige Auskünfte zu den Verhältnissen der beteiligten Firmen zu verschleiern. Zudem erstellte und unterschrieb die Angeklagte die inhaltlich unrichtigen Umsatzsteuervoranmeldungen für die M GmbH und die C GmbH selbst. Hinsichtlich der F GmbH beruhte die Verwendung der gefälschten Rechnungen der A GmbH auf dem Vorschlag der Angeklagten; sie gab ferner die in den Blankorechnungen einzutragenden Daten vor. Die Angeklagte hatte ein starkes wirtschaftliches Interesse am Taterfolg. Sie bestritt mindestens ein Viertel ihres Umsatzes aus Honoraren der C GmbH und der M GmbH, deren wirtschaftliches Ergebnis aber namentlich von der erfolgreichen steuerlichen Geltendmachung der fingierten Geschäfte abhing.
Ein täterschaftliches Handeln der Angeklagten hat das Landgericht dennoch mit der Erwägung verneint, es habe sich nicht feststellen lassen, daß die Angeklagte bereits von Anfang an vollumfänglich in das Tatgeschehen eingeweiht gewesen sei. Ihre Mitwirkung bereits zu Beginn der Tatplanung sei nicht beweisbar. Darüber hinaus sei der Angeklagten nicht nachzuweisen , daß sie in demselben Umfang wie die übrigen Täter an der Tatbeute beteiligt gewesen sei. Als einzig nachweisbarer Vorteil seien ihr die aus ihrer Tätigkeit als Steuerberaterin erwachsenen Honorare verblieben.

II.


Die Revision der Staatsanwaltschaft hat zum Schuldspruch Erfolg.
1. Zu Recht rügt die Beschwerdeführerin, daß das Landg ericht die Anforderungen an die Feststellung einer mittäterschaftlichen Einbindung der Angeklagten in das deliktische Geschehen überspannt hat. Auf der Grundla-
ge der rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen hätte das Landgericht die Angeklagte wegen mittäterschaftlichen Handelns verurteilen müssen.
Mittäter ist, wer nicht nur fremdes Tun fördert, sonde rn einen eigenen Tatbeitrag derart in eine gemeinschaftliche Tat einfügt, daß sein Beitrag als Teil der Tätigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergänzung seines eigenen Tatanteils erscheint. Ob ein Beteiligter ein so enges Verhältnis zur Tat hat, ist nach den gesamten Umständen, die von seiner Vorstellung umfaßt sind, in wertender Betrachtung zu beurteilen. Wesentliche Anhaltspunkte können der Grad des eigenen Interesses am Taterfolg, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille zur Tatherrschaft sein (vgl. BGHSt 37, 289, 291 m.w.N.). In Grenzfällen hat der Bundesgerichtshof dem Tatrichter für die ihm obliegende Wertung einen Beurteilungsspielraum eröffnet. Läßt das angefochtene Urteil erkennen, daß der Tatrichter die genannten Maßstäbe erkannt und den Sachverhalt vollständig gewürdigt hat, so kann das gefundene Ergebnis vom Revisionsgericht auch dann nicht als rechtsfehlerhaft beanstandet werden, wenn eine andere tatrichterliche Beurteilung möglich gewesen wäre (vgl. BGH NStZ-RR 2005, 71 m.w.N.).
Ein solcher Grenzfall liegt hier indes nicht vor. Das Landgericht übersieht , daß Mittäterschaft nicht nur aufgrund eines gemeinsamen Tatplanes oder Tatentschlusses in Betracht kommt, dem eine ausdrückliche und zeitgleiche Absprache der Beteiligten zu Grunde liegt. Es ist mit den in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen nicht vereinbar, ein täterschaftliches Handeln der Angeklagten schon deshalb abzulehnen, weil die Angeklagte nicht von Anfang an, sondern erst zu einem späteren Zeitpunkt, allerdings schon weit vor den eigentlichen Tathandlungen, in den Tatplan einbezogen wurde.
Angesichts der eine Verurteilung wegen täterschaftlicher Begehungsweise zwanglos tragenden Feststellungen des Landgerichts besteht kein An-
laß zu einer Aufhebung von Feststellungen. Der Senat hat den Schuldspruch daher selbst – im Sinne der Anklage – umgestellt.
2. Die weitergehende Revision der Staatsanwaltschaft ist unbegründet. Wie der Senat den von Amts wegen zur Kenntnis zu nehmenden Verfahrensdaten und der – allerdings nur im Rahmen der Sachrüge erhobenen – näher erläuterten Beanstandung der Angeklagten zur Verfahrensverzögerung entnimmt, würde ein neues Tatgericht bei der Strafzumessung erhebliche , nicht der Angeklagten zuzurechnende Verfahrensverzögerungen zu berücksichtigen haben. Ein zu einer kompensatorischen Strafzumessung Anlaß gebender Verstoß gegen das Beschleunigungsgebot drängt sich auf. Die vorrangige im Sinne des Art. 6 Abs. 1 MRK gebotene Vermeidung weiterer Verfahrensverzögerung veranlaßt den Senat daher, durch Aufrechterhaltung der bisher verhängten Einzelstrafen, die auf der Grundlage zu Unrecht verminderter Strafrahmen gebildet wurden, und der aus diesen Einzelstrafen gebildeten Gesamtstrafe zum Rechtsfolgenausspruch durchzuentscheiden und damit schnellstmöglich zu einer abschließenden Rechtsfolgenentscheidung zu gelangen, mit welcher dem Verstoß gegen das Beschleunigungsgebot Rechnung getragen wird (vgl. zu entsprechender Spruchpraxis der Durchentscheidung bei Verstößen gegen Art. 6 Abs. 1 MRK zuletzt BGH, Beschluß vom 14. Juni 2005 – 5 StR 168/05). Der Senat schließt aus, daß ein neuer Tatrichter bei gehöriger Beachtung der vorzunehmenden Kompensation zu höheren Straffolgen gelangen könnte.

III.


Die Revision der Angeklagten hat keinen Erfolg.
1. Die Verfahrensrügen dringen nicht durch.

a) Die einen Hilfsbeweisantrag betreffende Verfahren srüge bleibt – ihre ausreichende Begründung (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO) unterstellt – aus
den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts in der Sache erfolglos.

b) Die Rüge der Verletzung des § 265 Abs. 1 StPO scheitert schon daran, daß die Beschwerdeführerin mit der Umstellung des Schuldspruchs durch den Senat wie angeklagt verurteilt ist.
2. Die auf Grund der Sachrüge veranlaßte Überprüfung des Urteils ergibt – auch unter Berücksichtigung der näher ausgeführten Einzelbeanstandungen – keinen die Angeklagte beschwerenden Rechtsfehler.
Soweit die Angeklagte die Beweiswürdigung des Landgerichts angreift , erschöpft sich die Revision entweder in einer unzulässigen Ersetzung der vom Landgericht vorgenommen Würdigung durch eigene Erwägungen oder in sachlichrechtlich unbeachtlichem urteilsfremden Vorbringen.
Die steuerrechtlichen Erwägungen der Revision zum innergemeinschaftlichen Reihengeschäft und zum System der Vorsteuererstattung nach § 15 UStG führen ebenfalls nicht zum Erfolg. Die Beschwerdeführerin vernachlässigt , daß sie hier an einem groß angelegten und gut organisierten Steuerhinterziehungssystem mitgewirkt hat, dem überwiegend erfundene Umsätze und verschleierte Zahlungswege zur Erschleichung von Vorsteuern zu Grunde lagen.
Dem von der Revision gerügten Verstoß gegen das Beschleunigungsgebot ist jedenfalls durch die getroffene Durchentscheidung zum Rechtsfolgenausspruch auf die Revision der Staatsanwaltschaft hinreichend Rechnung getragen.
Harms Basdorf Raum Brause Schaal

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 407/12
vom
25. September 2012
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Steuerhinterziehung u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. September 2012 beschlossen
:
Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Detmold vom 30. März 2012 werden als unbegründet verworfen.
Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu
tragen.

Gründe:

1
Der Angeklagte B. wurde wegen Steuerhinterziehung in 20 Fällen , davon drei Fälle des Versuchs, zu einer Gesamtfreiheitstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt.
2
Von der zeitlich ersten Tat abgesehen, hat er nach den Urteilsfeststellungen die Taten gemeinschaftlich mit dem Angeklagten M. begangen. Dieser wurde wegen Steuerhinterziehung in 19 Fällen, davon drei Fälle des Versuchs, ebenso zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt.
3
Der Angeklagte B. war alleiniger Gesellschafter der H. GmbH (künftig: H. ); der Angeklagte M. (formal) deren alleiniger Geschäftsführer.
4
Den Taten liegt im Kern zugrunde, dass in den für die H. abgegebenen Umsatzsteuervoranmeldungen unberechtigter Vorsteuerabzug geltend gemacht wurde. Dieser ging auf Scheinrechnungen mit Umsatzsteuerausweis zurück, die bei der H. entsprechend verbucht worden waren.
5
Zu Vorgeschichte und Ablauf der Taten ist Folgendes festgestellt:
6
Der Angeklagte B. war Alleinverantwortlicher der HAB, die mit gebrauchten Baumaschinen handelte. Sie hatte wirtschaftliche Schwierigkeiten, als er Ende 2008/Anfang 2009 den Angeklagten M. kennenlernte. Dieser hatte ebenfalls wirtschaftliche Schwierigkeiten. Mehrere von ihm geführte Unternehmen hatten Insolvenz anmelden müssen. Er war nach Verbüßung einer im Jahre 2003 wegen Umsatzsteuerhinterziehung (Schaden über 1,5 Mio. DM) verhängten Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten erwerbslos und musste von Angehörigen unterstützt werden. Die Angeklagten vereinbarten , künftig im Rahmen der H. gezielt Umsatzsteuer zu hinterziehen, „ähnlich wie M. … in der Vergangenheit“.
7
M. wurde nach der ersten Tat im Mai 2009 wegen der guten "Zusammenarbeit" zum (alleinigen) Geschäftsführer der H. bei einem Fixgehalt von 1.200 Euro netto bestellt. Von seiner Mitwirkung an den Steuerhinterziehungen abgesehen, hatte er mit den Geschäften der H. kaum zu tun, war in die Abgabe von Steuererklärungen nicht involviert und konnte nur begrenzt auf Firmenkonten zugreifen. „Eigentlicher Chef“ der H. war und blieb B. .
8
Durchgeführt wurden die Umsatzsteuerhinterziehungen wie folgt:
9
M. hatte und schuf Kontakte zu Verkäufern von Baumaschinen in den Niederlanden und erwarb dort Baumaschinen mit Bargeld, das ihm B. hierfür überlassen hatte. Dabei spiegelte M. den niederländischen Verkäufern vor, nicht für die H. , sondern für andere deutsche Firmen aufzutreten, sodass die Verkäufer ihre Ausgangsrechnungen auf die vermeintlich von M. vertretenen Firmen ausstellten. Als einer der Verkäufer mit der vermeintlich von M. vertretenen Firma in Kontakt treten wollte, sorgte M. dafür, dass ihn, „um die Legende nicht zu gefährden“, zu diesem Zweck der (hier wegen Beihilfe ebenfalls abgeurteilte, nicht revidierende) Mitangeklagte K. begleitete.
10
Soweit einzelne Baumaschinen in anderen EU-Ländern gekauft worden waren, war dort nicht M. , sondern ein Angestellter der H. mit Wissen und Wollen der Angeklagten so wie geschildert tätig geworden.
11
In der Buchhaltung der H. wurden hinsichtlich der Baumaschinenan- käufe Scheinrechnungen verbucht, aus denen sich „ein inländischer Erwerb ergab“. In den Rechnungsköpfen waren jeweils als Veräußerer verschiedene in Deutschland ansässige, allerdings nicht im Baumaschinenhandel tätige Firmen ausgewiesen.
12
Diese Scheinrechnungen „ließ(en) sich unter Ausnutzung von Kontakten des Angeklagten M. leicht“ erstellen. Er kannte den gesondert verfolgten I. , der aus früherer Tätigkeit über vorlagegeeignete Unterlagen dieser Firmen und Unbedenklichkeitsbescheinigungen verfügte.
13
Auf der Grundlage von 194 Scheinrechnungen wurde vom ersten Quartal 2009 bis Dezember 2010 in insgesamt 20 Voranmeldungszeiträumen unberechtigter Vorsteuerabzug geltend gemacht. Den in den Umsatzsteuervoranmeldungen bis einschließlich Mai 2010 und nochmals im Juli und August 2010 jeweils geltend gemachten Erstattungen erteilte das Finanzamt die Zustimmung und es kam zur Auszahlung seitens des Finanzamts. Wegen dieser Auszahlungen kam es bereits im Frühjahr 2010 zu einer Umsatzsteuersonderprüfung. Auch wenn sie zunächst keine konkreten Verdachtsmomente ergab, führte sie dazu, dass die H. nunmehr Belege (also die Scheinrechnungen) vorlegen musste. Deren Überprüfung führte letztlich dazu, dass für die Voranmeldungszeiträume September bis November 2010 der jeweils geltend gemachten Auszahlung von Guthaben nicht mehr zugestimmt wurde. In den letztlich vergeblichen Versuch, in diesem Zusammenhang das Finanzamt zu täuschen, war auf Initiative M. s erneut auch K. verwickelt.
14
In den Voranmeldungszeiträumen Juni und Dezember 2010 meldete die H. Zahllasten an, so dass es einer Zustimmung des Finanzamts in diesen Fällen nicht bedurfte.
15
Insgesamt belief sich der unberechtigt geltend gemachte Vorsteuerabzug auf über 1,3 Mio. Euro.
16
Im weiteren Verlauf wurde ein gegen die H. gerichteter Insolvenzantrag mangels Masse abgewiesen.
17
Die Revision des Angeklagten B. ist näher ausgeführt auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützt, die Revision des Angeklagten M. auf die näher ausgeführte Sachrüge. Die Revisionen bleiben erfolglos (§ 349 Abs. 2 StPO).
18
I. Verfahrensrüge(n) des Angeklagten B. :
19
Das Vorbringen, „diverse“ Beweisanträge seien zurückgewiesen und Hilfsbeweisanträge „zum Teil“ nicht beschieden, genügt nicht den Anforderun- gen von § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO und wäre unbegründet.
20
1. Die Strafkammer hat die von der Revision genannten Anträge mit einzelfallbezogener Begründung (z.B. wegen Bedeutungslosigkeit, Wahrunterstellung u.a.) abgelehnt.
21
Nach dem Revisionsvorbringen sollen sämtliche Beschlüsse im Kern (offenbar ) deshalb fehlerhaft sein, weil die Strafkammer die von ihr erhobenen Beweise nach Auffassung der Revision falsch gewürdigt hat. Insoweit, so die Revision selbst, „vermengt sich die … Prozessrüge mit der Sachrüge“. Auf die Ablehnung der einzelnen Anträge geht die Revision nur vereinzelt konkret ein.
22
Bei einer Reihe dieser Anträge handelte es sich nicht um Beweisanträge, sondern Beweisermittlungsanträge:
23
a) Der Antrag auf Vernehmung sämtlicher in der Anklage aufgeführten (§ 200 Abs. 1 Satz 2 StPO), aber noch nicht vernommenen Zeugen nennt kein Beweisthema. Auch verdeutlicht das Revisionsvorbringen entgegen § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO nicht, um welche Zeugen es sich konkret handelt.
24
b) Der Zeuge W. sollte bekunden, er hätte „entweder bei einer Baufirma oder einer Nutzfahrzeugshandelsfirma“ Fahrzeuge abgeholt, und dabei im Auf- trag M. s entweder „in dessen eigenem oder fremden Namen“ gehandelt. Sind mehrere, sich gegenseitig ausschließende Tatsachen in das Wissen eines Zeugen gestellt, fehlt auch bei einem einheitlichen Beweisziel eine bestimmte Tatsachenbehauptung (BGH, Beschluss vom 13. November 1997 - 1 StR 627/97 mwN).
25
c) Der Antrag, zum Beweis des Herkunftsorts der Lieferungen des ersten Halbjahres 2009 die „entsprechenden Frachtpapiere“ zu verlesen,hätte erfordert , die einschlägigen Dokumente erst aus einer Vielzahl vergleichbarer Dokumente herauszusuchen (vgl. BGH, Beschluss vom 24. August 1999 - 1 StR 672/98 mwN).
26
d) Ob der Antrag auf erneute Vernehmung eines Zeugen ein Beweisantrag ist, hängt davon ab, wozu er bereits ausgesagt hatte (BGH, Urteil vom 21. März 2002 - 5 StR 566/01 mwN). Hierzu ist jedoch nichts vorgetragen.
27
Eine Verletzung der Aufklärungspflicht durch Zurückweisung dieser Anträge (vgl. BGH, Beschluss vom 13. November 1997 - 1 StR 627/97 mwN) ist weder ausdrücklich noch der Sache nach in zulässiger Form geltend gemacht. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, was die Strafkammer zu weiteren Beweiserhebungen gedrängt hätte.
28
2. Die Behauptung, Hilfsbeweisanträge seien im Urteil übergangen, ist unbehelflich, da deren Inhalt nicht mitgeteilt ist.
29
3. Auch hinsichtlich der verbleibenden Anträge ist es nicht Aufgabe des Revisionsgerichts, aus dem insgesamt pauschal gehaltenen Revisionsvorbringen und den Urteilsgründen Teile herauszufiltern, die zu einer hinreichend angebrachten Rüge zusammengefügt werden könnten. Dann bestimmte statt des hierzu berufenen Revisionsführers das Revisionsgericht selbst den Gegenstand seiner Überprüfung.

30
4. Selbst wenn man - in welchem Umfang auch immer - einzelne Verfahrensrügen für zulässig erhoben hielte (was, wie dargelegt, zu verneinen ist), wären sie unbegründet, wie dies der Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt hat.
31
II. Zur Sachrüge hinsichtlich des Schuldspruchs:
32
1. Die Auffassung (Revisionsbegründung M. ), der Umfang der hinterzogenen Steuern sei mangels hinreichender Darlegung nicht überprüfbar, ist unzutreffend. Jede Scheinrechnung ist tabellarisch aufgeführt, ebenso die darin ausgewiesene Umsatzsteuer. Auch ist für jeden Voranmeldungszeitraum die sich daraus ergebende Gesamtsumme zu Unrecht geltend gemachter Vorsteuer ausdrücklich genannt.
33
2. Auch sonst sind die Schuldsprüche rechtsfehlerfrei.
34
a) Angeklagter B. :
35
Das Revisionsvorbringen zeigt die Möglichkeit einer den Angeklagten belastenden rechtsfehlerhaften Beweiswürdigung nicht auf.
36
b) Angeklagter M. :
37
Die Strafkammer hat, ihren Beurteilungsspielraum bei der Abgrenzung zwischen Mittäterschaft und Beihilfe (BGH, Urteil vom 10. November 2004 - 5 StR 403/04) nicht überschritten. Zwar erbrachte M. seine Tatbeiträge lediglich im Vorfeld der falschen Steuererklärungen (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 28. Mai 1986 - 3 StR 103/86); aufgrund dieser Tatbeiträge kam ihm jedoch nach der rechtsfehlerfreien Wertung der Strafkammer eine „Schlüsselstellung“ bei den gemeinschaftlich geplanten Taten zu. Er verfügte über einschlägige Erfahrungen und die erforderlichen Kontakte und sorgte dafür, dass I. und K. die Taten unterstützten. Unter diesen Umständen brauchte die Strafkammer auch die Annahme von Mittäterschaft nicht breiter als geschehen zu begründen.
38
Auch sonst sind Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten nicht ersichtlich.
39
III. Zur Sachrüge hinsichtlich der Strafaussprüche:
40
1. Zu den Strafrahmen:
41
Die Strafkammer hat die Strafrahmen nicht rechtsfehlerfrei bestimmt, jedoch ohne Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten:
42
a) Täuscht der Täter, wie hier, steuermindernde Umstände vor, indem er nicht bestehende Vorsteuerbeträge geltend macht, liegt (hier auf den jeweiligen Anmeldungszeitraum bezogen) ab einem Betrag von 50.000 Euro eine Steuerverkürzung großen Ausmaßes (§ 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO) vor. Dies hat die Strafkammer nicht verkannt, sie hat jedoch rechtsfehlerhaft nicht auf die allein maßgebliche Summe des zu Unrecht anerkannten (bzw. in den Versuchsfällen: geltend gemachten) Vorsteuerabzugs abgestellt (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Dezember 2011 - 1 StR 579/11). Vielmehr hat sie darauf abgestellt, ob es „zu Auszahlungen in Höhe von mehr als 50.000 Euro gekommen war“.
43
b) Die Frage, ob und in welcher Höhe es zu Auszahlungen gekommen ist, sagt aber nichts über die Höhe der verkürzten Steuern aus. Vielmehr hängt die Höhe von Auszahlungen oder verbleibenden Zahllasten allein von der Höhe der gemäß § 16 Abs. 1 UStG berechneten Umsatzsteuer einerseits und der Höhe der insgesamt geltend gemachten Vorsteuerbeträge andererseits ab. In dieses Ergebnis (Saldo) können also auch wahrheitsgemäß geltend gemachte Vorgänge einfließen. Wahrheitsgemäße Angaben können aber auf die Höhe des durch falsche Angaben zu anderen Vorgängen verursachten Schadens keinen Einfluss haben.
44
c) Der aufgezeigte Mangel bei der Strafrahmenbestimmung bleibt hier im Ergebnis unschädlich. In den Fällen, in denen die Strafkammer von einer Steuerverkürzung großen Ausmaßes ausgegangen ist, lag der Verkürzungsbetrag stets über 50.000 Euro. Soweit die Strafkammer wiederholt, meist durch das Abstellen auf die Höhe der Auszahlungsbeträge (für die Abrechnungszeiträume zweites Quartal 2009, Dezember 2009, Februar 2010, Juni 2010, August 2010, September 2010, November 2010) zu Unrecht eine Steuerhinterziehung im besonders schweren Fall verneint hat (zum Strafrahmen in den Versuchsfällen vgl. BGH, Beschluss vom 28. Juli 2010 - 1 StR 332/10 mwN), sind die Angeklagten nicht beschwert.
45
d) Soweit besonders schwere Fälle angenommen sind, bestehen zur subjektiven Seite (auch) des Angeklagten M. - anders als seine Revision meint - keine Bedenken. Er war bei der H. ausschließlich zum Zwecke der Steuerhinterziehung tätig und hat sie maßgeblich ermöglicht. Die Möglichkeit, dass sein Vorsatz eine Steuerhinterziehung in dem jeweilig gegebenen Umfang nicht umfasst hätte, liegt daher fern (in vergleichbarem Sinne BGH, Beschluss vom 26. März 2004 - 1 StR 567/03; Urteil vom 4. September 1996 - 2 StR 299/96), auch wenn er an der Erstellung der unrichtigen Steuererklärungen nicht unmittelbar beteiligt war. Fernliegende Möglichkeiten sind aber nicht erörterungsbedürftig.
46
2. Zur konkreten Strafzumessung:
47
a) Auch hierbei hat sich der aufgezeigte Mangel nicht zum Nachteil der Angeklagten ausgewirkt. In den meisten Fällen führte er dazu, dass die Strafkammer von einem zu niedrigen Hinterziehungsbetrag ausgegangen ist. Die für die Strafzumessung maßgebliche Größenordnung des Steuerschadens hat sich aber auch in den wenigen Fällen nicht verändert, in denen die Strafkammer von einem zu hohen Betrag ausgegangen ist.
48
b) Das Revisionsvorbringen des Angeklagten M. zeigt die Möglichkeit beschwerender Rechtsfehler nicht auf:
49
(1) Zu Unrecht nicht strafmildernd gewertetes Verhalten des Finanzamts ist nicht ersichtlich. Das Revisionsvorbringen im Zusammenhang mit der Sonderprüfung - so sei etwa ein gebotener Abgleich von Steuernummern unterblieben - kann auf sich beruhen. Ein Straftäter hat keinen Anspruch darauf, dass staatliche Stellen rechtzeitig gegen ihn einschreiten, um seine Taten zu verhindern. (Vorwerfbares) Verhalten des Steuerfiskus kann regelmäßig allenfalls dann zu einer milderen Beurteilung von Steuerhinterziehung führen, wenn es das Täterverhalten unmittelbar beeinflusst hat und die Tatgenese den staatlichen Entscheidungsträgern vorzuwerfen ist (BGH, Beschluss vom 14. Dezember 2010 - 1 StR 275/10 mwN). Hierfür spricht vorliegend nichts. Vielmehr haben die Ermittlungen des Finanzamtes den (die) Angeklagten nicht von der Fortsetzung des bisherigen strafbaren Verhaltens abgehalten. Dies spricht für besondere kriminelle Hartnäckigkeit, ergibt aber offensichtlich keine strafmildernden Gesichtspunkte.
50
(2) Vergeblich macht die Revision geltend, die Strafkammer habe die strafmildernde Bedeutung serienmäßiger Tatbegehung verkannt:
51
Eine strafmildernde Berücksichtigung serienmäßiger Tatbegehung kann vor allem dann zu erwägen sein, wenn die einzelnen Taten räumlich, zeitlich oder sonst besonders eng verschränkt sind. Dies ist hier nicht der Fall. Im Übrigen kann sich das Vorliegen einer Vielzahl gleichartiger Taten je nach den Umständen des Falles auf die Strafzumessung unterschiedlich auswirken (BGH, Urteil vom 15. Mai 1991 - 2 StR 130/91 mwN). Allein die zunehmende Gewöhnung an die Begehung gleichartiger Straftaten wäre aber nicht strafmildernd (BGH, Urteil vom 18. September 1995 - 1 StR 463/95). Anderes ist hier nicht ersichtlich.
52
Der Senat bemerkt, dass der Unwertgehalt von Steuerstraftaten maßgeblich auch durch die Höhe des Steuerschadens bestimmt ist. Da serienmäßige Tatbegehung bei Steuerstraftaten zu höherem Steuerschaden führt, hat sie regelmäßig strafschärfende Bedeutung (vgl. BGH, Beschluss vom 29. November 2011 - 1 StR 459/11; Urteil vom 17. März 2009 - 1 StR 627/08 jew. mwN).
53
(3) Die Revision meint, I. habe zwar einen „gleichgewichtigen oder gar noch gewichtigeren Tatbeitrag“ geleistet, sei aber dennoch bisher nicht angeklagt oder verurteilt worden. Dies hätte strafmildernd berücksichtigt werden müssen.
54
Die Urteilsgründe ergeben schon keine nachvollziehbare Grundlage für die genannte Gewichtung des Tatbeitrages von I. und bestätigen auch den behaupteten Verfahrensstand nicht.
55
Unabhängig davon hat aber der Stand eines Verfahrens gegen einen anderen Tatbeteiligten ohnehin für die Strafzumessung keine Bedeutung. Es gilt nichts anderes als hinsichtlich der Strafzumessung gegen Tatbeteiligte in anderen Urteilen (vgl. BGH, Urteil vom 28. Juni 2011 - 1 StR 282/11 mwN). Die Revision stützt ihre gegenteilige Auffassung auf Rechtsprechung zur Strafzu- messung gegen „Mauerschützen“ (BGH, Urteil vom 3.November 1992 - 5 StR 370/92) oder in vergleichbaren Fällen (BGH, Urteil vom 3. März 1993 - 5 StR 546/92), wonach auch eine Rolle spielte, dass damals hierarchisch übergeordnete Verantwortliche noch nicht abgeurteilt waren. Derartige Besonderheiten liegen hier nicht vor.
56
(4) Die Revision hält es unter Berufung auf BGH, Urteil vom 24. Oktober 2002 - 5 StR 600/01 für strafmildernd, dass der Angeklagte trotz seines verhältnismäßig geringen Beuteanteils gemäß § 71 AO als Haftungsschuldner für die gesamte hinterzogene Steuer herangezogen werden könne.
57
Der Senat teilt diese Auffassung nicht.
58
aa) § 71 AO hat Schadensersatzcharakter und ist keine zusätzliche Strafsanktion für steuerunehrliches Verhalten (vgl. zusammenfassend Rüsken in Klein, AO, 11. Aufl., § 71 Rn. 2 mwN). Letztlich muss derjenige, der sich an einer Steuerhinterziehung beteiligt, für den von ihm (mit)verschuldeten Schaden ebenso einstehen, wie sonst ein Beteiligter an einer unerlaubten Handlung auch (§ 830 BGB). Allein die gesetzliche Pflicht, schuldhaft - hier vorsätzlich - (mit)verursachten Schaden ersetzen zu müssen, kann sich jedenfalls regelmäßig nicht strafmildernd auswirken.
59
bb) Es entspricht auch nicht der sonstigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs , möglicherweise wegen der Straftat (bzw. des Strafurteils) zu erwartenden behördlichen Anordnungen strafzumessungsrechtliche Bedeutung zuzuerkennen, wenn die Verwaltungsbehörde dabei die Umstände des Einzelfalls in ihre Entschließung einzubeziehen hat (st. Rspr.; zu möglichen ausländerrechtlichen Konsequenzen einer Verurteilung vgl. nur BGH, Beschluss vom 13. Oktober 2011 - 1 StR 407/11 mwN). Die Möglichkeit fachgerichtlicher Überprüfung dieser Maßnahmen schützt vor besonderen, vom Gesetzeszweck nicht umfassten Härten (BGH aaO).
60
Es liegt nahe, diese Grundsätze auch hier anzuwenden. Ein Haftungsbescheid gemäß §§ 71, 191 AO steht im Ermessen der Finanzbehörden (zu den dabei wesentlichen Gesichtspunkten vgl. Rüsken aaO § 191 Rn. 30 - 62 mwN). Eine entsprechende Entscheidung unterliegt finanzgerichtlicher Überprüfung ; dabei ist Besonderheiten des Einzelfalles erforderlichenfalls Rechnung zu tragen (vgl. nur BFH, Urteil vom 21. Januar 2004 - XI R 3/03; zu vorläufigem gerichtlichen Rechtsschutz vgl. FG Hamburg, Beschluss vom 24. April 2012 - 2 V 233/11).
61
cc) Unabhängig davon käme eine strafmildernde Berücksichtigung einer möglichen Heranziehung gemäß § 71 AO allenfalls dann in Betracht, wenn der Angeklagte nach den maßgeblichen Umständen des Einzelfalls tatsächlich mit seiner Heranziehung „rechnen muss“ (BGH, Urteil vom 24. Oktober 2002 - 5 StR 600/01) und dies eine besondere Härte darstellen würde (vgl. BGH, Ur- teil vom 14. März 2007 - 5 StR 461/06). Anhaltspunkte für eine solche Prognose sind jedoch nicht erkennbar:
62
Der Angeklagte ist erwerbs- und vermögenslos. Daher würden ihn auch die praktischen Folgen eines Haftungsbescheides schwerlich in besonderem Maße belasten, selbst wenn das Finanzamt, das schon aus Zweckmäßigkeitserwägungen naheliegend auch berücksichtigt, bei wem der Steueranspruch „am schnellsten, leichtesten und sichersten realisiert werden kann“ (Rüsken aaO Rn. 60 mwN), einen solchen Bescheid gegen ihn erlassen sollte.
63
Auch in diesem Zusammenhang gilt, dass fern liegende Möglichkeiten nicht erörtert werden müssen.
64
(5) Die Revision hält das Alter des (1949 geborenen) Angeklagten bei den Taten und bei einem (etwaigen) Strafantritt nicht für hinlänglich gewürdigt.
65
Das „fortgeschrittene Alter“ desAngeklagten ist bei der Strafzumessung genannt. Weitere Ausführungen waren nicht geboten.
66
Im Alter von 60 und 61 Jahren begangene Steuerhinterziehungen im Rahmen eines hierfür selbst geschaffenen komplexen Systems sprechen gegen einen für das Maß der Schuld und damit die Strafzumessung bedeutsamen Altersabbau. Dies gilt umso mehr bei einem Angeklagten, der gleichartige Taten auch schon früher begangen hat (BGH, Urteil vom 11. August 1998 - 1 StR 338/98 mwN).

67
Die Verbüßung einer längeren Freiheitsstrafe hat den Angeklagten nicht von einschlägigen neuen Taten abgehalten. Ohne konkrete Anhaltspunkte musste daher hier nicht allein wegen des Zeitablaufs seit der letzten Strafverbüßung erwogen werden, ob er jetzt gleichwohl durch den Strafvollzug voraussichtlich besonders stark beeindruckbar (haftempfindlich) sein könnte.
68
Schließlich ist auch nicht erkennbar, dass das Alter des Angeklagten hier die Erörterung seiner Chance, zu Lebzeiten „wieder der Freiheit teilhaftig zu werden“ (BGH, Urteil vom 27. April 2006 - 4 StR 572/05 mwN), erfordert hätte.
69
(6) Die Auffassung der Revision, für die Bemessung der Dauer des - angesichts seiner aus den Urteilsgründen ersichtlichen Komplexität ohne erkennbare Verzögerung durchgeführten - Verfahrens sei der Beginn des strafbaren Verhaltens maßgeblich, liegt neben der Sache.
70
(7) Gleiches gilt für die Ausführungen zu einer „Nähe der Tilgungsreife“ hinsichtlich der Vorstrafe. Diese wäre selbst bei straffreiem Verhalten erst 2020 tilgungsreif geworden (§ 46 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 3, § 47 Abs. 3 BZRG).
71
(8) Schließlich gehen auch die Angriffe dagegen fehl, dass der Angeklagte ebenso hoch bestraft wurde wie der Angeklagte B. . Die Strafkammer hat insoweit zusammenfassend erwogen, dass B- zwar ein „größeres Eigeninteresse“ an den Taten hatte, also hiervon erheblich mehr pro- fitierte, dafür aber nicht vorbestraft ist. Die Ausführungen der Revision erschöpfen sich in dem unbehelflichen Versuch, rechtsfehlerfreies tatrichterliches Ermessen durch eigenes Ermessen zu ersetzen.
72
3. Auch sonst sind keine die Angeklagten beschwerenden rechtsfehlerhaften Strafzumessungserwägungen ersichtlich.

RiBGH Hebenstreit ist in den Ruhestand getreten und daher an der Unterschrift gehindert. Nack Wahl Nack Jäger Sander

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 63/12
vom
27. März 2012
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Betruges
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerdeführer
und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 27. März
2012 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 13. September 2011 - in den Schuldsprüchen dahin abgeändert, dass die Angeklagten der Beihilfe zum Betrug schuldig sind, - in den Strafaussprüchen aufgehoben; die zugehörigen Feststellungen bleiben aufrechterhalten.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagten des Betruges schuldig gesprochen. Den Angeklagten Z. hat es deswegen zu der Freiheitsstrafe von drei Jahren und zwei Monaten verurteilt. Gegen den Angeklagten H. hat es eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren verhängt, deren Vollstre- ckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Die Revisionen der Angeklagten rügen die Verletzung materiellen Rechts; der Angeklagte H. beanstandet auch das Verfahren. Die Rechtsmittel haben mit der Sachrüge den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
2
Die Schuldsprüche wegen täterschaftlichen Betruges haben keinen Bestand ; die Angeklagten sind jeweils der Beihilfe zum Betrug (§§ 263, 27 StGB) schuldig.
3
1. Die Tatbeteiligten S. , N. und L. bemühten sich im Jahre 2007 zunächst erfolglos um den Erwerb des Mantels einer Aktiengesellschaft , deren Aktien sie unter der Vorspiegelung, es handle sich um ein im Bereich regenerativer Energien erfolgreich tätiges Unternehmen, an gutgläubige Kapitalanleger verkaufen wollten. Sie schalteten deshalb wegen der Vermittlung eines Mantelkaufs Rechtsanwalt K. ein, der sich seinerseits an die Angeklagten wandte. Die von den Angeklagten beherrschte G. Holding in Luxemburg erwarb schließlich am 28. November 2007 auf eigene Rechnung für 240.000 € von einer X. AGdie im Schweizer Kanton Zug registrierte E. AG, ausgestattet mit einem Kapital von 20 Millionen Stück Inhaberaktien zum Nennwert von je 0,01 CHF, welche zuvor in den Freiverkehr der Deutschen Börse AG aufgenommen worden waren. Noch am selben Tag veranlassten die Angeklagten den Weiterverkauf von 18,4 Millionen Stück dieser Aktien durch die G. Holding an eine von N. und L. beherrschte Su. Ltd. für 219.740 €. Über eine erste Kaufpreisrate, gegen deren Zahlung zunächst eine Million Stück Aktien übertragen werden sollten, war in dem Vertrag bereits Quittung erteilt. Die übrigen Aktien sollten der Su. Ltd. in drei Tranchen gegen Zahlung jeweils einer weiteren Kaufpreisrate übertragen werden. Finanziert werden sollten die drei Folgeraten im Wesentlichen aus dem Vertrieb der Aktien an Kapitalanleger.
4
Wie die Angeklagten wussten, handelte es sich bei der E. AG um eine reine Vorratsgründung ohne operatives Geschäft und ohne eigenes Vermögen. Den Angeklagten war auch klar, dass N. und L. die Aufnahme operativer Geschäfte von vornherein nicht beabsichtigen. Sie rechneten jedenfalls damit, dass die der Su. Ltd. überlassenen Aktien zu überhöhtem Kurs an entsprechend getäuschte Anlageinteressenten vertrieben würden, und nahmen dies billigend in Kauf. Am Gelingen dieses Vertriebs war ihnen deshalb gelegen, weil davon im Wesentlichen die Zahlung des Kaufpreises an die G. Holding abhing und weil der dadurch zu erwartende Kursanstieg den Wert des bei ihr verbliebenen Aktienpakets erhöhen würde.
5
In Absprache mit dem für N. und L. auftretenden Rechtsanwalt K. veranlassten die Angeklagten in der Folge Scheinorders über Aktien der E. , um dadurch einen Kursanstieg zu bewirken. Ebenso veranlassten sie die erforderliche Mitwirkung der G. Holding bei der Umfirmierung der E. AG in En. AG und bei der Änderung des in der Satzung ausgewiesenen Unternehmenszwecks u.a. in "Beteiligung an anderen Unternehmen … insbesondere im Energiebereich".
6
Weil sich die Übernahme und damit der Vertrieb der Aktien wegen organisatorischer Schwierigkeiten auf Seiten der Su. Ltd. erheblich verzögerten, beglichen N. und L. die offene Kaufpreisforderung der G. Holding schließlich aus anderweitigen Mitteln. An dem dann ab Mai 2008 stattfindenden Telefonvertrieb der Aktien durch N. , L. und K. waren die Angeklagten nicht mehr beteiligt. Gewonnen werden konnten etwa 80 Anleger; es entstand ein Gesamtschaden von ca. 1.100.000 €.
7
2. Diese Feststellungen tragen nicht die Verurteilung der Angeklagten wegen mittäterschaftlichen Betruges (§ 263 Abs. 1, § 25 Abs. 2 StGB).
8
a) Bei Beteiligung mehrerer Personen, von denen nicht jede sämtliche Tatbestandsmerkmale verwirklicht, handelt mittäterschaftlich, wer seinen eigenen Tatbeitrag so in die Tat einfügt, dass er als Teil der Handlung eines anderen Beteiligten und umgekehrt dessen Handeln als Ergänzung des eigenen Tatanteils erscheint (Fischer, StGB, 59. Aufl., § 25 Rn. 12 mwN). Ob danach Mittäterschaft anzunehmen ist, hat der Tatrichter aufgrund einer wertenden Gesamtbetrachtung aller festgestellten Umstände zu prüfen; maßgebliche Kriterien sind der Grad des eigenen Interesses an der Tat, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille dazu, so dass die Durchführung und der Ausgang der Tat maßgeblich auch vom Willen des Betreffenden abhängen (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteile vom 12. Februar 1998 - 4 StR 428/97, NJW 1998, 2149, 2150; vom 15. Januar 1991 - 5 StR 492/90, BGHSt 37, 289, 291). Mittäterschaft erfordert dabei zwar nicht zwingend eine Mitwirkung am Kerngeschehen selbst; ausreichen kann auch ein die Tatbestandsverwirklichung fördernder Beitrag, der sich auf eine Vorbereitungs- oder Unterstützungshandlung beschränkt. Stets muss sich diese Mitwirkung aber nach der Willensrichtung des sich Beteiligenden als Teil der Tätigkeit aller darstellen (BGH, Urteil vom 17. Oktober 2002 - 3 StR 153/02, NStZ 2003, 253; Beschluss vom 2. Juli 2008 - 1 StR 174/08, NStZ 2009, 25). Erschöpft sich demgegenüber die Mitwirkung nach dem Willen des sich Beteiligenden in einer bloßen Förderung fremden Handelns, so fällt ihm lediglich Beihilfe zur Last (§ 27 Abs. 1 StGB).

9
b) Nach diesen Maßstäben begegnet die Annahme täterschaftlichen Handelns der Angeklagten auch dann durchgreifenden rechtlichen Bedenken, wenn man dem Tatrichter bei der vorzunehmenden Abgrenzung von Mittäterschaft und Beihilfe einen Beurteilungsspielraum zubilligt, der nur eingeschränkter revisionsgerichtlicher Überprüfung zugänglich ist (vgl. Senat, Urteil vom 17. Oktober 2002 - 3 StR 153/02, NStZ 2003, 253). Entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts vermögen die vom Landgericht festgestellten Tatsachen den Schluss, die Angeklagten hätten ihre Mitwirkungshandlungen als Teil der Tätigkeit aller und demzufolge die späteren betrügerischen Aktienverkäufe auch als ihre eigenen Taten verstanden, nicht zu tragen, so dass ein solcher Beurteilungsspielraum jedenfalls überschritten wäre.
10
Zwar schufen die Angeklagten mit dem Mantelkauf und der Weitergabe der Aktien erst die Voraussetzungen für die späteren betrügerischen Anlagegeschäfte der anderen Beteiligten; sie unterstützten das Gelingen dieser Anlagegeschäfte auch durch Einwirken auf den Aktienkurs und durch Mithilfe bei der Vortäuschung operativen Geschäfts. Nach dem äußeren Erscheinungsbild waren dies aber zunächst typische Beihilfehandlungen, die für sich allein weder auf eine Tatherrschaft noch auf einen Willen dazu schließen lassen. Insbesondere unterscheidet sich die Beschaffung der Aktien nicht wesentlich von anderen Fallgestaltungen, in denen der Täter bei der Besorgung notwendiger Tatmittel oder Tatwerkzeuge auf Dritte angewiesen ist. Dass die in Aussicht genommenen Anlagegeschäfte darüber hinaus (auch) vom Willen der Angeklagten abhängen sollten, wird nicht ersichtlich; sowohl die Art und Weise des Vertriebs als insbesondere auch die den Anlegern pro Aktie abverlangten Beträge waren jedem Einfluss der Angeklagten entzogen. Das vom Landgericht festgestellte Interesse der Angeklagten am Gelingen der Geschäfte vermag eine an- dere Beurteilung nicht zu rechtfertigen. An den erzielten Gewinnen waren die Angeklagten nicht beteiligt. Ihr allgemeines Interesse an einem steigenden Aktienkurs und an der Erwirtschaftung des Kaufpreises - der im Übrigen die eigenen Aufwendungen der G. Holding nicht überstieg - berührte die betrügerischen Geschäfte nur mittelbar.
11
3. Der Senat ändert die Schuldsprüche entsprechend ab. § 265 StPO steht dem nicht entgegen, da sich die Angeklagten bei zutreffender rechtlicher Bewertung der Tat nicht wirksamer hätten verteidigen können.
12
4. Die Abänderung der Schuldsprüche führt zur Aufhebung des Urteils in den Strafaussprüchen. Die diesen jeweils zugrunde liegenden Feststellungen werden von der unzutreffenden rechtlichen Bewertung der Tat indes nicht berührt und können aufrechterhalten bleiben. Der neue Tatrichter kann ergänzende Feststellungen treffen, die zu den bisherigen nicht in Widerspruch treten.
VRiBGH Becker ist urlaubsbedingt Pfister Schäfer gehindert seine Unterschrift beizufügen. Pfister Mayer Menges

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
2.
die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder
3.
pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt
und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) missbraucht,
3.
die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht,
4.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
5.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt oder
6.
eine Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(4) Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Steuervorteile sind auch Steuervergütungen; nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, soweit sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden. Die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 sind auch dann erfüllt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können.

(5) Die Tat kann auch hinsichtlich solcher Waren begangen werden, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch dann, wenn sich die Tat auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden oder die einem Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation oder einem mit dieser assoziierten Staat zustehen. Das Gleiche gilt, wenn sich die Tat auf Umsatzsteuern oder auf die in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. L 9 vom 14.1.2009, S. 12) genannten harmonisierten Verbrauchsteuern bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden.

(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten unabhängig von dem Recht des Tatortes auch für Taten, die außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes begangen werden.

(1) Als Täter wird bestraft, wer die Straftat selbst oder durch einen anderen begeht.

(2) Begehen mehrere die Straftat gemeinschaftlich, so wird jeder als Täter bestraft (Mittäter).

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
2.
die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder
3.
pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt
und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) missbraucht,
3.
die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht,
4.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
5.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt oder
6.
eine Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(4) Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Steuervorteile sind auch Steuervergütungen; nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, soweit sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden. Die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 sind auch dann erfüllt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können.

(5) Die Tat kann auch hinsichtlich solcher Waren begangen werden, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch dann, wenn sich die Tat auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden oder die einem Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation oder einem mit dieser assoziierten Staat zustehen. Das Gleiche gilt, wenn sich die Tat auf Umsatzsteuern oder auf die in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. L 9 vom 14.1.2009, S. 12) genannten harmonisierten Verbrauchsteuern bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden.

(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten unabhängig von dem Recht des Tatortes auch für Taten, die außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes begangen werden.

Nachschlagewerk: ja
BGHSt : ja, aber ohne die Ausführungen zu II. 2a und 3a (Verfahrensrügen
)
Veröffentlichung: ja
BranntwMonG §
143
1. Für ein Entziehen von verbrauchsteuerpflichtigen Waren aus
einem Steueraussetzungsverfahren reicht ein Verhalten aus, mit dem
eine bestehende Kontrolle oder Kontrollmöglichkeit über Waren
beseitigt wird, so daß für die Zollbehörden die Eigenschaft der Waren
als verbrauchsteuerpflichtig, aber unversteuert nicht mehr erkennbar ist.
2. Jedes in den Gesamtablauf eingebundene Mitglied einer Schmuggelorganisation
ist zur Anmeldung der durch die Entziehung entstandenen
Verbrauchsteuern verpflichtet und damit tauglicher Täter einer Steuerhinterziehung
im Sinne von § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO, wenn es nach
allgemeinen strafrechtlichen Grundsätzen als Mittäter der Entziehung
anzusehen ist.
3. Zur Berücksichtigung der gesamtschuldnerischen Haftung der Mitglieder
einer Schmuggelorganisation für entstandene Verbrauchsteuern im
Rahmen der Strafzumessung.
BGH, Urt. v. 24. Oktober 2002 – 5 StR 600/01
LG Berlin –

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 24. Oktober 2002
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen Steuerhinterziehung u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Hauptverhandlung
vom 23. und 24. Oktober 2002, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin Harms,
Richter Häger,
Richterin Dr. Gerhardt,
Richter Dr. Raum,
Richter Schaal
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt H ,
Rechtsanwältin S
als Verteidiger des Angeklagten Ha ,
Rechtsanwalt St ,
Professor J
als Verteidiger des Angeklagten R ,
Rechtsanwalt D
als Verteidiger des Angeklagten T ,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
am 24. Oktober 2002 für Recht erkannt:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten Ha und R wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 8. Juni 2001 im Strafausspruch aufgehoben.
2. Auf die Revision des Angeklagten T wird das ihn betreffende, weitere Urteil des Landgerichts Berlin vom selben Tage im Strafausspruch aufgehoben.
3. Die weitergehenden Revisionen der Angeklagten werden verworfen.
4. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revisionen, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e Das Landgericht hat die Angeklagten Ha und R wegen Steuerhinterziehung in sieben Fällen, jeweils begangen in Tateinheit mit Urkundenfälschung , zu Gesamtfreiheitsstrafen von vier Jahren und sechs Monaten bzw. drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Den Angeklagten T hat es nach Abtrennung des Verfahrens durch gesondertes Urteil wegen Steuerhinterziehung in sieben Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Die gegen ihre Verurteilung gerichteten Revisionen der Angeklagten haben nur zum Strafausspruch Erfolg.

I.


Nach den Feststellungen des Landgerichts gehörten die Angeklagten spätestens seit Herbst 1998 zu einer Personenvereinigung, die arbeitsteilig im Rahmen einer eingespielten Organisation fortgesetzt Alkohol in erheblichem Umfang aus der Europäischen Union an den Zollbehörden vorbei nach Polen schmuggelte. Dabei wurden im Zeitraum zwischen Mitte Dezember 1998 und Ende März 1999 von Mitgliedern dieser Schmuggelorganisation unter Mitwirkung der Angeklagten sieben Transporte mit je 28.600 Litern (ein Lkw) bzw. 57.200 Litern (zwei Lkw) extra reinen Alkohols (96 %iger Feinsprit) von Frankreich nach Polen geschmuggelt, die jeweils zunächst im innergemeinschaftlichen Steuerversandverfahren unter Steueraussetzung zur Ausfuhr in die Ukraine abgefertigt worden waren. Die von der Organisation für den Schwarzmarkt in Polen bestimmten Alkoholtransporte wurden, um das in Polen bestehende Einfuhrverbot für Alkohol zu umgehen und um die nicht ordnungsgemäße Ausfuhr aus der Europäischen Union zu verschleiern, bei der Ausfuhr aus Deutschland als Chemikalien deklariert und unter Täuschung der Zollbehörden über die wahre Ladung nach Polen eingeführt. Dazu wurden auf deutschem Hoheitsgebiet die im Steueraussetzungsverfahren mitzuführenden französischen begleitenden Verwaltungsdokumente (DCA) gegen gefälschte CMR-Frachtbriefe ausgetauscht, die als Ladung Chemikalien auswiesen. Anschließend wurde der jeweils bis dahin auf Lastkraftwagen beförderte und von Mitgliedern der Organisation in Personenkraftwagen begleitete Alkohol in Hamburg in Bahncontainer umgeladen und per Eisenbahn nach Polen versandt. Durch die Nichtanmeldung der dem Steuerversandverfahren in den sieben Fällen entnommenen Alkoholtransporte wurde Branntweinsteuer in Höhe von mehr als 7,7 Mio. DM hinterzogen.
Im Rahmen der Arbeitsteilung bei Durchführung der Transporte war der Angeklagte T für den Einkauf des Alkohols in Frankreich und dessen Bezahlung zuständig. Hierbei erhielt er für jede Lkw-Ladung Alkohol von der Schmuggelorganisation eine „Belohnung“ von mindestens 3.000 DM. Insgesamt bestellte er bis März 1999 sechzig Lkw-Ladungen Alkohol. Zu der Organisation gehörte auch sein Bruder, der gesondert verfolgte P T , der zusammen mit weiteren, zumeist unbekannt gebliebenen Personen aus Polen die Transporte steuerte, die Tarnpapiere beschaffte und den Absatz des Alkohols auf dem Schwarzmarkt in Polen organisierte. In den Aufgabenbereich des Angeklagten Ha fiel die Abwicklung der Umladung der bereits mit gefälschten Frachtpapieren angelieferten Alkoholladungen in Bahncontainer sowie die Prüfung der gefälschten CMR-Frachtbriefe auf ihre Eignung zur Täuschung. Zur Abwicklung der Umladung zog er den Angeklagten R hinzu, der als einer der geschäftsführenden Gesellschafter die Lagerei Sch im Hamburger Freihafen leitete. Für ihre Mitwirkung erhielten der Angeklagte Ha von der Organisation 3.000 DM je umgeladener Lkw-Ladung, der Angeklagte R 1.000 DM pro Container. Daneben durfte der Angeklagte R in den vier Fällen, in denen die Umladung auf dem Gelände der Firma Sch durchgeführt wurde (Fälle 1 bis 4 der Urteilsgründe), als „Risikozuschlag“ eine Rechnung mit einer Gewinnspanne von 500 DM statt üblicherweise 100 DM pro Container stellen.
Die verfahrensgegenständlichen Transporte gingen im einzelnen wie folgt vonstatten:
Der Alkohol wurde von der Organisation bei der Distillerie G in Aigre/Frankreich bezogen. Dort bestellte der Angeklagte T jeweils die entsprechende Abnahmemenge. Anschließend wickelte er die Bezahlung – zumeist persönlich in bar – über die Luxemburger Firma E des Zeugen K ab. Nachdem die Firma E der Herstellerfirma die Bezahlung des Kaufpreises bestätigt hatte, eröffnete diese als Versender ein
Steuerversandverfahren unter Steueraussetzung zur Ausfuhr aus dem Ver- brauchsteuergebiet der Europäischen Gemeinschaft über das Grenzzollamt Frankfurt/Oder. Als Empfänger wurde die Firma „V “ in Vinogradov/Ukraine angegeben, die von der Schmuggelorganisation speziell zu dem Zweck gegründet worden war, als Tarnempfängerin aufzutreten. Der Alkohol wurde dann von Mitgliedern der Schmuggelorganisation mit Lastzügen statt zum Ausgangszollamt Frankfurt/Oder nach Hamburg gebracht. Vor der Anlieferung im Hamburger Hafen wurden die französischen, bei Alkoholtransporten im Steuerversandverfahren mitzuführenden begleitenden Verwaltungsdokumente (DCA) auf deutschem Hoheitsgebiet gegen CMRFrachtbriefe ausgetauscht, die als Ladung Chemikalien auswiesen und als Versender deutsche Tarnadressen nannten. Bei den CMR-Frachtbriefen handelte es sich um Totalfälschungen, die von Mitgliedern der Organisation in Polen für diesen Zweck hergestellt worden waren. Die begleitenden Verwaltungsdokumente (DCA) wurden mit nachgemachten Ausfuhrstempeln an die Firma G , welche die Steuerversandverfahren eröffnet hatte, zurückgesandt. Damit sollte der Anschein einer ordnungsgemäßen Ausfuhr des Alkohols unter zollamtlicher Überwachung erweckt werden. Ziel des Austausches der Frachtpapiere war die Täuschung der polnischen Zollbehörden zur Umgehung des polnischen Einfuhrverbotes.
Der Angeklagte Ha prüfte sodann die gefälschten CMRFrachtbriefe auf ihre Eignung zur Täuschung und wickelte mit dem Angeklagten R die Umladung der Alkoholtransporte zum Weiterversand mit Bahncontainern nach Polen ab. Zur Verschleierung der Alkoholtransporte schalteten sie die Firma I aus Campione, einer italienischen Enklave in der Schweiz ein, welche mit der Umladung von „Chemikalien“ und deren anschließenden Transport nach Polen unter Einschaltung der Spedition Rü beauftragt wurde. In den Fällen 1 bis 4 der Urteilsgründe wurde der angelieferte Alkohol auf dem Gelände der Firma Sch C , in den übrigen Fällen bei einer anderen Firma im Hamburger Hafen, in Bahncontainer umgeladen.
Bei Abwicklung der Transporte hielt der Angeklagte Ha Kontakt zu P T und weiteren polnischen Hintermännern und übermittelte ihnen die Containernummern. Diese wurden ihm jeweils vom Angeklagten R mitgeteilt, der mit dem Geschäftsführer der Firma I in Verbindung stand und – sofern die Umladungen nicht auf seinem Firmengelände stattfanden – die Containernummern bei der Spedition Rü erfragte.
Alle drei Angeklagten nahmen zumindest billigend in Kauf, daß durch den Austausch der Frachtpapiere in Deutschland und einer damit verbundenen Entziehung der Alkoholtransporte aus der zollamtlichen Überwachung deutsche Branntweinsteuer entstand; dennoch gaben sie entsprechende Steueranmeldungen nicht ab. Sie hielten einerseits eine ordnungsgemäße Ausfuhr aus der Europäischen Union mit anschließendem Einführen unter falscher Warenbezeichnung nach Polen wegen der Zusammenarbeit der deutschen und polnischen Grenzkontrollstellen nicht für möglich; andererseits war für sie nur unversteuerter Alkohol auf dem Schwarzmarkt in Polen mit Gewinn absetzbar.

II.


Die Revisionen der Angeklagten sind zum Schuldspruch unbegründet.
1. Revision des Angeklagten Ha

a) Die Verfahrensrügen entsprechen nicht den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO und sind daher bereits unzulässig.

b) Die vom Landgericht getroffenen Feststellungen tragen jeweils den Schuldspruch wegen Urkundenfälschung in Tateinheit mit Steuerhinterziehung.
aa) Eine unechte Urkunde gebraucht (im Sinne von § 267 Abs. 1 3. Alternative StGB), wer sie zum Zwecke der Täuschung im Rechtsverkehr der sinnlichen Wahrnehmung zugänglich macht (vgl. BGHSt 36, 64, 65; Tröndle/Fischer, StGB 50. Aufl. § 267 Rdn. 23).
Der Angeklagte hat vorsätzlich falsche Urkunden gebraucht, indem er die von Mitgliedern der Schmuggelorganisation mit den Alkoholtransporten angelieferten Totalfälschungen von CMR-Frachtbriefen für Chemikalienlieferungen nach dem Umladen auf Bahncontainer in Hamburg den Alkohollieferungen wieder beifügen ließ. Hierdurch sollten insbesondere die Zollbehörden beim Weitertransport des Alkohols auf der Schiene nach Polen über die Art der transportierten Ware getäuscht werden.
Die von dem Angeklagten begangene Urkundenfälschung erstreckt sich auch auf das von anderen Mitgliedern der Schmuggelorganisation auf deutschem Hoheitsgebiet schon vor dem Anliefern des Alkohols in Hamburg vorgenommene Austauschen der begleitenden Verwaltungsdokumente mit gefälschten CMR-Frachtbriefen. Deren Handeln ist dem Angeklagten wie eigenes Handeln zuzurechnen. Der Angeklagte war Mittäter (§ 25 Abs. 2 StGB) aller im Rahmen des Alkoholschmuggels von Frankreich nach Polen von Mitgliedern der Schmuggelorganisation arbeitsteilig begangenen Straftaten. Der Alkoholschmuggel umfaßte das gesamte Tatgeschehen von der Beschaffung des Alkohols in Frankreich über den Transport nach Deutschland , den Austausch der Frachtpapiere, die Umladung in Bahncontainer bis hin zum Einschmuggeln an den polnischen Zollbehörden vorbei nach Polen.
(1) Mittäterschaftlich handelt derjenige, der aufgrund eines gemeinsamen Tatplans einen für die Deliktsbegehung förderlichen Tatbeitrag leistet, welcher sich nach seiner Willensrichtung nicht als bloße Förderung fremden Tuns, sondern als Teil der Tätigkeit aller darstellt, und der dementsprechend die Handlungen der anderen als Ergänzung seines eigenen Tatanteils erscheinen läßt. Ob dies der Fall ist, ist in wertender Betrachtung zu beant-
worten. Wesentliche Anhaltspunkte für diese Wertung können das eigene Interesse am Taterfolg, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille zur Tatherrschaft sein (st. Rspr., vgl. BGHSt 37, 289, 291; BGHR StGB § 25 Abs. 2 Tatinteresse 2 m. w. N.). Auf der Grundlage gemeinsamen Wollens kann dabei sogar eine bloße Mitwirkung bei der Tatvorbereitung oder eine sonstige Unterstützungshandlung ausreichen (vgl. BGHSt 40, 299, 301; BGH NStZ 1995, 120; 1999, 609). Allerdings kommt eine (sukzessive) Mittäterschaft dann nicht (mehr) in Betracht, wenn eine tatunterstützende „Beteiligungshandlung“ erst nach Beendigung einer Straftat – also nach dem Handlungsgeschehen, mit dem das Tatunrecht seinen Abschluß findet – einsetzt, selbst wenn die Mitwirkung vorher zugesagt worden ist (vgl. BGH, Beschl. vom 13. August 2002 – 4 StR 208/02; Tröndle/Fischer, StGB 50. Aufl. § 22 Rdn. 6, § 25 Rdn. 9 m. w. N.).
Die tatrichterliche Bewertung zur Abgrenzung von Mittäterschaft und Beihilfe ist dabei nur begrenzt der revisionsgerichtlichen Überprüfung zugänglich (vgl. BGH, Beschl. vom 23. Oktober 1997 – 4 StR 226/97). In Grenzfällen hat der Bundesgerichtshof dem Tatrichter für diese Wertung einen Beurteilungsspielraum eröffnet. Läßt das angefochtene Urteil – wie hier – erkennen, daß der Tatrichter die genannten Maßstäbe erkannt und vollständig gewürdigt hat, so kann das gefundene Ergebnis vom Revisionsgericht auch dann nicht als rechtsfehlerhaft beanstandet werden, wenn eine andere tatrichterliche Beurteilung möglich gewesen wäre (vgl. BGH NJW 1997, 3385, 3387; NStZ-RR 1998, 136; jeweils m. w. N.).
(2) Bei Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist die vom Landgericht vorgenommene , auf der Hand liegende Würdigung des Verhaltens des Angeklagten als Mittäterschaft und nicht als Beihilfe aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
Der Angeklagte hatte erhebliches Eigeninteresse an den Taten. Auch wenn sein aus jedem Schmuggeltransport resultierender Gewinn von jeweils
3.000 DM im Hinblick auf das Gesamtvolumen der einzelnen Alkoholtrans- porte nicht sehr bedeutend erscheint, hatte diese Einnahmequelle für den Angeklagten erhebliche Bedeutung. Die Taten waren auf vielfache Tatbegehung in hoher Tatfrequenz ausgelegt. Jedenfalls durfte das Landgericht die Tatherrschaft des Angeklagten über einen wichtigen Teil des Gesamtgeschehens als ausschlaggebenden Grund für die Annahme einer Mittäterschaft heranziehen. Der Angeklagte war in der Schmuggelorganisation für den gesamten Bereich der Umladung des Alkohols, der einen hohen logistischen Aufwand und die Einschaltung mehrere Firmen erforderte, sowie für den Weiterversand der Ware nach Polen verantwortlich (UA S. 8 f.). Zu seinen Aufgaben gehörte die Überprüfung der gefälschten Frachtbriefe auf ihre Eignung zur Täuschung (UA S. 8) und der Kontakt zu den polnischen Hintermännern , die nur aufgrund seiner Übermittlung der Containernummern die Container in Empfang nehmen und den Alkohol auf den Schwarzmarkt bringen konnten (UA S. 13). Der in den Tatplan eingeweihte (UA S. 8) Angeklagte hatte damit innerhalb einer arbeitsteilig und konspirativ handelnden Schmuggelorganisation (UA S. 14) während eines wesentlichen Teils des Geschehensablaufes eine fast alleinige Herrschaft über wertvolle Ware, auf der bei einer Überführung in den freien Verkehr Verbrauchsteuern je Lieferung von 700.000 DM bzw. 1,4 Mio. DM lasteten.
Die Taten waren, als der Angeklagte seine Tatbeiträge erbrachte, noch nicht beendet, weil der Gebrauch der falschen Frachtpapiere andauerte und die steuerlichen Erklärungspflichten fortbestanden.
bb) Zu Recht hat das Landgericht den Angeklagten auch wegen (mittäterschaftlich begangener) Steuerhinterziehung durch Unterlassen (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO, § 25 Abs. 2 StGB) verurteilt. Er hat in bewußtem und gewolltem Zusammenwirken mit den anderen für den Austausch der Frachtpapiere verantwortlichen Mitgliedern der Organisation gegen die sich aus § 143 Abs. 4 Satz 3 BranntwMonG ergebende Pflicht verstoßen, für die Alkohollieferungen nach Austausch der begleitenden Verwaltungsdokumente gegen
gefälschte CMR-Frachtbriefe unverzüglich eine Steueranmeldung abzugeben.
Täter einer Steuerhinterziehung im Sinne von § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO kann freilich nur sein, wer selbst zur Aufklärung steuerlich erheblicher Tatsachen besonders verpflichtet ist (vgl. BGHR StGB § 25 Abs. 2 Mittäter 1). Diese Pflicht ergab sich indes hier für den Angeklagten daraus, daß er als Entzieher des Alkohols aus dem Steueraussetzungsverfahren in eigener Person Steuerschuldner der Branntweinsteuer geworden war (vgl. § 143 Abs. 4 Satz 2 BranntwMonG). Der aus Frankreich im innergemeinschaftlichen Steuerversandverfahren zum Zwecke der Ausfuhr in die Ukraine nach Deutschland transportierte Alkohol wurde diesem Verfahren im Inland entzogen; diese Entziehung ist dem Angeklagten zuzurechnen.
(1) Der nach den Urteilsfeststellungen im Inland erfolgte Austausch der Frachtpapiere stellt eine Entziehung des unter Steueraussetzung transportierten Alkohols aus diesem Verfahren im Sinne von § 143 Abs. 4 Satz 2 BranntwMonG dar.
(a) Die Alkohollieferungen befanden sich im innergemeinschaftlichen Steuerversandverfahren und damit in einem Steueraussetzungsverfahren, als sie zum Zwecke der Ausfuhr aus der Europäischen Gemeinschaft (zunächst ) nach Deutschland transportiert wurden (§ 141 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BranntwMonG).
Sie wurden von der Distillerie G in Aigre/Frankreich zur Ausfuhr aus dem Verbrauchsteuergebiet der Europäischen Union unter Steueraussetzung abgefertigt (vgl. Art. 302 L i.V.m. Art. 302 E des französischen Code Général des Impôts, CGI; diese Regelung entspricht § 142 Abs. 1 BranntwMonG ) und durften steuerfrei in diesem Verfahren durch das Steuergebiet der Bundesrepublik Deutschland durchgeführt werden (§ 133 Abs. 1 Nr. 2, § 141 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BranntwMonG).
Das Steueraussetzungsverfahren ist auch wirksam eröffnet worden. Dem steht nicht entgegen, daß die Schmuggelorganisation nicht die Absicht hatte, den Alkohol tatsächlich an die lediglich als Tarnempfänger angegebene Firma „V “ in der Ukraine zu liefern.
Zwar ist dann kein wirksames Steueraussetzungsverfahren gegeben, wenn an einen nicht bezugsberechtigten Empfänger im Inland geliefert wird (BFH ZfZ 2000, 312) oder wenn der Versender in dem begleitenden Verwaltungsdokument einen nicht existierenden Empfänger angibt und dies auch weiß (FG Düsseldorf ZfZ 2000, 385).
Diese Fälle liegen hier aber nicht vor. Der Versender, die Firma G , hat einen tatsächlich existierenden Empfänger, die Firma „V “ angegeben und wollte die Ware auch dorthin liefern. Bei dieser Firma handelte es sich um eine Tarnfirma, nicht um eine Scheinfirma. Die Tatsache, daß die Schmuggelorganisation von Anfang an die Absicht hatte, die Ware nicht in die Ukraine, sondern nach Polen zu bringen, spielt für die Wirksamkeit des eröffneten Steueraussetzungsverfahrens ebensowenig eine Rolle wie die Tatsache, daß die angegebene Empfängerfirma die Ware nicht empfangen wollte. Entscheidend ist vielmehr, daß der Versender bei Eröffnung des Steueraussetzungsverfahrens die Ausfuhr an den angegebenen Empfänger tatsächlich beabsichtigte. Selbst wenn die Empfängerfirma als Scheinfirma anzusehen wäre, würde dies nicht dazu führen, ein von Anfang an unwirksames Steueraussetzungsverfahren annehmen zu können. Die Ware sollte ausgeführt werden und damit zu keiner Zeit im Inland an einen nicht bezugsberechtigten Empfänger gelangen. Ob der Empfänger in einem Drittland bezugsberechtigt ist, bleibt für die Wirksamkeit des Steueraussetzungsverfahrens , das am Ausgangszollamt endet, ohne Bedeutung. Der Alkohol ist damit nicht bereits in Frankreich mit Verlassen des Steuerlagers des Herstellers des Alkohols in den freien Verkehr gelangt.
Nach der Abfertigung und Entfernung aus dem Steuerlager des Her- stellers wurde der Alkohol unter Beachtung der Förmlichkeiten des Steueraussetzungsverfahrens mit den entsprechenden französischen begleitenden Verwaltungsdokumenten (DCA) von Frankreich nach Deutschland transportiert.
(b) Der Alkohol wurde im Steuergebiet der Bundesrepublik Deutschland dem Steueraussetzungsverfahren entzogen.
(aa) Der Begriff des Entziehens aus dem Steueraussetzungsverfahren im Sinne des § 143 BranntwMonG, der die Rechtsfolgen von Unregelmäßigkeiten im Verkehr unter Steueraussetzung regelt, ist weder im BranntwMonG noch im sonstigen nationalen Recht ausdrücklich definiert. Seine Bedeutung ist daher nach allgemeinen Auslegungsgrundsätzen zu ermitteln.
Zwar führt die Auslegung allein anhand der Wortbedeutung nicht zu einem sicheren Ergebnis. Ihr ist aber immerhin zu entnehmen, daß die Entziehung ein Verhalten voraussetzt, mit dem eine bestehende Kontrolle oder Kontrollmöglichkeit über Gegenstände beseitigt wird. Die historische, die teleologische und die systematische Auslegung – unter Orientierung am Europäischen Gemeinschaftsrecht – bestätigen dies.
Da das System der Steueraussetzung von Verbrauchsteuern im europäischen Warenverkehr – und damit auch § 143 BranntwMonG – auf gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben beruht, sind vorrangig diese zur Auslegung des Begriffs des Entziehens heranzuziehen. Das Steueraussetzungsverfahren ist ein durch Gemeinschaftsrecht geschaffenes neues Institut des Verbrauchsteuerrechts , das nach Abschaffung der Erhebung von Verbrauchsteuern im innergemeinschaftlichen Verkehr an den Binnengrenzen der Mitgliedstaaten im Zusammenhang mit der Errichtung des europäischen Binnenmarktes zum 1. Januar 1993 eingeführt wurde. Es ermöglicht in Bezug auf verbrauchsteuerpflichtige Waren die Vornahme bestimmter Maßnahmen
– wie z.B. die Beförderung –, ohne daß dabei für die betroffenen Waren ein Steueranspruch entsteht oder besteht (vgl. Beermann DStZ 1993, 291). Die Vorschriften über das Steueraussetzungsverfahren wurden durch das Verbrauchsteuer -Binnenmarktgesetz vom 21. Dezember 1992 (BGBl I 1992, 2150) als nationale Umsetzung der Richtlinie 92/12/EWG des Rates vom 25. Februar 1992 über das allgemeine System, den Besitz, die Beförderung und die Kontrolle verbrauchsteuerpflichtiger Waren (ABl. EG 1992 Nr. L 76 S. 1; im folgenden: Systemrichtlinie) in die deutschen Verbrauchsteuergesetze eingefügt; zugleich wurde zur Überwachung der Verbrauchsteuerverfahren , insbesondere zur Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Besteuerung, eine verbrauchsteuerrechtliche Steueraufsicht geschaffen (vgl. § 209 ff. AO).
§ 143 BranntwMonG basiert auf Art. 20 (i.V.m. Art. 4 lit. c und Art. 6 Abs. 1 lit. a) der Systemrichtlinie 92/12/EWG. Der in § 143 BranntwMonG verwendete Begriff des Entziehens aus dem Steueraussetzungsverfahren wird allerdings in der Systemrichtlinie ebenfalls nicht definiert. Art. 20 dieser Richtlinie spricht vielmehr von Unregelmäßigkeiten und Zuwiderhandlungen, aufgrund derer eine Verbrauchsteuer entsteht, und setzt damit die Steuerentstehung , die Folge des Entziehens, bereits voraus.
Art. 6 Abs. 1 der Systemrichtlinie regelt die Entstehungstatbestände. Nach dieser Vorschrift entsteht die Verbrauchsteuer mit der „Überführung in den steuerlich freien Verkehr“, darunter auch durch „jede – auch unrechtmäßige – Entnahme der Ware aus dem Verfahren der Steueraussetzung“ (Art. 6 Abs. 1 lit. a). Allerdings überläßt es die Systemrichtlinie wieder dem nationalen Recht, was als Überführung in den freien Verkehr anzusehen ist. Nach Art. 6 Abs. 2 dieser Richtlinie richten sich nämlich die Voraussetzungen für das Entstehen des Steueranspruchs und der maßgebende Verbrauchsteuersatz nach den Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Entstehens des Steueranspruchs in dem Mitgliedstaat gelten, in dem die Überführung in den steuerlich freien Verkehr stattfindet.
Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) hat zur Erläuterung, wann eine solche Entnahme vorliegt, mit Urteil vom 5. April 2001 in der Rechtssache C-325/99 – G. van de Water – (Slg. 2001, I-2729) unter Tz. 35 den Wortlaut der Systemrichtlinie wiederholt: „Nach Artikel 6 Absatz 1 der Richtlinie gelten als Überführung in den steuerrechtlich freien Verkehr nicht nur jede Herstellung oder Einfuhr verbrauchsteuerpflichtiger Waren außerhalb eines Verfahrens der Steueraussetzung, sondern auch jede – auch unrechtmäßige – Entnahme der Waren aus einem solchen Verfahren“.
Allerdings lassen die Begründungserwägungen zur Systemrichtlinie (92/12/EWG) deutlich werden, daß das Funktionieren des gemeinschaftsrechtlichen Verbrauchsteuersystems die Möglichkeit eines jederzeitigen Zugriffs auf die verbrauchsteuerpflichtige Ware und damit die Kenntnis des Ortes, wo sich die Ware befindet, voraussetzt. So wird in der Begründung zur Richtlinie ausdrücklich festgestellt: „Die Durchsetzung des Steueranspruchs setzt ... eine Kenntnis der Bewegungen der verbrauchsteuerpflichtigen Waren voraus. Es ist deshalb ein Begleitpapier für diese Waren vorzusehen. ... Jede Ware muß leicht identifizierbar sein.“
Auch die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs und der Finanzgerichte hat bisher noch keine einheitlichen Auslegungskriterien für die Begriffe „Entziehen aus dem Steueraussetzungsverfahren“ und „Überführung in den freien Verkehr durch unrechtmäßige Entnahme aus dem Steueraussetzungsverfahren“ entwickelt. Während einerseits das FG Düsseldorf ein Entziehen aus dem Steueraussetzungsverfahren immer dann für gegeben hält, wenn dieses Verfahren nicht ordnungsgemäß abgeschlossen worden ist (ZfZ 1998, 211), und somit auch dann, wenn bei einer zur Ausfuhr in das Außengebiet im Steueraussetzungsverfahren bestimmten Ware aufgrund der Fälschung des begleitenden Verwaltungsdokuments der Transportweg von abhanden gekommenen Branntweinerzeugnissen nicht nachvollzogen werden kann (ZfZ 2000, 242), wird andererseits nicht in jedem Fall der bloße Aus-
tausch von Begleitpapieren vor der Ausfuhr einer Ware als Entziehung aus dem Steueraussetzungsverfahren angesehen (vgl. FG München ZfZ 2001, 246 und Urt. vom 12. September 2001 – 3 K 2464/98). Wieder andere legen den Begriff des Entziehens im Sinne von § 143 BranntwMonG nach den zu Art. 203 Abs. 1 Zollkodex (ZK) entwickelten Grundsätzen aus (vgl. FG Hamburg , Urt. vom 24. April 2001 – IV 285/98).
Allerdings gibt es zum zollrechtlichen Begriff „Entziehen aus der zollamtlichen Überwachung“ (Art. 203 Abs. 1 ZK) eine gefestigte Rechtsprechung. Danach ist zur Aufrechterhaltung der Kontrollmöglichkeit über Waren, die sich im (zollrechtlichen) Versandverfahren befinden, grundsätzlich erforderlich , daß diese nur in einer mit dem Versandverfahren zu vereinbarenden Weise behandelt werden (BFH ZfZ 2000, 419). Steht die Behandlung des Zollversandguts in keinem Zusammenhang mit dieser Beförderung, so gerät es in der Regel außerhalb der Kontrolle im Rahmen der zollamtlichen Überwachung und ist damit entzogen (BFHE 144, 311, 313). Maßgebliches Kriterium für die Abgabenbefreiung in einem Versandverfahren ist die ständige Kontrollmöglichkeit der Ware durch die für das Verfahren zuständigen Behörden.
Noch deutlicher wird das Erfordernis der jederzeitigen Kontrollmöglichkeit für ein solches Versandverfahren in der Rechtsprechung des EuGH zum Begriff des Entziehens aus zollamtlicher Überwachung: Mit Urteil des EuGH vom 11. Juli 2002 in der Rechtssache C-371/99 – Liberexim BV (ZfZ 2002, 338), das insoweit auch auf die Entscheidung des EuGH in der Rechtssache C-66/99 (D. Wandel, Slg. 2001, I-873) Bezug nimmt, ist der Begriff der Entziehung so zu verstehen, „daß er jede Handlung oder Unterlassung umfaßt, die dazu führt, daß die zuständige Zollbehörde auch nur zeitweise am Zugang zu einer unter zollamtlicher Überwachung stehenden Ware und an der Durchführung der vom gemeinschaftlichen Zollrecht vorgesehenen Prüfungen gehindert wird“ (Tz. 55), wobei es nicht erforderlich ist, daß insoweit ein subjektives Element vorliegt (Tz. 61).
Auch wenn diese Rechtsprechung zum zollrechtlichen Entziehungstatbestand nicht ohne weiteres auf die Entziehung aus dem Steuerausset- zungsverfahren bei verbrauchsteuerpflichtigen Waren übertragen werden kann, so wird anhand einer systematischen Auslegung deutlich, daß den Begriffen des Entziehens aus einem (zollrechtlichen) externen Versandverfahren und des Entziehens aus einem Steueraussetzungsverfahren wegen der Parallelität der Regelungen und ihrer inneren Verzahnung zumindest weitgehend derselbe Bedeutungsgehalt zukommt.
Die Regelungssysteme des EG-Zollrechts und des EG-Verbrauchsteuerrechts haben beide ihre Rechtsquellen im Europäischen Gemeinschaftsrecht und dienen gemeinsam der Verwirklichung des Europäischen Binnenmarktes (vgl. Art. 14 EG). Während das Europäische Zollrecht seine Grundlage im Zollkodex (Verordnung Nr. 2913/92/EWG des Rates zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften) und der zugehörigen Durchführungsverordnung Nr. 2454/93/EWG hat, ist das Verbrauchsteuerrecht in der Europäischen Union durch die System-, Struktur- und Steuersatzrichtlinien weitgehend harmonisiert; dabei sind die Steuerentstehungstatbestände durch die Systemrichtlinie Nr. 92/12/EWG bereits im einzelnen einheitlich festgelegt (Art. 6 Abs. 1, Art. 14 Abs. 3). Sowohl für das EG-Zollrecht als auch parallel dazu für das EG-Verbrauchsteuerrecht sind die Kontrollen an den Binnengrenzen zur Schaffung des Europäischen Binnenmarktes abgeschafft worden; sie wurden durch gemeinsame Zoll- und harmonisierte Verbrauchsteuerregelungen ersetzt (vgl. zum Verbrauchsteuerrecht Beermann DStZ 1993, 257 ff., 291 ff.; Wolffgang in Lenz, EG-Vertrag 2. Aufl. Art. 93 Rdn. 27 ff.).
Beiden Rechtssystemen ist auch gemeinsam, daß Waren, die zum Zwecke der Ausfuhr in einem Versandverfahren befördert werden, der zollamtlichen Überwachung unterliegen (Zoll: externes Versandverfahren, Art. 59 Abs. 2 i.V.m. Art. 4 Nr. 13 ZK, Art. 84 Abs. 1 lit. a, Art. 91 ZK; Verbrauchsteuern : Steueraussetzungsverfahren, Art. 5 Abs. 2, Art. 15 Abs. 1
Systemrichtlinie 92/12/EWG i.V.m. § 209 AO). Die zollamtliche Überwachung soll in diesen Fällen sicherstellen, daß für die Waren, wenn sie nicht bestimmungsgemäß ausgeführt werden, die gesetzlichen Abgaben erhoben werden. Wird eine verbrauchsteuerpflichtige Ware in einem zollrechtlichen Nichterhebungsverfahren (Art. 84 Abs. 1 lit. a) transportiert, dann befindet sie sich automatisch auch unter Steueraussetzung (vgl. Art. 5 Abs. 2 Systemrichtlinie 92/12/EWG). Für den Fall der Einfuhr verweisen die Verbrauchsteuergesetze sogar insgesamt auf die für Zölle geltenden Vorschriften (vgl. § 21 Abs. 2 UStG; § 147 Abs. 1 BranntwMonG; § 21 TabStG; § 13 KaffeeStG; § 23 MinöStG; § 13 Abs. 1 BierStG).
Sowohl mit dem zollrechtlichen Versandverfahren als auch mit dem Steueraussetzungsverfahren werden Transporterleichterungen für Waren normiert, die nicht im Gemeinschaftsgebiet in den freien Verkehr gelangen sollen. Beide Verfahren können als Massenverfahren aber nur dann dauerhaft funktionieren, ohne das Abgabensystem als solches zu gefährden, wenn der Aufenthaltsort der in dem Versandverfahren beförderten Ware stets bekannt ist. Nur dann ist nämlich sichergestellt, daß die anfallenden Abgaben erhoben werden können, wenn die Ware aus dem Verfahren heraus einer abgabepflichtigen Verwendung zugeführt wird. Solches kann aber dann nicht mehr festgestellt werden, wenn die zuständigen staatlichen Stellen keine Kenntnis mehr vom Aufenthaltsort der Ware haben. Deshalb ist das Steueraussetzungsverfahren – ebenso wie das zollrechtliche externe Versandverfahren – gekennzeichnet durch eine stattfindende zollamtliche Überwachung bzw. Steueraufsicht (vgl. Schroer-Schallenberg in: Europäisches Forum für Außenwirtschaft, Verbrauchsteuern und Zoll e.V. (Hrsg.), Hemmnisse und Sanktionen in der EU, S. 125).
Diese Parallelität und enge innere Verzahnung der beiden Regelungssysteme ließe eine wesentlich unterschiedliche Auslegung des Begriffs der Entziehung systemwidrig und nicht nachvollziehbar erscheinen. Bei der Auslegung des Begriffs der Entziehung bzw. der Entnahme sind daher für die
zollrechtlichen und die verbrauchsteuerrechtlichen Versandverfahren weitge- hend dieselben Grundsätze zu beachten, insbesondere das Erfordernis einer ständigen Kontrollierbarkeit der Waren als Voraussetzung für den Ausnahmefall der Abgabenbefreiung. Auf der Grundlage dieser Erwägungen ist mit Blick auf die Rechtsprechung des EuGH, daß zollrechtlich eine Entziehung vorliegt, wenn „die zuständige Zollbehörde auch nur zeitweise am Zugang zu einer unter zollamtlicher Überwachung stehenden Ware und an der Durchführung der vom gemeinschaftlichen Zollrecht vorgesehenen Prüfungen gehindert wird“ (vgl. Urteil des EuGH in der Rechtssache C-66/99 – D. Wandel, Slg. 2001, I-873, Tz. 55), jedenfalls immer dann ein Entziehen aus einem Steueraussetzungsverfahren gegeben, wenn durch einen objektiven Verstoß gegen die Regeln der Steueraussetzung eine auch nur vorübergehende Unterbrechung der Steueraufsicht gegeben ist (so auch Reiche in Teichner /Alexander/Reiche, MinöStG § 18 Rdn. 35). In einem solchen Fall ist nämlich die Ware als in einem steuerrechtlich freien Verkehr befindlich anzusehen (vgl. Reiche aaO Rdn. 33; Beermann aaO S. 292; Soyk ZfZ 1998, 2, 4 f. m. w. N.). Die nach der Systemrichtlinie 92/12/EWG erforderliche Kenntnis der Bewegungen der verbrauchsteuerpflichtigen Waren ist dann nicht mehr gegeben.
Einer Vorlage an den EuGH zur Klärung des Begriffes der Entnahme verbrauchsteuerpflichtiger Waren aus dem Verfahren der Steueraussetzung (Art. 6 Abs. 1 lit. a der Systemrichtlinie) in einem Vorabentscheidungsverfahren (Art. 234 Abs. 3 EG) bedarf es hier nicht. Art. 234 EG hat zum Ziel, die einheitliche Auslegung und Anwendung des Gemeinschaftsrechts in sämtlichen Mitgliedstaaten sicherzustellen. Dabei soll mit Abs. 3 des Art. 234 EG durch das Auslegungsmonopol des EuGH für Regelungen des Gemeinschaftsrechts insbesondere verhindert werden, daß sich in einem Mitgliedstaat eine nationale Rechtsprechung herausbildet, die mit den Normen des Gemeinschaftsrechts nicht in Einklang steht (EuGH NJW 1983, 2751). Eine Vorlage an den EuGH ist daher nur dann entbehrlich, wenn im konkreten Fall bereits eine gesicherte Rechtsprechung des EuGH vorliegt
oder die richtige Anwendung des Gemeinschaftsrechts derart offenkundig ist, daß kein vernünftiger Zweifel an der Entscheidung der gestellten Frage bleibt (EuGH NJW 1983, 1257). Zwar hat der EuGH eine Auslegung des Begriffs der Entziehung für das Steueraussetzungsverfahren bisher noch nicht vorgenommen. Es besteht aber angesichts der Rechtsprechung des EuGH zum zollrechtlichen Begriff des Entziehens unter Berücksichtigung der Systematik und der Entstehungsgeschichte der betroffenen Regelungsmaterien kein ernsthafter Zweifel daran, daß der EuGH für den Begriff des Entziehens aus dem Steueraussetzungsverfahren zur selben Auslegung wie für den zollrechtlichen Begriff des Entziehens gelangen würde. Die gesicherte Rechtsprechung des EuGH zum Begriff des Entziehens im Zollrecht, die der Senat seiner Auslegung des Begriffs des Entziehens aus dem Steueraussetzungsverfahren zugrundelegt, läßt neben der vom Senat vorgenommenen Auslegung keine weiteren vernünftigerweise möglichen Auslegungen mehr zu.
Damit lag im Entfernen der begleitenden Verwaltungsdokumente von der im innergemeinschaftlichen Steuerversandverfahren beförderten Alkohollieferung und der Ersetzung durch auf nicht verbrauchsteuerpflichtige Waren lautende CMR-Frachtbriefe eine Entziehung aus dem Steueraussetzungsverfahren im Sinne des § 143 BranntwMonG. Für die zuständigen Behörden war es ab diesem Zeitpunkt auch bei einer möglichen Kontrolle der Begleitpapiere nicht mehr erkennbar, daß es sich bei der Ware um eine verbrauchsteuerpflichtige , aber unversteuerte Ware handelt.
(bb) Der Einwand, eine Verkürzung von Verbrauchsteuern könne dann nicht gegeben sein, wenn der Nachweis erbracht sei, daß die Ware letztlich tatsächlich noch ausgeführt worden sei, greift nicht durch. Entgegen der Ansicht der Verteidigung steht die Tatsache der späteren Ausfuhr des Alkohols der Annahme einer (vorher erfolgten) Entziehung aus dem Steueraussetzungsverfahren nicht entgegen. Wie dies bereits in den Begründungserwägungen zur Systemrichtlinie 92/12/EWG zum Ausdruck kommt, sind Steueraussetzungsverfahren sehr formelle Verfahren, die auf eine hinreichende
Kontrollmöglichkeit der in diesen Verfahren transportierten Erzeugnisse angewiesen sind. Besteht diese Kontrollmöglichkeit für die zuständigen Steuerbehörden nicht mehr, ist die Ware in den freien Verkehr gelangt und damit der Besteuerungstatbestand erfüllt. Die Tatsache, daß Bewegungen dieser verbrauchsteuerpflichtigen Ware über einen längeren Zeitraum ohne Kenntnis der zuständigen Behörden vonstatten gegangen sind, steht mit den Grundprinzipien des Steueraussetzungsverfahrens so im Widerspruch, daß es für die Frage der Entziehung nicht darauf ankommen kann, ob die Ware letztlich einer steuerfreien Verwendung zugeführt wird oder nicht bzw. ob das mit dem Steueraussetzungsverfahren beabsichtigte Ziel der Ausfuhr noch erreicht wird. Der Verstoß gegen die Vorschriften des innergemeinschaftlichen Versandverfahrens ist auch so erheblich, daß er nicht lediglich als Verletzung bloßer Ordnungsvorschriften angesehen werden kann. Entgegen Schroer-Schallenberg (aaO S. 130 f.) liegt darin nicht lediglich ein Verfahrensverstoß ohne steuerschuldrechtliche Konsequenzen. Das Steueraussetzungsverfahren ist nämlich hier durch die Ausfuhr unter Vorlage falscher Frachtpapiere überhaupt nicht abgeschlossen worden. Das Verfahren der Steueraussetzung ist erst dann erledigt, wenn die Ausgangszollstelle bescheinigt , daß die verbrauchsteuerpflichtigen Waren die Gemeinschaft verlassen haben (Art. 19 Abs. 4 Satz 2 Systemrichtlinie 92/12/EWG). Auch sind die in § 143 Abs. 1 Satz 1 BranntwMonG für den Fall des Entziehens normierten Ausnahmen von der Steuerentstehung nicht gegeben. Der Alkohol ist weder nachweislich untergegangen, noch an Personen im Steuergebiet abgegeben worden, die zum Bezug von Erzeugnissen unter Steueraussetzung berechtigt sind; ein dem Untergang nach § 143 Abs. 1 Satz 2 BranntwMonG gleichstehender Schwund liegt ebenfalls nicht vor. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Vorschrift des § 143 Abs. 1 Satz 3 BranntwMonG , die keine tatbestandlichen Einschränkungen für die Fälle der Steuerentstehung bei einer „echten“ Entziehung nach § 143 Abs. 1 Satz 1 BranntwMonG enthält, sondern im Gegenteil für bestimmte – hier nicht vorliegende – Fallkonstellationen die Fiktion einer Entziehung aus dem Steueraussetzungsverfahren normiert.
Im übrigen muß die Frage, ob eine Entziehung gegeben ist, zum Zeitpunkt einer möglichen Entziehung eindeutig zu klären sein. Ob eine Entziehung vorliegt, kann damit nicht von einem zukünftigen ungewissen Ereignis (eventuelle tatsächliche Ausfuhr auf anderem als dem vorgesehenen Wege) abhängig gemacht werden; die tatsächliche Ausfuhr führt auch nicht zu einem automatischen nachträglichen Wegfall einer einmal entstandenen Verbrauchsteuer. Wird die Ware letztlich doch noch ausgeführt, kann dies steuerschuldrechtlich allenfalls – damit die Erhebung der Steuer für eine ausgeführte Ware nicht einer ungewollten Sanktion gleichkommt (vgl. BFH DStRE 2002, 54, 56) – für die Frage eines möglichen Erlasses der Steuer (vgl. § 227 AO; Art. 239 ZK) und steuerstrafrechtlich nur für die Frage der Strafzumessung von Bedeutung sein.
(2) Der Angeklagte Ha ist aufgrund des Besteuerungstatbestandes § 143 Abs. 4 Satz 2 BranntwMonG Steuerschuldner der durch die Entziehung anfallenden Branntweinsteuer geworden. Zwar hat der Angeklagte die Entziehung nicht in eigener Person vorgenommen – vielmehr wurde der Alkohol im Hamburger Hafen bereits mit den gefälschten CMRFrachtbriefen angeliefert (vgl. UA S. 8) –; ihm ist aber die Entziehung des Alkohols aus dem Steueraussetzungsverfahren durch andere Mitglieder der Organisation wie eigenes Tun zuzurechnen.
Das BranntwMonG definiert nicht, wer Verantwortlicher einer Entziehung im Sinne des § 143 BranntwMonG und damit Täter einer Steuerhinterziehung sein kann.
Eine ausdifferenzierte Regelung, wer bei einer Entziehung aus der zollamtlichen Überwachung Zollschuldner wird, findet sich in Art. 203 Abs. 3 Zollkodex (ZK): Es sind dies nicht nur die Personen, welche die Ware der zollamtlichen Überwachung entzogen haben (1. Spiegelstrich), sondern auch diejenigen Personen, die an dieser Entziehung beteiligt waren (2. Spiegelstrich) und sogar die Personen, welche die Ware in Besitz gehabt
haben, obwohl sie im Zeitpunkt des Erhalts der Ware wußten oder billigerweise hätten wissen müssen, daß diese der zollamtlichen Überwachung entzogen war (3. Spiegelstrich).
Diese Regelung kann allerdings nicht auf die Entziehung aus dem Steueraussetzungsverfahren übertragen werden. Sie legt nämlich nicht fest, wer als Entzieher anzusehen ist, sondern bestimmt lediglich, daß neben dem Entzieher weitere Personen, z. B. Gehilfen, Steuerhehler, weitere Zollschuldner werden. Eine solche Regelung enthält § 143 BranntwMonG nicht. Gegen eine Regelungslücke insoweit und eine analoge Anwendung von Art. 203 Abs. 3 ZK spricht, daß beide Vorschriften etwa zum selben Zeitpunkt (1992) Gesetz geworden sind, der Gesetzgeber jedoch unterschiedliche Regelungen getroffen hat. Allenfalls kann aus der Regelung des Art. 203 Abs. 3 ZK im Umkehrschluß geschlossen werden, daß bloße Gehilfen bei einer Entziehung nicht selbst als Entzieher anzusehen sind.
Wer als Täter einer Entziehung anzusehen ist, muß damit sowohl für § 143 BranntwMonG als auch für Art. 203 Abs. 3 ZK nach allgemeinen Grundsätzen bestimmt werden.
Nach der Rechtsprechung des BFH (zur Entziehung aus zollamtlicher Überwachung) ist Täter der Entziehungshandlung derjenige, der die Handlung selbst ausführt, wie auch derjenige, der die Handlung veranlaßt, d.h. die Tatherrschaft hat (vgl. BFHE 161, 266, 270; BFH ZfZ 2000, 419). Für die Bestimmung der Täterschaft einer vorsätzlich herbeigeführten Entziehung im Sinne von § 143 BranntwMonG sind damit die von der Rechtsprechung für die Mittäterschaft bei einer Straftat entwickelten Grundsätze (vgl. oben) entsprechend anzuwenden. Der Senat verkennt dabei nicht, daß es sich bei § 143 BranntwMonG um einen Steuerentstehungstatbestand und nicht um einen Straftatbestand handelt: Erst wenn feststeht, daß der Steuertatbestand erfüllt ist, ergeben sich im Sinne des § 370 AO strafrechtlich relevante steuerliche Verhaltenspflichten (die Pflicht zur Abgabe einer Steueranmeldung).
Die Haftungsnorm des § 143 Abs. 4 Satz 2 BrannwMonG hat aber zumindest für den Fall vorsätzlicher Entziehung einen deliktischen Charakter, was die Heranziehung der Grundsätze über die Mittäterschaft rechtfertigt.
Danach ist die rechtliche Würdigung des Landgerichts, den Angeklagten Ha wegen seiner fast alleinigen Tatherrschaft über einen wesentlichen Teil des Geschehensablaufes innerhalb einer arbeitsteilig und konspirativ handelnden Schmuggelorganisation als Mittäter des gesamten Alkoholschmuggels (siehe oben) und damit auch als Entzieher des Alkohols aus dem Steueraussetzungsverfahren anzusehen, aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Dem steht nicht entgegen, daß der Alkohol bereits mit ausgetauschten Frachtpapieren in Hamburg angeliefert wurde, als der eigentliche Tatbeitrag des Angeklagten Ha erst einsetzte. Die Entziehung des Alkohols aus dem Steueraussetzungsverfahren war durch die bloße Auswechslung der Frachtpapiere noch nicht so weit abgeschlossen, daß eine Beteiligung des Angeklagten Ha an ihr nicht mehr möglich gewesen wäre und seine Handlungen damit nur noch dem Absatz (§ 374 AO) einer bereits dem Verfahren entzogenen Ware oder der Begünstigung (§ 257 StGB) anderer Personen hätten dienen können. Die Alkohollieferungen befanden sich bis zur Umladung durch die Angeklagten Ha und R noch in denselben Lkw, die in den ursprünglichen Versandpapieren als Transportmittel angegeben waren, und waren, bis sie in den Machtbereich der Angeklagten Ha und R gelangten, noch nicht zur Ruhe gekommen. Erst durch die Überprüfung der „neuen“ Frachtpapiere auf ihre Eignung zur Täuschung durch den Angeklagten Ha und die Umladung der Alkoholladungen in Bahncontainer wurde die Entziehung des Alkohols aus dem Steueraussetzungsverfahren endgültig abgeschlossen.
(3) Ohne Rechtsfehler hat das Landgericht den Angeklagten damit als Mittäter einer Steuerhinterziehung durch Unterlassen (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO) angesehen. Er hat nach Entziehung des Alkohols aus dem Steueraussetzungsverfahren als Steuerschuldner (§ 143 Abs. 4 Satz 2 BranntwMonG) in
bewußtem und gewolltem Zusammenwirken mit den anderen für den Austausch der Frachtpapiere verantwortlichen Mitgliedern der Organisation unterlassen , gemäß § 143 Abs. 4 Satz 3 BranntwMonG unverzüglich für die entzogenen Erzeugnisse eine Steueranmeldung abzugeben. Auf diese Weise konnte die Organisation den Alkohol ohne Belastung mit deutscher Branntweinsteuer auf dem polnischen Schwarzmarkt mit Gewinn absetzen.

c) Die Beweiswürdigung hält ebenfalls rechtlicher Nachprüfung stand.
Es ist grundsätzlich Sache des Tatrichters, die Beweise zu würdigen. Das Revisionsgericht kann die tatrichterliche Beweiswürdigung auf die Sachbeschwerde nur unter dem Gesichtspunkt würdigen, ob sie Rechtsfehler enthält. Dies ist dann der Fall, wenn die im Urteil mitgeteilten Überlegungen des Tatrichters in sich widersprüchlich, lückenhaft oder unklar sind oder sie gegen Denkgesetze oder anerkannte Erfahrungssätze verstoßen (st. Rspr., vgl. nur BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 2). Solches ist hier nicht gegeben.
aa) Das Landgericht hat sich auf ausreichender Tatsachengrundlage davon überzeugt, daß die in Hamburg umgeladenen Alkoholmengen mit dem bei der Firma G in Frankreich geladenen Alkohol identisch waren. Dieser Schluß ist möglich, zwingend braucht er nicht zu sein. Bei seiner Überzeugungbildung durfte das Landgericht der Tatsache, daß die Lastzüge während des Transportes nicht gewechselt wurden, hohes Gewicht beimessen (UA S. 23). Die Strafkammer hat hierbei die Möglichkeit nicht verkannt, daß eine Entladung des Alkohols und eine Beladung mit anderen Alkoholmengen durchaus möglich gewesen wäre, hat aber diese – eher fernliegende – Möglichkeit im Hinblick auf den erhöhten organisatorischen und finanziellen Aufwand, das höhere Entdeckungsrisiko und die mangelnde Eignung zur Verschleierung des Transportwegs bei Benutzung derselben Lastkraftwagen als unwahrscheinlich angesehen. Auch die festgestellte Differenz in der Grädigkeit des sichergestellten Alkohols von 0,3 % Vol. gegenüber den Herstellerangaben hat das Landgericht in seine Erwägungen einbezogen. Nach
vertretbarer Ansicht der insoweit sachverständig beratenen Strafkammer liegt die Abweichung im Rahmen der üblichen Toleranz, so daß von einer Meßdifferenz auszugehen ist.
bb) Die Erwägungen, aufgrund derer das Landgericht zur Überzeugung gelangt ist, daß der Austausch der Frachtpapiere noch nicht in Frankreich , sondern erst in Deutschland erfolgt ist, begegnet ebenfalls keinen durchgreifenden Bedenken.
Auch hier hat das Landgericht die Möglichkeit eines Austauschs bereits in Frankreich oder in den Benelux-Staaten gesehen und erörtert (UA S. 25). Wenn das Landgericht diese Möglichkeit dann aber unter Hinweis darauf wieder verworfen hat, daß zum einen die tatsächlich gefahrene Route nach Hamburg von der zu dem in den Frachtpapieren angegebenen Zielort Frankfurt/Oder erst auf deutschem Hoheitsgebiet abzweigt, zum anderen die verwendeten Tarnpapiere ausschließlich auf deutsche Tarnversender und polnische Empfänger ausgestellt waren, die in Frankreich oder den BeneluxStaaten Argwohn erweckt und zu einem höheren Risiko geführt hätten, ist dies aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
cc) Im Ergebnis ohne durchgreifenden Rechtsfehler hat sich das Landgericht auch davon überzeugt, daß der Angeklagte Ha zumindest billigend in Kauf genommen hat, daß durch die vorgenommene Abwicklung der Alkoholtransporte (auch) deutsche Verbrauchsteuer entstehen und durch die Nichtanmeldung hinterzogen werden könnte.
(1) Der Angeklagte Ha hat sich eingelassen, er habe nicht an die Entstehung von Verbrauchsteuern durch den Austausch der Frachtpapiere durch auf Chemikalien lautende Fälschungen gedacht (UA S. 16, 24). Er sei nur von einem Verstoß gegen polnische Zollformalitäten, die ihm egal gewesen seien, ausgegangen und habe nicht geglaubt, sich in Deutschland strafbar zu machen. Auch habe er nicht gewußt, daß der Alkohol bis Ham-
burg im Steueraussetzungsverfahren transportiert worden sei. Der Pole, der ihn beauftragt habe und dessen Namen er nicht nennen wolle, habe ihm er- klärt, es sei Ware im Freiverkehr, nicht aus einem Steuerlager.
Das Landgericht konnte sich von einer positiven Kenntnis des Angeklagten , daß der Alkohol im Steueraussetzungsverfahren transportiert worden sei (UA S. 27), nicht überzeugen. Die Strafkammer sieht es jedoch als erwiesen an, daß der Angeklagte den Transport im Steueraussetzungsverfahren , die Entstehung von Verbrauchsteuern durch den Austausch der Frachtpapiere und – ohne dies ausdrücklich zu erwähnen – seine Pflicht, dann die Ware bei den Steuerbehörden anzumelden, zumindest billigend in Kauf genommen hat.
(2) Die Erwägungen, aufgrund derer sich das Landgericht von einem bedingten Tatvorsatz des Angeklagten Ha überzeugt hat, lassen keinen durchgreifenden Rechtsfehler zu seinem Nachteil erkennen.
Der Eintritt einer Steuerverkürzung ist Tatbestandsmerkmal des § 370 AO. Damit setzt auch die innere Tatseite der Steuerhinterziehung voraus, daß der Täter den angegriffenen Steueranspruch dem Grunde nach kennt und dessen Höhe zumindest für möglich hält (BGH wistra 1989, 263; 1990, 193, 194; 1995, 191; 1998, 225, 226). Einer genauen Kenntnis der steuerlichen Vorschriften bedarf es insoweit nicht (BGH wistra 1998, 225, 226).
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind entlastende Angaben eines Angeklagten, für deren Richtigkeit oder Unrichtigkeit es keine (ausreichenden) Beweise gibt, nicht ohne weiteres den Urteilsfeststellungen als unwiderlegbar zugrundezulegen. Vielmehr muß der Tatrichter auf der Grundlage des gesamten Beweisergebnisses entscheiden, ob diese Angaben geeignet sind, seine Überzeugungsbildung zu beeinflussen (BGHSt 34, 29, 34; BGH wistra 1998, 225, 226). Dies gilt im besonderen Maße bei der Behauptung eines dem Angeklagten günstigen inneren Vorgangs, ohne
daß objektivierbare Tatsachen, in denen die angebliche innere Einstellung einen erkennbaren Niederschlag gefunden hätte, deutlich würden (BGH wistra 1998, 225, 226; BGH, Urt. vom 7. September 1993 – 1 StR 325/93). Der Tatrichter muß allerdings die vorhandenen Beweise einer erschöpfenden Würdigung unterziehen und dabei auch äußere Umstände bei der Beurteilung der subjektiven Seite mit heranziehen (vgl. BGH StPO § 261 Einlassung

5).


Diese Grundsätze hat das Landgericht beachtet. Wenn es mangels konkreterer Anhaltspunkte im wesentlichen auf die Umstände der Beauftragung des Angeklagten in Verbindung mit seinen langjährigen beruflichen Erfahrungen als selbständiger Vollkaufmann im Exportgeschäft mit den dort bestehenden Regeln und Usancen abstellt und deshalb die Einlassung des Angeklagten für widerlegt hält, ist dies rechtlich nicht zu beanstanden. Das Landgericht durfte dabei auch den naheliegenden Schluß ziehen, daß der von dem Angeklagten angegebene Zweck seines Tuns, der Verkauf des Alkohols auf dem polnischen Schwarzmarkt mit Gewinn, wegen der hohen Verbrauchsteuern mit in der Europäischen Union versteuertem Alkohol nicht zu erreichen gewesen wäre.
(3) Ein durchgreifender Rechtsfehler ergibt sich auch nicht aus der Erwägung des Landgerichts, daß die Angeklagten selbst dann vorsätzlich gehandelt hätten, wenn sie zu Unrecht davon ausgegangen sein sollten, der Austausch fände in Frankreich statt (UA S. 29).
Das Landgericht ist der Ansicht, daß in diesem Fall eine Verkürzung französischer Steuern vorliege; eine wesentliche Abweichung des tatsächlichen vom vorgestellten Kausalverlauf sei dennoch nicht gegeben, weil es sich bei der tatsächlich verkürzten deutschen Branntweinsteuer um eine harmonisierte Verbrauchsteuer handele, die in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft in gleicher Weise erhoben werde. Die Verkürzung der einem anderen Mitgliedstaat zustehenden Verbrauchsteuer sei gemäß
§ 370 Abs. 6 Satz 2 AO auch in Deutschland strafbar. Daß eine Verfolgung in Deutschland mangels der hierfür nach § 370 Abs. 6 Sätze 3 und 4 AO erforderlichen Rechtsverordnung und des daraus resultierenden Verfahrenshindernisses derzeit ausgeschlossen ist, sei für den Vorsatz unerheblich.
Diese Erwägung gefährdet den Schuldspruch nicht, da sie sich lediglich mit den Auswirkungen eines vom Gericht letztlich nicht auszuschließenden Irrtums über einen Umstand befaßt, der kein Merkmal betrifft, das zum gesetzlichen Tatbestand gehört.
Maßgebliches subjektives Tatbestandsmerkmal des § 370 AO ist der Vorsatz, Steuern zu hinterziehen. Durch seine mittäterschaftliche Beteiligung am gesamten den Alkoholschmuggel von Frankreich nach Polen betreffenden Gesamtgeschehen ist der Angeklagte aber unabhängig davon, ob der Austausch der Frachtpapiere in Deutschland oder in Frankreich erfolgt ist, Steuerschuldner deutscher Branntweinsteuer geworden.
Ist der Austausch der Frachtdokumente – wie vom Landgericht festgestellt – erst in Deutschland erfolgt, ist der Angeklagte gemäß § 143 Abs. 4 Satz 2 BranntwMonG Steuerschuldner der entstandenen Branntweinsteuer geworden.
Wäre der Austausch aber bereits in Frankreich vorgenommen worden, dann wäre ebenfalls deutsche Branntweinsteuer entstanden und der Angeklagte insoweit Steuerschuldner geworden. Zwar wäre durch eine Entziehung des Alkohols aus dem Steueraussetzungsverfahren in Frankreich zunächst französische Branntweinsteuer angefallen, die der Angeklagte hätte anmelden müssen. Zusätzlich wäre aber durch Weiterbeförderung des Alkohols nach Deutschland gemäß § 144 Abs. 2 BranntwMonG auch noch deutsche Branntweinsteuer entstanden, die der Angeklagte ebenfalls hätte anmelden und abführen müssen. Nach dieser Vorschrift entsteht die Verbrauchsteuer nämlich auch dadurch, daß Erzeugnisse erstmals im Steuergebiet zu ge-
werblichen Zwecken in Besitz gehalten oder verwendet werden, nachdem sie aus dem freien Verkehr eines Mitgliedstaates in das Steuergebiet Deutsch- lands verbracht worden sind. Dieser Fall läge hier dann vor, weil der Alkohol nach Austausch der Frachtpapiere in Frankreich und der Entziehung aus dem Steueraussetzungsverfahren bereits in Frankreich in den freien Verkehr gelangt wäre. Indem der Angeklagte den Alkohol in Hamburg umladen ließ, um ihn nach Polen zur Veräußerung auf dem Schwarzmarkt weiterzuversenden , hat er den Alkohol nach dem Verbringen nach Deutschland erstmals im Steuergebiet zu gewerblichen Zwecken in Besitz gehalten. Die Pflicht, unverzüglich eine Steueranmeldung abzugeben, ergibt sich in diesem Fall aus § 144 Abs. 4 Satz 1 BranntwMonG. Die entstandene französische Verbrauchsteuer würde dann wieder erlassen werden (vgl. § 148 BranntwMonG als entsprechende Regelung im deutschen Verbrauchsteuerrecht).
In jedem Fall ist damit – unabhängig vom Ort des Austauschs der Frachtpapiere – durch das Verhalten des Angeklagten im Zusammenhang mit der Entfernung der begleitenden Verwaltungsdokumente und der Umladung des Alkohols in Bahncontainer deutsche Branntweinsteuer entstanden.
Der Ort des Austauschs der Frachtpapiere hätte für den Vorsatz, deutsche Steuern zu hinterziehen nur dann Bedeutung gehabt, wenn der Angeklagte der Ansicht gewesen wäre, er würde nur französische aber keine deutschen Verbrauchsteuern hinterziehen. Dafür bestehen aber keine Anhaltspunkte. Nicht einmal der Angeklagte selbst hat dies behauptet, sondern angegeben, überhaupt nicht an das Entstehen von Verbrauchsteuern gedacht zu haben. Dies hat das Landgericht mit tragfähigen Erwägungen widerlegt und hinreichend deutlich seine Überzeugung zum Ausdruck gebracht, daß der Angeklagte aus Gewinnstreben (UA S. 27) billigend in Kauf genommen hat, (auch) deutsche Verbrauchsteuer zu hinterziehen, damit das Gesamtunternehmen der Schmuggelorganisation erfolgreich durchgeführt werden kann.
2. Revision des Angeklagten R

a) Die Verfahrensrügen entsprechen weitgehend nicht den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO und sind daher unzulässig. Der Erörterung bedarf lediglich folgendes:
Mit Recht rügt die Revision, daß das Landgericht den Inhalt einer verlesenen Urkunde im Urteil unrichtig gewürdigt und damit gegen die Vorschrift des § 261 StPO verstoßen hat (vgl. BGH NStZ 1997, 294). Das Landgericht ist im Urteil davon ausgegangen, daß auch im Fall des verlesenen Urteils des Landgerichts Nürnberg-Fürth der Alkoholschmuggel über die deutschpolnische Grenze erfolgt sei (UA S. 25), obwohl es sich dort um die deutschtschechische Grenze handelte.
Auf diesem Fehler beruht das Urteil indes nicht, weil das Landgericht den Inhalt des verlesenen Urteils nicht zu Beweiszwecken verwertet, sondern mit dem Hinweis auf die Erkenntnisse aus anderen Strafverfahren lediglich das bereits getroffene Beweisergebnis bestätigt hat. Im übrigen ist nicht ersichtlich , weshalb im Hinblick auf das vorliegende Verfahren den Abläufen bei einem Alkoholschmuggel nach Tschechien ein minderer Indizwert als bei einem solchen nach Polen zukommen soll. In beiden Fällen geht es um ein „Durchschmuggeln“ durch die Bundesrepublik Deutschland.

b) Die getroffenen Feststellungen tragen die Verurteilung des Angeklagten R wegen Steuerhinterziehung durch Unterlassen (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO) in sieben Fällen, jeweils in Tateinheit mit Urkundenfälschung. Die Ausführungen zu diesen Taten beim Angeklagten Ha gelten für den Angeklagten R entsprechend.
Das Landgericht hat auch den Angeklagten R als Mittäter angesehen und nicht nur als Gehilfen des Angeklagten Ha . Diese aufgrund einer Gesamtwürdigung der Umstände vorgenommene – und nur einge-
schränkt überprüfbare (vgl. BGH NJW 1997, 3385, 3387) – Wertung bei der Abgrenzung von Mittäterschaft und Beihilfe läßt keinen Rechtsfehler erkennen.
Zwar wurde der Angeklagte R erst von dem Mitangeklagten Ha zur gemeinsamen Abwicklung der in dessen Aufgabenbereich fallenden Umladung der Alkoholtransporte in Hamburg gewonnen und nahm innerhalb der Schmuggelorganisation eine deutlich niedrigere Stellung als der Angeklagte Ha ein. Auch lag die Entlohnung des Angeklagten R für seine Mitwirkung nicht unerheblich unter der der Mitangeklagten Ha und T . Trotzdem durfte das Landgericht entscheidend auf die dennoch bestehende erhebliche Tatherrschaft des Angeklagten R über bedeutsame Teile des gesamten Tatgeschehens abstellen und ihn deshalb als Mittäter ansehen. Die Umladung der Alkoholladungen in den Fällen 1 bis 4 der Urteilsgründe fand auf dem Gelände der Lagerei Sch und unter Kontrolle des Angeklagten R statt, der Geschäftsführer dieser Firma war. Des weiteren hatte er eigenverantwortlich den Kontakt zur Firma I hergestellt und aufrechterhalten, welche zu Verschleierungszwecken mit der Umladung beauftragt worden war. Nur über den Angeklagten R , der insoweit eine Schlüsselstellung innehatte, war es auch dem Angeklagten Ha möglich, die Containernummern zu erfragen , welche die Hintermänner in Polen unbedingt benötigten, um die Container mit dem Alkohol in Empfang nehmen zu können.

c) Die Beweiswürdigung ist ebenfalls frei von Rechtsfehlern; es gilt das zum Angeklagten Ha Gesagte entsprechend. Der Angeklagte R hat sich darauf berufen, daß er ausschließlich daran gedacht habe, daß ein polnisches Einfuhrverbot umgangen werden sollte. Er sei zu einer Mitarbeit nur unter der Bedingung bereit gewesen, daß versteuerter Alkohol umgeladen werde (UA S. 17). Insbesondere im Hinblick auf die ebenfalls langjährige Erfahrung des Angeklagten im Exportgeschäft als Geschäftsfüh-
rer einer Lagerei im Hamburger Hafen brauchte das Landgericht diese Einlassung nicht zu glauben.
3. Revision des Angeklagten T

a) Die erhobenen Verfahrensrügen haben keinen Erfolg.
aa) Die Rüge der fehlenden örtlichen Zuständigkeit des Landgerichts Berlin (§ 338 Nr. 4 StPO) ist unbegründet. Hinsichtlich des Angeklagten T war der Gerichtsstand des Zusammenhangs (§§ 3, 13 StPO) gegeben.
Nach § 13 StPO ist ein Gerichtsstand bei jedem Gericht begründet, das auch nur für eine der dem Angeklagten zur Last gelegten, gemäß § 3 StPO zusammenhängenden Straftaten örtlich zuständig ist (vgl. BGHR StPO § 344 Abs. 2 Satz 2 Zuständigkeit 1). Dabei liegt ein sachlicher Zusammenhang bei einer strafbaren, in dieselbe Richtung zielenden Mitwirkung an einer Tat im Sinne des § 264 Abs. 1 StPO vor (BGHSt 38, 376, 379). Bei der Prüfung des Zusammenhangs kommt es auf die tatsächliche Annahme an, die den Anschuldigungen bei Erhebung der Anklage und bei Eröffnung des Hauptverfahrens zugrunde liegt, und nicht auf die Feststellungen, die als Ergebnis des durchgeführten Hauptverfahrens getroffen worden sind (vgl. BGHSt 18, 238, 239; BGHR aaO).
Zum hierbei maßgeblichen Zeitpunkt der Eröffnung des Verfahrens vor dem Landgericht (vgl. BGHSt 18, 238, 239) bestand für die Fälle 3 bis 17 der Anklage wegen des Vorwurfes gemeinschaftlichen Handelns ein sachlicher Zusammenhang mit den den Angeklagten Ha und R zur Last liegenden Taten. Im Fall 2 der Anklage bestand wiederum ein sachlicher Zusammenhang der Taten der der Mittäterschaft beschuldigten Angeklagten Ha , R und Du . Da der frühere Mitangeklagte Du seinen Wohnsitz in Berlin hatte und damit für ihn der Gerichtsstand des Wohnsitzes
gegeben war (§ 8 Abs. 1 StPO), war für sämtliche dem Angeklagten T zur Last liegenden Taten der Gerichtsstand des Zusammenhangs (§§ 3, 13 StPO) gegeben.
Die Tatsache, daß das Verfahren gegen den Angeklagten Du später abgetrennt wurde, läßt die Zuständigkeit des Landgerichts Berlin nicht wieder entfallen (vgl. BGHR StPO § 344 Abs. 2 Satz 2 Zuständigkeit 1). Eine Zuständigkeit, die durch die Verbindung zusammenhängender Strafsachen geschaffen worden ist, bleibt auch dann bestehen, wenn der Grund der Verbindung nach Eröffnung des Hauptverfahrens wegfällt (BGHSt 16, 391, 393).
Der Angeklagte T kann im Revisionsverfahren nicht damit gehört werden, daß hinsichtlich des Falles 2 bei Eröffnung des Verfahrens kein hinreichender Tatverdacht bestanden habe. Soweit das Kammergericht das Verfahren eröffnet hat, ist dies nicht anfechtbar (§ 210 Abs. 1 StPO). Anhaltspunkte dafür, daß bei der Anklageerhebung ein willkürlich erhobener Tatvorwurf dazu benutzt werden sollte, einen Gerichtsstand des Zusammenhangs zu begründen, sind nicht ersichtlich.
bb) Die gegen die Ablehnung der vier am 1. Juni 2001 gestellten Hilfsbeweisanträge erhobenen Verfahrensrügen greifen ebenfalls nicht durch. Die vom Landgericht zur Begründung der Ablehnung dieser Anträge auf Vernehmung von Zeugen dargelegten Erwägungen können aus Rechtsgründen nicht beanstandet werden. Mit ihrem Versuch, Wertungen des Tatrichters durch eigene zu ersetzen, zeigt die Revision keinen Rechtsfehler auf.
cc) Die Rüge der Verletzung von § 338 Nr. 5 StPO ist unbegründet. Das Landgericht hat den Angeklagten T und seinen Verteidiger durch Beschluß für die Hauptverhandlungstermine am 9. und 13. Februar 2001 beurlaubt. Der Verteidiger des Angeklagten blieb daraufhin an diesen Tagen von der Hauptverhandlung fern. Die Beurlaubung war gesetzlich nur zulässig, wenn und soweit der Angeklagte von der Hauptverhandlung an
diesen Verhandlungstagen „nicht betroffen“ war (§ 231c Satz 1 StPO). An die Grenzen, die ihm durch diese Voraussetzung gezogen waren, hat sich das Landgericht gehalten. Es ging am 9. Februar 2001 nicht um einen für den Beschwerdeführer wesentlichen Teil der Hauptverhandlung (vgl. BGHR StPO § 338 Nr. 5 Angeklagter 17; BGH, Beschl. vom 24. Januar 1995 – 1 StR 744/94 m. w. N.). Dies gilt auch für den 13. Februar 2001, an welchem allein die strafrechtlichen Vorbelastungen eines Mitangeklagten behandelt wurden. Da mithin die Anwesenheit des Angeklagten an den genannten Verhandlungstagen nicht geboten war, kommt es nicht darauf an, daß er an diesen Tagen nicht verteidigt war.
dd) Die Rüge der Verletzung des § 229 StPO greift ebenfalls nicht durch. Die Freistellung des Angeklagten und seines Verteidigers nach § 231c StPO von der im übrigen fortgeführten Hauptverhandlung stellt keine Unterbrechung der Hauptverhandlung im Sinne von § 229 StPO dar; dessen zeitliche Beschränkungen gelten für die Beurlaubung nach § 231c StPO nicht (vgl. Tolksdorf in KK 4. Aufl. § 231c Rdn. 15; Gollwitzer in Löwe/Rosenberg 25. Aufl. § 231c Rdn. 18).
ee) Im übrigen sind die Formalrügen nicht in der von § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO geforderten Form erhoben und damit unzulässig.

b) Die Urteilsfeststellungen tragen auch bei dem Angeklagten T den Schuldspruch wegen Steuerhinterziehung durch Unterlassen (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO). Daß das Landgericht ihn nicht zugleich wegen jeweils tateinheitlich begangener Urkundenfälschung verurteilt hat, beschwert den Angeklagten nicht.
aa) Obwohl der Angeklagte zu einem großen Teil im Ausland gehandelt hat, sind die Taten im Inland begangen worden (vgl. § 3 StGB), weil die Steueranmeldungen für den dem Steueraussetzungsverfahren entzogenen Alkohol in Deutschland vorzunehmen gewesen wären (§ 9 Abs. 1 StGB).
bb) Ohne Rechtsfehler hat das Landgericht auch den Angeklagten T als Mittäter der Steuerhinterziehung durch Unterlassen angese- hen, weil es für das Gelingen des gemeinsamen Tatplans, den Alkohol ohne Belastung mit deutscher Verbrauchsteuer auf dem polnischen Schwarzmarkt abzusetzen, erforderlich war, daß keiner der an dem „Alkoholschmuggel“ beteiligten Personen eine Steueranmeldung abgab.
Der Angeklagte konnte Täter der Steuerhinterziehung durch Unterlassen sein (vgl. hierzu BGHR StGB § 25 Abs. 2 Mittäter 1), weil er zur Abgabe einer Steueranmeldung selbst verpflichtet war (§ 143 Abs. 4 Satz 3 BranntwMonG).
Zwar hat das Landgericht keine Feststellungen dazu getroffen, daß der Angeklagte T an der Entziehung des Alkohols aus dem innergemeinschaftlichen Steuerversandverfahren unmittelbar persönlich mitgewirkt hat. Das Landgericht durfte aber die auf einem gemeinsamen Tatplan beruhenden Handlungen der anderen Mitglieder der Schmuggelorganisation während der Alkoholtransporte dem Angeklagten wie eigenes Handeln zurechnen und ihn selbst als „Entzieher“ im Sinne von § 143 Abs. 4 Satz 2 BranntwMonG behandeln. Es bestehen keine rechtlichen Bedenken dagegen , daß das Landgericht in wertender Betrachtung zu dem Ergebnis gelangt ist, seine Handlungen nicht als bloße Förderung fremden Tuns, sondern als Teil der Tätigkeit aller anzusehen, und dementsprechend die Handlungen der anderen als Ergänzung seines eigenen Tatanteils zu bewerten (vgl. BGHR StGB § 25 Abs. 2 Tatinteresse 2). Der Angeklagte, der für seine Tatbeteiligung wie der Angeklagte Ha pro Transport einen Betrag von 3.000 DM erhielt, hatte maßgeblichen Einfluß auf die Durchführung der Alkoholtransporte , die ohne ihn in der durchgeführten Weise nicht hätten stattfinden können. Es fiel innerhalb der Schmuggelorganisation in seinen alleinigen Zuständigkeitsbereich, geeignete Lieferanten für entsprechende Alkoholmengen ausfindig zu machen, den Einkauf vorzunehmen einschließlich der Preisverhandlungen und schließlich durch eigenhändige Sicherstellung der
Bezahlung den Zeitpunkt der Alkoholtransporte mitzubestimmen. Die Tatsa- che, daß er damit bezüglich des späteren Entziehens nur eine Vorbereitungshandlung vorgenommen hat, steht der Annahme von Mittäterschaft nicht entgegen (vgl. BGHSt 40, 299, 301).

c) Die Beweiswürdigung hält ebenfalls rechtlicher Nachprüfung stand.
Der Angeklagte hat sich eingelassen, er habe aus Gefälligkeit für seinen Bruder P T , der in Polen ein In- und Exportgeschäft für Feinsprit betrieben habe, neue Lieferanten gesucht. Dabei sei er davon ausgegangen , daß der Alkohol nicht für Polen bestimmt sei, ohne aber zu wissen für wen. Um den Transport selbst habe er sich nicht gekümmert; das Steueraussetzungsverfahren und die Bedeutung der begleitenden Verwaltungsdokumente seien ihm unbekannt gewesen. Einen falschen Paß auf den Namen F habe er auf Vorschlag seines Bruders nur deswegen verwendet, damit es keine Schwierigkeiten mit den alten Lieferanten gebe (UA S. 17 f.).
Das Landgericht war nicht gehalten, diese entlastenden Angaben des Angeklagten, für die es keinerlei Beweise gibt, den Urteilsfeststellungen ohne weiteres als unwiderlegbar zugrundezulegen (vgl. BGHSt 34, 29, 34; BGH wistra 1998, 225, 226). Ohne Rechtsfehler hat es in einer erschöpfenden Würdigung der vorhandenen Beweise die Einlassung des Angeklagten T für widerlegt angesehen und seinen Tatvorsatz bejaht. Hierbei durfte sich das Landgericht hinsichtlich seiner Kenntnisse über das Steueraussetzungsverfahren insbesondere auf die Angaben der im internationalen Handel mit Alkohol tätigen Zeugen W , Ri und M stützen, die übereinstimmend angegeben haben, den Angeklagten für einen im Handel mit Feinsprit erfahrenen Geschäftsmann gehalten zu haben (UA S. 25). Ergänzend konnte es die Angaben des Zeugen P heranziehen, daß der Angeklagte T bei Alkoholgeschäften mit ihm die begleitenden Verwaltungsdokumente jeweils selbst zurückgebracht habe und – unter Berufung auf den für das vorliegende Verfahren nicht zur Verfügung stehenden Zeugen K – die
zollrechtliche Abwicklung am Grenzzollamt Frankfurt/Oder selbst vorgenommen habe (UA S. 26). Hinzu kommt sein konspiratives Auftreten unter fal- schem Namen und sein Kontakt zur Tarn-Empfängerfirma „V “ in der Ukraine.

III.


Die angefochtenen Urteile können jedoch bei allen Angeklagten zum Strafausspruch keinen Bestand haben.
1. Allerdings ist die Strafzumessung grundsätzlich Aufgabe des Tatrichters. Das Revisionsgericht kann nur eingreifen, wenn ein Rechtsfehler vorliegt, z. B. weil der Tatrichter rechtlich anerkannte Strafzwecke außer Betracht läßt oder weil sich die Strafe nach oben oder unten von ihrer Bestimmung löst, gerechter Schuldausgleich zu sein (st. Rspr., vgl. nur BGHSt 29, 319, 320; 34, 345, 349). Eine ins einzelne gehende Richtigkeitskontrolle ist hingegen ausgeschlossen (BGH aaO).
2. Es stellt keinen Rechtsfehler dar, daß das Landgericht die Höhe der jeweils hinterzogenen Branntweinsteuer strafschärfend berücksichtigt hat. Durch die Taten der Angeklagten sind trotz der letztlich erfolgten Ausfuhr tatsächlich und nicht nur theoretisch Verbrauchsteuern verkürzt worden.
Sind aber verkürzte Steuerforderungen des deutschen Steuerfiskus nur aus formalen Gründen entstanden, ist dies bei der Strafzumessung im Hinblick auf die verschuldeten Auswirkungen der Tat (§ 46 Abs. 2 Satz 2 StGB) in gesamtwirtschaftlicher Betrachtung zu berücksichtigen (vgl. BGH StV 2000, 497). Im europäischen Verbrauchsteuersystem soll grundsätzlich nur der Verbrauch von Waren im Steuergebiet der Europäischen Gemeinschaft besteuert werden; Ausfuhren sind daher regelmäßig steuerbefreit (§ 142 BranntwMonG). Somit war hier erheblich zugunsten des Angeklagten zu berücksichtigen, daß keine Branntweinsteuer angefallen wäre, wenn der
Alkohol nicht heimlich und falsch deklariert, sondern ordnungsgemäß in dem dafür vorgesehenen innergemeinschaftlichen Versandverfahren unter Steueraussetzung (§ 141 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3; § 142 BranntwMonG) ausgeführt worden wäre. Die Erhebung der Branntweinsteuer kommt in einem solchen Fall einer systemwidrigen Sanktion gleich, weil die Waren nicht in den Wirtschaftskreislauf des Steuergebiets eingegangen sind (vgl. BFH DStRE 2002, 54, 56).
Diese Umstände sowie die Tatsache, daß der Alkohol zu keinem Zeitpunkt im Verbrauchsteuergebiet in den wirtschaftlichen Verkehr gelangt ist, hat das Landgericht ausdrücklich zugunsten der Angeklagten berücksichtigt. Es hat auch gerade mit Hinweis darauf, daß dem Steuerfiskus im Vergleich mit der vorgesehenen Ausfuhr im innergemeinschaftlichen Steuerversandverfahren kein wirtschaftlicher Nachteil eingetreten ist (vgl. auch BGH wistra 2001, 216, 217), trotz der hohen Hinterziehungsbeträge einen besonders schweren Fall der Steuerhinterziehung im Sinne von § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO verneint.
3. Das Landgericht hat jedoch einen wesentlichen Strafzumessungsgrund nicht erörtert, der sich zugunsten der Angeklagten auswirken könnte:
Die Angeklagten sind „Entzieher“ im Sinne des § 143 Abs. 4 Satz 2 BranntwMonG und damit Täter einer Steuerhinterziehung durch Unterlassen, weil sie als „weitere“ Steuerschuldner selbst eine Steueranmeldung abzugeben hatten. Damit haften sie persönlich gemäß § 71 AO als Gesamtschuldner mit anderen – zum Großteil im Ausland befindlichen – Steuerschuldnern für die gesamte entstandene Branntweinsteuer in Höhe von mehr als 7,7 Mio. DM und müssen auch mit ihrer Inanspruchnahme durch die Finanzverwaltung rechnen. Das Landgericht hätte den Umstand dieser Haftung vor dem Hintergrund nicht unerörtert lassen dürfen, daß die Angeklagten im Gesamtgeschehen nur eine untergeordnete Rolle spielten und an dem wirtschaftlichen Erfolg der Taten nur im geringen Umfang beteiligt waren. Bei
ihnen handelte es sich nach den Urteilsfeststellungen nicht um die führenden Mitglieder der Schmuggelorganisation; sie wurden entsprechend ihrer Rolle in der Organisation am Taterfolg nur mit einer geringen Entlohnung von wenigen tausend DM beteiligt. Die Angeklagten wurden daher durch die steuerliche Haftung für die gesamte entstehende Verbrauchsteuer erheblich stärker belastet, als es ihrer Rolle im Tatgeschehen und ihrer wirtschaftlichen Beteiligung am Taterfolg entsprach. Der Senat kann nicht ausschließen, daß unter Bedacht auf diesen gewichtigen Gesichtspunkt eine den Angeklagten günstigere Sanktion verhängt worden wäre. Dies führt zur Aufhebung des gegen die Angeklagten jeweils verhängten gesamten Strafausspruchs.
Harms Häger Gerhardt Raum Schaal
Nachschlagewerk: ja
BGHSt : nein
Veröffentlichung: ja
Eine Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO begeht,
wer in Steuerverkürzungsabsicht Vorsteuer aus Rechnungen
geltend macht, die von Personen gestellt werden, die nicht
Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 1 UStG sind.
Keine Unternehmer im umsatzsteuerlichen Sinne sind Personen
, die von ihnen ausgewiesene Umsatzsteuer nicht gegenüber
dem Finanzamt anmelden sollen, und die lediglich zu diesem
Zweck in der Lieferkette vorgeschaltet wurden.
BGH, Urt. vom 22. Mai 2003 - 5 StR 520/02
LG Limburg a. d. Lahn -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 22. Mai 2003
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Steuerhinterziehung u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
22. Mai 2003, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin Harms,
Richter Häger,
Richter Dr. Raum,
Richter Dr. Brause,
Richter Schaal
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten S ,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten H ,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Limburg a. d. Lahn vom 29. April 2002 wird hinsichtlich des Angeklagten S mit der Maßgabe verworfen, daß dieser wegen Steuerhinterziehung in sechs Fällen verurteilt ist.
2. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird – unter Verwerfung ihrer Revision im übrigen – das vorgenannte Urteil bezüglich des Angeklagten H mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben,
a) soweit der Angeklagte wegen Untreue in 41 Fällen verurteilt wurde;
b) im Gesamtstrafausspruch.
3. Die Staatskasse trägt die Kosten des Revisionsverfahrens und die den Angeklagten entstandenen notwendigen Auslagen.
4. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die verbleibenden Kosten des Verfahrens, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e Das Landgericht hat den Angeklagten S wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung in sechs Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren, den Angeklagten H wegen Untreue in 41 Fällen sowie Steuerhinterziehung in 17 Fällen, davon in elf Fällen in Tateinheit mit Urkundenfälschung, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt. Die Vollstreckung der Freiheitsstrafen hat das Landgericht bei beiden Angeklagten zur Bewährung ausgesetzt. Die gegen das Urteil zu Ungunsten der Angeklagten eingelegten Revisionen der Staatsanwaltschaft bleiben im wesentlichen erfolglos. Im übrigen hat das Rechtsmittel zugunsten des Angeklagten H in dem aus dem Urteilstenor ersichtlichen Umfang Erfolg.

I.


Nach den Feststellungen des Landgerichts hatte der Angeklagte S , der zunächst als freier Mitarbeiter der U H GmbH (im folgenden: U ) mit dem Einkauf von elektronischen Bauteilen (hier: Central Processing Units – CPUs) betraut war, ab August 1996 in diesem Unternehmen die Stellung eines Geschäftsführers inne. Auf Rechnung der U kaufte der Angeklagte S von dem anderweit verfolgten Zeugen He über dessen Unternehmen C und Co solche CPUs in großem Ausmaß. Die U finanzierte dem Zeugen He die Bestellungen vor, die dieser als innergemeinschaftliche Lieferung umsatzsteuerfrei aus dem EU-Ausland einführte. Dem Angeklagten S war dabei bewußt, daß He die CPUs an U zwar mit Umsatzsteuerausweis verkaufte, seinerseits aber keine Umsatzsteuervoranmeldungen abgab. Dies geschah in Absprache mit dem Angeklagten S , der die in den Rechnungen ausgewiesene Umsatzsteuer für die U als Vorsteuer geltend machte. Ihm kam es darauf an, die Ware durch diese Vorgehensweise um
den Umsatzsteueranteil zu verbilligen. Den Vermögensvorteil, der durch die nicht angemeldete und nicht abgeführte Umsatzsteuer entstand, teilten sich He , der hiervon 70 % erhielt, und der Angeklagte S . Hierdurch erzielte der Angeklagte S insgesamt einen – von den Beteiligten sogenannten – „Umsatzsteuergewinn“ in Höhe von ca. 1 Million DM. Der Angeklagte S veräußerte die CPUs überwiegend an die vom Angeklagten H geführte H P C und V GmbH (HP ), deren Gesellschafter der Angeklagte H und dessen Ehefrau waren. Der HP gegenüber stellte der Angeklagte S Rechnungen mit Mehrwertsteuerausweis. Die HP machte die ausgewiesene und von ihr bezahlte Umsatzsteuer als Vorsteuer geltend. Der Angeklagte H verkaufte über sein Unternehmen die CPUs dann an verschiedene Abnehmer, unter anderem auch an die niederländische Ha . Das Landgericht hat sich nicht davon überzeugen können, daß der Angeklagte H Kenntnis davon hatte, daß der Angeklagte S die CPUs vom He bezog und dieser keine entsprechenden Umsatzsteueranmeldungen abgegeben hatte.
Den Angeklagten S hat es wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung des He verurteilt, weil dieser in den Monaten Juli bis Dezember 1996 keine Umsatzsteuervoranmeldungen abgegeben und dadurch ca. 15 Millionen DM Steuern verkürzt hatte. Eine eigene Täterschaft bei der Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldungen der U durch den Angeklagten S scheide aus, weil dieser berechtigt die ausgewiesene Umsatzsteuer als Vorsteuer in Abzug gebracht habe. Unabhängig davon, ob He für die C.S. die ausgewiesene Umsatzsteuer angemeldet habe, habe er als Unternehmer im umsatzsteuerrechtlichen Sinne der U die Ware verschafft.
Der Angeklagte H hatte nach den Feststellungen des Landgerichts in 39 Fällen Zahlungen an die Einkäufer Ho (M in Dreieich) und N (J in Raunheim) geleistet, die aus einem vorher
zu Lasten ihres Arbeitgebers getätigten Preisaufschlag gezahlt wurden. Um selbst aus dem Vermögen der GmbH seinen Anteil entnehmen zu können, erstellte der Angeklagte H entsprechende Provisionsabrechnungen, die teilweise über die Summe der Preisaufschläge hinausgingen. Insgesamt fertigte er in 39 Fällen Provisionsabrechnungen in Höhe von ca. 275.000 DM. Weiterhin ließ sich der Angeklagte vom Zeugen B zwei Scheinrechnungen – unter Ausweis der Umsatzsteuer – in Höhe von brutto 138.000 DM und 172.500 DM über Beratungs- und Vermittlungsleistungen ausstellen, die B tatsächlich nicht erbracht hatte. Der Zeuge B erhielt hierfür eine Provision in Höhe von 10 % der Rechnungssumme. Diese Gelder entnahm der Angeklagte H dem Gesellschaftsvermögen. Diese vorgenannten Entnahmen aus dem Vermögen der HP GmbH hat das Landgericht als jeweils tatmehrheitlich begangene Untreuehandlungen zu Lasten der HP GmbH gewertet.
Die Belege über die vorgenannten Entnahmen, die sämtlich mit einem Umsatzsteuerausweis versehen waren, verwandte der Angeklagte H , indem er hieraus Vorsteuern geltend machte. Dadurch verkürzte er seine Umsatzsteuerlast. Weiterhin legte er in elf Fällen seinen Umsatzsteueranmeldungen Quittungen bei, in denen er in der Absicht, Umsatzsteuer zu verkürzen , die ausgewiesenen Beträge durch Manipulation am Beleg erhöht hatte. Insoweit hat ihn das Landgericht wegen Steuerhinterziehung in 17 Fällen in Tateinheit mit Urkundenfälschung in elf Fällen verurteilt.

II.


Die Revisionen der Staatsanwaltschaft bleiben, soweit sie zu Ungunsten der Angeklagten eingelegt wurden, im wesentlichen ohne Erfolg.
Die drei von der Staatsanwaltschaft erhobenen Aufklärungsrügen sind jedenfalls schon deshalb unzulässig, weil sich ihnen jeweils keine bestimmte
Beweisbehauptung entnehmen läßt. Insoweit beschränken sich die Rügen darauf, lediglich allgemeine Ermittlungsmöglichkeiten aufzuzeigen.
1. Hinsichtlich des Angeklagten S führt die Revision der Staatsanwaltschaft zu einer Änderung des Schuldspruchs.

a) Ohne Rechtsfehler geht das Landgericht allerdings davon aus, daß hinsichtlich der von dem Zeugen H begangenen Umsatzsteuerhinterziehungen keine Mittäterschaft des Mitangeklagten S vorliegt. Zwar ist eine Mittäterschaft bei Steuerhinterziehungen Dritter nach § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO grundsätzlich möglich, weil Täter auch derjenige sein kann, den selbst keine steuerlichen Pflichten treffen (BGHSt 38, 37, 41; BGH NStZ 1986, 463). Etwas anderes gilt aber für den echten Unterlassenstatbestand der Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO. Danach macht sich strafbar, wer die Finanzbehörden über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis läßt, insbesondere indem er es unterläßt, eine Steuererklärung abzugeben, und dadurch Steuern verkürzt. Täter kann deshalb nur derjenige sein, den die konkrete Pflicht zur Abgabe der Steueranmeldung trifft (vgl. auch Gribbohm/Utech NStZ 1990, 209, 211). Hinsichtlich der Firmen , für die der Zeuge H handelte, traf ausschließlich ihn die steuerrechtliche Pflicht zur Abgabe entsprechender Umsatzsteueranmeldungen.

b) Durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet jedoch die Auffassung des Landgerichts, der Angeklagte S habe die der U in Rechnung gestellte Umsatzsteuer als Vorsteuer in Abzug bringen dürfen.
aa) Eine – hier allein in Betracht kommende – Vorsteuererstattung nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG setzt voraus, daß in Rechnungen im Sinne des § 14 UStG eine Steuer gesondert ausgewiesen ist für Lieferungen, die von einem anderen Unternehmen für das Unternehmen des Vorsteuerberechtigten ausgeführt wurden. Demnach müßte zwischen dem Lieferanten und dem Empfänger ein Leistungsaustausch stattgefunden haben, mithin der Verur-
teilte H als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 1 UStG geliefert ha- ben. Zwar ist Unternehmer grundsätzlich derjenige, der nach außen als Leistender aufgetreten und aus dem Rechtsverhältnis berechtigt und verpflichtet ist. Etwas anderes gilt aber dann, wenn ein vorgeschobenes Strohmanngeschäft vorliegt und die Parteien davon ausgehen, daß die Rechtswirkungen des Geschäfts gerade nicht zwischen ihnen eintreten sollen (BFHE 198, 208, 213; vgl. auch Klenk in Sölch/Ringleb, UStG 48. Lfg. § 2 Rdn. 225 f.). Dies gilt insbesondere in den Fällen, in denen der Strohmann und der Dritte kollusiv handeln. In solchen Kollusionsfällen bedient sich eine Seite des Strohmanns für die Durchsetzung eigener wirtschaftlicher Interessen. Liegt eine solche Fallgestaltung vor, ist dieser Strohmann nur noch als Hilfsperson dem Lager desjenigen zuzuordnen, in dessen Interesse er handelt (vgl. Heidner in Bunjes/Geist, UStG 7. Aufl. § 2 Rdn. 13 m. w. N.). Entscheidend ist deshalb immer, ob nach dem Gesamtbild der Umstände noch ein Verhalten „wie ein Händler“ angenommen werden kann (vgl. BFH BStBl II 1985, 173, 176; 1987, 752; Heidner aaO Rdn. 7; Stadie in Rau/Dürrwächter, UStG 8. Aufl. § 2 Rdn. 303).
bb) Entgegen der Auffassung des Landgerichts fehlt dem Zeugen He eine entsprechende eigene Unternehmerstellung; denn er war in die Lieferkette nicht wie ein typischer Händler einbezogen. Auch wenn die Bestellungen formell über ihn abgewickelt wurden, bestand seine wesentliche Aufgabe darin, durch Hinterziehung der Umsatzsteuer einen Gewinn zu ermöglichen. Er hatte weder ein Kapitalrisiko zu tragen, weil ihm die Waren durch die U vorfinanziert wurden, noch bestand ein wesentliches Abnahmerisiko , weil er nur auf Bestellung des Angeklagten S handelte. Aus dessen Sicht war He lediglich ein nach seinen Vorgaben funktionierendes Zwischenglied, dessen alleinige Aufgabe es war, einen „Umsatzsteuergewinn“ zu erwirtschaften. Dieses ist aber gerade kein handelstypisches Verhalten.
War He somit als unselbständiger Strohmann dem Lager des Angeklagten S zuzurechnen, fehlte ihm die Unternehmereigenschaft im Sinne des § 2 Abs. 1 UStG. Lieferungen, die durch He an die U erfolgten, unterlagen damit nicht dem Vorsteuerabzug. Da der Angeklagte S die CPUs über seinen Strohmann He für die U als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung (§ 4 Nr. 1 lit. b i. V. m. § 6a Abs. 1 UStG) erhielt, war zu Lasten der U keine Umsatzsteuer entstanden, die Gegenstand einer Vorsteuererstattung hätte sein können.
cc) In der Geltendmachung der Vorsteuer in den Umsatzsteueranmeldungen liegt damit eine täterschaftliche Handlung der Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO. Daß der Angeklagte, dem es um den „umsatzsteuerlichen Gewinn“ ging, dabei auch vorsätzlich gehandelt hat, bedarf keiner näheren Erläuterung. Eine Beihilfehandlung zur Steuerhinterziehung des He kommt daneben nicht mehr in Betracht, weil dessen Handlung eine ihm steuerlich zuzurechnende Vorbereitungshandlung für seine eigene Steuerhinterziehung darstellte. Die steuerliche Verkürzung realisierte sich allein durch den unberechtigten Vorsteuerabzug der U , den der Angeklagte S bewirkt hat. Ein weiterreichender selbständiger Steuerschaden ist durch das Verhalten des He nicht entstanden.
dd) Den Schuldspruch kann der Senat hier selbst umstellen. Der Angeklagte S war wegen täterschaftlicher Steuerhinterziehung angeklagt. Die Frage der Unternehmerstellung im Sinne des § 2 Abs. 1 UStG war – wie die Urteilsgründe belegen – ein zentraler Punkt der Erörterungen im landgerichtlichen Verfahren. Vor diesem Hintergrund ist es auszuschließen, daß sich der Angeklagte im Falle einer neuerlichen Zurückverweisung anders hätte verteidigen können als bislang geschehen.

c) Die Änderung des Schuldspruchs führt beim Angeklagten S gleichwohl nicht zu einer Aufhebung des Strafausspruches. Der Senat kann ausschließen, daß im Hinblick auf die in den Urteilsgründen aufgeführten
Milderungsgründe und insbesondere aufgrund der dargestellten Verfahrensverzögerung eine andere Strafe in Betracht kommt.
2. Die Revision der Staatsanwaltschaft zu Ungunsten des Angeklagten H beanstandet die unterbliebene Verurteilung wegen Steuerhinterziehung im Zusammenhang mit der Abnahme der CPUs. Sie bleibt ohne Erfolg.

a) Die Auffassung der Beschwerdeführerin, im Verhältnis zwischen der (vom Angeklagten S repräsentierten) U und der vom Angeklagten H geleiteten HP GmbH läge kein Liefervorgang im Sinne des § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG vor, trifft nicht zu. An einer Unternehmerstellung im Sinne des § 2 Abs. 1 UStG bestehen in diesem Fall keine Zweifel. Sie handelten die Preise aus und verhielten sich wie Kaufleute. Insoweit waren sie beide Teil eines selbständigen Leistungsaustausches. Allein der Umstand, daß der dem Angeklagten S vorgeschaltete He kein Unternehmer im umsatzsteuerlichen Sinne war, hat keinen Einfluß auf das Verhältnis zwischen U und HP , weil jede Leistungsbeziehung selbständig zu betrachten ist.
Die Unternehmereigenschaft im Sinne des § 2 Abs. 1 UStG mag allerdings dann fehlen, wenn bloße Scheingeschäfte abgewickelt werden, die letztlich nur auf einen „Umsatzsteuergewinn“ ausgerichtet sind. Im vorliegenden Fall hat das Landgericht jedoch nur eine Kreislieferung in zwei Fällen festgestellt, wobei offen geblieben ist, ob der Kreis sich bis zum Angeklagten H und dessen HP geschlossen und er hiervon überhaupt Kenntnis erlangt hat.

b) Ohne Rechtsverstoß kommt das Landgericht nach einer eingehenden und sorgfältigen Beweiswürdigung zu dem Ergebnis, daß der Angeklagte H nicht in ein Gesamtsystem eingebunden war, das auf die Verkürzung der Umsatzsteuer ausgerichtet war, oder daß der Angeklagte H beim Ankauf der CPUs hiervon zumindest Kenntnis erlangt hatte.
aa) Die Aufgabe, sich auf der Grundlage der vorhandenen Beweis- mittel eine Überzeugung vom tatsächlichen Geschehen zu verschaffen, obliegt grundsätzlich allein dem Tatrichter. Seine Beweiswürdigung hat das Revisionsgericht regelmäßig hinzunehmen. Es ist ihm verwehrt, sie durch eine eigene zu ersetzen oder sie nur deshalb zu beanstanden, weil aus seiner Sicht eine andere Bewertung der Beweise näher gelegen hätte. Das Revisionsgericht kann eine solche Entscheidung im übrigen nur auf Rechtsfehler überprüfen, insbesondere darauf, ob die Beweiswürdigung in sich widersprüchlich , unklar oder lückenhaft ist, die Beweismittel nicht ausschöpft, Verstöße gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze aufweist oder ob der Tatrichter überspannte Anforderungen an die für eine Verurteilung erforderliche Gewißheit gestellt hat (ständige Rechtsprechung, vgl. BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 16; BGH NStZ-RR 2000, 171 f.).
bb) Diesen Anforderungen hält das landgerichtliche Urteil stand.
(1) Die von der Beschwerdeführerin aufgeführten Indiztatsachen hat das Landgericht gesehen und gewürdigt. Soweit die Staatsanwaltschaft sich bei ihrer abweichenden Beurteilung auf zwei nachgewiesene Warenkreisläufe stützt, kommt diesem Umstand kein Beweiswert zu, weil das Landgericht nicht feststellen konnte, daß gerade der Angeklagte H in diesen Kreislauf einbezogen war. Vielmehr schließt das Landgericht auf der Grundlage der Aussage des Zeugen W eine Lieferung der markierten Kisten an H aus. Weshalb ein Telefongespräch des Angeklagten S mit dem He , das der Angeklagte H mithören konnte, Anhaltspunkte für dessen Kenntnis von Umsatzsteuerhinterziehungen im Vorfeld der Handelskette geben könnte, ist nicht zu erkennen.
(2) Dem Zusammenhang der Urteilsgründe läßt sich auch mit hinreichender Sicherheit entnehmen, daß der Tatrichter die gebotene Gesamtwürdigung (vgl. BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 11, 24 jeweils m. w. N.) vorgenommen hat. Er stellt nämlich die den Angeklagten H entlasten-
den Gesichtspunkte (ordnungsgemäße und unauffällige Abwicklung der Geschäfte , die entlastende Aussage des Mitangeklagten S sowie mittelbar auch des Zeugen He , der nichts von einer kollusiven Einbindung des Angeklagten H wußte) den jeweils belastenden Umständen (Nichtregistrierung der eine Identifizierung ermöglichenden Lotnummern der CPUs, günstige Preise, schneller Warenumschlag) gegenüber. Unter Würdigung der jeweils für und gegen den Angeklagten sprechenden Gesichtspunkte ist das Landgericht dann zu der Wertung gelangt, daß die Einlassung des Angeklagten nicht widerlegbar ist. Bei diesem Gang der Prüfung ist auszuschließen , daß der Tatrichter die belastenden Indizien nicht auch in ihrer Gesamtheit gesehen und gewürdigt hat.
(3) Keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet schließlich die vom Landgericht im Rahmen der Beweiswürdigung benutzte und von der Beschwerdeführerin beanstandete Wendung, es halte „die Einlassung des Angeklagten für nicht widerlegbar“. Zwar dürfen nicht alle denkbaren Gesichtspunkte und vagen Möglichkeiten, zu denen keine Feststellungen getroffen werden können, zugunsten des Angeklagten berücksichtigt werden (BGH NJW 2002, 2188, 2189; NStZ-RR 2002, 243; BGHR StPO § 261 Überzeugungsbildung 18, 22). Dies hat das Landgericht indes ersichtlich auch nicht getan. Vielmehr würdigt es die Umstände, die für und gegen die Einlassung des Angeklagten H sprechen, wonach er keine Kenntnis von den Umsatzsteuermanipulationen erlangt haben will. Mit der Schlußfolgerung, die Einlassung des Angeklagten sei nicht widerlegbar, wird lediglich zum Ausdruck gebracht, das Landgericht habe sich keine sichere Überzeugung davon bilden können, daß der Angeklagte – entgegen seinen Beteuerungen – doch von den umsatzsteuerlichen Manipulationen seines Lieferanten Kenntnis hatte.
3. Die Revision der Staatsanwaltschaft, die gemäß § 301 StPO hier zugunsten des Angeklagten H wirkt, führt zur Aufhebung des Urteils, soweit der Angeklagte H wegen Untreue verurteilt worden ist.

a) Die Staatsanwaltschaft hat im Hinblick auf den Angeklagten H die umfassende Aufhebung des landgerichtlichen Urteils beantragt. In ihrer Begründung wendet sich die Revision allerdings allein gegen die unterbliebene Verurteilung wegen Umsatzsteuerhinterziehung im Zusammenhang mit dem Erwerb der CPUs über die U . Ob in der Begründung eine teilweise Beschränkung des Rechtsmittels zu sehen ist, bedarf keiner Entscheidung. Eine Beschränkung wäre unwirksam, wenn es sich – unabhängig davon , ob Tateinheit (§ 52 StGB) oder Tatmehrheit (§ 53 StGB) vorliegt – um eine einheitliche Tat im Sinne des § 264 StPO handeln würde. Wie der Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt hat, sind diese Voraussetzungen hier erfüllt. Der aufgrund der Anklage zur Aburteilung gestellte Lebenssachverhalt enthält alle damit zusammenhängenden und darauf bezogenen Vorkommnisse , auch wenn diese in der Anklageschrift nicht ausdrücklich erwähnt sind (BGHSt 29, 288, 292 f.; NStZ 2001, 440). Maßgeblich ist dabei, daß zwischen den eine prozessuale Tat bildenden geschichtlichen Vorgängen unter Berücksichtigung ihrer strafrechtlichen Bedeutung ein untrennbarer Zusammenhang besteht. Diese Voraussetzung ist hier schon deshalb gegeben , weil die als Untreuehandlung ausgeurteilten Handlungen zugleich den Gegenstand der Umsatzsteuerhinterziehung bildeten; denn die zu Unrecht als Provisionen oder Beraterhonorare bezeichneten Betriebsausgaben enthielten jeweils auch einen sachlich nicht gerechtfertigten Umsatzsteuerausweis , den der Angeklagte bei seinen monatlichen Umsatzsteuervoranmeldungen in Verkürzungsabsicht als Vorsteuerabzug geltend machte. Da wiederum die von der Staatsanwaltschaft angestrebte Verurteilung wegen der Umsatzsteuerhinterziehungen im Zusammenhang mit dem Ankauf der CPUs lediglich den Schuldumfang der bereits ausgeurteilten falschen Umsatzsteueranmeldungen erhöhen würde, liegt zwischen sämtlichen Handlungen ein derart untrennbarer Zusammenhang vor, daß sie aufgrund ihrer Verzahnung insgesamt eine einheitliche prozessuale Tat im Sinne des § 264 StPO bilden.

b) Die Verurteilungen wegen Untreue zum Nachteil der HP GmbH gemäß § 266 StGB haben keinen Bestand. Gesellschafter und Geschäftsfüh-
rer der HP GmbH waren der Angeklagte und seine Ehefrau. In der Recht- sprechung des Bundesgerichtshofs ist für den Alleingesellschafter anerkannt, daß dieser ohne weiteres Vermögenswerte aus der GmbH ziehen kann. Eine Grenze besteht insoweit, als das Stammkapital nicht beeinträchtigt und insbesondere keine Existenzgefährdung der Gesellschaft hierdurch herbeigeführt werden darf (BGHSt 9, 203, 216; BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 23, 37, 45). Dies gilt im übrigen auch dann, wenn bei einer mehrgliedrigen Kapitalgesellschaft sämtliche Gesellschafter einvernehmlich handeln, selbst wenn die Entnahmen zum Zwecke der Steuerhinterziehung verschleiert werden (BGHSt 35, 333, 336 f.; BGH NJW 2000, 154, 155 m. Anm. Gehrlein S. 1089 f.).

c) Der neue Tatrichter wird demnach zu prüfen haben, ob die Ehefrau des Angeklagten H als dessen Mitgesellschafterin die Entnahmen gebilligt hat. Selbst wenn sich ein solches Einverständnis nicht feststellen lassen sollte, hätte das Fehlen ihrer Zustimmung allenfalls dann Bedeutung, wenn die Ehefrau des Angeklagten H als verbliebene und alleingeschädigte Gesellschafterin gemäß § 266 Abs. 2 StGB i.V.m. § 247 StGB fristgerecht einen Strafantrag gestellt hätte. Unabhängig davon wird der neue Tatrichter feststellen müssen, ob durch die Entnahmehandlungen des Angeklagten H das Stammkapital der HP GmbH angegriffen oder deren Existenz gefährdet worden ist. In diesem Falle käme es auf ein Einverständnis seiner Mitgesellschafter nicht mehr an (BGH NJW aaO).
Soweit eine Beihilfe zur Untreue der Zeugen N und Ho zu Lasten ihrer Arbeitgeber in Betracht kommt, bezöge sich ein solcher Tatvorwurf nicht auf die angeklagte Tat. Bei einer Beihilfe zu einer Untreue der Zeugen N und Ho ist Tathandlung die Vereinbarung eines Preisaufschlages, bei einer Untreue zu Lasten der HP GmbH ist die Entnahme der Gelder Tathandlung. Beide Vorgänge stehen aber nicht in einem so untrennbaren Zusammenhang, daß sie jeweils als dieselbe prozessuale Tat im Sinne des § 264 StPO angesehen werden müßten.

d) Die Aufhebung der Schuldsprüche wegen Untreue führt zur Aufhe- bung des Gesamtstrafausspruches mit den zugehörigen Feststellungen. Obwohl auch die Einsatzstrafe in Wegfall gelangt, kann der Senat ausschließen, daß die übrigen Einzelstrafen von dem Rechtsfehler beeinflußt sind. Die insoweit zur Strafzumessung getroffenen Feststellungen bleiben gleichfalls bestehen.

III.


Trotz der Teilaufhebung nach § 301 StPO sind die Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft im Sinne des Kostenrechts erfolglos (§ 473 Abs. 1 Satz 1 StPO). Harms Häger Raum Brause Schaal

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
2.
die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder
3.
pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt
und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) missbraucht,
3.
die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht,
4.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
5.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt oder
6.
eine Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(4) Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Steuervorteile sind auch Steuervergütungen; nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, soweit sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden. Die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 sind auch dann erfüllt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können.

(5) Die Tat kann auch hinsichtlich solcher Waren begangen werden, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch dann, wenn sich die Tat auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden oder die einem Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation oder einem mit dieser assoziierten Staat zustehen. Das Gleiche gilt, wenn sich die Tat auf Umsatzsteuern oder auf die in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. L 9 vom 14.1.2009, S. 12) genannten harmonisierten Verbrauchsteuern bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden.

(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten unabhängig von dem Recht des Tatortes auch für Taten, die außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes begangen werden.

5 StR 85/04

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 22. Juli 2004
in der Strafsache
gegen
wegen Steuerhinterziehung u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 22. Juli 2004

beschlossen:
I. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Wuppertal vom 15. Oktober 2003 nach § 349 Abs. 4 StPO 1. im Schuldspruch dahin geändert, daß der Angeklagte in den Fällen II 6, 20, 37 und 50 der Urteilsgründe jeweils der Beihilfe zur Steuerhinterziehung und im Fall II 24 der Urteilsgründe – unter Beschränkung der Verfolgung nach § 154a Abs. 1 und Abs. 2 StPO – der Steuerhinterziehung schuldig ist; 2. im Strafausspruch in den Fällen II 6, 20, 24, 37 und 50 der Urteilsgründe sowie im Ausspruch über die Gesamtstrafe mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufgehoben.
II. Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
III. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gewerbsmäßiger Steuerhinterziehung , wegen Steuerhinterziehung in 52 Fällen und wegen Betruges in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und drei Monaten verurteilt. Seine auf die Sachrüge gestützte Revision hat den aus dem Tenor ersichtlichen Teilerfolg; im übrigen ist die Revision unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

I.


Nach den Feststellungen verkürzte der Angeklagte in den Jahren 1996 bis 2002 in erheblichem Umfang Umsatzsteuern, indem er (Bruch-)Gold ohne Rechnung ankaufte und dieses offiziell an Scheideanstalten weiterverkaufte. Da er im Geschäftsverkehr nicht selbst in Erscheinung treten wollte, weihte er mehrere andere Personen in seine Pläne ein. Soweit diese Personen noch keinen Gewerbebetrieb führten, veranlaßte er, daß sie einen solchen anmeldeten. Für diese Unternehmen übernahm der Angeklagte sodann die Buchführung. Die unter dem Namen der jeweiligen Gewerbebetriebe abgewickelten Goldverkäufe an die Scheideanstalten erfolgten jeweils mit Rechnungen, in denen die Umsatzsteuer offen ausgewiesen war. In der Buchführung deckte der Angeklagte diese Lieferungen mit entsprechenden Scheineinkaufsrechnungen ab, in denen der angeblich gezahlte Steuerbetrag ebenfalls gesondert ausgewiesen war.
Bis auf solche Fälle, in denen keine Umsatzsteueranmeldungen abgegeben wurden (Fälle 6, 20, 37, 50), machten die jeweiligen Firmeninhaber in ihren Umsatzsteuervoranmeldungen und Umsatzsteuerjahreserklärungen die angebliche Vorsteuer aus den Abdeckrechnungen geltend. Die zu Unrecht erstatteten Vorsteuern sowie die nicht erklärten Umsatzsteuern wurden zwischen den Beteiligten als „Gewinn“ aufgeteilt.

II.


Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Sachrüge führt aus folgenden Gründen zu einem Teilerfolg:
1. Soweit das Landgericht den Angeklagten im Fall 24 der Urteilsgründe wegen gewerbsmäßiger Steuerhinterziehung nach § 370a AO verurteilt hat, ist die Verfolgung mit Zustimmung des Generalbundesanwalts nach § 154a Abs. 1 und 2 StPO auf den Grundtatbestand des § 370 AO beschränkt worden.

a) Nach den Feststellungen hatte die Lebensgefährtin des Angeklagten , die ein Schmuckstudio betrieb, sich seit 1998 an den geschilderten Goldgeschäften beteiligt, um eigene Verluste auszugleichen. Unter anderem verkürzte sie zusammen mit dem Angeklagten auf diese Weise durch Abgabe einer unrichtigen Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2001 am 5. Juni 2002 Umsatzsteuern in Höhe von 654.650 DM (= 334.717
Das Landgericht hat diese Tat als ein Verbrechen der gewerbsmäßigen Steuerhinterziehung nach § 370a Satz 1 Nr. 1 AO gewertet. Es hat das Gesetz in der Fassung des 5. Gesetzes zur Änderung des SteuerbeamtenAusbildungsgesetzes und zur Änderung von Steuergesetzen vom 23. Juli 2002 (BGBl I 2715) als milderes Gesetz (§ 2 Abs. 3 StGB) zugrunde gelegt und die (Einsatz-)Strafe von zwei Jahren und neun Monaten dem gemilderten Strafrahmen des minder schweren Falles nach § 370a Satz 2 AO entnommen. Dabei hat es auf der Grundlage der bisherigen gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Gewerbsmäßigkeit des Handelns bejaht und darüber hinaus ohne weitere Begründung ausgeführt, das Verbrechensmerkmal der Steuerhinterziehung „in großem Ausmaß“ sei erfüllt , weil die Grenze insoweit bei 250.000

b) Der Senat hat das Verfahren im Hinblick auf die gewerbsmäßige Steuerhinterziehung nach § 154a Abs. 1 und 2 StPO beschränkt, weil die Strafnorm des § 370a AO erheblichen verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet.
Die durch das Steuerverkürzungsbekämpfungsgesetz (StVBG) vom 18. Dezember 2001 (BGBl I 3922) eingeführte und durch das 5. Gesetz zur Änderung des Steuerbeamten-Ausbildungsgesetzes und zur Änderung von Steuergesetzen (StBAG) vom 23. Juli 2002 (BGBl I 2715) novellierte Vorschrift qualifiziert die Steuerhinterziehung nach § 370 AO als Verbrechen, wenn sie gewerbs- oder bandenmäßig begangen wird und dadurch jeweils Steuern „in großem Ausmaß“ verkürzt werden. Eine strafbefreiende Selbstanzeige ist ausgeschlossen; Angaben, die den Anforderungen an eine wirksame Selbstanzeige im Sinne von § 371 AO genügen, führen lediglich zur Verschiebung des Strafrahmens durch die gebotene Annahme eines minder schweren Falles gemäß § 370a Satz 2 AO.
Abgesehen davon, daß innerhalb des damit neu geschaffenen Normengefüges der §§ 370 ff. AO die jeweiligen Konkurrenzverhältnisse völlig ungeklärt und die Strafrahmen so wenig aufeinander abgestimmt sind, daß erhebliche Wertungswidersprüche entstehen (vgl. BGH NJW 2003, 3068; Reiß Die Steuerberatung – Stbg – 2004, 113, 115 f.), ist nicht ersichtlich, wie der Verbrechenstatbestand des § 370a AO verfassungskonform ausgelegt werden kann.
Das Steuerstrafrecht ist im Rahmen der Blankettnorm des § 370 AO aufgrund der durch das Steuerrecht vorgegebenen regelmäßigen Erklärungspflichten – monatlich, vierteljährlich oder jährlich – geprägt durch eine serielle Begehungsweise. Deliktstypisch zieht sich ein einmal begonnenes steuerunehrliches Verhalten über längere Zeiträume hin, ist folglich auf Wiederholung angelegt; zudem sind ebenso regelmäßig mehrere Personen in ein komplexes Hinterziehungsgeschehen eingebunden. Auf der Grundlage
der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind die Tatbestandsmerkmale der „Gewerbsmäßigkeit“ (vgl. BGHSt 42, 219, 225; BGH wistra 1994, 230, 232) und der „bandenmäßigen Begehung“ (BGHSt 46, 321) festgeschrieben und über § 369 AO auch im Steuerstrafrecht zugrunde zu legen. Eine davon abweichende Auslegung im Rahmen der Abgabenordnung im Sinne einer teleologischen Reduktion, wie sie in der Literatur vielfach befürwortet wird (vgl. nur Kemper in Dietz/Cratz/Rolletschke/Kemper, Steuerverfehlungen – Stand: Juni 2003 – § 370a Rdn. 26 ff., 35 ff. m.w.N.; kritisch Kohlmann, Steuerstrafrecht 7. Aufl. – Stand: Juni 2003 – § 370a AO Rdn. 4, 11, 15 und Reiß aaO) war vom Gesetzgeber ersichtlich nicht gewollt. Denn die im StVBG enthaltenen Tatbestandsmerkmale des § 370a AO wurden bei der Novellierung durch das StBAG unverändert beibehalten, obwohl die öffentliche Kritik sich unter anderem gerade daran entzündet hatte, daß im Hinblick auf die Auslegung dieser Tatbestandsmerkmale durch die Rechtsprechung im Zusammenwirken mit den im Steuerrecht vorgegebenen Strukturen eine Vielzahl von steuerunehrlichen Bürgern vom Verbrechenstatbestand des § 370a AO erfaßt werden würden (vgl. dazu: Harms in FS für Günter Kohlmann, 2003, S. 413, 421 ff.). Demnach ist eine Eingrenzung über diese Tatbestandsmerkmale nicht zu erreichen.
Das danach entscheidende Verbrechensmerkmal der Steuerverkürzung „in großem Ausmaß“ erscheint indes unter Bedacht auf Art. 103 Abs. 2 GG nicht ausreichend bestimmt (vgl. dazu nur: Park wistra 2003, 328 ff.; Reiß Stbg 2004, 113 ff.; Kohlmann aaO Rdn. 12; Seer BB 2002, 1677, 1680; Langrock wistra 2004, 241 ff.; Harms aaO S. 419 ff.; alle m.w.N. sowie Stellungnahme der „Arbeitsgemeinschaft Klimatagung“ in WPK-Mitteilungen 2003, 130 ff.). Es läßt sich nicht erkennen, unter welchen Voraussetzungen dieses Tatbestandsmerkmal erfüllt ist, welche Anknüpfungspunkte maßgeblich sein sollen und ob es auf den jeweiligen Einzelfall ankommt oder ob bei einer Vielzahl von Hinterziehungstaten – wie etwa bei der monatlich anzumeldenden Lohnsteuer – eine Gesamtbetrachtung des Tatbildes entscheidend sein soll; bei diesem Befund ist nicht ersichtlich, wie der Normadressat
– der dem Gesetz unterworfene Steuerbürger – durch Auslegung Tragweite und Anwendungsbereich des Verbrechenstatbestandes ermitteln und konkretisieren soll (vgl. zu diesen Anforderungen an einen Straftatbestand: BVerfGE 105, 135, 152 ff. m.w.N.).
Eine Anlehnung an die Rechtsprechung zur Strafzumessungsregel gemäß § 370 Abs. 3 Nr. 1 AO im Hinblick auf das für die Straffindung relevante Merkmal der Steuerverkürzung „aus grobem Eigennutz in großem Ausmaß“ führt nicht weiter (so auch Langrock aaO S. 242 f.; a.A. Hunsmann DStR 2004, 1154, 1155 f.). Denn die im Strafzumessungsrecht gebotene Gesamtwürdigung aller die Tat prägenden und begleitenden Umstände läßt dem Richter bei der Rechtsfolgenbestimmung einen weiten Spielraum. Dementsprechend weit gefächert ist das in der Rechtsprechung zum Steuerstrafrecht anzutreffende Spektrum von Fällen, die entweder trotz hoher Verkürzungsbeträge noch dem Normalstrafrahmen zugeordnet worden sind oder die ungeachtet eines vergleichsweise geringen Hinterziehungsumfangs nach Auffassung des Tatrichters schon vom erhöhten Strafrahmen des § 370 Abs. 3 Nr. 1 AO erfaßt sein sollten. Die im Strafzumessungsrecht noch vertretbare Unbestimmtheit des Merkmals im Regeltatbestand (vgl. dazu auch BGH wistra 2004, 22 ff. – zur Veröffentlichung in BGHSt bestimmt – zum „großen Ausmaß“ im Sinne von § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StGB) ist, wenn das Merkmal zum maßgeblichen Kriterium bei der Abgrenzung von Vergehen und Verbrechen im Rahmen der §§ 370, 370a AO wird, auf der tatbestandlichen Ebene nicht mehr hinnehmbar. Denn die derzeitige Gesetzesfassung überläßt die Auslegung dem jeweiligen Rechtsanwender, der gezwungen ist, die Grenze zum Verbrechenstatbestand – wie vorliegend – je nach seinem wirtschaftlichen Vorverständnis und dem von ihm herangezogenen rechtlichen Anknüpfungspunkt bei einem gegriffenen Hinterziehungsbetrag zu ziehen (vgl.: Meyer DStR 2002, 879, 881: 50.000 ! " " $#&% (' 250.000 Hunsmann aaO: 500.000 ) * + , .- +/ 0 1- 324 5 6 5- erung des Bundesverfassungsgerichts, wonach eine Strafnorm um so präziser sein muß, je schwerer die angedrohte Strafe ist (BVerfGE 105, 135, 155 f.).
Die Nachbesserung eines unbestimmten Gesetzes ist dem Strafrichter versagt (BVerfG aaO S. 153).
Da das angefochtene Urteil auch im übrigen Rechtsfehler aufweist und schon deshalb keinen Bestand haben kann, hat der Senat von einer Vorlegung nach Art. 100 Abs. 1 GG abgesehen und stattdessen den verfassungsrechtlich bedenklichen Schuldspruch nach § 370a AO in der Weise beschränkt , daß der Teilvorwurf wegen gewerbsmäßiger Steuerhinterziehung entfällt und die Tat als Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO zu bewerten ist. Dies führt zur Aufhebung der im Fall 24 der Urteilsgründe verhängten Einzelstrafe und der Gesamtstrafe.
2. Darüber hinaus hat der Schuldspruch wegen Steuerhinterziehung in den Fällen 6, 20, 37 und 50 der Urteilsgründe keinen Bestand. Insoweit hat das Landgericht nicht ausreichend bedacht, daß – anders als in den Fällen des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO – eine in Mittäterschaft begangene Steuerhinterziehung durch Unterlassen nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO nur dann in Betracht kommt, wenn eine Rechtspflicht zur Offenbarung steuerlich erheblicher Tatsachen verletzt wird. Nach den Feststellungen traf den Angeklagten indes eine solche Pflicht nicht. Denn er war weder Steuerpflichtiger noch war er in den von Dritten geführten Unternehmen in einer Stellung tätig, in der ihm die Wahrnehmung steuerlicher Pflichten übertragen war; es ging ihm vielmehr darum, nicht nach außen in Erscheinung zu treten und nur intern die Buchführung zu übernehmen. Die Erklärungspflichten trafen die jeweiligen Unternehmer. Bei dieser Sachlage kommt in den vom Landgericht ausgeurteilten Fällen insoweit nur eine Beihilfe zur Steuerhinterziehung der erklärungspflichtigen Firmeninhaber in Betracht. Dies gilt auch im Fall 6, in dem ersichtlich auf die unterlassene Jahreserklärung 2001 statt auf die monatlichen abgegebenen Voranmeldungen abgestellt worden ist (vgl. BGH wistra 1996,

105).


Der Senat hat den Schuldspruch in den genannten Fällen umgestellt. § 265 StPO steht dem nicht entgegen, da der Angeklagte sich insoweit nicht anders als geschehen hätte verteidigen können. Die Änderung des Schuldspruchs führt zur Aufhebung der in diesen Fällen verhängten Einzelstrafen.

III.


Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Sachrüge hat darüber hinaus keinen den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler zum Schuld- und Strafausspruch ergeben. Insbesondere können die weiteren Einzelstrafen bestehenbleiben. Es ist auszuschließen, daß die dargelegten Gründe, die zur Aufhebung der genannten Einzelstrafen und der Gesamtstrafe führen, die Strafzumessung in den übrigen Fällen beeinflußt haben.
Harms Häger Basdorf Gerhardt Raum

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 105/10
vom
14. April 2010
in der Strafsache
gegen
wegen Steuerhinterziehung
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 14. April 2010 beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 6. Oktober 2009 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO). Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen. Ergänzend bemerkt der Senat: Entgegen der Auffassung der Revision hat das Landgericht den Angeklagten rechtsfehlerfrei wegen täterschaftlicher Steuerhinterziehung und nicht nur wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung des faktischen Geschäftsführers verurteilt. Hierzu hat der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 4. März 2010 zutreffend ausgeführt: „Eine Steuerhinterziehung im Sinne von § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO, wie sie dem Angeklagten zur Last gelegt wird, setzt ein pflichtwidriges Unterlassen voraus. Täter einer solchen Tat kann nur sein, wer zur Aufklärung steuerlich erheblicher Tatsachen besonders verpflichtet ist. Dem Angeklagten oblagen als formellem Geschäftsführer der GmbH nach den geltenden Steuergesetzen die Steuererklärungspflichten , wie aus § 34 AO zu entnehmen ist. Der Geschäftsführer hat als gesetzlicher Vertreter für die Erfüllung aller Pflichten Sorge zu tragen, welche die von ihm vertretene juristische Person treffen, also auch die zur Entrichtung der angefallenen Steuern und zur Abgabe der Erklärung gegenüber den Steuerbehörden (hier § 18 Abs.
1 und 2 UStG).“ Auch wenn er nach seiner „Stellung in dem Unternehmen eher eine Randfigur war und er lediglich als Strohmann fungierte (UA S. 5 und 6), war der Beschwerdeführer als formeller Geschäftsführer für die Erfüllung der steuerlichen Erklärungspflichten verantwortlich und hat damit in eigener Person die Tatbestände der Umsatzsteuerhinterziehung (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO in Verbindung mit §§ 1 Abs. 1 Nr. 1, 16 Abs. 1, 18 Abs. 1 und 2 UStG) verwirklicht.“ Den Umstand, dass der Angeklagte weder Drahtzieher noch wirtschaftlicher Nutznießer der Umsatzsteuerhinterziehungen war, sondern nur eine untergeordnete Rolle spielte, hat das Landgericht im Rahmen der Strafzumessung ausreichend berücksichtigt. Nack Hebenstreit Graf Jäger Sander

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
2.
die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder
3.
pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt
und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) missbraucht,
3.
die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht,
4.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
5.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt oder
6.
eine Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(4) Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Steuervorteile sind auch Steuervergütungen; nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, soweit sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden. Die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 sind auch dann erfüllt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können.

(5) Die Tat kann auch hinsichtlich solcher Waren begangen werden, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch dann, wenn sich die Tat auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden oder die einem Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation oder einem mit dieser assoziierten Staat zustehen. Das Gleiche gilt, wenn sich die Tat auf Umsatzsteuern oder auf die in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. L 9 vom 14.1.2009, S. 12) genannten harmonisierten Verbrauchsteuern bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden.

(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten unabhängig von dem Recht des Tatortes auch für Taten, die außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes begangen werden.

(1) Ordnungswidrig handelt, wer als Steuerpflichtiger oder bei Wahrnehmung der Angelegenheiten eines Steuerpflichtigen eine der in § 370 Abs. 1 bezeichneten Taten leichtfertig begeht. § 370 Abs. 4 bis 7 gilt entsprechend.

(2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu fünfzigtausend Euro geahndet werden.

(3) Eine Geldbuße wird nicht festgesetzt, soweit der Täter gegenüber der Finanzbehörde die unrichtigen Angaben berichtigt, die unvollständigen Angaben ergänzt oder die unterlassenen Angaben nachholt, bevor ihm oder seinem Vertreter die Einleitung eines Straf- oder Bußgeldverfahrens wegen der Tat bekannt gegeben worden ist. Sind Steuerverkürzungen bereits eingetreten oder Steuervorteile erlangt, so wird eine Geldbuße nicht festgesetzt, wenn der Täter die aus der Tat zu seinen Gunsten verkürzten Steuern innerhalb der ihm bestimmten angemessenen Frist entrichtet. § 371 Absatz 4 gilt entsprechend.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
2.
die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder
3.
pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt
und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) missbraucht,
3.
die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht,
4.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
5.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt oder
6.
eine Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(4) Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Steuervorteile sind auch Steuervergütungen; nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, soweit sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden. Die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 sind auch dann erfüllt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können.

(5) Die Tat kann auch hinsichtlich solcher Waren begangen werden, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch dann, wenn sich die Tat auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden oder die einem Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation oder einem mit dieser assoziierten Staat zustehen. Das Gleiche gilt, wenn sich die Tat auf Umsatzsteuern oder auf die in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. L 9 vom 14.1.2009, S. 12) genannten harmonisierten Verbrauchsteuern bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden.

(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten unabhängig von dem Recht des Tatortes auch für Taten, die außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes begangen werden.

(1) Die gesetzlichen Vertreter natürlicher und juristischer Personen und die Geschäftsführer von nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen und Vermögensmassen haben deren steuerliche Pflichten zu erfüllen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Steuern aus den Mitteln entrichtet werden, die sie verwalten.

(2) Soweit nicht rechtsfähige Personenvereinigungen ohne Geschäftsführer sind, haben die Mitglieder oder Gesellschafter die Pflichten im Sinne des Absatzes 1 zu erfüllen. Die Finanzbehörde kann sich an jedes Mitglied oder jeden Gesellschafter halten. Für nicht rechtsfähige Vermögensmassen gelten die Sätze 1 und 2 mit der Maßgabe, dass diejenigen, denen das Vermögen zusteht, die steuerlichen Pflichten zu erfüllen haben.

(3) Steht eine Vermögensverwaltung anderen Personen als den Eigentümern des Vermögens oder deren gesetzlichen Vertretern zu, so haben die Vermögensverwalter die in Absatz 1 bezeichneten Pflichten, soweit ihre Verwaltung reicht.

Wer als Verfügungsberechtigter im eigenen oder fremden Namen auftritt, hat die Pflichten eines gesetzlichen Vertreters (§ 34 Abs. 1), soweit er sie rechtlich und tatsächlich erfüllen kann.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
2.
die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder
3.
pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt
und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) missbraucht,
3.
die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht,
4.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
5.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt oder
6.
eine Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(4) Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Steuervorteile sind auch Steuervergütungen; nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, soweit sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden. Die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 sind auch dann erfüllt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können.

(5) Die Tat kann auch hinsichtlich solcher Waren begangen werden, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch dann, wenn sich die Tat auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden oder die einem Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation oder einem mit dieser assoziierten Staat zustehen. Das Gleiche gilt, wenn sich die Tat auf Umsatzsteuern oder auf die in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. L 9 vom 14.1.2009, S. 12) genannten harmonisierten Verbrauchsteuern bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden.

(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten unabhängig von dem Recht des Tatortes auch für Taten, die außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes begangen werden.

(1) Wer als Arbeitgeber der Einzugsstelle Beiträge des Arbeitnehmers zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung, unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt gezahlt wird, vorenthält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer als Arbeitgeber

1.
der für den Einzug der Beiträge zuständigen Stelle über sozialversicherungsrechtlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder
2.
die für den Einzug der Beiträge zuständige Stelle pflichtwidrig über sozialversicherungsrechtlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt
und dadurch dieser Stelle vom Arbeitgeber zu tragende Beiträge zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung, unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt gezahlt wird, vorenthält.

(3) Wer als Arbeitgeber sonst Teile des Arbeitsentgelts, die er für den Arbeitnehmer an einen anderen zu zahlen hat, dem Arbeitnehmer einbehält, sie jedoch an den anderen nicht zahlt und es unterlässt, den Arbeitnehmer spätestens im Zeitpunkt der Fälligkeit oder unverzüglich danach über das Unterlassen der Zahlung an den anderen zu unterrichten, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Satz 1 gilt nicht für Teile des Arbeitsentgelts, die als Lohnsteuer einbehalten werden.

(4) In besonders schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
aus grobem Eigennutz in großem Ausmaß Beiträge vorenthält,
2.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Beiträge vorenthält,
3.
fortgesetzt Beiträge vorenthält und sich zur Verschleierung der tatsächlichen Beschäftigungsverhältnisse unrichtige, nachgemachte oder verfälschte Belege von einem Dritten verschafft, der diese gewerbsmäßig anbietet,
4.
als Mitglied einer Bande handelt, die sich zum fortgesetzten Vorenthalten von Beiträgen zusammengeschlossen hat und die zur Verschleierung der tatsächlichen Beschäftigungsverhältnisse unrichtige, nachgemachte oder verfälschte Belege vorhält, oder
5.
die Mithilfe eines Amtsträgers ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht.

(5) Dem Arbeitgeber stehen der Auftraggeber eines Heimarbeiters, Hausgewerbetreibenden oder einer Person, die im Sinne des Heimarbeitsgesetzes diesen gleichgestellt ist, sowie der Zwischenmeister gleich.

(6) In den Fällen der Absätze 1 und 2 kann das Gericht von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen, wenn der Arbeitgeber spätestens im Zeitpunkt der Fälligkeit oder unverzüglich danach der Einzugsstelle schriftlich

1.
die Höhe der vorenthaltenen Beiträge mitteilt und
2.
darlegt, warum die fristgemäße Zahlung nicht möglich ist, obwohl er sich darum ernsthaft bemüht hat.
Liegen die Voraussetzungen des Satzes 1 vor und werden die Beiträge dann nachträglich innerhalb der von der Einzugsstelle bestimmten angemessenen Frist entrichtet, wird der Täter insoweit nicht bestraft. In den Fällen des Absatzes 3 gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend.

(1) Ein Anwalt oder ein anderer Rechtsbeistand, welcher bei den ihm in dieser Eigenschaft anvertrauten Angelegenheiten in derselben Rechtssache beiden Parteien durch Rat oder Beistand pflichtwidrig dient, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Handelt derselbe im Einverständnis mit der Gegenpartei zum Nachteil seiner Partei, so tritt Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu fünf Jahren ein.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
2.
die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder
3.
pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt
und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) missbraucht,
3.
die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht,
4.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
5.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt oder
6.
eine Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(4) Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Steuervorteile sind auch Steuervergütungen; nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, soweit sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden. Die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 sind auch dann erfüllt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können.

(5) Die Tat kann auch hinsichtlich solcher Waren begangen werden, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch dann, wenn sich die Tat auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden oder die einem Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation oder einem mit dieser assoziierten Staat zustehen. Das Gleiche gilt, wenn sich die Tat auf Umsatzsteuern oder auf die in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. L 9 vom 14.1.2009, S. 12) genannten harmonisierten Verbrauchsteuern bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden.

(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten unabhängig von dem Recht des Tatortes auch für Taten, die außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes begangen werden.

(1) Steuerpflichtiger ist, wer eine Steuer schuldet, für eine Steuer haftet, eine Steuer für Rechnung eines Dritten einzubehalten und abzuführen hat, wer eine Steuererklärung abzugeben, Sicherheit zu leisten, Bücher und Aufzeichnungen zu führen oder andere ihm durch die Steuergesetze auferlegte Verpflichtungen zu erfüllen hat.

(2) Steuerpflichtiger ist nicht, wer in einer fremden Steuersache Auskunft zu erteilen, Urkunden vorzulegen, ein Sachverständigengutachten zu erstatten oder das Betreten von Grundstücken, Geschäfts- und Betriebsräumen zu gestatten hat.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
2.
die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder
3.
pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt
und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) missbraucht,
3.
die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht,
4.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
5.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt oder
6.
eine Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(4) Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Steuervorteile sind auch Steuervergütungen; nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, soweit sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden. Die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 sind auch dann erfüllt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können.

(5) Die Tat kann auch hinsichtlich solcher Waren begangen werden, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch dann, wenn sich die Tat auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden oder die einem Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation oder einem mit dieser assoziierten Staat zustehen. Das Gleiche gilt, wenn sich die Tat auf Umsatzsteuern oder auf die in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. L 9 vom 14.1.2009, S. 12) genannten harmonisierten Verbrauchsteuern bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden.

(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten unabhängig von dem Recht des Tatortes auch für Taten, die außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes begangen werden.

(1) Ordnungswidrig handelt, wer als Steuerpflichtiger oder bei Wahrnehmung der Angelegenheiten eines Steuerpflichtigen eine der in § 370 Abs. 1 bezeichneten Taten leichtfertig begeht. § 370 Abs. 4 bis 7 gilt entsprechend.

(2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu fünfzigtausend Euro geahndet werden.

(3) Eine Geldbuße wird nicht festgesetzt, soweit der Täter gegenüber der Finanzbehörde die unrichtigen Angaben berichtigt, die unvollständigen Angaben ergänzt oder die unterlassenen Angaben nachholt, bevor ihm oder seinem Vertreter die Einleitung eines Straf- oder Bußgeldverfahrens wegen der Tat bekannt gegeben worden ist. Sind Steuerverkürzungen bereits eingetreten oder Steuervorteile erlangt, so wird eine Geldbuße nicht festgesetzt, wenn der Täter die aus der Tat zu seinen Gunsten verkürzten Steuern innerhalb der ihm bestimmten angemessenen Frist entrichtet. § 371 Absatz 4 gilt entsprechend.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
2.
die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder
3.
pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt
und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) missbraucht,
3.
die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht,
4.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
5.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt oder
6.
eine Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(4) Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Steuervorteile sind auch Steuervergütungen; nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, soweit sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden. Die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 sind auch dann erfüllt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können.

(5) Die Tat kann auch hinsichtlich solcher Waren begangen werden, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch dann, wenn sich die Tat auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden oder die einem Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation oder einem mit dieser assoziierten Staat zustehen. Das Gleiche gilt, wenn sich die Tat auf Umsatzsteuern oder auf die in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. L 9 vom 14.1.2009, S. 12) genannten harmonisierten Verbrauchsteuern bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden.

(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten unabhängig von dem Recht des Tatortes auch für Taten, die außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes begangen werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 537/12
vom
22. November 2012
BGHSt: ja
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
_________________________
Zur Bezifferung aufgrund unrichtiger Feststellungsbescheide nach § 182 Abs. 1
Satz 1 AO erlangter nicht gerechtfertigter Steuervorteile im Sinne von § 370
Abs. 1 AO.
BGH, Beschluss vom 22. November 2012 - 1 StR 537/12 - LG Hof
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Steuerhinterziehung
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 22. November 2012 beschlossen
:
Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Hof vom 23. Mai 2012 werden als unbegründet verworfen
Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu
tragen.

Gründe:

I.

1
Das Landgericht hat den Angeklagten M. wegen Steuerhinterziehung in insgesamt 20 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten sowie den Angeklagten Dr. G. unter Freispruch im Übrigen wegen elf Fällen der Beihilfe zur Steuerhinterziehung unter Einbeziehung der Einzelstrafen einer früheren Verurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Den Verurteilungen liegt eine Vielzahl von unrichtigen Angaben zugrunde, die die Angeklagten zum Zwecke der Verkürzung verschiedener Steuerarten sowie der Erlangung von nicht gerechtfertigten Steuervorteilen zugunsten von rechtlich unterschiedlich organisierten Unternehmen gemacht haben bzw. durch Dritte haben machen lassen. An den Unternehmen waren sie jeweils entweder maßgeblich wirtschaftlich beteiligt oder übten faktisch bestimmenden Einfluss auf die Unternehmenstätigkeit aus.
2
Die jeweils auf die Sachrüge beschränkten Revisionen bleiben ohne Erfolg.

II.


3
1. Die Revision des Angeklagten M. beanstandet, das Landgericht habe in Bezug auf drei der begünstigten Unternehmen (C. AG; H. GmbH; MB. GmbH) für einige Steuerarten in mehreren Veranlagungszeiträumen den tatbestandlichen Erfolg des § 370 Abs. 1 AO in "nicht gerechtfertigten Steuervorteilen" als verwirklicht angenommen, ohne die weiteren steuerlichen Auswirkungen dieser Vorteile in Gestalt der zukünftigen Verkürzung der Steuern näher zu prüfen und zu beziffern. Entsprechendes wendet sie auch ein, soweit in Bezug auf die Ma. KG lediglich die Höhe der erfolgten Gewinnfeststellung angegeben ist, deren Wirkungen zum Vorteil der Kommanditistin , der H. GmbH, aber nicht beziffert wurden. Damit werde das Tatgericht den in der jüngeren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 126, 170, 194 ff.; BVerfG, NJW 2012, 907, 915 ff.; BVerfG StraFo 2012, 496 ff.) zur Untreue (§ 266 StGB) gestellten Anforderungen des Bestimmtheitsgrundsatzes (Art. 103 Abs. 2 GG), die auf die Steuerhinterziehung übertragbar seien, nicht gerecht. Es fehle an der nach dem genannten Maßstab gebotenen Bestimmung der Höhe der Beeinträchtigung des staatlichen Steueranspruchs. Durch diesen Verzicht gebe das Tatgericht die strafbarkeitsbegrenzende Funktion des Merkmals "Steuervorteil" auf, indem es bereits potentielle Besserstellungen des Vermögens des betroffenen Steuerpflichtigen als tatbestandsmäßigen Steuervorteil i.S.v. § 370 Abs. 1 AO ausreichen lasse. Dieser Mangel des Urteils wirke sich auch auf die Strafzumessung aus, weil die Höhe der verkürzten Steuern ein bestimmender Strafzumessungsfaktor sei.
4
2. Mit diesen Erwägungen dringt die Revision nicht durch. Das den Angeklagten M. betreffende Urteil weist weder zum Schuld- noch zum Strafausspruch Rechtsfehler zu dessen Lasten auf.
5
a) Wie die Revision an sich nicht verkennt, hat der Senat bereits entschieden , dass ein mittels tatbestandsmäßiger Verhaltensweisen gemäß § 370 Abs. 1 AO erwirkter unrichtiger Feststellungsbescheid im Hinblick auf dessen aus § 182 Abs. 1 Satz 1 AO resultierender Bindungswirkung einen "nicht gerechtfertigten Steuervorteil" und damit eine vollendete Tat darstellt (BGH, Beschluss vom 10. Dezember 2008 - 1 StR 322/08, BGHSt 53, 99, 104-107 Rn. 21-23; Meyberg PStR 2011, 31 f.; siehe auch Seer in Tipke/Lang, Steuerrecht , 21. Aufl., § 23 Rn. 36 mit Fn. 3). Die Bindungswirkung erfasst sowohl die zu niedrige Feststellung von Gewinnen als auch unberechtigte Verlustvorträge und unberechtigt nicht verbrauchte Verlustvorträge. In Anwendung dieser Rechtsprechung hat das Tatgericht - bezogen auf unterschiedliche Veranlagungszeiträume und verschiedene steuerpflichtige Unternehmen - zutreffend derartige Steuervorteile festgestellt. Das trägt den Schuldspruch wegen vollendeter Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 AO.
6
b) Die neuere Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die strafrechtliche Untreue (§ 266 StGB) und den Betrug (§ 263 StGB), insbesondere hinsichtlich der Merkmale "Vermögensnachteil" bzw. "Vermögensschaden" (BVerfGE 126, 170, 194 ff.; BVerfG NJW 2012, 907, 915 f.; BVerfG StraFo 2012, 496, 497 f.), gibt keinen Anlass, von dem bisherigen Verständnis des "nicht gerechtfertigten Steuervorteils" nach § 370 Abs. 1 AO sowie den zu dessen Vorliegen erforderlichen Feststellungen abzugehen.
7
aa) Das Bundesverfassungsgericht leitet aus Art. 103 Abs. 2 GG für die Auslegung von Strafnormen u.a. ein Verschleifungsverbot ab (vgl. BVerfGE 92, 1, 16 f.; BVerfGE 126, 170, 198; BVerfG StraFo 2012, 496, 497). Danach darf die Auslegung derjenigen Begriffe, mit denen der Gesetzgeber das unter Strafe gestellte Verhalten beschreibt, nicht zu einer Aufgabe der durch die Tatbestandsmerkmale bewirkten Eingrenzung der Strafbarkeit führen. Merkmale des Straftatbestandes dürfen daher selbst innerhalb der durch den Wortsinn gebildeten äußersten Auslegungsgrenze nicht so ausgelegt werden, dass sie vollständig in anderen Tatbestandsmerkmalen aufgehen (BVerfGE 126, 170, 198; BVerfG StraFo 2012, 496, 497).
8
Dem trägt die Annahme eines "nicht gerechtfertigten Steuervorteils" i.S.v. § 370 Abs. 1 AO bereits bei Erwirken eines (bindenden) Feststellungsbescheides in Bezug auf zu niedrige Gewinnfeststellungen, nicht gerechtfertigte Verlustvorträge oder ungerechtfertigt nicht verbrauchte Verlustvorträge Rechnung. Das Erlangen (vgl. § 370 Abs. 4 Satz 2 AO) eines nicht gerechtfertigten Steuervorteils stellt einen von den Tathandlungen der § 370 Abs. 1 Nrn. 1-3 AO klar abgrenzbaren tatbestandsmäßigen Erfolg der Steuerhinterziehung (BGH, aaO, BGHSt 53, 99, 106 Rn. 22) dar. Aus der Vornahme der Tathandlung folgt nicht per se das Vorliegen eines solchen Steuervorteils. Vielmehr ist es in Fällen der vorliegenden Art erforderlich, dass - durch die Tathandlung mitverursacht - die Finanzbehörde einen mit der Bindungswirkung des § 182 Abs. 1 Satz 1 AO versehenen Feststellungsbescheid erlässt, der die Besteuerungsgrundlagen unrichtig feststellt. Welchen Inhalt dieser Bescheid hat, welcher Vorteil zu Unrecht festgestellt worden ist und welche Höhe der Steuervorteil (etwa der unberechtigte Verlustvortrag) hat, ist von den Strafgerichten zu ermitteln und im Urteil darzulegen. Eine verfassungsrechtlich unzulässige Verschleifung von Tatbestandsmerkmalen des § 370 Abs. 1 AO ist daher mit der vom Senat vorgenommenen Auslegung des Begriffs "nicht gerechtfertigter Steuervorteil" nicht verbunden.
9
Das Tatgericht hat auf dieser Grundlage rechtsfehlerfrei in zahlreichen Konstellationen die Erlangung nicht gerechtfertigter Steuervorteile zugunsten der von den Angeklagten beherrschten Unternehmen festgestellt. Die Strafkammer hat diese Vorteile sowohl der Art als auch der Höhe nach ausgewiesen und das Vorliegen der Steuervorteile auf entsprechende Feststellungsbescheide der jeweils zuständigen Finanzbehörden gestützt.
10
bb) Art. 103 Abs. 2 GG erfordert auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG jeweils aaO) bei der Auslegung von § 370 Abs. 1 AO in der Variante des in einem "nicht gerechtfertigten Steuervorteil" liegenden tatbestandsmäßigen Erfolgs nicht, die Vollendung der Tat davon abhängig zu machen, auf der Grundlage des bezifferten Steuervorteils die (zukünftigen) Auswirkungen auf den Steueranspruch des Staates zu berechnen (anders etwa Wittig ZIS 2011, 660, 668).
11
Das Bundesverfassungsgericht hält es am Maßstab des Bestimmtheitsgrundsatzes gemessen im Grundsatz für verfassungsrechtlich unbedenklich, bei § 263 StGB und § 266 StGB die Vollendung des jeweiligen Straftatbestandes bereits dann anzunehmen, wenn lediglich die konkrete Gefahr eines gegenwärtigen Vermögensschadens bzw. Vermögensnachteils besteht (BVerfGE 126, 170, 223 ff., 226 ff. bzgl. § 266 StGB; BVerfG NJW 2012, 907, 916 bzgl. § 263 StGB für den sog. Eingehungsbetrug). Um eine mit Art. 103 Abs. 2 GG unvereinbare Überdehnung der Straftatmerkmale "Vermögensschaden/Vermögensnachteil" auszuschließen, dürfen aber an die konkrete Gefahr des Vermögensverlustes nicht so geringe Wahrscheinlichkeitsanforderungen gestellt werden, dass dessen realer Eintritt ungewiss bleibt (BVerfG jeweils aaO). Als weitere Sicherung gegen eine Tatbestandsüberdehnung bei schadensgleicher Vermögensgefährdung bzw. Gefährdungsschaden verlangt das Bundesverfassungsgericht von den Strafgerichten - von Ausnahmen bei einfach gelagerten Fällen abgesehen - eine Bezifferung der Höhe des Vermögensschadens, deren Grundlagen in wirtschaftlich nachvollziehbarer Weise im Urteil auszuführen sind. Die Schätzung von Mindestschäden auf tragfähiger Grundlage ist zulässig (BVerfG jeweils aaO).
12
Die auf die Rechtsgutsverletzungsdelikte § 263 StGB und § 266 StGB bezogenen Vorgaben sind auf den "nicht gerechtfertigten Steuervorteil" als tatbestandsmäßiger Erfolg nach § 370 Abs. 1 AO nicht übertragbar. Der Straftatbestand der Steuerhinterziehung ist weder in seinen tatbestandlichen Strukturen noch in dem von ihm geschützten Rechtsgut und seinem Deliktscharakter dem Betrugs- und dem Untreuestraftatbestand so ähnlich, dass eine Änderung der Voraussetzungen der Vollendung in der genannten Tatbestandsvariante veranlasst oder gar geboten wäre.
13
Sowohl § 263 StGB als auch § 266 StGB verlangen als tatbestandlichen Erfolg eine durch die jeweilige tatbestandsmäßige Handlung verursachte Beeinträchtigung des strafrechtlich geschützten Vermögens einer anderen Person als dem Täter. Einen anderen, alternativ möglichen tatbestandlichen Erfolg, von dessen Eintritt die Tatvollendung abhängt, weisen sie nicht auf. Anders verhält es sich bei § 370 Abs. 1 AO. Die Steuerhinterziehung statuiert mit der Steuerverkürzung und den "nicht gerechtfertigten Steuervorteilen" alternativ zwei tatbestandsmäßige Erfolge. Wie sich auch aus § 370 Abs. 4 Satz 1 und Satz 2 AO ableiten lässt, geht das Gesetz von einer inhaltlichen Unterscheidung zwischen diesen beiden Tatvarianten aus. Dass die Differenzierung zwischen den Taterfolgen nicht in allen Einzelheiten geklärt ist (Joecks in Franzen/Gast/ Joecks, Steuerstrafrecht, 7. Aufl., AO § 370 Rn. 83) ändert daran nichts. Die Steuerverkürzung einerseits und der "nicht gerechtfertigte Steuervorteil" andererseits beschreiben nicht lediglich einen identischen Taterfolg des § 370 Abs. 1 AO, die Gefährdung des staatlichen Steueranspruchs, aus zwei unterschiedlichen Blickwinkeln (so aber Seer in Tipke/Lang, Steuerrecht, 21. Aufl., § 23 Rn. 35). Mit einer solchen Betrachtung wäre das Aufgreifen der in § 370 Abs. 1 AO getroffenen Unterscheidung zwischen den Taterfolgen bei den Begriffsbestimmungen in § 370 Abs. 4 Satz 1 und 2 AO nicht zu vereinbaren (Rolletschke, Steuerstrafrecht, 4. Aufl., Rn. 87). Das Gesetz beschreibt hier - wenn auch nicht vollumfänglich im Sinne einer Legaldefinition - verschiedene Voraussetzungen für das Verkürzen von Steuern auf der einen Seite und die Erlangung von "nicht gerechtfertigten Steuervorteilen" andererseits. Der Steuerstraftatbestand trägt damit (auch) dem Steuerrecht Rechnung, das für das Besteuerungsverfahren in gesetzlich geregelten Fällen eine von der Steuerfestsetzung getrennte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen zulässt (§ 157 Abs. 2, § 179 Abs. 1, § 180 AO). Diese Differenzierung aufnehmend kann innerhalb des § 370 Abs. 1 AO dem Erfolg in Gestalt der Erlangung eines "nicht gerechtfertigten Steuervorteils" bereits im Feststellungsverfahren ein weiterer Taterfolg, nämlich die Steuerverkürzung, im Festsetzungsverfahren nachfolgen (BGH, aaO, BGHSt 53, 99, 107 Rn. 23 mwN; vgl. auch Seer aaO § 23 Rn. 36 mit Fn. 3). Diese Besonderheiten der Steuerhinterziehung gegenüber den allgemeinen Vermögensdelikten §§ 263, 266 StGB legen eine Übertragung der diese betreffenden verfassungsgerichtlichen Vorgaben auf die Voraussetzungen der Tatvollendung bei § 370 Abs. 1 AO nicht nahe.
14
Erst recht stehen einer solchen aber die aus dem jeweiligen Schutzzweck resultierenden Unterschiede im Deliktscharakter entgegen. Betrug (§ 263 StGB) und Untreue (§ 266 StGB) schützen das Vermögen verstanden als die Summe aller geldwerten Güter, die einer Person nach der Gesamtrechtsordnung zugewiesen sind (BGH, Beschluss vom 18. Juli 1961 - 1 StR 606/60, BGHSt 16, 220, 221; Fischer, StGB, 60. Aufl., § 263 Rn. 3). Im Hinblick auf die Tatbestandsmerkmale "Vermögensschaden" bzw. "Vermögensnachteil" handelt es sich jeweils um Rechtsgutsverletzungsdelikte. Die Tatvollendung verlangt grundsätzlich jeweils eine eingetretene Minderung des geschützten Vermögens dergestalt, dass sich bei einem Vergleich des Vermögenswertes vor und nach der tatbestandsmäßigen Handlung ein negativer Saldo ergeben muss (vgl. BVerfGE 126, 170, 213 f.; BVerfG NJW 2012, 907, 915 f.). Die Annahme von Tatvollendung bei einem sich als konkrete Gefahr eines gegenwärtigen Vermögensschadens bzw. Vermögensnachteils darstellenden Taterfolg ist wegen Art. 103 Abs. 2 GG lediglich in den vom Bundesverfassungsgericht gezogenen engen Grenzen (BVerfGE 126, 170, 223 ff., 226 ff.; BVerfG NJW 2012, 907, 916 f.) gestattet.
15
Abweichend davon stellt sich § 370 AO nicht notwendig als Rechtsgutsverletzungsdelikt dar (BGH, Beschluss vom 10. Dezember 2008 - 1 StR 322/08, BGHSt 53, 99, 106 Rn. 22; Ransiek in Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 370 AO Rn. 57).
16
§ 370 Abs. 4 Satz 1 AO lässt im Hinblick auf den Taterfolg der Steuerverkürzung deutlich erkennen, dass die Vollendung der Tat gerade keine tatsächlich eingetretene Beeinträchtigung des tatbestandlich geschützten Rechtsguts , dem öffentlichen Interesse am vollständigen und rechtzeitigen Aufkommen jeder einzelnen Steuerart (BGH, Beschluss vom 23. März 1994 - 5 StR 91/94, BGHSt 40, 109, 111; BGH, Urteil vom 1. August 2000 - 5 StR 624/99, BGHSt 46, 107, 120; BGH, Urteil vom 2. Dezember 2008 - 1 StR 416/08, BGHSt 53, 71, 80 Rn. 21 mwN; Jäger in Klein, AO, 11. Aufl., § 370 Rn. 2), ver- langt (BGH, Beschluss vom 10. Dezember 2008 - 1 StR 322/08, BGHSt 53, 99, 106 Rn. 22). Es genügt bereits die zu niedrige Festsetzung der Steuer als solche (BGH aaO). Eine andere Betrachtung wäre mit dem Wortlaut von § 370 Abs. 4 Satz 1 AO nicht zu vereinbaren. In Bezug auf den Taterfolg der Steuerverkürzung (§ 370 Abs. 1 Variante 1 AO) erfordert die Steuerhinterziehung damit keine Verletzung des geschützten Rechtsguts (vgl. BGH aaO; Ransiek aaO, § 370 AO Rn. 57 und 59). Dementsprechend ist es für den Eintritt der Vollendung des Delikts auch nicht von Bedeutung, ob der Steuerschuldner über ausreichende finanzielle Mittel zur Begleichung der Steuerschuld verfügt. Im Gegensatz dazu kann es für die Annahme der Vollendung einer Betrugstat durchaus auf die Liquidität des Täters ankommen. So ist etwa für eine täuschungsbedingt erlangte Stundung einer Forderung anerkannt, dass es an einem Schaden und damit einem vollendeten Delikt fehlt, wenn im Zeitpunkt der Vermögensverfügung , also der Gewährung der Stundung, kein (pfändbares) Vermögen bei dem Schuldner vorhanden war (BGH, Beschluss vom 30. Januar 2003 - 3 StR 437/02, NStZ 2003, 546, 548; Fischer aaO § 263 Rn. 134).
17
Für den Taterfolg "nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt" gilt Entsprechendes (BGH, Beschluss vom 10. Dezember 2008 - 1 StR 322/08, BGHSt 53, 99, 106 Rn. 22). § 370 Abs. 4 Satz 2 AO stellt insoweit klar, dass ein Steuervorteil bereits mit dessen unberechtigter Gewährung erlangt ist. Wie sich etwa in der Konstellation des mit Bindungswirkung versehenen Feststellungsbescheides (§ 182 Abs. 1 Satz 1 AO) zeigt, kann eine solche Erlangung aufgrund der Gestaltung des Besteuerungsverfahrens bereits eingetreten sein, ohne dass damit wegen der in diesem Zeitpunkt noch nicht im Einzelnen absehbaren Auswirkungen auf die Steuerfestsetzung eine Minderung des staatlichen Steueraufkommens einhergeht. Die zum Ergehen eines Feststellungsbescheides über einen hinreichend bestimmten Steuervorteil führende Tathandlung nach § 370 Abs. 1 Nrn. 1-3 AO bewirkt aber gerade wegen der Bindungswirkung hinsichtlich der unrichtig festgestellten Besteuerungsgrundlagen eine Gefährdung des Steueraufkommens.
18
Erweist sich damit die Steuerhinterziehung in beiden Taterfolgsvarianten nicht als Rechtsgutsverletzungsdelikt, lassen sich die für die §§ 263, 266 StGB, bei denen es sich um einen solchen Deliktstypus handelt, geltenden verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Tatvollendung nicht auf § 370 AO übertragen. Das Bundesverfassungsgericht leitet aus dem Bestimmtheitsgrundsatz (Art. 103 Abs. 2 GG) Grenzen für die Ausdehnung eines Rechtsgutsverletzungserfolges ("Vermögensschaden" bzw. "Vermögensnachteil") auf Konstellationen einer als Gefährdungsschaden erfassbaren hinreichend konkreten Gefährdung des geschützten Vermögens ab. Darum geht es bei § 370 AO nicht.
19
c) Entgegen der von der Revision des Angeklagten M. vertretenen Auffassung gebieten weder das Verfassungsgebot schuldangemessenen Strafens noch Art. 103 Abs. 2 GG die Bezifferung der sich aus Steuervorteilen in unrichtigen Feststellungsbescheiden ergebenden Auswirkungen auf die Besteuerung der begünstigten Steuerpflichtigen als Grundlage der Strafzumessung.
20
aa) Wie die Revision an sich nicht verkennt, handelt es sich bei der Höhe der hinterzogenen Steuern um einen bestimmenden Strafzumessungsfaktor (BGH, Urteil vom 2. Dezember 2008 - 1 StR 416/08, BGHSt 53, 71, 80 Rn. 21 mwN). Diese Bedeutung des Hinterziehungsbetrages ergibt sich daraus, dass dieser das Ausmaß der Rechtsgutsbeeinträchtigung entscheidend mitbestimmt und dieses wiederum eine wesentliche Anknüpfung für den Grad des vom Täter verschuldeten Unrechts bildet. Nach der Rechtsprechung des Senats erfolgt jedoch die Strafzumessung bei der Steuerhinterziehung ungeachtet dieser Be- deutung des Hinterziehungsbetrages nicht allein "tarifmäßig" (BGH aaO, BGHSt 53, 71, 81 Rn. 24). Den Anforderungen des verfassungsrechtlichen Schuldgrundsatzes und dessen einfachgesetzlicher Ausgestaltung entsprechend richtet sich die Strafzumessung einzelfallbezogen nach den in § 46 StGB genannten Kriterien.
21
bb) Diese Kriterien gelten auch für die Strafzumessung der durch Erlangung eines "nicht gerechtfertigten Steuervorteils" verwirklichten Steuerhinterziehung. Die Dimension der Gefährdung des geschützten Rechtsguts lässt sich jedenfalls für die hier vorliegenden Steuervorteile in Gestalt von zu niedrigen Gewinnfeststellungen, unberechtigten Verlustvorträgen und unberechtigt nicht verbrauchten Verlustvorträgen anhand der Höhe des im Feststellungsbescheid ausgewiesenen Steuervorteils erkennen. Angesichts der Natur des § 370 AO genügt die Berücksichtigung der Höhe des Steuervorteils ungeachtet der noch nicht bezifferten Auswirkungen auf die Steuerlast als Grundlage für die Strafzumessung. In den hier allein verfahrensgegenständlichen Fallgestaltungen von Steuervorteilen in mit Bindungswirkung versehenen Feststellungsbescheiden bleibt für den Täter auch nicht unklar, was für eine Art von Steuervorteil in welcher Höhe von ihm erlangt worden ist.
22
cc) Der Feststellung und Bezifferung der Auswirkungen eines Steuervorteils in den vorliegenden Konstellationen bedarf es auch im Hinblick auf die Anwendung des Regelbeispiels aus § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO nicht. Wie sich aus dessen Wortlaut ergibt, geht das Gesetz davon aus, dass das Regelbeispiel sowohl bei der Steuerhinterziehung durch Steuerverkürzung als auch bei der Erlangung von nicht gerechtfertigten Steuervorteilen verwirklicht sein kann. Ab welcher Wertgrenze ein "großes Ausmaß" gemäß § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO bei erlangten Steuervorteilen anzunehmen ist, hat die Rechtspre- chung des Bundesgerichtshofs bisher nicht zu entscheiden gehabt. Dies bedarf auch vorliegend keiner Entscheidung. Das Landgericht hat das Regelbeispiel nicht auf das Erlangen von Steuervorteilen zugunsten der verschiedenen begünstigten Gesellschaften angewendet. Da die erlangten Steuervorteile der hier fraglichen Art aber ohnehin für die Beurteilung des Vollendungseintritts nach Art und Höhe festzustellen sind, kommt eine Anwendung des Regelbeispiels anhand von Wertgrenzen, wie sie der Senat bislang nach Fallkonstellationen differenzierend angenommen hat (siehe BGH aaO, BGHSt 53, 71, 85 Rn. 38 f.), grundsätzlich in Betracht.
23
d) Das gegen den Angeklagten M. ergangene Urteil weist damit weder im Schuld- noch im Strafausspruch Rechtsfehler zu dessen Nachteil auf.
24
3. Die Revision des Angeklagten Dr. G. bleibt ebenfalls ohne Erfolg. Ein von diesem geltend gemachtes Verfahrenshindernis besteht nicht. Wie von der Revision selbst vorgetragen wird, ist eine Einstellung gemäß § 154 Abs. 1 StPO, die ohnehin nicht zu einem Verfahrenshindernis führen würde (Beulke in Löwe/Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 154 Rn. 51; Radtke in Radtke/Hohmann, StPO, § 154 Rn. 43), nicht erfolgt.
Nack Wahl Rothfuß Jäger Radtke

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
2.
die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder
3.
pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt
und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) missbraucht,
3.
die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht,
4.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
5.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt oder
6.
eine Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(4) Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Steuervorteile sind auch Steuervergütungen; nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, soweit sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden. Die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 sind auch dann erfüllt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können.

(5) Die Tat kann auch hinsichtlich solcher Waren begangen werden, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch dann, wenn sich die Tat auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden oder die einem Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation oder einem mit dieser assoziierten Staat zustehen. Das Gleiche gilt, wenn sich die Tat auf Umsatzsteuern oder auf die in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. L 9 vom 14.1.2009, S. 12) genannten harmonisierten Verbrauchsteuern bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden.

(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten unabhängig von dem Recht des Tatortes auch für Taten, die außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes begangen werden.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
2.
die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder
3.
pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt
und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) missbraucht,
3.
die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht,
4.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
5.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt oder
6.
eine Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(4) Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Steuervorteile sind auch Steuervergütungen; nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, soweit sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden. Die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 sind auch dann erfüllt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können.

(5) Die Tat kann auch hinsichtlich solcher Waren begangen werden, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch dann, wenn sich die Tat auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden oder die einem Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation oder einem mit dieser assoziierten Staat zustehen. Das Gleiche gilt, wenn sich die Tat auf Umsatzsteuern oder auf die in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. L 9 vom 14.1.2009, S. 12) genannten harmonisierten Verbrauchsteuern bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden.

(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten unabhängig von dem Recht des Tatortes auch für Taten, die außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes begangen werden.

(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:

1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze.
3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sichim Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre,im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate,im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate,im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.

(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
2.
die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder
3.
pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt
und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) missbraucht,
3.
die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht,
4.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
5.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt oder
6.
eine Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(4) Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Steuervorteile sind auch Steuervergütungen; nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, soweit sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden. Die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 sind auch dann erfüllt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können.

(5) Die Tat kann auch hinsichtlich solcher Waren begangen werden, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch dann, wenn sich die Tat auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden oder die einem Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation oder einem mit dieser assoziierten Staat zustehen. Das Gleiche gilt, wenn sich die Tat auf Umsatzsteuern oder auf die in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. L 9 vom 14.1.2009, S. 12) genannten harmonisierten Verbrauchsteuern bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden.

(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten unabhängig von dem Recht des Tatortes auch für Taten, die außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes begangen werden.

(1) Unternehmer ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbstständig ausübt, unabhängig davon, ob er nach anderen Vorschriften rechtsfähig ist. Das Unternehmen umfasst die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt oder eine Personenvereinigung nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig wird.

(2) Die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit wird nicht selbständig ausgeübt,

1.
soweit natürliche Personen, einzeln oder zusammengeschlossen, einem Unternehmen so eingegliedert sind, dass sie den Weisungen des Unternehmers zu folgen verpflichtet sind,
2.
wenn eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert ist (Organschaft). Die Wirkungen der Organschaft sind auf Innenleistungen zwischen den im Inland gelegenen Unternehmensteilen beschränkt. Diese Unternehmensteile sind als ein Unternehmen zu behandeln. Hat der Organträger seine Geschäftsleitung im Ausland, gilt der wirtschaftlich bedeutendste Unternehmensteil im Inland als der Unternehmer.

(3) (weggefallen)

(1) Der Unternehmer hat vorbehaltlich des § 18i Absatz 3, des § 18j Absatz 4 und des § 18k Absatz 4 bis zum zehnten Tag nach Ablauf jedes Voranmeldungszeitraums eine Voranmeldung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung zu übermitteln, in der er die Steuer für den Voranmeldungszeitraum (Vorauszahlung) selbst zu berechnen hat. Auf Antrag kann das Finanzamt zur Vermeidung von unbilligen Härten auf eine elektronische Übermittlung verzichten; in diesem Fall hat der Unternehmer eine Voranmeldung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck abzugeben. § 16 Abs. 1 und 2 und § 17 sind entsprechend anzuwenden. Die Vorauszahlung ist am zehnten Tag nach Ablauf des Voranmeldungszeitraums fällig und bis dahin vom Unternehmer zu entrichten.

(2) Voranmeldungszeitraum ist das Kalendervierteljahr. Beträgt die Steuer für das vorangegangene Kalenderjahr mehr als 7 500 Euro, ist der Kalendermonat Voranmeldungszeitraum. Beträgt die Steuer für das vorangegangene Kalenderjahr nicht mehr als 1 000 Euro, kann das Finanzamt den Unternehmer von der Verpflichtung zur Abgabe der Voranmeldungen und Entrichtung der Vorauszahlungen befreien. Nimmt der Unternehmer seine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit auf, ist im laufenden und folgenden Kalenderjahr Voranmeldungszeitraum der Kalendermonat. Daneben ist im laufenden und folgenden Kalenderjahr in folgenden Fällen Voranmeldungszeitraum der Kalendermonat:

1.
bei im Handelsregister eingetragenen, noch nicht gewerblich oder beruflich tätig gewesenen juristischen Personen oder Personengesellschaften, die objektiv belegbar die Absicht haben, eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig auszuüben (Vorratsgesellschaften), und zwar ab dem Zeitpunkt des Beginns der tatsächlichen Ausübung dieser Tätigkeit, und
2.
bei der Übernahme von juristischen Personen oder Personengesellschaften, die bereits gewerblich oder beruflich tätig gewesen sind und zum Zeitpunkt der Übernahme ruhen oder nur geringfügig gewerblich oder beruflich tätig sind (Firmenmantel), und zwar ab dem Zeitpunkt der Übernahme.
Für die Besteuerungszeiträume 2021 bis 2026 ist abweichend von Satz 4 in den Fällen, in denen der Unternehmer seine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit nur in einem Teil des vorangegangenen Kalenderjahres ausgeübt hat, die tatsächliche Steuer in eine Jahressteuer umzurechnen und in den Fällen, in denen der Unternehmer seine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit im laufenden Kalenderjahr aufnimmt, die voraussichtliche Steuer des laufenden Kalenderjahres maßgebend.

(2a) Der Unternehmer kann an Stelle des Kalendervierteljahres den Kalendermonat als Voranmeldungszeitraum wählen, wenn sich für das vorangegangene Kalenderjahr ein Überschuss zu seinen Gunsten von mehr als 7 500 Euro ergibt. In diesem Fall hat der Unternehmer bis zum 10. Februar des laufenden Kalenderjahres eine Voranmeldung für den ersten Kalendermonat abzugeben. Die Ausübung des Wahlrechts bindet den Unternehmer für dieses Kalenderjahr. Absatz 2 Satz 6 gilt entsprechend.

(3) Der Unternehmer hat vorbehaltlich des § 18i Absatz 3, des § 18j Absatz 4 und des § 18k Absatz 4 für das Kalenderjahr oder für den kürzeren Besteuerungszeitraum eine Steuererklärung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung zu übermitteln, in der er die zu entrichtende Steuer oder den Überschuss, der sich zu seinen Gunsten ergibt, nach § 16 Absatz 1 bis 4 und § 17 selbst zu berechnen hat (Steueranmeldung). In den Fällen des § 16 Absatz 3 und 4 ist die Steueranmeldung binnen einem Monat nach Ablauf des kürzeren Besteuerungszeitraums zu übermitteln. Auf Antrag kann das Finanzamt zur Vermeidung von unbilligen Härten auf eine elektronische Übermittlung verzichten; in diesem Fall hat der Unternehmer eine Steueranmeldung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck abzugeben und eigenhändig zu unterschreiben.

(4) Berechnet der Unternehmer die zu entrichtende Steuer oder den Überschuss in der Steueranmeldung für das Kalenderjahr abweichend von der Summe der Vorauszahlungen, so ist der Unterschiedsbetrag zugunsten des Finanzamts einen Monat nach dem Eingang der Steueranmeldung fällig und bis dahin vom Unternehmer zu entrichten. Setzt das Finanzamt die zu entrichtende Steuer oder den Überschuss abweichend von der Steueranmeldung für den Voranmeldungszeitraum oder für das Kalenderjahr oder auf Grund unterbliebener Abgabe der Steueranmeldung fest, so ist der Unterschiedsbetrag zugunsten des Finanzamts einen Monat nach der Bekanntgabe des Steuerbescheids fällig und bis dahin vom Unternehmer zu entrichten. Die Fälligkeit rückständiger Vorauszahlungen (Absatz 1) bleibt von den Sätzen 1 und 2 unberührt.

(4a) Voranmeldungen (Absätze 1 und 2) und eine Steuererklärung (Absätze 3 und 4) haben auch die Unternehmer und juristischen Personen abzugeben, die ausschließlich Steuer für Umsätze nach § 1 Abs. 1 Nr. 5, § 13b Absatz 5 oder § 25b Abs. 2 zu entrichten haben, sowie Fahrzeuglieferer (§ 2a). Voranmeldungen sind nur für die Voranmeldungszeiträume abzugeben, in denen die Steuer für diese Umsätze zu erklären ist. Die Anwendung des Absatzes 2a ist ausgeschlossen.

(4b) Für Personen, die keine Unternehmer sind und Steuerbeträge nach § 6a Abs. 4 Satz 2 oder nach § 14c Abs. 2 schulden, gilt Absatz 4a entsprechend.

(4c) Ein nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässiger Unternehmer, der vor dem 1. Juli 2021 als Steuerschuldner Umsätze nach § 3a Absatz 5 im Gemeinschaftsgebiet erbringt, kann abweichend von den Absätzen 1 bis 4 für jeden Besteuerungszeitraum (§ 16 Absatz 1a Satz 1) eine Steuererklärung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung bis zum 20. Tag nach Ablauf jedes Besteuerungszeitraums dem Bundeszentralamt für Steuern übermitteln, in der er die Steuer für die vorgenannten Umsätze selbst zu berechnen hat (Steueranmeldung). Die Steuer ist am 20. Tag nach Ablauf des Besteuerungszeitraums fällig und bis dahin vom Unternehmer zu entrichten. Die Ausübung des Wahlrechts hat der Unternehmer auf dem amtlich vorgeschriebenen, elektronisch zu übermittelnden Dokument dem Bundeszentralamt für Steuern anzuzeigen, bevor er Umsätze nach § 3a Abs. 5 im Gemeinschaftsgebiet erbringt. Das Wahlrecht kann nur mit Wirkung vom Beginn eines Besteuerungszeitraums an widerrufen werden. Der Widerruf ist vor Beginn des Besteuerungszeitraums, für den er gelten soll, gegenüber dem Bundeszentralamt für Steuern auf elektronischem Weg zu erklären. Kommt der Unternehmer seinen Verpflichtungen nach den Sätzen 1 bis 3 oder § 22 Abs. 1 wiederholt nicht oder nicht rechtzeitig nach, schließt ihn das Bundeszentralamt für Steuern von dem Besteuerungsverfahren nach Satz 1 aus. Der Ausschluss gilt ab dem Besteuerungszeitraum, der nach dem Zeitpunkt der Bekanntgabe des Ausschlusses gegenüber dem Unternehmer beginnt.

(4d) Für nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässige Unternehmer, die vor dem 1. Juli 2021 im Inland im Besteuerungszeitraum (§ 16 Absatz 1 Satz 2) als Steuerschuldner Umsätze nach § 3a Absatz 5 erbringen und diese Umsätze in einem anderen Mitgliedstaat erklären sowie die darauf entfallende Steuer entrichten, gelten insoweit die Absätze 1 bis 4 nicht.

(4e) Ein im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässiger Unternehmer (§ 13b Absatz 7 Satz 2), der vor dem 1. Juli 2021 als Steuerschuldner Umsätze nach § 3a Absatz 5 im Inland erbringt, kann abweichend von den Absätzen 1 bis 4 für jeden Besteuerungszeitraum (§ 16 Absatz 1b Satz 1) eine Steuererklärung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung bis zum 20. Tag nach Ablauf jedes Besteuerungszeitraums übermitteln, in der er die Steuer für die vorgenannten Umsätze selbst zu berechnen hat; dies gilt nur, wenn der Unternehmer im Inland, auf der Insel Helgoland und in einem der in § 1 Absatz 3 bezeichneten Gebiete weder seinen Sitz, seine Geschäftsleitung noch eine Betriebsstätte hat. Die Steuererklärung ist der zuständigen Steuerbehörde des Mitgliedstaates der Europäischen Union zu übermitteln, in dem der Unternehmer ansässig ist; diese Steuererklärung ist ab dem Zeitpunkt eine Steueranmeldung im Sinne des § 150 Absatz 1 Satz 3 und des § 168 der Abgabenordnung, zu dem die in ihr enthaltenen Daten von der zuständigen Steuerbehörde des Mitgliedstaates der Europäischen Union, an die der Unternehmer die Steuererklärung übermittelt hat, dem Bundeszentralamt für Steuern übermittelt und dort in bearbeitbarer Weise aufgezeichnet wurden. Satz 2 gilt für die Berichtigung einer Steuererklärung entsprechend. Die Steuer ist am 20. Tag nach Ablauf des Besteuerungszeitraums fällig und bis dahin vom Unternehmer zu entrichten. Die Ausübung des Wahlrechts nach Satz 1 hat der Unternehmer in dem amtlich vorgeschriebenen, elektronisch zu übermittelnden Dokument der Steuerbehörde des Mitgliedstaates der Europäischen Union, in dem der Unternehmer ansässig ist, vor Beginn des Besteuerungszeitraums anzuzeigen, ab dessen Beginn er von dem Wahlrecht Gebrauch macht. Das Wahlrecht kann nur mit Wirkung vom Beginn eines Besteuerungszeitraums an widerrufen werden. Der Widerruf ist vor Beginn des Besteuerungszeitraums, für den er gelten soll, gegenüber der Steuerbehörde des Mitgliedstaates der Europäischen Union, in dem der Unternehmer ansässig ist, auf elektronischem Weg zu erklären. Kommt der Unternehmer seinen Verpflichtungen nach den Sätzen 1 bis 5 oder § 22 Absatz 1 wiederholt nicht oder nicht rechtzeitig nach, schließt ihn die zuständige Steuerbehörde des Mitgliedstaates der Europäischen Union, in dem der Unternehmer ansässig ist, von dem Besteuerungsverfahren nach Satz 1 aus. Der Ausschluss gilt ab dem Besteuerungszeitraum, der nach dem Zeitpunkt der Bekanntgabe des Ausschlusses gegenüber dem Unternehmer beginnt. Die Steuererklärung nach Satz 1 gilt als fristgemäß übermittelt, wenn sie bis zum 20. Tag nach Ablauf des Besteuerungszeitraums (§ 16 Absatz 1b Satz 1) der zuständigen Steuerbehörde des Mitgliedstaates der Europäischen Union übermittelt worden ist, in dem der Unternehmer ansässig ist, und dort in bearbeitbarer Weise aufgezeichnet wurde. Die Entrichtung der Steuer erfolgt entsprechend Satz 4 fristgemäß, wenn die Zahlung bis zum 20. Tag nach Ablauf des Besteuerungszeitraums (§ 16 Absatz 1b Satz 1) bei der zuständigen Steuerbehörde des Mitgliedstaates der Europäischen Union, in dem der Unternehmer ansässig ist, eingegangen ist. § 240 der Abgabenordnung ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass eine Säumnis frühestens mit Ablauf des 10. Tages nach Ablauf des auf den Besteuerungszeitraum (§ 16 Absatz 1b Satz 1) folgenden übernächsten Monats eintritt.

(4f) Soweit Organisationseinheiten der Gebietskörperschaften Bund und Länder durch ihr Handeln eine Erklärungspflicht begründen, obliegen der jeweiligen Organisationseinheit für die Umsatzbesteuerung alle steuerlichen Rechte und Pflichten. In den in § 30 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a und b der Abgabenordnung genannten Verfahren tritt die Organisationseinheit insoweit an die Stelle der Gebietskörperschaft. § 2 Absatz 1 Satz 2 bleibt unberührt. Die Organisationseinheiten können jeweils für ihren Geschäftsbereich durch Organisationsentscheidungen weitere untergeordnete Organisationseinheiten mit Wirkung für die Zukunft bilden. Einer Organisationseinheit übergeordnete Organisationseinheiten können durch Organisationsentscheidungen mit Wirkung für die Zukunft die in Satz 1 genannten Rechte und Pflichten der untergeordneten Organisationseinheit wahrnehmen oder mehrere Organisationseinheiten zu einer Organisationseinheit zusammenschließen. Die in § 1a Absatz 3 Nummer 2, § 2b Absatz 2 Nummer 1, § 3a Absatz 5 Satz 3, § 3c Absatz 4 Satz 1, § 18 Absatz 2 Satz 2, § 18a Absatz 1 Satz 2, § 19 Absatz 1, § 20 Satz 1 Nummer 1 und § 24 Absatz 1 Satz 1 genannten Betragsgrenzen gelten für Organisationseinheiten stets als überschritten. Wahlrechte, deren Rechtsfolgen das gesamte Unternehmen der Gebietskörperschaft erfassen, können nur einheitlich ausgeübt werden. Die Gebietskörperschaft kann gegenüber dem für sie zuständigen Finanzamt mit Wirkung für die Zukunft erklären, dass die Sätze 1 bis 5 nicht zur Anwendung kommen sollen; ein Widerruf ist nur mit Wirkung für die Zukunft möglich.

(4g) Die oberste Landesfinanzbehörde oder die von ihr beauftragte Landesfinanzbehörde kann anordnen, dass eine andere als die nach § 21 Absatz 1 der Abgabenordnung örtlich zuständige Finanzbehörde die Besteuerung einer Organisationseinheit des jeweiligen Landes übernimmt. Die oberste Landesfinanzbehörde oder die von ihr beauftragte Landesfinanzbehörde kann mit der obersten Finanzbehörde eines anderen Landes oder einer von dieser beauftragten Landesfinanzbehörde vereinbaren, dass eine andere als die nach § 21 Absatz 1 der Abgabenordnung zuständige Finanzbehörde die Besteuerung einer Organisationseinheit des Landes der zuständigen Finanzbehörde übernimmt. Die Senatsverwaltung für Finanzen von Berlin oder eine von ihr beauftragte Landesfinanzbehörde kann mit der obersten Finanzbehörde eines anderen Landes oder mit einer von dieser beauftragten Landesfinanzbehörde vereinbaren, dass eine andere als die nach § 21 Absatz 1 der Abgabenordnung zuständige Finanzbehörde die Besteuerung für eine Organisationseinheit der Gebietskörperschaft Bund übernimmt.

(5) In den Fällen der Beförderungseinzelbesteuerung (§ 16 Abs. 5) ist abweichend von den Absätzen 1 bis 4 wie folgt zu verfahren:

1.
Der Beförderer hat für jede einzelne Fahrt eine Steuererklärung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck in zwei Stücken bei der zuständigen Zolldienststelle abzugeben.
2.
Die zuständige Zolldienststelle setzt für das zuständige Finanzamt die Steuer auf beiden Stücken der Steuererklärung fest und gibt ein Stück dem Beförderer zurück, der die Steuer gleichzeitig zu entrichten hat. Der Beförderer hat dieses Stück mit der Steuerquittung während der Fahrt mit sich zu führen.
3.
Der Beförderer hat bei der zuständigen Zolldienststelle, bei der er die Grenze zum Drittlandsgebiet überschreitet, eine weitere Steuererklärung in zwei Stücken abzugeben, wenn sich die Zahl der Personenkilometer (§ 10 Abs. 6 Satz 2), von der bei der Steuerfestsetzung nach Nummer 2 ausgegangen worden ist, geändert hat. Die Zolldienststelle setzt die Steuer neu fest. Gleichzeitig ist ein Unterschiedsbetrag zugunsten des Finanzamts zu entrichten oder ein Unterschiedsbetrag zugunsten des Beförderers zu erstatten. Die Sätze 2 und 3 sind nicht anzuwenden, wenn der Unterschiedsbetrag weniger als 2,50 Euro beträgt. Die Zolldienststelle kann in diesen Fällen auf eine schriftliche Steuererklärung verzichten.

(5a) In den Fällen der Fahrzeugeinzelbesteuerung (§ 16 Absatz 5a) hat der Erwerber, abweichend von den Absätzen 1 bis 4, spätestens bis zum 10. Tag nach Ablauf des Tages, an dem die Steuer entstanden ist, eine Steuererklärung, in der er die zu entrichtende Steuer selbst zu berechnen hat, nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung zu übermitteln oder nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck abzugeben (Steueranmeldung). Bei Verwendung des Vordrucks muss dieser vom Erwerber eigenhändig unterschrieben sein. Gibt der Erwerber die Steueranmeldung nicht ab oder hat er die Steuer nicht richtig berechnet, so kann die Finanzbehörde die Steuer festsetzen. Die Steuer ist am zehnten Tag nach Ablauf des Tages fällig, an dem sie entstanden ist, und ist bis dahin vom Erwerber zu entrichten.

(5b) In den Fällen des § 16 Abs. 5b ist das Besteuerungsverfahren nach den Absätzen 3 und 4 durchzuführen. Die bei der Beförderungseinzelbesteuerung (§ 16 Abs. 5) entrichtete Steuer ist auf die nach Absatz 3 Satz 1 zu entrichtende Steuer anzurechnen.

(6) Zur Vermeidung von Härten kann das Bundesministerium der Finanzen mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung die Fristen für die Voranmeldungen und Vorauszahlungen um einen Monat verlängern und das Verfahren näher bestimmen. Dabei kann angeordnet werden, dass der Unternehmer eine Sondervorauszahlung auf die Steuer für das Kalenderjahr zu entrichten hat.

(7) Zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens kann das Bundesministerium der Finanzen mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, dass und unter welchen Voraussetzungen auf die Erhebung der Steuer für Lieferungen von Gold, Silber und Platin sowie sonstige Leistungen im Geschäft mit diesen Edelmetallen zwischen Unternehmern, die an einer Wertpapierbörse im Inland mit dem Recht zur Teilnahme am Handel zugelassen sind, verzichtet werden kann. Das gilt nicht für Münzen und Medaillen aus diesen Edelmetallen.

(8) (weggefallen)

(9) Zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens kann das Bundesministerium der Finanzen mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung die Vergütung der Vorsteuerbeträge (§ 15) an im Ausland ansässige Unternehmer, abweichend von § 16 und von den Absätzen 1 bis 4, in einem besonderen Verfahren regeln. Dabei kann auch angeordnet werden,

1.
dass die Vergütung nur erfolgt, wenn sie eine bestimmte Mindesthöhe erreicht,
2.
innerhalb welcher Frist der Vergütungsantrag zu stellen ist,
3.
in welchen Fällen der Unternehmer den Antrag eigenhändig zu unterschreiben hat,
4.
wie und in welchem Umfang Vorsteuerbeträge durch Vorlage von Rechnungen und Einfuhrbelegen nachzuweisen sind,
5.
dass der Bescheid über die Vergütung der Vorsteuerbeträge elektronisch erteilt wird,
6.
wie und in welchem Umfang der zu vergütende Betrag zu verzinsen ist.
Von der Vergütung ausgeschlossen sind in Rechnung gestellte Steuerbeträge für Ausfuhrlieferungen, bei denen die Gegenstände vom Abnehmer oder von einem von ihm beauftragten Dritten befördert oder versendet wurden, die nach § 4 Nummer 1 Buchstabe a in Verbindung mit § 6 steuerfrei sind, oder für innergemeinschaftliche Lieferungen, die nach § 4 Nummer 1 Buchstabe b in Verbindung mit § 6a steuerfrei sind oder in Bezug auf § 6a Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 steuerfrei sein können. Sind die durch die Rechtsverordnung nach den Sätzen 1 und 2 geregelten Voraussetzungen des besonderen Verfahrens erfüllt und schuldet der im Ausland ansässige Unternehmer ausschließlich Steuer nach § 13a Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit § 14c Absatz 1 oder § 13a Absatz 1 Nummer 4, kann die Vergütung der Vorsteuerbeträge nur in dem besonderen Verfahren durchgeführt werden. Einem Unternehmer, der im Gemeinschaftsgebiet ansässig ist und Umsätze ausführt, die zum Teil den Vorsteuerabzug ausschließen, wird die Vorsteuer höchstens in der Höhe vergütet, in der er in dem Mitgliedstaat, in dem er ansässig ist, bei Anwendung eines Pro-rata-Satzes zum Vorsteuerabzug berechtigt wäre. Einem Unternehmer, der nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässig ist, wird die Vorsteuer nur vergütet, wenn in dem Land, in dem der Unternehmer seinen Sitz hat, keine Umsatzsteuer oder ähnliche Steuer erhoben oder im Fall der Erhebung im Inland ansässigen Unternehmern vergütet wird. Von der Vergütung ausgeschlossen sind bei Unternehmern, die nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässig sind, die Vorsteuerbeträge, die auf den Bezug von Kraftstoffen entfallen. Die Sätze 6 und 7 gelten nicht für Unternehmer, die nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässig sind, soweit sie im Besteuerungszeitraum (§ 16 Absatz 1 Satz 2) vor dem 1. Juli 2021 als Steuerschuldner Umsätze nach § 3a Absatz 5 im Gemeinschaftsgebiet erbracht und für diese Umsätze von § 18 Absatz 4c Gebrauch gemacht haben oder diese Umsätze in einem anderen Mitgliedstaat erklärt sowie die darauf entfallende Steuer entrichtet haben; Voraussetzung ist, dass die Vorsteuerbeträge im Zusammenhang mit Umsätzen nach § 3a Absatz 5 stehen. Die Sätze 6 und 7 gelten auch nicht für Unternehmer, die nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässig sind, soweit sie im Besteuerungszeitraum (§ 16 Absatz 1 Satz 2) nach dem 30. Juni 2021 als Steuerschuldner Lieferungen nach § 3 Absatz 3a Satz 1 innerhalb eines Mitgliedstaates, Fernverkäufe nach § 3 Absatz 3a Satz 2, innergemeinschaftliche Fernverkäufe nach § 3c Absatz 1 Satz 2 und 3, Fernverkäufe nach § 3c Absatz 2 oder 3 oder sonstige Leistungen an Empfänger nach § 3a Absatz 5 Satz 1 im Gemeinschaftsgebiet erbracht und für diese Umsätze von den §§ 18i, 18j oder 18k Gebrauch gemacht haben; Voraussetzung ist, dass die Vorsteuerbeträge mit Lieferungen nach § 3 Absatz 3a Satz 1 innerhalb eines Mitgliedstaates, Fernverkäufen nach § 3 Absatz 3a Satz 2, innergemeinschaftlichen Fernverkäufen nach § 3c Absatz 1 Satz 2 und 3, Fernverkäufen nach § 3c Absatz 2 oder 3 oder sonstigen Leistungen an Empfänger nach § 3a Absatz 5 Satz 1 im Zusammenhang stehen.

(10) Zur Sicherung des Steueranspruchs in den Fällen des innergemeinschaftlichen Erwerbs neuer motorbetriebener Landfahrzeuge und neuer Luftfahrzeuge (§ 1b Abs. 2 und 3) gilt folgendes:

1.
Die für die Zulassung oder die Registrierung von Fahrzeugen zuständigen Behörden sind verpflichtet, den für die Besteuerung des innergemeinschaftlichen Erwerbs neuer Fahrzeuge zuständigen Finanzbehörden ohne Ersuchen Folgendes mitzuteilen:
a)
bei neuen motorbetriebenen Landfahrzeugen die erstmalige Ausgabe von Zulassungsbescheinigungen Teil II oder die erstmalige Zuteilung eines amtlichen Kennzeichens bei zulassungsfreien Fahrzeugen. Gleichzeitig sind die in Nummer 2 Buchstabe a bezeichneten Daten und das zugeteilte amtliche Kennzeichen oder, wenn dieses noch nicht zugeteilt worden ist, die Nummer der Zulassungsbescheinigung Teil II zu übermitteln,
b)
bei neuen Luftfahrzeugen die erstmalige Registrierung dieser Luftfahrzeuge. Gleichzeitig sind die in Nummer 3 Buchstabe a bezeichneten Daten und das zugeteilte amtliche Kennzeichen zu übermitteln. Als Registrierung im Sinne dieser Vorschrift gilt nicht die Eintragung eines Luftfahrzeugs in das Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen.
2.
In den Fällen des innergemeinschaftlichen Erwerbs neuer motorbetriebener Landfahrzeuge (§ 1b Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 und Absatz 3 Nummer 1) gilt Folgendes:
a)
Bei der erstmaligen Ausgabe einer Zulassungsbescheinigung Teil II im Inland oder bei der erstmaligen Zuteilung eines amtlichen Kennzeichens für zulassungsfreie Fahrzeuge im Inland hat der Antragsteller die folgenden Angaben zur Übermittlung an die Finanzbehörden zu machen:
aa)
den Namen und die Anschrift des Antragstellers sowie das für ihn zuständige Finanzamt (§ 21 der Abgabenordnung),
bb)
den Namen und die Anschrift des Lieferers,
cc)
den Tag der Lieferung,
dd)
den Tag der ersten Inbetriebnahme,
ee)
den Kilometerstand am Tag der Lieferung,
ff)
die Fahrzeugart, den Fahrzeughersteller, den Fahrzeugtyp und die Fahrzeug-Identifizierungsnummer,
gg)
den Verwendungszweck.
Der Antragsteller ist zu den Angaben nach den Doppelbuchstaben aa und bb auch dann verpflichtet, wenn er nicht zu den in § 1a Absatz 1 Nummer 2 und § 1b Absatz 1 genannten Personen gehört oder wenn Zweifel daran bestehen, dass die Eigenschaften als neues Fahrzeug im Sinne des § 1b Absatz 3 Nummer 1 vorliegen. Die Zulassungsbehörde darf die Zulassungsbescheinigung Teil II oder bei zulassungsfreien Fahrzeugen, die nach § 4 Absatz 2 und 3 der Fahrzeug-Zulassungsverordnung ein amtliches Kennzeichen führen, die Zulassungsbescheinigung Teil I erst aushändigen, wenn der Antragsteller die vorstehenden Angaben gemacht hat.
b)
Ist die Steuer für den innergemeinschaftlichen Erwerb nicht entrichtet worden, hat die Zulassungsbehörde auf Antrag des Finanzamts die Zulassungsbescheinigung Teil I für ungültig zu erklären und das amtliche Kennzeichen zu entstempeln. Die Zulassungsbehörde trifft die hierzu erforderlichen Anordnungen durch schriftlichen Verwaltungsakt (Abmeldungsbescheid). Das Finanzamt kann die Abmeldung von Amts wegen auch selbst durchführen, wenn die Zulassungsbehörde das Verfahren noch nicht eingeleitet hat. Satz 2 gilt entsprechend. Das Finanzamt teilt die durchgeführte Abmeldung unverzüglich der Zulassungsbehörde mit und händigt dem Fahrzeughalter die vorgeschriebene Bescheinigung über die Abmeldung aus. Die Durchführung der Abmeldung von Amts wegen richtet sich nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz. Für Streitigkeiten über Abmeldungen von Amts wegen ist der Verwaltungsrechtsweg gegeben.
3.
In den Fällen des innergemeinschaftlichen Erwerbs neuer Luftfahrzeuge (§ 1b Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 und Abs. 3 Nr. 3) gilt Folgendes:
a)
Bei der erstmaligen Registrierung in der Luftfahrzeugrolle hat der Antragsteller die folgenden Angaben zur Übermittlung an die Finanzbehörden zu machen:
aa)
den Namen und die Anschrift des Antragstellers sowie das für ihn zuständige Finanzamt (§ 21 der Abgabenordnung),
bb)
den Namen und die Anschrift des Lieferers,
cc)
den Tag der Lieferung,
dd)
das Entgelt (Kaufpreis),
ee)
den Tag der ersten Inbetriebnahme,
ff)
die Starthöchstmasse,
gg)
die Zahl der bisherigen Betriebsstunden am Tag der Lieferung,
hh)
den Flugzeughersteller und den Flugzeugtyp,
ii)
den Verwendungszweck.
Der Antragsteller ist zu den Angaben nach Satz 1 Doppelbuchstabe aa und bb auch dann verpflichtet, wenn er nicht zu den in § 1a Abs. 1 Nr. 2 und § 1b Abs. 1 genannten Personen gehört oder wenn Zweifel daran bestehen, ob die Eigenschaften als neues Fahrzeug im Sinne des § 1b Abs. 3 Nr. 3 vorliegen. Das Luftfahrt-Bundesamt darf die Eintragung in der Luftfahrzeugrolle erst vornehmen, wenn der Antragsteller die vorstehenden Angaben gemacht hat.
b) Ist die Steuer für den innergemeinschaftlichen Erwerb nicht entrichtet worden, so hat das Luftfahrt-Bundesamt auf Antrag des Finanzamts die Betriebserlaubnis zu widerrufen. Es trifft die hierzu erforderlichen Anordnungen durch schriftlichen Verwaltungsakt (Abmeldungsbescheid). Die Durchführung der Abmeldung von Amts wegen richtet sich nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz. Für Streitigkeiten über Abmeldungen von Amts wegen ist der Verwaltungsrechtsweg gegeben.

(11) Die für die Steueraufsicht zuständigen Zolldienststellen wirken an der umsatzsteuerlichen Erfassung von Personenbeförderungen mit nicht im Inland zugelassenen Kraftomnibussen mit. Sie sind berechtigt, im Rahmen von zeitlich und örtlich begrenzten Kontrollen die nach ihrer äußeren Erscheinung nicht im Inland zugelassenen Kraftomnibusse anzuhalten und die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse festzustellen, die für die Umsatzsteuer maßgebend sind, und die festgestellten Daten den zuständigen Finanzbehörden zu übermitteln.

(12) Im Ausland ansässige Unternehmer (§ 13b Absatz 7), die grenzüberschreitende Personenbeförderungen mit nicht im Inland zugelassenen Kraftomnibussen durchführen, haben dies vor der erstmaligen Ausführung derartiger auf das Inland entfallender Umsätze (§ 3b Abs. 1 Satz 2) bei dem für die Umsatzbesteuerung zuständigen Finanzamt anzuzeigen, soweit diese Umsätze nicht der Beförderungseinzelbesteuerung (§ 16 Abs. 5) unterliegen. Das Finanzamt erteilt hierüber eine Bescheinigung. Die Bescheinigung ist während jeder Fahrt mitzuführen und auf Verlangen den für die Steueraufsicht zuständigen Zolldienststellen vorzulegen. Bei Nichtvorlage der Bescheinigung können diese Zolldienststellen eine Sicherheitsleistung nach den abgabenrechtlichen Vorschriften in Höhe der für die einzelne Beförderungsleistung voraussichtlich zu entrichtenden Steuer verlangen. Die entrichtete Sicherheitsleistung ist auf die nach Absatz 3 Satz 1 zu entrichtende Steuer anzurechnen.

(1)1Einkünfte aus Gewerbebetrieb sind

1.
Einkünfte aus gewerblichen Unternehmen.2Dazu gehören auch Einkünfte aus gewerblicher Bodenbewirtschaftung, z. B. aus Bergbauunternehmen und aus Betrieben zur Gewinnung von Torf, Steinen und Erden, soweit sie nicht land- oder forstwirtschaftliche Nebenbetriebe sind;
2.
die Gewinnanteile der Gesellschafter einer Offenen Handelsgesellschaft, einer Kommanditgesellschaft und einer anderen Gesellschaft, bei der der Gesellschafter als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebs anzusehen ist, und die Vergütungen, die der Gesellschafter von der Gesellschaft für seine Tätigkeit im Dienst der Gesellschaft oder für die Hingabe von Darlehen oder für die Überlassung von Wirtschaftsgütern bezogen hat.2Der mittelbar über eine oder mehrere Personengesellschaften beteiligte Gesellschafter steht dem unmittelbar beteiligten Gesellschafter gleich; er ist als Mitunternehmer des Betriebs der Gesellschaft anzusehen, an der er mittelbar beteiligt ist, wenn er und die Personengesellschaften, die seine Beteiligung vermitteln, jeweils als Mitunternehmer der Betriebe der Personengesellschaften anzusehen sind, an denen sie unmittelbar beteiligt sind;
3.
die Gewinnanteile der persönlich haftenden Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft auf Aktien, soweit sie nicht auf Anteile am Grundkapital entfallen, und die Vergütungen, die der persönlich haftende Gesellschafter von der Gesellschaft für seine Tätigkeit im Dienst der Gesellschaft oder für die Hingabe von Darlehen oder für die Überlassung von Wirtschaftsgütern bezogen hat.
2Satz 1 Nummer 2 und 3 gilt auch für Vergütungen, die als nachträgliche Einkünfte (§ 24 Nummer 2) bezogen werden.3§ 13 Absatz 5 gilt entsprechend, sofern das Grundstück im Veranlagungszeitraum 1986 zu einem gewerblichen Betriebsvermögen gehört hat.

(1a)1In den Fällen des § 4 Absatz 1 Satz 5 ist der Gewinn aus einer späteren Veräußerung der Anteile ungeachtet der Bestimmungen eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung in der gleichen Art und Weise zu besteuern, wie die Veräußerung dieser Anteile an der Europäischen Gesellschaft oder Europäischen Genossenschaft zu besteuern gewesen wäre, wenn keine Sitzverlegung stattgefunden hätte.2Dies gilt auch, wenn später die Anteile verdeckt in eine Kapitalgesellschaft eingelegt werden, die Europäische Gesellschaft oder Europäische Genossenschaft aufgelöst wird oder wenn ihr Kapital herabgesetzt und zurückgezahlt wird oder wenn Beträge aus dem steuerlichen Einlagenkonto im Sinne des § 27 des Körperschaftsteuergesetzes ausgeschüttet oder zurückgezahlt werden.

(2)1Eine selbständige nachhaltige Betätigung, die mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, ist Gewerbebetrieb, wenn die Betätigung weder als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung eines freien Berufs noch als eine andere selbständige Arbeit anzusehen ist.2Eine durch die Betätigung verursachte Minderung der Steuern vom Einkommen ist kein Gewinn im Sinne des Satzes 1.3Ein Gewerbebetrieb liegt, wenn seine Voraussetzungen im Übrigen gegeben sind, auch dann vor, wenn die Gewinnerzielungsabsicht nur ein Nebenzweck ist.

(3) Als Gewerbebetrieb gilt in vollem Umfang die mit Einkünfteerzielungsabsicht unternommene Tätigkeit

1.
einer offenen Handelsgesellschaft, einer Kommanditgesellschaft oder einer anderen Personengesellschaft, wenn die Gesellschaft auch eine Tätigkeit im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 ausübt oder gewerbliche Einkünfte im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 bezieht.2Dies gilt unabhängig davon, ob aus der Tätigkeit im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 ein Gewinn oder Verlust erzielt wird oder ob die gewerblichen Einkünfte im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 positiv oder negativ sind;
2.
einer Personengesellschaft, die keine Tätigkeit im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 ausübt und bei der ausschließlich eine oder mehrere Kapitalgesellschaften persönlich haftende Gesellschafter sind und nur diese oder Personen, die nicht Gesellschafter sind, zur Geschäftsführung befugt sind (gewerblich geprägte Personengesellschaft).2Ist eine gewerblich geprägte Personengesellschaft als persönlich haftender Gesellschafter an einer anderen Personengesellschaft beteiligt, so steht für die Beurteilung, ob die Tätigkeit dieser Personengesellschaft als Gewerbebetrieb gilt, die gewerblich geprägte Personengesellschaft einer Kapitalgesellschaft gleich.

(4)1Verluste aus gewerblicher Tierzucht oder gewerblicher Tierhaltung dürfen weder mit anderen Einkünften aus Gewerbebetrieb noch mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden; sie dürfen auch nicht nach § 10d abgezogen werden.2Die Verluste mindern jedoch nach Maßgabe des § 10d die Gewinne, die der Steuerpflichtige in dem unmittelbar vorangegangenen und in den folgenden Wirtschaftsjahren aus gewerblicher Tierzucht oder gewerblicher Tierhaltung erzielt hat oder erzielt; § 10d Absatz 4 gilt entsprechend.3Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für Verluste aus Termingeschäften, durch die der Steuerpflichtige einen Differenzausgleich oder einen durch den Wert einer veränderlichen Bezugsgröße bestimmten Geldbetrag oder Vorteil erlangt.4Satz 3 gilt nicht für die Geschäfte, die zum gewöhnlichen Geschäftsbetrieb bei Kreditinstituten, Finanzdienstleistungsinstituten und Finanzunternehmen im Sinne des Gesetzes über das Kreditwesen oder bei Wertpapierinstituten im Sinne des Wertpapierinstitutsgesetzes gehören oder die der Absicherung von Geschäften des gewöhnlichen Geschäftsbetriebs dienen.5Satz 4 gilt nicht, wenn es sich um Geschäfte handelt, die der Absicherung von Aktiengeschäften dienen, bei denen der Veräußerungsgewinn nach § 3 Nummer 40 Satz 1 Buchstabe a und b in Verbindung mit § 3c Absatz 2 teilweise steuerfrei ist, oder die nach § 8b Absatz 2 des Körperschaftsteuergesetzes bei der Ermittlung des Einkommens außer Ansatz bleiben.6Verluste aus stillen Gesellschaften, Unterbeteiligungen oder sonstigen Innengesellschaften an Kapitalgesellschaften, bei denen der Gesellschafter oder Beteiligte als Mitunternehmer anzusehen ist, dürfen weder mit Einkünften aus Gewerbebetrieb noch aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden; sie dürfen auch nicht nach § 10d abgezogen werden.7Die Verluste mindern jedoch nach Maßgabe des § 10d die Gewinne, die der Gesellschafter oder Beteiligte in dem unmittelbar vorangegangenen Wirtschaftsjahr oder in den folgenden Wirtschaftsjahren aus derselben stillen Gesellschaft, Unterbeteiligung oder sonstigen Innengesellschaft bezieht; § 10d Absatz 4 gilt entsprechend.8Die Sätze 6 und 7 gelten nicht, soweit der Verlust auf eine natürliche Person als unmittelbar oder mittelbar beteiligter Mitunternehmer entfällt.

(1) Unternehmer ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbstständig ausübt, unabhängig davon, ob er nach anderen Vorschriften rechtsfähig ist. Das Unternehmen umfasst die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt oder eine Personenvereinigung nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig wird.

(2) Die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit wird nicht selbständig ausgeübt,

1.
soweit natürliche Personen, einzeln oder zusammengeschlossen, einem Unternehmen so eingegliedert sind, dass sie den Weisungen des Unternehmers zu folgen verpflichtet sind,
2.
wenn eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert ist (Organschaft). Die Wirkungen der Organschaft sind auf Innenleistungen zwischen den im Inland gelegenen Unternehmensteilen beschränkt. Diese Unternehmensteile sind als ein Unternehmen zu behandeln. Hat der Organträger seine Geschäftsleitung im Ausland, gilt der wirtschaftlich bedeutendste Unternehmensteil im Inland als der Unternehmer.

(3) (weggefallen)

Tatbestand

1

I. Die Beteiligten streiten darüber, ob dem Kläger und Revisionskläger (Kläger) in den Streitjahren 1993 und 1994 Vermittlungsumsätze an die F-GmbH zuzurechnen sind.

2

Der Kläger war zunächst als angestellter Handelsvertreter der F-GmbH im Bereich der Kundenakquisition und -beratung für …sanierungen tätig.

3

Da ihm selbst ab dem 1. Juli 1991 öffentlich-rechtlich untersagt worden war, selbstständig eine Handelsvertretung zu betreiben, meldete auf seine Veranlassung ab Februar des Streitjahres 1993 seine frühere Lebensgefährtin A ein Einzelunternehmen mit dem Geschäftszweck "Altbausanierungsvertretung" an. Die F-GmbH rechnete gegenüber A die Provisionen zum Teil durch Gutschriften ab; teilweise wurden der F-GmbH Rechnungen im Namen der A erteilt. Die fälligen Beträge zahlte die F-GmbH auf ein hierfür auf Veranlassung des Klägers eröffnetes Konto der A, über das der Kläger verfügen konnte.

4

Wegen der Vermittlungsumsätze für die F-GmbH erließ der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) gegenüber A auf geschätzten Besteuerungsgrundlagen beruhende Umsatzsteuerbescheide für beide Streitjahre, wobei es die Zahlungen der F-GmbH an A zugrunde legte (1993: 222.487 DM und 1994: 344.413 DM).

5

Der Kläger gab zunächst anhand entsprechend ausgestellter Lohnsteuerbescheinigungen für 1993 und 1994 vor, als Angestellter der A tätig gewesen zu sein und in dieser Funktion auf Rechnung der A für die F-GmbH Aufträge vermittelt zu haben.

6

Im Jahr 1998 erklärte er u.a. für das Streitjahr 1994 nachträglich Betriebseinnahmen aus einer Tätigkeit als selbstständiger Handelsvertreter (61.009,62 DM). Aufgrund dieser Angaben setzte das FA u.a. für das Streitjahr die Umsatzsteuer 1994 durch Bescheid vom 16. Dezember 1999 fest.

7

Im Anschluss an das rechtskräftige Urteil des Amtsgerichts vom Juli 2004, das den Kläger wegen Einkommensteuerhinterziehung verurteilt hatte und dabei von Betriebseinnahmen in Höhe von 168.310,96 DM (1993) und 286.358,72 DM (1994) ausging, und unter Bezugnahme auf den Bericht der Steuerfahndung vom 31. August 2004, wonach die F-GmbH dem Kläger für seine Vermittlungen Vergütungen in Höhe von 112.389,21 DM (1993) und 306.959,81 DM (1994) bezahlt habe, ging das FA davon aus, tatsächlich habe der Kläger das Einzelunternehmen der A auf eigenes Vergütungsrisiko wie ein selbstständiger Handelsvertreter geführt, ohne an deren Weisungen gebunden zu sein. Der Kläger habe weitgehend über die eingehenden Zahlungen verfügen können, da er Zugriff auf die Konten der A gehabt und diese ihrerseits die auf ihrem Konto eingehenden Zahlungen als Mittel des Klägers angesehen habe. Das FA erließ daraufhin am 17. November 2005 ausgehend von Provisionen in Höhe von 112.389,21 DM (1993) und 306.959,81 DM (1994) die Umsatzsteuerbescheide für die Streitjahre und setzte für 1993 erstmals Umsatzsteuer in Höhe von 14.659,50 DM und für das Streitjahr 1994 nunmehr mit 40.038,20 DM fest.

8

Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) ging aufgrund der Feststellungen im Strafurteil des Amtsgerichts S davon aus, dass der Kläger seine Anstellung bei der F-GmbH aufgegeben habe, weil er im Rahmen einer selbstständigen Tätigkeit einen höheren Verdienst habe erzielen können, dass er das Gewerbe ohne an Weisungen der A gebunden zu sein "faktisch ... selbständig" geführt und dessen Umsätze tatsächlich allein erwirtschaftet habe, während A selbst im Rahmen der Handelsvertretertätigkeit wesentliche Aufgaben weder wahrgenommen habe noch dazu in der Lage gewesen sei. Auch sah das FG als erwiesen an, dass der Kläger tatsächlich über die auf dem für A geführten Bankkonto gutgeschriebenen Provisionen der F-GmbH habe verfügen können und verfügt habe und in Übereinstimmung damit A ihrerseits die dort eingegangenen Geldbeträge als dem Kläger zustehend betrachtet habe. Da er tatsächlich auf eigenes Vergütungsrisiko als selbstständiger Handelsvertreter aufgetreten und nicht an Weisungen der A gebunden gewesen sei, habe er selbstständig eine gewerbliche Tätigkeit ausgeübt und sei Unternehmer i.S. des § 2 Abs. 1 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes 1993 (UStG). Offen bleiben könne, ob der Kläger oder A --Letztere auf Rechnung des Klägers-- gegenüber der F-GmbH aufgetreten sei. Im letzten Fall habe der Kläger im Innenverhältnis umsatzsteuerpflichtige Leistungen an die A erbracht. Dem Erlass der Umsatzsteuerbescheide für die Streitjahre stehe --wie zwischen den Beteiligten auch nicht mehr streitig ist-- die Festsetzungsverjährung nicht entgegen.

9

Die Entscheidung des FG ist in "Entscheidungen der Finanzgerichte" 2011, 664 veröffentlicht.

10

Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Das FG habe dem Kläger die bei A erfassten Umsätze nicht zurechnen dürfen, weil es ihn zu Unrecht als Unternehmer angesehen habe. Maßgeblich für die Zurechnung der Umsätze sei, ob im Außenverhältnis gegenüber der F-GmbH der Kläger oder A als Leistender aufgetreten sei.

11

Der Kläger beantragt,

das angefochtene Urteil sowie die Einspruchsentscheidung vom 6. Oktober 2006 und die Umsatzsteuerbescheide für 1993 und 1994 vom 17. November 2005 aufzuheben.

12

Das FA beantragt,

die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

13

Im Streitfall liege kein schriftlicher Handelsvertretervertrag zwischen der F-GmbH und dem Kläger und der A vor. Der Kläger sei entweder selbst Vertragspartner der F-GmbH gewesen oder habe als Hintermann mit der F-GmbH vereinbart, dass die Rechtswirkungen aus den zwischen der A und der F-GmbH geschlossenen Rechtsgeschäften ihn treffen sollten. Es sei nach allen denkbaren Sachverhaltsabläufen zutreffend, dem Kläger die Vermittlungsumsätze zuzurechnen.

Entscheidungsgründe

14

II. Die Revision wegen Umsatzsteuer 1993 ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Die Revision wegen Umsatzsteuer 1994 führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO). Das FG hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass der Kläger jedenfalls Umsätze in der vom FA festgesetzten Höhe zu versteuern hat. Hinsichtlich Umsatzsteuer 1994 ist die Sache jedoch nicht spruchreif, denn die Feststellungen des FG erlauben keine abschließende Entscheidung darüber, ob der angefochtene Änderungsbescheid vom 17. November 2005 inhaltlich bestimmt ist.

15

1. Bei nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG steuerbaren Leistungen bestimmt sich die Person des Leistenden nach dem der Leistung zugrunde liegenden Rechtsverhältnis.

16

a) Wer bei einem Umsatz als Leistender anzusehen ist, ergibt sich regelmäßig aus den abgeschlossenen zivilrechtlichen Vereinbarungen. Leistender ist in der Regel derjenige, der die Lieferungen oder sonstigen Leistungen im eigenen Namen gegenüber einem anderen selbst ausführt oder durch einen Beauftragten ausführen lässt. Ob eine Leistung dem Handelnden oder einem anderen zuzurechnen ist, hängt deshalb grundsätzlich davon ab, ob der Handelnde gegenüber dem Leistungsempfänger im eigenen Namen oder berechtigterweise im Namen eines anderen bei der Ausführung entgeltlicher Leistungen aufgetreten ist (ständige Rechtsprechung, z.B. Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 7. Juli 2005 V R 60/03, BFH/NV 2006, 139, und vom 26. Juni 2003 V R 22/02, BFH/NV 2004, 233, sowie BFH-Beschluss vom 31. Januar 2002 V B 108/01, BFHE 198, 208, BStBl II 2004, 622, jeweils m.w.N.).

17

b) Ohne Bedeutung ist, ob der im eigenen Namen Handelnde auch auf eigene Rechnung tätig ist.

18

aa) Ein Kommissionär erbringt auch dann eigene Leistungen, wenn er bei der im Rahmen einer Verkaufskommission erfolgenden Lieferung eines Gegenstandes im eigenen Namen, aber auf fremde Rechnung, der seines Kommittenten, handelt, wie sich aus § 3 Abs. 3 UStG ergibt. Zugleich liegt nach dieser Vorschrift auch eine Lieferung des Kommittenten an den Kommissionär vor, obwohl es sich zivilrechtlich um eine Geschäftsbesorgung des Kommissionärs für den Kommittenten handelt. Ebenso geht Art. 5 Abs. 4 Buchst. c der Sechsten Richtlinie des Rates zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (Richtlinie 77/388/EWG) vom Vorliegen einer Lieferung des Kommittenten an den Kommissionär bei der Übertragung eines Gegenstandes aufgrund einer Verkaufskommission aus. Das Entgelt für die Lieferung des Kommittenten richtet sich nach dem Entgelt für die Lieferung des Kommissionärs, von dem die dem Kommissionär zivilrechtlich vereinbarte Provision abzuziehen ist.

19

Gleiches gilt auch in den Streitjahren für den "Verkauf" sonstiger Leistungen. Bei richtlinienkonformer Auslegung entsprechend Art. 6 Abs. 4 der Richtlinie 77/388/EWG erfasste § 3 Abs. 11 UStG auch in seiner in den Streitjahren geltenden Fassung nicht nur den "Leistungseinkauf", sondern auch den "Leistungsverkauf" (BFH-Urteile vom 7. Oktober 1999 V R 79, 80/98, BFHE 190, 235, BStBl II 2004, 308; vom 25. Mai 2000 V R 66/99, BFHE 191, 458, BStBl II 2004, 310; vom 31. Januar 2002 V R 40, 41/00, BFHE 197, 377, BStBl II 2004, 315; vom 29. August 2002 V R 8/02, BFHE 199, 88, BStBl II 2004, 320; vom 28. November 2002 V R 6/02, BFH/NV 2003, 517).

20

bb) Von einer Leistung durch denjenigen, der im eigenen Namen und für fremde Rechnung handelt, ist auch bei Strohmann- und Treuhandgeschäften auszugehen. Sofern der Strohmann oder der Treuhänder Unternehmer i.S. des § 2 UStG ist und im Rahmen seines Unternehmens handelt (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG), steht es einer einem Strohmann oder dem Treuhänder zuzurechnenden Leistung oder einem Leistungsbezug nach § 3 Abs. 3 und Abs. 11 UStG nicht entgegen, dass sie (Strohmann und Treuhänder) auf fremde Rechnung tätig sind (BFH-Urteile vom 28. Januar 1999 V R 4/98, BFHE 188, 456, BStBl II 1999, 628; in BFH/NV 2004, 233, und in BFH/NV 2006, 139, und BFH-Beschluss in BFHE 198, 208, BStBl II 2004, 622). Die gegenteilige Rechtsprechung des XI. Senats des BFH hat der im Zeitpunkt der Entscheidung ausschließlich für die Umsatzsteuer zuständige V. Senat ausdrücklich aufgegeben (BFH-Beschluss in BFHE 198, 208, BStBl II 2004, 622, unter II.4.b für BFH-Urteil vom 13. Juli 1994 XI R 97/92, BFH/NV 1995, 168). Dabei ist zwischen der Leistungserbringung und dem Leistungsbezug durch Treuhänder oder Strohmänner nicht zu differenzieren, da die Bestimmung von Leistendem und Leistungsempfänger nach einheitlichen Grundsätzen erfolgt (vgl. BFH-Urteile vom 24. August 2006 V R 16/05, BFHE 215, 311, BStBl II 2007, 340, und vom 18. Februar 2009 V R 82/07, BFHE 225, 198, BStBl II 2009, 876).

21

Entsprechend der Anwendung des § 3 Abs. 3 UStG und § 3 Abs. 11 UStG auf Kommissionsverhältnisse kann es auch bei Strohmann- und Treuhandgeschäften zu einer Verdoppelung der Leistungsbeziehungen kommen, so dass z.B. der "Hintermann" an den "Strohmann" und dieser an den Abnehmer liefert oder leistet.

22

Ohne Bedeutung ist insoweit, ob der "Hintermann" als tatsächlich Handelnder die Leistungen im Namen des Strohmannes ausgeführt hat, z.B. gegenüber dem Leistungsempfänger als Angestellter des Vertragspartners (des Strohmannes oder Treuhänders) oder als dessen Subunternehmer aufgetreten ist (vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs vom 10. März 2010 VIII ZR 65/09, BFH/NV 2010, 1597).

23

c) Unbeachtlich ist das "vorgeschobene" Strohmanngeschäft aber, wenn es nur zum Schein abgeschlossen wird, d.h. wenn die Vertragsparteien einverständlich oder stillschweigend davon ausgehen, dass die Rechtswirkungen des Geschäfts gerade nicht zwischen ihnen, sondern zwischen dem Leistungsempfänger und dem "Hintermann" eintreten sollen (vgl. § 41 Abs. 2 der Abgabenordnung --AO--; ausführlich BFH-Beschluss in BFHE 198, 208, BStBl II 2004, 622, unter II.4.c; vgl. auch BFH-Beschluss vom 17. Oktober 2003 V B 111/02, BFH/NV 2004, 235). Letzteres ist insbesondere dann zu bejahen, wenn der Leistungsempfänger weiß oder davon ausgehen muss, dass derjenige, mit dem oder in dessen Namen das Rechtsgeschäft abgeschlossen wird (sog. Strohmann), selbst keine eigene --ggf. auch durch Subunternehmer auszuführende-- Verpflichtung aus dem Rechtsgeschäft übernehmen will (vgl. BFH-Beschluss in BFHE 198, 208, BStBl II 2004, 622; BFH-Urteil vom 12. August 2009 XI R 48/07, BFH/NV 2010, 259).

24

2. Im Streitfall kann offen bleiben, ob der Kläger die Leistungen unmittelbar an die F-GmbH erbracht hat, weil Vereinbarungen zwischen der GmbH und A nur zum Schein getroffen wurden und den unmittelbaren Leistungsbezug vom Kläger verdecken sollten, oder ob der Kläger entgeltliche Leistungen im Rahmen eines Kommissions- oder Strohmannverhältnisses an A erbracht hat.

25

Denn in jedem der beiden Fälle liegen entgeltliche Leistungen des Klägers vor, für die er nach § 13 Abs. 2 Nr. 1 UStG Steuerschuldner ist. In beiden Fällen hat der Kläger auch als Unternehmer nach § 2 Abs. 1 UStG gehandelt. Sind die Kommissionsgrundsätze maßgebend, gelten für die Leistungen des "Hintermannes" dieselben Kriterien, die für die Beurteilung der Leistungen des Kommissionärs bzw. Strohmannes maßgeblich sind. Ist die Tätigkeit für den Auftraggeber (Kommittent oder "Hintermann") nachhaltig i.S. des § 2 Abs. 1 UStG, hat auch dieser die ihm nach § 3 Abs. 3 UStG oder § 3 Abs. 11 UStG zuzurechnenden Leistungen als Unternehmer erbracht. Davon abgesehen ist auch nach den vom FG getroffenen Feststellungen im Streitfall nicht davon auszugehen, dass der Kläger in einem Abhängigkeitsverhältnis zu A stand und er daher unselbständig tätig gewesen wäre.

26

Ob der Kläger bei einer unmittelbaren Leistung an die F-GmbH höhere Entgelte --entsprechend den Steuerfestsetzungen für A-- zu versteuern hätte, ist im Hinblick auf das Verböserungsverbot unerheblich. Denn Bemessungsgrundlage der Leistungen des Klägers ist im Fall eines Kommissions- oder Strohmannverhältnisses der Betrag, den der Kläger aufgrund der Tätigkeit der A erhalten hat. Das FG geht insoweit mit dem FA davon aus, dass der Kläger von den in den Umsatzsteuerbescheiden der A erfassten Provisionen von 222.487 DM (1993) und 344.413 DM (1994) nur 112.389,21 DM (1993) und 306.995,89 DM (1994) erhalten hat. In Bezug auf diese Feststellungen hat der Kläger mit der Revision keine Rügen erhoben.

27

3.  Der Senat kann --anders als für das Streitjahr 1993, für das die Umsatzsteuer gegenüber dem Kläger erstmals festgesetzt worden ist--, nicht abschließend über den Umsatzsteuerbescheid für 1994 vom 17. November 2005 entscheiden. Denn die Feststellungen des FG erlauben keine Entscheidung darüber, ob dieser Änderungsbescheid inhaltlich hinreichend bestimmt ist.

28

a) Ein Verwaltungsakt ist nach § 125 Abs. 1 AO nichtig, wenn er an einem besonders schweren Fehler leidet und dies außerdem bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist. Ob diese Voraussetzung erfüllt ist, muss von Fall zu Fall anhand der einschlägigen materiell-rechtlichen oder verwaltungsverfahrensrechtlichen Rechtsvorschriften beurteilt werden (z.B. BFH-Urteile vom 26. September 2006 X R 21/04, BFH/NV 2007, 186; vom 31. August 1994 X R 2/93, BFH/NV 1995, 467).

29

b) Ein Verwaltungsakt muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein (§ 119 Abs. 1 AO). Die Frage, welche Anforderungen an die Bestimmtheit eines Änderungsbescheids zu richten sind, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab (BFH-Urteile in BFH/NV 2007, 186; vom 12. Oktober 1983 II R 56/81, BFHE 139, 432, BStBl II 1984, 140).

30

c) Ein Steuerbescheid ist wegen fehlender hinreichender Bestimmtheit nichtig, wenn er für einen Veranlagungszeitraum ergeht, für den bereits ein --wirksamer-- Steuerbescheid gegenüber demselben Adressaten erlassen wurde, ohne dass sich nach dem Wortlaut des Bescheids oder im Wege der Auslegung ergibt, in welchem Verhältnis der zuletzt ergangene zu dem zuvor ergangenen Bescheid steht (BFH-Urteil vom 23. August 2000 X R 27/98, BFHE 193, 19, BStBl II 2001, 662). Denn der Steuerpflichtige muss erkennen können, in welcher Hinsicht und in welchem Umfang eine bisherige Festsetzung geändert worden ist. Hierzu genügt es jedoch, dass aus dem gesamten Inhalt des Bescheids, aus dem Zusammenhang, aus der von der Behörde gegebenen Begründung oder aus den --dem Empfänger bekannten-- näheren Umständen des Bescheiderlasses im Wege einer am Grundsatz von Treu und Glauben orientierten Auslegung hinreichende Klarheit gewonnen werden kann (BFH-Urteile in BFH/NV 2007, 186; vom 26. März 1981 VII R 3/79, BFHE 133, 163; BFH-Beschluss vom 29. Juni 2006 VII B 328/04, juris; vgl. auch BFH-Urteile vom 18. Juli 1994 X R 33/91, BFHE 175, 294, BStBl II 1995, 4; vom 27. November 1996 X R 20/95, BFHE 183, 348, BStBl II 1997, 791; vom 6. Juli 1994 II R 126/91, BFH/NV 1995, 178; BFH-Beschlüsse vom 8. Februar 2001 VII B 82/00, BFH/NV 2001, 1003, sowie Beschluss vom 11. August 2006 V B 205/04, BFH/NV 2007, 5). Dass das Datum des geänderten Bescheides nicht genannt wird, ist daher nicht allein entscheidend.

31

d) Im Streitfall weist zwar der Umsatzsteuerbescheid vom 17. November 2005 für 1994 nicht ausdrücklich darauf hin, dass es sich um einen Änderungsbescheid handelt; er erging jedoch im Anschluss an ein auch Umsatzsteuer 1994 betreffendes Steuerstrafverfahren und den Bericht der Steuerfahndung, auf den in den Erläuterungen des Bescheides vom 17. November 2005 ausdrücklich hingewiesen wird. Danach konnte der Kläger unter Berücksichtigung der ihm bekannten Umstände keine vernünftigen Zweifel daran haben, dass es sich um einen (Umsatzsteuer 1994 betreffenden) Änderungsbescheid handelt. Auch Zweifel daran, dass dadurch der auf seiner Selbstanzeige für 1994 beruhende Umsatzsteuerbescheid des FA vom 16. Dezember 1999 geändert werden sollte, wären zu verneinen, wenn es sich bei diesem Umsatzsteuerbescheid vom 16. Dezember 1999 um den einzigen dem Kläger gegenüber ergangenen Umsatzsteuerbescheid für 1994 gehandelt hat. Denn dann wäre der Bezug zu einem anderen Umsatzsteuerbescheid für 1994 ausgeschlossen. Den Feststellungen des FG lässt sich jedoch nicht zweifelsfrei entnehmen, ob dem Umsatzsteuerbescheid 1994 vom 16. Dezember 1999 ein Umsatzsteuerbescheid vorausging. Die Sache war daher hinsichtlich Umsatzsteuer 1994 zur Nachholung entsprechender Feststellungen an das FG zurückzuverweisen.

(1) Unternehmer ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbstständig ausübt, unabhängig davon, ob er nach anderen Vorschriften rechtsfähig ist. Das Unternehmen umfasst die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt oder eine Personenvereinigung nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig wird.

(2) Die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit wird nicht selbständig ausgeübt,

1.
soweit natürliche Personen, einzeln oder zusammengeschlossen, einem Unternehmen so eingegliedert sind, dass sie den Weisungen des Unternehmers zu folgen verpflichtet sind,
2.
wenn eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert ist (Organschaft). Die Wirkungen der Organschaft sind auf Innenleistungen zwischen den im Inland gelegenen Unternehmensteilen beschränkt. Diese Unternehmensteile sind als ein Unternehmen zu behandeln. Hat der Organträger seine Geschäftsleitung im Ausland, gilt der wirtschaftlich bedeutendste Unternehmensteil im Inland als der Unternehmer.

(3) (weggefallen)

Tatbestand

1

I. Die Beteiligten streiten darüber, ob dem Kläger und Revisionskläger (Kläger) in den Streitjahren 1993 und 1994 Vermittlungsumsätze an die F-GmbH zuzurechnen sind.

2

Der Kläger war zunächst als angestellter Handelsvertreter der F-GmbH im Bereich der Kundenakquisition und -beratung für …sanierungen tätig.

3

Da ihm selbst ab dem 1. Juli 1991 öffentlich-rechtlich untersagt worden war, selbstständig eine Handelsvertretung zu betreiben, meldete auf seine Veranlassung ab Februar des Streitjahres 1993 seine frühere Lebensgefährtin A ein Einzelunternehmen mit dem Geschäftszweck "Altbausanierungsvertretung" an. Die F-GmbH rechnete gegenüber A die Provisionen zum Teil durch Gutschriften ab; teilweise wurden der F-GmbH Rechnungen im Namen der A erteilt. Die fälligen Beträge zahlte die F-GmbH auf ein hierfür auf Veranlassung des Klägers eröffnetes Konto der A, über das der Kläger verfügen konnte.

4

Wegen der Vermittlungsumsätze für die F-GmbH erließ der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) gegenüber A auf geschätzten Besteuerungsgrundlagen beruhende Umsatzsteuerbescheide für beide Streitjahre, wobei es die Zahlungen der F-GmbH an A zugrunde legte (1993: 222.487 DM und 1994: 344.413 DM).

5

Der Kläger gab zunächst anhand entsprechend ausgestellter Lohnsteuerbescheinigungen für 1993 und 1994 vor, als Angestellter der A tätig gewesen zu sein und in dieser Funktion auf Rechnung der A für die F-GmbH Aufträge vermittelt zu haben.

6

Im Jahr 1998 erklärte er u.a. für das Streitjahr 1994 nachträglich Betriebseinnahmen aus einer Tätigkeit als selbstständiger Handelsvertreter (61.009,62 DM). Aufgrund dieser Angaben setzte das FA u.a. für das Streitjahr die Umsatzsteuer 1994 durch Bescheid vom 16. Dezember 1999 fest.

7

Im Anschluss an das rechtskräftige Urteil des Amtsgerichts vom Juli 2004, das den Kläger wegen Einkommensteuerhinterziehung verurteilt hatte und dabei von Betriebseinnahmen in Höhe von 168.310,96 DM (1993) und 286.358,72 DM (1994) ausging, und unter Bezugnahme auf den Bericht der Steuerfahndung vom 31. August 2004, wonach die F-GmbH dem Kläger für seine Vermittlungen Vergütungen in Höhe von 112.389,21 DM (1993) und 306.959,81 DM (1994) bezahlt habe, ging das FA davon aus, tatsächlich habe der Kläger das Einzelunternehmen der A auf eigenes Vergütungsrisiko wie ein selbstständiger Handelsvertreter geführt, ohne an deren Weisungen gebunden zu sein. Der Kläger habe weitgehend über die eingehenden Zahlungen verfügen können, da er Zugriff auf die Konten der A gehabt und diese ihrerseits die auf ihrem Konto eingehenden Zahlungen als Mittel des Klägers angesehen habe. Das FA erließ daraufhin am 17. November 2005 ausgehend von Provisionen in Höhe von 112.389,21 DM (1993) und 306.959,81 DM (1994) die Umsatzsteuerbescheide für die Streitjahre und setzte für 1993 erstmals Umsatzsteuer in Höhe von 14.659,50 DM und für das Streitjahr 1994 nunmehr mit 40.038,20 DM fest.

8

Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) ging aufgrund der Feststellungen im Strafurteil des Amtsgerichts S davon aus, dass der Kläger seine Anstellung bei der F-GmbH aufgegeben habe, weil er im Rahmen einer selbstständigen Tätigkeit einen höheren Verdienst habe erzielen können, dass er das Gewerbe ohne an Weisungen der A gebunden zu sein "faktisch ... selbständig" geführt und dessen Umsätze tatsächlich allein erwirtschaftet habe, während A selbst im Rahmen der Handelsvertretertätigkeit wesentliche Aufgaben weder wahrgenommen habe noch dazu in der Lage gewesen sei. Auch sah das FG als erwiesen an, dass der Kläger tatsächlich über die auf dem für A geführten Bankkonto gutgeschriebenen Provisionen der F-GmbH habe verfügen können und verfügt habe und in Übereinstimmung damit A ihrerseits die dort eingegangenen Geldbeträge als dem Kläger zustehend betrachtet habe. Da er tatsächlich auf eigenes Vergütungsrisiko als selbstständiger Handelsvertreter aufgetreten und nicht an Weisungen der A gebunden gewesen sei, habe er selbstständig eine gewerbliche Tätigkeit ausgeübt und sei Unternehmer i.S. des § 2 Abs. 1 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes 1993 (UStG). Offen bleiben könne, ob der Kläger oder A --Letztere auf Rechnung des Klägers-- gegenüber der F-GmbH aufgetreten sei. Im letzten Fall habe der Kläger im Innenverhältnis umsatzsteuerpflichtige Leistungen an die A erbracht. Dem Erlass der Umsatzsteuerbescheide für die Streitjahre stehe --wie zwischen den Beteiligten auch nicht mehr streitig ist-- die Festsetzungsverjährung nicht entgegen.

9

Die Entscheidung des FG ist in "Entscheidungen der Finanzgerichte" 2011, 664 veröffentlicht.

10

Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Das FG habe dem Kläger die bei A erfassten Umsätze nicht zurechnen dürfen, weil es ihn zu Unrecht als Unternehmer angesehen habe. Maßgeblich für die Zurechnung der Umsätze sei, ob im Außenverhältnis gegenüber der F-GmbH der Kläger oder A als Leistender aufgetreten sei.

11

Der Kläger beantragt,

das angefochtene Urteil sowie die Einspruchsentscheidung vom 6. Oktober 2006 und die Umsatzsteuerbescheide für 1993 und 1994 vom 17. November 2005 aufzuheben.

12

Das FA beantragt,

die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

13

Im Streitfall liege kein schriftlicher Handelsvertretervertrag zwischen der F-GmbH und dem Kläger und der A vor. Der Kläger sei entweder selbst Vertragspartner der F-GmbH gewesen oder habe als Hintermann mit der F-GmbH vereinbart, dass die Rechtswirkungen aus den zwischen der A und der F-GmbH geschlossenen Rechtsgeschäften ihn treffen sollten. Es sei nach allen denkbaren Sachverhaltsabläufen zutreffend, dem Kläger die Vermittlungsumsätze zuzurechnen.

Entscheidungsgründe

14

II. Die Revision wegen Umsatzsteuer 1993 ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Die Revision wegen Umsatzsteuer 1994 führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO). Das FG hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass der Kläger jedenfalls Umsätze in der vom FA festgesetzten Höhe zu versteuern hat. Hinsichtlich Umsatzsteuer 1994 ist die Sache jedoch nicht spruchreif, denn die Feststellungen des FG erlauben keine abschließende Entscheidung darüber, ob der angefochtene Änderungsbescheid vom 17. November 2005 inhaltlich bestimmt ist.

15

1. Bei nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG steuerbaren Leistungen bestimmt sich die Person des Leistenden nach dem der Leistung zugrunde liegenden Rechtsverhältnis.

16

a) Wer bei einem Umsatz als Leistender anzusehen ist, ergibt sich regelmäßig aus den abgeschlossenen zivilrechtlichen Vereinbarungen. Leistender ist in der Regel derjenige, der die Lieferungen oder sonstigen Leistungen im eigenen Namen gegenüber einem anderen selbst ausführt oder durch einen Beauftragten ausführen lässt. Ob eine Leistung dem Handelnden oder einem anderen zuzurechnen ist, hängt deshalb grundsätzlich davon ab, ob der Handelnde gegenüber dem Leistungsempfänger im eigenen Namen oder berechtigterweise im Namen eines anderen bei der Ausführung entgeltlicher Leistungen aufgetreten ist (ständige Rechtsprechung, z.B. Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 7. Juli 2005 V R 60/03, BFH/NV 2006, 139, und vom 26. Juni 2003 V R 22/02, BFH/NV 2004, 233, sowie BFH-Beschluss vom 31. Januar 2002 V B 108/01, BFHE 198, 208, BStBl II 2004, 622, jeweils m.w.N.).

17

b) Ohne Bedeutung ist, ob der im eigenen Namen Handelnde auch auf eigene Rechnung tätig ist.

18

aa) Ein Kommissionär erbringt auch dann eigene Leistungen, wenn er bei der im Rahmen einer Verkaufskommission erfolgenden Lieferung eines Gegenstandes im eigenen Namen, aber auf fremde Rechnung, der seines Kommittenten, handelt, wie sich aus § 3 Abs. 3 UStG ergibt. Zugleich liegt nach dieser Vorschrift auch eine Lieferung des Kommittenten an den Kommissionär vor, obwohl es sich zivilrechtlich um eine Geschäftsbesorgung des Kommissionärs für den Kommittenten handelt. Ebenso geht Art. 5 Abs. 4 Buchst. c der Sechsten Richtlinie des Rates zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (Richtlinie 77/388/EWG) vom Vorliegen einer Lieferung des Kommittenten an den Kommissionär bei der Übertragung eines Gegenstandes aufgrund einer Verkaufskommission aus. Das Entgelt für die Lieferung des Kommittenten richtet sich nach dem Entgelt für die Lieferung des Kommissionärs, von dem die dem Kommissionär zivilrechtlich vereinbarte Provision abzuziehen ist.

19

Gleiches gilt auch in den Streitjahren für den "Verkauf" sonstiger Leistungen. Bei richtlinienkonformer Auslegung entsprechend Art. 6 Abs. 4 der Richtlinie 77/388/EWG erfasste § 3 Abs. 11 UStG auch in seiner in den Streitjahren geltenden Fassung nicht nur den "Leistungseinkauf", sondern auch den "Leistungsverkauf" (BFH-Urteile vom 7. Oktober 1999 V R 79, 80/98, BFHE 190, 235, BStBl II 2004, 308; vom 25. Mai 2000 V R 66/99, BFHE 191, 458, BStBl II 2004, 310; vom 31. Januar 2002 V R 40, 41/00, BFHE 197, 377, BStBl II 2004, 315; vom 29. August 2002 V R 8/02, BFHE 199, 88, BStBl II 2004, 320; vom 28. November 2002 V R 6/02, BFH/NV 2003, 517).

20

bb) Von einer Leistung durch denjenigen, der im eigenen Namen und für fremde Rechnung handelt, ist auch bei Strohmann- und Treuhandgeschäften auszugehen. Sofern der Strohmann oder der Treuhänder Unternehmer i.S. des § 2 UStG ist und im Rahmen seines Unternehmens handelt (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG), steht es einer einem Strohmann oder dem Treuhänder zuzurechnenden Leistung oder einem Leistungsbezug nach § 3 Abs. 3 und Abs. 11 UStG nicht entgegen, dass sie (Strohmann und Treuhänder) auf fremde Rechnung tätig sind (BFH-Urteile vom 28. Januar 1999 V R 4/98, BFHE 188, 456, BStBl II 1999, 628; in BFH/NV 2004, 233, und in BFH/NV 2006, 139, und BFH-Beschluss in BFHE 198, 208, BStBl II 2004, 622). Die gegenteilige Rechtsprechung des XI. Senats des BFH hat der im Zeitpunkt der Entscheidung ausschließlich für die Umsatzsteuer zuständige V. Senat ausdrücklich aufgegeben (BFH-Beschluss in BFHE 198, 208, BStBl II 2004, 622, unter II.4.b für BFH-Urteil vom 13. Juli 1994 XI R 97/92, BFH/NV 1995, 168). Dabei ist zwischen der Leistungserbringung und dem Leistungsbezug durch Treuhänder oder Strohmänner nicht zu differenzieren, da die Bestimmung von Leistendem und Leistungsempfänger nach einheitlichen Grundsätzen erfolgt (vgl. BFH-Urteile vom 24. August 2006 V R 16/05, BFHE 215, 311, BStBl II 2007, 340, und vom 18. Februar 2009 V R 82/07, BFHE 225, 198, BStBl II 2009, 876).

21

Entsprechend der Anwendung des § 3 Abs. 3 UStG und § 3 Abs. 11 UStG auf Kommissionsverhältnisse kann es auch bei Strohmann- und Treuhandgeschäften zu einer Verdoppelung der Leistungsbeziehungen kommen, so dass z.B. der "Hintermann" an den "Strohmann" und dieser an den Abnehmer liefert oder leistet.

22

Ohne Bedeutung ist insoweit, ob der "Hintermann" als tatsächlich Handelnder die Leistungen im Namen des Strohmannes ausgeführt hat, z.B. gegenüber dem Leistungsempfänger als Angestellter des Vertragspartners (des Strohmannes oder Treuhänders) oder als dessen Subunternehmer aufgetreten ist (vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs vom 10. März 2010 VIII ZR 65/09, BFH/NV 2010, 1597).

23

c) Unbeachtlich ist das "vorgeschobene" Strohmanngeschäft aber, wenn es nur zum Schein abgeschlossen wird, d.h. wenn die Vertragsparteien einverständlich oder stillschweigend davon ausgehen, dass die Rechtswirkungen des Geschäfts gerade nicht zwischen ihnen, sondern zwischen dem Leistungsempfänger und dem "Hintermann" eintreten sollen (vgl. § 41 Abs. 2 der Abgabenordnung --AO--; ausführlich BFH-Beschluss in BFHE 198, 208, BStBl II 2004, 622, unter II.4.c; vgl. auch BFH-Beschluss vom 17. Oktober 2003 V B 111/02, BFH/NV 2004, 235). Letzteres ist insbesondere dann zu bejahen, wenn der Leistungsempfänger weiß oder davon ausgehen muss, dass derjenige, mit dem oder in dessen Namen das Rechtsgeschäft abgeschlossen wird (sog. Strohmann), selbst keine eigene --ggf. auch durch Subunternehmer auszuführende-- Verpflichtung aus dem Rechtsgeschäft übernehmen will (vgl. BFH-Beschluss in BFHE 198, 208, BStBl II 2004, 622; BFH-Urteil vom 12. August 2009 XI R 48/07, BFH/NV 2010, 259).

24

2. Im Streitfall kann offen bleiben, ob der Kläger die Leistungen unmittelbar an die F-GmbH erbracht hat, weil Vereinbarungen zwischen der GmbH und A nur zum Schein getroffen wurden und den unmittelbaren Leistungsbezug vom Kläger verdecken sollten, oder ob der Kläger entgeltliche Leistungen im Rahmen eines Kommissions- oder Strohmannverhältnisses an A erbracht hat.

25

Denn in jedem der beiden Fälle liegen entgeltliche Leistungen des Klägers vor, für die er nach § 13 Abs. 2 Nr. 1 UStG Steuerschuldner ist. In beiden Fällen hat der Kläger auch als Unternehmer nach § 2 Abs. 1 UStG gehandelt. Sind die Kommissionsgrundsätze maßgebend, gelten für die Leistungen des "Hintermannes" dieselben Kriterien, die für die Beurteilung der Leistungen des Kommissionärs bzw. Strohmannes maßgeblich sind. Ist die Tätigkeit für den Auftraggeber (Kommittent oder "Hintermann") nachhaltig i.S. des § 2 Abs. 1 UStG, hat auch dieser die ihm nach § 3 Abs. 3 UStG oder § 3 Abs. 11 UStG zuzurechnenden Leistungen als Unternehmer erbracht. Davon abgesehen ist auch nach den vom FG getroffenen Feststellungen im Streitfall nicht davon auszugehen, dass der Kläger in einem Abhängigkeitsverhältnis zu A stand und er daher unselbständig tätig gewesen wäre.

26

Ob der Kläger bei einer unmittelbaren Leistung an die F-GmbH höhere Entgelte --entsprechend den Steuerfestsetzungen für A-- zu versteuern hätte, ist im Hinblick auf das Verböserungsverbot unerheblich. Denn Bemessungsgrundlage der Leistungen des Klägers ist im Fall eines Kommissions- oder Strohmannverhältnisses der Betrag, den der Kläger aufgrund der Tätigkeit der A erhalten hat. Das FG geht insoweit mit dem FA davon aus, dass der Kläger von den in den Umsatzsteuerbescheiden der A erfassten Provisionen von 222.487 DM (1993) und 344.413 DM (1994) nur 112.389,21 DM (1993) und 306.995,89 DM (1994) erhalten hat. In Bezug auf diese Feststellungen hat der Kläger mit der Revision keine Rügen erhoben.

27

3.  Der Senat kann --anders als für das Streitjahr 1993, für das die Umsatzsteuer gegenüber dem Kläger erstmals festgesetzt worden ist--, nicht abschließend über den Umsatzsteuerbescheid für 1994 vom 17. November 2005 entscheiden. Denn die Feststellungen des FG erlauben keine Entscheidung darüber, ob dieser Änderungsbescheid inhaltlich hinreichend bestimmt ist.

28

a) Ein Verwaltungsakt ist nach § 125 Abs. 1 AO nichtig, wenn er an einem besonders schweren Fehler leidet und dies außerdem bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist. Ob diese Voraussetzung erfüllt ist, muss von Fall zu Fall anhand der einschlägigen materiell-rechtlichen oder verwaltungsverfahrensrechtlichen Rechtsvorschriften beurteilt werden (z.B. BFH-Urteile vom 26. September 2006 X R 21/04, BFH/NV 2007, 186; vom 31. August 1994 X R 2/93, BFH/NV 1995, 467).

29

b) Ein Verwaltungsakt muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein (§ 119 Abs. 1 AO). Die Frage, welche Anforderungen an die Bestimmtheit eines Änderungsbescheids zu richten sind, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab (BFH-Urteile in BFH/NV 2007, 186; vom 12. Oktober 1983 II R 56/81, BFHE 139, 432, BStBl II 1984, 140).

30

c) Ein Steuerbescheid ist wegen fehlender hinreichender Bestimmtheit nichtig, wenn er für einen Veranlagungszeitraum ergeht, für den bereits ein --wirksamer-- Steuerbescheid gegenüber demselben Adressaten erlassen wurde, ohne dass sich nach dem Wortlaut des Bescheids oder im Wege der Auslegung ergibt, in welchem Verhältnis der zuletzt ergangene zu dem zuvor ergangenen Bescheid steht (BFH-Urteil vom 23. August 2000 X R 27/98, BFHE 193, 19, BStBl II 2001, 662). Denn der Steuerpflichtige muss erkennen können, in welcher Hinsicht und in welchem Umfang eine bisherige Festsetzung geändert worden ist. Hierzu genügt es jedoch, dass aus dem gesamten Inhalt des Bescheids, aus dem Zusammenhang, aus der von der Behörde gegebenen Begründung oder aus den --dem Empfänger bekannten-- näheren Umständen des Bescheiderlasses im Wege einer am Grundsatz von Treu und Glauben orientierten Auslegung hinreichende Klarheit gewonnen werden kann (BFH-Urteile in BFH/NV 2007, 186; vom 26. März 1981 VII R 3/79, BFHE 133, 163; BFH-Beschluss vom 29. Juni 2006 VII B 328/04, juris; vgl. auch BFH-Urteile vom 18. Juli 1994 X R 33/91, BFHE 175, 294, BStBl II 1995, 4; vom 27. November 1996 X R 20/95, BFHE 183, 348, BStBl II 1997, 791; vom 6. Juli 1994 II R 126/91, BFH/NV 1995, 178; BFH-Beschlüsse vom 8. Februar 2001 VII B 82/00, BFH/NV 2001, 1003, sowie Beschluss vom 11. August 2006 V B 205/04, BFH/NV 2007, 5). Dass das Datum des geänderten Bescheides nicht genannt wird, ist daher nicht allein entscheidend.

31

d) Im Streitfall weist zwar der Umsatzsteuerbescheid vom 17. November 2005 für 1994 nicht ausdrücklich darauf hin, dass es sich um einen Änderungsbescheid handelt; er erging jedoch im Anschluss an ein auch Umsatzsteuer 1994 betreffendes Steuerstrafverfahren und den Bericht der Steuerfahndung, auf den in den Erläuterungen des Bescheides vom 17. November 2005 ausdrücklich hingewiesen wird. Danach konnte der Kläger unter Berücksichtigung der ihm bekannten Umstände keine vernünftigen Zweifel daran haben, dass es sich um einen (Umsatzsteuer 1994 betreffenden) Änderungsbescheid handelt. Auch Zweifel daran, dass dadurch der auf seiner Selbstanzeige für 1994 beruhende Umsatzsteuerbescheid des FA vom 16. Dezember 1999 geändert werden sollte, wären zu verneinen, wenn es sich bei diesem Umsatzsteuerbescheid vom 16. Dezember 1999 um den einzigen dem Kläger gegenüber ergangenen Umsatzsteuerbescheid für 1994 gehandelt hat. Denn dann wäre der Bezug zu einem anderen Umsatzsteuerbescheid für 1994 ausgeschlossen. Den Feststellungen des FG lässt sich jedoch nicht zweifelsfrei entnehmen, ob dem Umsatzsteuerbescheid 1994 vom 16. Dezember 1999 ein Umsatzsteuerbescheid vorausging. Die Sache war daher hinsichtlich Umsatzsteuer 1994 zur Nachholung entsprechender Feststellungen an das FG zurückzuverweisen.

(1) Ist ein Rechtsgeschäft unwirksam oder wird es unwirksam, so ist dies für die Besteuerung unerheblich, soweit und solange die Beteiligten das wirtschaftliche Ergebnis dieses Rechtsgeschäfts gleichwohl eintreten und bestehen lassen. Dies gilt nicht, soweit sich aus den Steuergesetzen etwas anderes ergibt.

(2) Scheingeschäfte und Scheinhandlungen sind für die Besteuerung unerheblich. Wird durch ein Scheingeschäft ein anderes Rechtsgeschäft verdeckt, so ist das verdeckte Rechtsgeschäft für die Besteuerung maßgebend.

Tatbestand

1

I. Die Beteiligten streiten darüber, ob dem Kläger und Revisionskläger (Kläger) in den Streitjahren 1993 und 1994 Vermittlungsumsätze an die F-GmbH zuzurechnen sind.

2

Der Kläger war zunächst als angestellter Handelsvertreter der F-GmbH im Bereich der Kundenakquisition und -beratung für …sanierungen tätig.

3

Da ihm selbst ab dem 1. Juli 1991 öffentlich-rechtlich untersagt worden war, selbstständig eine Handelsvertretung zu betreiben, meldete auf seine Veranlassung ab Februar des Streitjahres 1993 seine frühere Lebensgefährtin A ein Einzelunternehmen mit dem Geschäftszweck "Altbausanierungsvertretung" an. Die F-GmbH rechnete gegenüber A die Provisionen zum Teil durch Gutschriften ab; teilweise wurden der F-GmbH Rechnungen im Namen der A erteilt. Die fälligen Beträge zahlte die F-GmbH auf ein hierfür auf Veranlassung des Klägers eröffnetes Konto der A, über das der Kläger verfügen konnte.

4

Wegen der Vermittlungsumsätze für die F-GmbH erließ der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) gegenüber A auf geschätzten Besteuerungsgrundlagen beruhende Umsatzsteuerbescheide für beide Streitjahre, wobei es die Zahlungen der F-GmbH an A zugrunde legte (1993: 222.487 DM und 1994: 344.413 DM).

5

Der Kläger gab zunächst anhand entsprechend ausgestellter Lohnsteuerbescheinigungen für 1993 und 1994 vor, als Angestellter der A tätig gewesen zu sein und in dieser Funktion auf Rechnung der A für die F-GmbH Aufträge vermittelt zu haben.

6

Im Jahr 1998 erklärte er u.a. für das Streitjahr 1994 nachträglich Betriebseinnahmen aus einer Tätigkeit als selbstständiger Handelsvertreter (61.009,62 DM). Aufgrund dieser Angaben setzte das FA u.a. für das Streitjahr die Umsatzsteuer 1994 durch Bescheid vom 16. Dezember 1999 fest.

7

Im Anschluss an das rechtskräftige Urteil des Amtsgerichts vom Juli 2004, das den Kläger wegen Einkommensteuerhinterziehung verurteilt hatte und dabei von Betriebseinnahmen in Höhe von 168.310,96 DM (1993) und 286.358,72 DM (1994) ausging, und unter Bezugnahme auf den Bericht der Steuerfahndung vom 31. August 2004, wonach die F-GmbH dem Kläger für seine Vermittlungen Vergütungen in Höhe von 112.389,21 DM (1993) und 306.959,81 DM (1994) bezahlt habe, ging das FA davon aus, tatsächlich habe der Kläger das Einzelunternehmen der A auf eigenes Vergütungsrisiko wie ein selbstständiger Handelsvertreter geführt, ohne an deren Weisungen gebunden zu sein. Der Kläger habe weitgehend über die eingehenden Zahlungen verfügen können, da er Zugriff auf die Konten der A gehabt und diese ihrerseits die auf ihrem Konto eingehenden Zahlungen als Mittel des Klägers angesehen habe. Das FA erließ daraufhin am 17. November 2005 ausgehend von Provisionen in Höhe von 112.389,21 DM (1993) und 306.959,81 DM (1994) die Umsatzsteuerbescheide für die Streitjahre und setzte für 1993 erstmals Umsatzsteuer in Höhe von 14.659,50 DM und für das Streitjahr 1994 nunmehr mit 40.038,20 DM fest.

8

Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) ging aufgrund der Feststellungen im Strafurteil des Amtsgerichts S davon aus, dass der Kläger seine Anstellung bei der F-GmbH aufgegeben habe, weil er im Rahmen einer selbstständigen Tätigkeit einen höheren Verdienst habe erzielen können, dass er das Gewerbe ohne an Weisungen der A gebunden zu sein "faktisch ... selbständig" geführt und dessen Umsätze tatsächlich allein erwirtschaftet habe, während A selbst im Rahmen der Handelsvertretertätigkeit wesentliche Aufgaben weder wahrgenommen habe noch dazu in der Lage gewesen sei. Auch sah das FG als erwiesen an, dass der Kläger tatsächlich über die auf dem für A geführten Bankkonto gutgeschriebenen Provisionen der F-GmbH habe verfügen können und verfügt habe und in Übereinstimmung damit A ihrerseits die dort eingegangenen Geldbeträge als dem Kläger zustehend betrachtet habe. Da er tatsächlich auf eigenes Vergütungsrisiko als selbstständiger Handelsvertreter aufgetreten und nicht an Weisungen der A gebunden gewesen sei, habe er selbstständig eine gewerbliche Tätigkeit ausgeübt und sei Unternehmer i.S. des § 2 Abs. 1 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes 1993 (UStG). Offen bleiben könne, ob der Kläger oder A --Letztere auf Rechnung des Klägers-- gegenüber der F-GmbH aufgetreten sei. Im letzten Fall habe der Kläger im Innenverhältnis umsatzsteuerpflichtige Leistungen an die A erbracht. Dem Erlass der Umsatzsteuerbescheide für die Streitjahre stehe --wie zwischen den Beteiligten auch nicht mehr streitig ist-- die Festsetzungsverjährung nicht entgegen.

9

Die Entscheidung des FG ist in "Entscheidungen der Finanzgerichte" 2011, 664 veröffentlicht.

10

Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Das FG habe dem Kläger die bei A erfassten Umsätze nicht zurechnen dürfen, weil es ihn zu Unrecht als Unternehmer angesehen habe. Maßgeblich für die Zurechnung der Umsätze sei, ob im Außenverhältnis gegenüber der F-GmbH der Kläger oder A als Leistender aufgetreten sei.

11

Der Kläger beantragt,

das angefochtene Urteil sowie die Einspruchsentscheidung vom 6. Oktober 2006 und die Umsatzsteuerbescheide für 1993 und 1994 vom 17. November 2005 aufzuheben.

12

Das FA beantragt,

die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

13

Im Streitfall liege kein schriftlicher Handelsvertretervertrag zwischen der F-GmbH und dem Kläger und der A vor. Der Kläger sei entweder selbst Vertragspartner der F-GmbH gewesen oder habe als Hintermann mit der F-GmbH vereinbart, dass die Rechtswirkungen aus den zwischen der A und der F-GmbH geschlossenen Rechtsgeschäften ihn treffen sollten. Es sei nach allen denkbaren Sachverhaltsabläufen zutreffend, dem Kläger die Vermittlungsumsätze zuzurechnen.

Entscheidungsgründe

14

II. Die Revision wegen Umsatzsteuer 1993 ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Die Revision wegen Umsatzsteuer 1994 führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO). Das FG hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass der Kläger jedenfalls Umsätze in der vom FA festgesetzten Höhe zu versteuern hat. Hinsichtlich Umsatzsteuer 1994 ist die Sache jedoch nicht spruchreif, denn die Feststellungen des FG erlauben keine abschließende Entscheidung darüber, ob der angefochtene Änderungsbescheid vom 17. November 2005 inhaltlich bestimmt ist.

15

1. Bei nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG steuerbaren Leistungen bestimmt sich die Person des Leistenden nach dem der Leistung zugrunde liegenden Rechtsverhältnis.

16

a) Wer bei einem Umsatz als Leistender anzusehen ist, ergibt sich regelmäßig aus den abgeschlossenen zivilrechtlichen Vereinbarungen. Leistender ist in der Regel derjenige, der die Lieferungen oder sonstigen Leistungen im eigenen Namen gegenüber einem anderen selbst ausführt oder durch einen Beauftragten ausführen lässt. Ob eine Leistung dem Handelnden oder einem anderen zuzurechnen ist, hängt deshalb grundsätzlich davon ab, ob der Handelnde gegenüber dem Leistungsempfänger im eigenen Namen oder berechtigterweise im Namen eines anderen bei der Ausführung entgeltlicher Leistungen aufgetreten ist (ständige Rechtsprechung, z.B. Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 7. Juli 2005 V R 60/03, BFH/NV 2006, 139, und vom 26. Juni 2003 V R 22/02, BFH/NV 2004, 233, sowie BFH-Beschluss vom 31. Januar 2002 V B 108/01, BFHE 198, 208, BStBl II 2004, 622, jeweils m.w.N.).

17

b) Ohne Bedeutung ist, ob der im eigenen Namen Handelnde auch auf eigene Rechnung tätig ist.

18

aa) Ein Kommissionär erbringt auch dann eigene Leistungen, wenn er bei der im Rahmen einer Verkaufskommission erfolgenden Lieferung eines Gegenstandes im eigenen Namen, aber auf fremde Rechnung, der seines Kommittenten, handelt, wie sich aus § 3 Abs. 3 UStG ergibt. Zugleich liegt nach dieser Vorschrift auch eine Lieferung des Kommittenten an den Kommissionär vor, obwohl es sich zivilrechtlich um eine Geschäftsbesorgung des Kommissionärs für den Kommittenten handelt. Ebenso geht Art. 5 Abs. 4 Buchst. c der Sechsten Richtlinie des Rates zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (Richtlinie 77/388/EWG) vom Vorliegen einer Lieferung des Kommittenten an den Kommissionär bei der Übertragung eines Gegenstandes aufgrund einer Verkaufskommission aus. Das Entgelt für die Lieferung des Kommittenten richtet sich nach dem Entgelt für die Lieferung des Kommissionärs, von dem die dem Kommissionär zivilrechtlich vereinbarte Provision abzuziehen ist.

19

Gleiches gilt auch in den Streitjahren für den "Verkauf" sonstiger Leistungen. Bei richtlinienkonformer Auslegung entsprechend Art. 6 Abs. 4 der Richtlinie 77/388/EWG erfasste § 3 Abs. 11 UStG auch in seiner in den Streitjahren geltenden Fassung nicht nur den "Leistungseinkauf", sondern auch den "Leistungsverkauf" (BFH-Urteile vom 7. Oktober 1999 V R 79, 80/98, BFHE 190, 235, BStBl II 2004, 308; vom 25. Mai 2000 V R 66/99, BFHE 191, 458, BStBl II 2004, 310; vom 31. Januar 2002 V R 40, 41/00, BFHE 197, 377, BStBl II 2004, 315; vom 29. August 2002 V R 8/02, BFHE 199, 88, BStBl II 2004, 320; vom 28. November 2002 V R 6/02, BFH/NV 2003, 517).

20

bb) Von einer Leistung durch denjenigen, der im eigenen Namen und für fremde Rechnung handelt, ist auch bei Strohmann- und Treuhandgeschäften auszugehen. Sofern der Strohmann oder der Treuhänder Unternehmer i.S. des § 2 UStG ist und im Rahmen seines Unternehmens handelt (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG), steht es einer einem Strohmann oder dem Treuhänder zuzurechnenden Leistung oder einem Leistungsbezug nach § 3 Abs. 3 und Abs. 11 UStG nicht entgegen, dass sie (Strohmann und Treuhänder) auf fremde Rechnung tätig sind (BFH-Urteile vom 28. Januar 1999 V R 4/98, BFHE 188, 456, BStBl II 1999, 628; in BFH/NV 2004, 233, und in BFH/NV 2006, 139, und BFH-Beschluss in BFHE 198, 208, BStBl II 2004, 622). Die gegenteilige Rechtsprechung des XI. Senats des BFH hat der im Zeitpunkt der Entscheidung ausschließlich für die Umsatzsteuer zuständige V. Senat ausdrücklich aufgegeben (BFH-Beschluss in BFHE 198, 208, BStBl II 2004, 622, unter II.4.b für BFH-Urteil vom 13. Juli 1994 XI R 97/92, BFH/NV 1995, 168). Dabei ist zwischen der Leistungserbringung und dem Leistungsbezug durch Treuhänder oder Strohmänner nicht zu differenzieren, da die Bestimmung von Leistendem und Leistungsempfänger nach einheitlichen Grundsätzen erfolgt (vgl. BFH-Urteile vom 24. August 2006 V R 16/05, BFHE 215, 311, BStBl II 2007, 340, und vom 18. Februar 2009 V R 82/07, BFHE 225, 198, BStBl II 2009, 876).

21

Entsprechend der Anwendung des § 3 Abs. 3 UStG und § 3 Abs. 11 UStG auf Kommissionsverhältnisse kann es auch bei Strohmann- und Treuhandgeschäften zu einer Verdoppelung der Leistungsbeziehungen kommen, so dass z.B. der "Hintermann" an den "Strohmann" und dieser an den Abnehmer liefert oder leistet.

22

Ohne Bedeutung ist insoweit, ob der "Hintermann" als tatsächlich Handelnder die Leistungen im Namen des Strohmannes ausgeführt hat, z.B. gegenüber dem Leistungsempfänger als Angestellter des Vertragspartners (des Strohmannes oder Treuhänders) oder als dessen Subunternehmer aufgetreten ist (vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs vom 10. März 2010 VIII ZR 65/09, BFH/NV 2010, 1597).

23

c) Unbeachtlich ist das "vorgeschobene" Strohmanngeschäft aber, wenn es nur zum Schein abgeschlossen wird, d.h. wenn die Vertragsparteien einverständlich oder stillschweigend davon ausgehen, dass die Rechtswirkungen des Geschäfts gerade nicht zwischen ihnen, sondern zwischen dem Leistungsempfänger und dem "Hintermann" eintreten sollen (vgl. § 41 Abs. 2 der Abgabenordnung --AO--; ausführlich BFH-Beschluss in BFHE 198, 208, BStBl II 2004, 622, unter II.4.c; vgl. auch BFH-Beschluss vom 17. Oktober 2003 V B 111/02, BFH/NV 2004, 235). Letzteres ist insbesondere dann zu bejahen, wenn der Leistungsempfänger weiß oder davon ausgehen muss, dass derjenige, mit dem oder in dessen Namen das Rechtsgeschäft abgeschlossen wird (sog. Strohmann), selbst keine eigene --ggf. auch durch Subunternehmer auszuführende-- Verpflichtung aus dem Rechtsgeschäft übernehmen will (vgl. BFH-Beschluss in BFHE 198, 208, BStBl II 2004, 622; BFH-Urteil vom 12. August 2009 XI R 48/07, BFH/NV 2010, 259).

24

2. Im Streitfall kann offen bleiben, ob der Kläger die Leistungen unmittelbar an die F-GmbH erbracht hat, weil Vereinbarungen zwischen der GmbH und A nur zum Schein getroffen wurden und den unmittelbaren Leistungsbezug vom Kläger verdecken sollten, oder ob der Kläger entgeltliche Leistungen im Rahmen eines Kommissions- oder Strohmannverhältnisses an A erbracht hat.

25

Denn in jedem der beiden Fälle liegen entgeltliche Leistungen des Klägers vor, für die er nach § 13 Abs. 2 Nr. 1 UStG Steuerschuldner ist. In beiden Fällen hat der Kläger auch als Unternehmer nach § 2 Abs. 1 UStG gehandelt. Sind die Kommissionsgrundsätze maßgebend, gelten für die Leistungen des "Hintermannes" dieselben Kriterien, die für die Beurteilung der Leistungen des Kommissionärs bzw. Strohmannes maßgeblich sind. Ist die Tätigkeit für den Auftraggeber (Kommittent oder "Hintermann") nachhaltig i.S. des § 2 Abs. 1 UStG, hat auch dieser die ihm nach § 3 Abs. 3 UStG oder § 3 Abs. 11 UStG zuzurechnenden Leistungen als Unternehmer erbracht. Davon abgesehen ist auch nach den vom FG getroffenen Feststellungen im Streitfall nicht davon auszugehen, dass der Kläger in einem Abhängigkeitsverhältnis zu A stand und er daher unselbständig tätig gewesen wäre.

26

Ob der Kläger bei einer unmittelbaren Leistung an die F-GmbH höhere Entgelte --entsprechend den Steuerfestsetzungen für A-- zu versteuern hätte, ist im Hinblick auf das Verböserungsverbot unerheblich. Denn Bemessungsgrundlage der Leistungen des Klägers ist im Fall eines Kommissions- oder Strohmannverhältnisses der Betrag, den der Kläger aufgrund der Tätigkeit der A erhalten hat. Das FG geht insoweit mit dem FA davon aus, dass der Kläger von den in den Umsatzsteuerbescheiden der A erfassten Provisionen von 222.487 DM (1993) und 344.413 DM (1994) nur 112.389,21 DM (1993) und 306.995,89 DM (1994) erhalten hat. In Bezug auf diese Feststellungen hat der Kläger mit der Revision keine Rügen erhoben.

27

3.  Der Senat kann --anders als für das Streitjahr 1993, für das die Umsatzsteuer gegenüber dem Kläger erstmals festgesetzt worden ist--, nicht abschließend über den Umsatzsteuerbescheid für 1994 vom 17. November 2005 entscheiden. Denn die Feststellungen des FG erlauben keine Entscheidung darüber, ob dieser Änderungsbescheid inhaltlich hinreichend bestimmt ist.

28

a) Ein Verwaltungsakt ist nach § 125 Abs. 1 AO nichtig, wenn er an einem besonders schweren Fehler leidet und dies außerdem bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist. Ob diese Voraussetzung erfüllt ist, muss von Fall zu Fall anhand der einschlägigen materiell-rechtlichen oder verwaltungsverfahrensrechtlichen Rechtsvorschriften beurteilt werden (z.B. BFH-Urteile vom 26. September 2006 X R 21/04, BFH/NV 2007, 186; vom 31. August 1994 X R 2/93, BFH/NV 1995, 467).

29

b) Ein Verwaltungsakt muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein (§ 119 Abs. 1 AO). Die Frage, welche Anforderungen an die Bestimmtheit eines Änderungsbescheids zu richten sind, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab (BFH-Urteile in BFH/NV 2007, 186; vom 12. Oktober 1983 II R 56/81, BFHE 139, 432, BStBl II 1984, 140).

30

c) Ein Steuerbescheid ist wegen fehlender hinreichender Bestimmtheit nichtig, wenn er für einen Veranlagungszeitraum ergeht, für den bereits ein --wirksamer-- Steuerbescheid gegenüber demselben Adressaten erlassen wurde, ohne dass sich nach dem Wortlaut des Bescheids oder im Wege der Auslegung ergibt, in welchem Verhältnis der zuletzt ergangene zu dem zuvor ergangenen Bescheid steht (BFH-Urteil vom 23. August 2000 X R 27/98, BFHE 193, 19, BStBl II 2001, 662). Denn der Steuerpflichtige muss erkennen können, in welcher Hinsicht und in welchem Umfang eine bisherige Festsetzung geändert worden ist. Hierzu genügt es jedoch, dass aus dem gesamten Inhalt des Bescheids, aus dem Zusammenhang, aus der von der Behörde gegebenen Begründung oder aus den --dem Empfänger bekannten-- näheren Umständen des Bescheiderlasses im Wege einer am Grundsatz von Treu und Glauben orientierten Auslegung hinreichende Klarheit gewonnen werden kann (BFH-Urteile in BFH/NV 2007, 186; vom 26. März 1981 VII R 3/79, BFHE 133, 163; BFH-Beschluss vom 29. Juni 2006 VII B 328/04, juris; vgl. auch BFH-Urteile vom 18. Juli 1994 X R 33/91, BFHE 175, 294, BStBl II 1995, 4; vom 27. November 1996 X R 20/95, BFHE 183, 348, BStBl II 1997, 791; vom 6. Juli 1994 II R 126/91, BFH/NV 1995, 178; BFH-Beschlüsse vom 8. Februar 2001 VII B 82/00, BFH/NV 2001, 1003, sowie Beschluss vom 11. August 2006 V B 205/04, BFH/NV 2007, 5). Dass das Datum des geänderten Bescheides nicht genannt wird, ist daher nicht allein entscheidend.

31

d) Im Streitfall weist zwar der Umsatzsteuerbescheid vom 17. November 2005 für 1994 nicht ausdrücklich darauf hin, dass es sich um einen Änderungsbescheid handelt; er erging jedoch im Anschluss an ein auch Umsatzsteuer 1994 betreffendes Steuerstrafverfahren und den Bericht der Steuerfahndung, auf den in den Erläuterungen des Bescheides vom 17. November 2005 ausdrücklich hingewiesen wird. Danach konnte der Kläger unter Berücksichtigung der ihm bekannten Umstände keine vernünftigen Zweifel daran haben, dass es sich um einen (Umsatzsteuer 1994 betreffenden) Änderungsbescheid handelt. Auch Zweifel daran, dass dadurch der auf seiner Selbstanzeige für 1994 beruhende Umsatzsteuerbescheid des FA vom 16. Dezember 1999 geändert werden sollte, wären zu verneinen, wenn es sich bei diesem Umsatzsteuerbescheid vom 16. Dezember 1999 um den einzigen dem Kläger gegenüber ergangenen Umsatzsteuerbescheid für 1994 gehandelt hat. Denn dann wäre der Bezug zu einem anderen Umsatzsteuerbescheid für 1994 ausgeschlossen. Den Feststellungen des FG lässt sich jedoch nicht zweifelsfrei entnehmen, ob dem Umsatzsteuerbescheid 1994 vom 16. Dezember 1999 ein Umsatzsteuerbescheid vorausging. Die Sache war daher hinsichtlich Umsatzsteuer 1994 zur Nachholung entsprechender Feststellungen an das FG zurückzuverweisen.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
2.
die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder
3.
pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt
und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) missbraucht,
3.
die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht,
4.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
5.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt oder
6.
eine Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(4) Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Steuervorteile sind auch Steuervergütungen; nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, soweit sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden. Die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 sind auch dann erfüllt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können.

(5) Die Tat kann auch hinsichtlich solcher Waren begangen werden, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch dann, wenn sich die Tat auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden oder die einem Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation oder einem mit dieser assoziierten Staat zustehen. Das Gleiche gilt, wenn sich die Tat auf Umsatzsteuern oder auf die in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. L 9 vom 14.1.2009, S. 12) genannten harmonisierten Verbrauchsteuern bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden.

(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten unabhängig von dem Recht des Tatortes auch für Taten, die außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes begangen werden.

Tatbestand

1

I. Die Beteiligten streiten darüber, ob dem Kläger und Revisionskläger (Kläger) in den Streitjahren 1993 und 1994 Vermittlungsumsätze an die F-GmbH zuzurechnen sind.

2

Der Kläger war zunächst als angestellter Handelsvertreter der F-GmbH im Bereich der Kundenakquisition und -beratung für …sanierungen tätig.

3

Da ihm selbst ab dem 1. Juli 1991 öffentlich-rechtlich untersagt worden war, selbstständig eine Handelsvertretung zu betreiben, meldete auf seine Veranlassung ab Februar des Streitjahres 1993 seine frühere Lebensgefährtin A ein Einzelunternehmen mit dem Geschäftszweck "Altbausanierungsvertretung" an. Die F-GmbH rechnete gegenüber A die Provisionen zum Teil durch Gutschriften ab; teilweise wurden der F-GmbH Rechnungen im Namen der A erteilt. Die fälligen Beträge zahlte die F-GmbH auf ein hierfür auf Veranlassung des Klägers eröffnetes Konto der A, über das der Kläger verfügen konnte.

4

Wegen der Vermittlungsumsätze für die F-GmbH erließ der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) gegenüber A auf geschätzten Besteuerungsgrundlagen beruhende Umsatzsteuerbescheide für beide Streitjahre, wobei es die Zahlungen der F-GmbH an A zugrunde legte (1993: 222.487 DM und 1994: 344.413 DM).

5

Der Kläger gab zunächst anhand entsprechend ausgestellter Lohnsteuerbescheinigungen für 1993 und 1994 vor, als Angestellter der A tätig gewesen zu sein und in dieser Funktion auf Rechnung der A für die F-GmbH Aufträge vermittelt zu haben.

6

Im Jahr 1998 erklärte er u.a. für das Streitjahr 1994 nachträglich Betriebseinnahmen aus einer Tätigkeit als selbstständiger Handelsvertreter (61.009,62 DM). Aufgrund dieser Angaben setzte das FA u.a. für das Streitjahr die Umsatzsteuer 1994 durch Bescheid vom 16. Dezember 1999 fest.

7

Im Anschluss an das rechtskräftige Urteil des Amtsgerichts vom Juli 2004, das den Kläger wegen Einkommensteuerhinterziehung verurteilt hatte und dabei von Betriebseinnahmen in Höhe von 168.310,96 DM (1993) und 286.358,72 DM (1994) ausging, und unter Bezugnahme auf den Bericht der Steuerfahndung vom 31. August 2004, wonach die F-GmbH dem Kläger für seine Vermittlungen Vergütungen in Höhe von 112.389,21 DM (1993) und 306.959,81 DM (1994) bezahlt habe, ging das FA davon aus, tatsächlich habe der Kläger das Einzelunternehmen der A auf eigenes Vergütungsrisiko wie ein selbstständiger Handelsvertreter geführt, ohne an deren Weisungen gebunden zu sein. Der Kläger habe weitgehend über die eingehenden Zahlungen verfügen können, da er Zugriff auf die Konten der A gehabt und diese ihrerseits die auf ihrem Konto eingehenden Zahlungen als Mittel des Klägers angesehen habe. Das FA erließ daraufhin am 17. November 2005 ausgehend von Provisionen in Höhe von 112.389,21 DM (1993) und 306.959,81 DM (1994) die Umsatzsteuerbescheide für die Streitjahre und setzte für 1993 erstmals Umsatzsteuer in Höhe von 14.659,50 DM und für das Streitjahr 1994 nunmehr mit 40.038,20 DM fest.

8

Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) ging aufgrund der Feststellungen im Strafurteil des Amtsgerichts S davon aus, dass der Kläger seine Anstellung bei der F-GmbH aufgegeben habe, weil er im Rahmen einer selbstständigen Tätigkeit einen höheren Verdienst habe erzielen können, dass er das Gewerbe ohne an Weisungen der A gebunden zu sein "faktisch ... selbständig" geführt und dessen Umsätze tatsächlich allein erwirtschaftet habe, während A selbst im Rahmen der Handelsvertretertätigkeit wesentliche Aufgaben weder wahrgenommen habe noch dazu in der Lage gewesen sei. Auch sah das FG als erwiesen an, dass der Kläger tatsächlich über die auf dem für A geführten Bankkonto gutgeschriebenen Provisionen der F-GmbH habe verfügen können und verfügt habe und in Übereinstimmung damit A ihrerseits die dort eingegangenen Geldbeträge als dem Kläger zustehend betrachtet habe. Da er tatsächlich auf eigenes Vergütungsrisiko als selbstständiger Handelsvertreter aufgetreten und nicht an Weisungen der A gebunden gewesen sei, habe er selbstständig eine gewerbliche Tätigkeit ausgeübt und sei Unternehmer i.S. des § 2 Abs. 1 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes 1993 (UStG). Offen bleiben könne, ob der Kläger oder A --Letztere auf Rechnung des Klägers-- gegenüber der F-GmbH aufgetreten sei. Im letzten Fall habe der Kläger im Innenverhältnis umsatzsteuerpflichtige Leistungen an die A erbracht. Dem Erlass der Umsatzsteuerbescheide für die Streitjahre stehe --wie zwischen den Beteiligten auch nicht mehr streitig ist-- die Festsetzungsverjährung nicht entgegen.

9

Die Entscheidung des FG ist in "Entscheidungen der Finanzgerichte" 2011, 664 veröffentlicht.

10

Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Das FG habe dem Kläger die bei A erfassten Umsätze nicht zurechnen dürfen, weil es ihn zu Unrecht als Unternehmer angesehen habe. Maßgeblich für die Zurechnung der Umsätze sei, ob im Außenverhältnis gegenüber der F-GmbH der Kläger oder A als Leistender aufgetreten sei.

11

Der Kläger beantragt,

das angefochtene Urteil sowie die Einspruchsentscheidung vom 6. Oktober 2006 und die Umsatzsteuerbescheide für 1993 und 1994 vom 17. November 2005 aufzuheben.

12

Das FA beantragt,

die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

13

Im Streitfall liege kein schriftlicher Handelsvertretervertrag zwischen der F-GmbH und dem Kläger und der A vor. Der Kläger sei entweder selbst Vertragspartner der F-GmbH gewesen oder habe als Hintermann mit der F-GmbH vereinbart, dass die Rechtswirkungen aus den zwischen der A und der F-GmbH geschlossenen Rechtsgeschäften ihn treffen sollten. Es sei nach allen denkbaren Sachverhaltsabläufen zutreffend, dem Kläger die Vermittlungsumsätze zuzurechnen.

Entscheidungsgründe

14

II. Die Revision wegen Umsatzsteuer 1993 ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Die Revision wegen Umsatzsteuer 1994 führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO). Das FG hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass der Kläger jedenfalls Umsätze in der vom FA festgesetzten Höhe zu versteuern hat. Hinsichtlich Umsatzsteuer 1994 ist die Sache jedoch nicht spruchreif, denn die Feststellungen des FG erlauben keine abschließende Entscheidung darüber, ob der angefochtene Änderungsbescheid vom 17. November 2005 inhaltlich bestimmt ist.

15

1. Bei nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG steuerbaren Leistungen bestimmt sich die Person des Leistenden nach dem der Leistung zugrunde liegenden Rechtsverhältnis.

16

a) Wer bei einem Umsatz als Leistender anzusehen ist, ergibt sich regelmäßig aus den abgeschlossenen zivilrechtlichen Vereinbarungen. Leistender ist in der Regel derjenige, der die Lieferungen oder sonstigen Leistungen im eigenen Namen gegenüber einem anderen selbst ausführt oder durch einen Beauftragten ausführen lässt. Ob eine Leistung dem Handelnden oder einem anderen zuzurechnen ist, hängt deshalb grundsätzlich davon ab, ob der Handelnde gegenüber dem Leistungsempfänger im eigenen Namen oder berechtigterweise im Namen eines anderen bei der Ausführung entgeltlicher Leistungen aufgetreten ist (ständige Rechtsprechung, z.B. Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 7. Juli 2005 V R 60/03, BFH/NV 2006, 139, und vom 26. Juni 2003 V R 22/02, BFH/NV 2004, 233, sowie BFH-Beschluss vom 31. Januar 2002 V B 108/01, BFHE 198, 208, BStBl II 2004, 622, jeweils m.w.N.).

17

b) Ohne Bedeutung ist, ob der im eigenen Namen Handelnde auch auf eigene Rechnung tätig ist.

18

aa) Ein Kommissionär erbringt auch dann eigene Leistungen, wenn er bei der im Rahmen einer Verkaufskommission erfolgenden Lieferung eines Gegenstandes im eigenen Namen, aber auf fremde Rechnung, der seines Kommittenten, handelt, wie sich aus § 3 Abs. 3 UStG ergibt. Zugleich liegt nach dieser Vorschrift auch eine Lieferung des Kommittenten an den Kommissionär vor, obwohl es sich zivilrechtlich um eine Geschäftsbesorgung des Kommissionärs für den Kommittenten handelt. Ebenso geht Art. 5 Abs. 4 Buchst. c der Sechsten Richtlinie des Rates zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (Richtlinie 77/388/EWG) vom Vorliegen einer Lieferung des Kommittenten an den Kommissionär bei der Übertragung eines Gegenstandes aufgrund einer Verkaufskommission aus. Das Entgelt für die Lieferung des Kommittenten richtet sich nach dem Entgelt für die Lieferung des Kommissionärs, von dem die dem Kommissionär zivilrechtlich vereinbarte Provision abzuziehen ist.

19

Gleiches gilt auch in den Streitjahren für den "Verkauf" sonstiger Leistungen. Bei richtlinienkonformer Auslegung entsprechend Art. 6 Abs. 4 der Richtlinie 77/388/EWG erfasste § 3 Abs. 11 UStG auch in seiner in den Streitjahren geltenden Fassung nicht nur den "Leistungseinkauf", sondern auch den "Leistungsverkauf" (BFH-Urteile vom 7. Oktober 1999 V R 79, 80/98, BFHE 190, 235, BStBl II 2004, 308; vom 25. Mai 2000 V R 66/99, BFHE 191, 458, BStBl II 2004, 310; vom 31. Januar 2002 V R 40, 41/00, BFHE 197, 377, BStBl II 2004, 315; vom 29. August 2002 V R 8/02, BFHE 199, 88, BStBl II 2004, 320; vom 28. November 2002 V R 6/02, BFH/NV 2003, 517).

20

bb) Von einer Leistung durch denjenigen, der im eigenen Namen und für fremde Rechnung handelt, ist auch bei Strohmann- und Treuhandgeschäften auszugehen. Sofern der Strohmann oder der Treuhänder Unternehmer i.S. des § 2 UStG ist und im Rahmen seines Unternehmens handelt (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG), steht es einer einem Strohmann oder dem Treuhänder zuzurechnenden Leistung oder einem Leistungsbezug nach § 3 Abs. 3 und Abs. 11 UStG nicht entgegen, dass sie (Strohmann und Treuhänder) auf fremde Rechnung tätig sind (BFH-Urteile vom 28. Januar 1999 V R 4/98, BFHE 188, 456, BStBl II 1999, 628; in BFH/NV 2004, 233, und in BFH/NV 2006, 139, und BFH-Beschluss in BFHE 198, 208, BStBl II 2004, 622). Die gegenteilige Rechtsprechung des XI. Senats des BFH hat der im Zeitpunkt der Entscheidung ausschließlich für die Umsatzsteuer zuständige V. Senat ausdrücklich aufgegeben (BFH-Beschluss in BFHE 198, 208, BStBl II 2004, 622, unter II.4.b für BFH-Urteil vom 13. Juli 1994 XI R 97/92, BFH/NV 1995, 168). Dabei ist zwischen der Leistungserbringung und dem Leistungsbezug durch Treuhänder oder Strohmänner nicht zu differenzieren, da die Bestimmung von Leistendem und Leistungsempfänger nach einheitlichen Grundsätzen erfolgt (vgl. BFH-Urteile vom 24. August 2006 V R 16/05, BFHE 215, 311, BStBl II 2007, 340, und vom 18. Februar 2009 V R 82/07, BFHE 225, 198, BStBl II 2009, 876).

21

Entsprechend der Anwendung des § 3 Abs. 3 UStG und § 3 Abs. 11 UStG auf Kommissionsverhältnisse kann es auch bei Strohmann- und Treuhandgeschäften zu einer Verdoppelung der Leistungsbeziehungen kommen, so dass z.B. der "Hintermann" an den "Strohmann" und dieser an den Abnehmer liefert oder leistet.

22

Ohne Bedeutung ist insoweit, ob der "Hintermann" als tatsächlich Handelnder die Leistungen im Namen des Strohmannes ausgeführt hat, z.B. gegenüber dem Leistungsempfänger als Angestellter des Vertragspartners (des Strohmannes oder Treuhänders) oder als dessen Subunternehmer aufgetreten ist (vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs vom 10. März 2010 VIII ZR 65/09, BFH/NV 2010, 1597).

23

c) Unbeachtlich ist das "vorgeschobene" Strohmanngeschäft aber, wenn es nur zum Schein abgeschlossen wird, d.h. wenn die Vertragsparteien einverständlich oder stillschweigend davon ausgehen, dass die Rechtswirkungen des Geschäfts gerade nicht zwischen ihnen, sondern zwischen dem Leistungsempfänger und dem "Hintermann" eintreten sollen (vgl. § 41 Abs. 2 der Abgabenordnung --AO--; ausführlich BFH-Beschluss in BFHE 198, 208, BStBl II 2004, 622, unter II.4.c; vgl. auch BFH-Beschluss vom 17. Oktober 2003 V B 111/02, BFH/NV 2004, 235). Letzteres ist insbesondere dann zu bejahen, wenn der Leistungsempfänger weiß oder davon ausgehen muss, dass derjenige, mit dem oder in dessen Namen das Rechtsgeschäft abgeschlossen wird (sog. Strohmann), selbst keine eigene --ggf. auch durch Subunternehmer auszuführende-- Verpflichtung aus dem Rechtsgeschäft übernehmen will (vgl. BFH-Beschluss in BFHE 198, 208, BStBl II 2004, 622; BFH-Urteil vom 12. August 2009 XI R 48/07, BFH/NV 2010, 259).

24

2. Im Streitfall kann offen bleiben, ob der Kläger die Leistungen unmittelbar an die F-GmbH erbracht hat, weil Vereinbarungen zwischen der GmbH und A nur zum Schein getroffen wurden und den unmittelbaren Leistungsbezug vom Kläger verdecken sollten, oder ob der Kläger entgeltliche Leistungen im Rahmen eines Kommissions- oder Strohmannverhältnisses an A erbracht hat.

25

Denn in jedem der beiden Fälle liegen entgeltliche Leistungen des Klägers vor, für die er nach § 13 Abs. 2 Nr. 1 UStG Steuerschuldner ist. In beiden Fällen hat der Kläger auch als Unternehmer nach § 2 Abs. 1 UStG gehandelt. Sind die Kommissionsgrundsätze maßgebend, gelten für die Leistungen des "Hintermannes" dieselben Kriterien, die für die Beurteilung der Leistungen des Kommissionärs bzw. Strohmannes maßgeblich sind. Ist die Tätigkeit für den Auftraggeber (Kommittent oder "Hintermann") nachhaltig i.S. des § 2 Abs. 1 UStG, hat auch dieser die ihm nach § 3 Abs. 3 UStG oder § 3 Abs. 11 UStG zuzurechnenden Leistungen als Unternehmer erbracht. Davon abgesehen ist auch nach den vom FG getroffenen Feststellungen im Streitfall nicht davon auszugehen, dass der Kläger in einem Abhängigkeitsverhältnis zu A stand und er daher unselbständig tätig gewesen wäre.

26

Ob der Kläger bei einer unmittelbaren Leistung an die F-GmbH höhere Entgelte --entsprechend den Steuerfestsetzungen für A-- zu versteuern hätte, ist im Hinblick auf das Verböserungsverbot unerheblich. Denn Bemessungsgrundlage der Leistungen des Klägers ist im Fall eines Kommissions- oder Strohmannverhältnisses der Betrag, den der Kläger aufgrund der Tätigkeit der A erhalten hat. Das FG geht insoweit mit dem FA davon aus, dass der Kläger von den in den Umsatzsteuerbescheiden der A erfassten Provisionen von 222.487 DM (1993) und 344.413 DM (1994) nur 112.389,21 DM (1993) und 306.995,89 DM (1994) erhalten hat. In Bezug auf diese Feststellungen hat der Kläger mit der Revision keine Rügen erhoben.

27

3.  Der Senat kann --anders als für das Streitjahr 1993, für das die Umsatzsteuer gegenüber dem Kläger erstmals festgesetzt worden ist--, nicht abschließend über den Umsatzsteuerbescheid für 1994 vom 17. November 2005 entscheiden. Denn die Feststellungen des FG erlauben keine Entscheidung darüber, ob dieser Änderungsbescheid inhaltlich hinreichend bestimmt ist.

28

a) Ein Verwaltungsakt ist nach § 125 Abs. 1 AO nichtig, wenn er an einem besonders schweren Fehler leidet und dies außerdem bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist. Ob diese Voraussetzung erfüllt ist, muss von Fall zu Fall anhand der einschlägigen materiell-rechtlichen oder verwaltungsverfahrensrechtlichen Rechtsvorschriften beurteilt werden (z.B. BFH-Urteile vom 26. September 2006 X R 21/04, BFH/NV 2007, 186; vom 31. August 1994 X R 2/93, BFH/NV 1995, 467).

29

b) Ein Verwaltungsakt muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein (§ 119 Abs. 1 AO). Die Frage, welche Anforderungen an die Bestimmtheit eines Änderungsbescheids zu richten sind, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab (BFH-Urteile in BFH/NV 2007, 186; vom 12. Oktober 1983 II R 56/81, BFHE 139, 432, BStBl II 1984, 140).

30

c) Ein Steuerbescheid ist wegen fehlender hinreichender Bestimmtheit nichtig, wenn er für einen Veranlagungszeitraum ergeht, für den bereits ein --wirksamer-- Steuerbescheid gegenüber demselben Adressaten erlassen wurde, ohne dass sich nach dem Wortlaut des Bescheids oder im Wege der Auslegung ergibt, in welchem Verhältnis der zuletzt ergangene zu dem zuvor ergangenen Bescheid steht (BFH-Urteil vom 23. August 2000 X R 27/98, BFHE 193, 19, BStBl II 2001, 662). Denn der Steuerpflichtige muss erkennen können, in welcher Hinsicht und in welchem Umfang eine bisherige Festsetzung geändert worden ist. Hierzu genügt es jedoch, dass aus dem gesamten Inhalt des Bescheids, aus dem Zusammenhang, aus der von der Behörde gegebenen Begründung oder aus den --dem Empfänger bekannten-- näheren Umständen des Bescheiderlasses im Wege einer am Grundsatz von Treu und Glauben orientierten Auslegung hinreichende Klarheit gewonnen werden kann (BFH-Urteile in BFH/NV 2007, 186; vom 26. März 1981 VII R 3/79, BFHE 133, 163; BFH-Beschluss vom 29. Juni 2006 VII B 328/04, juris; vgl. auch BFH-Urteile vom 18. Juli 1994 X R 33/91, BFHE 175, 294, BStBl II 1995, 4; vom 27. November 1996 X R 20/95, BFHE 183, 348, BStBl II 1997, 791; vom 6. Juli 1994 II R 126/91, BFH/NV 1995, 178; BFH-Beschlüsse vom 8. Februar 2001 VII B 82/00, BFH/NV 2001, 1003, sowie Beschluss vom 11. August 2006 V B 205/04, BFH/NV 2007, 5). Dass das Datum des geänderten Bescheides nicht genannt wird, ist daher nicht allein entscheidend.

31

d) Im Streitfall weist zwar der Umsatzsteuerbescheid vom 17. November 2005 für 1994 nicht ausdrücklich darauf hin, dass es sich um einen Änderungsbescheid handelt; er erging jedoch im Anschluss an ein auch Umsatzsteuer 1994 betreffendes Steuerstrafverfahren und den Bericht der Steuerfahndung, auf den in den Erläuterungen des Bescheides vom 17. November 2005 ausdrücklich hingewiesen wird. Danach konnte der Kläger unter Berücksichtigung der ihm bekannten Umstände keine vernünftigen Zweifel daran haben, dass es sich um einen (Umsatzsteuer 1994 betreffenden) Änderungsbescheid handelt. Auch Zweifel daran, dass dadurch der auf seiner Selbstanzeige für 1994 beruhende Umsatzsteuerbescheid des FA vom 16. Dezember 1999 geändert werden sollte, wären zu verneinen, wenn es sich bei diesem Umsatzsteuerbescheid vom 16. Dezember 1999 um den einzigen dem Kläger gegenüber ergangenen Umsatzsteuerbescheid für 1994 gehandelt hat. Denn dann wäre der Bezug zu einem anderen Umsatzsteuerbescheid für 1994 ausgeschlossen. Den Feststellungen des FG lässt sich jedoch nicht zweifelsfrei entnehmen, ob dem Umsatzsteuerbescheid 1994 vom 16. Dezember 1999 ein Umsatzsteuerbescheid vorausging. Die Sache war daher hinsichtlich Umsatzsteuer 1994 zur Nachholung entsprechender Feststellungen an das FG zurückzuverweisen.

Tatbestand

1

I. Gegenstand des Rechtsstreits ist ein Haftungsbescheid, den der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) aufgrund § 71 der Abgabenordnung (AO) gegen den Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) nach dessen Verurteilung wegen Hinterziehung von Umsatzsteuer 1999 (Streitjahr) erlassen hat.

2

Im Oktober des Kalenderjahres 1998 erwarb IW auf Veranlassung des Klägers sämtliche Geschäftsanteile an einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), die in I-GmbH umfirmiert wurde.

3

IW, der zu diesem Zeitpunkt arbeitslos war, wurde zum alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer der I-GmbH bestellt. Er übernahm die Geschäftsführerstellung, weil ihm der Kläger hierfür ein monatliches Entgelt versprochen hatte.

4

Die I-GmbH erwarb ab Juli 1999 innergemeinschaftlich elektronische Bauteile (Mikroprozessoren, sog. Central Processing Units --CPUs--) von ausländischen Gesellschaften und veräußerte diese weiter. Hauptabnehmer der I-GmbH war die K-GmbH mit Sitz in T.

5

Die CPUs wurden jeweils aus dem Ausland mit einer Spedition des ausländischen Lieferanten zu einem inländischen Kurierdienst gebracht, von diesem für die I-GmbH in Empfang genommen und zur K-GmbH transportiert.

6

Die Steuerfahndung ging davon aus, die CPUs seien zwischen den ausländischen Lieferanten, der I-GmbH und der K-GmbH im Kreis veräußert worden, so dass dieselbe Ware innerhalb weniger Tage mehrfach transportiert, jeweils im Wareneingang und -ausgang der K-GmbH registriert und wieder ins Ausland gebracht worden sei. Das Landgericht S im Strafverfahren gegen den Kläger und das Finanzgericht (FG) sind dem nur teilweise gefolgt. Sie gingen von tatsächlichen Warenbewegungen aus, ohne Feststellungen zu einem möglichen Warenkreislauf zu treffen.

7

Die I-GmbH veräußerte die CPUs an die K-GmbH jeweils ohne Gewinnaufschlag oder zu unter den Netto-Einkaufspreisen liegenden Entgelten unter Ausweis von Umsatzsteuer.

8

Der Kläger kümmerte sich zusammen mit dem weiteren als Mittäter wegen gemeinschaftlicher Steuerhinterziehung verurteilten P um die organisatorischen Belange der I-GmbH und deren Kontakt zu den ausländischen Lieferanten und der K-GmbH. P fiel nach Absprache mit IW und dem Kläger die Aufgabe zu, in den Geschäftsräumen der Gesellschaft in S Korrespondenz der Gesellschaft entgegenzunehmen und zu bearbeiten.

9

IW vertrat die Gesellschaft als deren Geschäftsführer nach außen. Er eröffnete auf Veranlassung des Klägers und des P bei der C-Bank in B ein Geschäftskonto für die Gesellschaft, stellte sich bei der K-GmbH als deren Geschäftsführer vor und unterzeichnete Korrespondenz im Namen der I-GmbH. Beim FA reichte er einen Fragebogen zur steuerlichen Erfassung der I-GmbH ein, in dem er den Beginn der Tätigkeit mit Januar 1999 angab und Dauerfristverlängerung beantragte.

10

Der Kläger bereitete Rechnungen und Schecks im Namen der I-GmbH vor, die er dann von IW unterschreiben ließ. Er wollte wie auch P durch diese Vorgehensweise erreichen, im Zusammenhang mit der I-GmbH weitestgehend nicht persönlich in Erscheinung zu treten.

11

Im Zeitraum vom 2. August bis 26. November 1999 erteilte die I-GmbH der K-GmbH 101 Rechnungen. Der Brutto-Rechnungsbetrag aus diesen Rechnungen belief sich auf insgesamt 95.313.644,60 DM, die ausgewiesene Umsatzsteuer auf 13.146.709,60 DM. Die I-GmbH gab für das Streitjahr weder Umsatzsteuer-Voranmeldungen noch eine Jahressteuererklärung ab.

12

Auf dem Konto der I-GmbH gingen im Streitjahr 100.199.561,60 DM ein. Hiervon wurden 96.262.104 DM ins Ausland überwiesen.

13

IW hob zwischen dem 16. September und 30. November 1999 jeweils auf Anordnung des Klägers vom Konto der I-GmbH Barbeträge (insgesamt rd. 3,8 Mio. DM) ab. Die abgehobenen Geldbeträge übergab er bis auf eine Ausnahme dem vor dem Bankgebäude im Auto wartenden Kläger.

14

IW und P erhielten aus dem abgehobenen Bargeld Teilbeträge in Höhe von jeweils ca. 300.000 DM; mindestens ebenso viel verblieb beim Kläger.

15

Mit Umsatzsteuerbescheid vom 1. Dezember 2000 setzte das FA gegenüber der I-GmbH Umsatzsteuer 1999 (Streitjahr) in Höhe von 13.718.389 DM unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 AO fest. Es behandelte die in den Rechnungen der I-GmbH ausgewiesenen Steuerbeträge als unberechtigt gemäß § 14 Abs. 3 des Umsatzsteuergesetzes 1999 (UStG), da es sich bei der I-GmbH um einen Scheinunternehmer gehandelt habe, der eine "tatsächliche" unternehmerische Betätigung nur vorgetäuscht und Rechnungen über Scheinlieferungen ausgestellt habe. Der Bescheid wurde an IW als Geschäftsführer der Gesellschaft bekannt gegeben.

16

Die K-GmbH machte in ihren Umsatzsteuer-Voranmeldungen die in den Rechnungen der I-GmbH ausgewiesenen Steuerbeträge als Vorsteuer geltend. Ein hieraus resultierendes Guthaben verrechnete das für die K-GmbH zuständige FA mit deren Steuerverbindlichkeiten. Im September 1999 kam es zur Auszahlung eines Vorsteuerüberhangs an die K-GmbH in Höhe von 58.552,99 DM. Die Umsatzsteuer-Voranmeldungen der K-GmbH für die Voranmeldungszeiträume Oktober und November 1999 wiesen Vorsteuerüberhänge in Höhe von 2.795.156,20 DM und 5.558.818 DM aus, die aber nicht anerkannt wurden.

17

Nach Abschluss der steuerstrafrechtlichen Ermittlungen versagte das zuständige FA der K-GmbH nachträglich den Vorsteuerabzug für die Voranmeldungszeiträume August bis November 1999. Es setzte eine Nachzahlung in Höhe von insgesamt 4.721.963,70 DM fest.

18

Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der K-GmbH erkannte der Insolvenzverwalter den zur Insolvenztabelle angemeldeten Nachzahlungsbetrag in Höhe von 4.721.963,70 DM an. Die Forderung fiel aus.

19

Das Landgericht S verurteilte den Kläger mit Urteil vom 25. Juni 2002 neben IW und P als Mittäter wegen Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO in vier Fällen (für jeden der Voranmeldungszeiträume August bis November 1999) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten. Es sah den Kläger als "faktischen Mitgeschäftsführer" der I-GmbH an. Er sei seiner aus § 35 AO resultierenden Verpflichtung nicht nachgekommen, monatlich Umsatzsteuer-Voranmeldungen für die I-GmbH abzugeben. Das Strafurteil wurde nach erfolgloser Revision zum Bundesgerichtshof (BGH) gegenüber dem Kläger rechtskräftig.

20

Das FA nahm den Kläger mit Haftungsbescheid vom 25. Februar 2003 gemäß § 71 AO in Höhe von insgesamt 6.721.805,86 € (= 13.146.709,56 DM) in Anspruch.

21

Nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhob der Kläger Klage. In der mündlichen Verhandlung vor dem FG erklärte der Vertreter des FA zu Protokoll, er verpflichte sich, einen geänderten Haftungsbescheid mit einer Haftungssumme von nur noch 4.721.963,70 DM (2.414.301,70 €) zu erlassen. Die Beteiligten erklärten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend hinsichtlich der weiter gehenden Haftungssumme in Höhe von 8.424.745,74 DM (4.307.504,10 €) "für erledigt".

22

Das FG gab der Klage weitgehend statt und setzte die Haftungssumme auf 58.552,99 DM herab. Zwar hafte der Kläger als Mittäter einer Steuerhinterziehung. Als Haftungssumme sei jedoch wegen des Schadensersatzcharakters der Haftung in § 71 AO nicht der nicht angemeldete nominale Umsatzsteuerbetrag anzusetzen. Der im Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (jetzt Europäischen Union) --EuGH-- vom 19. September 2000 C-454/98, Schmeink & Cofreth (Slg. 2000, I-6973, BFH/NV 2001 Beilage 1, 33) enthaltene Rechtsgedanke, eine Haftung für unberechtigt in Rechnung gestellte Umsatzsteuer entfalle, wenn die entsprechende Rechnung berichtigt und die aus der Rechnung resultierende Gefährdung des Steueraufkommens beseitigt werde, sei auf die Haftung gemäß § 71 AO sinngemäß zu übertragen. Im Rahmen eines mehrstufigen Umsatzsteuerbetrugs hafte der Rechnungsaussteller nur für die Beträge, die beim Rechnungsempfänger aus den Rechnungen des Rechnungsausstellers als Vorsteuerbeträge anerkannt, ausgezahlt und später nicht zurückerstattet worden seien.

23

Hinsichtlich des zunächst verrechneten Guthabens der K-GmbH, das auf den Vorsteuerbeträgen aus Rechnungen der I-GmbH beruht habe, dann zurückgefordert und ausgefallen sei, stehe nicht fest, ob das Verhalten des Klägers für den Schadenseintritt des Fiskus ursächlich sei. Das FA habe nicht nachweisen können, dass die K-GmbH die später ausgefallene Nachzahlung aufgrund ihrer Vermögenslage zum Zeitpunkt, in dem diese festgesetzt worden sei, noch habe erbringen können.

24

Mit der Revision rügt das FA Verletzung materiellen Rechts. Das FG stelle für die Haftungssumme auf die nicht maßgeblichen tatsächlich und endgültig erlangten Vorsteuerbeträge des Rechnungsempfängers K-GmbH ab. Es sei unzutreffend, dass die Steuerhinterziehung durch den Kläger für den Schadenseintritt des Fiskus nicht ursächlich gewesen sei.

25

Das FA beantragt,

das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen, soweit der Kläger eine Herabsetzung der Haftungssumme unterhalb eines Betrags in Höhe von 4.721.963,70 DM (2.414.301,70 €) begehrt.

26

Der Kläger beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

27

Die bisher getroffenen Feststellungen reichten nicht aus, um ihn, den Kläger, als faktischen Geschäftsführer anzusehen. Im Übrigen beruhten sie nur auf einem Geständnis eines Tatbeteiligten. Er hafte nicht nach § 71 AO. Im Rahmen der Ermessensausübung sei eine Aufteilung der Haftungsschuld erforderlich.

28

Das FA hat bis zur Entscheidung des erkennenden Senats den in der Niederschrift zur mündlichen Verhandlung vor dem FG zugesagten geänderten Haftungsbescheid nicht erlassen.

Entscheidungsgründe

29

II. Die Revision des FA ist begründet. Das Urteil des FG wird aufgehoben und der Haftungsbescheid vom 25. Februar 2003 auf eine Haftungssumme in Höhe von 4.721.963,70 DM (= 2.414.301,70 €) herabgesetzt (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

30

1. Der Revisionsantrag des FA, die Klage unter Aufhebung des FG-Urteils abzuweisen, ist aufgrund der Zusage, einen geänderten Haftungsbescheid zu erlassen, so zu verstehen, dass das FA mit seiner Revision nur noch anstrebt, den streitgegenständlichen Haftungsbescheid vom 25. Februar 2003 entsprechend der Zusage in Höhe der Haftungssumme von 4.721.963,70 DM (2.414.301,70 €) zu bestätigen. Das FG hat --ohne den Antrag des FA im Tatbestand des Urteils anzupassen-- auch nur noch über den eingeschränkten Klageabweisungsantrag des FA entschieden. Der Senat ist an diesen Antrag gemäß § 96 Abs. 1 Satz 2 FGO i.V.m. § 121 FGO gebunden und hat über die Rechtmäßigkeit des Haftungsbescheids nur noch in diesem Umfang zu entscheiden.

31

2. Das FG hat das Verhalten des Klägers, für die Monate August bis November 1999 für die I-GmbH weder Umsatzsteuer-Voranmeldungen abzugeben noch die fälligen Steuerbeträge zu entrichten, zu Recht als vierfache Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO gewürdigt und den Haftungsbescheid gemäß §§ 191 Abs. 1, 71 AO dem Grunde nach als rechtmäßig angesehen.

32

a) Die I-GmbH schuldete die in den Rechnungen ausgewiesene Umsatzsteuer für die von ihr ausgeführten Lieferungen an die K-GmbH nach § 1 Abs. 1 UStG. Es liegen entgegen der Auffassung des FA und des FG keine Rechnungen mit unberechtigtem Steuerausweis gemäß § 14 Abs. 3 Satz 2 UStG vor.

33

aa) Auf der Grundlage der bindenden Feststellungen des FG ist davon auszugehen, dass Lieferungen an die I-GmbH i.S. von § 3 Abs. 1 UStG und von dieser an die K-GmbH vorliegen. Denn die I-GmbH hat als Abnehmerin die erforderliche Verfügungsmacht an den CPUs erlangt, da die von ihr beauftragten Kuriere die Ware vom Spediteur des Verkäufers für sie in Empfang genommen und auf ihre Veranlassung im Rahmen eigenständiger Lieferungen gemäß § 3 Abs. 1 UStG weiter zur K-GmbH transportiert haben. Aufgrund dieser Feststellungen des FG hat der Senat auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die I-GmbH nur zum Schein als reiner "Rechnungsschreiber" in eine unmittelbare Rechtsbeziehung zwischen dem ausländischen Verkäufer und der K-GmbH eingeschaltet gewesen sein könnte (vgl. hierzu Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 12. August 2009 XI R 48/07, BFH/NV 2010, 259, unter II.1.a bb a.E.; BGH-Urteil vom 22. Mai 2003  5 StR 520/02, BFH/NV 2004 Beilage 2, 163, unter II.1.b aa).

34

bb) Die von der I-GmbH ausgeführten Lieferungen, die zum Zweck der Steuerhinterziehung erfolgten, sind der Besteuerung zugrunde zu legen.

35

Der Senat folgt der Rechtsprechung des EuGH, der wiederholt entschieden hat, Lieferungen von Gegenständen seien steuerbare Umsätze, wenn sie die objektiven Kriterien erfüllten, auf denen diese Begriffe beruhten (EuGH-Urteile vom 12. Januar 2006 C-354/03, C-355/03 und C-484/03, Optigen u.a., Slg. 2006, I-483, BFH/NV 2006 Beilage 2, 144 Rdnr. 55; vom 21. Februar 2006 C-255/02, Halifax, Slg. 2006, I-1609, BFH/NV 2006 Beilage 3, 260 Rdnrn. 55 bis 58).

36

Soweit der EuGH davon ausgeht, dass die objektiven Kriterien einer Lieferung im Fall einer Steuerhinterziehung nicht vorliegen (vgl. EuGH-Urteile vom 6. Juli 2006 C-439/04 und 440/04, Axel Kittel u.a., Slg. 2006, I-6161, BFH/NV 2006 Beilage 4, 454 Rdnr. 44, Umsatzsteuer-Rundschau --UR-- 2006, 594; Halifax in Slg. 2006, I-1609, BFH/NV 2006 Beilage 3, 260, unter Rdnr. 59), handelt es sich um einen eigenständigen Vorsteuerversagungsgrund (vgl. die Senatsentscheidung vom 19. April 2007 V R 48/04, BFHE 217, 194, BStBl II 2009, 315; BFH-Urteil vom 10. Dezember 2008 XI R 57/06, BFH/NV 2009, 1156). Für die Besteuerung von Ausgangsumsätzen ist dies aber ohne Bedeutung. Die vom Steuerhinterzieher ausgeführte Lieferung ist bei diesem steuerbar und steuerpflichtig. Davon zu unterscheiden ist die im Streitfall, der Lieferungen im Inland betrifft, nicht zu entscheidende Frage, ob bei Mitwirkung an einer Steuerhinterziehung im Anschluss an eine innergemeinschaftliche Lieferung dem Lieferer die Steuerbefreiung nach § 6a UStG zu versagen ist (vgl. BGH-Beschluss vom 7. Juli 2009  1 StR 41/09, UR 2009, 732).

37

cc) Die Steuer für Lieferungen entsteht gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 1 UStG mit Ablauf der jeweiligen Voranmeldungszeiträume. Die hieraus resultierenden Steuerbeträge sind gemäß § 18 Abs. 1 Satz 1 UStG voranzumelden. Das FG hat insoweit gemäß § 118 Abs. 2 FGO für den Senat bindend festgestellt, dass Voranmeldungszeitraum der Kalendermonat (§ 18 Abs. 2 Satz 2 UStG) war.

38

b) Der Senat folgt dem FG darin, dass der Kläger als faktischer Geschäftsführer und Verfügungsberechtigter der I-GmbH gemäß § 35 AO i.V.m. § 34 Abs. 1 AO seiner rechtlichen Verpflichtung vorsätzlich nicht nachgekommen ist, namens der Gesellschaft Voranmeldungen für die Monate August bis November 1999 abzugeben und die fälligen Steuerbeträge zu entrichten. Er hat daher für jeden der Voranmeldungszeiträume eine Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO begangen.

39

aa) Im Bereich des Sonderdelikts aus § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO kann in Bezug auf die Hinterziehung von Umsatzsteuern Täter nur sein, wer die rechtliche Erklärungspflicht für die Voranmeldungen und die Jahreserklärungen zu erfüllen hat (vgl. BGH-Urteil in BFH/NV 2004 Beilage 2, 163, sowie z.B. Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 370 AO Rz 1403; Joecks in Franzen/Gast/ Joecks, Steuerstrafrecht, 7. Aufl., § 370 Rz 155). Zu den Erklärungsverpflichteten gehört unter anderem auch der Verfügungsberechtigte i.S. des § 35 AO (BFH-Entscheidungen vom 16. März 1995 VII R 38/94, BFHE 177, 209, BStBl II 1995, 859; vom 7. April 1992 VII R 104/90, BFH/NV 1993, 213; aus steuerstrafrechtlicher Sicht BGH-Entscheidungen vom 8. November 1989  3 StR 249/89, Zeitschrift für Wirtschaft, Steuer, Strafrecht --wistra-- 1990, 97; vom 17. Februar 1998  5 StR 624/97, wistra 1998, 225; Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 370 AO Rz 118.1 und 118.3).

40

bb) Der Kläger war als faktischer Geschäftsführer und Verfügungsberechtigter gemäß § 35 AO erklärungspflichtig.

41

Verfügungsberechtigter i.S. des § 35 AO ist nach der ständigen Rechtsprechung des BFH jeder, der nach dem Gesamtbild der Verhältnisse rechtlich und wirtschaftlich über Mittel, die einem anderen zuzurechnen sind, verfügen kann und als solcher nach außen auftritt (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Entscheidungen vom 10. Mai 1989 I R 121/85, BFH/NV 1990, 7; vom 27. November 1990 VII R 20/89, BFHE 163, 106, BStBl II 1991, 284; vom 24. April 1991 I R 56/89, BFH/NV 1992, 76; in BFH/NV 1993, 213; vom 19. Mai 2009 VII B 207/08, nicht veröffentlicht --n.v.--). Eine rechtliche Verfügungsmacht besteht danach, wenn der Verfügungsberechtigte die Pflichten des gesetzlichen Vertreters --mittelbar-- durch die Bestellung der entsprechenden Organe erfüllen lassen kann (s. Boeker in Hübschmann/Hepp/ Spitaler, § 35 AO Rz 10, 14; Jatzke in Beermann/Gosch, AO § 35 Rz 10, 11, 19). Der "Auftritt nach außen" liegt vor, wenn der faktische Geschäftsführer sich gegenüber einer begrenzten Öffentlichkeit als solcher geriert, das Auftreten gegenüber der allgemeinen Öffentlichkeit aber weisungsabhängigen Personen überlässt (BFH-Urteil in BFH/NV 1992, 76; vgl. auch Urteil des FG Baden-Württemberg vom 25. Juni 2008  12 K 407/04, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2008, 1434).

42

Das FG ist auf dieser Grundlage in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise zu dem Schluss gekommen, dass der Kläger faktischer Geschäftsführer der I-GmbH war. Er beherrschte die Abläufe und steuerte, wann und in welcher Höhe CPUs bestellt, an die K-GmbH weiterveräußert und in Rechnung gestellt wurden, dirigierte mit P, wann und in welcher Höhe Bargeld durch IW vom Geschäftskonto der Gesellschaft abzuheben war und welche Informationen IW an das FA geben sollte. Er verteilte das abgehobene Bargeld und behielt den "Restgewinn" nach Abzug der Beträge für IW und P zurück sowie in mindestens derselben Höhe wie die Beträge für IW und P für sich. Das FG hat zu Recht auch das Merkmal des "Auftritts nach außen" als erfüllt angesehen. Zwar hat der Kläger im Außenverhältnis gezielt den im Handelsregister eingetragenen Geschäftsführer IW vorgeschoben. Er trat nach den Feststellungen des FG jedoch vereinzelt für die I-GmbH nach außen auf und übte im Übrigen seine Leitungsmacht im Innenverhältnis gegenüber IW und P umfassend aus.

43

Zutreffend geht das FG nach den vorstehenden Feststellungen weiter davon aus, der Kläger habe seine Verpflichtung, für die I-GmbH Umsatzsteuer-Voranmeldungen für die Monate August bis November 1999 abzugeben und die fälligen Steuerbeträge zu entrichten, jedenfalls mittelbar über IW und P tatsächlich erfüllen können, dies aber nicht getan.

44

Soweit der Kläger hiergegen einwendet, dass die vom FG getroffenen Feststellungen für die Annahme einer Verfügungsberechtigung i.S. von § 35 AO nicht ausreichten, berücksichtigt er weder, dass es genügt, wenn der faktische Geschäftsführer sich gegenüber einer begrenzten Öffentlichkeit als solcher geriert und das Auftreten gegenüber der allgemeinen Öffentlichkeit weisungsabhängigen Personen überlässt (BFH-Urteil in BFH/NV 1992, 76) noch, dass der Senat an die Feststellung des FG, die nicht mit begründeten Revisionsrügen angegriffen wurden, nach § 118 Abs. 2 AO gebunden ist.

45

cc) Der Kläger hat auch vorsätzlich gehandelt, da er nach den Feststellungen des FG von Anfang an geplant hat, weder Voranmeldungen noch eine Jahreserklärung abzugeben.

46

c) Unerheblich ist, dass der Kläger auch seine Erklärungspflicht in Bezug auf die Umsatzsteuerjahreserklärung für die I-GmbH verletzt und dass das FA einen Umsatzsteuerjahresbescheid 1999 erlassen hat.

47

aa) Eine Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO wegen nicht abgegebener Umsatzsteuer-Voranmeldungen ist vollendet, wenn eine Steueranmeldung --hier die einzelnen Umsatzsteuer-Voranmeldungen für die Monate August bis November 1999-- zum gesetzlich vorgegebenen Termin ausbleibt (ständige Rechtsprechung des BGH, vgl. Entscheidungen vom 11. Dezember 1990 5 StR 519/90, wistra 1991, 215; grundlegend vom 17. März 2009  1 StR 627/08, BGHSt 53, 221; vom 2. Dezember 2008  1 StR 344/08, wistra 2009, 189). Die nicht angemeldeten nominalen Steuerbeträge sind "auf Dauer" verkürzt, wenn der Täter --wie hier der Kläger-- von vornherein weder Voranmeldungen noch die Jahreserklärung abgeben will (BGH-Urteile vom 21. Januar 1998  5 StR 686/97, wistra 1998, 146; in wistra 1998, 225; vom 20. April 1999  5 StR 54/99, wistra 1999, 298). Hinterziehungstaten wegen der Verletzung der Pflicht zur rechtzeitigen Abgabe von Umsatzsteuer-Voranmeldungen und von Umsatzsteuerjahreserklärungen stehen ferner auch dann im Verhältnis der Tatmehrheit zueinander, wenn sie dasselbe Kalenderjahr betreffen (vgl. z.B. BGH-Urteil in BGHSt 53, 221).

48

bb) Die Festsetzung der Umsatzsteuer für das Streitjahr durch den Jahressteuerbescheid 1999 vom 1. Dezember 2000 vor Erlass des Haftungsbescheids stellt die Rechtmäßigkeit des Haftungsbescheids vom 25. Februar 2003 ebenfalls nicht in Frage. Wird die Erstschuld durch Jahresbescheid festgesetzt, kann trotzdem ein Haftungsbescheid ergehen (vgl. BFH-Urteil vom 12. Oktober 1999 VII R 98/98, BFHE 190, 25, BStBl II 2000, 486).

49

cc) Anhaltspunkte dafür, dass die gemäß § 102 FGO vom Senat nur eingeschränkt überprüfbare Entscheidung, den Kläger in Haftung zu nehmen, nicht ermessensgerecht sein könnte, bestehen nicht. Im Hinblick auf die in der mündlichen Verhandlung vor dem FG zugesagte Herabsetzung des Haftungsbetrages kommt es auf die vom Kläger aufgeworfene Frage einer Aufteilung der Haftung im Rahmen der gebotenen Ermessensausübung (§§ 191, 5 AO) nicht mehr an.

50

3. Das Urteil des FG ist aber gleichwohl materiell-rechtlich fehlerhaft. Es verletzt die zu § 71 AO maßgeblichen Rechtsgrundsätze zur Ermittlung des Vermögensschadens und ist deshalb aufzuheben. Das FG stellt für den Vermögensschaden zu Unrecht auf den Vorsteuerabzug der K-GmbH ab. Maßgeblich sind demgegenüber die nicht angemeldeten Steuerbeträge der I-GmbH. Soweit es zwar von einem Vermögensschaden ausgeht, die Steuerhinterziehung des Klägers für den Schadenseintritt jedoch nicht als ursächlich ansieht, ist dem nicht zu folgen.

51

a) Die Haftungssumme gemäß § 71 AO bestimmt sich grundsätzlich nach den verkürzten nominalen Steuerbeträgen (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 11. Februar 2002 VII B 323/00, BFH/NV 2002, 891; Senatsbeschluss vom 6. November 2006 V B 117/05, BFH/NV 2007, 508). Beschränkt wird die Haftung des Steuerhinterziehers gemäß § 71 AO jedoch auf den Vermögensschaden des Fiskus, der durch die Tat verursacht und vom Vorsatz des Täters umfasst ist (vgl. BFH-Urteile vom 13. Juli 1994 I R 112/93, BFHE 175, 489, BStBl II 1995, 198, und vom 6. März 2001 VII R 17/00, BFH/NV 2001, 1100).

52

b) Für die Höhe des Vermögensschadens aufgrund der Steuerhinterziehung ist im Streitfall nicht auf den "Vorsteuerschaden" auf Ebene der K-GmbH, sondern auf den nicht angemeldeten nominalen Steuerbetrag in Höhe von 6.721.805,86 € (13.146.709,56 DM) abzustellen.

53

aa) Wie unter II.2.a ausgeführt, liegen im Streitfall entgegen der Auffassung des FA und des FG steuerbare und steuerpflichtige Lieferungen der I-GmbH vor. Das FG hat seine Auffassung, der Vermögensschaden des Fiskus aus der Hinterziehung des Täters richte sich nach der Höhe der "verlorenen Vorsteuerbeträge" der K-GmbH, daher zu Unrecht darauf gestützt, die I-GmbH habe in ihren Rechnungen Steuerbeträge gemäß § 14 Abs. 3 UStG unberechtigt ausgewiesen, die sie nach den Vorgaben des EuGH-Urteils Schmeink & Cofreth in Slg. 2000, I-6973, BFH/NV 2001 Beilage 1, 33 und der anknüpfenden Rechtsprechung (vgl. z.B. Senatsentscheidungen vom 22. Februar 2001 V R 5/99, BFHE 194, 506, BStBl II 2004, 143; vom 8. März 2001 V R 61/97, BFHE 194, 517, BStBl II 2004, 373; vom 17. Mai 2001 V R 77/99, BFHE 194, 552, BStBl II 2004, 370; vom 25. April 2002 V B 73/01, BFHE 198, 71, BStBl II 2004, 343) habe berichtigen können. Dies kann wegen des Vorliegens steuerbarer und steuerpflichtiger Lieferungen im Streitfall schon dem Grunde nach nicht durchgreifen. Die I-GmbH schuldete die Umsatzsteuer für die von ihr ausgeführten Lieferungen endgültig.

54

bb) Selbst wenn die Auffassung des FG zuträfe und von unberechtigt ausgewiesenen Steuerbeträgen i.S. des § 14 Abs. 3 UStG auszugehen wäre, für die die Steuer mit Ausgabe der Rechnung (§ 13 Abs. 1 Nr. 4 UStG) entstanden wäre, würde sich im Streitfall der Vermögensschaden des Fiskus nach den nicht angemeldeten nominalen Steuerbeträgen richten. Die hieraus resultierenden Steuerbeträge hätte die I-GmbH als Unternehmerin im Streitjahr gemäß § 18 Abs. 1 Satz 1 UStG anmelden müssen.

55

Die vom FG als maßgeblich erachtete Berichtigungsmöglichkeit der Steuerschuldnerin I-GmbH, die das FG zugunsten des Klägers als Haftungsschuldner anwenden will, hätte im Übrigen nach der unter II.3.b aa zitierten Senatsrechtsprechung für die an die K-GmbH ausgestellten Rechnungen nicht bestanden. Die Gefährdung des Steueraufkommens wurde von der I-GmbH nicht beseitigt. Weder hat die K-GmbH vor dem Vorsteuerabzug Rechnungen an die I-GmbH zurückgegeben oder die I-GmbH diese storniert, noch ist die in den Rechnungen ausgewiesene Umsatzsteuer gezahlt oder die von der K-GmbH abgezogene Vorsteuer zurückgeführt worden. Entgegen der Auffassung des FG gilt dies auch für die Rechnungen, aus denen das FA der K-GmbH Vorsteuerbeträge von vornherein nicht anerkannt hat (2.795.156,20 DM und 5.558.818 DM). Die Gefährdung des Steueraufkommens besteht dann, solange diese Ausgangsrechnungen nicht storniert oder zurückgegeben werden.

56

c) Soweit das FG für die noch streitige Haftungssumme in Höhe von 4.721.963,70 DM (2.414.301,70 €) --die obere Grenze der Haftungssumme im zugesagten geänderten Haftungsbescheid-- einen Vermögensschaden des Fiskus bejaht, aber einen ursächlichen Zusammenhang zwischen der Steuerhinterziehung durch den Kläger und dem Schadenseintritt verneint, hält das Urteil einer Prüfung nicht stand.

57

aa) Die Haftung gemäß § 71 AO entfällt, wenn derselbe Vermögensschaden für den Fiskus auch bei steuerehrlichem Verhalten eingetreten wäre (vgl. Jatzke in Beermann/Gosch, a.a.O., § 71 Rz 15). Die Haftung ist im Fall der Nichtabgabe von Umsatzsteuer-Voranmeldungen und Nichtentrichtung fälliger Steuerbeträge auf den Betrag begrenzt, der bei rechtzeitiger Abgabe und Zahlung unter gleichmäßiger Befriedigung aller Gläubiger hätte getilgt werden können (BFH-Beschlüsse vom 27. März 2006 VII B 117/05, BFH/NV 2006, 1254; vom 22. Oktober 2009 V B 108/08, BFH/NV 2010, 170).

58

bb) Maßgeblich ist demnach im Streitfall, ob die I-GmbH in der Lage war, die aufgrund der ausgeführten Lieferungen an die K-GmbH geschuldeten Steuerbeträge rechtzeitig anzumelden und zu entrichten. Nach den Feststellungen des FG zu den Zahlungseingängen und Mittelabflüssen bestehen keine Zweifel für den Senat, dass die K-GmbH an die I-GmbH sämtliche in Rechnung gestellten Steuerbeträge bezahlt hat. Diese verfügte somit über genügend Mittel, um die anzumeldenden Steuerbeträge rechtzeitig entrichten zu können. Das FG wählt für die Kausalitätsprüfung demgegenüber einen unzutreffenden Ausgangspunkt. Es hat, seinem rechtsfehlerhaften Ansatz zur Ermittlung des Vermögensschadens folgend, geprüft, ob die Steuerhinterziehung durch den Kläger für die ausgefallene Nachforderung des Fiskus gegenüber der K-GmbH ursächlich war.

59

cc) Unbeachtlich ist, dass die I-GmbH auf Grundlage der Netto-Einkaufspreise einen Verlust erwirtschaftet sowie aus den An- und Verkäufen der CPUs einen "Gewinn" von rund 3,8 Mio. DM erzielt hat, der unterhalb der noch streitigen Haftungssumme liegt.

60

Der Senat folgt nicht der Auffassung des FG Baden-Württemberg in EFG 2008, 1434, wonach das strafbare Unterlassen des Täters, die gebotenen Umsatzsteuer-Voranmeldungen nicht abgegeben und die fälligen Steuerbeträge nicht rechtzeitig entrichtet zu haben, nicht ursächlich für den Steuerschaden des Fiskus --in Höhe der nicht angemeldeten Nominalbeträge-- sei, wenn der "Rechnungsaussteller" und Zwischenhändler --hier die I-GmbH-- nicht über ausreichende Zahlungsmittel verfüge, weil er empfangene Zahlungsmittel umgehend für neue An- und Verkaufsgeschäfte innerhalb des Karussells genutzt habe.

61

Die vom Kläger gemeinsam mit P und IW schuldhaft herbeigeführte Zahlungsunfähigkeit der I-GmbH kann weder den Kausalzusammenhang zwischen der Unterlassungstat und dem Schadenseintritt des Fiskus ausschließen, noch ist zu prüfen, ob die Haftungssumme nach den Grundsätzen der anteiligen Tilgung zu mindern sein könnte (vgl. zur schuldhaften Verschlechterung der Liquiditätslage einer Gesellschaft durch den haftenden Gesellschafter die BFH-Entscheidungen vom 5. März 1991 VII R 93/88, BFHE 164, 203, BStBl II 1991, 678; vom 26. August 1992 VII R 50/91, BFHE 169, 13, BStBl II 1993, 8; in BFH/NV 2002, 891).

62

4. Die Sache ist spruchreif. Der angefochtene Haftungsbescheid ist, soweit der Senat noch über ihn zu entscheiden hat, rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Der Bescheid wird geändert und die Haftungssumme auf den durch das FA zugesagten Betrag von 4.721.963,70 DM (2.414.301,70 €) herabgesetzt. Der in der mündlichen Verhandlung vor dem FG vom FA zugesagte Änderungsbescheid braucht nicht mehr zu ergehen.

63

5. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 135 Abs. 1, 136 Abs. 1 FGO. Die Kosten des Rechtsstreits sind wegen der zwischenzeitlichen teilweisen Erledigung des Rechtsstreits nach Zeitabschnitten zu verteilen (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 136 Rz 3).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 24/10
vom
8. Februar 2011
BGHSt: nein
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
_____________________________
Jedenfalls dann, wenn derjenige, für den eine Lieferung ausgeführt wird, weiß,
dass diese Teil eines auf Hinterziehung von Umsatzsteuer angelegten Systems
ist, so ist er hinsichtlich dieser Lieferung nicht als Unternehmer i.S.d. § 15 UStG
tätig. Macht er dennoch die in einer Rechnung für diese Lieferung ausgewiesene
Umsatzsteuer nach § 15 UStG als Vorsteuer geltend, begeht er eine Steuerhinterziehung.
BGH, Beschluss vom 8. Februar 2011 - 1 StR 24/10 - LG Hamburg
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
4.
5.
wegen zu 1.: Steuerhinterziehung
zu 2.: versuchter Steuerhinterziehung
zu 3.: Steuerhinterziehung u.a.
zu 4.: Steuerhinterziehung u.a.
zu 5.: Steuerhinterziehung u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 8. Februar 2011 beschlossen:
Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 12. August 2009 werden als unbegründet verworfen. Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Verfahrensgegenstand sind Steuerdelikte (Hinterziehung von Umsatzsteuer ), die in den Veranlagungszeiträumen 2006 und 2007 im Rahmen von „zwei groß angelegten und gut organisierten sowie auf Verschleierung ausgerichteten Steuerhinterziehungssystemen“ begangen (System „B. “, B. GmbH & Co. KG in S. ; Steuerverkürzung durch unberechtigte Geltendmachung von Vorsteuer in Höhe von etwa 10 Mio. €) oder versucht (System „H. “, H. AG & Co. KG; vergebliche unberechtigte Geltendmachung von Vorsteuer in Höhe von etwa 4,8 Mio. €) wurden. Die in näher festgestellter Weise hieran beteiligten Angeklagten wurden, differenziert nach Art und Maß ihrer Beteiligung, wegen vollendeten und/oder versuchten Steuerhinterziehungen jeweils zu Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt.
2
Ihre auf eine von allen Angeklagten erhobene Verfahrensrüge und die Sachrüge gestützten Revisionen bleiben erfolglos (§ 349 Abs. 2 StPO).

I.



3
Mit der Verfahrensrüge wird geltend gemacht, der in der am 5. November 2008 begonnenen Hauptverhandlung häufig als alleiniger Urkundsbeamter der Geschäftsstelle (Protokollführer) eingesetzte Justizfachangestellte K. sei zuvor entgegen § 153 Abs. 5 GVG nicht mit dieser Aufgabe betraut worden; daher sei insoweit die Hauptverhandlung entgegen § 226 Abs. 1 StPO ohne Urkundsbeamten der Geschäftsstelle durchgeführt worden (§ 338 Nr. 5 StPO).
4
1. Folgendes liegt zu Grunde:
5
Der Justizfachangestellte K. war nach Bestehen der entsprechenden Prüfung seit 2004 am Verwaltungsgericht Hamburg tätig und dort 2006 mit den Aufgaben eines Urkundsbeamten der Geschäftsstelle betraut worden. Zum 15. September 2008 wechselte er zum Landgericht Hamburg. Mit Verfügung vom 22. September 2008 übertrug ihm die Personalleiterin die Aufgaben eines Angestellten in Serviceeinheiten. Mit Schreiben vom 11. August 2009 (dem Tag vor der Verkündung des angefochtenen Urteils) betraute ihn der Geschäftsleiter des Landgerichts im Auftrag der Präsidentin des Landgerichts mit Wirkung vom 15. September 2008 mit den Aufgaben eines Urkundsbeamten der Geschäftsstelle beim Landgericht.
6
2. Eine Betrauung mit der Aufgabe eines Urkundsbeamten der Geschäftsstelle muss erfolgen, bevor der Betraute diese Aufgabe wahrnimmt (OLG Hamburg, MDR 1984, 337; Meyer-Goßner, StPO, 53. Aufl., § 153 GVG Rn. 3), sie ist also nicht rückwirkend möglich. Wäre sie erst am 11. August 2009 erfolgt, wären zuvor bezüglich des Justizfachangestellten K. die Voraussetzungen des § 153 Abs. 5 GVG nicht erfüllt gewesen.
7
3. Der Senat entnimmt jedoch die entsprechende Betrauung des Justizfachangestellten K. mit genügender Klarheit der genannten Verfügung der Personalleiterin vom 22. September 2008.
8
a) Unter den Voraussetzungen von § 153 Abs. 5 GVG hier in Verbindung mit § 8 der Allgemeinen Verfügung Nr. 22 (AV 22) der Justizbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg vom 13. Dezember 2004 (HmbJVBl 2004, 95 f.) können Angestellte mit der Aufgabe eines Urkundsbeamten der Geschäftsstelle betraut werden. Es handelt sich dabei um ein Geschäft der Justizverwaltung i.S.v. § 22 Satz 1 HmbAGGVG, das den Gerichtspräsidenten zugewiesen ist. Diese können gemäß § 22 Satz 2 HmbAGGVG zur Erledigung ihnen zugewiesener Justizverwaltungsgeschäfte die ihrer Dienstaufsicht unterstellten Justizangehörigen heranziehen. Die Personalleiterin untersteht der Dienstaufsicht der Präsidentin des Landgerichts. Sie ist, wie sich aus der ergänzenden Revisionsgegenerklärung der Staatsanwaltschaft im Einzelnen ergibt, unter anderem mit der Entscheidung über den Einsatz von Angestellten im Geschäftsbereich des Landgerichts betraut. Einen Grundsatz, wonach insoweit eine Einschränkung gelte, weil die Betrauung mit der Aufgabe eines Urkundsbeamten der Geschäftsstelle durch den Präsidenten selbst erfolgen müsse, gibt es nicht (vgl. BGH, Urteil vom 4. Juni 1985 - 1 StR 18/85, StV 1985, 492;allgemein zur Möglichkeit , diese nicht an eine bestimmte Form gebundene Betrauung zugleich mit der Zuweisung weiterer Aufgaben an den Angestellten zu verbinden, vgl. OLG Bremen StV 1984, 109; Kissel/Mayer, GVG, 6. Aufl., § 153 Rn. 22).
9
b) Die Voraussetzungen von § 153 Abs. 5 GVG liegen hier vor. Bei Einführung dieser Bestimmung (Gesetz zur Neuregelung des Rechts des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 19. Dezember 1979, BGBl. I 2306) war die Ausbildung von Justizangestellten nicht auf eine Tätigkeit als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle ausgerichtet (BT-Drucks. 8/2024, S. 10, 14). Daher sollte sichergestellt werden, dass nur geeignete Angestellte (BT-Drucks. aaO S. 14) nach sorgfältiger Prüfung im Einzelfall mit dieser Aufgabe betraut wurden (vgl. Kissel/Mayer aaO). Inzwischen umfasst die Berufsausbildung zum Justizfachangestellten auch das Führen von Hauptverhandlungsprotokollen in Strafsachen (vgl. § 3 Nr. 8 und § 4 der - bundeseinheitlichen - VO über die Berufsausbildung zum/zur Justizfachangestellten vom 26. Januar 1998 i.V.m. Nr. 8b der Anlage zu § 4 JFangAusbV). Wer die Abschlussprüfung als Justizfachangestellter bestanden hat (§ 8 JFangAusbV), bietet daher grundsätzlich die Gewähr für die gebotene Sachkunde bei der Protokollführung in Strafsachen. Dies deckt sich mit dem von der Revision vorgelegten Schreiben der Präsidentin des Landgerichts vom 19. November 2009, wonach ein Justizfachangestellter nach bestandener Prüfung als zur Protokollführung befähigt angesehen wird.
10
c) Dementsprechend ist auch in der Stellenbeschreibung - die die objektiven Kriterien bestimmt, die man erfüllen muss, um für die Übertragung des Dienstpostens in Betracht zu kommen (allgemein zum Rechtscharakter von Stellenbeschreibungen vgl. BAG AP GG Art. 33 Nr. 59; BAG NZA 2005, 1185, 1187) - , die der Einstellung des Justizfachangestellten K. zu Grunde lag, die Protokollführung in Strafsachen als ein wesentlicher Tätigkeitsschwerpunkt genannt; auf sie entfallen 30 % der Arbeitszeit. Dem entsprechend lautet die Funktionsbezeichnung dieser Stelle „Geschäftsstellenverwaltung mit Protokollführung in einer … Strafkammer“. Dem entspricht, dass eine Tätigkeit als Protokollführer in Strafsachen ein Tätigkeitsmerkmal ist, das dazu führt, dass die Stelle - wie hier - in die Vergütungsgruppe VIb BAT eingruppiert ist, während im übrigen vergleichbare, aber nicht mit Protokollführung in Strafsachen verbundene Stellen regelmäßig in die Vergütungsgruppe VII BAT eingruppiert sind, also niedriger besoldet werden.

11
d) Die ihm vorgelegten nachträglichen Erläuterungen der Justizverwaltung versteht der Senat insgesamt dahin, dass die in der Verfügung vom 22. September 2008 liegende Betrauung des Justizfachangestellten K. mit den Aufgaben eines Urkundsbeamten der Geschäftsstelle mit dem genannten Schreiben vom 11. August 2009 ausdrücklich auch schriftlich zum Ausdruck gebracht werden sollte. Der Senat bemerkt jedoch, dass ein von Beginn an klar dokumentiertes, nicht auslegungsbedürftiges Verwaltungshandeln das Verfahren entlastet hätte.

II.


12
Auch die Sachrügen bleiben erfolglos.
13
1. Die abgeurteilten Taten (vor I) beruhten auf folgendem Hinterziehungssystem :
14
a) Es wurden zum Schein Fakturierungsketten aufgebaut, die den Firmen B. und H. den Abzug von in Rechnungen ausgewiesener Umsatzsteuer als Vorsteuer ermöglichen sollten. Zu diesem Zweck wurden jeweils mindestens zwei Gesellschaften vorgeschaltet, deren Aufgabe im Wesentlichen darin bestand, Rechnungen mit ausgewiesener Umsatzsteuer zu erstellen. Irgendeinen Spielraum hatten sie dabei nicht, die Rechnungen waren ihnen zuvor von den Angeklagten samt Lieferpapieren übersandt worden. Die Rechnungssummen waren dabei planmäßig so gewählt, dass ein „Umsatzsteuergewinn“ erwirtschaftet wurde, der verschleiert an Firmen im Ausland transferiert werden konnte.
15
b) Im Einzelnen wurde folgende Vorgehensweise gewählt:
16
Die jeweils erste Firma der Kette „erwarb“ die Waren aufgrund einer innergemeinschaftlichen Lieferung umsatzsteuerfrei von Unternehmern aus anderen EU-Staaten. Diese erste Firma „veräußerte“ sie dann an eine andere in Deutschland ansässige Firma. Der Nettoausgangsrechnungsbetrag wurde gegenüber dem Nettoeingangsrechnungsbetrag um gut 100 % „aufgepreist“. Die in diesen Rechnungen ausgewiesene Umsatzsteuer wurde von der ersten Gesellschaft der jeweiligen Kette weder angemeldet noch abgeführt. Die dann in der Kette nachfolgende Gesellschaft fakturierte die Waren mit geringem Aufpreis - direkt oder unter Einschaltung einer dritten Gesellschaft - an die Firma B. oder die Firma H. weiter. Die in den entsprechenden Rechnungen ausgewiesene Umsatzsteuer wurde angemeldet und abgeführt. Damit sollten sich die Umsätze der Firmen B. und H. gegenüber den Finanzbehörden als unauffällig darstellen. Diese Firmen generierten den „Umsatzsteuergewinn“, indem sie die in den an sie gerichteten Rechnungen ausgewiesene Umsatzsteuer als Vorsteuer geltend machten. Die Waren wurden umsatzsteuerfrei an Firmen im europäischen Ausland - jedenfalls auf dem Papier - weitergeleitet.
17
2. Obwohl die Firmen B. und H. danach keinen Anspruch auf Abzug oder Erstattung von Vorsteuer hatten, haben die Angeklagten den Abzug der in den jeweiligen Eingangsrechnungen ausgewiesenen Umsatzsteuer veranlasst und so durch unrichtige Erklärungen Steuern verkürzt oder dies versucht.
18
Hier kommt allein eine Vorsteuererstattung gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG in Betracht. Eine Vorsteuererstattung setzt voraus, dass in Rechnungen (§ 14 UStG) für Lieferungen eines anderen Unternehmers (§ 2 Abs. 1 UStG) an den Unternehmer, der den Vorsteuerabzug geltend macht, gesondert Umsatzsteuer ausgewiesen ist. Die in den Fakturierungsketten den Firmen B. bzw. H. vorgeschalteten Gesellschaften waren hier jedoch in diesem Sinne keine Unternehmer, sondern nicht als Unternehmer einzustufende Strohmänner.
19
Bei der Entscheidung darüber, ob umsatzsteuerrechtlich ein Unternehmer vorliegt, ist die Gesamtheit der Gegebenheiten des Einzelfalls den Umständen gegenüber zu stellen, unter denen gewöhnlich eine entsprechend vergleichbare wirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt wird (vgl. EuGH, Urteil vom 26. September 1996, C-230/94, Rechtssache Enkler, Rn. 28, 30; vgl. hierzu Heidner in Bunjes/Geist, UStG, 9. Aufl., § 2 Rn. 7). Entscheidend ist daher, ob die jeweils hier den Firmen B. oder H. vorgeschaltete Firma als Teil der Lieferkette wie ein typischer Händler gehandelt hat (vgl. BGH, Urteil vom 22. Mai 2003 - 5 StR 520/02, NStZ 2004, 578, 579 mwN; BFH BStBl II 1987, 752; Heidner aaO).
20
Dies ist zu verneinen. Das „Bild des Handels“ ist durch die wiederholte Anschaffung und Veräußerung von Wirtschaftsgütern im Sinne eines marktmäßigen Umschlags von Sachwerten gekennzeichnet (vgl. auch BFH HFR 2010, 21). Im hier in Rede stehenden Zusammenhang hatten die vorgeschalteten Firmen weder ein Kapital- noch ein Abnahmerisiko zu tragen. Sie hatten vielmehr ohne eigenen Spielraum im Wesentlichen nur vorgegebene Rechnungen auszustellen. Es liegen sog. Strohmanngeschäfte vor, da die vorgeschalteten Firmen nicht im Rahmen eines Geschäftes, das wechselseitige Rechte und Pflichten begründen sollte, eigene Interessen wahrnahmen. Vielmehr waren sich die Beteiligten dieser Geschäfte darüber einig, dass die vorgeschalteten Firmen ohne sonstige eigene Rechte oder Pflichten als im Lager der Firmen B. oder H. stehende Hilfspersonen ausschließlich der Durchsetzung von deren Interesse dienten (vgl. BGH aaO; Heidner aaO Rn. 13 jew. mwN).
21
Da nach alledem die vorgeschalteten Firmen hier nicht als Unternehmer tätig waren, waren die Firmen B. und H. gemäß § 15 UStG nicht zum Vorsteuerabzug im Hinblick auf die von diesen Firmen ausgestellten Rechnungen berechtigt und hatten dementsprechend auch keinen Anspruch auf Erstattung der in diesen Rechnungen ausgewiesenen Umsatzsteuer. Durch die gleichwohl auf dieser Grundlage vorgenommenen Umsatzsteuervoranmeldungen haben die Angeklagten (zumindest konkludent) für die Firmen B. und/oder H. eine Vorsteuerabzugsberechtigung behauptet und durch diese unrichtigen Erklärungen (täterschaftlich) ungerechtfertigte Steuervorteile für diese beiden Firmen erlangt oder zu erlangen versucht (vgl. auch BGH aaO). Am Vorsatz besteht kein Zweifel.
22
3. Unabhängig davon tragen die Feststellungen auch noch aus einem anderen Grunde die Schuldsprüche. Sowohl dem Angeklagten L. (Geschäftsführer Firma B. ) als auch den Angeklagten P. und Be. (jeweils Vorstand der H. ) war nämlich bekannt, dass sich diese Firmen durch den (zumindest auf dem Papier erfolgten) Erwerb der in den Lieferketten fakturierten Waren an Umsätzen beteiligten, die in Umsatzsteuerhinterziehungen einbezogen waren. Auch deshalb waren die Firmen B. und H. - ebenso wie die in den Lieferketten vorgeschalteten Unternehmer - hier nicht als Unternehmer i.S.d. § 15 UStG tätig. Die in diesem Zusammenhang wesentlichen Tatsachen - Vorsteuerabzug (bzw. der entsprechende Versuch) durch die Fir- men B. und H. , obwohl Verantwortliche dieser Firmen von der vorangegangenen Umsatzsteuerhinterziehung wussten - waren auch den übrigen Angeklagten bekannt und sie machten sie sich bei ihrer Beteiligung am Tatgeschehen zu eigen; sie sind daher auch ihnen zuzurechnen.
23
a) Der Wertung, dass die Firmen B. und H. hinsichtlich der hier getätigten Geschäfte nicht als Unternehmer i.S.d. § 15 UStG tätig waren, liegt eine Auslegung dieser Bestimmung zu Grunde, wie sie (auch) gemeinschaftsrechtlich geboten ist. Gemäß Art. 17 Abs. 2 Buchst. a der „Sechste(n) Richtlinie 77/388 EWG des Rates zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage“ (ABl. Nr. L 145 S. 1; nachfolgend Sechste Richtlinie) darf der Steuerpflichtige (Art. 4 Abs. 1 und 2 der Sechsten Richtlinie; vgl. zum Begriff des Steuerpflichtigen auch EuGH, Urteil vom 6. Juli 2006, C-439/04, C-440/04, Rechtssache Kittel u.a. Rn. 41 mwN) „die geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer“ (unter anderem) „für Gegenstände“ abziehen, „die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert wurden ...“. Der Anspruch auf diesen Vorteil entfällt jedoch, wenn er in betrügerischer Weise geltend gemacht wird, da eine betrügerische oder sonst missbräuchliche Berufung (auch) auf Gemeinschaftsrecht verboten ist. Die Sechste Richtlinie soll auch das Ziel fördern, Steuerhinterziehungen, Steuerumgehungen und damit vergleichbare sonstige Missbräuche zu bekämpfen. Ein derartiger betrügerischer Missbrauch liegt jedenfalls vor, wenn sich der Steuerpflichtige bewusst an einem in eine Mehrwert- bzw. Umsatzsteuerhinterziehung einbezogenen Umsatz beteiligt: dabei kommt es nicht darauf an, ob er auch schon die (frühere) Umsatzsteuerhinterziehung selbst begangen hat, sondern es genügt, wenn ihm diese bekannt ist (vgl. EuGH aaO Rn. 54 ff., 61 mwN; die Auffassung der Revision, dass diese Entscheidung „mittlerweile durch neuere Entscheidun- gen [des EuGH] überholt sein dürfte“, teilt der Senat nicht, vgl. EuGH, Urteil vom 7. Dezember 2010, C-285/09, Rechtssache R Rn. 52 ff.).
24
b) Unter diesen Umständen können auch die Firmen B. und H. nach Auffassung des Senats nicht als Unternehmer i.S.d. § 15 UStG angesehen werden. Das Vorliegen eines Unternehmers i.S.d. § 15 Abs. 1 UStG ist in Übereinstimmung mit dem allgemeinen Sprachgebrauch, bei solcher wirtschaftlicher Betätigung zu verneinen, die sich durch bewusste Beteiligung an und bewusste Ausnutzung von anderweitigen Steuerstraftaten steuerrechtliche Vorteile verschafft, wie etwa hier „Umsatzsteuergewinne“ auf der Grundlage von Umsatzsteuerhinterziehungen , die innerhalb einer eigens zu diesem Zweck geschaffenen Lieferkette begangen wurden. Die sonstigen Voraussetzungen von § 370 AO liegen, wie dargelegt, vor.
25
c) Da nach alledem hier die Firmen B. und H. schon nicht i.S.d. § 15 UStG als Unternehmer tätig waren, bedarf es keiner Entscheidung, ob das Recht zum Vorsteuerabzug auch mit der Begründung zu verneinen sein könnte, dass unter den gegebenen Umständen (trotz möglicherweise durchgeführter Warenbewegung i.S.d. § 3 Abs. 1 UStG) auch keine Lieferung im umsatzsteuerrechtlichen , zum Vorsteuerabzug berechtigenden Sinne vorliegt (vgl. in diesem Zusammenhang BFHE 217, 94; BFH/NV 2011, 81; vgl. auch Muhler wistra 2009, 1, 5).
26
d) Soweit das Revisionsvorbringen in diesem Zusammenhang dahin zu verstehen ist, dass gegen die der genannten Begründung - Umsatzsteuerhinterziehung auch deshalb, weil die Firmen B. und H. wegen bewusster Beteiligung an einem in eine Umsatzsteuerhinterziehung einbezogenen Umsatz keine vorsteuerabzugsberechtigte Unternehmer sind - zu Grunde liegende Aus- setzung des Gesetzes unter dem Blickwinkel des Bestimmtheitsgebotes (vgl. Art. 103 Abs. 2 GG, § 1 StGB) Bedenken bestehen, teilt der Senat diese Auffassung nicht.
27
aa) Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesgerichtshofs bestehen an der hinreichenden Bestimmtheit von § 370 AO selbst keine Zweifel (vgl. nur BVerfGE 37, 201; BGH, Urteil vom 19. Dezember 1990 - 3 StR 90/90, BGHSt 37, 266 ff.). Insoweit hat der Gesetzgeber selbst abstrakt-generell hinreichend bestimmt über die Strafbarkeit entschieden. Es gibt keinen Steueranspruch des Staates, der nach dem Willen des Gesetzes nicht gegen eine rechtswidrige und schuldhafte Verkürzung strafrechtlich geschützt sein soll. Dies gilt umso mehr, als das materielle Steuerrecht selbst aufgrund seines Eingriffscharakters dem allgemeinen, aus dem Rechtsstaatsprinzip folgenden Bestimmtheitsgebot unterliegt (Gesetzmäßigkeit der Besteuerung, vgl. Tipke/Lang Steuerrecht, 20. Aufl., § 4 Rn. 150 ff.).
28
bb) Nach Auffassung des Senats bestehen auch hinsichtlich der Auslegung von § 15 UStG im vorgenannten Sinne mit Blick auf den Bestimmtheitsgrundsatz keine Bedenken. Sie ist nicht nur, wie dargelegt, ohne weiteres mit dem Wortlaut des Gesetzes zu vereinbaren, sondern sie entspricht auch dem Normzusammenhang und der Zwecksetzung des Umsatzsteuerrechts. Letztlich soll der Endverbraucher die Umsatzsteuer tragen, der Unternehmer soll dagegen vollständig von der im Rahmen seiner gesamten wirtschaftlichen Tätigkeit geschuldeten oder entrichteten Umsatzsteuer entlastet werden. Dies gewährleistet die Neutralität der umsatzsteuerlichen Belastung aller ihrerseits der Umsatzsteuer unterliegenden wirtschaftlichen Tätigkeiten, unabhängig von den Zwecken und (oder) Ergebnissen dieser Tätigkeiten (vgl. EuGH, Urteil vom 6. Juli 2006, C-439/04, C-440/04, Rechtssache Kittel u.a. Rn. 48 mwN). Jeden- falls für die Adressaten des Umsatzsteuergesetzes - ausschließlich Unternehmer , die auf Grund von Ausbildung und (oder) praktischer Erfahrung über das einschlägige Fachwissen verfügen - ist dieser Normzusammenhang, als zuverlässige Grundlage für die Auslegung und Anwendung der Norm, ohne weiteres erkennbar. Sie sind als regelmäßig dazu im Stande anzusehen, den Regelungsgehalt dieses Gesetzes zu verstehen und ihm konkrete Verhaltensanweisungen zu entnehmen (vgl. BVerfGE 48, 48, 56 f. mwN; BVerfG wistra 2010, 396, 404). Deswegen haben sie - über den Wortlaut der Vorschrift hinaus - auch insoweit die Möglichkeit, das Verbot bestimmter Verhaltensweisen zu erkennen und die staatliche Reaktion vorauszusehen.
29
Die geschilderte Generierung von „Umsatzsteuergewinnen“ verstößt gegen das dargelegte Prinzip der Umsatzsteuerneutralität. Der Staat erstattet Vorsteuer, die er zuvor nicht in Form der Umsatzsteuer erhalten hat. Die anderen Marktteilnehmer, die derartige illegale „Umsatzsteuergewinne“ nicht generieren , haben dadurch Wettbewerbsnachteile. Die hiermit verbundene Verletzung der Gerechtigkeitsprinzipien des Umsatzsteuergesetzes und die daraus resultierenden strafrechtlichen Konsequenzen sind nach Auffassung des Senats für jedermann, jedenfalls aber für die Adressaten des Umsatzsteuergesetzes , zu denen die Angeklagten zählen, erkennbar.
30
4. Auch im Übrigen hat die Überprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigungen keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben. Nack Wahl Hebenstreit RiBGH Prof. Dr. Jäger ist wegen Urlaubsabwesenheit an der Unterschrift verhindert. Nack Sander

(1) Der Unternehmer kann die folgenden Vorsteuerbeträge abziehen:

1.
die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Die Ausübung des Vorsteuerabzugs setzt voraus, dass der Unternehmer eine nach den §§ 14, 14a ausgestellte Rechnung besitzt. Soweit der gesondert ausgewiesene Steuerbetrag auf eine Zahlung vor Ausführung dieser Umsätze entfällt, ist er bereits abziehbar, wenn die Rechnung vorliegt und die Zahlung geleistet worden ist;
2.
die entstandene Einfuhrumsatzsteuer für Gegenstände, die für sein Unternehmen nach § 1 Absatz 1 Nummer 4 eingeführt worden sind;
3.
die Steuer für den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen für sein Unternehmen, wenn der innergemeinschaftliche Erwerb nach § 3d Satz 1 im Inland bewirkt wird;
4.
die Steuer für Leistungen im Sinne des § 13b Absatz 1 und 2, die für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Soweit die Steuer auf eine Zahlung vor Ausführung dieser Leistungen entfällt, ist sie abziehbar, wenn die Zahlung geleistet worden ist;
5.
die nach § 13a Abs. 1 Nr. 6 geschuldete Steuer für Umsätze, die für sein Unternehmen ausgeführt worden sind.
Nicht als für das Unternehmen ausgeführt gilt die Lieferung, die Einfuhr oder der innergemeinschaftliche Erwerb eines Gegenstands, den der Unternehmer zu weniger als 10 Prozent für sein Unternehmen nutzt.

(1a) Nicht abziehbar sind Vorsteuerbeträge, die auf Aufwendungen, für die das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 bis 4, 7 oder des § 12 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes gilt, entfallen. Dies gilt nicht für Bewirtungsaufwendungen, soweit § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes einen Abzug angemessener und nachgewiesener Aufwendungen ausschließt.

(1b) Verwendet der Unternehmer ein Grundstück sowohl für Zwecke seines Unternehmens als auch für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, oder für den privaten Bedarf seines Personals, ist die Steuer für die Lieferungen, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb sowie für die sonstigen Leistungen im Zusammenhang mit diesem Grundstück vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen, soweit sie nicht auf die Verwendung des Grundstücks für Zwecke des Unternehmens entfällt. Bei Berechtigungen, für die die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke gelten, und bei Gebäuden auf fremdem Grund und Boden ist Satz 1 entsprechend anzuwenden.

(2) Vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist die Steuer für die Lieferungen, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen sowie für die sonstigen Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung folgender Umsätze verwendet:

1.
steuerfreie Umsätze;
2.
Umsätze im Ausland, die steuerfrei wären, wenn sie im Inland ausgeführt würden.
Gegenstände oder sonstige Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung einer Einfuhr oder eines innergemeinschaftlichen Erwerbs verwendet, sind den Umsätzen zuzurechnen, für die der eingeführte oder innergemeinschaftlich erworbene Gegenstand verwendet wird.

(3) Der Ausschluss vom Vorsteuerabzug nach Absatz 2 tritt nicht ein, wenn die Umsätze

1.
in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 1
a)
nach § 4 Nr. 1 bis 7, § 25 Abs. 2 oder nach den in § 26 Abs. 5 bezeichneten Vorschriften steuerfrei sind oder
b)
nach § 4 Nummer 8 Buchstabe a bis g, Nummer 10 oder Nummer 11 steuerfrei sind und sich unmittelbar auf Gegenstände beziehen, die in das Drittlandsgebiet ausgeführt werden;
2.
in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nr. 2
a)
nach § 4 Nr. 1 bis 7, § 25 Abs. 2 oder nach den in § 26 Abs. 5 bezeichneten Vorschriften steuerfrei wären oder
b)
nach § 4 Nummer 8 Buchstabe a bis g, Nummer 10 oder Nummer 11 steuerfrei wären und der Leistungsempfänger im Drittlandsgebiet ansässig ist oder diese Umsätze sich unmittelbar auf Gegenstände beziehen, die in das Drittlandsgebiet ausgeführt werden.

(4) Verwendet der Unternehmer einen für sein Unternehmen gelieferten, eingeführten oder innergemeinschaftlich erworbenen Gegenstand oder eine von ihm in Anspruch genommene sonstige Leistung nur zum Teil zur Ausführung von Umsätzen, die den Vorsteuerabzug ausschließen, so ist der Teil der jeweiligen Vorsteuerbeträge nicht abziehbar, der den zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führenden Umsätzen wirtschaftlich zuzurechnen ist. Der Unternehmer kann die nicht abziehbaren Teilbeträge im Wege einer sachgerechten Schätzung ermitteln. Eine Ermittlung des nicht abziehbaren Teils der Vorsteuerbeträge nach dem Verhältnis der Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, zu den Umsätzen, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, ist nur zulässig, wenn keine andere wirtschaftliche Zurechnung möglich ist. In den Fällen des Absatzes 1b gelten die Sätze 1 bis 3 entsprechend.

(4a) Für Fahrzeuglieferer (§ 2a) gelten folgende Einschränkungen des Vorsteuerabzugs:

1.
Abziehbar ist nur die auf die Lieferung, die Einfuhr oder den innergemeinschaftlichen Erwerb des neuen Fahrzeugs entfallende Steuer.
2.
Die Steuer kann nur bis zu dem Betrag abgezogen werden, der für die Lieferung des neuen Fahrzeugs geschuldet würde, wenn die Lieferung nicht steuerfrei wäre.
3.
Die Steuer kann erst in dem Zeitpunkt abgezogen werden, in dem der Fahrzeuglieferer die innergemeinschaftliche Lieferung des neuen Fahrzeugs ausführt.

(4b) Für Unternehmer, die nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässig sind und die nur Steuer nach § 13b Absatz 5, nur Steuer nach § 13b Absatz 5 und § 13a Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit § 14c Absatz 1 oder nur Steuer nach § 13b Absatz 5 und § 13a Absatz 1 Nummer 4 schulden, gelten die Einschränkungen des § 18 Absatz 9 Satz 5 und 6 entsprechend.

(5) Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung nähere Bestimmungen darüber treffen,

1.
in welchen Fällen und unter welchen Voraussetzungen zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens für den Vorsteuerabzug auf eine Rechnung im Sinne des § 14 oder auf einzelne Angaben in der Rechnung verzichtet werden kann,
2.
unter welchen Voraussetzungen, für welchen Besteuerungszeitraum und in welchem Umfang zur Vereinfachung oder zur Vermeidung von Härten in den Fällen, in denen ein anderer als der Leistungsempfänger ein Entgelt gewährt (§ 10 Abs. 1 Satz 3), der andere den Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen kann, und
3.
wann in Fällen von geringer steuerlicher Bedeutung zur Vereinfachung oder zur Vermeidung von Härten bei der Aufteilung der Vorsteuerbeträge (Absatz 4) Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, unberücksichtigt bleiben können oder von der Zurechnung von Vorsteuerbeträgen zu diesen Umsätzen abgesehen werden kann.

Nachschlagewerk: ja
BGHSt : nein
Veröffentlichung: ja
Eine Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO begeht,
wer in Steuerverkürzungsabsicht Vorsteuer aus Rechnungen
geltend macht, die von Personen gestellt werden, die nicht
Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 1 UStG sind.
Keine Unternehmer im umsatzsteuerlichen Sinne sind Personen
, die von ihnen ausgewiesene Umsatzsteuer nicht gegenüber
dem Finanzamt anmelden sollen, und die lediglich zu diesem
Zweck in der Lieferkette vorgeschaltet wurden.
BGH, Urt. vom 22. Mai 2003 - 5 StR 520/02
LG Limburg a. d. Lahn -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 22. Mai 2003
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Steuerhinterziehung u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
22. Mai 2003, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin Harms,
Richter Häger,
Richter Dr. Raum,
Richter Dr. Brause,
Richter Schaal
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten S ,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten H ,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Limburg a. d. Lahn vom 29. April 2002 wird hinsichtlich des Angeklagten S mit der Maßgabe verworfen, daß dieser wegen Steuerhinterziehung in sechs Fällen verurteilt ist.
2. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird – unter Verwerfung ihrer Revision im übrigen – das vorgenannte Urteil bezüglich des Angeklagten H mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben,
a) soweit der Angeklagte wegen Untreue in 41 Fällen verurteilt wurde;
b) im Gesamtstrafausspruch.
3. Die Staatskasse trägt die Kosten des Revisionsverfahrens und die den Angeklagten entstandenen notwendigen Auslagen.
4. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die verbleibenden Kosten des Verfahrens, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e Das Landgericht hat den Angeklagten S wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung in sechs Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren, den Angeklagten H wegen Untreue in 41 Fällen sowie Steuerhinterziehung in 17 Fällen, davon in elf Fällen in Tateinheit mit Urkundenfälschung, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt. Die Vollstreckung der Freiheitsstrafen hat das Landgericht bei beiden Angeklagten zur Bewährung ausgesetzt. Die gegen das Urteil zu Ungunsten der Angeklagten eingelegten Revisionen der Staatsanwaltschaft bleiben im wesentlichen erfolglos. Im übrigen hat das Rechtsmittel zugunsten des Angeklagten H in dem aus dem Urteilstenor ersichtlichen Umfang Erfolg.

I.


Nach den Feststellungen des Landgerichts hatte der Angeklagte S , der zunächst als freier Mitarbeiter der U H GmbH (im folgenden: U ) mit dem Einkauf von elektronischen Bauteilen (hier: Central Processing Units – CPUs) betraut war, ab August 1996 in diesem Unternehmen die Stellung eines Geschäftsführers inne. Auf Rechnung der U kaufte der Angeklagte S von dem anderweit verfolgten Zeugen He über dessen Unternehmen C und Co solche CPUs in großem Ausmaß. Die U finanzierte dem Zeugen He die Bestellungen vor, die dieser als innergemeinschaftliche Lieferung umsatzsteuerfrei aus dem EU-Ausland einführte. Dem Angeklagten S war dabei bewußt, daß He die CPUs an U zwar mit Umsatzsteuerausweis verkaufte, seinerseits aber keine Umsatzsteuervoranmeldungen abgab. Dies geschah in Absprache mit dem Angeklagten S , der die in den Rechnungen ausgewiesene Umsatzsteuer für die U als Vorsteuer geltend machte. Ihm kam es darauf an, die Ware durch diese Vorgehensweise um
den Umsatzsteueranteil zu verbilligen. Den Vermögensvorteil, der durch die nicht angemeldete und nicht abgeführte Umsatzsteuer entstand, teilten sich He , der hiervon 70 % erhielt, und der Angeklagte S . Hierdurch erzielte der Angeklagte S insgesamt einen – von den Beteiligten sogenannten – „Umsatzsteuergewinn“ in Höhe von ca. 1 Million DM. Der Angeklagte S veräußerte die CPUs überwiegend an die vom Angeklagten H geführte H P C und V GmbH (HP ), deren Gesellschafter der Angeklagte H und dessen Ehefrau waren. Der HP gegenüber stellte der Angeklagte S Rechnungen mit Mehrwertsteuerausweis. Die HP machte die ausgewiesene und von ihr bezahlte Umsatzsteuer als Vorsteuer geltend. Der Angeklagte H verkaufte über sein Unternehmen die CPUs dann an verschiedene Abnehmer, unter anderem auch an die niederländische Ha . Das Landgericht hat sich nicht davon überzeugen können, daß der Angeklagte H Kenntnis davon hatte, daß der Angeklagte S die CPUs vom He bezog und dieser keine entsprechenden Umsatzsteueranmeldungen abgegeben hatte.
Den Angeklagten S hat es wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung des He verurteilt, weil dieser in den Monaten Juli bis Dezember 1996 keine Umsatzsteuervoranmeldungen abgegeben und dadurch ca. 15 Millionen DM Steuern verkürzt hatte. Eine eigene Täterschaft bei der Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldungen der U durch den Angeklagten S scheide aus, weil dieser berechtigt die ausgewiesene Umsatzsteuer als Vorsteuer in Abzug gebracht habe. Unabhängig davon, ob He für die C.S. die ausgewiesene Umsatzsteuer angemeldet habe, habe er als Unternehmer im umsatzsteuerrechtlichen Sinne der U die Ware verschafft.
Der Angeklagte H hatte nach den Feststellungen des Landgerichts in 39 Fällen Zahlungen an die Einkäufer Ho (M in Dreieich) und N (J in Raunheim) geleistet, die aus einem vorher
zu Lasten ihres Arbeitgebers getätigten Preisaufschlag gezahlt wurden. Um selbst aus dem Vermögen der GmbH seinen Anteil entnehmen zu können, erstellte der Angeklagte H entsprechende Provisionsabrechnungen, die teilweise über die Summe der Preisaufschläge hinausgingen. Insgesamt fertigte er in 39 Fällen Provisionsabrechnungen in Höhe von ca. 275.000 DM. Weiterhin ließ sich der Angeklagte vom Zeugen B zwei Scheinrechnungen – unter Ausweis der Umsatzsteuer – in Höhe von brutto 138.000 DM und 172.500 DM über Beratungs- und Vermittlungsleistungen ausstellen, die B tatsächlich nicht erbracht hatte. Der Zeuge B erhielt hierfür eine Provision in Höhe von 10 % der Rechnungssumme. Diese Gelder entnahm der Angeklagte H dem Gesellschaftsvermögen. Diese vorgenannten Entnahmen aus dem Vermögen der HP GmbH hat das Landgericht als jeweils tatmehrheitlich begangene Untreuehandlungen zu Lasten der HP GmbH gewertet.
Die Belege über die vorgenannten Entnahmen, die sämtlich mit einem Umsatzsteuerausweis versehen waren, verwandte der Angeklagte H , indem er hieraus Vorsteuern geltend machte. Dadurch verkürzte er seine Umsatzsteuerlast. Weiterhin legte er in elf Fällen seinen Umsatzsteueranmeldungen Quittungen bei, in denen er in der Absicht, Umsatzsteuer zu verkürzen , die ausgewiesenen Beträge durch Manipulation am Beleg erhöht hatte. Insoweit hat ihn das Landgericht wegen Steuerhinterziehung in 17 Fällen in Tateinheit mit Urkundenfälschung in elf Fällen verurteilt.

II.


Die Revisionen der Staatsanwaltschaft bleiben, soweit sie zu Ungunsten der Angeklagten eingelegt wurden, im wesentlichen ohne Erfolg.
Die drei von der Staatsanwaltschaft erhobenen Aufklärungsrügen sind jedenfalls schon deshalb unzulässig, weil sich ihnen jeweils keine bestimmte
Beweisbehauptung entnehmen läßt. Insoweit beschränken sich die Rügen darauf, lediglich allgemeine Ermittlungsmöglichkeiten aufzuzeigen.
1. Hinsichtlich des Angeklagten S führt die Revision der Staatsanwaltschaft zu einer Änderung des Schuldspruchs.

a) Ohne Rechtsfehler geht das Landgericht allerdings davon aus, daß hinsichtlich der von dem Zeugen H begangenen Umsatzsteuerhinterziehungen keine Mittäterschaft des Mitangeklagten S vorliegt. Zwar ist eine Mittäterschaft bei Steuerhinterziehungen Dritter nach § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO grundsätzlich möglich, weil Täter auch derjenige sein kann, den selbst keine steuerlichen Pflichten treffen (BGHSt 38, 37, 41; BGH NStZ 1986, 463). Etwas anderes gilt aber für den echten Unterlassenstatbestand der Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO. Danach macht sich strafbar, wer die Finanzbehörden über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis läßt, insbesondere indem er es unterläßt, eine Steuererklärung abzugeben, und dadurch Steuern verkürzt. Täter kann deshalb nur derjenige sein, den die konkrete Pflicht zur Abgabe der Steueranmeldung trifft (vgl. auch Gribbohm/Utech NStZ 1990, 209, 211). Hinsichtlich der Firmen , für die der Zeuge H handelte, traf ausschließlich ihn die steuerrechtliche Pflicht zur Abgabe entsprechender Umsatzsteueranmeldungen.

b) Durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet jedoch die Auffassung des Landgerichts, der Angeklagte S habe die der U in Rechnung gestellte Umsatzsteuer als Vorsteuer in Abzug bringen dürfen.
aa) Eine – hier allein in Betracht kommende – Vorsteuererstattung nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG setzt voraus, daß in Rechnungen im Sinne des § 14 UStG eine Steuer gesondert ausgewiesen ist für Lieferungen, die von einem anderen Unternehmen für das Unternehmen des Vorsteuerberechtigten ausgeführt wurden. Demnach müßte zwischen dem Lieferanten und dem Empfänger ein Leistungsaustausch stattgefunden haben, mithin der Verur-
teilte H als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 1 UStG geliefert ha- ben. Zwar ist Unternehmer grundsätzlich derjenige, der nach außen als Leistender aufgetreten und aus dem Rechtsverhältnis berechtigt und verpflichtet ist. Etwas anderes gilt aber dann, wenn ein vorgeschobenes Strohmanngeschäft vorliegt und die Parteien davon ausgehen, daß die Rechtswirkungen des Geschäfts gerade nicht zwischen ihnen eintreten sollen (BFHE 198, 208, 213; vgl. auch Klenk in Sölch/Ringleb, UStG 48. Lfg. § 2 Rdn. 225 f.). Dies gilt insbesondere in den Fällen, in denen der Strohmann und der Dritte kollusiv handeln. In solchen Kollusionsfällen bedient sich eine Seite des Strohmanns für die Durchsetzung eigener wirtschaftlicher Interessen. Liegt eine solche Fallgestaltung vor, ist dieser Strohmann nur noch als Hilfsperson dem Lager desjenigen zuzuordnen, in dessen Interesse er handelt (vgl. Heidner in Bunjes/Geist, UStG 7. Aufl. § 2 Rdn. 13 m. w. N.). Entscheidend ist deshalb immer, ob nach dem Gesamtbild der Umstände noch ein Verhalten „wie ein Händler“ angenommen werden kann (vgl. BFH BStBl II 1985, 173, 176; 1987, 752; Heidner aaO Rdn. 7; Stadie in Rau/Dürrwächter, UStG 8. Aufl. § 2 Rdn. 303).
bb) Entgegen der Auffassung des Landgerichts fehlt dem Zeugen He eine entsprechende eigene Unternehmerstellung; denn er war in die Lieferkette nicht wie ein typischer Händler einbezogen. Auch wenn die Bestellungen formell über ihn abgewickelt wurden, bestand seine wesentliche Aufgabe darin, durch Hinterziehung der Umsatzsteuer einen Gewinn zu ermöglichen. Er hatte weder ein Kapitalrisiko zu tragen, weil ihm die Waren durch die U vorfinanziert wurden, noch bestand ein wesentliches Abnahmerisiko , weil er nur auf Bestellung des Angeklagten S handelte. Aus dessen Sicht war He lediglich ein nach seinen Vorgaben funktionierendes Zwischenglied, dessen alleinige Aufgabe es war, einen „Umsatzsteuergewinn“ zu erwirtschaften. Dieses ist aber gerade kein handelstypisches Verhalten.
War He somit als unselbständiger Strohmann dem Lager des Angeklagten S zuzurechnen, fehlte ihm die Unternehmereigenschaft im Sinne des § 2 Abs. 1 UStG. Lieferungen, die durch He an die U erfolgten, unterlagen damit nicht dem Vorsteuerabzug. Da der Angeklagte S die CPUs über seinen Strohmann He für die U als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung (§ 4 Nr. 1 lit. b i. V. m. § 6a Abs. 1 UStG) erhielt, war zu Lasten der U keine Umsatzsteuer entstanden, die Gegenstand einer Vorsteuererstattung hätte sein können.
cc) In der Geltendmachung der Vorsteuer in den Umsatzsteueranmeldungen liegt damit eine täterschaftliche Handlung der Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO. Daß der Angeklagte, dem es um den „umsatzsteuerlichen Gewinn“ ging, dabei auch vorsätzlich gehandelt hat, bedarf keiner näheren Erläuterung. Eine Beihilfehandlung zur Steuerhinterziehung des He kommt daneben nicht mehr in Betracht, weil dessen Handlung eine ihm steuerlich zuzurechnende Vorbereitungshandlung für seine eigene Steuerhinterziehung darstellte. Die steuerliche Verkürzung realisierte sich allein durch den unberechtigten Vorsteuerabzug der U , den der Angeklagte S bewirkt hat. Ein weiterreichender selbständiger Steuerschaden ist durch das Verhalten des He nicht entstanden.
dd) Den Schuldspruch kann der Senat hier selbst umstellen. Der Angeklagte S war wegen täterschaftlicher Steuerhinterziehung angeklagt. Die Frage der Unternehmerstellung im Sinne des § 2 Abs. 1 UStG war – wie die Urteilsgründe belegen – ein zentraler Punkt der Erörterungen im landgerichtlichen Verfahren. Vor diesem Hintergrund ist es auszuschließen, daß sich der Angeklagte im Falle einer neuerlichen Zurückverweisung anders hätte verteidigen können als bislang geschehen.

c) Die Änderung des Schuldspruchs führt beim Angeklagten S gleichwohl nicht zu einer Aufhebung des Strafausspruches. Der Senat kann ausschließen, daß im Hinblick auf die in den Urteilsgründen aufgeführten
Milderungsgründe und insbesondere aufgrund der dargestellten Verfahrensverzögerung eine andere Strafe in Betracht kommt.
2. Die Revision der Staatsanwaltschaft zu Ungunsten des Angeklagten H beanstandet die unterbliebene Verurteilung wegen Steuerhinterziehung im Zusammenhang mit der Abnahme der CPUs. Sie bleibt ohne Erfolg.

a) Die Auffassung der Beschwerdeführerin, im Verhältnis zwischen der (vom Angeklagten S repräsentierten) U und der vom Angeklagten H geleiteten HP GmbH läge kein Liefervorgang im Sinne des § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG vor, trifft nicht zu. An einer Unternehmerstellung im Sinne des § 2 Abs. 1 UStG bestehen in diesem Fall keine Zweifel. Sie handelten die Preise aus und verhielten sich wie Kaufleute. Insoweit waren sie beide Teil eines selbständigen Leistungsaustausches. Allein der Umstand, daß der dem Angeklagten S vorgeschaltete He kein Unternehmer im umsatzsteuerlichen Sinne war, hat keinen Einfluß auf das Verhältnis zwischen U und HP , weil jede Leistungsbeziehung selbständig zu betrachten ist.
Die Unternehmereigenschaft im Sinne des § 2 Abs. 1 UStG mag allerdings dann fehlen, wenn bloße Scheingeschäfte abgewickelt werden, die letztlich nur auf einen „Umsatzsteuergewinn“ ausgerichtet sind. Im vorliegenden Fall hat das Landgericht jedoch nur eine Kreislieferung in zwei Fällen festgestellt, wobei offen geblieben ist, ob der Kreis sich bis zum Angeklagten H und dessen HP geschlossen und er hiervon überhaupt Kenntnis erlangt hat.

b) Ohne Rechtsverstoß kommt das Landgericht nach einer eingehenden und sorgfältigen Beweiswürdigung zu dem Ergebnis, daß der Angeklagte H nicht in ein Gesamtsystem eingebunden war, das auf die Verkürzung der Umsatzsteuer ausgerichtet war, oder daß der Angeklagte H beim Ankauf der CPUs hiervon zumindest Kenntnis erlangt hatte.
aa) Die Aufgabe, sich auf der Grundlage der vorhandenen Beweis- mittel eine Überzeugung vom tatsächlichen Geschehen zu verschaffen, obliegt grundsätzlich allein dem Tatrichter. Seine Beweiswürdigung hat das Revisionsgericht regelmäßig hinzunehmen. Es ist ihm verwehrt, sie durch eine eigene zu ersetzen oder sie nur deshalb zu beanstanden, weil aus seiner Sicht eine andere Bewertung der Beweise näher gelegen hätte. Das Revisionsgericht kann eine solche Entscheidung im übrigen nur auf Rechtsfehler überprüfen, insbesondere darauf, ob die Beweiswürdigung in sich widersprüchlich , unklar oder lückenhaft ist, die Beweismittel nicht ausschöpft, Verstöße gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze aufweist oder ob der Tatrichter überspannte Anforderungen an die für eine Verurteilung erforderliche Gewißheit gestellt hat (ständige Rechtsprechung, vgl. BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 16; BGH NStZ-RR 2000, 171 f.).
bb) Diesen Anforderungen hält das landgerichtliche Urteil stand.
(1) Die von der Beschwerdeführerin aufgeführten Indiztatsachen hat das Landgericht gesehen und gewürdigt. Soweit die Staatsanwaltschaft sich bei ihrer abweichenden Beurteilung auf zwei nachgewiesene Warenkreisläufe stützt, kommt diesem Umstand kein Beweiswert zu, weil das Landgericht nicht feststellen konnte, daß gerade der Angeklagte H in diesen Kreislauf einbezogen war. Vielmehr schließt das Landgericht auf der Grundlage der Aussage des Zeugen W eine Lieferung der markierten Kisten an H aus. Weshalb ein Telefongespräch des Angeklagten S mit dem He , das der Angeklagte H mithören konnte, Anhaltspunkte für dessen Kenntnis von Umsatzsteuerhinterziehungen im Vorfeld der Handelskette geben könnte, ist nicht zu erkennen.
(2) Dem Zusammenhang der Urteilsgründe läßt sich auch mit hinreichender Sicherheit entnehmen, daß der Tatrichter die gebotene Gesamtwürdigung (vgl. BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 11, 24 jeweils m. w. N.) vorgenommen hat. Er stellt nämlich die den Angeklagten H entlasten-
den Gesichtspunkte (ordnungsgemäße und unauffällige Abwicklung der Geschäfte , die entlastende Aussage des Mitangeklagten S sowie mittelbar auch des Zeugen He , der nichts von einer kollusiven Einbindung des Angeklagten H wußte) den jeweils belastenden Umständen (Nichtregistrierung der eine Identifizierung ermöglichenden Lotnummern der CPUs, günstige Preise, schneller Warenumschlag) gegenüber. Unter Würdigung der jeweils für und gegen den Angeklagten sprechenden Gesichtspunkte ist das Landgericht dann zu der Wertung gelangt, daß die Einlassung des Angeklagten nicht widerlegbar ist. Bei diesem Gang der Prüfung ist auszuschließen , daß der Tatrichter die belastenden Indizien nicht auch in ihrer Gesamtheit gesehen und gewürdigt hat.
(3) Keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet schließlich die vom Landgericht im Rahmen der Beweiswürdigung benutzte und von der Beschwerdeführerin beanstandete Wendung, es halte „die Einlassung des Angeklagten für nicht widerlegbar“. Zwar dürfen nicht alle denkbaren Gesichtspunkte und vagen Möglichkeiten, zu denen keine Feststellungen getroffen werden können, zugunsten des Angeklagten berücksichtigt werden (BGH NJW 2002, 2188, 2189; NStZ-RR 2002, 243; BGHR StPO § 261 Überzeugungsbildung 18, 22). Dies hat das Landgericht indes ersichtlich auch nicht getan. Vielmehr würdigt es die Umstände, die für und gegen die Einlassung des Angeklagten H sprechen, wonach er keine Kenntnis von den Umsatzsteuermanipulationen erlangt haben will. Mit der Schlußfolgerung, die Einlassung des Angeklagten sei nicht widerlegbar, wird lediglich zum Ausdruck gebracht, das Landgericht habe sich keine sichere Überzeugung davon bilden können, daß der Angeklagte – entgegen seinen Beteuerungen – doch von den umsatzsteuerlichen Manipulationen seines Lieferanten Kenntnis hatte.
3. Die Revision der Staatsanwaltschaft, die gemäß § 301 StPO hier zugunsten des Angeklagten H wirkt, führt zur Aufhebung des Urteils, soweit der Angeklagte H wegen Untreue verurteilt worden ist.

a) Die Staatsanwaltschaft hat im Hinblick auf den Angeklagten H die umfassende Aufhebung des landgerichtlichen Urteils beantragt. In ihrer Begründung wendet sich die Revision allerdings allein gegen die unterbliebene Verurteilung wegen Umsatzsteuerhinterziehung im Zusammenhang mit dem Erwerb der CPUs über die U . Ob in der Begründung eine teilweise Beschränkung des Rechtsmittels zu sehen ist, bedarf keiner Entscheidung. Eine Beschränkung wäre unwirksam, wenn es sich – unabhängig davon , ob Tateinheit (§ 52 StGB) oder Tatmehrheit (§ 53 StGB) vorliegt – um eine einheitliche Tat im Sinne des § 264 StPO handeln würde. Wie der Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt hat, sind diese Voraussetzungen hier erfüllt. Der aufgrund der Anklage zur Aburteilung gestellte Lebenssachverhalt enthält alle damit zusammenhängenden und darauf bezogenen Vorkommnisse , auch wenn diese in der Anklageschrift nicht ausdrücklich erwähnt sind (BGHSt 29, 288, 292 f.; NStZ 2001, 440). Maßgeblich ist dabei, daß zwischen den eine prozessuale Tat bildenden geschichtlichen Vorgängen unter Berücksichtigung ihrer strafrechtlichen Bedeutung ein untrennbarer Zusammenhang besteht. Diese Voraussetzung ist hier schon deshalb gegeben , weil die als Untreuehandlung ausgeurteilten Handlungen zugleich den Gegenstand der Umsatzsteuerhinterziehung bildeten; denn die zu Unrecht als Provisionen oder Beraterhonorare bezeichneten Betriebsausgaben enthielten jeweils auch einen sachlich nicht gerechtfertigten Umsatzsteuerausweis , den der Angeklagte bei seinen monatlichen Umsatzsteuervoranmeldungen in Verkürzungsabsicht als Vorsteuerabzug geltend machte. Da wiederum die von der Staatsanwaltschaft angestrebte Verurteilung wegen der Umsatzsteuerhinterziehungen im Zusammenhang mit dem Ankauf der CPUs lediglich den Schuldumfang der bereits ausgeurteilten falschen Umsatzsteueranmeldungen erhöhen würde, liegt zwischen sämtlichen Handlungen ein derart untrennbarer Zusammenhang vor, daß sie aufgrund ihrer Verzahnung insgesamt eine einheitliche prozessuale Tat im Sinne des § 264 StPO bilden.

b) Die Verurteilungen wegen Untreue zum Nachteil der HP GmbH gemäß § 266 StGB haben keinen Bestand. Gesellschafter und Geschäftsfüh-
rer der HP GmbH waren der Angeklagte und seine Ehefrau. In der Recht- sprechung des Bundesgerichtshofs ist für den Alleingesellschafter anerkannt, daß dieser ohne weiteres Vermögenswerte aus der GmbH ziehen kann. Eine Grenze besteht insoweit, als das Stammkapital nicht beeinträchtigt und insbesondere keine Existenzgefährdung der Gesellschaft hierdurch herbeigeführt werden darf (BGHSt 9, 203, 216; BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 23, 37, 45). Dies gilt im übrigen auch dann, wenn bei einer mehrgliedrigen Kapitalgesellschaft sämtliche Gesellschafter einvernehmlich handeln, selbst wenn die Entnahmen zum Zwecke der Steuerhinterziehung verschleiert werden (BGHSt 35, 333, 336 f.; BGH NJW 2000, 154, 155 m. Anm. Gehrlein S. 1089 f.).

c) Der neue Tatrichter wird demnach zu prüfen haben, ob die Ehefrau des Angeklagten H als dessen Mitgesellschafterin die Entnahmen gebilligt hat. Selbst wenn sich ein solches Einverständnis nicht feststellen lassen sollte, hätte das Fehlen ihrer Zustimmung allenfalls dann Bedeutung, wenn die Ehefrau des Angeklagten H als verbliebene und alleingeschädigte Gesellschafterin gemäß § 266 Abs. 2 StGB i.V.m. § 247 StGB fristgerecht einen Strafantrag gestellt hätte. Unabhängig davon wird der neue Tatrichter feststellen müssen, ob durch die Entnahmehandlungen des Angeklagten H das Stammkapital der HP GmbH angegriffen oder deren Existenz gefährdet worden ist. In diesem Falle käme es auf ein Einverständnis seiner Mitgesellschafter nicht mehr an (BGH NJW aaO).
Soweit eine Beihilfe zur Untreue der Zeugen N und Ho zu Lasten ihrer Arbeitgeber in Betracht kommt, bezöge sich ein solcher Tatvorwurf nicht auf die angeklagte Tat. Bei einer Beihilfe zu einer Untreue der Zeugen N und Ho ist Tathandlung die Vereinbarung eines Preisaufschlages, bei einer Untreue zu Lasten der HP GmbH ist die Entnahme der Gelder Tathandlung. Beide Vorgänge stehen aber nicht in einem so untrennbaren Zusammenhang, daß sie jeweils als dieselbe prozessuale Tat im Sinne des § 264 StPO angesehen werden müßten.

d) Die Aufhebung der Schuldsprüche wegen Untreue führt zur Aufhe- bung des Gesamtstrafausspruches mit den zugehörigen Feststellungen. Obwohl auch die Einsatzstrafe in Wegfall gelangt, kann der Senat ausschließen, daß die übrigen Einzelstrafen von dem Rechtsfehler beeinflußt sind. Die insoweit zur Strafzumessung getroffenen Feststellungen bleiben gleichfalls bestehen.

III.


Trotz der Teilaufhebung nach § 301 StPO sind die Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft im Sinne des Kostenrechts erfolglos (§ 473 Abs. 1 Satz 1 StPO). Harms Häger Raum Brause Schaal

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
2.
die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder
3.
pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt
und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) missbraucht,
3.
die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht,
4.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
5.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt oder
6.
eine Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(4) Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Steuervorteile sind auch Steuervergütungen; nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, soweit sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden. Die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 sind auch dann erfüllt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können.

(5) Die Tat kann auch hinsichtlich solcher Waren begangen werden, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch dann, wenn sich die Tat auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden oder die einem Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation oder einem mit dieser assoziierten Staat zustehen. Das Gleiche gilt, wenn sich die Tat auf Umsatzsteuern oder auf die in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. L 9 vom 14.1.2009, S. 12) genannten harmonisierten Verbrauchsteuern bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden.

(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten unabhängig von dem Recht des Tatortes auch für Taten, die außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes begangen werden.

Tatbestand

1

I. Gegenstand des Rechtsstreits ist ein Haftungsbescheid, den der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) aufgrund § 71 der Abgabenordnung (AO) gegen den Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) nach dessen Verurteilung wegen Hinterziehung von Umsatzsteuer 1999 (Streitjahr) erlassen hat.

2

Im Oktober des Kalenderjahres 1998 erwarb IW auf Veranlassung des Klägers sämtliche Geschäftsanteile an einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), die in I-GmbH umfirmiert wurde.

3

IW, der zu diesem Zeitpunkt arbeitslos war, wurde zum alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer der I-GmbH bestellt. Er übernahm die Geschäftsführerstellung, weil ihm der Kläger hierfür ein monatliches Entgelt versprochen hatte.

4

Die I-GmbH erwarb ab Juli 1999 innergemeinschaftlich elektronische Bauteile (Mikroprozessoren, sog. Central Processing Units --CPUs--) von ausländischen Gesellschaften und veräußerte diese weiter. Hauptabnehmer der I-GmbH war die K-GmbH mit Sitz in T.

5

Die CPUs wurden jeweils aus dem Ausland mit einer Spedition des ausländischen Lieferanten zu einem inländischen Kurierdienst gebracht, von diesem für die I-GmbH in Empfang genommen und zur K-GmbH transportiert.

6

Die Steuerfahndung ging davon aus, die CPUs seien zwischen den ausländischen Lieferanten, der I-GmbH und der K-GmbH im Kreis veräußert worden, so dass dieselbe Ware innerhalb weniger Tage mehrfach transportiert, jeweils im Wareneingang und -ausgang der K-GmbH registriert und wieder ins Ausland gebracht worden sei. Das Landgericht S im Strafverfahren gegen den Kläger und das Finanzgericht (FG) sind dem nur teilweise gefolgt. Sie gingen von tatsächlichen Warenbewegungen aus, ohne Feststellungen zu einem möglichen Warenkreislauf zu treffen.

7

Die I-GmbH veräußerte die CPUs an die K-GmbH jeweils ohne Gewinnaufschlag oder zu unter den Netto-Einkaufspreisen liegenden Entgelten unter Ausweis von Umsatzsteuer.

8

Der Kläger kümmerte sich zusammen mit dem weiteren als Mittäter wegen gemeinschaftlicher Steuerhinterziehung verurteilten P um die organisatorischen Belange der I-GmbH und deren Kontakt zu den ausländischen Lieferanten und der K-GmbH. P fiel nach Absprache mit IW und dem Kläger die Aufgabe zu, in den Geschäftsräumen der Gesellschaft in S Korrespondenz der Gesellschaft entgegenzunehmen und zu bearbeiten.

9

IW vertrat die Gesellschaft als deren Geschäftsführer nach außen. Er eröffnete auf Veranlassung des Klägers und des P bei der C-Bank in B ein Geschäftskonto für die Gesellschaft, stellte sich bei der K-GmbH als deren Geschäftsführer vor und unterzeichnete Korrespondenz im Namen der I-GmbH. Beim FA reichte er einen Fragebogen zur steuerlichen Erfassung der I-GmbH ein, in dem er den Beginn der Tätigkeit mit Januar 1999 angab und Dauerfristverlängerung beantragte.

10

Der Kläger bereitete Rechnungen und Schecks im Namen der I-GmbH vor, die er dann von IW unterschreiben ließ. Er wollte wie auch P durch diese Vorgehensweise erreichen, im Zusammenhang mit der I-GmbH weitestgehend nicht persönlich in Erscheinung zu treten.

11

Im Zeitraum vom 2. August bis 26. November 1999 erteilte die I-GmbH der K-GmbH 101 Rechnungen. Der Brutto-Rechnungsbetrag aus diesen Rechnungen belief sich auf insgesamt 95.313.644,60 DM, die ausgewiesene Umsatzsteuer auf 13.146.709,60 DM. Die I-GmbH gab für das Streitjahr weder Umsatzsteuer-Voranmeldungen noch eine Jahressteuererklärung ab.

12

Auf dem Konto der I-GmbH gingen im Streitjahr 100.199.561,60 DM ein. Hiervon wurden 96.262.104 DM ins Ausland überwiesen.

13

IW hob zwischen dem 16. September und 30. November 1999 jeweils auf Anordnung des Klägers vom Konto der I-GmbH Barbeträge (insgesamt rd. 3,8 Mio. DM) ab. Die abgehobenen Geldbeträge übergab er bis auf eine Ausnahme dem vor dem Bankgebäude im Auto wartenden Kläger.

14

IW und P erhielten aus dem abgehobenen Bargeld Teilbeträge in Höhe von jeweils ca. 300.000 DM; mindestens ebenso viel verblieb beim Kläger.

15

Mit Umsatzsteuerbescheid vom 1. Dezember 2000 setzte das FA gegenüber der I-GmbH Umsatzsteuer 1999 (Streitjahr) in Höhe von 13.718.389 DM unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 AO fest. Es behandelte die in den Rechnungen der I-GmbH ausgewiesenen Steuerbeträge als unberechtigt gemäß § 14 Abs. 3 des Umsatzsteuergesetzes 1999 (UStG), da es sich bei der I-GmbH um einen Scheinunternehmer gehandelt habe, der eine "tatsächliche" unternehmerische Betätigung nur vorgetäuscht und Rechnungen über Scheinlieferungen ausgestellt habe. Der Bescheid wurde an IW als Geschäftsführer der Gesellschaft bekannt gegeben.

16

Die K-GmbH machte in ihren Umsatzsteuer-Voranmeldungen die in den Rechnungen der I-GmbH ausgewiesenen Steuerbeträge als Vorsteuer geltend. Ein hieraus resultierendes Guthaben verrechnete das für die K-GmbH zuständige FA mit deren Steuerverbindlichkeiten. Im September 1999 kam es zur Auszahlung eines Vorsteuerüberhangs an die K-GmbH in Höhe von 58.552,99 DM. Die Umsatzsteuer-Voranmeldungen der K-GmbH für die Voranmeldungszeiträume Oktober und November 1999 wiesen Vorsteuerüberhänge in Höhe von 2.795.156,20 DM und 5.558.818 DM aus, die aber nicht anerkannt wurden.

17

Nach Abschluss der steuerstrafrechtlichen Ermittlungen versagte das zuständige FA der K-GmbH nachträglich den Vorsteuerabzug für die Voranmeldungszeiträume August bis November 1999. Es setzte eine Nachzahlung in Höhe von insgesamt 4.721.963,70 DM fest.

18

Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der K-GmbH erkannte der Insolvenzverwalter den zur Insolvenztabelle angemeldeten Nachzahlungsbetrag in Höhe von 4.721.963,70 DM an. Die Forderung fiel aus.

19

Das Landgericht S verurteilte den Kläger mit Urteil vom 25. Juni 2002 neben IW und P als Mittäter wegen Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO in vier Fällen (für jeden der Voranmeldungszeiträume August bis November 1999) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten. Es sah den Kläger als "faktischen Mitgeschäftsführer" der I-GmbH an. Er sei seiner aus § 35 AO resultierenden Verpflichtung nicht nachgekommen, monatlich Umsatzsteuer-Voranmeldungen für die I-GmbH abzugeben. Das Strafurteil wurde nach erfolgloser Revision zum Bundesgerichtshof (BGH) gegenüber dem Kläger rechtskräftig.

20

Das FA nahm den Kläger mit Haftungsbescheid vom 25. Februar 2003 gemäß § 71 AO in Höhe von insgesamt 6.721.805,86 € (= 13.146.709,56 DM) in Anspruch.

21

Nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhob der Kläger Klage. In der mündlichen Verhandlung vor dem FG erklärte der Vertreter des FA zu Protokoll, er verpflichte sich, einen geänderten Haftungsbescheid mit einer Haftungssumme von nur noch 4.721.963,70 DM (2.414.301,70 €) zu erlassen. Die Beteiligten erklärten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend hinsichtlich der weiter gehenden Haftungssumme in Höhe von 8.424.745,74 DM (4.307.504,10 €) "für erledigt".

22

Das FG gab der Klage weitgehend statt und setzte die Haftungssumme auf 58.552,99 DM herab. Zwar hafte der Kläger als Mittäter einer Steuerhinterziehung. Als Haftungssumme sei jedoch wegen des Schadensersatzcharakters der Haftung in § 71 AO nicht der nicht angemeldete nominale Umsatzsteuerbetrag anzusetzen. Der im Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (jetzt Europäischen Union) --EuGH-- vom 19. September 2000 C-454/98, Schmeink & Cofreth (Slg. 2000, I-6973, BFH/NV 2001 Beilage 1, 33) enthaltene Rechtsgedanke, eine Haftung für unberechtigt in Rechnung gestellte Umsatzsteuer entfalle, wenn die entsprechende Rechnung berichtigt und die aus der Rechnung resultierende Gefährdung des Steueraufkommens beseitigt werde, sei auf die Haftung gemäß § 71 AO sinngemäß zu übertragen. Im Rahmen eines mehrstufigen Umsatzsteuerbetrugs hafte der Rechnungsaussteller nur für die Beträge, die beim Rechnungsempfänger aus den Rechnungen des Rechnungsausstellers als Vorsteuerbeträge anerkannt, ausgezahlt und später nicht zurückerstattet worden seien.

23

Hinsichtlich des zunächst verrechneten Guthabens der K-GmbH, das auf den Vorsteuerbeträgen aus Rechnungen der I-GmbH beruht habe, dann zurückgefordert und ausgefallen sei, stehe nicht fest, ob das Verhalten des Klägers für den Schadenseintritt des Fiskus ursächlich sei. Das FA habe nicht nachweisen können, dass die K-GmbH die später ausgefallene Nachzahlung aufgrund ihrer Vermögenslage zum Zeitpunkt, in dem diese festgesetzt worden sei, noch habe erbringen können.

24

Mit der Revision rügt das FA Verletzung materiellen Rechts. Das FG stelle für die Haftungssumme auf die nicht maßgeblichen tatsächlich und endgültig erlangten Vorsteuerbeträge des Rechnungsempfängers K-GmbH ab. Es sei unzutreffend, dass die Steuerhinterziehung durch den Kläger für den Schadenseintritt des Fiskus nicht ursächlich gewesen sei.

25

Das FA beantragt,

das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen, soweit der Kläger eine Herabsetzung der Haftungssumme unterhalb eines Betrags in Höhe von 4.721.963,70 DM (2.414.301,70 €) begehrt.

26

Der Kläger beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

27

Die bisher getroffenen Feststellungen reichten nicht aus, um ihn, den Kläger, als faktischen Geschäftsführer anzusehen. Im Übrigen beruhten sie nur auf einem Geständnis eines Tatbeteiligten. Er hafte nicht nach § 71 AO. Im Rahmen der Ermessensausübung sei eine Aufteilung der Haftungsschuld erforderlich.

28

Das FA hat bis zur Entscheidung des erkennenden Senats den in der Niederschrift zur mündlichen Verhandlung vor dem FG zugesagten geänderten Haftungsbescheid nicht erlassen.

Entscheidungsgründe

29

II. Die Revision des FA ist begründet. Das Urteil des FG wird aufgehoben und der Haftungsbescheid vom 25. Februar 2003 auf eine Haftungssumme in Höhe von 4.721.963,70 DM (= 2.414.301,70 €) herabgesetzt (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

30

1. Der Revisionsantrag des FA, die Klage unter Aufhebung des FG-Urteils abzuweisen, ist aufgrund der Zusage, einen geänderten Haftungsbescheid zu erlassen, so zu verstehen, dass das FA mit seiner Revision nur noch anstrebt, den streitgegenständlichen Haftungsbescheid vom 25. Februar 2003 entsprechend der Zusage in Höhe der Haftungssumme von 4.721.963,70 DM (2.414.301,70 €) zu bestätigen. Das FG hat --ohne den Antrag des FA im Tatbestand des Urteils anzupassen-- auch nur noch über den eingeschränkten Klageabweisungsantrag des FA entschieden. Der Senat ist an diesen Antrag gemäß § 96 Abs. 1 Satz 2 FGO i.V.m. § 121 FGO gebunden und hat über die Rechtmäßigkeit des Haftungsbescheids nur noch in diesem Umfang zu entscheiden.

31

2. Das FG hat das Verhalten des Klägers, für die Monate August bis November 1999 für die I-GmbH weder Umsatzsteuer-Voranmeldungen abzugeben noch die fälligen Steuerbeträge zu entrichten, zu Recht als vierfache Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO gewürdigt und den Haftungsbescheid gemäß §§ 191 Abs. 1, 71 AO dem Grunde nach als rechtmäßig angesehen.

32

a) Die I-GmbH schuldete die in den Rechnungen ausgewiesene Umsatzsteuer für die von ihr ausgeführten Lieferungen an die K-GmbH nach § 1 Abs. 1 UStG. Es liegen entgegen der Auffassung des FA und des FG keine Rechnungen mit unberechtigtem Steuerausweis gemäß § 14 Abs. 3 Satz 2 UStG vor.

33

aa) Auf der Grundlage der bindenden Feststellungen des FG ist davon auszugehen, dass Lieferungen an die I-GmbH i.S. von § 3 Abs. 1 UStG und von dieser an die K-GmbH vorliegen. Denn die I-GmbH hat als Abnehmerin die erforderliche Verfügungsmacht an den CPUs erlangt, da die von ihr beauftragten Kuriere die Ware vom Spediteur des Verkäufers für sie in Empfang genommen und auf ihre Veranlassung im Rahmen eigenständiger Lieferungen gemäß § 3 Abs. 1 UStG weiter zur K-GmbH transportiert haben. Aufgrund dieser Feststellungen des FG hat der Senat auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die I-GmbH nur zum Schein als reiner "Rechnungsschreiber" in eine unmittelbare Rechtsbeziehung zwischen dem ausländischen Verkäufer und der K-GmbH eingeschaltet gewesen sein könnte (vgl. hierzu Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 12. August 2009 XI R 48/07, BFH/NV 2010, 259, unter II.1.a bb a.E.; BGH-Urteil vom 22. Mai 2003  5 StR 520/02, BFH/NV 2004 Beilage 2, 163, unter II.1.b aa).

34

bb) Die von der I-GmbH ausgeführten Lieferungen, die zum Zweck der Steuerhinterziehung erfolgten, sind der Besteuerung zugrunde zu legen.

35

Der Senat folgt der Rechtsprechung des EuGH, der wiederholt entschieden hat, Lieferungen von Gegenständen seien steuerbare Umsätze, wenn sie die objektiven Kriterien erfüllten, auf denen diese Begriffe beruhten (EuGH-Urteile vom 12. Januar 2006 C-354/03, C-355/03 und C-484/03, Optigen u.a., Slg. 2006, I-483, BFH/NV 2006 Beilage 2, 144 Rdnr. 55; vom 21. Februar 2006 C-255/02, Halifax, Slg. 2006, I-1609, BFH/NV 2006 Beilage 3, 260 Rdnrn. 55 bis 58).

36

Soweit der EuGH davon ausgeht, dass die objektiven Kriterien einer Lieferung im Fall einer Steuerhinterziehung nicht vorliegen (vgl. EuGH-Urteile vom 6. Juli 2006 C-439/04 und 440/04, Axel Kittel u.a., Slg. 2006, I-6161, BFH/NV 2006 Beilage 4, 454 Rdnr. 44, Umsatzsteuer-Rundschau --UR-- 2006, 594; Halifax in Slg. 2006, I-1609, BFH/NV 2006 Beilage 3, 260, unter Rdnr. 59), handelt es sich um einen eigenständigen Vorsteuerversagungsgrund (vgl. die Senatsentscheidung vom 19. April 2007 V R 48/04, BFHE 217, 194, BStBl II 2009, 315; BFH-Urteil vom 10. Dezember 2008 XI R 57/06, BFH/NV 2009, 1156). Für die Besteuerung von Ausgangsumsätzen ist dies aber ohne Bedeutung. Die vom Steuerhinterzieher ausgeführte Lieferung ist bei diesem steuerbar und steuerpflichtig. Davon zu unterscheiden ist die im Streitfall, der Lieferungen im Inland betrifft, nicht zu entscheidende Frage, ob bei Mitwirkung an einer Steuerhinterziehung im Anschluss an eine innergemeinschaftliche Lieferung dem Lieferer die Steuerbefreiung nach § 6a UStG zu versagen ist (vgl. BGH-Beschluss vom 7. Juli 2009  1 StR 41/09, UR 2009, 732).

37

cc) Die Steuer für Lieferungen entsteht gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 1 UStG mit Ablauf der jeweiligen Voranmeldungszeiträume. Die hieraus resultierenden Steuerbeträge sind gemäß § 18 Abs. 1 Satz 1 UStG voranzumelden. Das FG hat insoweit gemäß § 118 Abs. 2 FGO für den Senat bindend festgestellt, dass Voranmeldungszeitraum der Kalendermonat (§ 18 Abs. 2 Satz 2 UStG) war.

38

b) Der Senat folgt dem FG darin, dass der Kläger als faktischer Geschäftsführer und Verfügungsberechtigter der I-GmbH gemäß § 35 AO i.V.m. § 34 Abs. 1 AO seiner rechtlichen Verpflichtung vorsätzlich nicht nachgekommen ist, namens der Gesellschaft Voranmeldungen für die Monate August bis November 1999 abzugeben und die fälligen Steuerbeträge zu entrichten. Er hat daher für jeden der Voranmeldungszeiträume eine Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO begangen.

39

aa) Im Bereich des Sonderdelikts aus § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO kann in Bezug auf die Hinterziehung von Umsatzsteuern Täter nur sein, wer die rechtliche Erklärungspflicht für die Voranmeldungen und die Jahreserklärungen zu erfüllen hat (vgl. BGH-Urteil in BFH/NV 2004 Beilage 2, 163, sowie z.B. Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 370 AO Rz 1403; Joecks in Franzen/Gast/ Joecks, Steuerstrafrecht, 7. Aufl., § 370 Rz 155). Zu den Erklärungsverpflichteten gehört unter anderem auch der Verfügungsberechtigte i.S. des § 35 AO (BFH-Entscheidungen vom 16. März 1995 VII R 38/94, BFHE 177, 209, BStBl II 1995, 859; vom 7. April 1992 VII R 104/90, BFH/NV 1993, 213; aus steuerstrafrechtlicher Sicht BGH-Entscheidungen vom 8. November 1989  3 StR 249/89, Zeitschrift für Wirtschaft, Steuer, Strafrecht --wistra-- 1990, 97; vom 17. Februar 1998  5 StR 624/97, wistra 1998, 225; Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 370 AO Rz 118.1 und 118.3).

40

bb) Der Kläger war als faktischer Geschäftsführer und Verfügungsberechtigter gemäß § 35 AO erklärungspflichtig.

41

Verfügungsberechtigter i.S. des § 35 AO ist nach der ständigen Rechtsprechung des BFH jeder, der nach dem Gesamtbild der Verhältnisse rechtlich und wirtschaftlich über Mittel, die einem anderen zuzurechnen sind, verfügen kann und als solcher nach außen auftritt (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Entscheidungen vom 10. Mai 1989 I R 121/85, BFH/NV 1990, 7; vom 27. November 1990 VII R 20/89, BFHE 163, 106, BStBl II 1991, 284; vom 24. April 1991 I R 56/89, BFH/NV 1992, 76; in BFH/NV 1993, 213; vom 19. Mai 2009 VII B 207/08, nicht veröffentlicht --n.v.--). Eine rechtliche Verfügungsmacht besteht danach, wenn der Verfügungsberechtigte die Pflichten des gesetzlichen Vertreters --mittelbar-- durch die Bestellung der entsprechenden Organe erfüllen lassen kann (s. Boeker in Hübschmann/Hepp/ Spitaler, § 35 AO Rz 10, 14; Jatzke in Beermann/Gosch, AO § 35 Rz 10, 11, 19). Der "Auftritt nach außen" liegt vor, wenn der faktische Geschäftsführer sich gegenüber einer begrenzten Öffentlichkeit als solcher geriert, das Auftreten gegenüber der allgemeinen Öffentlichkeit aber weisungsabhängigen Personen überlässt (BFH-Urteil in BFH/NV 1992, 76; vgl. auch Urteil des FG Baden-Württemberg vom 25. Juni 2008  12 K 407/04, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2008, 1434).

42

Das FG ist auf dieser Grundlage in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise zu dem Schluss gekommen, dass der Kläger faktischer Geschäftsführer der I-GmbH war. Er beherrschte die Abläufe und steuerte, wann und in welcher Höhe CPUs bestellt, an die K-GmbH weiterveräußert und in Rechnung gestellt wurden, dirigierte mit P, wann und in welcher Höhe Bargeld durch IW vom Geschäftskonto der Gesellschaft abzuheben war und welche Informationen IW an das FA geben sollte. Er verteilte das abgehobene Bargeld und behielt den "Restgewinn" nach Abzug der Beträge für IW und P zurück sowie in mindestens derselben Höhe wie die Beträge für IW und P für sich. Das FG hat zu Recht auch das Merkmal des "Auftritts nach außen" als erfüllt angesehen. Zwar hat der Kläger im Außenverhältnis gezielt den im Handelsregister eingetragenen Geschäftsführer IW vorgeschoben. Er trat nach den Feststellungen des FG jedoch vereinzelt für die I-GmbH nach außen auf und übte im Übrigen seine Leitungsmacht im Innenverhältnis gegenüber IW und P umfassend aus.

43

Zutreffend geht das FG nach den vorstehenden Feststellungen weiter davon aus, der Kläger habe seine Verpflichtung, für die I-GmbH Umsatzsteuer-Voranmeldungen für die Monate August bis November 1999 abzugeben und die fälligen Steuerbeträge zu entrichten, jedenfalls mittelbar über IW und P tatsächlich erfüllen können, dies aber nicht getan.

44

Soweit der Kläger hiergegen einwendet, dass die vom FG getroffenen Feststellungen für die Annahme einer Verfügungsberechtigung i.S. von § 35 AO nicht ausreichten, berücksichtigt er weder, dass es genügt, wenn der faktische Geschäftsführer sich gegenüber einer begrenzten Öffentlichkeit als solcher geriert und das Auftreten gegenüber der allgemeinen Öffentlichkeit weisungsabhängigen Personen überlässt (BFH-Urteil in BFH/NV 1992, 76) noch, dass der Senat an die Feststellung des FG, die nicht mit begründeten Revisionsrügen angegriffen wurden, nach § 118 Abs. 2 AO gebunden ist.

45

cc) Der Kläger hat auch vorsätzlich gehandelt, da er nach den Feststellungen des FG von Anfang an geplant hat, weder Voranmeldungen noch eine Jahreserklärung abzugeben.

46

c) Unerheblich ist, dass der Kläger auch seine Erklärungspflicht in Bezug auf die Umsatzsteuerjahreserklärung für die I-GmbH verletzt und dass das FA einen Umsatzsteuerjahresbescheid 1999 erlassen hat.

47

aa) Eine Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO wegen nicht abgegebener Umsatzsteuer-Voranmeldungen ist vollendet, wenn eine Steueranmeldung --hier die einzelnen Umsatzsteuer-Voranmeldungen für die Monate August bis November 1999-- zum gesetzlich vorgegebenen Termin ausbleibt (ständige Rechtsprechung des BGH, vgl. Entscheidungen vom 11. Dezember 1990 5 StR 519/90, wistra 1991, 215; grundlegend vom 17. März 2009  1 StR 627/08, BGHSt 53, 221; vom 2. Dezember 2008  1 StR 344/08, wistra 2009, 189). Die nicht angemeldeten nominalen Steuerbeträge sind "auf Dauer" verkürzt, wenn der Täter --wie hier der Kläger-- von vornherein weder Voranmeldungen noch die Jahreserklärung abgeben will (BGH-Urteile vom 21. Januar 1998  5 StR 686/97, wistra 1998, 146; in wistra 1998, 225; vom 20. April 1999  5 StR 54/99, wistra 1999, 298). Hinterziehungstaten wegen der Verletzung der Pflicht zur rechtzeitigen Abgabe von Umsatzsteuer-Voranmeldungen und von Umsatzsteuerjahreserklärungen stehen ferner auch dann im Verhältnis der Tatmehrheit zueinander, wenn sie dasselbe Kalenderjahr betreffen (vgl. z.B. BGH-Urteil in BGHSt 53, 221).

48

bb) Die Festsetzung der Umsatzsteuer für das Streitjahr durch den Jahressteuerbescheid 1999 vom 1. Dezember 2000 vor Erlass des Haftungsbescheids stellt die Rechtmäßigkeit des Haftungsbescheids vom 25. Februar 2003 ebenfalls nicht in Frage. Wird die Erstschuld durch Jahresbescheid festgesetzt, kann trotzdem ein Haftungsbescheid ergehen (vgl. BFH-Urteil vom 12. Oktober 1999 VII R 98/98, BFHE 190, 25, BStBl II 2000, 486).

49

cc) Anhaltspunkte dafür, dass die gemäß § 102 FGO vom Senat nur eingeschränkt überprüfbare Entscheidung, den Kläger in Haftung zu nehmen, nicht ermessensgerecht sein könnte, bestehen nicht. Im Hinblick auf die in der mündlichen Verhandlung vor dem FG zugesagte Herabsetzung des Haftungsbetrages kommt es auf die vom Kläger aufgeworfene Frage einer Aufteilung der Haftung im Rahmen der gebotenen Ermessensausübung (§§ 191, 5 AO) nicht mehr an.

50

3. Das Urteil des FG ist aber gleichwohl materiell-rechtlich fehlerhaft. Es verletzt die zu § 71 AO maßgeblichen Rechtsgrundsätze zur Ermittlung des Vermögensschadens und ist deshalb aufzuheben. Das FG stellt für den Vermögensschaden zu Unrecht auf den Vorsteuerabzug der K-GmbH ab. Maßgeblich sind demgegenüber die nicht angemeldeten Steuerbeträge der I-GmbH. Soweit es zwar von einem Vermögensschaden ausgeht, die Steuerhinterziehung des Klägers für den Schadenseintritt jedoch nicht als ursächlich ansieht, ist dem nicht zu folgen.

51

a) Die Haftungssumme gemäß § 71 AO bestimmt sich grundsätzlich nach den verkürzten nominalen Steuerbeträgen (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 11. Februar 2002 VII B 323/00, BFH/NV 2002, 891; Senatsbeschluss vom 6. November 2006 V B 117/05, BFH/NV 2007, 508). Beschränkt wird die Haftung des Steuerhinterziehers gemäß § 71 AO jedoch auf den Vermögensschaden des Fiskus, der durch die Tat verursacht und vom Vorsatz des Täters umfasst ist (vgl. BFH-Urteile vom 13. Juli 1994 I R 112/93, BFHE 175, 489, BStBl II 1995, 198, und vom 6. März 2001 VII R 17/00, BFH/NV 2001, 1100).

52

b) Für die Höhe des Vermögensschadens aufgrund der Steuerhinterziehung ist im Streitfall nicht auf den "Vorsteuerschaden" auf Ebene der K-GmbH, sondern auf den nicht angemeldeten nominalen Steuerbetrag in Höhe von 6.721.805,86 € (13.146.709,56 DM) abzustellen.

53

aa) Wie unter II.2.a ausgeführt, liegen im Streitfall entgegen der Auffassung des FA und des FG steuerbare und steuerpflichtige Lieferungen der I-GmbH vor. Das FG hat seine Auffassung, der Vermögensschaden des Fiskus aus der Hinterziehung des Täters richte sich nach der Höhe der "verlorenen Vorsteuerbeträge" der K-GmbH, daher zu Unrecht darauf gestützt, die I-GmbH habe in ihren Rechnungen Steuerbeträge gemäß § 14 Abs. 3 UStG unberechtigt ausgewiesen, die sie nach den Vorgaben des EuGH-Urteils Schmeink & Cofreth in Slg. 2000, I-6973, BFH/NV 2001 Beilage 1, 33 und der anknüpfenden Rechtsprechung (vgl. z.B. Senatsentscheidungen vom 22. Februar 2001 V R 5/99, BFHE 194, 506, BStBl II 2004, 143; vom 8. März 2001 V R 61/97, BFHE 194, 517, BStBl II 2004, 373; vom 17. Mai 2001 V R 77/99, BFHE 194, 552, BStBl II 2004, 370; vom 25. April 2002 V B 73/01, BFHE 198, 71, BStBl II 2004, 343) habe berichtigen können. Dies kann wegen des Vorliegens steuerbarer und steuerpflichtiger Lieferungen im Streitfall schon dem Grunde nach nicht durchgreifen. Die I-GmbH schuldete die Umsatzsteuer für die von ihr ausgeführten Lieferungen endgültig.

54

bb) Selbst wenn die Auffassung des FG zuträfe und von unberechtigt ausgewiesenen Steuerbeträgen i.S. des § 14 Abs. 3 UStG auszugehen wäre, für die die Steuer mit Ausgabe der Rechnung (§ 13 Abs. 1 Nr. 4 UStG) entstanden wäre, würde sich im Streitfall der Vermögensschaden des Fiskus nach den nicht angemeldeten nominalen Steuerbeträgen richten. Die hieraus resultierenden Steuerbeträge hätte die I-GmbH als Unternehmerin im Streitjahr gemäß § 18 Abs. 1 Satz 1 UStG anmelden müssen.

55

Die vom FG als maßgeblich erachtete Berichtigungsmöglichkeit der Steuerschuldnerin I-GmbH, die das FG zugunsten des Klägers als Haftungsschuldner anwenden will, hätte im Übrigen nach der unter II.3.b aa zitierten Senatsrechtsprechung für die an die K-GmbH ausgestellten Rechnungen nicht bestanden. Die Gefährdung des Steueraufkommens wurde von der I-GmbH nicht beseitigt. Weder hat die K-GmbH vor dem Vorsteuerabzug Rechnungen an die I-GmbH zurückgegeben oder die I-GmbH diese storniert, noch ist die in den Rechnungen ausgewiesene Umsatzsteuer gezahlt oder die von der K-GmbH abgezogene Vorsteuer zurückgeführt worden. Entgegen der Auffassung des FG gilt dies auch für die Rechnungen, aus denen das FA der K-GmbH Vorsteuerbeträge von vornherein nicht anerkannt hat (2.795.156,20 DM und 5.558.818 DM). Die Gefährdung des Steueraufkommens besteht dann, solange diese Ausgangsrechnungen nicht storniert oder zurückgegeben werden.

56

c) Soweit das FG für die noch streitige Haftungssumme in Höhe von 4.721.963,70 DM (2.414.301,70 €) --die obere Grenze der Haftungssumme im zugesagten geänderten Haftungsbescheid-- einen Vermögensschaden des Fiskus bejaht, aber einen ursächlichen Zusammenhang zwischen der Steuerhinterziehung durch den Kläger und dem Schadenseintritt verneint, hält das Urteil einer Prüfung nicht stand.

57

aa) Die Haftung gemäß § 71 AO entfällt, wenn derselbe Vermögensschaden für den Fiskus auch bei steuerehrlichem Verhalten eingetreten wäre (vgl. Jatzke in Beermann/Gosch, a.a.O., § 71 Rz 15). Die Haftung ist im Fall der Nichtabgabe von Umsatzsteuer-Voranmeldungen und Nichtentrichtung fälliger Steuerbeträge auf den Betrag begrenzt, der bei rechtzeitiger Abgabe und Zahlung unter gleichmäßiger Befriedigung aller Gläubiger hätte getilgt werden können (BFH-Beschlüsse vom 27. März 2006 VII B 117/05, BFH/NV 2006, 1254; vom 22. Oktober 2009 V B 108/08, BFH/NV 2010, 170).

58

bb) Maßgeblich ist demnach im Streitfall, ob die I-GmbH in der Lage war, die aufgrund der ausgeführten Lieferungen an die K-GmbH geschuldeten Steuerbeträge rechtzeitig anzumelden und zu entrichten. Nach den Feststellungen des FG zu den Zahlungseingängen und Mittelabflüssen bestehen keine Zweifel für den Senat, dass die K-GmbH an die I-GmbH sämtliche in Rechnung gestellten Steuerbeträge bezahlt hat. Diese verfügte somit über genügend Mittel, um die anzumeldenden Steuerbeträge rechtzeitig entrichten zu können. Das FG wählt für die Kausalitätsprüfung demgegenüber einen unzutreffenden Ausgangspunkt. Es hat, seinem rechtsfehlerhaften Ansatz zur Ermittlung des Vermögensschadens folgend, geprüft, ob die Steuerhinterziehung durch den Kläger für die ausgefallene Nachforderung des Fiskus gegenüber der K-GmbH ursächlich war.

59

cc) Unbeachtlich ist, dass die I-GmbH auf Grundlage der Netto-Einkaufspreise einen Verlust erwirtschaftet sowie aus den An- und Verkäufen der CPUs einen "Gewinn" von rund 3,8 Mio. DM erzielt hat, der unterhalb der noch streitigen Haftungssumme liegt.

60

Der Senat folgt nicht der Auffassung des FG Baden-Württemberg in EFG 2008, 1434, wonach das strafbare Unterlassen des Täters, die gebotenen Umsatzsteuer-Voranmeldungen nicht abgegeben und die fälligen Steuerbeträge nicht rechtzeitig entrichtet zu haben, nicht ursächlich für den Steuerschaden des Fiskus --in Höhe der nicht angemeldeten Nominalbeträge-- sei, wenn der "Rechnungsaussteller" und Zwischenhändler --hier die I-GmbH-- nicht über ausreichende Zahlungsmittel verfüge, weil er empfangene Zahlungsmittel umgehend für neue An- und Verkaufsgeschäfte innerhalb des Karussells genutzt habe.

61

Die vom Kläger gemeinsam mit P und IW schuldhaft herbeigeführte Zahlungsunfähigkeit der I-GmbH kann weder den Kausalzusammenhang zwischen der Unterlassungstat und dem Schadenseintritt des Fiskus ausschließen, noch ist zu prüfen, ob die Haftungssumme nach den Grundsätzen der anteiligen Tilgung zu mindern sein könnte (vgl. zur schuldhaften Verschlechterung der Liquiditätslage einer Gesellschaft durch den haftenden Gesellschafter die BFH-Entscheidungen vom 5. März 1991 VII R 93/88, BFHE 164, 203, BStBl II 1991, 678; vom 26. August 1992 VII R 50/91, BFHE 169, 13, BStBl II 1993, 8; in BFH/NV 2002, 891).

62

4. Die Sache ist spruchreif. Der angefochtene Haftungsbescheid ist, soweit der Senat noch über ihn zu entscheiden hat, rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Der Bescheid wird geändert und die Haftungssumme auf den durch das FA zugesagten Betrag von 4.721.963,70 DM (2.414.301,70 €) herabgesetzt. Der in der mündlichen Verhandlung vor dem FG vom FA zugesagte Änderungsbescheid braucht nicht mehr zu ergehen.

63

5. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 135 Abs. 1, 136 Abs. 1 FGO. Die Kosten des Rechtsstreits sind wegen der zwischenzeitlichen teilweisen Erledigung des Rechtsstreits nach Zeitabschnitten zu verteilen (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 136 Rz 3).

(1) Hat der Unternehmer in einer Rechnung für eine Lieferung oder sonstige Leistung einen höheren Steuerbetrag, als er nach diesem Gesetz für den Umsatz schuldet, gesondert ausgewiesen (unrichtiger Steuerausweis), schuldet er auch den Mehrbetrag. Berichtigt er den Steuerbetrag gegenüber dem Leistungsempfänger, ist § 17 Abs. 1 entsprechend anzuwenden. In den Fällen des § 1 Abs. 1a und in den Fällen der Rückgängigmachung des Verzichts auf die Steuerbefreiung nach § 9 gilt Absatz 2 Satz 3 bis 5 entsprechend.

(2) Wer in einer Rechnung einen Steuerbetrag gesondert ausweist, obwohl er zum gesonderten Ausweis der Steuer nicht berechtigt ist (unberechtigter Steuerausweis), schuldet den ausgewiesenen Betrag. Das Gleiche gilt, wenn jemand wie ein leistender Unternehmer abrechnet und einen Steuerbetrag gesondert ausweist, obwohl er nicht Unternehmer ist oder eine Lieferung oder sonstige Leistung nicht ausführt. Der nach den Sätzen 1 und 2 geschuldete Steuerbetrag kann berichtigt werden, soweit die Gefährdung des Steueraufkommens beseitigt worden ist. Die Gefährdung des Steueraufkommens ist beseitigt, wenn ein Vorsteuerabzug beim Empfänger der Rechnung nicht durchgeführt oder die geltend gemachte Vorsteuer an die Finanzbehörde zurückgezahlt worden ist. Die Berichtigung des geschuldeten Steuerbetrags ist beim Finanzamt gesondert schriftlich zu beantragen und nach dessen Zustimmung in entsprechender Anwendung des § 17 Abs. 1 für den Besteuerungszeitraum vorzunehmen, in dem die Voraussetzungen des Satzes 4 eingetreten sind.

5 StR 14/11

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 27. Oktober 2011
in der Strafsache
gegen
wegen gewerbsmäßigen Bandenbetrugs
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 27. Oktober
2011, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter Basdorf,
Richter Dr. Raum,
Richter Schaal,
Richter Prof. Dr. König,
Richter Bellay
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Amtsrätin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 12. Mai 2010 wird mit der Maßgabe verworfen, dass der Verfallsbetrag (§ 111i Abs. 2 StPO) gegen den Angeklagten T. 74.175 € beträgt.
Die Staatskasse trägt die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten T. wegen gewerbsmäßigen Bandenbetrugs in 15 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt und festgestellt, dass gegen ihn lediglich deshalb nicht auf Verfall in Höhe von 102.157,22 € erkannt wird, weil Ansprüche der Geschädigten V. U. N. GmbH insoweit entgegenstehen. Gegen den Verfallsausspruch richtet sich die Revision der Staatsanwaltschaft, die vom Generalbundesanwalt in der Hauptverhandlung nicht vertreten worden ist. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg, führt vielmehr zu einer Reduzierung des Verfallsbetrags nach § 301 StPO.

I.


2
Nach den Feststellungen des Landgerichts war der Mitangeklagte S. bei der Geschädigten, die Wertstoffe aufkauft, als Wiegemeister beschäftigt. Zu seinen Aufgaben zählte, eigenverantwortlich Wiegescheine auszustellen, welche die Grundlage für die Vergütung der angelieferten Wertstoffe bildeten. Der Angeklagte und sein mitangeklagter Bruder rechneten für ihre Unternehmen in erheblichem Umfang Wertstoffe gegenüber der Geschädigten ab. Entsprechend ihrem zuvor gefassten gemeinsamen Tatplan lagen diesen Abrechnungen planmäßig nie erfolgte Wertstofflieferungen zugrunde, für die der Mitangeklagte S. falsche Wiegescheine ausstellte. Zwischen den Angeklagten war ferner verabredet, dass der Angeklagte T. von den für sein Unternehmen erhaltenen Geldern die anfallende Umsatzsteuer sowie 30 % pauschal für sonstige Aufwendungen, namentlich Steuern, abziehen durfte und der verbleibende Rest zwischen ihm und den Mitangeklagten zu gleichen Teilen aufgeteilt werden sollte. Dementsprechend leitete der Angeklagte diese Gelder an die Mitangeklagten weiter.
3
Insgesamt behielt der Angeklagte T. den Betrag von 102.157,22 € für sich ein, den das Landgericht auch seiner Feststellung nach § 111i Abs. 2 StPO zugrunde gelegt hat. Die ausgekehrten Beträge – gegen die Mitangeklagten wurden über die ihnen zugeflossenen Gelder entsprechende Anordnungen nach § 111i Abs. 2 StPO getroffen – hat es nach § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB außer Betracht gelassen, zumal der Angeklagte nur kurzfristig und transitorisch auf seinem Girokonto den vollen Betrag erlangt habe.

II.


4
Die hiergegen gerichtete Revision der Staatsanwaltschaft, die mit Verfahrensrügen und der Beanstandung der Verletzung sachlichen Rechts geführt wird, bleibt – abgesehen von der gebotenen Korrektur nach § 301 StPO – ohne Erfolg.

5
1. Die beiden von der Staatsanwaltschaft erhobenen Verfahrensrügen greifen nicht durch. Die eher fernstehende Erfüllung der Zulässigkeitsvoraussetzungen (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO) kann dahinstehen. Letztlich geht es der Staatsanwaltschaft gar nicht entscheidend um eine etwa unzureichende Ausschöpfung in die Hauptverhandlung eingeführter Erkenntnisse über die Vermögensverhältnisse des Angeklagten im Urteil (§ 261 StPO) oder um deren unzulängliche Aufklärung (§ 244 Abs. 2 StPO), sondern um die Frage der Erheblichkeit solcher Erkenntnisse für die Entscheidung nach § 111i Abs. 2 StPO i.V.m. § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB, welche die Staatsanwaltschaft abweichend vom Landgericht beurteilt, das ersichtlich deshalb nähere Erörterungen hierzu im Urteil und auch weitere Aufklärung unterlassen hat. Diese Erheblichkeitsfrage erfährt aber hinreichende Klärung im Rahmen der erhobenen Sachrüge, die ihrerseits erfolglos bleibt.
6
2. Die Revision zeigt hinsichtlich der nach § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB getroffenen Ermessensentscheidung, die an die Mitangeklagten abgeführten Beuteanteile von dem nach § 111i Abs. 2 StPO festzulegenden Betrag in Abzug zu bringen, keinen Rechtsfehler auf.
7
a) Allerdings scheidet nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine Ermessensentscheidung nach § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB regelmäßig dann aus, wenn der Angeklagte über Vermögen verfügt, das wertmäßig nicht hinter dem verfallbaren Betrag zurückbleibt (BGH, Urteile vom 2. Oktober 2008 – 4 StR 153/08, NStZ-RR 2009, 234, 235; vom 10. Oktober 2002 – 4 StR 233/02, BGHSt 48, 40, 42).
8
Dies gilt freilich nicht uneingeschränkt. Steht zweifelsfrei fest, dass der fragliche Vermögenswert ohne jeden denkbaren Zusammenhang mit den abgeurteilten Straftaten erworben wurde, ist eine Ermessensentscheidung nach § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB nicht ausgeschlossen (BGH aaO, NStZ-RR 2009, 234, 235; BGH, Urteil vom 2. Dezember 2004 – 3 StR 246/04, NStZ-RR 2005, 104, 105). Ein umfassender Ausschluss wä- re im Übrigen auch mit dem Wortlaut des § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB nicht vereinbar, der gerade nicht auf den Wert des Vermögens, sondern auf den Wert des Erlangten in dem Vermögen abstellt (BGHSt aaO). Dass hierdurch die Maßnahme des Wertersatzverfalls in ihrer präventiven Wirkung geschwächt sein könnte (so BGH, Urteil vom 16. Mai 2006 – 1 StR 46/06, Rn. 23 f., BGHSt 51, 65), ist nicht ersichtlich; gegebenenfalls hätte dies der Gesetzgeber hier wie auch bei anderen Billigkeitsklauseln bewusst in Kauf genommen. Zudem erfordert die Feststellung dieser Ausnahmetatbestände – wie der vorliegende Fall zeigt – regelmäßig keine überbordenden Finanzermittlungen.
9
Das vorhandene Restvermögen des Angeklagten steht hier ersichtlich in keinem Zusammenhang mit den der gerichtlichen Würdigung unterstellten Straftaten. Der Angeklagte T. hat Teile der vereinnahmten Gelder unverzüglich an die Mitangeklagten weitergeleitet. Auch dass er in gleichartige oder andere Straftaten verwickelt gewesen sein könnte, ist nicht ersichtlich ; er ist strafrechtlich bislang nicht in Erscheinung getreten. Damit war dem Landgericht hinsichtlich des Restbetrags eine Ermessensentscheidung eröffnet. Deren Ergebnis ist zudem in Fällen des § 111i Abs. 2 StPO schon aus Gründen der Ressourcenschonung vom Revisionsgericht bis zur äußersten Grenze der Vertretbarkeit hinzunehmen (vgl. hierzu auch Nack in KK-StPO, 6. Aufl., § 111i Rn. 3, 17). Diese ist hier ersichtlich nicht überschritten.
10
b) Die Anordnung ist auch nicht deshalb rechtsfehlerhaft, weil eine gesamtschuldnerische Haftung – bezogen auf die gesamte vom Angeklagten T. vereinnahmten Summe – hätte angeordnet werden müssen. Der Senat kann dabei offen lassen, ob bei Verfallsanordnungen oder Anordnungen nach § 111i Abs. 2 StPO eine gesamtschuldnerische Haftung ohne die ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung überhaupt in Betracht kommen kann (vgl. Spillecke NStZ 2010, 569). Denn im vorliegenden Fall liegen ihre Voraussetzungen, soweit die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine solche bislang zugelassen hat, nicht vor. Danach kommt eine gesamtschuldnerische Haftung dann in Betracht, wenn die Täter zumindest zu einem bestimmten Zeitpunkt gemeinsam Mitverfügungsmacht über den gesamten Betrag hatten (BGH, Urteil vom 28. Oktober 2010 – 4 StR 215/10, Rn. 21 ff., BGHSt 56, 39; Beschluss vom 8. Dezember 2010 – 2 StR 372/10, Rn. 3, wistra 2011, 113). Dieses Erfordernis war zu keinem Zeitpunkt eingetreten, weil der Angeklagte T. die Beuteanteile an seine Mittäter weitergeleitet hatte.
11
Im vorliegenden Verfahren kommt eine weitere Besonderheit hinzu. Die Staatsanwaltschaft hat die Anordnung nach § 111i Abs. 2 StPO gegen die Mitangeklagten rechtskräftig werden lassen, ohne dass dort eine gesamtschuldnerische Haftung angeordnet gewesen wäre. Würde nunmehr gegen den Angeklagten allein eine gesamtschuldnerische Haftung für den vollen Betrag ausgesprochen, so wäre nicht gewährleistet, dass er auf dieser Grundlage gegen die Mitangeklagten Regress nehmen könnte. Umgekehrt könnte auch eine Erstreckung auf die übrigen Mitangeklagten nach § 357 StPO nicht erfolgen, weil eine solche Erstreckung für sie auch nachteilig wäre , da sie dann über ihren (bislang als Verfallsbetrag ausgeurteilten) Beuteanteil hinaus haften müssten.
12
c) Die Ermessensbetätigung des Landgerichts ist rechtsfehlerfrei. Es durfte dabei die Weggabe der Beuteanteile an die Mittäter des Angeklagten in Abzug bringen. Die Erwägung, dass er die Beute in Form von Giralgeld nur kurzfristig und transitorisch erlangt habe, ist nicht zu beanstanden (vgl. BGH, Beschlüsse vom 10. Januar 2008 – 5 StR 365/07, Rn. 7 ff., NStZ 2008, 565 und vom 27. Oktober 2009 – 5 StR 242/09, StV 2010, 128). Bei der Berechnung des Verfallsbetrages hat das Landgericht in der Summe sämtlicher Anordnungen nach § 111i Abs. 2 StPO den gesamten Betrag abgeschöpft. Der Senat schließt daher aus, dass es im Rahmen seiner Entscheidung grundlegende Prinzipien des Rechts des Verfalls verkannt haben könnte.
13
3. Allerdings führt die Revision der Staatsanwaltschaft, die nach § 301 StPO auch zugunsten des Angeklagten wirkt, insoweit teilweise zur Urteilskorrektur. Der nach § 111i Abs. 2 StPO festgesetzte Betrag ist aus zwei Gründen zu hoch angesetzt. Der Senat reduziert diesen Betrag (gerundet) um 27.981 € auf 74.175 €.
14
a) Das Landgericht hätte die Gutschrift vom 31. Dezember 2006 in Höhe von (dem Angeklagten T. zugerechneten) 1.556 € nicht in Ansatz bringen dürfen. Die Regelung des § 111i StPO gilt nämlich erst für Taten, die nach dem 1. Januar 2007 beendet wurden (BGH, Beschluss vom 23. Oktober 2008 – 1 StR 535/08, NStZ-RR 2009, 56). Für frühere Taten – wie hier diejenige nach II.2. Fall 1 der Urteilsgründe – hat es mit dem Aus- schluss des Verfalls nach § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB sein Bewenden.
15
b) Das Landgericht hat zudem nicht bedacht, dass in den Rechnungen Umsatzsteuer ausgewiesen war. Aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe ist zu entnehmen, dass die ausgewiesene Umsatzsteuer auch tatsächlich abgeführt wurde. Im Übrigen würde der Angeklagte als Empfänger von einer von ihm veranlassten Gutschrift (§ 14 Abs. 2 Satz 2 UStG) mit unrichtigem Umsatzsteuerausweis umsatzsteuerlich haften (§ 14c Abs. 1 Satz 1 UStG). Entsprechende steuerliche Belastungen müssen im Rahmen des Verfalls berücksichtigt werden (BGH, Urteil vom 21. März 2002 – 5 StR 138/01, BGHSt 47, 260; Beschluss vom 18. Februar 2004 – 1StR 296/03, StV 2005, 22). Für Anordnungen nach § 111i Abs. 2 StPO gilt nichts anderes, zumal die Umsatzsteuer für das geschädigte Unternehmen regelmäßig ein durchlaufender Posten sein wird. Dies bedeutet, dass von dem – unter Abzug von a) – ermittelten Rechnungsgesamtbetrag in Hö- he von 165.504 € als Umsatzsteueranteil 19/119 in den Ansatz zu bringen und mithin 26.425 € herauszurechnen sind.
16
c)Weitere Abzüge wegen möglicher anderer Steuern (Körperschaftbzw. Einkommensteuer) sind dagegen nicht veranlasst. Weder ist ersichtlich, dass entsprechende Steuern gezahlt wurden noch dass etwaige steuerliche Veranlagungen bestandskräftig abgeschlossen sind.
17
4. Eine Erstreckung der Korrektur der Verfallsentscheidung auf den Mitangeklagten U. T. (§ 357 StPO) muss dagegen unterbleiben, weil der (zwar identische) Rechtsfehler unterschiedliche Taten betrifft (vgl. MeyerGoßner , StPO, 54. Aufl., § 357 Rn. 13).
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Wer als Verfügungsberechtigter im eigenen oder fremden Namen auftritt, hat die Pflichten eines gesetzlichen Vertreters (§ 34 Abs. 1), soweit er sie rechtlich und tatsächlich erfüllen kann.

(1) Die gesetzlichen Vertreter natürlicher und juristischer Personen und die Geschäftsführer von nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen und Vermögensmassen haben deren steuerliche Pflichten zu erfüllen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Steuern aus den Mitteln entrichtet werden, die sie verwalten.

(2) Soweit nicht rechtsfähige Personenvereinigungen ohne Geschäftsführer sind, haben die Mitglieder oder Gesellschafter die Pflichten im Sinne des Absatzes 1 zu erfüllen. Die Finanzbehörde kann sich an jedes Mitglied oder jeden Gesellschafter halten. Für nicht rechtsfähige Vermögensmassen gelten die Sätze 1 und 2 mit der Maßgabe, dass diejenigen, denen das Vermögen zusteht, die steuerlichen Pflichten zu erfüllen haben.

(3) Steht eine Vermögensverwaltung anderen Personen als den Eigentümern des Vermögens oder deren gesetzlichen Vertretern zu, so haben die Vermögensverwalter die in Absatz 1 bezeichneten Pflichten, soweit ihre Verwaltung reicht.

Tatbestand

1

I. Gegenstand des Rechtsstreits ist ein Haftungsbescheid, den der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) aufgrund § 71 der Abgabenordnung (AO) gegen den Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) nach dessen Verurteilung wegen Hinterziehung von Umsatzsteuer 1999 (Streitjahr) erlassen hat.

2

Im Oktober des Kalenderjahres 1998 erwarb IW auf Veranlassung des Klägers sämtliche Geschäftsanteile an einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), die in I-GmbH umfirmiert wurde.

3

IW, der zu diesem Zeitpunkt arbeitslos war, wurde zum alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer der I-GmbH bestellt. Er übernahm die Geschäftsführerstellung, weil ihm der Kläger hierfür ein monatliches Entgelt versprochen hatte.

4

Die I-GmbH erwarb ab Juli 1999 innergemeinschaftlich elektronische Bauteile (Mikroprozessoren, sog. Central Processing Units --CPUs--) von ausländischen Gesellschaften und veräußerte diese weiter. Hauptabnehmer der I-GmbH war die K-GmbH mit Sitz in T.

5

Die CPUs wurden jeweils aus dem Ausland mit einer Spedition des ausländischen Lieferanten zu einem inländischen Kurierdienst gebracht, von diesem für die I-GmbH in Empfang genommen und zur K-GmbH transportiert.

6

Die Steuerfahndung ging davon aus, die CPUs seien zwischen den ausländischen Lieferanten, der I-GmbH und der K-GmbH im Kreis veräußert worden, so dass dieselbe Ware innerhalb weniger Tage mehrfach transportiert, jeweils im Wareneingang und -ausgang der K-GmbH registriert und wieder ins Ausland gebracht worden sei. Das Landgericht S im Strafverfahren gegen den Kläger und das Finanzgericht (FG) sind dem nur teilweise gefolgt. Sie gingen von tatsächlichen Warenbewegungen aus, ohne Feststellungen zu einem möglichen Warenkreislauf zu treffen.

7

Die I-GmbH veräußerte die CPUs an die K-GmbH jeweils ohne Gewinnaufschlag oder zu unter den Netto-Einkaufspreisen liegenden Entgelten unter Ausweis von Umsatzsteuer.

8

Der Kläger kümmerte sich zusammen mit dem weiteren als Mittäter wegen gemeinschaftlicher Steuerhinterziehung verurteilten P um die organisatorischen Belange der I-GmbH und deren Kontakt zu den ausländischen Lieferanten und der K-GmbH. P fiel nach Absprache mit IW und dem Kläger die Aufgabe zu, in den Geschäftsräumen der Gesellschaft in S Korrespondenz der Gesellschaft entgegenzunehmen und zu bearbeiten.

9

IW vertrat die Gesellschaft als deren Geschäftsführer nach außen. Er eröffnete auf Veranlassung des Klägers und des P bei der C-Bank in B ein Geschäftskonto für die Gesellschaft, stellte sich bei der K-GmbH als deren Geschäftsführer vor und unterzeichnete Korrespondenz im Namen der I-GmbH. Beim FA reichte er einen Fragebogen zur steuerlichen Erfassung der I-GmbH ein, in dem er den Beginn der Tätigkeit mit Januar 1999 angab und Dauerfristverlängerung beantragte.

10

Der Kläger bereitete Rechnungen und Schecks im Namen der I-GmbH vor, die er dann von IW unterschreiben ließ. Er wollte wie auch P durch diese Vorgehensweise erreichen, im Zusammenhang mit der I-GmbH weitestgehend nicht persönlich in Erscheinung zu treten.

11

Im Zeitraum vom 2. August bis 26. November 1999 erteilte die I-GmbH der K-GmbH 101 Rechnungen. Der Brutto-Rechnungsbetrag aus diesen Rechnungen belief sich auf insgesamt 95.313.644,60 DM, die ausgewiesene Umsatzsteuer auf 13.146.709,60 DM. Die I-GmbH gab für das Streitjahr weder Umsatzsteuer-Voranmeldungen noch eine Jahressteuererklärung ab.

12

Auf dem Konto der I-GmbH gingen im Streitjahr 100.199.561,60 DM ein. Hiervon wurden 96.262.104 DM ins Ausland überwiesen.

13

IW hob zwischen dem 16. September und 30. November 1999 jeweils auf Anordnung des Klägers vom Konto der I-GmbH Barbeträge (insgesamt rd. 3,8 Mio. DM) ab. Die abgehobenen Geldbeträge übergab er bis auf eine Ausnahme dem vor dem Bankgebäude im Auto wartenden Kläger.

14

IW und P erhielten aus dem abgehobenen Bargeld Teilbeträge in Höhe von jeweils ca. 300.000 DM; mindestens ebenso viel verblieb beim Kläger.

15

Mit Umsatzsteuerbescheid vom 1. Dezember 2000 setzte das FA gegenüber der I-GmbH Umsatzsteuer 1999 (Streitjahr) in Höhe von 13.718.389 DM unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 AO fest. Es behandelte die in den Rechnungen der I-GmbH ausgewiesenen Steuerbeträge als unberechtigt gemäß § 14 Abs. 3 des Umsatzsteuergesetzes 1999 (UStG), da es sich bei der I-GmbH um einen Scheinunternehmer gehandelt habe, der eine "tatsächliche" unternehmerische Betätigung nur vorgetäuscht und Rechnungen über Scheinlieferungen ausgestellt habe. Der Bescheid wurde an IW als Geschäftsführer der Gesellschaft bekannt gegeben.

16

Die K-GmbH machte in ihren Umsatzsteuer-Voranmeldungen die in den Rechnungen der I-GmbH ausgewiesenen Steuerbeträge als Vorsteuer geltend. Ein hieraus resultierendes Guthaben verrechnete das für die K-GmbH zuständige FA mit deren Steuerverbindlichkeiten. Im September 1999 kam es zur Auszahlung eines Vorsteuerüberhangs an die K-GmbH in Höhe von 58.552,99 DM. Die Umsatzsteuer-Voranmeldungen der K-GmbH für die Voranmeldungszeiträume Oktober und November 1999 wiesen Vorsteuerüberhänge in Höhe von 2.795.156,20 DM und 5.558.818 DM aus, die aber nicht anerkannt wurden.

17

Nach Abschluss der steuerstrafrechtlichen Ermittlungen versagte das zuständige FA der K-GmbH nachträglich den Vorsteuerabzug für die Voranmeldungszeiträume August bis November 1999. Es setzte eine Nachzahlung in Höhe von insgesamt 4.721.963,70 DM fest.

18

Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der K-GmbH erkannte der Insolvenzverwalter den zur Insolvenztabelle angemeldeten Nachzahlungsbetrag in Höhe von 4.721.963,70 DM an. Die Forderung fiel aus.

19

Das Landgericht S verurteilte den Kläger mit Urteil vom 25. Juni 2002 neben IW und P als Mittäter wegen Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO in vier Fällen (für jeden der Voranmeldungszeiträume August bis November 1999) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten. Es sah den Kläger als "faktischen Mitgeschäftsführer" der I-GmbH an. Er sei seiner aus § 35 AO resultierenden Verpflichtung nicht nachgekommen, monatlich Umsatzsteuer-Voranmeldungen für die I-GmbH abzugeben. Das Strafurteil wurde nach erfolgloser Revision zum Bundesgerichtshof (BGH) gegenüber dem Kläger rechtskräftig.

20

Das FA nahm den Kläger mit Haftungsbescheid vom 25. Februar 2003 gemäß § 71 AO in Höhe von insgesamt 6.721.805,86 € (= 13.146.709,56 DM) in Anspruch.

21

Nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhob der Kläger Klage. In der mündlichen Verhandlung vor dem FG erklärte der Vertreter des FA zu Protokoll, er verpflichte sich, einen geänderten Haftungsbescheid mit einer Haftungssumme von nur noch 4.721.963,70 DM (2.414.301,70 €) zu erlassen. Die Beteiligten erklärten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend hinsichtlich der weiter gehenden Haftungssumme in Höhe von 8.424.745,74 DM (4.307.504,10 €) "für erledigt".

22

Das FG gab der Klage weitgehend statt und setzte die Haftungssumme auf 58.552,99 DM herab. Zwar hafte der Kläger als Mittäter einer Steuerhinterziehung. Als Haftungssumme sei jedoch wegen des Schadensersatzcharakters der Haftung in § 71 AO nicht der nicht angemeldete nominale Umsatzsteuerbetrag anzusetzen. Der im Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (jetzt Europäischen Union) --EuGH-- vom 19. September 2000 C-454/98, Schmeink & Cofreth (Slg. 2000, I-6973, BFH/NV 2001 Beilage 1, 33) enthaltene Rechtsgedanke, eine Haftung für unberechtigt in Rechnung gestellte Umsatzsteuer entfalle, wenn die entsprechende Rechnung berichtigt und die aus der Rechnung resultierende Gefährdung des Steueraufkommens beseitigt werde, sei auf die Haftung gemäß § 71 AO sinngemäß zu übertragen. Im Rahmen eines mehrstufigen Umsatzsteuerbetrugs hafte der Rechnungsaussteller nur für die Beträge, die beim Rechnungsempfänger aus den Rechnungen des Rechnungsausstellers als Vorsteuerbeträge anerkannt, ausgezahlt und später nicht zurückerstattet worden seien.

23

Hinsichtlich des zunächst verrechneten Guthabens der K-GmbH, das auf den Vorsteuerbeträgen aus Rechnungen der I-GmbH beruht habe, dann zurückgefordert und ausgefallen sei, stehe nicht fest, ob das Verhalten des Klägers für den Schadenseintritt des Fiskus ursächlich sei. Das FA habe nicht nachweisen können, dass die K-GmbH die später ausgefallene Nachzahlung aufgrund ihrer Vermögenslage zum Zeitpunkt, in dem diese festgesetzt worden sei, noch habe erbringen können.

24

Mit der Revision rügt das FA Verletzung materiellen Rechts. Das FG stelle für die Haftungssumme auf die nicht maßgeblichen tatsächlich und endgültig erlangten Vorsteuerbeträge des Rechnungsempfängers K-GmbH ab. Es sei unzutreffend, dass die Steuerhinterziehung durch den Kläger für den Schadenseintritt des Fiskus nicht ursächlich gewesen sei.

25

Das FA beantragt,

das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen, soweit der Kläger eine Herabsetzung der Haftungssumme unterhalb eines Betrags in Höhe von 4.721.963,70 DM (2.414.301,70 €) begehrt.

26

Der Kläger beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

27

Die bisher getroffenen Feststellungen reichten nicht aus, um ihn, den Kläger, als faktischen Geschäftsführer anzusehen. Im Übrigen beruhten sie nur auf einem Geständnis eines Tatbeteiligten. Er hafte nicht nach § 71 AO. Im Rahmen der Ermessensausübung sei eine Aufteilung der Haftungsschuld erforderlich.

28

Das FA hat bis zur Entscheidung des erkennenden Senats den in der Niederschrift zur mündlichen Verhandlung vor dem FG zugesagten geänderten Haftungsbescheid nicht erlassen.

Entscheidungsgründe

29

II. Die Revision des FA ist begründet. Das Urteil des FG wird aufgehoben und der Haftungsbescheid vom 25. Februar 2003 auf eine Haftungssumme in Höhe von 4.721.963,70 DM (= 2.414.301,70 €) herabgesetzt (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

30

1. Der Revisionsantrag des FA, die Klage unter Aufhebung des FG-Urteils abzuweisen, ist aufgrund der Zusage, einen geänderten Haftungsbescheid zu erlassen, so zu verstehen, dass das FA mit seiner Revision nur noch anstrebt, den streitgegenständlichen Haftungsbescheid vom 25. Februar 2003 entsprechend der Zusage in Höhe der Haftungssumme von 4.721.963,70 DM (2.414.301,70 €) zu bestätigen. Das FG hat --ohne den Antrag des FA im Tatbestand des Urteils anzupassen-- auch nur noch über den eingeschränkten Klageabweisungsantrag des FA entschieden. Der Senat ist an diesen Antrag gemäß § 96 Abs. 1 Satz 2 FGO i.V.m. § 121 FGO gebunden und hat über die Rechtmäßigkeit des Haftungsbescheids nur noch in diesem Umfang zu entscheiden.

31

2. Das FG hat das Verhalten des Klägers, für die Monate August bis November 1999 für die I-GmbH weder Umsatzsteuer-Voranmeldungen abzugeben noch die fälligen Steuerbeträge zu entrichten, zu Recht als vierfache Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO gewürdigt und den Haftungsbescheid gemäß §§ 191 Abs. 1, 71 AO dem Grunde nach als rechtmäßig angesehen.

32

a) Die I-GmbH schuldete die in den Rechnungen ausgewiesene Umsatzsteuer für die von ihr ausgeführten Lieferungen an die K-GmbH nach § 1 Abs. 1 UStG. Es liegen entgegen der Auffassung des FA und des FG keine Rechnungen mit unberechtigtem Steuerausweis gemäß § 14 Abs. 3 Satz 2 UStG vor.

33

aa) Auf der Grundlage der bindenden Feststellungen des FG ist davon auszugehen, dass Lieferungen an die I-GmbH i.S. von § 3 Abs. 1 UStG und von dieser an die K-GmbH vorliegen. Denn die I-GmbH hat als Abnehmerin die erforderliche Verfügungsmacht an den CPUs erlangt, da die von ihr beauftragten Kuriere die Ware vom Spediteur des Verkäufers für sie in Empfang genommen und auf ihre Veranlassung im Rahmen eigenständiger Lieferungen gemäß § 3 Abs. 1 UStG weiter zur K-GmbH transportiert haben. Aufgrund dieser Feststellungen des FG hat der Senat auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die I-GmbH nur zum Schein als reiner "Rechnungsschreiber" in eine unmittelbare Rechtsbeziehung zwischen dem ausländischen Verkäufer und der K-GmbH eingeschaltet gewesen sein könnte (vgl. hierzu Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 12. August 2009 XI R 48/07, BFH/NV 2010, 259, unter II.1.a bb a.E.; BGH-Urteil vom 22. Mai 2003  5 StR 520/02, BFH/NV 2004 Beilage 2, 163, unter II.1.b aa).

34

bb) Die von der I-GmbH ausgeführten Lieferungen, die zum Zweck der Steuerhinterziehung erfolgten, sind der Besteuerung zugrunde zu legen.

35

Der Senat folgt der Rechtsprechung des EuGH, der wiederholt entschieden hat, Lieferungen von Gegenständen seien steuerbare Umsätze, wenn sie die objektiven Kriterien erfüllten, auf denen diese Begriffe beruhten (EuGH-Urteile vom 12. Januar 2006 C-354/03, C-355/03 und C-484/03, Optigen u.a., Slg. 2006, I-483, BFH/NV 2006 Beilage 2, 144 Rdnr. 55; vom 21. Februar 2006 C-255/02, Halifax, Slg. 2006, I-1609, BFH/NV 2006 Beilage 3, 260 Rdnrn. 55 bis 58).

36

Soweit der EuGH davon ausgeht, dass die objektiven Kriterien einer Lieferung im Fall einer Steuerhinterziehung nicht vorliegen (vgl. EuGH-Urteile vom 6. Juli 2006 C-439/04 und 440/04, Axel Kittel u.a., Slg. 2006, I-6161, BFH/NV 2006 Beilage 4, 454 Rdnr. 44, Umsatzsteuer-Rundschau --UR-- 2006, 594; Halifax in Slg. 2006, I-1609, BFH/NV 2006 Beilage 3, 260, unter Rdnr. 59), handelt es sich um einen eigenständigen Vorsteuerversagungsgrund (vgl. die Senatsentscheidung vom 19. April 2007 V R 48/04, BFHE 217, 194, BStBl II 2009, 315; BFH-Urteil vom 10. Dezember 2008 XI R 57/06, BFH/NV 2009, 1156). Für die Besteuerung von Ausgangsumsätzen ist dies aber ohne Bedeutung. Die vom Steuerhinterzieher ausgeführte Lieferung ist bei diesem steuerbar und steuerpflichtig. Davon zu unterscheiden ist die im Streitfall, der Lieferungen im Inland betrifft, nicht zu entscheidende Frage, ob bei Mitwirkung an einer Steuerhinterziehung im Anschluss an eine innergemeinschaftliche Lieferung dem Lieferer die Steuerbefreiung nach § 6a UStG zu versagen ist (vgl. BGH-Beschluss vom 7. Juli 2009  1 StR 41/09, UR 2009, 732).

37

cc) Die Steuer für Lieferungen entsteht gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 1 UStG mit Ablauf der jeweiligen Voranmeldungszeiträume. Die hieraus resultierenden Steuerbeträge sind gemäß § 18 Abs. 1 Satz 1 UStG voranzumelden. Das FG hat insoweit gemäß § 118 Abs. 2 FGO für den Senat bindend festgestellt, dass Voranmeldungszeitraum der Kalendermonat (§ 18 Abs. 2 Satz 2 UStG) war.

38

b) Der Senat folgt dem FG darin, dass der Kläger als faktischer Geschäftsführer und Verfügungsberechtigter der I-GmbH gemäß § 35 AO i.V.m. § 34 Abs. 1 AO seiner rechtlichen Verpflichtung vorsätzlich nicht nachgekommen ist, namens der Gesellschaft Voranmeldungen für die Monate August bis November 1999 abzugeben und die fälligen Steuerbeträge zu entrichten. Er hat daher für jeden der Voranmeldungszeiträume eine Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO begangen.

39

aa) Im Bereich des Sonderdelikts aus § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO kann in Bezug auf die Hinterziehung von Umsatzsteuern Täter nur sein, wer die rechtliche Erklärungspflicht für die Voranmeldungen und die Jahreserklärungen zu erfüllen hat (vgl. BGH-Urteil in BFH/NV 2004 Beilage 2, 163, sowie z.B. Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 370 AO Rz 1403; Joecks in Franzen/Gast/ Joecks, Steuerstrafrecht, 7. Aufl., § 370 Rz 155). Zu den Erklärungsverpflichteten gehört unter anderem auch der Verfügungsberechtigte i.S. des § 35 AO (BFH-Entscheidungen vom 16. März 1995 VII R 38/94, BFHE 177, 209, BStBl II 1995, 859; vom 7. April 1992 VII R 104/90, BFH/NV 1993, 213; aus steuerstrafrechtlicher Sicht BGH-Entscheidungen vom 8. November 1989  3 StR 249/89, Zeitschrift für Wirtschaft, Steuer, Strafrecht --wistra-- 1990, 97; vom 17. Februar 1998  5 StR 624/97, wistra 1998, 225; Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 370 AO Rz 118.1 und 118.3).

40

bb) Der Kläger war als faktischer Geschäftsführer und Verfügungsberechtigter gemäß § 35 AO erklärungspflichtig.

41

Verfügungsberechtigter i.S. des § 35 AO ist nach der ständigen Rechtsprechung des BFH jeder, der nach dem Gesamtbild der Verhältnisse rechtlich und wirtschaftlich über Mittel, die einem anderen zuzurechnen sind, verfügen kann und als solcher nach außen auftritt (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Entscheidungen vom 10. Mai 1989 I R 121/85, BFH/NV 1990, 7; vom 27. November 1990 VII R 20/89, BFHE 163, 106, BStBl II 1991, 284; vom 24. April 1991 I R 56/89, BFH/NV 1992, 76; in BFH/NV 1993, 213; vom 19. Mai 2009 VII B 207/08, nicht veröffentlicht --n.v.--). Eine rechtliche Verfügungsmacht besteht danach, wenn der Verfügungsberechtigte die Pflichten des gesetzlichen Vertreters --mittelbar-- durch die Bestellung der entsprechenden Organe erfüllen lassen kann (s. Boeker in Hübschmann/Hepp/ Spitaler, § 35 AO Rz 10, 14; Jatzke in Beermann/Gosch, AO § 35 Rz 10, 11, 19). Der "Auftritt nach außen" liegt vor, wenn der faktische Geschäftsführer sich gegenüber einer begrenzten Öffentlichkeit als solcher geriert, das Auftreten gegenüber der allgemeinen Öffentlichkeit aber weisungsabhängigen Personen überlässt (BFH-Urteil in BFH/NV 1992, 76; vgl. auch Urteil des FG Baden-Württemberg vom 25. Juni 2008  12 K 407/04, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2008, 1434).

42

Das FG ist auf dieser Grundlage in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise zu dem Schluss gekommen, dass der Kläger faktischer Geschäftsführer der I-GmbH war. Er beherrschte die Abläufe und steuerte, wann und in welcher Höhe CPUs bestellt, an die K-GmbH weiterveräußert und in Rechnung gestellt wurden, dirigierte mit P, wann und in welcher Höhe Bargeld durch IW vom Geschäftskonto der Gesellschaft abzuheben war und welche Informationen IW an das FA geben sollte. Er verteilte das abgehobene Bargeld und behielt den "Restgewinn" nach Abzug der Beträge für IW und P zurück sowie in mindestens derselben Höhe wie die Beträge für IW und P für sich. Das FG hat zu Recht auch das Merkmal des "Auftritts nach außen" als erfüllt angesehen. Zwar hat der Kläger im Außenverhältnis gezielt den im Handelsregister eingetragenen Geschäftsführer IW vorgeschoben. Er trat nach den Feststellungen des FG jedoch vereinzelt für die I-GmbH nach außen auf und übte im Übrigen seine Leitungsmacht im Innenverhältnis gegenüber IW und P umfassend aus.

43

Zutreffend geht das FG nach den vorstehenden Feststellungen weiter davon aus, der Kläger habe seine Verpflichtung, für die I-GmbH Umsatzsteuer-Voranmeldungen für die Monate August bis November 1999 abzugeben und die fälligen Steuerbeträge zu entrichten, jedenfalls mittelbar über IW und P tatsächlich erfüllen können, dies aber nicht getan.

44

Soweit der Kläger hiergegen einwendet, dass die vom FG getroffenen Feststellungen für die Annahme einer Verfügungsberechtigung i.S. von § 35 AO nicht ausreichten, berücksichtigt er weder, dass es genügt, wenn der faktische Geschäftsführer sich gegenüber einer begrenzten Öffentlichkeit als solcher geriert und das Auftreten gegenüber der allgemeinen Öffentlichkeit weisungsabhängigen Personen überlässt (BFH-Urteil in BFH/NV 1992, 76) noch, dass der Senat an die Feststellung des FG, die nicht mit begründeten Revisionsrügen angegriffen wurden, nach § 118 Abs. 2 AO gebunden ist.

45

cc) Der Kläger hat auch vorsätzlich gehandelt, da er nach den Feststellungen des FG von Anfang an geplant hat, weder Voranmeldungen noch eine Jahreserklärung abzugeben.

46

c) Unerheblich ist, dass der Kläger auch seine Erklärungspflicht in Bezug auf die Umsatzsteuerjahreserklärung für die I-GmbH verletzt und dass das FA einen Umsatzsteuerjahresbescheid 1999 erlassen hat.

47

aa) Eine Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO wegen nicht abgegebener Umsatzsteuer-Voranmeldungen ist vollendet, wenn eine Steueranmeldung --hier die einzelnen Umsatzsteuer-Voranmeldungen für die Monate August bis November 1999-- zum gesetzlich vorgegebenen Termin ausbleibt (ständige Rechtsprechung des BGH, vgl. Entscheidungen vom 11. Dezember 1990 5 StR 519/90, wistra 1991, 215; grundlegend vom 17. März 2009  1 StR 627/08, BGHSt 53, 221; vom 2. Dezember 2008  1 StR 344/08, wistra 2009, 189). Die nicht angemeldeten nominalen Steuerbeträge sind "auf Dauer" verkürzt, wenn der Täter --wie hier der Kläger-- von vornherein weder Voranmeldungen noch die Jahreserklärung abgeben will (BGH-Urteile vom 21. Januar 1998  5 StR 686/97, wistra 1998, 146; in wistra 1998, 225; vom 20. April 1999  5 StR 54/99, wistra 1999, 298). Hinterziehungstaten wegen der Verletzung der Pflicht zur rechtzeitigen Abgabe von Umsatzsteuer-Voranmeldungen und von Umsatzsteuerjahreserklärungen stehen ferner auch dann im Verhältnis der Tatmehrheit zueinander, wenn sie dasselbe Kalenderjahr betreffen (vgl. z.B. BGH-Urteil in BGHSt 53, 221).

48

bb) Die Festsetzung der Umsatzsteuer für das Streitjahr durch den Jahressteuerbescheid 1999 vom 1. Dezember 2000 vor Erlass des Haftungsbescheids stellt die Rechtmäßigkeit des Haftungsbescheids vom 25. Februar 2003 ebenfalls nicht in Frage. Wird die Erstschuld durch Jahresbescheid festgesetzt, kann trotzdem ein Haftungsbescheid ergehen (vgl. BFH-Urteil vom 12. Oktober 1999 VII R 98/98, BFHE 190, 25, BStBl II 2000, 486).

49

cc) Anhaltspunkte dafür, dass die gemäß § 102 FGO vom Senat nur eingeschränkt überprüfbare Entscheidung, den Kläger in Haftung zu nehmen, nicht ermessensgerecht sein könnte, bestehen nicht. Im Hinblick auf die in der mündlichen Verhandlung vor dem FG zugesagte Herabsetzung des Haftungsbetrages kommt es auf die vom Kläger aufgeworfene Frage einer Aufteilung der Haftung im Rahmen der gebotenen Ermessensausübung (§§ 191, 5 AO) nicht mehr an.

50

3. Das Urteil des FG ist aber gleichwohl materiell-rechtlich fehlerhaft. Es verletzt die zu § 71 AO maßgeblichen Rechtsgrundsätze zur Ermittlung des Vermögensschadens und ist deshalb aufzuheben. Das FG stellt für den Vermögensschaden zu Unrecht auf den Vorsteuerabzug der K-GmbH ab. Maßgeblich sind demgegenüber die nicht angemeldeten Steuerbeträge der I-GmbH. Soweit es zwar von einem Vermögensschaden ausgeht, die Steuerhinterziehung des Klägers für den Schadenseintritt jedoch nicht als ursächlich ansieht, ist dem nicht zu folgen.

51

a) Die Haftungssumme gemäß § 71 AO bestimmt sich grundsätzlich nach den verkürzten nominalen Steuerbeträgen (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 11. Februar 2002 VII B 323/00, BFH/NV 2002, 891; Senatsbeschluss vom 6. November 2006 V B 117/05, BFH/NV 2007, 508). Beschränkt wird die Haftung des Steuerhinterziehers gemäß § 71 AO jedoch auf den Vermögensschaden des Fiskus, der durch die Tat verursacht und vom Vorsatz des Täters umfasst ist (vgl. BFH-Urteile vom 13. Juli 1994 I R 112/93, BFHE 175, 489, BStBl II 1995, 198, und vom 6. März 2001 VII R 17/00, BFH/NV 2001, 1100).

52

b) Für die Höhe des Vermögensschadens aufgrund der Steuerhinterziehung ist im Streitfall nicht auf den "Vorsteuerschaden" auf Ebene der K-GmbH, sondern auf den nicht angemeldeten nominalen Steuerbetrag in Höhe von 6.721.805,86 € (13.146.709,56 DM) abzustellen.

53

aa) Wie unter II.2.a ausgeführt, liegen im Streitfall entgegen der Auffassung des FA und des FG steuerbare und steuerpflichtige Lieferungen der I-GmbH vor. Das FG hat seine Auffassung, der Vermögensschaden des Fiskus aus der Hinterziehung des Täters richte sich nach der Höhe der "verlorenen Vorsteuerbeträge" der K-GmbH, daher zu Unrecht darauf gestützt, die I-GmbH habe in ihren Rechnungen Steuerbeträge gemäß § 14 Abs. 3 UStG unberechtigt ausgewiesen, die sie nach den Vorgaben des EuGH-Urteils Schmeink & Cofreth in Slg. 2000, I-6973, BFH/NV 2001 Beilage 1, 33 und der anknüpfenden Rechtsprechung (vgl. z.B. Senatsentscheidungen vom 22. Februar 2001 V R 5/99, BFHE 194, 506, BStBl II 2004, 143; vom 8. März 2001 V R 61/97, BFHE 194, 517, BStBl II 2004, 373; vom 17. Mai 2001 V R 77/99, BFHE 194, 552, BStBl II 2004, 370; vom 25. April 2002 V B 73/01, BFHE 198, 71, BStBl II 2004, 343) habe berichtigen können. Dies kann wegen des Vorliegens steuerbarer und steuerpflichtiger Lieferungen im Streitfall schon dem Grunde nach nicht durchgreifen. Die I-GmbH schuldete die Umsatzsteuer für die von ihr ausgeführten Lieferungen endgültig.

54

bb) Selbst wenn die Auffassung des FG zuträfe und von unberechtigt ausgewiesenen Steuerbeträgen i.S. des § 14 Abs. 3 UStG auszugehen wäre, für die die Steuer mit Ausgabe der Rechnung (§ 13 Abs. 1 Nr. 4 UStG) entstanden wäre, würde sich im Streitfall der Vermögensschaden des Fiskus nach den nicht angemeldeten nominalen Steuerbeträgen richten. Die hieraus resultierenden Steuerbeträge hätte die I-GmbH als Unternehmerin im Streitjahr gemäß § 18 Abs. 1 Satz 1 UStG anmelden müssen.

55

Die vom FG als maßgeblich erachtete Berichtigungsmöglichkeit der Steuerschuldnerin I-GmbH, die das FG zugunsten des Klägers als Haftungsschuldner anwenden will, hätte im Übrigen nach der unter II.3.b aa zitierten Senatsrechtsprechung für die an die K-GmbH ausgestellten Rechnungen nicht bestanden. Die Gefährdung des Steueraufkommens wurde von der I-GmbH nicht beseitigt. Weder hat die K-GmbH vor dem Vorsteuerabzug Rechnungen an die I-GmbH zurückgegeben oder die I-GmbH diese storniert, noch ist die in den Rechnungen ausgewiesene Umsatzsteuer gezahlt oder die von der K-GmbH abgezogene Vorsteuer zurückgeführt worden. Entgegen der Auffassung des FG gilt dies auch für die Rechnungen, aus denen das FA der K-GmbH Vorsteuerbeträge von vornherein nicht anerkannt hat (2.795.156,20 DM und 5.558.818 DM). Die Gefährdung des Steueraufkommens besteht dann, solange diese Ausgangsrechnungen nicht storniert oder zurückgegeben werden.

56

c) Soweit das FG für die noch streitige Haftungssumme in Höhe von 4.721.963,70 DM (2.414.301,70 €) --die obere Grenze der Haftungssumme im zugesagten geänderten Haftungsbescheid-- einen Vermögensschaden des Fiskus bejaht, aber einen ursächlichen Zusammenhang zwischen der Steuerhinterziehung durch den Kläger und dem Schadenseintritt verneint, hält das Urteil einer Prüfung nicht stand.

57

aa) Die Haftung gemäß § 71 AO entfällt, wenn derselbe Vermögensschaden für den Fiskus auch bei steuerehrlichem Verhalten eingetreten wäre (vgl. Jatzke in Beermann/Gosch, a.a.O., § 71 Rz 15). Die Haftung ist im Fall der Nichtabgabe von Umsatzsteuer-Voranmeldungen und Nichtentrichtung fälliger Steuerbeträge auf den Betrag begrenzt, der bei rechtzeitiger Abgabe und Zahlung unter gleichmäßiger Befriedigung aller Gläubiger hätte getilgt werden können (BFH-Beschlüsse vom 27. März 2006 VII B 117/05, BFH/NV 2006, 1254; vom 22. Oktober 2009 V B 108/08, BFH/NV 2010, 170).

58

bb) Maßgeblich ist demnach im Streitfall, ob die I-GmbH in der Lage war, die aufgrund der ausgeführten Lieferungen an die K-GmbH geschuldeten Steuerbeträge rechtzeitig anzumelden und zu entrichten. Nach den Feststellungen des FG zu den Zahlungseingängen und Mittelabflüssen bestehen keine Zweifel für den Senat, dass die K-GmbH an die I-GmbH sämtliche in Rechnung gestellten Steuerbeträge bezahlt hat. Diese verfügte somit über genügend Mittel, um die anzumeldenden Steuerbeträge rechtzeitig entrichten zu können. Das FG wählt für die Kausalitätsprüfung demgegenüber einen unzutreffenden Ausgangspunkt. Es hat, seinem rechtsfehlerhaften Ansatz zur Ermittlung des Vermögensschadens folgend, geprüft, ob die Steuerhinterziehung durch den Kläger für die ausgefallene Nachforderung des Fiskus gegenüber der K-GmbH ursächlich war.

59

cc) Unbeachtlich ist, dass die I-GmbH auf Grundlage der Netto-Einkaufspreise einen Verlust erwirtschaftet sowie aus den An- und Verkäufen der CPUs einen "Gewinn" von rund 3,8 Mio. DM erzielt hat, der unterhalb der noch streitigen Haftungssumme liegt.

60

Der Senat folgt nicht der Auffassung des FG Baden-Württemberg in EFG 2008, 1434, wonach das strafbare Unterlassen des Täters, die gebotenen Umsatzsteuer-Voranmeldungen nicht abgegeben und die fälligen Steuerbeträge nicht rechtzeitig entrichtet zu haben, nicht ursächlich für den Steuerschaden des Fiskus --in Höhe der nicht angemeldeten Nominalbeträge-- sei, wenn der "Rechnungsaussteller" und Zwischenhändler --hier die I-GmbH-- nicht über ausreichende Zahlungsmittel verfüge, weil er empfangene Zahlungsmittel umgehend für neue An- und Verkaufsgeschäfte innerhalb des Karussells genutzt habe.

61

Die vom Kläger gemeinsam mit P und IW schuldhaft herbeigeführte Zahlungsunfähigkeit der I-GmbH kann weder den Kausalzusammenhang zwischen der Unterlassungstat und dem Schadenseintritt des Fiskus ausschließen, noch ist zu prüfen, ob die Haftungssumme nach den Grundsätzen der anteiligen Tilgung zu mindern sein könnte (vgl. zur schuldhaften Verschlechterung der Liquiditätslage einer Gesellschaft durch den haftenden Gesellschafter die BFH-Entscheidungen vom 5. März 1991 VII R 93/88, BFHE 164, 203, BStBl II 1991, 678; vom 26. August 1992 VII R 50/91, BFHE 169, 13, BStBl II 1993, 8; in BFH/NV 2002, 891).

62

4. Die Sache ist spruchreif. Der angefochtene Haftungsbescheid ist, soweit der Senat noch über ihn zu entscheiden hat, rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Der Bescheid wird geändert und die Haftungssumme auf den durch das FA zugesagten Betrag von 4.721.963,70 DM (2.414.301,70 €) herabgesetzt. Der in der mündlichen Verhandlung vor dem FG vom FA zugesagte Änderungsbescheid braucht nicht mehr zu ergehen.

63

5. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 135 Abs. 1, 136 Abs. 1 FGO. Die Kosten des Rechtsstreits sind wegen der zwischenzeitlichen teilweisen Erledigung des Rechtsstreits nach Zeitabschnitten zu verteilen (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 136 Rz 3).

Wer als Verfügungsberechtigter im eigenen oder fremden Namen auftritt, hat die Pflichten eines gesetzlichen Vertreters (§ 34 Abs. 1), soweit er sie rechtlich und tatsächlich erfüllen kann.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
2.
die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder
3.
pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt
und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) missbraucht,
3.
die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht,
4.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
5.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt oder
6.
eine Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(4) Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Steuervorteile sind auch Steuervergütungen; nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, soweit sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden. Die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 sind auch dann erfüllt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können.

(5) Die Tat kann auch hinsichtlich solcher Waren begangen werden, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch dann, wenn sich die Tat auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden oder die einem Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation oder einem mit dieser assoziierten Staat zustehen. Das Gleiche gilt, wenn sich die Tat auf Umsatzsteuern oder auf die in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. L 9 vom 14.1.2009, S. 12) genannten harmonisierten Verbrauchsteuern bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden.

(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten unabhängig von dem Recht des Tatortes auch für Taten, die außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes begangen werden.

Wer als Verfügungsberechtigter im eigenen oder fremden Namen auftritt, hat die Pflichten eines gesetzlichen Vertreters (§ 34 Abs. 1), soweit er sie rechtlich und tatsächlich erfüllen kann.

Tatbestand

1

I. Gegenstand des Rechtsstreits ist ein Haftungsbescheid, den der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) aufgrund § 71 der Abgabenordnung (AO) gegen den Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) nach dessen Verurteilung wegen Hinterziehung von Umsatzsteuer 1999 (Streitjahr) erlassen hat.

2

Im Oktober des Kalenderjahres 1998 erwarb IW auf Veranlassung des Klägers sämtliche Geschäftsanteile an einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), die in I-GmbH umfirmiert wurde.

3

IW, der zu diesem Zeitpunkt arbeitslos war, wurde zum alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer der I-GmbH bestellt. Er übernahm die Geschäftsführerstellung, weil ihm der Kläger hierfür ein monatliches Entgelt versprochen hatte.

4

Die I-GmbH erwarb ab Juli 1999 innergemeinschaftlich elektronische Bauteile (Mikroprozessoren, sog. Central Processing Units --CPUs--) von ausländischen Gesellschaften und veräußerte diese weiter. Hauptabnehmer der I-GmbH war die K-GmbH mit Sitz in T.

5

Die CPUs wurden jeweils aus dem Ausland mit einer Spedition des ausländischen Lieferanten zu einem inländischen Kurierdienst gebracht, von diesem für die I-GmbH in Empfang genommen und zur K-GmbH transportiert.

6

Die Steuerfahndung ging davon aus, die CPUs seien zwischen den ausländischen Lieferanten, der I-GmbH und der K-GmbH im Kreis veräußert worden, so dass dieselbe Ware innerhalb weniger Tage mehrfach transportiert, jeweils im Wareneingang und -ausgang der K-GmbH registriert und wieder ins Ausland gebracht worden sei. Das Landgericht S im Strafverfahren gegen den Kläger und das Finanzgericht (FG) sind dem nur teilweise gefolgt. Sie gingen von tatsächlichen Warenbewegungen aus, ohne Feststellungen zu einem möglichen Warenkreislauf zu treffen.

7

Die I-GmbH veräußerte die CPUs an die K-GmbH jeweils ohne Gewinnaufschlag oder zu unter den Netto-Einkaufspreisen liegenden Entgelten unter Ausweis von Umsatzsteuer.

8

Der Kläger kümmerte sich zusammen mit dem weiteren als Mittäter wegen gemeinschaftlicher Steuerhinterziehung verurteilten P um die organisatorischen Belange der I-GmbH und deren Kontakt zu den ausländischen Lieferanten und der K-GmbH. P fiel nach Absprache mit IW und dem Kläger die Aufgabe zu, in den Geschäftsräumen der Gesellschaft in S Korrespondenz der Gesellschaft entgegenzunehmen und zu bearbeiten.

9

IW vertrat die Gesellschaft als deren Geschäftsführer nach außen. Er eröffnete auf Veranlassung des Klägers und des P bei der C-Bank in B ein Geschäftskonto für die Gesellschaft, stellte sich bei der K-GmbH als deren Geschäftsführer vor und unterzeichnete Korrespondenz im Namen der I-GmbH. Beim FA reichte er einen Fragebogen zur steuerlichen Erfassung der I-GmbH ein, in dem er den Beginn der Tätigkeit mit Januar 1999 angab und Dauerfristverlängerung beantragte.

10

Der Kläger bereitete Rechnungen und Schecks im Namen der I-GmbH vor, die er dann von IW unterschreiben ließ. Er wollte wie auch P durch diese Vorgehensweise erreichen, im Zusammenhang mit der I-GmbH weitestgehend nicht persönlich in Erscheinung zu treten.

11

Im Zeitraum vom 2. August bis 26. November 1999 erteilte die I-GmbH der K-GmbH 101 Rechnungen. Der Brutto-Rechnungsbetrag aus diesen Rechnungen belief sich auf insgesamt 95.313.644,60 DM, die ausgewiesene Umsatzsteuer auf 13.146.709,60 DM. Die I-GmbH gab für das Streitjahr weder Umsatzsteuer-Voranmeldungen noch eine Jahressteuererklärung ab.

12

Auf dem Konto der I-GmbH gingen im Streitjahr 100.199.561,60 DM ein. Hiervon wurden 96.262.104 DM ins Ausland überwiesen.

13

IW hob zwischen dem 16. September und 30. November 1999 jeweils auf Anordnung des Klägers vom Konto der I-GmbH Barbeträge (insgesamt rd. 3,8 Mio. DM) ab. Die abgehobenen Geldbeträge übergab er bis auf eine Ausnahme dem vor dem Bankgebäude im Auto wartenden Kläger.

14

IW und P erhielten aus dem abgehobenen Bargeld Teilbeträge in Höhe von jeweils ca. 300.000 DM; mindestens ebenso viel verblieb beim Kläger.

15

Mit Umsatzsteuerbescheid vom 1. Dezember 2000 setzte das FA gegenüber der I-GmbH Umsatzsteuer 1999 (Streitjahr) in Höhe von 13.718.389 DM unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 AO fest. Es behandelte die in den Rechnungen der I-GmbH ausgewiesenen Steuerbeträge als unberechtigt gemäß § 14 Abs. 3 des Umsatzsteuergesetzes 1999 (UStG), da es sich bei der I-GmbH um einen Scheinunternehmer gehandelt habe, der eine "tatsächliche" unternehmerische Betätigung nur vorgetäuscht und Rechnungen über Scheinlieferungen ausgestellt habe. Der Bescheid wurde an IW als Geschäftsführer der Gesellschaft bekannt gegeben.

16

Die K-GmbH machte in ihren Umsatzsteuer-Voranmeldungen die in den Rechnungen der I-GmbH ausgewiesenen Steuerbeträge als Vorsteuer geltend. Ein hieraus resultierendes Guthaben verrechnete das für die K-GmbH zuständige FA mit deren Steuerverbindlichkeiten. Im September 1999 kam es zur Auszahlung eines Vorsteuerüberhangs an die K-GmbH in Höhe von 58.552,99 DM. Die Umsatzsteuer-Voranmeldungen der K-GmbH für die Voranmeldungszeiträume Oktober und November 1999 wiesen Vorsteuerüberhänge in Höhe von 2.795.156,20 DM und 5.558.818 DM aus, die aber nicht anerkannt wurden.

17

Nach Abschluss der steuerstrafrechtlichen Ermittlungen versagte das zuständige FA der K-GmbH nachträglich den Vorsteuerabzug für die Voranmeldungszeiträume August bis November 1999. Es setzte eine Nachzahlung in Höhe von insgesamt 4.721.963,70 DM fest.

18

Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der K-GmbH erkannte der Insolvenzverwalter den zur Insolvenztabelle angemeldeten Nachzahlungsbetrag in Höhe von 4.721.963,70 DM an. Die Forderung fiel aus.

19

Das Landgericht S verurteilte den Kläger mit Urteil vom 25. Juni 2002 neben IW und P als Mittäter wegen Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO in vier Fällen (für jeden der Voranmeldungszeiträume August bis November 1999) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten. Es sah den Kläger als "faktischen Mitgeschäftsführer" der I-GmbH an. Er sei seiner aus § 35 AO resultierenden Verpflichtung nicht nachgekommen, monatlich Umsatzsteuer-Voranmeldungen für die I-GmbH abzugeben. Das Strafurteil wurde nach erfolgloser Revision zum Bundesgerichtshof (BGH) gegenüber dem Kläger rechtskräftig.

20

Das FA nahm den Kläger mit Haftungsbescheid vom 25. Februar 2003 gemäß § 71 AO in Höhe von insgesamt 6.721.805,86 € (= 13.146.709,56 DM) in Anspruch.

21

Nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhob der Kläger Klage. In der mündlichen Verhandlung vor dem FG erklärte der Vertreter des FA zu Protokoll, er verpflichte sich, einen geänderten Haftungsbescheid mit einer Haftungssumme von nur noch 4.721.963,70 DM (2.414.301,70 €) zu erlassen. Die Beteiligten erklärten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend hinsichtlich der weiter gehenden Haftungssumme in Höhe von 8.424.745,74 DM (4.307.504,10 €) "für erledigt".

22

Das FG gab der Klage weitgehend statt und setzte die Haftungssumme auf 58.552,99 DM herab. Zwar hafte der Kläger als Mittäter einer Steuerhinterziehung. Als Haftungssumme sei jedoch wegen des Schadensersatzcharakters der Haftung in § 71 AO nicht der nicht angemeldete nominale Umsatzsteuerbetrag anzusetzen. Der im Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (jetzt Europäischen Union) --EuGH-- vom 19. September 2000 C-454/98, Schmeink & Cofreth (Slg. 2000, I-6973, BFH/NV 2001 Beilage 1, 33) enthaltene Rechtsgedanke, eine Haftung für unberechtigt in Rechnung gestellte Umsatzsteuer entfalle, wenn die entsprechende Rechnung berichtigt und die aus der Rechnung resultierende Gefährdung des Steueraufkommens beseitigt werde, sei auf die Haftung gemäß § 71 AO sinngemäß zu übertragen. Im Rahmen eines mehrstufigen Umsatzsteuerbetrugs hafte der Rechnungsaussteller nur für die Beträge, die beim Rechnungsempfänger aus den Rechnungen des Rechnungsausstellers als Vorsteuerbeträge anerkannt, ausgezahlt und später nicht zurückerstattet worden seien.

23

Hinsichtlich des zunächst verrechneten Guthabens der K-GmbH, das auf den Vorsteuerbeträgen aus Rechnungen der I-GmbH beruht habe, dann zurückgefordert und ausgefallen sei, stehe nicht fest, ob das Verhalten des Klägers für den Schadenseintritt des Fiskus ursächlich sei. Das FA habe nicht nachweisen können, dass die K-GmbH die später ausgefallene Nachzahlung aufgrund ihrer Vermögenslage zum Zeitpunkt, in dem diese festgesetzt worden sei, noch habe erbringen können.

24

Mit der Revision rügt das FA Verletzung materiellen Rechts. Das FG stelle für die Haftungssumme auf die nicht maßgeblichen tatsächlich und endgültig erlangten Vorsteuerbeträge des Rechnungsempfängers K-GmbH ab. Es sei unzutreffend, dass die Steuerhinterziehung durch den Kläger für den Schadenseintritt des Fiskus nicht ursächlich gewesen sei.

25

Das FA beantragt,

das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen, soweit der Kläger eine Herabsetzung der Haftungssumme unterhalb eines Betrags in Höhe von 4.721.963,70 DM (2.414.301,70 €) begehrt.

26

Der Kläger beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

27

Die bisher getroffenen Feststellungen reichten nicht aus, um ihn, den Kläger, als faktischen Geschäftsführer anzusehen. Im Übrigen beruhten sie nur auf einem Geständnis eines Tatbeteiligten. Er hafte nicht nach § 71 AO. Im Rahmen der Ermessensausübung sei eine Aufteilung der Haftungsschuld erforderlich.

28

Das FA hat bis zur Entscheidung des erkennenden Senats den in der Niederschrift zur mündlichen Verhandlung vor dem FG zugesagten geänderten Haftungsbescheid nicht erlassen.

Entscheidungsgründe

29

II. Die Revision des FA ist begründet. Das Urteil des FG wird aufgehoben und der Haftungsbescheid vom 25. Februar 2003 auf eine Haftungssumme in Höhe von 4.721.963,70 DM (= 2.414.301,70 €) herabgesetzt (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

30

1. Der Revisionsantrag des FA, die Klage unter Aufhebung des FG-Urteils abzuweisen, ist aufgrund der Zusage, einen geänderten Haftungsbescheid zu erlassen, so zu verstehen, dass das FA mit seiner Revision nur noch anstrebt, den streitgegenständlichen Haftungsbescheid vom 25. Februar 2003 entsprechend der Zusage in Höhe der Haftungssumme von 4.721.963,70 DM (2.414.301,70 €) zu bestätigen. Das FG hat --ohne den Antrag des FA im Tatbestand des Urteils anzupassen-- auch nur noch über den eingeschränkten Klageabweisungsantrag des FA entschieden. Der Senat ist an diesen Antrag gemäß § 96 Abs. 1 Satz 2 FGO i.V.m. § 121 FGO gebunden und hat über die Rechtmäßigkeit des Haftungsbescheids nur noch in diesem Umfang zu entscheiden.

31

2. Das FG hat das Verhalten des Klägers, für die Monate August bis November 1999 für die I-GmbH weder Umsatzsteuer-Voranmeldungen abzugeben noch die fälligen Steuerbeträge zu entrichten, zu Recht als vierfache Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO gewürdigt und den Haftungsbescheid gemäß §§ 191 Abs. 1, 71 AO dem Grunde nach als rechtmäßig angesehen.

32

a) Die I-GmbH schuldete die in den Rechnungen ausgewiesene Umsatzsteuer für die von ihr ausgeführten Lieferungen an die K-GmbH nach § 1 Abs. 1 UStG. Es liegen entgegen der Auffassung des FA und des FG keine Rechnungen mit unberechtigtem Steuerausweis gemäß § 14 Abs. 3 Satz 2 UStG vor.

33

aa) Auf der Grundlage der bindenden Feststellungen des FG ist davon auszugehen, dass Lieferungen an die I-GmbH i.S. von § 3 Abs. 1 UStG und von dieser an die K-GmbH vorliegen. Denn die I-GmbH hat als Abnehmerin die erforderliche Verfügungsmacht an den CPUs erlangt, da die von ihr beauftragten Kuriere die Ware vom Spediteur des Verkäufers für sie in Empfang genommen und auf ihre Veranlassung im Rahmen eigenständiger Lieferungen gemäß § 3 Abs. 1 UStG weiter zur K-GmbH transportiert haben. Aufgrund dieser Feststellungen des FG hat der Senat auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die I-GmbH nur zum Schein als reiner "Rechnungsschreiber" in eine unmittelbare Rechtsbeziehung zwischen dem ausländischen Verkäufer und der K-GmbH eingeschaltet gewesen sein könnte (vgl. hierzu Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 12. August 2009 XI R 48/07, BFH/NV 2010, 259, unter II.1.a bb a.E.; BGH-Urteil vom 22. Mai 2003  5 StR 520/02, BFH/NV 2004 Beilage 2, 163, unter II.1.b aa).

34

bb) Die von der I-GmbH ausgeführten Lieferungen, die zum Zweck der Steuerhinterziehung erfolgten, sind der Besteuerung zugrunde zu legen.

35

Der Senat folgt der Rechtsprechung des EuGH, der wiederholt entschieden hat, Lieferungen von Gegenständen seien steuerbare Umsätze, wenn sie die objektiven Kriterien erfüllten, auf denen diese Begriffe beruhten (EuGH-Urteile vom 12. Januar 2006 C-354/03, C-355/03 und C-484/03, Optigen u.a., Slg. 2006, I-483, BFH/NV 2006 Beilage 2, 144 Rdnr. 55; vom 21. Februar 2006 C-255/02, Halifax, Slg. 2006, I-1609, BFH/NV 2006 Beilage 3, 260 Rdnrn. 55 bis 58).

36

Soweit der EuGH davon ausgeht, dass die objektiven Kriterien einer Lieferung im Fall einer Steuerhinterziehung nicht vorliegen (vgl. EuGH-Urteile vom 6. Juli 2006 C-439/04 und 440/04, Axel Kittel u.a., Slg. 2006, I-6161, BFH/NV 2006 Beilage 4, 454 Rdnr. 44, Umsatzsteuer-Rundschau --UR-- 2006, 594; Halifax in Slg. 2006, I-1609, BFH/NV 2006 Beilage 3, 260, unter Rdnr. 59), handelt es sich um einen eigenständigen Vorsteuerversagungsgrund (vgl. die Senatsentscheidung vom 19. April 2007 V R 48/04, BFHE 217, 194, BStBl II 2009, 315; BFH-Urteil vom 10. Dezember 2008 XI R 57/06, BFH/NV 2009, 1156). Für die Besteuerung von Ausgangsumsätzen ist dies aber ohne Bedeutung. Die vom Steuerhinterzieher ausgeführte Lieferung ist bei diesem steuerbar und steuerpflichtig. Davon zu unterscheiden ist die im Streitfall, der Lieferungen im Inland betrifft, nicht zu entscheidende Frage, ob bei Mitwirkung an einer Steuerhinterziehung im Anschluss an eine innergemeinschaftliche Lieferung dem Lieferer die Steuerbefreiung nach § 6a UStG zu versagen ist (vgl. BGH-Beschluss vom 7. Juli 2009  1 StR 41/09, UR 2009, 732).

37

cc) Die Steuer für Lieferungen entsteht gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 1 UStG mit Ablauf der jeweiligen Voranmeldungszeiträume. Die hieraus resultierenden Steuerbeträge sind gemäß § 18 Abs. 1 Satz 1 UStG voranzumelden. Das FG hat insoweit gemäß § 118 Abs. 2 FGO für den Senat bindend festgestellt, dass Voranmeldungszeitraum der Kalendermonat (§ 18 Abs. 2 Satz 2 UStG) war.

38

b) Der Senat folgt dem FG darin, dass der Kläger als faktischer Geschäftsführer und Verfügungsberechtigter der I-GmbH gemäß § 35 AO i.V.m. § 34 Abs. 1 AO seiner rechtlichen Verpflichtung vorsätzlich nicht nachgekommen ist, namens der Gesellschaft Voranmeldungen für die Monate August bis November 1999 abzugeben und die fälligen Steuerbeträge zu entrichten. Er hat daher für jeden der Voranmeldungszeiträume eine Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO begangen.

39

aa) Im Bereich des Sonderdelikts aus § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO kann in Bezug auf die Hinterziehung von Umsatzsteuern Täter nur sein, wer die rechtliche Erklärungspflicht für die Voranmeldungen und die Jahreserklärungen zu erfüllen hat (vgl. BGH-Urteil in BFH/NV 2004 Beilage 2, 163, sowie z.B. Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 370 AO Rz 1403; Joecks in Franzen/Gast/ Joecks, Steuerstrafrecht, 7. Aufl., § 370 Rz 155). Zu den Erklärungsverpflichteten gehört unter anderem auch der Verfügungsberechtigte i.S. des § 35 AO (BFH-Entscheidungen vom 16. März 1995 VII R 38/94, BFHE 177, 209, BStBl II 1995, 859; vom 7. April 1992 VII R 104/90, BFH/NV 1993, 213; aus steuerstrafrechtlicher Sicht BGH-Entscheidungen vom 8. November 1989  3 StR 249/89, Zeitschrift für Wirtschaft, Steuer, Strafrecht --wistra-- 1990, 97; vom 17. Februar 1998  5 StR 624/97, wistra 1998, 225; Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 370 AO Rz 118.1 und 118.3).

40

bb) Der Kläger war als faktischer Geschäftsführer und Verfügungsberechtigter gemäß § 35 AO erklärungspflichtig.

41

Verfügungsberechtigter i.S. des § 35 AO ist nach der ständigen Rechtsprechung des BFH jeder, der nach dem Gesamtbild der Verhältnisse rechtlich und wirtschaftlich über Mittel, die einem anderen zuzurechnen sind, verfügen kann und als solcher nach außen auftritt (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Entscheidungen vom 10. Mai 1989 I R 121/85, BFH/NV 1990, 7; vom 27. November 1990 VII R 20/89, BFHE 163, 106, BStBl II 1991, 284; vom 24. April 1991 I R 56/89, BFH/NV 1992, 76; in BFH/NV 1993, 213; vom 19. Mai 2009 VII B 207/08, nicht veröffentlicht --n.v.--). Eine rechtliche Verfügungsmacht besteht danach, wenn der Verfügungsberechtigte die Pflichten des gesetzlichen Vertreters --mittelbar-- durch die Bestellung der entsprechenden Organe erfüllen lassen kann (s. Boeker in Hübschmann/Hepp/ Spitaler, § 35 AO Rz 10, 14; Jatzke in Beermann/Gosch, AO § 35 Rz 10, 11, 19). Der "Auftritt nach außen" liegt vor, wenn der faktische Geschäftsführer sich gegenüber einer begrenzten Öffentlichkeit als solcher geriert, das Auftreten gegenüber der allgemeinen Öffentlichkeit aber weisungsabhängigen Personen überlässt (BFH-Urteil in BFH/NV 1992, 76; vgl. auch Urteil des FG Baden-Württemberg vom 25. Juni 2008  12 K 407/04, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2008, 1434).

42

Das FG ist auf dieser Grundlage in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise zu dem Schluss gekommen, dass der Kläger faktischer Geschäftsführer der I-GmbH war. Er beherrschte die Abläufe und steuerte, wann und in welcher Höhe CPUs bestellt, an die K-GmbH weiterveräußert und in Rechnung gestellt wurden, dirigierte mit P, wann und in welcher Höhe Bargeld durch IW vom Geschäftskonto der Gesellschaft abzuheben war und welche Informationen IW an das FA geben sollte. Er verteilte das abgehobene Bargeld und behielt den "Restgewinn" nach Abzug der Beträge für IW und P zurück sowie in mindestens derselben Höhe wie die Beträge für IW und P für sich. Das FG hat zu Recht auch das Merkmal des "Auftritts nach außen" als erfüllt angesehen. Zwar hat der Kläger im Außenverhältnis gezielt den im Handelsregister eingetragenen Geschäftsführer IW vorgeschoben. Er trat nach den Feststellungen des FG jedoch vereinzelt für die I-GmbH nach außen auf und übte im Übrigen seine Leitungsmacht im Innenverhältnis gegenüber IW und P umfassend aus.

43

Zutreffend geht das FG nach den vorstehenden Feststellungen weiter davon aus, der Kläger habe seine Verpflichtung, für die I-GmbH Umsatzsteuer-Voranmeldungen für die Monate August bis November 1999 abzugeben und die fälligen Steuerbeträge zu entrichten, jedenfalls mittelbar über IW und P tatsächlich erfüllen können, dies aber nicht getan.

44

Soweit der Kläger hiergegen einwendet, dass die vom FG getroffenen Feststellungen für die Annahme einer Verfügungsberechtigung i.S. von § 35 AO nicht ausreichten, berücksichtigt er weder, dass es genügt, wenn der faktische Geschäftsführer sich gegenüber einer begrenzten Öffentlichkeit als solcher geriert und das Auftreten gegenüber der allgemeinen Öffentlichkeit weisungsabhängigen Personen überlässt (BFH-Urteil in BFH/NV 1992, 76) noch, dass der Senat an die Feststellung des FG, die nicht mit begründeten Revisionsrügen angegriffen wurden, nach § 118 Abs. 2 AO gebunden ist.

45

cc) Der Kläger hat auch vorsätzlich gehandelt, da er nach den Feststellungen des FG von Anfang an geplant hat, weder Voranmeldungen noch eine Jahreserklärung abzugeben.

46

c) Unerheblich ist, dass der Kläger auch seine Erklärungspflicht in Bezug auf die Umsatzsteuerjahreserklärung für die I-GmbH verletzt und dass das FA einen Umsatzsteuerjahresbescheid 1999 erlassen hat.

47

aa) Eine Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO wegen nicht abgegebener Umsatzsteuer-Voranmeldungen ist vollendet, wenn eine Steueranmeldung --hier die einzelnen Umsatzsteuer-Voranmeldungen für die Monate August bis November 1999-- zum gesetzlich vorgegebenen Termin ausbleibt (ständige Rechtsprechung des BGH, vgl. Entscheidungen vom 11. Dezember 1990 5 StR 519/90, wistra 1991, 215; grundlegend vom 17. März 2009  1 StR 627/08, BGHSt 53, 221; vom 2. Dezember 2008  1 StR 344/08, wistra 2009, 189). Die nicht angemeldeten nominalen Steuerbeträge sind "auf Dauer" verkürzt, wenn der Täter --wie hier der Kläger-- von vornherein weder Voranmeldungen noch die Jahreserklärung abgeben will (BGH-Urteile vom 21. Januar 1998  5 StR 686/97, wistra 1998, 146; in wistra 1998, 225; vom 20. April 1999  5 StR 54/99, wistra 1999, 298). Hinterziehungstaten wegen der Verletzung der Pflicht zur rechtzeitigen Abgabe von Umsatzsteuer-Voranmeldungen und von Umsatzsteuerjahreserklärungen stehen ferner auch dann im Verhältnis der Tatmehrheit zueinander, wenn sie dasselbe Kalenderjahr betreffen (vgl. z.B. BGH-Urteil in BGHSt 53, 221).

48

bb) Die Festsetzung der Umsatzsteuer für das Streitjahr durch den Jahressteuerbescheid 1999 vom 1. Dezember 2000 vor Erlass des Haftungsbescheids stellt die Rechtmäßigkeit des Haftungsbescheids vom 25. Februar 2003 ebenfalls nicht in Frage. Wird die Erstschuld durch Jahresbescheid festgesetzt, kann trotzdem ein Haftungsbescheid ergehen (vgl. BFH-Urteil vom 12. Oktober 1999 VII R 98/98, BFHE 190, 25, BStBl II 2000, 486).

49

cc) Anhaltspunkte dafür, dass die gemäß § 102 FGO vom Senat nur eingeschränkt überprüfbare Entscheidung, den Kläger in Haftung zu nehmen, nicht ermessensgerecht sein könnte, bestehen nicht. Im Hinblick auf die in der mündlichen Verhandlung vor dem FG zugesagte Herabsetzung des Haftungsbetrages kommt es auf die vom Kläger aufgeworfene Frage einer Aufteilung der Haftung im Rahmen der gebotenen Ermessensausübung (§§ 191, 5 AO) nicht mehr an.

50

3. Das Urteil des FG ist aber gleichwohl materiell-rechtlich fehlerhaft. Es verletzt die zu § 71 AO maßgeblichen Rechtsgrundsätze zur Ermittlung des Vermögensschadens und ist deshalb aufzuheben. Das FG stellt für den Vermögensschaden zu Unrecht auf den Vorsteuerabzug der K-GmbH ab. Maßgeblich sind demgegenüber die nicht angemeldeten Steuerbeträge der I-GmbH. Soweit es zwar von einem Vermögensschaden ausgeht, die Steuerhinterziehung des Klägers für den Schadenseintritt jedoch nicht als ursächlich ansieht, ist dem nicht zu folgen.

51

a) Die Haftungssumme gemäß § 71 AO bestimmt sich grundsätzlich nach den verkürzten nominalen Steuerbeträgen (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 11. Februar 2002 VII B 323/00, BFH/NV 2002, 891; Senatsbeschluss vom 6. November 2006 V B 117/05, BFH/NV 2007, 508). Beschränkt wird die Haftung des Steuerhinterziehers gemäß § 71 AO jedoch auf den Vermögensschaden des Fiskus, der durch die Tat verursacht und vom Vorsatz des Täters umfasst ist (vgl. BFH-Urteile vom 13. Juli 1994 I R 112/93, BFHE 175, 489, BStBl II 1995, 198, und vom 6. März 2001 VII R 17/00, BFH/NV 2001, 1100).

52

b) Für die Höhe des Vermögensschadens aufgrund der Steuerhinterziehung ist im Streitfall nicht auf den "Vorsteuerschaden" auf Ebene der K-GmbH, sondern auf den nicht angemeldeten nominalen Steuerbetrag in Höhe von 6.721.805,86 € (13.146.709,56 DM) abzustellen.

53

aa) Wie unter II.2.a ausgeführt, liegen im Streitfall entgegen der Auffassung des FA und des FG steuerbare und steuerpflichtige Lieferungen der I-GmbH vor. Das FG hat seine Auffassung, der Vermögensschaden des Fiskus aus der Hinterziehung des Täters richte sich nach der Höhe der "verlorenen Vorsteuerbeträge" der K-GmbH, daher zu Unrecht darauf gestützt, die I-GmbH habe in ihren Rechnungen Steuerbeträge gemäß § 14 Abs. 3 UStG unberechtigt ausgewiesen, die sie nach den Vorgaben des EuGH-Urteils Schmeink & Cofreth in Slg. 2000, I-6973, BFH/NV 2001 Beilage 1, 33 und der anknüpfenden Rechtsprechung (vgl. z.B. Senatsentscheidungen vom 22. Februar 2001 V R 5/99, BFHE 194, 506, BStBl II 2004, 143; vom 8. März 2001 V R 61/97, BFHE 194, 517, BStBl II 2004, 373; vom 17. Mai 2001 V R 77/99, BFHE 194, 552, BStBl II 2004, 370; vom 25. April 2002 V B 73/01, BFHE 198, 71, BStBl II 2004, 343) habe berichtigen können. Dies kann wegen des Vorliegens steuerbarer und steuerpflichtiger Lieferungen im Streitfall schon dem Grunde nach nicht durchgreifen. Die I-GmbH schuldete die Umsatzsteuer für die von ihr ausgeführten Lieferungen endgültig.

54

bb) Selbst wenn die Auffassung des FG zuträfe und von unberechtigt ausgewiesenen Steuerbeträgen i.S. des § 14 Abs. 3 UStG auszugehen wäre, für die die Steuer mit Ausgabe der Rechnung (§ 13 Abs. 1 Nr. 4 UStG) entstanden wäre, würde sich im Streitfall der Vermögensschaden des Fiskus nach den nicht angemeldeten nominalen Steuerbeträgen richten. Die hieraus resultierenden Steuerbeträge hätte die I-GmbH als Unternehmerin im Streitjahr gemäß § 18 Abs. 1 Satz 1 UStG anmelden müssen.

55

Die vom FG als maßgeblich erachtete Berichtigungsmöglichkeit der Steuerschuldnerin I-GmbH, die das FG zugunsten des Klägers als Haftungsschuldner anwenden will, hätte im Übrigen nach der unter II.3.b aa zitierten Senatsrechtsprechung für die an die K-GmbH ausgestellten Rechnungen nicht bestanden. Die Gefährdung des Steueraufkommens wurde von der I-GmbH nicht beseitigt. Weder hat die K-GmbH vor dem Vorsteuerabzug Rechnungen an die I-GmbH zurückgegeben oder die I-GmbH diese storniert, noch ist die in den Rechnungen ausgewiesene Umsatzsteuer gezahlt oder die von der K-GmbH abgezogene Vorsteuer zurückgeführt worden. Entgegen der Auffassung des FG gilt dies auch für die Rechnungen, aus denen das FA der K-GmbH Vorsteuerbeträge von vornherein nicht anerkannt hat (2.795.156,20 DM und 5.558.818 DM). Die Gefährdung des Steueraufkommens besteht dann, solange diese Ausgangsrechnungen nicht storniert oder zurückgegeben werden.

56

c) Soweit das FG für die noch streitige Haftungssumme in Höhe von 4.721.963,70 DM (2.414.301,70 €) --die obere Grenze der Haftungssumme im zugesagten geänderten Haftungsbescheid-- einen Vermögensschaden des Fiskus bejaht, aber einen ursächlichen Zusammenhang zwischen der Steuerhinterziehung durch den Kläger und dem Schadenseintritt verneint, hält das Urteil einer Prüfung nicht stand.

57

aa) Die Haftung gemäß § 71 AO entfällt, wenn derselbe Vermögensschaden für den Fiskus auch bei steuerehrlichem Verhalten eingetreten wäre (vgl. Jatzke in Beermann/Gosch, a.a.O., § 71 Rz 15). Die Haftung ist im Fall der Nichtabgabe von Umsatzsteuer-Voranmeldungen und Nichtentrichtung fälliger Steuerbeträge auf den Betrag begrenzt, der bei rechtzeitiger Abgabe und Zahlung unter gleichmäßiger Befriedigung aller Gläubiger hätte getilgt werden können (BFH-Beschlüsse vom 27. März 2006 VII B 117/05, BFH/NV 2006, 1254; vom 22. Oktober 2009 V B 108/08, BFH/NV 2010, 170).

58

bb) Maßgeblich ist demnach im Streitfall, ob die I-GmbH in der Lage war, die aufgrund der ausgeführten Lieferungen an die K-GmbH geschuldeten Steuerbeträge rechtzeitig anzumelden und zu entrichten. Nach den Feststellungen des FG zu den Zahlungseingängen und Mittelabflüssen bestehen keine Zweifel für den Senat, dass die K-GmbH an die I-GmbH sämtliche in Rechnung gestellten Steuerbeträge bezahlt hat. Diese verfügte somit über genügend Mittel, um die anzumeldenden Steuerbeträge rechtzeitig entrichten zu können. Das FG wählt für die Kausalitätsprüfung demgegenüber einen unzutreffenden Ausgangspunkt. Es hat, seinem rechtsfehlerhaften Ansatz zur Ermittlung des Vermögensschadens folgend, geprüft, ob die Steuerhinterziehung durch den Kläger für die ausgefallene Nachforderung des Fiskus gegenüber der K-GmbH ursächlich war.

59

cc) Unbeachtlich ist, dass die I-GmbH auf Grundlage der Netto-Einkaufspreise einen Verlust erwirtschaftet sowie aus den An- und Verkäufen der CPUs einen "Gewinn" von rund 3,8 Mio. DM erzielt hat, der unterhalb der noch streitigen Haftungssumme liegt.

60

Der Senat folgt nicht der Auffassung des FG Baden-Württemberg in EFG 2008, 1434, wonach das strafbare Unterlassen des Täters, die gebotenen Umsatzsteuer-Voranmeldungen nicht abgegeben und die fälligen Steuerbeträge nicht rechtzeitig entrichtet zu haben, nicht ursächlich für den Steuerschaden des Fiskus --in Höhe der nicht angemeldeten Nominalbeträge-- sei, wenn der "Rechnungsaussteller" und Zwischenhändler --hier die I-GmbH-- nicht über ausreichende Zahlungsmittel verfüge, weil er empfangene Zahlungsmittel umgehend für neue An- und Verkaufsgeschäfte innerhalb des Karussells genutzt habe.

61

Die vom Kläger gemeinsam mit P und IW schuldhaft herbeigeführte Zahlungsunfähigkeit der I-GmbH kann weder den Kausalzusammenhang zwischen der Unterlassungstat und dem Schadenseintritt des Fiskus ausschließen, noch ist zu prüfen, ob die Haftungssumme nach den Grundsätzen der anteiligen Tilgung zu mindern sein könnte (vgl. zur schuldhaften Verschlechterung der Liquiditätslage einer Gesellschaft durch den haftenden Gesellschafter die BFH-Entscheidungen vom 5. März 1991 VII R 93/88, BFHE 164, 203, BStBl II 1991, 678; vom 26. August 1992 VII R 50/91, BFHE 169, 13, BStBl II 1993, 8; in BFH/NV 2002, 891).

62

4. Die Sache ist spruchreif. Der angefochtene Haftungsbescheid ist, soweit der Senat noch über ihn zu entscheiden hat, rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Der Bescheid wird geändert und die Haftungssumme auf den durch das FA zugesagten Betrag von 4.721.963,70 DM (2.414.301,70 €) herabgesetzt. Der in der mündlichen Verhandlung vor dem FG vom FA zugesagte Änderungsbescheid braucht nicht mehr zu ergehen.

63

5. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 135 Abs. 1, 136 Abs. 1 FGO. Die Kosten des Rechtsstreits sind wegen der zwischenzeitlichen teilweisen Erledigung des Rechtsstreits nach Zeitabschnitten zu verteilen (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 136 Rz 3).

Wer als Verfügungsberechtigter im eigenen oder fremden Namen auftritt, hat die Pflichten eines gesetzlichen Vertreters (§ 34 Abs. 1), soweit er sie rechtlich und tatsächlich erfüllen kann.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
2.
die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder
3.
pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt
und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) missbraucht,
3.
die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht,
4.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
5.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt oder
6.
eine Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(4) Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Steuervorteile sind auch Steuervergütungen; nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, soweit sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden. Die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 sind auch dann erfüllt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können.

(5) Die Tat kann auch hinsichtlich solcher Waren begangen werden, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch dann, wenn sich die Tat auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden oder die einem Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation oder einem mit dieser assoziierten Staat zustehen. Das Gleiche gilt, wenn sich die Tat auf Umsatzsteuern oder auf die in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. L 9 vom 14.1.2009, S. 12) genannten harmonisierten Verbrauchsteuern bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden.

(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten unabhängig von dem Recht des Tatortes auch für Taten, die außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes begangen werden.

Wer als Verfügungsberechtigter im eigenen oder fremden Namen auftritt, hat die Pflichten eines gesetzlichen Vertreters (§ 34 Abs. 1), soweit er sie rechtlich und tatsächlich erfüllen kann.

Tatbestand

 
Streitig ist, ob der Kläger eine Steuerhinterziehung begangen oder an einer solchen Tat teilgenommen hat und deshalb gemäß § 71 der Abgabenordnung (AO 1977) für die verkürzten Steuern haftet.
Das Landgericht X verurteilte den Kläger wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe. Es hatte festgestellt, dass der Kläger im Juni 1996 die ... (künftig: E) mit Sitz in Spanien (A) gegründet hatte (S. 19 der Gründe). Gegenstand des Unternehmens sei der Handel mit Central Processing Units (CPU) gewesen (S. 19). Zu Beginn des Jahres 1998 habe sich der Kläger entschlossen, sog. Karussellgeschäfte zu betreiben (S. 20). Dabei sollten die CPU von einer ... GmbH mit Sitz in C (künftig: H) an die E in Spanien geliefert werden, von der E zunächst an einen Zwischenhändler in Deutschland, von diesem wiederum an die H (S. 20 f.). Die H und der Zwischenhändler sollten die Preise mit den jeweils marktüblichen Beträgen bestimmen (S. 21, ferner S. 25, 41, 47, 59, 60 f., 65). Die H sollte deshalb den „üblichen Handelsaufschlag“ anwenden (S. 21).
Der Zwischenhändler sollte ferner in seinen Rechnungen den auf das Entgelt entfallenden Steuerbetrag angeben, diesen jedoch nicht an das Finanzamt abführen, sondern - nach Abzug des für ihn bestimmten Anteils - an die E weiterleiten (S. 21). Auf diese Weise sollte der Vorsteuerabzug, den die H vornehmen sollte, „zu Geld gemacht“ werden (S. 22, 60). Sollte das Finanzamt feststellen, dass der Zwischenhändler die Umsatzsteuer hinterzieht oder sonst gezielt verkürzt, sollte dieser von einem anderen Zwischenhändler ersetzt werden (S. 21).
Die E, der Zwischenhändler und die H hätten die Karussellgeschäfte allerdings immer erst dann abgeschlossen, wenn sie sich über den Warenkreislauf, der zwischen ihnen stattfinden sollte, im Einzelnen verständigt gehabt hätten, insbesondere über die Menge und den Preis (S. 25, 27, 34, 47, 60 f., 53, 65). Hierauf habe der Kläger - wegen der bei Karussellgeschäften geltenden „Zwangsläufigkeiten“ - von vornherein seinen Einfluss ausüben müssen (S. 61).
Einen Teil der Ware habe die H jedoch nicht wieder an die E veräußert (S. 24). Insoweit habe die E weitere Ware bei einer Firma F erworben (S. 24). Die E habe die von ihr getätigten Geschäfte allerdings nicht mit ihrem Anfangsvermögen finanzieren können (S. 25 f., 42, 61: „Finanzierung der Ringgeschäfte“, 64, 65). Daher habe die H das von ihr geschuldete Entgelt noch vor der Lieferung der Ware an den Zwischenhändler gezahlt, der das gezahlte Geld - nach Abzug des für ihn bestimmten Anteils -  sofort an die E weitergeleitet habe (S. 25, 32, 42, 61, 63, 64, 65). Die CPU seien allerdings lediglich zwischen einem Warenlager erst in den Niederlanden und später in Belgien und der Betriebsstätte der H in Ö hin- und her befördert worden (S. 26 f., 34, 47, 61, 63, 65).
Der Kläger habe mithin ein „pseudogeschäftliches Netzwerk“ gegründet und geführt und sodann das Aufkommen aus der Umsatzsteuer erheblich geschädigt (S. 78).
Im Einzelnen stellte das Landgericht hierzu u. a. die folgenden Umstände fest:
Zunächst habe der Kläger den Angeklagten ...A, einen Angestellten der H (künftig: A), als Gehilfen gewinnen können (S. 22). A habe - nachdem der Kläger ihn in seine Absichten eingeweiht und ihm einen Anteil an der Beute zugesagt gehabt habe - an den Karussellgeschäften mitgewirkt (S. 22, 70). A sei auch der „einzig wirklich wichtige und unentbehrliche Partner“ des Klägers gewesen (S. 71). Dementsprechend habe der Kläger geäußert, ohne A und die H „könne er nicht leben“ (S. 71).
Sodann habe der Kläger einen Herrn ...M (künftig: M), einen Sozialhilfeempfänger, als Zwischenhändler eingesetzt (S. 23). Diesen habe er angewiesen, dass er ein Gewerbe anmeldet, CPU von E erwirbt und an die H veräußert, dass er ferner in seinen Rechnungen den auf das Entgelt entfallenden Steuerbetrag angibt, die entsprechenden Beträge aber nicht an das Finanzamt abführt (S. 23 f.). M habe später weder die für die Monate März bis Mai 1998 gebotenen Voranmeldungen oder wenigstens eine Steueranmeldung für das Kalenderjahr 1998 abgegeben noch die von ihm in Rechnung gestellte Umsatzsteuer an das Finanzamt abgeführt, sondern - in Höhe der „überschüssigen Mehrwertsteuerbeträge“ - an die E (S. 32, 63, zu den Beträgen im Einzelnen S. 31, 32).
10 
Nachdem M seine Tätigkeit eingestellt gehabt habe, habe der Kläger mit einem damaligen Finanzbeamten, einem Herrn ...K (künftig: K), verabredet, dass dieser an den Karussellgeschäften zwischen der E und der H teilnimmt (S. 33, 63). Auch K habe erkannt, dass er in seinen Rechnungen den auf das Entgelt entfallenden Steuerbetrag zwar angeben, die entsprechenden Beträge aber nicht an das Finanzamt abführen sollte (S. 33, 63).
11 
Anschließend, ab Juni 1998 (S. 40), sei K - wie zuvor M - als Zwischenhändler tätig geworden (S. 33 ff.). Im Juni 1998 hätten sich der Kläger und die anderen Angeklagten entschlossen, „zur Tarnung“ den Unternehmer ...W (künftig: W) und eine ...GmbH (künftig: F) als weitere Zwischenhändler einzusetzen (S. 39, 64). Kurz darauf habe die H dem K mitgeteilt, sie werde ihren Bedarf künftig anderweitig erwerben (S. 39, 64). Inzwischen hätten sich allerdings bereits W und die F bei K als neue Kunden vorgestellt gehabt (S. 39). Außerdem habe damals eine ...O (künftig: O) dem K angeboten, ihm CPU zu liefern (S. 40, 64). Hierauf habe K die CPU nicht mehr nur bei der E, sondern auch bei der O erworben (S. 40, auch zu den Beträgen im Einzelnen) und sodann an die H und W sowie die F veräußert (S. 40 f., auch zu den Beträgen im Einzelnen, 64). Hierzu stellte das Landgericht auch fest, dass die O gegen den Willen des Klägers und der anderen Angeklagten an den Karussellgeschäften nicht beteiligt worden wäre (S. 40, 64). Auch habe der Kläger dem A erklärt, er müsse wissen, warum die F eingeschaltet worden sei (S. 39).
12 
K habe die von ihm zu entrichtende Umsatzsteuer ebenfalls nicht an das Finanzamt abgeführt (S. 42, zu den Beträgen im Einzelnen S. 43). Vielmehr habe er von seinen Einnahmen lediglich die sonstigen Ausgaben und als seine „Entnahmen“ zehn Teilbeträge in Höhe von jeweils 29.000 DM abgezogen (S. 42). Den verbliebenen Unterschiedsbetrag habe er sodann der E jeweils als „Vorauszahlung“ überwiesen (S. 42, 64). Für diesen Zweck hätten K und die E wöchentliche „Balance Sheets“ erstellt (S. 42, 64).
13 
Ferner habe K bei seiner steuerlichen Erfassung die voraussichtliche Höhe seines jährlichen Umsatzes - zur „Irreführung“ des Finanzamts - nur mit 50.000 DM angegeben gehabt (S. 43, 64). Später habe er lediglich eine Voranmeldung für das zweite Kalendervierteljahr eingereicht (S. 43 f., 64). Dabei habe K das der Umsatzsteuer unterliegende Entgelt bewusst mit zu niedrigen Beträgen angegeben (S. 43 f., 64). Dagegen seien die für die Besteuerungszeiträume Juni bis September 1998 gebotenen monatlichen Voranmeldungen ebenso unterblieben wie eine Steueranmeldung für das Kalenderjahr 1998 (S. 43).
14 
Nachdem M und K verhaftet worden seien, habe der Kläger mit einem Herrn ...S (vgl. Anklageschrift der Staatsanwaltschaft X vom 29. Januar 2002, Geschäftsnr.: .., S. 28; künftig: S) verabredet gehabt, dass dieser zur Teilnahme an den Karussellgeschäften zwischen der E und der H einen neuen Zwischenhändler besorgt (S. 47 f.). Dieser habe hierauf - im November und Dezember 1998 - als die treibende Kraft hinter der ...I (künftig: I) mit Sitz in Italien und der „...P GbR (künftig: P), Inhaber: ...T (künftig: T) und ...L (künftig: L)“ mit Sitz in V tatsächlich an den Karussellgeschäften des Klägers und der anderen Angeklagten mitgewirkt (S. 48). Die I und die P seien jeweils als Zwischenhändler tätig geworden (S. 47 f., 65, zu den Beträgen im Einzelnen S. 47).
15 
Der Kläger und die anderen Angeklagten hätten die Karussellgeschäfte mit der I und der P „nach dem gleichen Grundprinzip wie bisher“ fortgesetzt (S. 47, 65). Dabei seien die Lieferungen der CPU erst von der E der I berechnet worden waren, sodann von der I der P, hierauf von der P der F und schließlich von der F der H (S. 47, 48, 65). Dementsprechend habe auch die P die von ihr geschuldete, von der F an sie bezahlte Umsatzsteuer verkürzt (S. 48, 65). Soweit S die von der I an die E abzuführenden Beträge zum Teil - in Höhe von 2,1 Mio. DM - einbehalten habe, habe S eigenmächtig gehandelt (S. 48, 49).
16 
Anschließend seien
- im April 1999 ein Herr E.Ä. in X und
- von Juni bis Oktober 1999 eine ...C Vertrieb GmbH (künftig: C)
als weitere Zwischenhändler tätig geworden (S. 48 f. bzw. S. 49). Beide Zwischenhändler hätten die CPU an die F weitergeliefert (S. 48, 49), die C allerdings auch an die Q GmbH in P (S. 49).
17 
Bei den Karussellgeschäften des Klägers habe auch der Mitangeklagte ...B (künftig: B) eine „hervorgehobene Rolle“ ausgeübt (S. 81). B habe die Aufgabe gehabt, die Zwischenhändler zu besorgen, die auch bereit gewesen seien, „Weisungen von Hintermännern zu befolgen“ (S. 22). Dementsprechend habe B die weiteren Angeklagten M und K als Zwischenhändler eingesetzt (S. 23 bzw. 33). Ferner habe B bei einer Bank in Liechtenstein ein Konto auf den Namen des K eröffnet, über das er auch verfügungsbefugt gewesen sei (S. 42 f.). Auf diesem Konto seien Beträge in Höhe von rund 9,3 Mio. DM gutgeschrieben worden (S. 54).
18 
Außerdem habe der Kläger den damaligen Rechtsanwalt ....R (künftig: R) mit der Wahrnehmung seiner Angelegenheiten beauftragt gehabt (S. 20). Dieser habe im Wesentlichen die Aufgabe gehabt, ihm, dem Kläger, „den Rücken freizuhalten“ (S. 20, 21) und ihn bei den Karussellgeschäften zu unterstützen (S. 21 f.; ferner S. 45, 51, 65). Seine finanziellen Schwierigkeiten einerseits und die „finanziell großzügige ... Art“ des Klägers andererseits hätten R veranlasst, für diesen tätig zu werden (S. 22, 65, 80).
19 
Im Einzelnen habe R den Kläger bei dessen Geldgeschäften vertreten, beim Aufbau des Warenlagers in Belgien mitgewirkt oder verschiedene, an den Karussellgeschäften beteiligte Personen unterstützt oder ihnen jedenfalls anwaltlichen Beistand besorgt oder auch bei ihrer Flucht geholfen (S. 50 f., ferner S. 26, 45). Von den Erkenntnissen, die R in den jeweiligen Verfahren gewonnen habe, habe er sodann stets auch den Kläger unterrichtet (S. 51). Ferner habe auch er als Zwischenhändler tätig gewordene Personen im Auftrag des Klägers selbst oder mit Hilfe anderer Personen angeworben (S. 48, 49, 50, 80 usw.). R sei - wie den anderen Angeklagten - klar gewesen, dass die Karussellgeschäfte der „illegalen Abschöpfung“ von Umsatzsteuer dienen würden (S. 22; ferner S. 47, 51, 65).
20 
Schließlich hätten schon die „Erträge“, die die E erzielt habe, dem Kläger ein Leben „auf großem Fuße“ ermöglicht (S. 53, 55, 66). Darüber hinaus seien ihm mindestens 2,5 Mio. DM zugeflossen. Von den verkürzten Steuerbeträgen habe B einen Anteil in Höhe von insgesamt rund 3,1 Mio. DM erlangt. Im Einzelnen habe er das Konto bei der Bank in Liechtenstein mit Beträgen in Höhe von insgesamt 2,8 Mio. DM zu seinen eigenen Gunsten belastet. Außerdem habe er von dem Kläger einen Betrag von 200.000 DM und von M einen Betrag von 100.000 DM erhalten. An R habe der Kläger Beträge in Höhe von insgesamt rund 1,6 Mio. DM gezahlt (S. 54, 66).
21 
Allerdings könne nicht festgestellt werden, ob der Kläger oder die anderen Angeklagten, darauf Einfluss genommen hätten, ob die Zwischenhändler - und damit auch M oder K - eine Steuererklärung abgaben oder nicht. Sie hätten deshalb durchaus in Kauf genommen, dass ein Zwischenhändler den Finanzbehörden gegenüber unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder sie auch völlig in Unkenntnis lässt (S. 74 f.).
22 
Wegen der Einzelheiten im Übrigen wird Bezug genommen auf das Urteil des Landgerichts vom 1. August 2002 (Geschäftsnummer: ... ). Die Staatsanwaltschaft hatte das Strafverfahren eingeleitet, nachdem ihr das Bundeskriminalamt am 25. Oktober 1999 die vorstehend dargestellten Karussellgeschäfte angezeigt gehabt hatte (Anklageschrift der Staatsanwaltschaft X vom 29. Januar 2002, S. 44).
23 
In dem vorliegenden Verfahren nimmt der Beklagte den Kläger für die Steuerschulden der P im Wege der Haftung in Anspruch.
24 
T und L hatten die P mit ihrem am 9. September 1998 unterzeichneten Gesellschaftsvertrag errichtet. Gegenstand des Unternehmens sollte der Großhandel mit Textilien und Lebensmitteln sein. In dem Fragebogen zur steuerlichen Erfassung bei Gründung einer Personengesellschaft hatte die P angegeben, mit der Wahrnehmung ihrer steuerlichen Angelegenheiten habe sie eine Steuerberaterin beauftragt, sie werde Umsätze tätigen ab dem 15. September 1998, die voraussichtliche Höhe ihres jährlichen Gesamtumsatzes würde für das Gründungsjahr 100.000 DM betragen, für das Folgejahr 400.000 DM.
25 
Am 22. Januar 1999 hatte die P die Voranmeldung für das vierte Kalendervierteljahr 1998, an der die Steuerberaterin mitgewirkt gehabt haben soll, abgegeben (Bl. 24 f. der Umsatzsteuerakten). Mit dieser hatte die P die von ihr zu entrichtende Umsatzsteuer-Vorauszahlung mit 711.879,40 DM errechnet. Dabei hatte sie das der Umsatzsteuer unterliegende Entgelt mit 4.475.667 DM und die Bemessungsgrundlage für den innergemeinschaftlichen Erwerb mit 5.156.640 DM angegeben.
26 
In der bei dem Beklagten am 5. April 2000 eingegangenen Steueranmeldung für 1998 hatte die P das der Umsatzsteuer unterliegende Entgelt nunmehr mit 5.301.943 DM, die Umsatzsteuer hierauf mit 848.310,88 DM und die Bemessungsgrundlage für den innergemeinschaftlichen Erwerb mit 5.247.828 DM angegeben. Den von ihr nach Abzug der Vorauszahlung noch zu entrichtenden Betrag hatte sie sodann mit 131.894,70 DM errechnet. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Steueranmeldung Bezug genommen.
27 
Der Beklagte folgte der Steueranmeldung mit seiner Abrechnung vom 20. April 2000, mit der er der P mitteilte, dass Beträge in Höhe von insgesamt 842.729,30 DM noch zu zahlen seien. Zugleich forderte er die P auf, die in Höhe von 710.834,60 DM bereits fälligen Teilbeträge sofort, spätestens am 5. Mai 2000 den danach noch verbleibenden Unterschiedsbetrag von 131.894,70 DM zu bezahlen.
28 
Bereits kurz zuvor hatte der Beklagte bei der P eine Außenprüfung durchgeführt. Diese hatte die Umsatzsteuer für das dritte und vierte Kalendervierteljahr umfasst. In seinem Aktenvermerk vom 10. April 2000 hatte der Prüfer festgestellt, dass sich keine Änderung der Bemessungsgrundlagen ergeben würden. Mit Schreiben vom 12. April 2000 hatte der Beklagte dies auch der Steuerberaterin mitgeteilt.
29 
Mit dem Aktenvermerk hatte der Prüfer ferner berichtet, dass die P der F Beträge in Höhe von insgesamt (brutto) 6.150.254 DM berechnet habe. Die F habe hierauf aber nur 5.191.774 DM gezahlt. Die Steuerberaterin habe hierzu mitgeteilt, dass die P den Unterschiedsbetrag eingeklagt habe. Allerdings dürfte dieser uneinbringlich sein. Er sei daher in dem Jahresabschluss zum 31. Dezember 1998 bereits abgeschrieben. Wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Prüfungsanordnung vom 18. Februar 1999 und auf den Aktenvermerk vom 10. April 2000.
30 
Darüber hinaus hatte auch die Steuerfahndung den Sachverhalt ermittelt. Mit ihrem Bericht vom 22. November 2002 stellten die Fahnder fest, dass die I von der P
31 
mit Rechnung vom
ein Entgelt in Höhe von
die Steuer hierauf mit
18. November
577.447,47 DM
0,00 DM
18. November
194.103,00 DM
0,00 DM
19. November
860.215,01 DM
0,00 DM
22. November
357.525,00 DM
0,00 DM
24. November
391.000,00 DM
0,00 DM
25. November
912.350,01 DM
0,00 DM
26. November
1.404.000,02 DM
0,00 DM
für November insgesamt
4.696.640,51 DM
0,00 DM
mit Rechnung vom 1. Dezember
450.000,01 DM
0,00 DM
für Dezember insgesamt
450.000,01 DM
0,00 DM
für 1998 insgesamt
5.146.640,52 DM
0,00 DM
32 
und die P für die in diesen Rechnungen bezeichneten Lieferungen von der F wiederum
33 
mit Rechnung vom
ein Entgelt in Höhe von
einschließlich der hierin enthaltenen Steuer
17. November
576.366,89 DM
79.498,88 DM
17. November
202.072,00 DM
27.872,00 DM
19. November
844.016,01 DM
116.416,00 DM
23. November
363.660,00 DM
50.160,00 DM
24. November
393.414,00 DM
54.264,00 DM
25. November
943.486,01 DM
130.136,00 DM
26. November
706.440,01 DM
97.440,00 DM
26. November
706.440,01 DM
97.440,00 DM
für November insgesamt
4.735.894,93 DM
653.226,88 DM
mit Rechnung vom 1. Dezember
455.880,01 DM
62.880,00 DM
für Dezember insgesamt
455.880,01 DM
62.880,00 DM
für 1998 insgesamt
5.191.774,94 DM
716.106,88 DM
34 
verlangt habe. Dementsprechend würde sich die Beute, die dem Karussell verblieben sei, mit insgesamt 45.134 DM wie folgt errechnen (S. 22):
35 
das von der P der F berechnete, der Umsatzsteuer unterliegende Entgelt
 4.475.668 DM
die Umsatzsteuer hierauf
   716.106 DM
Zwischensumme
5.191.774 DM
abzüglich das von der I der P berechnete Entgelt
5.146.640 DM
bei der P angefallene „Beute“
45.134 DM
36 
Hätte die P dagegen die von ihr zu entrichtende Umsatzsteuer an das Finanzamt abgeführt, hätte ihr schon deswegen, um ihre anderen Verbindlichkeiten zu begleichen, ein Betrag von 670.972 DM gefehlt, der sich wiederum wie folgt errechnen lasse (S. 22):
37 
das von der P der F berechnete, der Umsatzsteuer unterliegende Entgelt
4.475.668 DM
die Umsatzsteuer hierauf
   716.106 DM
Zwischensumme
5.191.774 DM
abzüglich
        
-das von der I der P berechnete Entgelt
5.146.640 DM
-die von P zu entrichtende Umsatzsteuer
   716.106 DM
        
670.972 DM
38 
Weiter führten die Fahnder aus, die P habe im Rahmen der Außenprüfung und mit ihren Angaben, die sie in der Steueranmeldung für 1998 gemacht gehabt habe, geltend gemacht, dass sie von der F nicht nur - wie in der Voranmeldung angegeben - einen Betrag von insgesamt 5.191.774,94 DM zu beanspruchen habe, sondern ein Entgelt in Höhe von insgesamt 5.301.943 DM zuzüglich Umsatzsteuer oder einen Betrag von insgesamt 6.150.254 DM (S. 23 ff.).
39 
Den sich danach errechnenden Unterschiedsbetrag von 958.480 DM habe die P auch eingeklagt gehabt (S. 24). Das Landgericht habe die Klage jedoch - im Wesentlichen - abgewiesen (S. 24, 25). Dies zeige, dass die P mit den Rechnungen, die sie im Rahmen der Außenprüfung vorgelegt habe, lediglich habe vorspiegeln wollen, das Entgelt, das sie von der F verlangt habe, würde ihre Kosten decken, und zwar einschließlich der von ihr zu entrichtenden Umsatzsteuer (S. 25).
40 
Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Bericht der Fahnder vom 22. November 2002.
41 
Die P bezahlte den von ihr geschuldeten, schon erwähnten Betrag von 842.729,30 DM zunächst nicht. Mit seinem Haftungsbescheid vom 7. Mai 2002 nahm der Beklagte den Kläger in Höhe des Teilbetrags von 716.106,88 DM (366.139,63 Euro) in Anspruch. Insoweit habe die P mit ihren - vorstehend bereits bezeichneten - Rechnungen für ihre Karussellgeschäfte Umsatzsteuer gesondert ausgewiesen. In Höhe dieses Betrags sei die Umsatzsteuer auch zum Vorteil der P hinterzogen worden. Der Kläger habe an der Steuerhinterziehung teilgenommen. Er hafte daher gemäß § 71 der Abgabenordnung (AO 1977) für die verkürzten Beträge.
42 
Den Einspruch des Klägers wies der Beklagte mit der Einspruchsentscheidung vom 2. November 2004 als unbegründet zurück. Im Wesentlichen führte der Beklagte im Anschluss an das Urteil des Landgerichts aus, der Kläger habe im Juni 1996 die E gegründet. Zu Beginn des Jahres 1998 habe er sich entschlossen, die von dem Landgericht festgestellten Karussellgeschäfte zu betreiben. Bei diesen Geschäften sollten CPU von der H an die E geliefert werden, von dieser an einen Händler in Deutschland und von diesem wiederum an die H. Der Zwischenhändler sollte in seinen Rechnungen den auf das Entgelt entfallenden Steuerbetrag angeben. Er sollte den Steuerbetrag jedoch nicht an das Finanzamt abführen, sondern - nach Abzug des für ihn bestimmten Anteils - an die E. Sollte das Finanzamt feststellen, dass der Zwischenhändler die Umsatzsteuer hinterzieht oder sonst gezielt verkürzt, sollte dieser von einem anderen Zwischenhändler ersetzt werden.
43 
Inzwischen, mit Bescheid vom 21. April/29. Mai 2008, hat der Beklagte hat den Betrag, mit dem er den Kläger in Anspruch nimmt, auf 330.568,28 Euro herabgesetzt.
44 
Der Kläger, der eine Steuerhinterziehung zum Vorteil der P verneint, beantragt, den Haftungsbescheid vom 7. Mai 2002 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 2. November 2004 und des Bescheids vom 21. April/29. Mai 2008 ersatzlos aufzuheben, hilfsweise die Revision zuzulassen, und die Zuziehung des Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.
45 
Der Beklagte beantragt im Wesentlichen unter Bezugnahme auf den Haftungsbescheid und die Einspruchsentscheidung, die Klage abzuweisen.

Entscheidungsgründe

 
46 
1. Die Klage ist unbegründet.
47 
Nach § 100 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 FGO kann das Gericht den mit einer Klage angefochtenen Verwaltungsakt nur dann aufheben, soweit dieser rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist. Der Haftungsbescheid vom 7. Mai 2002 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 2. November 2004 ist allerdings nicht als rechtswidrig zu beanstanden. Der Beklagte hat vielmehr zutreffend angenommen, dass der Kläger für die streitigen Beträge haftet:
48 
Wer kraft Gesetzes für eine Steuer haftet, kann gemäß § 191 AO 1977 durch Haftungsbescheid in Anspruch genommen werden. Die Finanzbehörde ist danach ermächtigt, nach ihrem Ermessen zu entscheiden. Dabei hat sie ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten (§ 5 AO 1977). Insoweit prüft das Gericht - wenn es über die Klage entscheidet - jedoch nur, ob der angefochtene Verwaltungsakt rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist (§ 102 Satz 1 FGO).
49 
Prüfungsgegenstand für die richterliche Kontrolle auf Ermessensfehler können allerdings nur diejenigen tatsächlichen Verhältnisse sein, die der Finanzbehörde im Zeitpunkt der Einspruchsentscheidung bekannt waren oder hätten bekannt sein müssen (Urteil des Bundesfinanzhofs [BFH] vom 7. April 1992, VII R 104/90, BFH/NV 1993, 213, unter 1. a). Die tatsächlichen Verhältnisse hat die Finanzbehörde zwar von Amts wegen zu ermitteln (§ 88 Abs. 1 Satz 1 AO 1977). Der Umfang dieser Pflichten wird jedoch begrenzt durch die dem Steuerpflichtigen gemäß § 90 AO 1977 auferlegten Mitwirkungspflichten (BFH-Beschluss vom 13. März 1990, VII S 3/90, BFH/NV 1991, 171 unter 1. b).
50 
Danach konnte der Beklagte den Kläger mit dem angefochtenen Haftungsbescheid in Anspruch nehmen:
51 
a) Der Kläger haftet für die verkürzten Beträge allerdings nicht nach § 71 AO 1977.
52 
Nach § 71 AO 1977 haftet für verkürzte Steuern nur, wer eine Steuerhinterziehung begeht oder an einer solchen Tat teilnimmt. Eine Steuer hinterzieht, wer
53 
- den Finanzbehörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder
- die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt
54 
und dadurch Steuern verkürzt (§ 370 Abs. 1 Nr. 1 bzw. Nr. 2 AO 1977). Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht (§ 370 Abs. 4 Satz 1 AO 1977).
55 
Die Steueranmeldung ist eine Steuererklärung, in der der Steuerpflichtige die Steuer selbst zu berechnen hat (§ 150 Abs. 1 Satz 2 AO 1977 a. F.; jetzt § 150 Abs. 1 Satz 3 AO 1977). Deshalb ist auch die Voranmeldung der Umsatzsteuer eine Steueranmeldung im Sinne von § 370 Abs. 4 Satz 1 Halbs. 2 AO 1977, denn der Steuerpflichtige hat in dieser gemäß § 18 Abs. 1 Satz 1 UStG die Umsatzsteuer für den Voranmeldungszeitraum (Vorauszahlung) selbst zu berechnen.
56 
Ist eine Steueranmeldung abzugeben, hat die Finanzbehörde die Steuer allerdings nur dann gemäß § 155 AO 1977 mit einem Steuerbescheid festzusetzen, wenn die Festsetzung zu einer abweichenden Steuer führt oder der Steuer- oder Haftungsschuldner die Steueranmeldung nicht abgibt (§ 167 Abs. 1 Satz 1 AO 1977). Sodann steht die Steueranmeldung grundsätzlich einer Steuerfestsetzung (unter Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 AO 1977) gleich (§ 168 Satz 1 AO 1977). Die Steuerhinterziehung ist deshalb schon vollendet, wenn eine Steueranmeldung ausbleibt (Urteil des Bundesgerichtshofs [BGH] vom 11. Dezember 1990, 5 StR 519/90, Neue Juristische Wochenschrift 1991, 1315, wistra 1991, 215, unter II. 3.; vgl. ferner BFH-Urteil vom 26. August 1992, VII R 50/91, Bundessteuerblatt [BStBl] II 1993, 8, unter 2. a).
57 
Der Unternehmer hat die Voranmeldung ferner bis zum 10. Tag nach Ablauf jedes Voranmeldungszeitraums abzugeben (§ 18 Abs. 1 Satz 1 UStG). Voranmeldungszeitraum war im Kalenderjahr 1998 grundsätzlich das Kalendervierteljahr (§ 18 Abs. 2 Satz 1 UStG). Betrug die Steuer für das vorangegangene Kalenderjahr mehr als 12.000 DM, war der Kalendermonat der Voranmeldungszeitraum (§ 18 Abs. 2 Satz 2 UStG). Hatte der Unternehmer - wie im Streitfall die P - seine gewerbliche Tätigkeit im laufenden Kalenderjahr aufgenommen, war die voraussichtliche Steuer des laufenden Kalenderjahres maßgebend (§ 18 Abs. 2 Satz 5 UStG).
58 
Wegen des Schadensersatzcharakters der Haftung nach § 71 AO 1977 haftet der Täter oder Teilnehmer einer Steuerhinterziehung jedoch nur in Höhe der aufgrund seines Tatbeitrages verkürzten bzw. hinterzogenen Beträge (BFH-Beschluss vom 11. Februar 2002, VII B 323/00, BFH/NV 2002, 891, unter II. 1. b, m. w. Nachw.). Die Haftung des Täters beschränkt sich deshalb auf den Vermögensschaden, der durch seine vorsätzliche Tat eingetreten ist (BFH-Urteil vom 13. Juli 1994, I R 112/93, BStBl II 1995, 198, unter II. B. 3., m. w. Nachw.). Seine Haftung gemäß § 71 AO 1977 reicht nur soweit, wie sein Vorsatz gereicht hat (BFH-Urteile vom 13. Juli 1994, I R 112/93, BStBl II 1995, 198, unter II. B. 3., und vom 6. März 2001, VII R 17/00, BFH/NV 2001, 1100, unter II. 2., jeweils m. w. Nachw.). Dementsprechend setzt die Inanspruchnahme des Teilnehmers einer Steuerhinterziehung auch die Feststellung voraus, dass dessen (Teilnahme-)Handlung zu dem eingetretenen Erfolg einer Steuerverkürzung tatsächlich beigetragen hat, für ihn also (zumindest) mitursächlich gewesen ist (BFH-Beschluss vom 11. Februar 2002, VII B 323/00, BFH/NV 2002, 891 unter II. 1., m. w. Nachw.). Die Haftung des Teilnehmers reicht (nur) soweit, wie auch der Vorsatz des Täters gereicht hat; d. h. der Teilnehmer haftet für den gesamten durch die Hinterziehung eingetretenen Schaden allenfalls dann, wenn sich sein Vorsatz auch auf die Folgen der Hinterziehungshandlung bezogen hat (BFH-Urteil vom 11. Februar 2002, VII B 323/00, BFH/NV 2002, 891, unter II. 1. b, m. w. Nachw.).
59 
Der erforderliche adäquate Kausalzusammenhang ist dagegen nicht mehr gegeben, wenn der Steuerausfall als Vermögensschaden des Fiskus mangels ausreichender Zahlungsmittel und vollstreckbaren Vermögens des Steuerpflichtigen unabhängig davon eingetreten ist, ob Steueranmeldungen fristgerecht eingereicht und die geschuldeten Steuerbeträge innerhalb der gesetzlich hierfür bestimmten Fristen entrichtet worden sind (BFH-Urteil vom 19. September 2007, VII R 39/05, BFH/NV 2008, 18, unter II. 2. a, aa, m. w. Nachw.).
60 
Hieraus folgt:
61 
aa) Im Streitfall sind Steuern nicht schon deshalb verkürzt, weil - wie der Beklagte annimmt - die P in ihren Steuererklärungen bezeichneten Umsätze in Wirklichkeit nicht ausgeführt hatte.
62 
Für solche Fälle hätten die entsprechenden Beträge in den Steuererklärungen zwar - wie der von der P für die Steueranmeldung für das Kalenderjahr 1998 verwandte Vordruck (Zeile 103) zeigt - als „in Rechnungen unberechtigt ausgewiesene Steuerbeträge (§ 14 Abs. 2 und 3 UStG)“ angesetzt werden müssen. Auch sind Steuern selbst dann verkürzt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt werden können (§ 370 Abs. 4 Satz 3 AO 1977). Diese Vorschrift greift jedoch nicht ein, wenn die Steuer - wie im Streitfall - auch dann (mindestens) mit demselben Betrag festzusetzen gewesen wäre, wenn anstelle der unrichtigen die der Wahrheit entsprechenden Angaben gemacht worden wären und die unrichtigen Angaben mit den verschleierten steuererheblichen Tatsachen in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang stehen (BGH-Urteile vom 31. Januar 1978, 5 StR 458/77, Steuerrechtsprechung in Karteiform, AO 1977, § 370, R. 2, m. w. Nachw., und vom 26. Juni 1984, 5 StR 322/84, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1985, 40, unter 2. b).
63 
bb) Soweit die P die Voranmeldung für November 1998 - obwohl im Streitfall nach § 18 Abs. 2 Satz 2, 5 UStG möglicherweise geboten - nicht, die Voranmeldung für das vierte Kalenderjahr 1998 und die Steueranmeldung für 1998 - entgegen § 18 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, 6 UStG in Verbindung mit §§ 46 ff. der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV), § 149 Abs. 2 Satz 1 AO 1977 - jeweils verspätet abgegeben hat, vermag sich der Senat jedenfalls nicht mit der nach § 96 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 FGO gebotenen Sicherheit davon zu überzeugen, dass dies vorsätzlich geschah.
64 
Immerhin hatte die P - sollte ihr eine Dauerfristverlängerung im Sinne der §§ 46 ff. UStDV nicht gewährt worden sein - die Voranmeldung für das vierte Kalenderjahr 1998 nur um wenige Tage verspätet abgegeben. Anhaltspunkte tatsächlicher Art, nach denen dies - bewusst - geschah, um die Absicht zu verdecken, die von ihr geschuldete Umsatzsteuer nicht zu entrichten, sind weder von dem Beklagten vorgetragen noch sonst nach Aktenlage ersichtlich. Eine solche Annahme ist auch nicht wahrscheinlich,
65 
- da die Säumnis wie erwähnt nur wenige Tage dauerte und, vor allem,
- weil die Beträge, die für die Entrichtung der Umsatzsteuer erforderlich waren, bei Fristablauf - dem Tatplan des Karussells folgend - mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bereits an die I oder an die E oder sonst an den Kläger weitergeleitet gewesen sein dürften.
66 
Der Umstand, dass die P die Steueranmeldung für 1998 nicht innerhalb der in § 149 Abs. 2 Satz 1 AO 1977 bestimmten Frist abgab, lässt sich auch mit bloßer Sorglosigkeit erklären. Auch insoweit ist wiederum zu bedenken, dass die P offenbar alsbald nicht mehr über die Beträge verfügen konnte, die für die Entrichtung der Umsatzsteuer erforderlich gewesen wären.
67 
cc) Deshalb würde im Streitfall auch der erforderliche adäquate Kausalzusammenhang zwischen der Steuerhinterziehung und dem Steuerausfall fehlen.
68 
Vielmehr ist der Vermögensschaden des Fiskus mangels ausreichender Zahlungsmittel und vollstreckbaren Vermögens der P unabhängig davon eingetreten, ob die gebotenen Steueranmeldungen fristgerecht eingereicht worden sind.
69 
b) Der Kläger haftet aber als faktischer Geschäftsführer der P nach § 69 in Verbindung mit §§ 34, 35 AO 1977 für die verkürzten Beträge.
70 
Der Beklagte hat den angefochtenen Haftungsbescheid zwar lediglich auf die Vorschrift des § 71 AO 1977 gestützt. Ein bestimmter Geschehensablauf kann jedoch gleichzeitig und nebeneinander die Haftung sowohl nach § 34 in Verbindung mit § 69 AO 1977 als auch nach § 71 AO 1977 begründen (BFH-Urteil vom 8. November 1994, VII R 1/93, BFH/NV 1995, 657, unter 1. c). Auch wird der einem Haftungsbescheid zugrundeliegende Sachverhalt nicht durch die Haftungsnorm, die zur Begründung der Haftung dient, sondern durch den Geschehensablauf bestimmt, der seinerseits eine oder mehrere bestimmte Haftungsnormen erfüllen kann (BFH-Urteil vom 8. November 1994, VII R 1/93, BFH/NV 1995, 657, unter 1. c). Deshalb steht es dem Finanzamt ferner grundsätzlich frei, ob es den Haftungsbescheid neben § 69 AO 1977 auch oder - wie im Streitfall - nur auf § 71 AO 1977 stützt (BFH-Urteil vom 8. November 1994, VII R 1/93, BFH/NV 1995, 657, unter 1. c; BFH-Beschluss vom 11. August 2005, VII B 312/04, juris, unter II. 1.).
71 
Auch ein faktischer Geschäftsführer kommt, wenn er mit dem entsprechenden Anschein einer Berechtigung tatsächlich nach außen hin auftritt, obwohl er formell nicht zum Geschäftsführer bestellt worden ist, gemäß § 35 in Verbindung mit § 69 AO 1977 für die Haftung in Betracht (BFH-Urteil vom 7. April 1992, VII R 104/90, BFH/NV 1993, 213, unter 1. a). Nach § 35 AO 1977 hat derjenige, der als Verfügungsberechtigter im eigenen oder fremden Namen auftritt, die Pflichten eines gesetzlichen Vertreters (§ 34 Abs. 1 AO 1977) jedoch nur, soweit er sie rechtlich und tatsächlich erfüllen kann (vgl. BFH-Urteil vom 24. April 1991, I R 56/89, BFH/NV 1992, 76, unter II. 4.). Unter einem Verfügungsberechtigten im Sinne dieser Vorschrift ist jeder zu verstehen, der tatsächlich über Mittel, die einem anderen gehören, verfügen kann und als solcher auftritt.
72 
Deshalb muss das Auftreten als Verfügungsberechtigter auch nicht in einer Disposition über fremdes Vermögen bestehen. Für die Anwendung des § 35 AO 1977 reicht es aus, dass sich die betreffende Person nach außen hin so geriert, als könne sie über fremdes Vermögen verfügen. Diese Voraussetzung ist auch dann erfüllt, wenn eine Person, die eine Gesellschaft faktisch leitet, ohne deren gesetzlicher Vertreter zu sein, das Auftreten nach außen weisungsabhängigen Personen überlässt (BFH-Urteil vom 24. April 1991, I R 56/89, BFH/NV 1992, 76, unter II. 2.). In diesem Falle muss der Weisungsgeber sich das Auftreten der weisungsgebundenen Person wie eigenes zurechnen lassen (BFH-Urteil vom 24. April 1991, I R 56/89, BFH/NV 1992, 76, unter II. 2.).
73 
§ 35 AO 1977 fordert auch nicht ausdrücklich ein Auftreten nach außen. Für das Tatbestandsmerkmal "Auftreten nach außen" reicht deshalb das Auftreten als Verfügungsberechtigter in einer begrenzten Öffentlichkeit aus. Daher ist das Tatbestandsmerkmal bereits dann erfüllt, wenn sich das Auftreten in dem Handeln gegenüber Gesellschaftern und Organen der Gesellschaft erschöpft. Entscheidend ist, dass sich die betreffende Person gegenüber einer begrenzten Öffentlichkeit als tatsächlicher Geschäftsführer geriert. Ein Auftreten gegenüber Nichtgesellschaftern ist nicht erforderlich (BFH-Urteil vom 24. April 1991, I R 56/89, BFH/NV 1992, 76, unter II. 3.).
74 
Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall vor:
75 
aa) Der Kläger war als Verfügungsberechtigter aufgetreten.
76 
Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens ist der Senat im Sinne von § 96 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 FGO davon überzeugt, dass der Kläger tatsächlich auch über die Mittel, die der P gehörten, verfügen konnte und auch verfügt hat. Der Senat ist insbesondere davon überzeugt, dass
77 
- der Kläger die wesentlichen Grundzüge der Karussellgeschäfte zwischen der E und der H entwickelt und sie als die (allein) führende Kraft maßgeblich ins Werk gesetzt und gesteuert hatte,
- auch die Geschäfte, an der die P mitgewirkt hatte, entsprechend dieser Grundzüge abgewickelt wurden,
- B und R den Kläger ganz allgemein bei den Karussellgeschäften als seine maßgeblichen Vertreter unterstützten,
- S jedenfalls seinen Einfluss auf die P offenbar im Einklang mit den Abreden ausübte, die er mit dem Kläger getroffen hatte,
- jedoch weder B oder R noch S willens oder in der Lage waren, den Kläger von der Einwirkung auf die Mittel, die der P gehörten, wirtschaftlich auszuschließen,
- die P vielmehr nur dann mit CPU handeln konnte, wenn der Kläger dies zuließ,
- die P insoweit in jeder Hinsicht von dem Willen des Klägers abhing, ihr insbesondere ein Spielraum, über Preis und Menge auch nur nachzudenken, nicht zukam und
- der Kläger deshalb (auch) der P die zur Begleichung der verwirklichten Umsatzsteuerschuld notwendigen, bei deren Vereinnahmung auch vorhandenen Gelder auf Dauer entziehen konnte und ihr diese Mittel auch tatsächlich entzogen hatte.
78 
Diese Umstände entnimmt der Senat dem Urteil des Landgerichts. Das Finanzgericht darf sich nämlich die tatsächlichen Feststellungen, Beweiswürdigungen und rechtlichen Beurteilungen des Strafgerichts zu eigen machen, wenn und soweit es zu der Überzeugung gelangt, dass diese zutreffend sind und im finanzgerichtlichen Verfahren keine substantiierten Einwendungen gegen diese Feststellungen erhoben werden (BFH-Beschluss vom 30. Januar 2007, VII B 4/06, BFH/NV 2007, 1374, unter 2. a. E., m. w. Nachw.).
79 
Das Landgericht hatte mit seinem Urteil insbesondere festgestellt, dass
80 
- der Kläger die E gegründet hatte (S. 19),
- Gegenstand des Unternehmens der Handel mit CPU war (S. 19),
- sich der Kläger zu Beginn des Jahres 1998 entschlossen hatte, Karussellgeschäfte zu betreiben (S. 20), bei denen die CPU von der H an die E in Spanien und von der E wieder an einen Zwischenhändler in Deutschland und von diesem wiederum an die H geliefert werden sollten (S. 20 f.),
- die H den „üblichen Handelsaufschlag“ anwenden sollte (S. 21),
- die H und die Zwischenhändler die Preise - wie von dem Kläger beabsichtigt - mit den jeweils marktüblichen Beträgen bestimmt hatten (S. 21, ferner S. 25, 41, 59, 60 f., hinsichtlich der von der P berechneten „Preise“: S. 47, 65),
- der Zwischenhändler in seinen Rechnungen den auf das Entgelt entfallenden Steuerbetrag angeben, den Steuerbetrag jedoch nicht an das Finanzamt abführen, sondern - nach Abzug des für ihn bestimmten Anteils - an die E abführen sollte (S. 21),
- der Zwischenhändler, sollte das Finanzamt feststellen, dass dieser die Umsatzsteuer hinterzieht oder sonst gezielt verkürzt, von einem anderen Zwischenhändler ersetzt werden sollte (S. 21),
- die E, der Zwischenhändler und die H ihre Geschäfte allerdings immer erst dann abschlossen, wenn sie sich über den Warenkreislauf, der zwischen ihnen stattfinden sollte, im Einzelnen, insbesondere über die Menge und den Preis, verständigt gehabt hatten (S. 25, 27, 34, 47, 61),
- der Kläger hierauf - wegen der bei Karussellgeschäften geltenden „Zwangsläufigkeiten“ - von vornherein seinen Einfluss ausüben musste (S. 61)
- der Kläger mithin ein „pseudogeschäftliches Netzwerk“ gegründet und auch geführt hatte (S. 78),
- der Kläger sodann - seinen Absichten folgend - mit M einen Sozialhilfeempfänger als Zwischenhändler eingesetzt (S. 23) und angewiesen hatte, ein Gewerbe anzumelden, CPU von der E zu erwerben und an die H zu veräußern, ferner in seinen Rechnungen den auf das Entgelt entfallenden Steuerbetrag anzugeben, die entsprechenden Beträge aber nicht an das Finanzamt abzuführen (S. 23 f.),
- M dementsprechend später die von ihm in Rechnung gestellte Umsatzsteuer an nicht an das Finanzamt, sondern - in Höhe der „überschüssigen Mehrwertsteuerbeträge“ - an die E abgeführt hatte (S. 32),
- der Kläger, nachdem M seine Tätigkeit eingestellt hatte, nunmehr mit K verabredet hatte, dass dieser an den Karussellgeschäften zwischen der E und der H teilnimmt (S. 33, 63),
- er auch K veranlasst hatte, in seinen Rechnungen den auf das Entgelt entfallenden Steuerbetrag zwar anzugeben, die entsprechenden Beträge aber nicht an das Finanzamt abzuführen (S. 33, 64),
- K die von ihm zu entrichtende Umsatzsteuer ebenfalls nicht an das Finanzamt abgeführt, sondern von seinen Einnahmen lediglich die sonstigen Ausgaben und als seine „Entnahmen“ zehn Teilbeträge in Höhe von jeweils 29.000 DM abgezogen, den verbliebenen Unterschiedsbetrag aber der E jeweils als „Vorauszahlung“ überwiesen hatte (S. 42, 64), ferner
- K und die E hierfür wöchentliche „Balance Sheets“ erstellt hatten (S. 42, 64),
- die O gegen den Willen des Klägers und der anderen Angeklagten an den Karussellgeschäften nicht beteiligt worden wäre (S. 40),
- der Kläger, nachdem auch K seine Tätigkeit eingestellt hatte, jetzt mit S verabredet hatte, dass dieser zur Teilnahme an den Karussellgeschäften zwischen der E und der H einen neuen Zwischenhändler besorgt (S. 47 f.),
- S hierauf - im November und Dezember 1998 - als die treibende Kraft hinter der I und der P an den Karussellgeschäften des Klägers und der anderen Angeklagten mitgewirkt hatte (S. 48),
- die I und die P jeweils als Zwischenhändler tätig geworden waren (S. 47 f., 65),
- der Kläger und die anderen Angeklagten die Karussellgeschäfte mit der I und der P „nach dem gleichen Grundprinzip wie bisher“ fortgesetzt hatten (S. 47, 65), dabei
- die Lieferungen von CPU erst von der E der I berechnet worden waren, sodann von der I der P mit Beträgen in Höhe von insgesamt 5.146.640 DM, hierauf von der P der F mit Beträgen in Höhe von insgesamt 4.475.668,06 DM zuzüglich als die gesetzlich geschuldete Umsatzsteuer ausgewiesene Beträge in Höhe von insgesamt 716.106,88 DM und schließlich von der F der H (S. 47, 48, 65),
- dementsprechend auch die P die von ihr geschuldete, von der F auch bezahlte Umsatzsteuer verkürzt hatte (S. 48, 65), also den auf das Entgelt entfallenden Steuerbetrag zwar angegeben hatte, die entsprechenden Beträge nicht an das Finanzamt abgeführt hatte (S. 48, 65 in Verbindung mit S. 21, 32, 34),
- S, soweit er die von der I an die E abzuführenden Beträge zum Teil - in Höhe von 2,1 Mio. DM - einbehalten hatte, eigenmächtig gehandelt hatte (S. 48, 49),
- die CPU allerdings - auch, soweit die P eingeschaltet war - lediglich zwischen einem Warenlager erst in den Niederlanden und später in Belgien und der Betriebsstätte der H in C hin- und her befördert worden waren (S. 26 f., 34, 47, 61, 63, 65), ferner
- B eine „hervorgehobene Rolle“ bei den Karussellgeschäften des Klägers ausgeübt gehabt hatte (S. 81),
- B insbesondere die Aufgabe gehabt hatte, die Zwischenhändler zu besorgen, die auch bereit gewesen waren, „Weisungen von Hintermännern zu befolgen“ (S. 22),
- dementsprechend B die weiteren Angeklagten M und K als Zwischenhändler eingesetzt gehabt hatte (S. 23 bzw. 33), ferner
- B bei einer Bank in Liechtenstein ein Konto auf den Namen des K eröffnet gehabt hatte, über das er, B, auch verfügungsbefugt gewesen war (S. 42 f.),
- auf diesem Konto Beträge in Höhe von rund 9,3 Mio. DM gutgeschrieben worden waren (S. 54),
- der Kläger mit der Wahrnehmung seiner Angelegenheiten den damaligen Rechtsanwalt R beauftragt hatte (S. 20),
- dieser im Wesentlichen die Aufgabe gehabt hatte, dem Kläger „den Rücken freizuhalten“ (S. 20, 21) und ihn bei den Karussellgeschäften zu unterstützen (S. 21 f.; ferner S. 45),
- seine finanziellen Schwierigkeiten einerseits und die „finanziell großzügige ... Art“ des Klägers andererseits R veranlasst hatten, für den Kläger tätig zu werden (S. 22, 80) und schließlich
- der Umfang der „Erträge“, die die E erzielt hatte, dem Kläger ein Leben „auf großem Fuße“ (S. 55, 66) ermöglichten,
- dem Kläger außerdem noch weitere Beträge in Höhe von mindestens 2,5 Mio. DM zuflossen,
- B von den verkürzten Steuerbeträgen einen Anteil in Höhe von insgesamt rund 3,1 Mio. DM erlangt hatte und schließlich
- der Kläger darüber hinaus an R Beträge in Höhe von insgesamt immerhin rund 1,6 Mio. DM zahlen konnte (S. 54, 66).
81 
Der Senat entnimmt diesen Umständen zunächst die hervorgehobene Rolle, die schon das Landgericht dem B zugeschrieben hat, die nach Ansicht des Senats aber auch R und - im November und Dezember 1998 - S innehatten. Der Senat sieht sich ferner in seiner Überzeugung, dass auch S sich nicht nur bereit erklärt hatte, an den Karussellgeschäfte des Klägers mitzuwirken, dies vielmehr auch getan hatte, auch von dem Umstand bestätigt, dass sich die P - wie zuvor M und K - im Einklang mit den Absichten des Klägers verhielt, insbesondere - jedenfalls im Ergebnis (zumindest) - die „Preise“ bezahlt hat, die ihr von der I berechnet worden waren.
82 
Dass S offenbar die Gelegenheit genutzt hatte, der E mit dem Betrag von insgesamt rund 2,1 Mio. DM einen Teil der - von der I - vereinnahmten Geldbeträge vorzuenthalten, beruhte dagegen - wie sich aus den Feststellungen des Landgerichts ergibt - auf einem eigenmächtigen, also abredewidrigen Entschluss. Hierfür spricht zum einen, dass - wie das Landgericht ebenfalls festgestellt hat - R im Auftrag des Klägers diesen Betrag beizutreiben suchte. Zum anderen betrafen diese Geldbeträge die drei letzten Geschäftsvorfälle, die zwischen der E und der I stattgefunden hatten. Dies bestätigen auch die Angaben, die S bei seiner Vernehmung in dem Strafverfahren gegen den Kläger bei der Staatsanwaltschaft X (Geschäftsnummer: ...) gemacht hatte (S. 13 der Niederschrift vom 22. Februar 2001), und die Angaben der Fahnder in der Anlage 5 zu ihrem Bericht vom 22. November 2002 (Übersicht: „Eingangsrechnungen“ der I):
83 
Rechnung vom
Entgelt
25. November
364.800,00 DM
26. November
1.345.500,02 DM
30. November
   437.000,00 DM
Summe
2.147.300,02 DM
84 
Auch das Ende der Tätigkeit des S als Zwischenhändler bei den Karussellgeschäften des Klägers ist nach Überzeugung des Senats ein Beweisanzeichen dafür, dass dieser bestimmen konnte, wer bei den von ihm ins Werk gesetzten Karussellgeschäfte mitwirken durfte oder ausgeschlossen wurde. Jedenfalls sind im Streitfall Anhaltspunkte tatsächlicher Art weder von dem Kläger vorgetragen noch sonst nach Aktenlage ersichtlich, nach denen die I aus anderen Gründen aus den Karussellgeschäfte ausgeschieden sein könnte. Das dem Urteil des Landgerichts zugrundeliegende Ermittlungsverfahren gegen den Kläger kann nicht die Ursache gewesen sein, denn die Staatsanwaltschaft hatte das Strafverfahren erst ein knappes Jahr später eingeleitet (Anklageschrift der Staatsanwaltschaft X vom 29. Januar 2002, S. 44). Vielmehr waren - wie das Landgericht feststellte - die Karussellgeschäfte im Laufe des Jahres 1999 mit weiteren Zwischenhändlern fortgesetzt geworden (II. F. 2. und 3. der Gründe, S. 48 f. bzw. S. 49). Die vorstehenden Umstände sprechen zugleich dafür, dass S bei seiner Teilnahme an den Karussellgeschäften von dem Kläger abhängig war, dass dieser den S insoweit schon aus tatsächlichen Gründen steuern und somit mit seiner Hilfe auch über die Mittel der P verfügen konnte.
85 
Ein weiteres Beweisanzeichen dafür, dass S, aber auch T und L bei ihrer Teilnahme an den Karussellgeschäften von dem Kläger völlig abhängig waren, dass er daher auch sie insoweit schon aus tatsächlichen Gründen steuern und damit zugleich über die Mittel der P verfügen konnte, ist, dass Anhaltspunkte tatsächlicher Art weder von dem Kläger vorgetragen noch sonst nach Aktenlage ersichtlich sind, nach denen S oder T und L
86 
- aus eigenem Vermögen in der Lage gewesen wären, die in dem Bericht der Fahnder vom 22. November 2002 bezeichneten Geschäftsvorfälle nach Art und Umfang „aus dem Nichts heraus“ zu tätigen oder
- sich aus waghalsigen, aber doch noch als kaufmännisch zu wertenden Gründen zu den Geschäften entschlossen haben könnten, bei denen die P „Preise“ bezahlen musste, die das Entgelt überstiegen, das sie - abzüglich der Umsatzsteuer - von der F verlangen konnte.
87 
bb) Der Kläger war ferner in der Lage, die Pflichten eines gesetzlichen Vertreters rechtlich und tatsächlich zu erfüllen.
88 
Wie schon ausgeführt greift die Haftung gemäß §§ 35, 34 Abs. 1 AO 1977 nur ein, soweit der Verfügungsberechtigte die Pflichten eines gesetzlichen Vertreters rechtlich und tatsächlich erfüllen kann (BFH-Urteil vom 24. April 1991, I R 56/89, BFH/NV 1992, 76, unter II. 4.).
89 
Der Senat ist aufgrund der vorstehend zu b, aa) dargestellten Umstände und Beweisanzeichen davon überzeugt, dass zwischen dem Kläger einerseits und S sowie T und L andererseits ein Treuhand- oder sonstiges Auftragsverhältnis bestand, kraft dessen der Kläger diese steuern und deshalb über die Mittel der P verfügen konnte. Er entnimmt dies insbesondere
90 
- der Art und Weise, in der der Kläger sein Vorhaben, Karussellgeschäfte durchzuführen, ins Werk gesetzt hatte, und insbesondere
- dem Umstand, dass er der P (über den „Preis“) die zur Begleichung der tatsächlich verwirklichten Umsatzsteuerschuld notwendigen - und bei deren Vereinnahmung auch vorhandenen - Geldmittel tatsächlich entzogen hat.
91 
Diese Geldmittel wurden der P entzogen, indem in den Preis, den die P von der F verlangen durfte, nicht sämtliche vorhersehbaren Betriebsausgaben der P einberechnet waren. Im Streitfall hat der Aufschlag auf den „Preis“, den die P an die I zu zahlen hatte, insbesondere die von ihr, der P, geschuldete Umsatzsteuer jedenfalls in Höhe des Betrags von (mindestens) 670.972 DM nicht berücksichtigt. Dieser Betrag lässt sich - wie schon erwähnt - wie folgt errechnen:
92 
das von der P der F berechnete, der Umsatzsteuer unterliegende Entgelt
4.475.668 DM
die Umsatzsteuer hierauf
   716.106 DM
Zwischensumme
5.191.774 DM
abzüglich
        
-das von der I der P berechnete Entgelt
5.146.640 DM
-die von P zu entrichtende Umsatzsteuer
   716.106 DM
        
670.972 DM
93 
cc) Der Senat ist weiter davon überzeugt, dass das Handeln des Klägers auch das Tatbestandsmerkmal "Auftreten nach außen" erfüllte.
94 
Zum einen sind S sowie T und L als - wie vorstehend zu b, bb) ausgeführt - von ihm, dem Kläger, weisungsabhängige Personen nach außen aufgetreten. Zum anderen ist er selbst nach außen aufgetreten, wenn er sich mit A darüber verständigte, ob und nach welcher Maßgabe ein Karussellgeschäft durchgeführt werden sollte. Insoweit hat er im Außenverhältnis zur H gehandelt. Der Senat ist auch davon überzeugt, dass A wusste, dass der Kläger auch die Tätigkeit der P steuerte, denn der Kläger hatte den A - wie das Landgericht feststellte (S. 22) - in seine wahren Absichten eingeweiht.
95 
dd) Der Senat ist schließlich - insbesondere aufgrund der Feststellungen vorstehend zu b, aa) - davon überzeugt, dass der Kläger im Sinne von § 69 Satz 1 AO 1977 die zur Begleichung der tatsächlich verwirklichten Umsatzsteuerschuld notwendigen - und bei deren Vereinnahmung auch vorhandenen - Geldmittel im Sinne von § 69 Satz 1 AO 1977 vorsätzlich entzogen hatte (vgl. BFH-Beschluss vom 11. Februar 2002, VII B 323/00, BFH/NV 2002, 891 unter II. 1. c)
96 
Der Senat ist insoweit auch davon überzeugt, dass die bei ihrer Vereinnahmung vorhandenen, im Sinne von § 69 Satz 1 AO 1977 vorsätzlich auf Dauer entzogenen Geldmittel mindestens den Betrag ausgemacht hatten, der sich - wie vorstehend zu b, bb) schon dargestellt - mit 670.972 DM errechnen lässt.
97 
c) Der Kläger hat mit seinem schuldhaft pflichtwidrigen Verhalten auch einen Steuerausfall in Höhe der Beträge verursacht, mit denen ihn der Beklagte in Anspruch nimmt.
98 
Diese Beträge können anhand der Aktenlage durchaus nachvollzogen werden. Gegenteilige Anhaltspunkte tatsächlicher Art sind jedenfalls weder von dem Kläger vorgetragen noch sonst nach Aktenlage ersichtlich.
99 
Ein anderes Ergebnis folgt im Streitfall auch nicht aus dem haftungsbegrenzenden Grundsatz der anteiligen Tilgung der Umsatzsteuer. Nach diesem Grundsatz haftet der Geschäftsführer einer GmbH für die von dieser geschuldete, nicht an das Finanzamt entrichtete Umsatzsteuer nach den §§ 34, 69 AO 1977 nur insoweit, als er aus den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln die Steuerschulden hätte tilgen können. Bei insgesamt nicht ausreichenden Zahlungsmitteln liegt eine schuldhafte Pflichtverletzung des Geschäftsführers nur insoweit vor, als er die vorhandenen Mittel nicht zu einer in etwa anteiligen Befriedigung der privaten Gläubiger und des Finanzamts (wegen der Umsatzsteuer) verwendet hat (BFH-Urteile vom 26. August 1992, VII R 50/91, BStBl II 1993, 8, unter 2. a, und vom 4. Dezember 2007, VII R 18/06, BFH/NV 2008, 521, unter II. 5., jeweils m. w. Nachw.). Dieser Grundsatz greift im Streitfall jedoch nicht ein, weil - wie vorstehend zu b) im Einzelnen ausgeführt -
100 
- der Kläger die wesentlichen Grundzüge der Karussellgeschäfte zwischen der E und der H entwickelt und sie als die (allein) führende Kraft maßgeblich ins Werk gesetzt und gesteuert hatte,
- auch die Geschäfte, an der die P mitgewirkt hatte, entsprechend dieser Grundzüge abgewickelt wurden, und gerade deshalb
- der Kläger (auch) der P die zur Begleichung der verwirklichten Umsatzsteuerschuld notwendigen, bei deren Vereinnahmung auch vorhandenen Gelder auf Dauer entziehen konnte und ihr diese Mittel auch tatsächlich entzogen hatte.
101 
Der tatsächlich eingetretene Steuerausfall war im Streitfall mithin die von dem Kläger vorsätzlich herbeigeführte Folge der von ihm betriebenen Karussellgeschäfte (vgl. auch BFH-Urteil vom 6. März 2001, VII R 17/00, BFH/NV 2001, 1100, unter II. 4., m. w. Nachw.).
102 
d) Nachdem der Beklagte neben dem Kläger auch die anderen, an dem bei der P verursachten Steuerausfall möglicherweise Beteiligten im Wege der Haftung in Anspruch nimmt und hierauf auch in dem Haftungsbescheid vom 7. Mai 2002 und in der Einspruchsentscheidung vom 2. November 2004 hingewiesen hat, ist auch insoweit ein Ermessensfehler des Beklagten nicht erkennbar (zum sog. Auswahlermessen vgl. ferner BFH-Urteil vom 13. Juni 1997, VII R 96/96, BFH/NV 1998, 4, m. w. Nachw.).
103 
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 Satz 1, § 138 Abs. 1 FGO. Die Verfahrenskosten waren den Beteiligten wegen der im Laufe des Rechtsstreits durch den Bescheid vom 21. April/29. Mai 2008 eingetretenen Streitwertminderung für die verschiedenen Zeitabschnitte getrennt in unterschiedlichen Quoten aufzuerlegen (BFH-Urteile vom 6. Juni 1984, II R 184/81, BStBl II 1985, 261, unter 3. und vom 11. Mai 1999, IX R 56/96, BFH/NV 2000, 20, unter 4.).
104 
3. Der Streitwert war gemäß § 52 Abs. 3 des Gerichtskostengesetzes mit dem Betrag festzusetzen, mit dem der Beklagte den Kläger in Anspruch nimmt bzw. - für die Zeit bis zum 21. April 2008 - in Anspruch genommen hatte (vgl. BFH-Beschluss vom 24. November 1994, VII E 7/94, BFH/NV 1995, 720).

Gründe

 
46 
1. Die Klage ist unbegründet.
47 
Nach § 100 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 FGO kann das Gericht den mit einer Klage angefochtenen Verwaltungsakt nur dann aufheben, soweit dieser rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist. Der Haftungsbescheid vom 7. Mai 2002 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 2. November 2004 ist allerdings nicht als rechtswidrig zu beanstanden. Der Beklagte hat vielmehr zutreffend angenommen, dass der Kläger für die streitigen Beträge haftet:
48 
Wer kraft Gesetzes für eine Steuer haftet, kann gemäß § 191 AO 1977 durch Haftungsbescheid in Anspruch genommen werden. Die Finanzbehörde ist danach ermächtigt, nach ihrem Ermessen zu entscheiden. Dabei hat sie ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten (§ 5 AO 1977). Insoweit prüft das Gericht - wenn es über die Klage entscheidet - jedoch nur, ob der angefochtene Verwaltungsakt rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist (§ 102 Satz 1 FGO).
49 
Prüfungsgegenstand für die richterliche Kontrolle auf Ermessensfehler können allerdings nur diejenigen tatsächlichen Verhältnisse sein, die der Finanzbehörde im Zeitpunkt der Einspruchsentscheidung bekannt waren oder hätten bekannt sein müssen (Urteil des Bundesfinanzhofs [BFH] vom 7. April 1992, VII R 104/90, BFH/NV 1993, 213, unter 1. a). Die tatsächlichen Verhältnisse hat die Finanzbehörde zwar von Amts wegen zu ermitteln (§ 88 Abs. 1 Satz 1 AO 1977). Der Umfang dieser Pflichten wird jedoch begrenzt durch die dem Steuerpflichtigen gemäß § 90 AO 1977 auferlegten Mitwirkungspflichten (BFH-Beschluss vom 13. März 1990, VII S 3/90, BFH/NV 1991, 171 unter 1. b).
50 
Danach konnte der Beklagte den Kläger mit dem angefochtenen Haftungsbescheid in Anspruch nehmen:
51 
a) Der Kläger haftet für die verkürzten Beträge allerdings nicht nach § 71 AO 1977.
52 
Nach § 71 AO 1977 haftet für verkürzte Steuern nur, wer eine Steuerhinterziehung begeht oder an einer solchen Tat teilnimmt. Eine Steuer hinterzieht, wer
53 
- den Finanzbehörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder
- die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt
54 
und dadurch Steuern verkürzt (§ 370 Abs. 1 Nr. 1 bzw. Nr. 2 AO 1977). Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht (§ 370 Abs. 4 Satz 1 AO 1977).
55 
Die Steueranmeldung ist eine Steuererklärung, in der der Steuerpflichtige die Steuer selbst zu berechnen hat (§ 150 Abs. 1 Satz 2 AO 1977 a. F.; jetzt § 150 Abs. 1 Satz 3 AO 1977). Deshalb ist auch die Voranmeldung der Umsatzsteuer eine Steueranmeldung im Sinne von § 370 Abs. 4 Satz 1 Halbs. 2 AO 1977, denn der Steuerpflichtige hat in dieser gemäß § 18 Abs. 1 Satz 1 UStG die Umsatzsteuer für den Voranmeldungszeitraum (Vorauszahlung) selbst zu berechnen.
56 
Ist eine Steueranmeldung abzugeben, hat die Finanzbehörde die Steuer allerdings nur dann gemäß § 155 AO 1977 mit einem Steuerbescheid festzusetzen, wenn die Festsetzung zu einer abweichenden Steuer führt oder der Steuer- oder Haftungsschuldner die Steueranmeldung nicht abgibt (§ 167 Abs. 1 Satz 1 AO 1977). Sodann steht die Steueranmeldung grundsätzlich einer Steuerfestsetzung (unter Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 AO 1977) gleich (§ 168 Satz 1 AO 1977). Die Steuerhinterziehung ist deshalb schon vollendet, wenn eine Steueranmeldung ausbleibt (Urteil des Bundesgerichtshofs [BGH] vom 11. Dezember 1990, 5 StR 519/90, Neue Juristische Wochenschrift 1991, 1315, wistra 1991, 215, unter II. 3.; vgl. ferner BFH-Urteil vom 26. August 1992, VII R 50/91, Bundessteuerblatt [BStBl] II 1993, 8, unter 2. a).
57 
Der Unternehmer hat die Voranmeldung ferner bis zum 10. Tag nach Ablauf jedes Voranmeldungszeitraums abzugeben (§ 18 Abs. 1 Satz 1 UStG). Voranmeldungszeitraum war im Kalenderjahr 1998 grundsätzlich das Kalendervierteljahr (§ 18 Abs. 2 Satz 1 UStG). Betrug die Steuer für das vorangegangene Kalenderjahr mehr als 12.000 DM, war der Kalendermonat der Voranmeldungszeitraum (§ 18 Abs. 2 Satz 2 UStG). Hatte der Unternehmer - wie im Streitfall die P - seine gewerbliche Tätigkeit im laufenden Kalenderjahr aufgenommen, war die voraussichtliche Steuer des laufenden Kalenderjahres maßgebend (§ 18 Abs. 2 Satz 5 UStG).
58 
Wegen des Schadensersatzcharakters der Haftung nach § 71 AO 1977 haftet der Täter oder Teilnehmer einer Steuerhinterziehung jedoch nur in Höhe der aufgrund seines Tatbeitrages verkürzten bzw. hinterzogenen Beträge (BFH-Beschluss vom 11. Februar 2002, VII B 323/00, BFH/NV 2002, 891, unter II. 1. b, m. w. Nachw.). Die Haftung des Täters beschränkt sich deshalb auf den Vermögensschaden, der durch seine vorsätzliche Tat eingetreten ist (BFH-Urteil vom 13. Juli 1994, I R 112/93, BStBl II 1995, 198, unter II. B. 3., m. w. Nachw.). Seine Haftung gemäß § 71 AO 1977 reicht nur soweit, wie sein Vorsatz gereicht hat (BFH-Urteile vom 13. Juli 1994, I R 112/93, BStBl II 1995, 198, unter II. B. 3., und vom 6. März 2001, VII R 17/00, BFH/NV 2001, 1100, unter II. 2., jeweils m. w. Nachw.). Dementsprechend setzt die Inanspruchnahme des Teilnehmers einer Steuerhinterziehung auch die Feststellung voraus, dass dessen (Teilnahme-)Handlung zu dem eingetretenen Erfolg einer Steuerverkürzung tatsächlich beigetragen hat, für ihn also (zumindest) mitursächlich gewesen ist (BFH-Beschluss vom 11. Februar 2002, VII B 323/00, BFH/NV 2002, 891 unter II. 1., m. w. Nachw.). Die Haftung des Teilnehmers reicht (nur) soweit, wie auch der Vorsatz des Täters gereicht hat; d. h. der Teilnehmer haftet für den gesamten durch die Hinterziehung eingetretenen Schaden allenfalls dann, wenn sich sein Vorsatz auch auf die Folgen der Hinterziehungshandlung bezogen hat (BFH-Urteil vom 11. Februar 2002, VII B 323/00, BFH/NV 2002, 891, unter II. 1. b, m. w. Nachw.).
59 
Der erforderliche adäquate Kausalzusammenhang ist dagegen nicht mehr gegeben, wenn der Steuerausfall als Vermögensschaden des Fiskus mangels ausreichender Zahlungsmittel und vollstreckbaren Vermögens des Steuerpflichtigen unabhängig davon eingetreten ist, ob Steueranmeldungen fristgerecht eingereicht und die geschuldeten Steuerbeträge innerhalb der gesetzlich hierfür bestimmten Fristen entrichtet worden sind (BFH-Urteil vom 19. September 2007, VII R 39/05, BFH/NV 2008, 18, unter II. 2. a, aa, m. w. Nachw.).
60 
Hieraus folgt:
61 
aa) Im Streitfall sind Steuern nicht schon deshalb verkürzt, weil - wie der Beklagte annimmt - die P in ihren Steuererklärungen bezeichneten Umsätze in Wirklichkeit nicht ausgeführt hatte.
62 
Für solche Fälle hätten die entsprechenden Beträge in den Steuererklärungen zwar - wie der von der P für die Steueranmeldung für das Kalenderjahr 1998 verwandte Vordruck (Zeile 103) zeigt - als „in Rechnungen unberechtigt ausgewiesene Steuerbeträge (§ 14 Abs. 2 und 3 UStG)“ angesetzt werden müssen. Auch sind Steuern selbst dann verkürzt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt werden können (§ 370 Abs. 4 Satz 3 AO 1977). Diese Vorschrift greift jedoch nicht ein, wenn die Steuer - wie im Streitfall - auch dann (mindestens) mit demselben Betrag festzusetzen gewesen wäre, wenn anstelle der unrichtigen die der Wahrheit entsprechenden Angaben gemacht worden wären und die unrichtigen Angaben mit den verschleierten steuererheblichen Tatsachen in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang stehen (BGH-Urteile vom 31. Januar 1978, 5 StR 458/77, Steuerrechtsprechung in Karteiform, AO 1977, § 370, R. 2, m. w. Nachw., und vom 26. Juni 1984, 5 StR 322/84, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1985, 40, unter 2. b).
63 
bb) Soweit die P die Voranmeldung für November 1998 - obwohl im Streitfall nach § 18 Abs. 2 Satz 2, 5 UStG möglicherweise geboten - nicht, die Voranmeldung für das vierte Kalenderjahr 1998 und die Steueranmeldung für 1998 - entgegen § 18 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, 6 UStG in Verbindung mit §§ 46 ff. der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV), § 149 Abs. 2 Satz 1 AO 1977 - jeweils verspätet abgegeben hat, vermag sich der Senat jedenfalls nicht mit der nach § 96 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 FGO gebotenen Sicherheit davon zu überzeugen, dass dies vorsätzlich geschah.
64 
Immerhin hatte die P - sollte ihr eine Dauerfristverlängerung im Sinne der §§ 46 ff. UStDV nicht gewährt worden sein - die Voranmeldung für das vierte Kalenderjahr 1998 nur um wenige Tage verspätet abgegeben. Anhaltspunkte tatsächlicher Art, nach denen dies - bewusst - geschah, um die Absicht zu verdecken, die von ihr geschuldete Umsatzsteuer nicht zu entrichten, sind weder von dem Beklagten vorgetragen noch sonst nach Aktenlage ersichtlich. Eine solche Annahme ist auch nicht wahrscheinlich,
65 
- da die Säumnis wie erwähnt nur wenige Tage dauerte und, vor allem,
- weil die Beträge, die für die Entrichtung der Umsatzsteuer erforderlich waren, bei Fristablauf - dem Tatplan des Karussells folgend - mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bereits an die I oder an die E oder sonst an den Kläger weitergeleitet gewesen sein dürften.
66 
Der Umstand, dass die P die Steueranmeldung für 1998 nicht innerhalb der in § 149 Abs. 2 Satz 1 AO 1977 bestimmten Frist abgab, lässt sich auch mit bloßer Sorglosigkeit erklären. Auch insoweit ist wiederum zu bedenken, dass die P offenbar alsbald nicht mehr über die Beträge verfügen konnte, die für die Entrichtung der Umsatzsteuer erforderlich gewesen wären.
67 
cc) Deshalb würde im Streitfall auch der erforderliche adäquate Kausalzusammenhang zwischen der Steuerhinterziehung und dem Steuerausfall fehlen.
68 
Vielmehr ist der Vermögensschaden des Fiskus mangels ausreichender Zahlungsmittel und vollstreckbaren Vermögens der P unabhängig davon eingetreten, ob die gebotenen Steueranmeldungen fristgerecht eingereicht worden sind.
69 
b) Der Kläger haftet aber als faktischer Geschäftsführer der P nach § 69 in Verbindung mit §§ 34, 35 AO 1977 für die verkürzten Beträge.
70 
Der Beklagte hat den angefochtenen Haftungsbescheid zwar lediglich auf die Vorschrift des § 71 AO 1977 gestützt. Ein bestimmter Geschehensablauf kann jedoch gleichzeitig und nebeneinander die Haftung sowohl nach § 34 in Verbindung mit § 69 AO 1977 als auch nach § 71 AO 1977 begründen (BFH-Urteil vom 8. November 1994, VII R 1/93, BFH/NV 1995, 657, unter 1. c). Auch wird der einem Haftungsbescheid zugrundeliegende Sachverhalt nicht durch die Haftungsnorm, die zur Begründung der Haftung dient, sondern durch den Geschehensablauf bestimmt, der seinerseits eine oder mehrere bestimmte Haftungsnormen erfüllen kann (BFH-Urteil vom 8. November 1994, VII R 1/93, BFH/NV 1995, 657, unter 1. c). Deshalb steht es dem Finanzamt ferner grundsätzlich frei, ob es den Haftungsbescheid neben § 69 AO 1977 auch oder - wie im Streitfall - nur auf § 71 AO 1977 stützt (BFH-Urteil vom 8. November 1994, VII R 1/93, BFH/NV 1995, 657, unter 1. c; BFH-Beschluss vom 11. August 2005, VII B 312/04, juris, unter II. 1.).
71 
Auch ein faktischer Geschäftsführer kommt, wenn er mit dem entsprechenden Anschein einer Berechtigung tatsächlich nach außen hin auftritt, obwohl er formell nicht zum Geschäftsführer bestellt worden ist, gemäß § 35 in Verbindung mit § 69 AO 1977 für die Haftung in Betracht (BFH-Urteil vom 7. April 1992, VII R 104/90, BFH/NV 1993, 213, unter 1. a). Nach § 35 AO 1977 hat derjenige, der als Verfügungsberechtigter im eigenen oder fremden Namen auftritt, die Pflichten eines gesetzlichen Vertreters (§ 34 Abs. 1 AO 1977) jedoch nur, soweit er sie rechtlich und tatsächlich erfüllen kann (vgl. BFH-Urteil vom 24. April 1991, I R 56/89, BFH/NV 1992, 76, unter II. 4.). Unter einem Verfügungsberechtigten im Sinne dieser Vorschrift ist jeder zu verstehen, der tatsächlich über Mittel, die einem anderen gehören, verfügen kann und als solcher auftritt.
72 
Deshalb muss das Auftreten als Verfügungsberechtigter auch nicht in einer Disposition über fremdes Vermögen bestehen. Für die Anwendung des § 35 AO 1977 reicht es aus, dass sich die betreffende Person nach außen hin so geriert, als könne sie über fremdes Vermögen verfügen. Diese Voraussetzung ist auch dann erfüllt, wenn eine Person, die eine Gesellschaft faktisch leitet, ohne deren gesetzlicher Vertreter zu sein, das Auftreten nach außen weisungsabhängigen Personen überlässt (BFH-Urteil vom 24. April 1991, I R 56/89, BFH/NV 1992, 76, unter II. 2.). In diesem Falle muss der Weisungsgeber sich das Auftreten der weisungsgebundenen Person wie eigenes zurechnen lassen (BFH-Urteil vom 24. April 1991, I R 56/89, BFH/NV 1992, 76, unter II. 2.).
73 
§ 35 AO 1977 fordert auch nicht ausdrücklich ein Auftreten nach außen. Für das Tatbestandsmerkmal "Auftreten nach außen" reicht deshalb das Auftreten als Verfügungsberechtigter in einer begrenzten Öffentlichkeit aus. Daher ist das Tatbestandsmerkmal bereits dann erfüllt, wenn sich das Auftreten in dem Handeln gegenüber Gesellschaftern und Organen der Gesellschaft erschöpft. Entscheidend ist, dass sich die betreffende Person gegenüber einer begrenzten Öffentlichkeit als tatsächlicher Geschäftsführer geriert. Ein Auftreten gegenüber Nichtgesellschaftern ist nicht erforderlich (BFH-Urteil vom 24. April 1991, I R 56/89, BFH/NV 1992, 76, unter II. 3.).
74 
Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall vor:
75 
aa) Der Kläger war als Verfügungsberechtigter aufgetreten.
76 
Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens ist der Senat im Sinne von § 96 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 FGO davon überzeugt, dass der Kläger tatsächlich auch über die Mittel, die der P gehörten, verfügen konnte und auch verfügt hat. Der Senat ist insbesondere davon überzeugt, dass
77 
- der Kläger die wesentlichen Grundzüge der Karussellgeschäfte zwischen der E und der H entwickelt und sie als die (allein) führende Kraft maßgeblich ins Werk gesetzt und gesteuert hatte,
- auch die Geschäfte, an der die P mitgewirkt hatte, entsprechend dieser Grundzüge abgewickelt wurden,
- B und R den Kläger ganz allgemein bei den Karussellgeschäften als seine maßgeblichen Vertreter unterstützten,
- S jedenfalls seinen Einfluss auf die P offenbar im Einklang mit den Abreden ausübte, die er mit dem Kläger getroffen hatte,
- jedoch weder B oder R noch S willens oder in der Lage waren, den Kläger von der Einwirkung auf die Mittel, die der P gehörten, wirtschaftlich auszuschließen,
- die P vielmehr nur dann mit CPU handeln konnte, wenn der Kläger dies zuließ,
- die P insoweit in jeder Hinsicht von dem Willen des Klägers abhing, ihr insbesondere ein Spielraum, über Preis und Menge auch nur nachzudenken, nicht zukam und
- der Kläger deshalb (auch) der P die zur Begleichung der verwirklichten Umsatzsteuerschuld notwendigen, bei deren Vereinnahmung auch vorhandenen Gelder auf Dauer entziehen konnte und ihr diese Mittel auch tatsächlich entzogen hatte.
78 
Diese Umstände entnimmt der Senat dem Urteil des Landgerichts. Das Finanzgericht darf sich nämlich die tatsächlichen Feststellungen, Beweiswürdigungen und rechtlichen Beurteilungen des Strafgerichts zu eigen machen, wenn und soweit es zu der Überzeugung gelangt, dass diese zutreffend sind und im finanzgerichtlichen Verfahren keine substantiierten Einwendungen gegen diese Feststellungen erhoben werden (BFH-Beschluss vom 30. Januar 2007, VII B 4/06, BFH/NV 2007, 1374, unter 2. a. E., m. w. Nachw.).
79 
Das Landgericht hatte mit seinem Urteil insbesondere festgestellt, dass
80 
- der Kläger die E gegründet hatte (S. 19),
- Gegenstand des Unternehmens der Handel mit CPU war (S. 19),
- sich der Kläger zu Beginn des Jahres 1998 entschlossen hatte, Karussellgeschäfte zu betreiben (S. 20), bei denen die CPU von der H an die E in Spanien und von der E wieder an einen Zwischenhändler in Deutschland und von diesem wiederum an die H geliefert werden sollten (S. 20 f.),
- die H den „üblichen Handelsaufschlag“ anwenden sollte (S. 21),
- die H und die Zwischenhändler die Preise - wie von dem Kläger beabsichtigt - mit den jeweils marktüblichen Beträgen bestimmt hatten (S. 21, ferner S. 25, 41, 59, 60 f., hinsichtlich der von der P berechneten „Preise“: S. 47, 65),
- der Zwischenhändler in seinen Rechnungen den auf das Entgelt entfallenden Steuerbetrag angeben, den Steuerbetrag jedoch nicht an das Finanzamt abführen, sondern - nach Abzug des für ihn bestimmten Anteils - an die E abführen sollte (S. 21),
- der Zwischenhändler, sollte das Finanzamt feststellen, dass dieser die Umsatzsteuer hinterzieht oder sonst gezielt verkürzt, von einem anderen Zwischenhändler ersetzt werden sollte (S. 21),
- die E, der Zwischenhändler und die H ihre Geschäfte allerdings immer erst dann abschlossen, wenn sie sich über den Warenkreislauf, der zwischen ihnen stattfinden sollte, im Einzelnen, insbesondere über die Menge und den Preis, verständigt gehabt hatten (S. 25, 27, 34, 47, 61),
- der Kläger hierauf - wegen der bei Karussellgeschäften geltenden „Zwangsläufigkeiten“ - von vornherein seinen Einfluss ausüben musste (S. 61)
- der Kläger mithin ein „pseudogeschäftliches Netzwerk“ gegründet und auch geführt hatte (S. 78),
- der Kläger sodann - seinen Absichten folgend - mit M einen Sozialhilfeempfänger als Zwischenhändler eingesetzt (S. 23) und angewiesen hatte, ein Gewerbe anzumelden, CPU von der E zu erwerben und an die H zu veräußern, ferner in seinen Rechnungen den auf das Entgelt entfallenden Steuerbetrag anzugeben, die entsprechenden Beträge aber nicht an das Finanzamt abzuführen (S. 23 f.),
- M dementsprechend später die von ihm in Rechnung gestellte Umsatzsteuer an nicht an das Finanzamt, sondern - in Höhe der „überschüssigen Mehrwertsteuerbeträge“ - an die E abgeführt hatte (S. 32),
- der Kläger, nachdem M seine Tätigkeit eingestellt hatte, nunmehr mit K verabredet hatte, dass dieser an den Karussellgeschäften zwischen der E und der H teilnimmt (S. 33, 63),
- er auch K veranlasst hatte, in seinen Rechnungen den auf das Entgelt entfallenden Steuerbetrag zwar anzugeben, die entsprechenden Beträge aber nicht an das Finanzamt abzuführen (S. 33, 64),
- K die von ihm zu entrichtende Umsatzsteuer ebenfalls nicht an das Finanzamt abgeführt, sondern von seinen Einnahmen lediglich die sonstigen Ausgaben und als seine „Entnahmen“ zehn Teilbeträge in Höhe von jeweils 29.000 DM abgezogen, den verbliebenen Unterschiedsbetrag aber der E jeweils als „Vorauszahlung“ überwiesen hatte (S. 42, 64), ferner
- K und die E hierfür wöchentliche „Balance Sheets“ erstellt hatten (S. 42, 64),
- die O gegen den Willen des Klägers und der anderen Angeklagten an den Karussellgeschäften nicht beteiligt worden wäre (S. 40),
- der Kläger, nachdem auch K seine Tätigkeit eingestellt hatte, jetzt mit S verabredet hatte, dass dieser zur Teilnahme an den Karussellgeschäften zwischen der E und der H einen neuen Zwischenhändler besorgt (S. 47 f.),
- S hierauf - im November und Dezember 1998 - als die treibende Kraft hinter der I und der P an den Karussellgeschäften des Klägers und der anderen Angeklagten mitgewirkt hatte (S. 48),
- die I und die P jeweils als Zwischenhändler tätig geworden waren (S. 47 f., 65),
- der Kläger und die anderen Angeklagten die Karussellgeschäfte mit der I und der P „nach dem gleichen Grundprinzip wie bisher“ fortgesetzt hatten (S. 47, 65), dabei
- die Lieferungen von CPU erst von der E der I berechnet worden waren, sodann von der I der P mit Beträgen in Höhe von insgesamt 5.146.640 DM, hierauf von der P der F mit Beträgen in Höhe von insgesamt 4.475.668,06 DM zuzüglich als die gesetzlich geschuldete Umsatzsteuer ausgewiesene Beträge in Höhe von insgesamt 716.106,88 DM und schließlich von der F der H (S. 47, 48, 65),
- dementsprechend auch die P die von ihr geschuldete, von der F auch bezahlte Umsatzsteuer verkürzt hatte (S. 48, 65), also den auf das Entgelt entfallenden Steuerbetrag zwar angegeben hatte, die entsprechenden Beträge nicht an das Finanzamt abgeführt hatte (S. 48, 65 in Verbindung mit S. 21, 32, 34),
- S, soweit er die von der I an die E abzuführenden Beträge zum Teil - in Höhe von 2,1 Mio. DM - einbehalten hatte, eigenmächtig gehandelt hatte (S. 48, 49),
- die CPU allerdings - auch, soweit die P eingeschaltet war - lediglich zwischen einem Warenlager erst in den Niederlanden und später in Belgien und der Betriebsstätte der H in C hin- und her befördert worden waren (S. 26 f., 34, 47, 61, 63, 65), ferner
- B eine „hervorgehobene Rolle“ bei den Karussellgeschäften des Klägers ausgeübt gehabt hatte (S. 81),
- B insbesondere die Aufgabe gehabt hatte, die Zwischenhändler zu besorgen, die auch bereit gewesen waren, „Weisungen von Hintermännern zu befolgen“ (S. 22),
- dementsprechend B die weiteren Angeklagten M und K als Zwischenhändler eingesetzt gehabt hatte (S. 23 bzw. 33), ferner
- B bei einer Bank in Liechtenstein ein Konto auf den Namen des K eröffnet gehabt hatte, über das er, B, auch verfügungsbefugt gewesen war (S. 42 f.),
- auf diesem Konto Beträge in Höhe von rund 9,3 Mio. DM gutgeschrieben worden waren (S. 54),
- der Kläger mit der Wahrnehmung seiner Angelegenheiten den damaligen Rechtsanwalt R beauftragt hatte (S. 20),
- dieser im Wesentlichen die Aufgabe gehabt hatte, dem Kläger „den Rücken freizuhalten“ (S. 20, 21) und ihn bei den Karussellgeschäften zu unterstützen (S. 21 f.; ferner S. 45),
- seine finanziellen Schwierigkeiten einerseits und die „finanziell großzügige ... Art“ des Klägers andererseits R veranlasst hatten, für den Kläger tätig zu werden (S. 22, 80) und schließlich
- der Umfang der „Erträge“, die die E erzielt hatte, dem Kläger ein Leben „auf großem Fuße“ (S. 55, 66) ermöglichten,
- dem Kläger außerdem noch weitere Beträge in Höhe von mindestens 2,5 Mio. DM zuflossen,
- B von den verkürzten Steuerbeträgen einen Anteil in Höhe von insgesamt rund 3,1 Mio. DM erlangt hatte und schließlich
- der Kläger darüber hinaus an R Beträge in Höhe von insgesamt immerhin rund 1,6 Mio. DM zahlen konnte (S. 54, 66).
81 
Der Senat entnimmt diesen Umständen zunächst die hervorgehobene Rolle, die schon das Landgericht dem B zugeschrieben hat, die nach Ansicht des Senats aber auch R und - im November und Dezember 1998 - S innehatten. Der Senat sieht sich ferner in seiner Überzeugung, dass auch S sich nicht nur bereit erklärt hatte, an den Karussellgeschäfte des Klägers mitzuwirken, dies vielmehr auch getan hatte, auch von dem Umstand bestätigt, dass sich die P - wie zuvor M und K - im Einklang mit den Absichten des Klägers verhielt, insbesondere - jedenfalls im Ergebnis (zumindest) - die „Preise“ bezahlt hat, die ihr von der I berechnet worden waren.
82 
Dass S offenbar die Gelegenheit genutzt hatte, der E mit dem Betrag von insgesamt rund 2,1 Mio. DM einen Teil der - von der I - vereinnahmten Geldbeträge vorzuenthalten, beruhte dagegen - wie sich aus den Feststellungen des Landgerichts ergibt - auf einem eigenmächtigen, also abredewidrigen Entschluss. Hierfür spricht zum einen, dass - wie das Landgericht ebenfalls festgestellt hat - R im Auftrag des Klägers diesen Betrag beizutreiben suchte. Zum anderen betrafen diese Geldbeträge die drei letzten Geschäftsvorfälle, die zwischen der E und der I stattgefunden hatten. Dies bestätigen auch die Angaben, die S bei seiner Vernehmung in dem Strafverfahren gegen den Kläger bei der Staatsanwaltschaft X (Geschäftsnummer: ...) gemacht hatte (S. 13 der Niederschrift vom 22. Februar 2001), und die Angaben der Fahnder in der Anlage 5 zu ihrem Bericht vom 22. November 2002 (Übersicht: „Eingangsrechnungen“ der I):
83 
Rechnung vom
Entgelt
25. November
364.800,00 DM
26. November
1.345.500,02 DM
30. November
   437.000,00 DM
Summe
2.147.300,02 DM
84 
Auch das Ende der Tätigkeit des S als Zwischenhändler bei den Karussellgeschäften des Klägers ist nach Überzeugung des Senats ein Beweisanzeichen dafür, dass dieser bestimmen konnte, wer bei den von ihm ins Werk gesetzten Karussellgeschäfte mitwirken durfte oder ausgeschlossen wurde. Jedenfalls sind im Streitfall Anhaltspunkte tatsächlicher Art weder von dem Kläger vorgetragen noch sonst nach Aktenlage ersichtlich, nach denen die I aus anderen Gründen aus den Karussellgeschäfte ausgeschieden sein könnte. Das dem Urteil des Landgerichts zugrundeliegende Ermittlungsverfahren gegen den Kläger kann nicht die Ursache gewesen sein, denn die Staatsanwaltschaft hatte das Strafverfahren erst ein knappes Jahr später eingeleitet (Anklageschrift der Staatsanwaltschaft X vom 29. Januar 2002, S. 44). Vielmehr waren - wie das Landgericht feststellte - die Karussellgeschäfte im Laufe des Jahres 1999 mit weiteren Zwischenhändlern fortgesetzt geworden (II. F. 2. und 3. der Gründe, S. 48 f. bzw. S. 49). Die vorstehenden Umstände sprechen zugleich dafür, dass S bei seiner Teilnahme an den Karussellgeschäften von dem Kläger abhängig war, dass dieser den S insoweit schon aus tatsächlichen Gründen steuern und somit mit seiner Hilfe auch über die Mittel der P verfügen konnte.
85 
Ein weiteres Beweisanzeichen dafür, dass S, aber auch T und L bei ihrer Teilnahme an den Karussellgeschäften von dem Kläger völlig abhängig waren, dass er daher auch sie insoweit schon aus tatsächlichen Gründen steuern und damit zugleich über die Mittel der P verfügen konnte, ist, dass Anhaltspunkte tatsächlicher Art weder von dem Kläger vorgetragen noch sonst nach Aktenlage ersichtlich sind, nach denen S oder T und L
86 
- aus eigenem Vermögen in der Lage gewesen wären, die in dem Bericht der Fahnder vom 22. November 2002 bezeichneten Geschäftsvorfälle nach Art und Umfang „aus dem Nichts heraus“ zu tätigen oder
- sich aus waghalsigen, aber doch noch als kaufmännisch zu wertenden Gründen zu den Geschäften entschlossen haben könnten, bei denen die P „Preise“ bezahlen musste, die das Entgelt überstiegen, das sie - abzüglich der Umsatzsteuer - von der F verlangen konnte.
87 
bb) Der Kläger war ferner in der Lage, die Pflichten eines gesetzlichen Vertreters rechtlich und tatsächlich zu erfüllen.
88 
Wie schon ausgeführt greift die Haftung gemäß §§ 35, 34 Abs. 1 AO 1977 nur ein, soweit der Verfügungsberechtigte die Pflichten eines gesetzlichen Vertreters rechtlich und tatsächlich erfüllen kann (BFH-Urteil vom 24. April 1991, I R 56/89, BFH/NV 1992, 76, unter II. 4.).
89 
Der Senat ist aufgrund der vorstehend zu b, aa) dargestellten Umstände und Beweisanzeichen davon überzeugt, dass zwischen dem Kläger einerseits und S sowie T und L andererseits ein Treuhand- oder sonstiges Auftragsverhältnis bestand, kraft dessen der Kläger diese steuern und deshalb über die Mittel der P verfügen konnte. Er entnimmt dies insbesondere
90 
- der Art und Weise, in der der Kläger sein Vorhaben, Karussellgeschäfte durchzuführen, ins Werk gesetzt hatte, und insbesondere
- dem Umstand, dass er der P (über den „Preis“) die zur Begleichung der tatsächlich verwirklichten Umsatzsteuerschuld notwendigen - und bei deren Vereinnahmung auch vorhandenen - Geldmittel tatsächlich entzogen hat.
91 
Diese Geldmittel wurden der P entzogen, indem in den Preis, den die P von der F verlangen durfte, nicht sämtliche vorhersehbaren Betriebsausgaben der P einberechnet waren. Im Streitfall hat der Aufschlag auf den „Preis“, den die P an die I zu zahlen hatte, insbesondere die von ihr, der P, geschuldete Umsatzsteuer jedenfalls in Höhe des Betrags von (mindestens) 670.972 DM nicht berücksichtigt. Dieser Betrag lässt sich - wie schon erwähnt - wie folgt errechnen:
92 
das von der P der F berechnete, der Umsatzsteuer unterliegende Entgelt
4.475.668 DM
die Umsatzsteuer hierauf
   716.106 DM
Zwischensumme
5.191.774 DM
abzüglich
        
-das von der I der P berechnete Entgelt
5.146.640 DM
-die von P zu entrichtende Umsatzsteuer
   716.106 DM
        
670.972 DM
93 
cc) Der Senat ist weiter davon überzeugt, dass das Handeln des Klägers auch das Tatbestandsmerkmal "Auftreten nach außen" erfüllte.
94 
Zum einen sind S sowie T und L als - wie vorstehend zu b, bb) ausgeführt - von ihm, dem Kläger, weisungsabhängige Personen nach außen aufgetreten. Zum anderen ist er selbst nach außen aufgetreten, wenn er sich mit A darüber verständigte, ob und nach welcher Maßgabe ein Karussellgeschäft durchgeführt werden sollte. Insoweit hat er im Außenverhältnis zur H gehandelt. Der Senat ist auch davon überzeugt, dass A wusste, dass der Kläger auch die Tätigkeit der P steuerte, denn der Kläger hatte den A - wie das Landgericht feststellte (S. 22) - in seine wahren Absichten eingeweiht.
95 
dd) Der Senat ist schließlich - insbesondere aufgrund der Feststellungen vorstehend zu b, aa) - davon überzeugt, dass der Kläger im Sinne von § 69 Satz 1 AO 1977 die zur Begleichung der tatsächlich verwirklichten Umsatzsteuerschuld notwendigen - und bei deren Vereinnahmung auch vorhandenen - Geldmittel im Sinne von § 69 Satz 1 AO 1977 vorsätzlich entzogen hatte (vgl. BFH-Beschluss vom 11. Februar 2002, VII B 323/00, BFH/NV 2002, 891 unter II. 1. c)
96 
Der Senat ist insoweit auch davon überzeugt, dass die bei ihrer Vereinnahmung vorhandenen, im Sinne von § 69 Satz 1 AO 1977 vorsätzlich auf Dauer entzogenen Geldmittel mindestens den Betrag ausgemacht hatten, der sich - wie vorstehend zu b, bb) schon dargestellt - mit 670.972 DM errechnen lässt.
97 
c) Der Kläger hat mit seinem schuldhaft pflichtwidrigen Verhalten auch einen Steuerausfall in Höhe der Beträge verursacht, mit denen ihn der Beklagte in Anspruch nimmt.
98 
Diese Beträge können anhand der Aktenlage durchaus nachvollzogen werden. Gegenteilige Anhaltspunkte tatsächlicher Art sind jedenfalls weder von dem Kläger vorgetragen noch sonst nach Aktenlage ersichtlich.
99 
Ein anderes Ergebnis folgt im Streitfall auch nicht aus dem haftungsbegrenzenden Grundsatz der anteiligen Tilgung der Umsatzsteuer. Nach diesem Grundsatz haftet der Geschäftsführer einer GmbH für die von dieser geschuldete, nicht an das Finanzamt entrichtete Umsatzsteuer nach den §§ 34, 69 AO 1977 nur insoweit, als er aus den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln die Steuerschulden hätte tilgen können. Bei insgesamt nicht ausreichenden Zahlungsmitteln liegt eine schuldhafte Pflichtverletzung des Geschäftsführers nur insoweit vor, als er die vorhandenen Mittel nicht zu einer in etwa anteiligen Befriedigung der privaten Gläubiger und des Finanzamts (wegen der Umsatzsteuer) verwendet hat (BFH-Urteile vom 26. August 1992, VII R 50/91, BStBl II 1993, 8, unter 2. a, und vom 4. Dezember 2007, VII R 18/06, BFH/NV 2008, 521, unter II. 5., jeweils m. w. Nachw.). Dieser Grundsatz greift im Streitfall jedoch nicht ein, weil - wie vorstehend zu b) im Einzelnen ausgeführt -
100 
- der Kläger die wesentlichen Grundzüge der Karussellgeschäfte zwischen der E und der H entwickelt und sie als die (allein) führende Kraft maßgeblich ins Werk gesetzt und gesteuert hatte,
- auch die Geschäfte, an der die P mitgewirkt hatte, entsprechend dieser Grundzüge abgewickelt wurden, und gerade deshalb
- der Kläger (auch) der P die zur Begleichung der verwirklichten Umsatzsteuerschuld notwendigen, bei deren Vereinnahmung auch vorhandenen Gelder auf Dauer entziehen konnte und ihr diese Mittel auch tatsächlich entzogen hatte.
101 
Der tatsächlich eingetretene Steuerausfall war im Streitfall mithin die von dem Kläger vorsätzlich herbeigeführte Folge der von ihm betriebenen Karussellgeschäfte (vgl. auch BFH-Urteil vom 6. März 2001, VII R 17/00, BFH/NV 2001, 1100, unter II. 4., m. w. Nachw.).
102 
d) Nachdem der Beklagte neben dem Kläger auch die anderen, an dem bei der P verursachten Steuerausfall möglicherweise Beteiligten im Wege der Haftung in Anspruch nimmt und hierauf auch in dem Haftungsbescheid vom 7. Mai 2002 und in der Einspruchsentscheidung vom 2. November 2004 hingewiesen hat, ist auch insoweit ein Ermessensfehler des Beklagten nicht erkennbar (zum sog. Auswahlermessen vgl. ferner BFH-Urteil vom 13. Juni 1997, VII R 96/96, BFH/NV 1998, 4, m. w. Nachw.).
103 
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 Satz 1, § 138 Abs. 1 FGO. Die Verfahrenskosten waren den Beteiligten wegen der im Laufe des Rechtsstreits durch den Bescheid vom 21. April/29. Mai 2008 eingetretenen Streitwertminderung für die verschiedenen Zeitabschnitte getrennt in unterschiedlichen Quoten aufzuerlegen (BFH-Urteile vom 6. Juni 1984, II R 184/81, BStBl II 1985, 261, unter 3. und vom 11. Mai 1999, IX R 56/96, BFH/NV 2000, 20, unter 4.).
104 
3. Der Streitwert war gemäß § 52 Abs. 3 des Gerichtskostengesetzes mit dem Betrag festzusetzen, mit dem der Beklagte den Kläger in Anspruch nimmt bzw. - für die Zeit bis zum 21. April 2008 - in Anspruch genommen hatte (vgl. BFH-Beschluss vom 24. November 1994, VII E 7/94, BFH/NV 1995, 720).

Wer als Verfügungsberechtigter im eigenen oder fremden Namen auftritt, hat die Pflichten eines gesetzlichen Vertreters (§ 34 Abs. 1), soweit er sie rechtlich und tatsächlich erfüllen kann.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) war im Handelsregister als einziger und damit einzelvertretungsberechtigter Vorstand einer AG eingetragen. Nach den Bestimmungen seines Anstellungsvertrags bedurfte er als Vorstand im Innenverhältnis für sämtliche Zahlungsvorgänge der vorherigen Zustimmung des Aufsichtsrats der AG. Zahlungen waren ausdrücklich mit dem Aufsichtsratsvorsitzenden der AG, Herrn A (A) abzustimmen und durften erst nach dessen Freigabe vorgenommen werden. Aufgrund von Liquiditätsproblemen der AG Anfang des Jahres 2005 veranlasste der Kläger die Auszahlung der Netto-Arbeitslöhne an die Beschäftigten der AG für Februar und März 2005 erst in der Mitte des jeweiligen Folgemonats. Die hierfür fällig gewordenen Lohn- und Kirchensteuern nebst Solidaritätszuschlägen wurden zwar angemeldet, jedoch an den Beklagten und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) nicht abgeführt. Von A erhielt der Kläger am 9. April 2005 eine E-Mail mit folgendem Hinweis: "... pay the salary from the people for march, open vat for government and social payment will be done later ...." Mit Wirkung zum 19. Mai 2005 legte der Kläger im Innenverhältnis zur AG sein Amt als Vorstand mit sofortiger Wirkung nieder. Am 15. Juni 2005 wurde über das Vermögen der AG das Insolvenzverfahren eröffnet.

2

Da die Steuerforderungen gegenüber der AG nicht realisiert werden konnten, nahm das FA den Kläger für rückständige Lohnsteuern für die Monate Januar bis April 2005, für Kirchensteuern für die Monate Februar und März 2005 sowie für Solidaritätszuschläge für die Monate Januar bis April 2005 als Haftungsschuldner in Anspruch. Der Einspruch führte zu einer geringfügigen Herabsetzung der Haftungssumme. Die Klage hatte nur hinsichtlich der Lohnsteuern und Solidaritätszuschläge für den Monat April 2005 Erfolg. Das Finanzgericht (FG) urteilte, dass der Kläger den Haftungstatbestand des § 69 i.V.m. § 34 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) dadurch erfüllt habe, dass er die Löhne trotz der ihm bekannten finanziellen Schwierigkeiten der AG ungekürzt an die Arbeitnehmer ausbezahlt und es unterlassen habe, bereits im Zeitpunkt der Auszahlung der Nettolöhne eine unwiderrufliche Genehmigung der Bezahlung der darauf entfallenden Steuern sicherzustellen. Es komme deshalb nicht darauf an, ob er vor der Niederlegung seines Amtes betriebsinterne Anweisungen an die Buchhaltung zur Auszahlung der Steuern gegeben habe. Anlass zur weiteren Sachaufklärung in Bezug auf eine solche Anweisung bestehe daher nicht. Als ordnungsgemäß bestellter Vorstand der AG sei er verpflichtet gewesen, sich über den Umfang seiner Verantwortlichkeit in Kenntnis zu setzen.

3

Die E-Mail des A könne ihn nicht entlasten, denn ihr sei kein ausdrückliches Verbot der Bezahlung der Steuern zu entnehmen. Auch könne sich der Kläger nicht darauf berufen, dass seine Zahlungsanweisungen durch den Vorstandsvertrag von der Zustimmung des Aufsichtsratsvorsitzenden abhängig gewesen seien. Die Weisungsabhängigkeit habe ausschließlich im Innenverhältnis bestanden und habe seine Rechtsbefugnisse im Außenverhältnis nicht beschränken können. Die Situation sei nicht mit der Bestellung eines sog. starken Insolvenzverwalters oder eines Insolvenzverwalters mit Zustimmungsvorbehalt zu vergleichen, bei der zumindest eine Verfügungsbegrenzung nach außen bestehe. Durch die schuldhafte Pflichtverletzung sei dem Fiskus ein Vermögensschaden entstanden. Anhaltspunkte für eine Überschreitung oder einen Fehlgebrauch des dem FA zustehenden Ermessens seien nicht erkennbar. Anhaltspunkte dafür, dass A nach außen als Verfügungsberechtigter der AG i.S. von § 35 AO und damit als potentieller Haftungsschuldner nach § 69 AO aufgetreten sei, seien nicht ersichtlich.

4

Mit seiner Beschwerde begehrt der Kläger die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--), zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) und wegen eines Verfahrensmangels (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO). Von grundsätzlicher Bedeutung sei die Frage, ob der einzige und alleinvertretungsberechtigte, im Handelsregister eingetragene Vorstand einer AG grob fahrlässig bzw. pflichtwidrig i.S. des § 69 AO handele, oder ob zu seinen Gunsten eine schuldbefreiende notstandsähnliche Zwangslage bestehe, wenn er nach seinem Vorstandsvertrag im Innenverhältnis für jeden Zahlungsvorgang die vorherige Zustimmung des Aufsichtsrats der AG, deren Vorsitz durch einen Vertreter der Alleinaktionärin ausgeübt werde, einzuholen habe und die durch den Aufsichtsrat freigegebenen Gelder aus der zu diesem Zeitpunkt einzigen Kreditlinie der Gesellschaft, für die der Aufsichtsratsvorsitzende persönlich hafte, auf dessen Anweisung hin zunächst ausschließlich zur Auszahlung der Nettolöhne an die Arbeitnehmer der AG verwende und die unwiderrufliche Anweisung des Vorstands zur Auszahlung der fällig gewordenen Lohnsteuer und Kirchensteuer sowie Solidaritätszuschläge durch den Aufsichtsratsvorsitzenden trotz Zusage der späteren Zahlung widerrufen und die Zahlung der Steuerbeträge verhindert werde. Der Streitfall sei mit dem vom Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 5. Juni 2007 VII R 19/06 (BFH/NV 2007, 2225) entschiedenen Fall vergleichbar, bei dem der vorläufige Insolvenzverwalter eine rechtzeitige Zahlung der Steuern verhindert habe.

5

Die E-Mail des A sei entgegen der Rechtsauffassung des FG als Genehmigung der Auszahlung der abzuführenden Steuerbeträge zu verstehen. Anfang Mai habe er, der Kläger, auf der Grundlage dieser Ermächtigung die unwiderrufliche Anweisung zur Entrichtung der Steuern gegeben, die jedoch von A verhindert worden sei. Aufgrund der allgemeinen Haftungsregelungen der §§ 92 Abs. 2 und 93 des Aktiengesetzes habe er sich in einem nicht aufzulösenden Spannungsverhältnis befunden. Insgesamt könne sein Verhalten nicht als grob fahrlässig angesehen werden. Die Nichtentrichtung der Steuern habe ausschließlich A zu vertreten. Eine Haftung scheide im Streitfall auch deshalb aus, weil der Zurechnungszusammenhang im Sinne der zivilrechtlichen Adäquanztheorie zwischen der nicht fristgerechten Steuerentrichtung und dem Steuerausfall beim Fiskus fehle. Auch diesbezüglich liege eine Klärungsbedürftigkeit vor.

6

Darüber hinaus werfe der Streitfall die Frage auf, ob der alleinige Aufsichtsratsvorsitzende einer AG, der sich für die einzige Kreditlinie der Gesellschaft persönlich verbürgt habe, sämtliche Zahlungsvorgänge der Gesellschaft an seine Zustimmungspflicht gebunden habe und für die Konten der Gesellschaft zeichnungs- und verfügungsbefugt sei, Verfügungsberechtigter i.S. des § 35 AO sei und die Pflichten eines gesetzlichen Vertreters (§ 34 Abs. 1 AO) habe, soweit er sie tatsächlich und rechtlich erfüllen könne. Aus dem klaren Inhalt der Akten ergebe sich, dass A die Kreditlinie der AG bestellt und daher sämtliche Zahlungsvorgänge an seine Zustimmung gebunden sowie die Zeichnungs- und Verfügungsbefugnis über die Konten der AG gehabt habe. Aufgrund der Möglichkeit über Mittel der AG zu verfügen, komme dieser als Haftungsschuldner nach § 69 i.V.m. § 35 AO in Betracht. Hierfür genüge das Auftreten gegenüber Gesellschaftern und den Organen der Gesellschaft. Dies habe das FA verkannt und folglich das Auswahlermessen nicht ausgeübt. Dieser Rechtsfehler sei von solchem Gewicht, dass zur Korrektur des angefochtenen Urteils eine Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO erfolgen müsse.

7

Schließlich habe das FG den Gehörsanspruch aus Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) dadurch verletzt, dass es einen Beweisantrag übergangen habe. Am Ende der mündlichen Verhandlung sei der nicht protokollierte Beweisantrag auf Vernehmung der Assistentin des Klägers gestellt worden. Diese hätte bezeugen können, dass es während der Amtszeit des Klägers keine Eingriffe des A in die Geschäftsleitungsbefugnisse, insbesondere nicht in den Zahlungsverkehr gegeben habe. Die Beweiserhebung hätte sinngemäß ergeben, dass es für den Kläger nicht vorhersehbar gewesen sei, dass A die Anfang Mai 2009 erteilte Zahlungsanweisung nicht zur Ausführung kommen lassen würde. Von Amts wegen hätte das FG auch Herrn X, Frau Z als Leiterin des Rechnungswesens der AG sowie A als Zeugen vernehmen müssen.

8

Das FA ist der Beschwerde entgegengetreten, die es für unzulässig hält.

Entscheidungsgründe

9

II. Die Beschwerde ist unbegründet. Den aufgeworfenen Fragen kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu. Der behauptete Verfahrensmangel liegt nicht vor.

10

1. Eine Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO kommt nur dann in Betracht, wenn die vom Beschwerdeführer aufgeworfene Frage klärungsbedürftig und im konkreten Streitfall auch klärungsfähig ist (vgl. Senatsbeschlüsse vom 27. Oktober 2003 VII B 196/03, BFH/NV 2004, 232, und vom 2. Dezember 2002 VII B 203/02, BFH/NV 2003, 527, m.w.N.). Die vom Kläger formulierte Frage hinsichtlich des Verschuldens des einzigen und alleinvertretungsberechtigten Vorstands einer AG bei Nichtabführung von Abzugssteuern ist auf die zahlreichen Besonderheiten des vorliegenden Streitfalls zugeschnitten. Es ist nicht anzunehmen, dass sich genau diese Frage in einer Vielzahl von Fällen stellen wird, so dass ihre Klärung im Interesse der Allgemeinheit liegt. Vielmehr hängt die Klärung der Frage, ob einem gesetzlichen Vertreter i.S. des § 34 Abs. 1 AO der Vorwurf einer grob fahrlässigen oder vorsätzlichen Pflichtverletzung gemacht werden kann, von den konkreten Umständen des jeweiligen Einzelfalls ab, so dass sich allgemeingültige Aussagen hierzu nicht treffen lassen.

11

Im Übrigen könnte sich die vom Kläger aufgeworfene Frage in dem angestrebten Revisionsverfahren nicht stellen. Denn das FG hat nicht ausdrücklich festgestellt, dass der Kläger eine unwiderrufliche Anweisung zur Auszahlung der fälligen Steuern und der Solidaritätszuschläge erteilt hat. Vielmehr hat es ausgeführt, dass es auf die Frage, ob der Kläger eine solche betriebsinterne Weisung an die Buchhaltung der AG gegeben hat, nicht ankomme. Auch fehlen hinreichende Feststellungen über eine Vereitelung der Abgabenentrichtung durch einen Widerruf des Aufsichtsratsvorsitzenden. In der Urteilsbegründung hat das FG lediglich den Vortrag des Klägers in Bezug auf die im Streit stehende Intervention des A wiedergegeben, ohne den behaupteten Widerruf ausdrücklich festzustellen. Schließlich hat das FG die schuldhafte Pflichtverletzung des Klägers nicht allein in dem Umstand gesehen, dass dieser die Mittel ausschließlich zur Auszahlung der Nettolöhne verwendet hat. Entgegen der Fragestellung hat das FG die haftungsbegründende Pflichtverletzung bereits darin gesehen, dass sich der Kläger in seiner Eigenschaft als ordnungsgemäß bestellter Vorstand einer AG über den Umfang seiner Verantwortlichkeit keine ausreichende Kenntnis verschafft hat. Unter all diesen Gesichtspunkten wäre die vom Kläger aufgeworfene Frage in einem Revisionsverfahren nicht klärungsfähig.

12

2. Dem übrigen Vorbringen in Bezug auf die Verschuldensfrage lässt sich keine grundsätzlich bedeutsame Frage entnehmen. Im Kern seiner Darlegungen stellt der Kläger seine eigene Rechtsansicht der rechtlichen Beurteilung des Falles durch das FG gegenüber und kommt zu dem Schluss, dass das FG zu Unrecht das Senatsurteil in BFH/NV 2007, 2225 nicht auf den Streitfall übertragen habe und dass ihn kein Verschulden treffe. Sofern die Beschwerde die Frage geklärt wissen will, "ob die zivilrechtlichen Überlegungen für das Steuerrecht Anwendung finden", genügen die diesbezüglichen Ausführungen auch nicht ansatzweise den Darlegungserfordernissen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO.

13

3. Auch der Frage, ob der alleinige Aufsichtsratsvorsitzende einer AG, der sich für die einzige freie Kreditlinie der Gesellschaft persönlich verbürgt, sämtliche Zahlungsvorgänge der Gesellschaft von seiner Zustimmung abhängig gemacht hat und für die Konten der Gesellschaft zeichnungs- und vertretungsbefugt ist, Verfügungsberechtigter i.S. des § 35 AO ist, kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu. Die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Person, die nicht gesetzlicher Vertreter ist, dennoch als Verfügungsberechtigter nach § 69 AO als Haftungsschuldner in Anspruch genommen werden kann, lässt sich nur unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls beantworten. Dabei reicht es nach der Rechtsprechung des BFH nicht aus, dass eine Befugnis besteht, über fremdes Vermögen zu verfügen. Vielmehr ist ein Auftreten nach Außen erforderlich, das für andere erkennen lässt, dass der Verfügungsberechtigte von der ihm eingeräumten Verfügungsbefugnis auch Gebrauch gemacht hat (BFH-Urteil vom 29. Oktober 1985 VII R 186/82, BFH/NV 1986, 192). Bleibt der Verfügungsberechtigte im Hintergrund und bedient er sich zur Ausübung seiner Verfügungsbefugnis der Unterstützung von weisungsabhängigen Personen, wird er nach § 35 AO nur dann verpflichtet, wenn die Weisungsabhängigkeit auch nach außen erkennbar wird und er die Gesellschaft faktisch leitet (BFH-Urteil vom 24. April 1991 I R 56/89, BFH/NV 1992, 76, m.w.N., und Jatzke in Beermann/ Gosch, AO, § 35 Rz 19). Die Würdigung, ob ein solch qualifiziertes Auftreten nach Außen vorliegt, ist anhand sämtlicher Umstände des jeweiligen Einzelfalls vorzunehmen, so dass die vom Kläger aufgeworfene Frage einer allgemeingültigen Klärung nicht zugänglich ist.

14

Der Streitfall bietet auch deshalb keinen Anlass, die von der Beschwerde formulierte Frage zu beantworten, weil das FG ein Auftreten des A nach Außen nicht festgestellt hat. Es hat ausgeführt, dass Anhaltspunkte dafür, dass A nach Außen als Verfügungsberechtigter der AG i.S. des § 35 AO aufgetreten ist, nicht ersichtlich sind. Diese Würdigung der besonderen Umstände des Streitfalls ist möglich; sie verstößt nicht gegen Erfahrungssätze oder Denkgesetze. Selbst der Kläger trägt vor, dass seine vom FG nicht vernommene Assistentin hätte bestätigen können, dass es während der Amtszeit des Klägers als Vorstand der AG keine Eingriffe des A in die Geschäftsleitungsbefugnisse des Klägers gegeben habe, er an der Erfüllung seiner Pflichten folglich nicht gehindert worden sei. Auch dieser Vortrag belegt, dass aus der Sicht des FG keine Anhaltspunkte dafür bestanden, dass A als faktischer Geschäftsführer der AG nach außen aufgetreten ist oder tatsächlich den Kläger aus seiner Position verdrängt hat.

15

4. Schließlich liegen die behaupteten Verfahrensmängel der Verletzung des Gehörsanspruchs aus Art. 103 Abs. 1 GG und der Sachaufklärungspflicht (§ 76 FGO) nicht vor.

16

Wird geltend gemacht, das FG hätte den Sachverhalt auch ohne entsprechenden Antrag des Klägers von Amts wegen umfassender aufklären müssen, ist u.a. darzulegen, welche entscheidungserheblichen Tatsachen sich bei der weiteren Sachaufklärung voraussichtlich ergeben hätten und inwiefern bei der Beweiserhebung durch Zeugeneinvernahme eine weitere Aufklärung des Sachverhalts auf der Grundlage des materiellen Rechtsstandpunkts des FG zu einer anderen Entscheidung hätte führen können (ständige Rechtsprechung des BFH, vgl. Senatsbeschluss vom 28. August 2003 VII B 71/03, BFH/NV 2004, 493, zu II.1.a, m.w.N.). Schließlich gehört zur ordnungsgemäßen Darlegung des Verfahrensfehlers mangelhafter Sachaufklärung nach ständiger Rechtsprechung auch der Vortrag, dass die nicht zureichende Aufklärung des Sachverhalts und die Nichterhebung weiterer (angebotener) Beweise in der mündlichen Verhandlung gerügt wurden oder weshalb diese Rüge nicht möglich war (vgl. BFH Urteil vom 20. April 1989 IV R 299/83, BFHE 157, 106, BStBl II 1989, 727, und Senatsbeschluss vom 16. Dezember 2003 VII B 10/03, BFH/NV 2004, 529). Da der im finanzgerichtlichen Verfahren geltende Untersuchungsgrundsatz eine Verfahrensvorschrift ist, auf deren Einhaltung ein Beteiligter ausdrücklich oder durch Unterlassen einer Rüge verzichten kann (§ 155 FGO i.V.m. § 295 der Zivilprozessordnung) hat die Unterlassung der rechtzeitigen Rüge den endgültigen Rügeverlust --z.B. auch zur Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde-- zur Folge.

17

Das Übergehen eines Beweisantrags oder einer unvollständigen Zeugeneinvernahme kann deshalb im Rahmen der Nichtzulassungsbeschwerde nicht mehr mit der Verfahrensrüge angegriffen werden, wenn der in der maßgeblichen Verhandlung selbst anwesende oder fachkundig vertretene Beteiligte, dem die Nichtbefolgung eines Beweisantrags oder die mangelhafte Sachaufklärung erkennbar war, den Verfahrensverstoß nicht gerügt und damit auf die Wahrnehmung seiner Rechte verzichtet hat (vgl. Senatsbeschluss vom 17. Dezember 1999 VII B 183/99, BFH/NV 2000, 597).

18

Ausweislich des Protokolls über die mündliche Verhandlung hat der Kläger keine Beweisanträge gestellt. Den Antrag auf Protokollberichtigung, mit dem der Kläger eine Ergänzung des Protokolls um den Zusatz begehrte, dass er beantragt habe, seine Assistentin als Zeugin zu vernehmen, hat das FG mit unanfechtbarem Beschluss vom 30. November 2009  15 K 3609/06 abgelehnt. Sofern die Beschwerde gleichwohl an der Aufklärungsrüge festhält und darüber hinaus meint, dem FG hätte sich das Erfordernis einer weiteren Sachaufklärung von Amts wegen aufdrängen müssen, rechtfertigt dieses Vorbringen die Revisionszulassung nicht. Nach den Ausführungen des Klägers hätte mit der Vernehmung der Zeugin Beweis darüber geführt werden sollen, dass der Kläger Anfang Mai 2009 eine unwiderrufliche Anweisung zur Entrichtung der fälligen Steuerbeträge gegeben habe. Jedoch hat das FG in der Urteilsbegründung ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es auf die Frage, ob der Kläger vor Niederlegung seines Amtes als Vorstand der AG eine solche betriebsinterne Weisung gegeben habe, nicht ankomme. Aus der maßgeblichen Sicht des FG war somit das Beweisthema nicht entscheidungserheblich.

19

Soweit der Kläger behauptet, dem FG hätte sich zur Ermittlung von Schuldausschließungs- bzw. Rechtfertigungsgründen und zur Prüfung der Frage, ob A als Verfügungsberechtigter i.S. des § 35 AO aufgetreten sei, von Amts wegen auch die Vernehmung weiterer Zeugen aufdrängen müssen, genügt dieses Vorbringen nicht den Darlegungserfordernissen. Wie bereits ausgeführt, hat das FG keine Anhaltspunkte dafür gesehen, dass A nach außen als Verfügungsberechtigter aufgetreten ist. Was die benannten Zeugen im Einzelnen ausgesagt hätten und warum ihre Aussage aus der maßgeblichen Sicht des FG entscheidungserheblich hätte sein können, versäumt die Beschwerde näher auszuführen.

20

5. Eine Zulassung der Revision kommt auch nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO nicht in Betracht. Die Einheitlichkeit der Rechtsprechung ist i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO nur dann betroffen, wenn dem FG bei der Auslegung und Anwendung des Rechts Fehler unterlaufen sind, die von so erheblichem Gewicht sind, dass sie, würden sie von einem Rechtsmittelgericht nicht korrigiert, geeignet wären, das Vertrauen in die Rechtsprechung zu beschädigen, etwa weil Verfahrensgrundrechte verletzt worden sind oder das aus Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 19 Abs. 4 GG abzuleitende Recht eines Beteiligten auf eine willkürfreie gerichtliche Entscheidung durch das Urteil des FG nicht befriedigt wird (Senatsbeschluss vom 14. Februar 2002 VII B 141/01, BFH/NV 2002, 798, m.w.N.). Solche erheblichen Fehler des FG sind für den Senat nicht ersichtlich.

Tatbestand

1

I. Gegenstand des Rechtsstreits ist ein Haftungsbescheid, den der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) aufgrund § 71 der Abgabenordnung (AO) gegen den Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) nach dessen Verurteilung wegen Hinterziehung von Umsatzsteuer 1999 (Streitjahr) erlassen hat.

2

Im Oktober des Kalenderjahres 1998 erwarb IW auf Veranlassung des Klägers sämtliche Geschäftsanteile an einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), die in I-GmbH umfirmiert wurde.

3

IW, der zu diesem Zeitpunkt arbeitslos war, wurde zum alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer der I-GmbH bestellt. Er übernahm die Geschäftsführerstellung, weil ihm der Kläger hierfür ein monatliches Entgelt versprochen hatte.

4

Die I-GmbH erwarb ab Juli 1999 innergemeinschaftlich elektronische Bauteile (Mikroprozessoren, sog. Central Processing Units --CPUs--) von ausländischen Gesellschaften und veräußerte diese weiter. Hauptabnehmer der I-GmbH war die K-GmbH mit Sitz in T.

5

Die CPUs wurden jeweils aus dem Ausland mit einer Spedition des ausländischen Lieferanten zu einem inländischen Kurierdienst gebracht, von diesem für die I-GmbH in Empfang genommen und zur K-GmbH transportiert.

6

Die Steuerfahndung ging davon aus, die CPUs seien zwischen den ausländischen Lieferanten, der I-GmbH und der K-GmbH im Kreis veräußert worden, so dass dieselbe Ware innerhalb weniger Tage mehrfach transportiert, jeweils im Wareneingang und -ausgang der K-GmbH registriert und wieder ins Ausland gebracht worden sei. Das Landgericht S im Strafverfahren gegen den Kläger und das Finanzgericht (FG) sind dem nur teilweise gefolgt. Sie gingen von tatsächlichen Warenbewegungen aus, ohne Feststellungen zu einem möglichen Warenkreislauf zu treffen.

7

Die I-GmbH veräußerte die CPUs an die K-GmbH jeweils ohne Gewinnaufschlag oder zu unter den Netto-Einkaufspreisen liegenden Entgelten unter Ausweis von Umsatzsteuer.

8

Der Kläger kümmerte sich zusammen mit dem weiteren als Mittäter wegen gemeinschaftlicher Steuerhinterziehung verurteilten P um die organisatorischen Belange der I-GmbH und deren Kontakt zu den ausländischen Lieferanten und der K-GmbH. P fiel nach Absprache mit IW und dem Kläger die Aufgabe zu, in den Geschäftsräumen der Gesellschaft in S Korrespondenz der Gesellschaft entgegenzunehmen und zu bearbeiten.

9

IW vertrat die Gesellschaft als deren Geschäftsführer nach außen. Er eröffnete auf Veranlassung des Klägers und des P bei der C-Bank in B ein Geschäftskonto für die Gesellschaft, stellte sich bei der K-GmbH als deren Geschäftsführer vor und unterzeichnete Korrespondenz im Namen der I-GmbH. Beim FA reichte er einen Fragebogen zur steuerlichen Erfassung der I-GmbH ein, in dem er den Beginn der Tätigkeit mit Januar 1999 angab und Dauerfristverlängerung beantragte.

10

Der Kläger bereitete Rechnungen und Schecks im Namen der I-GmbH vor, die er dann von IW unterschreiben ließ. Er wollte wie auch P durch diese Vorgehensweise erreichen, im Zusammenhang mit der I-GmbH weitestgehend nicht persönlich in Erscheinung zu treten.

11

Im Zeitraum vom 2. August bis 26. November 1999 erteilte die I-GmbH der K-GmbH 101 Rechnungen. Der Brutto-Rechnungsbetrag aus diesen Rechnungen belief sich auf insgesamt 95.313.644,60 DM, die ausgewiesene Umsatzsteuer auf 13.146.709,60 DM. Die I-GmbH gab für das Streitjahr weder Umsatzsteuer-Voranmeldungen noch eine Jahressteuererklärung ab.

12

Auf dem Konto der I-GmbH gingen im Streitjahr 100.199.561,60 DM ein. Hiervon wurden 96.262.104 DM ins Ausland überwiesen.

13

IW hob zwischen dem 16. September und 30. November 1999 jeweils auf Anordnung des Klägers vom Konto der I-GmbH Barbeträge (insgesamt rd. 3,8 Mio. DM) ab. Die abgehobenen Geldbeträge übergab er bis auf eine Ausnahme dem vor dem Bankgebäude im Auto wartenden Kläger.

14

IW und P erhielten aus dem abgehobenen Bargeld Teilbeträge in Höhe von jeweils ca. 300.000 DM; mindestens ebenso viel verblieb beim Kläger.

15

Mit Umsatzsteuerbescheid vom 1. Dezember 2000 setzte das FA gegenüber der I-GmbH Umsatzsteuer 1999 (Streitjahr) in Höhe von 13.718.389 DM unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 AO fest. Es behandelte die in den Rechnungen der I-GmbH ausgewiesenen Steuerbeträge als unberechtigt gemäß § 14 Abs. 3 des Umsatzsteuergesetzes 1999 (UStG), da es sich bei der I-GmbH um einen Scheinunternehmer gehandelt habe, der eine "tatsächliche" unternehmerische Betätigung nur vorgetäuscht und Rechnungen über Scheinlieferungen ausgestellt habe. Der Bescheid wurde an IW als Geschäftsführer der Gesellschaft bekannt gegeben.

16

Die K-GmbH machte in ihren Umsatzsteuer-Voranmeldungen die in den Rechnungen der I-GmbH ausgewiesenen Steuerbeträge als Vorsteuer geltend. Ein hieraus resultierendes Guthaben verrechnete das für die K-GmbH zuständige FA mit deren Steuerverbindlichkeiten. Im September 1999 kam es zur Auszahlung eines Vorsteuerüberhangs an die K-GmbH in Höhe von 58.552,99 DM. Die Umsatzsteuer-Voranmeldungen der K-GmbH für die Voranmeldungszeiträume Oktober und November 1999 wiesen Vorsteuerüberhänge in Höhe von 2.795.156,20 DM und 5.558.818 DM aus, die aber nicht anerkannt wurden.

17

Nach Abschluss der steuerstrafrechtlichen Ermittlungen versagte das zuständige FA der K-GmbH nachträglich den Vorsteuerabzug für die Voranmeldungszeiträume August bis November 1999. Es setzte eine Nachzahlung in Höhe von insgesamt 4.721.963,70 DM fest.

18

Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der K-GmbH erkannte der Insolvenzverwalter den zur Insolvenztabelle angemeldeten Nachzahlungsbetrag in Höhe von 4.721.963,70 DM an. Die Forderung fiel aus.

19

Das Landgericht S verurteilte den Kläger mit Urteil vom 25. Juni 2002 neben IW und P als Mittäter wegen Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO in vier Fällen (für jeden der Voranmeldungszeiträume August bis November 1999) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten. Es sah den Kläger als "faktischen Mitgeschäftsführer" der I-GmbH an. Er sei seiner aus § 35 AO resultierenden Verpflichtung nicht nachgekommen, monatlich Umsatzsteuer-Voranmeldungen für die I-GmbH abzugeben. Das Strafurteil wurde nach erfolgloser Revision zum Bundesgerichtshof (BGH) gegenüber dem Kläger rechtskräftig.

20

Das FA nahm den Kläger mit Haftungsbescheid vom 25. Februar 2003 gemäß § 71 AO in Höhe von insgesamt 6.721.805,86 € (= 13.146.709,56 DM) in Anspruch.

21

Nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhob der Kläger Klage. In der mündlichen Verhandlung vor dem FG erklärte der Vertreter des FA zu Protokoll, er verpflichte sich, einen geänderten Haftungsbescheid mit einer Haftungssumme von nur noch 4.721.963,70 DM (2.414.301,70 €) zu erlassen. Die Beteiligten erklärten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend hinsichtlich der weiter gehenden Haftungssumme in Höhe von 8.424.745,74 DM (4.307.504,10 €) "für erledigt".

22

Das FG gab der Klage weitgehend statt und setzte die Haftungssumme auf 58.552,99 DM herab. Zwar hafte der Kläger als Mittäter einer Steuerhinterziehung. Als Haftungssumme sei jedoch wegen des Schadensersatzcharakters der Haftung in § 71 AO nicht der nicht angemeldete nominale Umsatzsteuerbetrag anzusetzen. Der im Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (jetzt Europäischen Union) --EuGH-- vom 19. September 2000 C-454/98, Schmeink & Cofreth (Slg. 2000, I-6973, BFH/NV 2001 Beilage 1, 33) enthaltene Rechtsgedanke, eine Haftung für unberechtigt in Rechnung gestellte Umsatzsteuer entfalle, wenn die entsprechende Rechnung berichtigt und die aus der Rechnung resultierende Gefährdung des Steueraufkommens beseitigt werde, sei auf die Haftung gemäß § 71 AO sinngemäß zu übertragen. Im Rahmen eines mehrstufigen Umsatzsteuerbetrugs hafte der Rechnungsaussteller nur für die Beträge, die beim Rechnungsempfänger aus den Rechnungen des Rechnungsausstellers als Vorsteuerbeträge anerkannt, ausgezahlt und später nicht zurückerstattet worden seien.

23

Hinsichtlich des zunächst verrechneten Guthabens der K-GmbH, das auf den Vorsteuerbeträgen aus Rechnungen der I-GmbH beruht habe, dann zurückgefordert und ausgefallen sei, stehe nicht fest, ob das Verhalten des Klägers für den Schadenseintritt des Fiskus ursächlich sei. Das FA habe nicht nachweisen können, dass die K-GmbH die später ausgefallene Nachzahlung aufgrund ihrer Vermögenslage zum Zeitpunkt, in dem diese festgesetzt worden sei, noch habe erbringen können.

24

Mit der Revision rügt das FA Verletzung materiellen Rechts. Das FG stelle für die Haftungssumme auf die nicht maßgeblichen tatsächlich und endgültig erlangten Vorsteuerbeträge des Rechnungsempfängers K-GmbH ab. Es sei unzutreffend, dass die Steuerhinterziehung durch den Kläger für den Schadenseintritt des Fiskus nicht ursächlich gewesen sei.

25

Das FA beantragt,

das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen, soweit der Kläger eine Herabsetzung der Haftungssumme unterhalb eines Betrags in Höhe von 4.721.963,70 DM (2.414.301,70 €) begehrt.

26

Der Kläger beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

27

Die bisher getroffenen Feststellungen reichten nicht aus, um ihn, den Kläger, als faktischen Geschäftsführer anzusehen. Im Übrigen beruhten sie nur auf einem Geständnis eines Tatbeteiligten. Er hafte nicht nach § 71 AO. Im Rahmen der Ermessensausübung sei eine Aufteilung der Haftungsschuld erforderlich.

28

Das FA hat bis zur Entscheidung des erkennenden Senats den in der Niederschrift zur mündlichen Verhandlung vor dem FG zugesagten geänderten Haftungsbescheid nicht erlassen.

Entscheidungsgründe

29

II. Die Revision des FA ist begründet. Das Urteil des FG wird aufgehoben und der Haftungsbescheid vom 25. Februar 2003 auf eine Haftungssumme in Höhe von 4.721.963,70 DM (= 2.414.301,70 €) herabgesetzt (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

30

1. Der Revisionsantrag des FA, die Klage unter Aufhebung des FG-Urteils abzuweisen, ist aufgrund der Zusage, einen geänderten Haftungsbescheid zu erlassen, so zu verstehen, dass das FA mit seiner Revision nur noch anstrebt, den streitgegenständlichen Haftungsbescheid vom 25. Februar 2003 entsprechend der Zusage in Höhe der Haftungssumme von 4.721.963,70 DM (2.414.301,70 €) zu bestätigen. Das FG hat --ohne den Antrag des FA im Tatbestand des Urteils anzupassen-- auch nur noch über den eingeschränkten Klageabweisungsantrag des FA entschieden. Der Senat ist an diesen Antrag gemäß § 96 Abs. 1 Satz 2 FGO i.V.m. § 121 FGO gebunden und hat über die Rechtmäßigkeit des Haftungsbescheids nur noch in diesem Umfang zu entscheiden.

31

2. Das FG hat das Verhalten des Klägers, für die Monate August bis November 1999 für die I-GmbH weder Umsatzsteuer-Voranmeldungen abzugeben noch die fälligen Steuerbeträge zu entrichten, zu Recht als vierfache Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO gewürdigt und den Haftungsbescheid gemäß §§ 191 Abs. 1, 71 AO dem Grunde nach als rechtmäßig angesehen.

32

a) Die I-GmbH schuldete die in den Rechnungen ausgewiesene Umsatzsteuer für die von ihr ausgeführten Lieferungen an die K-GmbH nach § 1 Abs. 1 UStG. Es liegen entgegen der Auffassung des FA und des FG keine Rechnungen mit unberechtigtem Steuerausweis gemäß § 14 Abs. 3 Satz 2 UStG vor.

33

aa) Auf der Grundlage der bindenden Feststellungen des FG ist davon auszugehen, dass Lieferungen an die I-GmbH i.S. von § 3 Abs. 1 UStG und von dieser an die K-GmbH vorliegen. Denn die I-GmbH hat als Abnehmerin die erforderliche Verfügungsmacht an den CPUs erlangt, da die von ihr beauftragten Kuriere die Ware vom Spediteur des Verkäufers für sie in Empfang genommen und auf ihre Veranlassung im Rahmen eigenständiger Lieferungen gemäß § 3 Abs. 1 UStG weiter zur K-GmbH transportiert haben. Aufgrund dieser Feststellungen des FG hat der Senat auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die I-GmbH nur zum Schein als reiner "Rechnungsschreiber" in eine unmittelbare Rechtsbeziehung zwischen dem ausländischen Verkäufer und der K-GmbH eingeschaltet gewesen sein könnte (vgl. hierzu Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 12. August 2009 XI R 48/07, BFH/NV 2010, 259, unter II.1.a bb a.E.; BGH-Urteil vom 22. Mai 2003  5 StR 520/02, BFH/NV 2004 Beilage 2, 163, unter II.1.b aa).

34

bb) Die von der I-GmbH ausgeführten Lieferungen, die zum Zweck der Steuerhinterziehung erfolgten, sind der Besteuerung zugrunde zu legen.

35

Der Senat folgt der Rechtsprechung des EuGH, der wiederholt entschieden hat, Lieferungen von Gegenständen seien steuerbare Umsätze, wenn sie die objektiven Kriterien erfüllten, auf denen diese Begriffe beruhten (EuGH-Urteile vom 12. Januar 2006 C-354/03, C-355/03 und C-484/03, Optigen u.a., Slg. 2006, I-483, BFH/NV 2006 Beilage 2, 144 Rdnr. 55; vom 21. Februar 2006 C-255/02, Halifax, Slg. 2006, I-1609, BFH/NV 2006 Beilage 3, 260 Rdnrn. 55 bis 58).

36

Soweit der EuGH davon ausgeht, dass die objektiven Kriterien einer Lieferung im Fall einer Steuerhinterziehung nicht vorliegen (vgl. EuGH-Urteile vom 6. Juli 2006 C-439/04 und 440/04, Axel Kittel u.a., Slg. 2006, I-6161, BFH/NV 2006 Beilage 4, 454 Rdnr. 44, Umsatzsteuer-Rundschau --UR-- 2006, 594; Halifax in Slg. 2006, I-1609, BFH/NV 2006 Beilage 3, 260, unter Rdnr. 59), handelt es sich um einen eigenständigen Vorsteuerversagungsgrund (vgl. die Senatsentscheidung vom 19. April 2007 V R 48/04, BFHE 217, 194, BStBl II 2009, 315; BFH-Urteil vom 10. Dezember 2008 XI R 57/06, BFH/NV 2009, 1156). Für die Besteuerung von Ausgangsumsätzen ist dies aber ohne Bedeutung. Die vom Steuerhinterzieher ausgeführte Lieferung ist bei diesem steuerbar und steuerpflichtig. Davon zu unterscheiden ist die im Streitfall, der Lieferungen im Inland betrifft, nicht zu entscheidende Frage, ob bei Mitwirkung an einer Steuerhinterziehung im Anschluss an eine innergemeinschaftliche Lieferung dem Lieferer die Steuerbefreiung nach § 6a UStG zu versagen ist (vgl. BGH-Beschluss vom 7. Juli 2009  1 StR 41/09, UR 2009, 732).

37

cc) Die Steuer für Lieferungen entsteht gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 1 UStG mit Ablauf der jeweiligen Voranmeldungszeiträume. Die hieraus resultierenden Steuerbeträge sind gemäß § 18 Abs. 1 Satz 1 UStG voranzumelden. Das FG hat insoweit gemäß § 118 Abs. 2 FGO für den Senat bindend festgestellt, dass Voranmeldungszeitraum der Kalendermonat (§ 18 Abs. 2 Satz 2 UStG) war.

38

b) Der Senat folgt dem FG darin, dass der Kläger als faktischer Geschäftsführer und Verfügungsberechtigter der I-GmbH gemäß § 35 AO i.V.m. § 34 Abs. 1 AO seiner rechtlichen Verpflichtung vorsätzlich nicht nachgekommen ist, namens der Gesellschaft Voranmeldungen für die Monate August bis November 1999 abzugeben und die fälligen Steuerbeträge zu entrichten. Er hat daher für jeden der Voranmeldungszeiträume eine Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO begangen.

39

aa) Im Bereich des Sonderdelikts aus § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO kann in Bezug auf die Hinterziehung von Umsatzsteuern Täter nur sein, wer die rechtliche Erklärungspflicht für die Voranmeldungen und die Jahreserklärungen zu erfüllen hat (vgl. BGH-Urteil in BFH/NV 2004 Beilage 2, 163, sowie z.B. Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 370 AO Rz 1403; Joecks in Franzen/Gast/ Joecks, Steuerstrafrecht, 7. Aufl., § 370 Rz 155). Zu den Erklärungsverpflichteten gehört unter anderem auch der Verfügungsberechtigte i.S. des § 35 AO (BFH-Entscheidungen vom 16. März 1995 VII R 38/94, BFHE 177, 209, BStBl II 1995, 859; vom 7. April 1992 VII R 104/90, BFH/NV 1993, 213; aus steuerstrafrechtlicher Sicht BGH-Entscheidungen vom 8. November 1989  3 StR 249/89, Zeitschrift für Wirtschaft, Steuer, Strafrecht --wistra-- 1990, 97; vom 17. Februar 1998  5 StR 624/97, wistra 1998, 225; Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 370 AO Rz 118.1 und 118.3).

40

bb) Der Kläger war als faktischer Geschäftsführer und Verfügungsberechtigter gemäß § 35 AO erklärungspflichtig.

41

Verfügungsberechtigter i.S. des § 35 AO ist nach der ständigen Rechtsprechung des BFH jeder, der nach dem Gesamtbild der Verhältnisse rechtlich und wirtschaftlich über Mittel, die einem anderen zuzurechnen sind, verfügen kann und als solcher nach außen auftritt (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Entscheidungen vom 10. Mai 1989 I R 121/85, BFH/NV 1990, 7; vom 27. November 1990 VII R 20/89, BFHE 163, 106, BStBl II 1991, 284; vom 24. April 1991 I R 56/89, BFH/NV 1992, 76; in BFH/NV 1993, 213; vom 19. Mai 2009 VII B 207/08, nicht veröffentlicht --n.v.--). Eine rechtliche Verfügungsmacht besteht danach, wenn der Verfügungsberechtigte die Pflichten des gesetzlichen Vertreters --mittelbar-- durch die Bestellung der entsprechenden Organe erfüllen lassen kann (s. Boeker in Hübschmann/Hepp/ Spitaler, § 35 AO Rz 10, 14; Jatzke in Beermann/Gosch, AO § 35 Rz 10, 11, 19). Der "Auftritt nach außen" liegt vor, wenn der faktische Geschäftsführer sich gegenüber einer begrenzten Öffentlichkeit als solcher geriert, das Auftreten gegenüber der allgemeinen Öffentlichkeit aber weisungsabhängigen Personen überlässt (BFH-Urteil in BFH/NV 1992, 76; vgl. auch Urteil des FG Baden-Württemberg vom 25. Juni 2008  12 K 407/04, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2008, 1434).

42

Das FG ist auf dieser Grundlage in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise zu dem Schluss gekommen, dass der Kläger faktischer Geschäftsführer der I-GmbH war. Er beherrschte die Abläufe und steuerte, wann und in welcher Höhe CPUs bestellt, an die K-GmbH weiterveräußert und in Rechnung gestellt wurden, dirigierte mit P, wann und in welcher Höhe Bargeld durch IW vom Geschäftskonto der Gesellschaft abzuheben war und welche Informationen IW an das FA geben sollte. Er verteilte das abgehobene Bargeld und behielt den "Restgewinn" nach Abzug der Beträge für IW und P zurück sowie in mindestens derselben Höhe wie die Beträge für IW und P für sich. Das FG hat zu Recht auch das Merkmal des "Auftritts nach außen" als erfüllt angesehen. Zwar hat der Kläger im Außenverhältnis gezielt den im Handelsregister eingetragenen Geschäftsführer IW vorgeschoben. Er trat nach den Feststellungen des FG jedoch vereinzelt für die I-GmbH nach außen auf und übte im Übrigen seine Leitungsmacht im Innenverhältnis gegenüber IW und P umfassend aus.

43

Zutreffend geht das FG nach den vorstehenden Feststellungen weiter davon aus, der Kläger habe seine Verpflichtung, für die I-GmbH Umsatzsteuer-Voranmeldungen für die Monate August bis November 1999 abzugeben und die fälligen Steuerbeträge zu entrichten, jedenfalls mittelbar über IW und P tatsächlich erfüllen können, dies aber nicht getan.

44

Soweit der Kläger hiergegen einwendet, dass die vom FG getroffenen Feststellungen für die Annahme einer Verfügungsberechtigung i.S. von § 35 AO nicht ausreichten, berücksichtigt er weder, dass es genügt, wenn der faktische Geschäftsführer sich gegenüber einer begrenzten Öffentlichkeit als solcher geriert und das Auftreten gegenüber der allgemeinen Öffentlichkeit weisungsabhängigen Personen überlässt (BFH-Urteil in BFH/NV 1992, 76) noch, dass der Senat an die Feststellung des FG, die nicht mit begründeten Revisionsrügen angegriffen wurden, nach § 118 Abs. 2 AO gebunden ist.

45

cc) Der Kläger hat auch vorsätzlich gehandelt, da er nach den Feststellungen des FG von Anfang an geplant hat, weder Voranmeldungen noch eine Jahreserklärung abzugeben.

46

c) Unerheblich ist, dass der Kläger auch seine Erklärungspflicht in Bezug auf die Umsatzsteuerjahreserklärung für die I-GmbH verletzt und dass das FA einen Umsatzsteuerjahresbescheid 1999 erlassen hat.

47

aa) Eine Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO wegen nicht abgegebener Umsatzsteuer-Voranmeldungen ist vollendet, wenn eine Steueranmeldung --hier die einzelnen Umsatzsteuer-Voranmeldungen für die Monate August bis November 1999-- zum gesetzlich vorgegebenen Termin ausbleibt (ständige Rechtsprechung des BGH, vgl. Entscheidungen vom 11. Dezember 1990 5 StR 519/90, wistra 1991, 215; grundlegend vom 17. März 2009  1 StR 627/08, BGHSt 53, 221; vom 2. Dezember 2008  1 StR 344/08, wistra 2009, 189). Die nicht angemeldeten nominalen Steuerbeträge sind "auf Dauer" verkürzt, wenn der Täter --wie hier der Kläger-- von vornherein weder Voranmeldungen noch die Jahreserklärung abgeben will (BGH-Urteile vom 21. Januar 1998  5 StR 686/97, wistra 1998, 146; in wistra 1998, 225; vom 20. April 1999  5 StR 54/99, wistra 1999, 298). Hinterziehungstaten wegen der Verletzung der Pflicht zur rechtzeitigen Abgabe von Umsatzsteuer-Voranmeldungen und von Umsatzsteuerjahreserklärungen stehen ferner auch dann im Verhältnis der Tatmehrheit zueinander, wenn sie dasselbe Kalenderjahr betreffen (vgl. z.B. BGH-Urteil in BGHSt 53, 221).

48

bb) Die Festsetzung der Umsatzsteuer für das Streitjahr durch den Jahressteuerbescheid 1999 vom 1. Dezember 2000 vor Erlass des Haftungsbescheids stellt die Rechtmäßigkeit des Haftungsbescheids vom 25. Februar 2003 ebenfalls nicht in Frage. Wird die Erstschuld durch Jahresbescheid festgesetzt, kann trotzdem ein Haftungsbescheid ergehen (vgl. BFH-Urteil vom 12. Oktober 1999 VII R 98/98, BFHE 190, 25, BStBl II 2000, 486).

49

cc) Anhaltspunkte dafür, dass die gemäß § 102 FGO vom Senat nur eingeschränkt überprüfbare Entscheidung, den Kläger in Haftung zu nehmen, nicht ermessensgerecht sein könnte, bestehen nicht. Im Hinblick auf die in der mündlichen Verhandlung vor dem FG zugesagte Herabsetzung des Haftungsbetrages kommt es auf die vom Kläger aufgeworfene Frage einer Aufteilung der Haftung im Rahmen der gebotenen Ermessensausübung (§§ 191, 5 AO) nicht mehr an.

50

3. Das Urteil des FG ist aber gleichwohl materiell-rechtlich fehlerhaft. Es verletzt die zu § 71 AO maßgeblichen Rechtsgrundsätze zur Ermittlung des Vermögensschadens und ist deshalb aufzuheben. Das FG stellt für den Vermögensschaden zu Unrecht auf den Vorsteuerabzug der K-GmbH ab. Maßgeblich sind demgegenüber die nicht angemeldeten Steuerbeträge der I-GmbH. Soweit es zwar von einem Vermögensschaden ausgeht, die Steuerhinterziehung des Klägers für den Schadenseintritt jedoch nicht als ursächlich ansieht, ist dem nicht zu folgen.

51

a) Die Haftungssumme gemäß § 71 AO bestimmt sich grundsätzlich nach den verkürzten nominalen Steuerbeträgen (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 11. Februar 2002 VII B 323/00, BFH/NV 2002, 891; Senatsbeschluss vom 6. November 2006 V B 117/05, BFH/NV 2007, 508). Beschränkt wird die Haftung des Steuerhinterziehers gemäß § 71 AO jedoch auf den Vermögensschaden des Fiskus, der durch die Tat verursacht und vom Vorsatz des Täters umfasst ist (vgl. BFH-Urteile vom 13. Juli 1994 I R 112/93, BFHE 175, 489, BStBl II 1995, 198, und vom 6. März 2001 VII R 17/00, BFH/NV 2001, 1100).

52

b) Für die Höhe des Vermögensschadens aufgrund der Steuerhinterziehung ist im Streitfall nicht auf den "Vorsteuerschaden" auf Ebene der K-GmbH, sondern auf den nicht angemeldeten nominalen Steuerbetrag in Höhe von 6.721.805,86 € (13.146.709,56 DM) abzustellen.

53

aa) Wie unter II.2.a ausgeführt, liegen im Streitfall entgegen der Auffassung des FA und des FG steuerbare und steuerpflichtige Lieferungen der I-GmbH vor. Das FG hat seine Auffassung, der Vermögensschaden des Fiskus aus der Hinterziehung des Täters richte sich nach der Höhe der "verlorenen Vorsteuerbeträge" der K-GmbH, daher zu Unrecht darauf gestützt, die I-GmbH habe in ihren Rechnungen Steuerbeträge gemäß § 14 Abs. 3 UStG unberechtigt ausgewiesen, die sie nach den Vorgaben des EuGH-Urteils Schmeink & Cofreth in Slg. 2000, I-6973, BFH/NV 2001 Beilage 1, 33 und der anknüpfenden Rechtsprechung (vgl. z.B. Senatsentscheidungen vom 22. Februar 2001 V R 5/99, BFHE 194, 506, BStBl II 2004, 143; vom 8. März 2001 V R 61/97, BFHE 194, 517, BStBl II 2004, 373; vom 17. Mai 2001 V R 77/99, BFHE 194, 552, BStBl II 2004, 370; vom 25. April 2002 V B 73/01, BFHE 198, 71, BStBl II 2004, 343) habe berichtigen können. Dies kann wegen des Vorliegens steuerbarer und steuerpflichtiger Lieferungen im Streitfall schon dem Grunde nach nicht durchgreifen. Die I-GmbH schuldete die Umsatzsteuer für die von ihr ausgeführten Lieferungen endgültig.

54

bb) Selbst wenn die Auffassung des FG zuträfe und von unberechtigt ausgewiesenen Steuerbeträgen i.S. des § 14 Abs. 3 UStG auszugehen wäre, für die die Steuer mit Ausgabe der Rechnung (§ 13 Abs. 1 Nr. 4 UStG) entstanden wäre, würde sich im Streitfall der Vermögensschaden des Fiskus nach den nicht angemeldeten nominalen Steuerbeträgen richten. Die hieraus resultierenden Steuerbeträge hätte die I-GmbH als Unternehmerin im Streitjahr gemäß § 18 Abs. 1 Satz 1 UStG anmelden müssen.

55

Die vom FG als maßgeblich erachtete Berichtigungsmöglichkeit der Steuerschuldnerin I-GmbH, die das FG zugunsten des Klägers als Haftungsschuldner anwenden will, hätte im Übrigen nach der unter II.3.b aa zitierten Senatsrechtsprechung für die an die K-GmbH ausgestellten Rechnungen nicht bestanden. Die Gefährdung des Steueraufkommens wurde von der I-GmbH nicht beseitigt. Weder hat die K-GmbH vor dem Vorsteuerabzug Rechnungen an die I-GmbH zurückgegeben oder die I-GmbH diese storniert, noch ist die in den Rechnungen ausgewiesene Umsatzsteuer gezahlt oder die von der K-GmbH abgezogene Vorsteuer zurückgeführt worden. Entgegen der Auffassung des FG gilt dies auch für die Rechnungen, aus denen das FA der K-GmbH Vorsteuerbeträge von vornherein nicht anerkannt hat (2.795.156,20 DM und 5.558.818 DM). Die Gefährdung des Steueraufkommens besteht dann, solange diese Ausgangsrechnungen nicht storniert oder zurückgegeben werden.

56

c) Soweit das FG für die noch streitige Haftungssumme in Höhe von 4.721.963,70 DM (2.414.301,70 €) --die obere Grenze der Haftungssumme im zugesagten geänderten Haftungsbescheid-- einen Vermögensschaden des Fiskus bejaht, aber einen ursächlichen Zusammenhang zwischen der Steuerhinterziehung durch den Kläger und dem Schadenseintritt verneint, hält das Urteil einer Prüfung nicht stand.

57

aa) Die Haftung gemäß § 71 AO entfällt, wenn derselbe Vermögensschaden für den Fiskus auch bei steuerehrlichem Verhalten eingetreten wäre (vgl. Jatzke in Beermann/Gosch, a.a.O., § 71 Rz 15). Die Haftung ist im Fall der Nichtabgabe von Umsatzsteuer-Voranmeldungen und Nichtentrichtung fälliger Steuerbeträge auf den Betrag begrenzt, der bei rechtzeitiger Abgabe und Zahlung unter gleichmäßiger Befriedigung aller Gläubiger hätte getilgt werden können (BFH-Beschlüsse vom 27. März 2006 VII B 117/05, BFH/NV 2006, 1254; vom 22. Oktober 2009 V B 108/08, BFH/NV 2010, 170).

58

bb) Maßgeblich ist demnach im Streitfall, ob die I-GmbH in der Lage war, die aufgrund der ausgeführten Lieferungen an die K-GmbH geschuldeten Steuerbeträge rechtzeitig anzumelden und zu entrichten. Nach den Feststellungen des FG zu den Zahlungseingängen und Mittelabflüssen bestehen keine Zweifel für den Senat, dass die K-GmbH an die I-GmbH sämtliche in Rechnung gestellten Steuerbeträge bezahlt hat. Diese verfügte somit über genügend Mittel, um die anzumeldenden Steuerbeträge rechtzeitig entrichten zu können. Das FG wählt für die Kausalitätsprüfung demgegenüber einen unzutreffenden Ausgangspunkt. Es hat, seinem rechtsfehlerhaften Ansatz zur Ermittlung des Vermögensschadens folgend, geprüft, ob die Steuerhinterziehung durch den Kläger für die ausgefallene Nachforderung des Fiskus gegenüber der K-GmbH ursächlich war.

59

cc) Unbeachtlich ist, dass die I-GmbH auf Grundlage der Netto-Einkaufspreise einen Verlust erwirtschaftet sowie aus den An- und Verkäufen der CPUs einen "Gewinn" von rund 3,8 Mio. DM erzielt hat, der unterhalb der noch streitigen Haftungssumme liegt.

60

Der Senat folgt nicht der Auffassung des FG Baden-Württemberg in EFG 2008, 1434, wonach das strafbare Unterlassen des Täters, die gebotenen Umsatzsteuer-Voranmeldungen nicht abgegeben und die fälligen Steuerbeträge nicht rechtzeitig entrichtet zu haben, nicht ursächlich für den Steuerschaden des Fiskus --in Höhe der nicht angemeldeten Nominalbeträge-- sei, wenn der "Rechnungsaussteller" und Zwischenhändler --hier die I-GmbH-- nicht über ausreichende Zahlungsmittel verfüge, weil er empfangene Zahlungsmittel umgehend für neue An- und Verkaufsgeschäfte innerhalb des Karussells genutzt habe.

61

Die vom Kläger gemeinsam mit P und IW schuldhaft herbeigeführte Zahlungsunfähigkeit der I-GmbH kann weder den Kausalzusammenhang zwischen der Unterlassungstat und dem Schadenseintritt des Fiskus ausschließen, noch ist zu prüfen, ob die Haftungssumme nach den Grundsätzen der anteiligen Tilgung zu mindern sein könnte (vgl. zur schuldhaften Verschlechterung der Liquiditätslage einer Gesellschaft durch den haftenden Gesellschafter die BFH-Entscheidungen vom 5. März 1991 VII R 93/88, BFHE 164, 203, BStBl II 1991, 678; vom 26. August 1992 VII R 50/91, BFHE 169, 13, BStBl II 1993, 8; in BFH/NV 2002, 891).

62

4. Die Sache ist spruchreif. Der angefochtene Haftungsbescheid ist, soweit der Senat noch über ihn zu entscheiden hat, rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Der Bescheid wird geändert und die Haftungssumme auf den durch das FA zugesagten Betrag von 4.721.963,70 DM (2.414.301,70 €) herabgesetzt. Der in der mündlichen Verhandlung vor dem FG vom FA zugesagte Änderungsbescheid braucht nicht mehr zu ergehen.

63

5. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 135 Abs. 1, 136 Abs. 1 FGO. Die Kosten des Rechtsstreits sind wegen der zwischenzeitlichen teilweisen Erledigung des Rechtsstreits nach Zeitabschnitten zu verteilen (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 136 Rz 3).

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) war Alleingesellschafterin der nach britischem Recht gegründeten Firma … Ltd. (Ltd.), die die Vermietung von Personen- und Lastkraftwagen sowie den An- und Verkauf von Kraftfahrzeugen betrieb. Vom Direktor dieser Ltd., der für sie die Geschäftsanteile treuhänderisch verwaltete, wurde ihr zusammen mit Herrn K eine Handlungsvollmacht zur Führung einer deutschen Zweigniederlassung erteilt. Danach waren sowohl K als auch die Klägerin einzelvertretungsberechtigt. Die Handlungsvollmacht ermächtigte dazu, alle Geschäfte und Rechtshandlungen vorzunehmen, die der Betrieb der Niederlassung der Ltd. gewöhnlich mit sich bringt. Der Handlungsbevollmächtigte war auch ermächtigt, Prozesse zu führen und Zahlungen in Empfang zu nehmen. Die Klägerin unterzeichnete den Vertrag über die Anmietung der Gewerberäume für die Ltd. Zudem besaß sie neben K eine Verfügungsberechtigung hinsichtlich der bei einer deutschen Bank eröffneten betrieblichen Konten. Im Februar und März 2007 wurde der Klägerin "als Prokuristin" jeweils ein Bruttogehalt in Höhe von 3.500 € überwiesen. Sozialabgaben wurden nicht entrichtet. Im Gegensatz zu anderen Beschäftigten der Ltd. war die Klägerin zu keinem Zeitpunkt bei der Minijobzentrale gemeldet. Da die Ltd. keine Steuererklärungen abgab, schätzte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) die Besteuerungsgrundlagen und wies die dagegen eingelegten Einsprüche zurück. Sowohl im Einspruchsverfahren als auch bei der sich anschließenden Klageerhebung wurde die Ltd. von der Klägerin vertreten.

2

Aufgrund rückständiger Steuerschulden der Ltd. nahm das FA die Klägerin mit Haftungsbescheid vom 16. März 2009 als Haftungsschuldnerin in Anspruch. Der weitere Bevollmächtigte K hatte am 12. Februar 2008 die eidesstattliche Versicherung abgegeben und wurde haftungsrechtlich nicht in Anspruch genommen. Der Einspruch hatte keinen Erfolg. In der Einspruchsentscheidung wies das FA im Rahmen der Begründung des betätigten Auswahlermessens darauf hin, dass grundsätzlich für beide Bevollmächtigten eine Gesamtschuldnerschaft in Betracht komme und nur die Klägerin im Zeitpunkt des Erlasses des Haftungsbescheids auch wirtschaftlich in der Lage gewesen sei, die Steuerschulden im Haftungswege zu tilgen.

3

Auch die Klage blieb erfolglos. Das Finanzgericht (FG) urteilte, die Klägerin habe als Verfügungsberechtigte nach § 35 der Abgabenordnung (AO) die Pflichten eines gesetzlichen Vertreters zu erfüllen gehabt. Aufgrund der umfassenden Handlungsvollmacht und der Tatsache, dass ihr die Geschäftsanteile an der Gesellschaft als Treugeberin zuzurechnen seien, ergebe sich, dass sie als Verfügungsberechtigte anzusehen sei. Dass es daneben noch einen zweiten Verfügungsberechtigten in Gestalt des K gegeben habe, sei insofern ohne Bedeutung. Das ihm zustehende Auswahlermessen habe das FA zutreffend ausgeübt. Soweit die Klägerin ihre Tätigkeit auf Botengänge und im Rahmen eines Minijobs darstelle, sei dies offensichtlich unzutreffend, denn sie sei bei der Minijobzentrale nicht gemeldet gewesen und habe für die Gesellschaft Einspruch und Klage erhoben. Die von ihr angebotenen Zeugen könnten zu ihrer internen Stellung nichts aussagen. Nur auf die internen Verhältnisse zwischen ihr und K sowie dem Direktor der Ltd. komme es an. Wie oft die Klägerin im Büro gewesen sei, sei unerheblich. Auch komme es nicht darauf an, ob die Klägerin nur auf Anweisung von K tätig geworden sei. Aufgrund ihrer umfassenden Handlungsvollmacht und ihrer wirtschaftlichen Stellung als Alleingesellschafterin gehöre sie zum Personenkreis des § 35 AO.

4

Mit ihrer Beschwerde begehrt die Klägerin die Zulassung der Revision wegen eines vermeintlichen Verstoßes gegen die Sachaufklärungspflicht (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 76 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Verfahrensfehlerhaft habe es das FG unterlassen, die von der Klägerin benannten Zeugen zu vernehmen, ob sie als Verfügungsberechtigte i.S. des § 35 AO anzusehen sei. Dabei komme es maßgeblich auf ihre Rolle im Verhältnis zu K an. U.a. sei Beweis durch Vernehmung des K angeboten worden zu der Tatsache, dass die Klägerin allein auf Anweisung des K tätig geworden sei, der allein die Geschäfte geführt und alle wesentlichen Entscheidungen getroffen habe, dass sich ihre Tätigkeit auf ca. 8 Stunden pro Woche und auf gelegentliche Botengänge sowie auf die technische Abwicklung der PKW-Mietverträge beschränkt habe, dass sie als Minijobberin entlohnt worden sei, dass sie keine Gespräche mit den Beratern der Ltd. geführt habe und ihr die Generalvollmacht, von der sie ohne vorherige Anweisung durch die Geschäftsleitung der Ltd. keinen Gebrauch gemacht habe, aufgrund eines gesteigerten Vertrauensverhältnisses erteilt worden sei. Mit der Einschätzung, der gesamte Sachvortrag der Klägerin sei unzutreffend, habe das FG das Beweisergebnis in unzulässiger Weise vorweggenommen. Darüber hinaus habe das FG die von der Klägerin erhaltenen Gehaltszahlungen und das Erlöschen der Generalvollmacht bereits Ende 2006 nicht hinreichend durch Zeugenvernehmungen aufgeklärt.         

5

Das FA ist der Beschwerde entgegengetreten.

Entscheidungsgründe

6

II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Der von der Klägerin gerügte Verfahrensmangel liegt nicht vor. Das FG konnte ohne die Vernehmung der von der Klägerin benannten Zeugen entscheiden.

7

1. Nach § 35 AO hat derjenige, der im eigenen oder fremden Namen auftritt, die Pflichten eines gesetzlichen Vertreters, soweit er sie rechtlich und tatsächlich erfüllen kann. Dabei reicht die rechtliche Verfügungsbefugnis aus, die z.B. durch Rechtsgeschäft im Rahmen einer Bevollmächtigung eingeräumt werden kann. Das Innenverhältnis zum Vermögensinhaber ist grundsätzlich unbeachtlich. Selbst ein ausdrückliches internes Verbot, steuerliche Pflichten zu erfüllen, kann den Verfügungsberechtigten nicht aus seiner Pflichtenstellung entlassen (Klein/Rüsken, AO, 11. Aufl., § 35 Rz 6). Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) kann eine Verfügungsberechtigung i.S. des § 35 AO auch durch die Erteilung einer Generalvollmacht erteilt werden (zum Auftreten als Generalbevollmächtigter eines ausländischen Unternehmens vgl. Senatsurteil vom 11. März 1986 VII R 124/81, BFH/NV 1987, 69). Tritt der Verfügungsberechtigte als Generalbevollmächtigter auf, kommt es nicht darauf an, welcher Aufgabenbereich ihm von seinem Geschäftsherrn zugewiesen worden ist, denn § 35 AO stellt nur auf das rechtliche und tatsächliche Können des Verfügungsberechtigten ab (BFH-Urteil vom 24. April 1991 I R 56/89, BFH/NV 1992, 76). Hinsichtlich des zu fordernden Auftretens nach außen, ist es als ausreichend zu erachten, dass der Verfügungsberechtigte gegenüber irgendjemanden --auch nur gegenüber einer begrenzten Öffentlichkeit-- auftritt (Klein/Rüsken, a.a.O., § 35 Rz 7).  

8

Unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte konnte sich das FG mit den Feststellungen begnügen, dass der Klägerin eine umfassende Handlungsvollmacht zur Führung einer deutschen Zweigniederlassung erteilt worden war, nach der sie neben dem ebenfalls Bevollmächtigten K einzelvertretungsberechtigt gewesen ist, und sie eine wirtschaftliche Stellung als Alleingesellschafterin innehatte. Das Auftreten nach außen, d.h. die Teilnahme am Rechtsverkehr, hat das FG durch die Hinweise auf die Unterzeichnung des Mietvertrags durch die Klägerin und auf ihr Auftreten im Einspruchs- sowie dem sich anschließenden Klageverfahren für die Gesellschaft noch im Jahr 2006 hinreichend belegt. Aus der maßgeblichen materiell-rechtlichen Sicht musste sich dem FG die Notwendigkeit einer Beweiserhebung durch Vernehmung der von der Klägerin benannten Zeugen nicht aufdrängen. Die von der Beschwerde angeführten Beweisthemen beziehen sich im Wesentlichen auf das Innenverhältnis der Klägerin zu K und auf dessen Auftreten nach innen und nach außen. Wie bereits ausgeführt, ist das Innenverhältnis jedoch für die Annahme der Verfügungsbefugnis und die haftungsrechtliche Inanspruchnahme unbeachtlich. Dass die Klägerin tatsächlich mit Generalvollmacht nach außen für die Ltd. aufgetreten ist, stellt die Beschwerde dabei nicht in Frage; sie verweist sogar auf die Unterzeichnung des Mietvertrags, die Vornahme von Überweisungen und die Entgegennahme von Kautionen.

9

2. Auch einer Beweiserhebung zur Klärung des angeblichen Widerrufs der der Klägerin erteilten Handlungsvollmacht bedurfte es nach der materiellen Rechtsauffassung des FG nicht, so dass in deren Unterlassung kein die Revision rechtfertigender Verfahrensfehler liegen kann. Denn aufgrund einer Reihe von Indizien --umfassendes Tätigwerden der Klägerin nach 2006, insbesondere im Rechtsmittelverfahren für die Ltd., Bezug eines beträchtlichen Monatsgehalts, kein Einbehalt von Sozialabgaben-- ist es zu der (nachvollziehbaren) Erkenntnis gelangt, dass das Widerrufsschreiben keine Rechtswirksamkeit entfaltete.

10

3. Auch hinsichtlich der Überprüfung des vom FA ausgeübten Entschließungs- und Auswahlermessens liegt der behauptete Verfahrensmangel unzureichender Sachaufklärung nicht vor. Nach den Feststellungen des FG hatte K bereits am 12. Februar 2008 die eidesstattliche Versicherung abgegeben. In der Einspruchsentscheidung hat das FA auf diesen Umstand ausdrücklich hingewiesen und ausgeführt, der Haftungsanspruch könne zurzeit nur gegenüber der Klägerin durchgesetzt werden, was eine spätere Inanspruchnahme des K jedoch nicht ausschließe. Bei dieser Sachlage musste das FG in Bezug auf die Betätigung des Auswahlermessens durch das FA keine weitere Sachaufklärung betreiben. Auf die Vernehmung der von der Klägerin benannten Zeugen konnte es daher verzichten und zu der Schlussfolgerung gelangen, die Entscheidung des FA lasse keine Ermessensfehler erkennen.

Wer als Verfügungsberechtigter im eigenen oder fremden Namen auftritt, hat die Pflichten eines gesetzlichen Vertreters (§ 34 Abs. 1), soweit er sie rechtlich und tatsächlich erfüllen kann.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) war im Handelsregister als einziger und damit einzelvertretungsberechtigter Vorstand einer AG eingetragen. Nach den Bestimmungen seines Anstellungsvertrags bedurfte er als Vorstand im Innenverhältnis für sämtliche Zahlungsvorgänge der vorherigen Zustimmung des Aufsichtsrats der AG. Zahlungen waren ausdrücklich mit dem Aufsichtsratsvorsitzenden der AG, Herrn A (A) abzustimmen und durften erst nach dessen Freigabe vorgenommen werden. Aufgrund von Liquiditätsproblemen der AG Anfang des Jahres 2005 veranlasste der Kläger die Auszahlung der Netto-Arbeitslöhne an die Beschäftigten der AG für Februar und März 2005 erst in der Mitte des jeweiligen Folgemonats. Die hierfür fällig gewordenen Lohn- und Kirchensteuern nebst Solidaritätszuschlägen wurden zwar angemeldet, jedoch an den Beklagten und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) nicht abgeführt. Von A erhielt der Kläger am 9. April 2005 eine E-Mail mit folgendem Hinweis: "... pay the salary from the people for march, open vat for government and social payment will be done later ...." Mit Wirkung zum 19. Mai 2005 legte der Kläger im Innenverhältnis zur AG sein Amt als Vorstand mit sofortiger Wirkung nieder. Am 15. Juni 2005 wurde über das Vermögen der AG das Insolvenzverfahren eröffnet.

2

Da die Steuerforderungen gegenüber der AG nicht realisiert werden konnten, nahm das FA den Kläger für rückständige Lohnsteuern für die Monate Januar bis April 2005, für Kirchensteuern für die Monate Februar und März 2005 sowie für Solidaritätszuschläge für die Monate Januar bis April 2005 als Haftungsschuldner in Anspruch. Der Einspruch führte zu einer geringfügigen Herabsetzung der Haftungssumme. Die Klage hatte nur hinsichtlich der Lohnsteuern und Solidaritätszuschläge für den Monat April 2005 Erfolg. Das Finanzgericht (FG) urteilte, dass der Kläger den Haftungstatbestand des § 69 i.V.m. § 34 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) dadurch erfüllt habe, dass er die Löhne trotz der ihm bekannten finanziellen Schwierigkeiten der AG ungekürzt an die Arbeitnehmer ausbezahlt und es unterlassen habe, bereits im Zeitpunkt der Auszahlung der Nettolöhne eine unwiderrufliche Genehmigung der Bezahlung der darauf entfallenden Steuern sicherzustellen. Es komme deshalb nicht darauf an, ob er vor der Niederlegung seines Amtes betriebsinterne Anweisungen an die Buchhaltung zur Auszahlung der Steuern gegeben habe. Anlass zur weiteren Sachaufklärung in Bezug auf eine solche Anweisung bestehe daher nicht. Als ordnungsgemäß bestellter Vorstand der AG sei er verpflichtet gewesen, sich über den Umfang seiner Verantwortlichkeit in Kenntnis zu setzen.

3

Die E-Mail des A könne ihn nicht entlasten, denn ihr sei kein ausdrückliches Verbot der Bezahlung der Steuern zu entnehmen. Auch könne sich der Kläger nicht darauf berufen, dass seine Zahlungsanweisungen durch den Vorstandsvertrag von der Zustimmung des Aufsichtsratsvorsitzenden abhängig gewesen seien. Die Weisungsabhängigkeit habe ausschließlich im Innenverhältnis bestanden und habe seine Rechtsbefugnisse im Außenverhältnis nicht beschränken können. Die Situation sei nicht mit der Bestellung eines sog. starken Insolvenzverwalters oder eines Insolvenzverwalters mit Zustimmungsvorbehalt zu vergleichen, bei der zumindest eine Verfügungsbegrenzung nach außen bestehe. Durch die schuldhafte Pflichtverletzung sei dem Fiskus ein Vermögensschaden entstanden. Anhaltspunkte für eine Überschreitung oder einen Fehlgebrauch des dem FA zustehenden Ermessens seien nicht erkennbar. Anhaltspunkte dafür, dass A nach außen als Verfügungsberechtigter der AG i.S. von § 35 AO und damit als potentieller Haftungsschuldner nach § 69 AO aufgetreten sei, seien nicht ersichtlich.

4

Mit seiner Beschwerde begehrt der Kläger die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--), zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) und wegen eines Verfahrensmangels (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO). Von grundsätzlicher Bedeutung sei die Frage, ob der einzige und alleinvertretungsberechtigte, im Handelsregister eingetragene Vorstand einer AG grob fahrlässig bzw. pflichtwidrig i.S. des § 69 AO handele, oder ob zu seinen Gunsten eine schuldbefreiende notstandsähnliche Zwangslage bestehe, wenn er nach seinem Vorstandsvertrag im Innenverhältnis für jeden Zahlungsvorgang die vorherige Zustimmung des Aufsichtsrats der AG, deren Vorsitz durch einen Vertreter der Alleinaktionärin ausgeübt werde, einzuholen habe und die durch den Aufsichtsrat freigegebenen Gelder aus der zu diesem Zeitpunkt einzigen Kreditlinie der Gesellschaft, für die der Aufsichtsratsvorsitzende persönlich hafte, auf dessen Anweisung hin zunächst ausschließlich zur Auszahlung der Nettolöhne an die Arbeitnehmer der AG verwende und die unwiderrufliche Anweisung des Vorstands zur Auszahlung der fällig gewordenen Lohnsteuer und Kirchensteuer sowie Solidaritätszuschläge durch den Aufsichtsratsvorsitzenden trotz Zusage der späteren Zahlung widerrufen und die Zahlung der Steuerbeträge verhindert werde. Der Streitfall sei mit dem vom Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 5. Juni 2007 VII R 19/06 (BFH/NV 2007, 2225) entschiedenen Fall vergleichbar, bei dem der vorläufige Insolvenzverwalter eine rechtzeitige Zahlung der Steuern verhindert habe.

5

Die E-Mail des A sei entgegen der Rechtsauffassung des FG als Genehmigung der Auszahlung der abzuführenden Steuerbeträge zu verstehen. Anfang Mai habe er, der Kläger, auf der Grundlage dieser Ermächtigung die unwiderrufliche Anweisung zur Entrichtung der Steuern gegeben, die jedoch von A verhindert worden sei. Aufgrund der allgemeinen Haftungsregelungen der §§ 92 Abs. 2 und 93 des Aktiengesetzes habe er sich in einem nicht aufzulösenden Spannungsverhältnis befunden. Insgesamt könne sein Verhalten nicht als grob fahrlässig angesehen werden. Die Nichtentrichtung der Steuern habe ausschließlich A zu vertreten. Eine Haftung scheide im Streitfall auch deshalb aus, weil der Zurechnungszusammenhang im Sinne der zivilrechtlichen Adäquanztheorie zwischen der nicht fristgerechten Steuerentrichtung und dem Steuerausfall beim Fiskus fehle. Auch diesbezüglich liege eine Klärungsbedürftigkeit vor.

6

Darüber hinaus werfe der Streitfall die Frage auf, ob der alleinige Aufsichtsratsvorsitzende einer AG, der sich für die einzige Kreditlinie der Gesellschaft persönlich verbürgt habe, sämtliche Zahlungsvorgänge der Gesellschaft an seine Zustimmungspflicht gebunden habe und für die Konten der Gesellschaft zeichnungs- und verfügungsbefugt sei, Verfügungsberechtigter i.S. des § 35 AO sei und die Pflichten eines gesetzlichen Vertreters (§ 34 Abs. 1 AO) habe, soweit er sie tatsächlich und rechtlich erfüllen könne. Aus dem klaren Inhalt der Akten ergebe sich, dass A die Kreditlinie der AG bestellt und daher sämtliche Zahlungsvorgänge an seine Zustimmung gebunden sowie die Zeichnungs- und Verfügungsbefugnis über die Konten der AG gehabt habe. Aufgrund der Möglichkeit über Mittel der AG zu verfügen, komme dieser als Haftungsschuldner nach § 69 i.V.m. § 35 AO in Betracht. Hierfür genüge das Auftreten gegenüber Gesellschaftern und den Organen der Gesellschaft. Dies habe das FA verkannt und folglich das Auswahlermessen nicht ausgeübt. Dieser Rechtsfehler sei von solchem Gewicht, dass zur Korrektur des angefochtenen Urteils eine Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO erfolgen müsse.

7

Schließlich habe das FG den Gehörsanspruch aus Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) dadurch verletzt, dass es einen Beweisantrag übergangen habe. Am Ende der mündlichen Verhandlung sei der nicht protokollierte Beweisantrag auf Vernehmung der Assistentin des Klägers gestellt worden. Diese hätte bezeugen können, dass es während der Amtszeit des Klägers keine Eingriffe des A in die Geschäftsleitungsbefugnisse, insbesondere nicht in den Zahlungsverkehr gegeben habe. Die Beweiserhebung hätte sinngemäß ergeben, dass es für den Kläger nicht vorhersehbar gewesen sei, dass A die Anfang Mai 2009 erteilte Zahlungsanweisung nicht zur Ausführung kommen lassen würde. Von Amts wegen hätte das FG auch Herrn X, Frau Z als Leiterin des Rechnungswesens der AG sowie A als Zeugen vernehmen müssen.

8

Das FA ist der Beschwerde entgegengetreten, die es für unzulässig hält.

Entscheidungsgründe

9

II. Die Beschwerde ist unbegründet. Den aufgeworfenen Fragen kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu. Der behauptete Verfahrensmangel liegt nicht vor.

10

1. Eine Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO kommt nur dann in Betracht, wenn die vom Beschwerdeführer aufgeworfene Frage klärungsbedürftig und im konkreten Streitfall auch klärungsfähig ist (vgl. Senatsbeschlüsse vom 27. Oktober 2003 VII B 196/03, BFH/NV 2004, 232, und vom 2. Dezember 2002 VII B 203/02, BFH/NV 2003, 527, m.w.N.). Die vom Kläger formulierte Frage hinsichtlich des Verschuldens des einzigen und alleinvertretungsberechtigten Vorstands einer AG bei Nichtabführung von Abzugssteuern ist auf die zahlreichen Besonderheiten des vorliegenden Streitfalls zugeschnitten. Es ist nicht anzunehmen, dass sich genau diese Frage in einer Vielzahl von Fällen stellen wird, so dass ihre Klärung im Interesse der Allgemeinheit liegt. Vielmehr hängt die Klärung der Frage, ob einem gesetzlichen Vertreter i.S. des § 34 Abs. 1 AO der Vorwurf einer grob fahrlässigen oder vorsätzlichen Pflichtverletzung gemacht werden kann, von den konkreten Umständen des jeweiligen Einzelfalls ab, so dass sich allgemeingültige Aussagen hierzu nicht treffen lassen.

11

Im Übrigen könnte sich die vom Kläger aufgeworfene Frage in dem angestrebten Revisionsverfahren nicht stellen. Denn das FG hat nicht ausdrücklich festgestellt, dass der Kläger eine unwiderrufliche Anweisung zur Auszahlung der fälligen Steuern und der Solidaritätszuschläge erteilt hat. Vielmehr hat es ausgeführt, dass es auf die Frage, ob der Kläger eine solche betriebsinterne Weisung an die Buchhaltung der AG gegeben hat, nicht ankomme. Auch fehlen hinreichende Feststellungen über eine Vereitelung der Abgabenentrichtung durch einen Widerruf des Aufsichtsratsvorsitzenden. In der Urteilsbegründung hat das FG lediglich den Vortrag des Klägers in Bezug auf die im Streit stehende Intervention des A wiedergegeben, ohne den behaupteten Widerruf ausdrücklich festzustellen. Schließlich hat das FG die schuldhafte Pflichtverletzung des Klägers nicht allein in dem Umstand gesehen, dass dieser die Mittel ausschließlich zur Auszahlung der Nettolöhne verwendet hat. Entgegen der Fragestellung hat das FG die haftungsbegründende Pflichtverletzung bereits darin gesehen, dass sich der Kläger in seiner Eigenschaft als ordnungsgemäß bestellter Vorstand einer AG über den Umfang seiner Verantwortlichkeit keine ausreichende Kenntnis verschafft hat. Unter all diesen Gesichtspunkten wäre die vom Kläger aufgeworfene Frage in einem Revisionsverfahren nicht klärungsfähig.

12

2. Dem übrigen Vorbringen in Bezug auf die Verschuldensfrage lässt sich keine grundsätzlich bedeutsame Frage entnehmen. Im Kern seiner Darlegungen stellt der Kläger seine eigene Rechtsansicht der rechtlichen Beurteilung des Falles durch das FG gegenüber und kommt zu dem Schluss, dass das FG zu Unrecht das Senatsurteil in BFH/NV 2007, 2225 nicht auf den Streitfall übertragen habe und dass ihn kein Verschulden treffe. Sofern die Beschwerde die Frage geklärt wissen will, "ob die zivilrechtlichen Überlegungen für das Steuerrecht Anwendung finden", genügen die diesbezüglichen Ausführungen auch nicht ansatzweise den Darlegungserfordernissen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO.

13

3. Auch der Frage, ob der alleinige Aufsichtsratsvorsitzende einer AG, der sich für die einzige freie Kreditlinie der Gesellschaft persönlich verbürgt, sämtliche Zahlungsvorgänge der Gesellschaft von seiner Zustimmung abhängig gemacht hat und für die Konten der Gesellschaft zeichnungs- und vertretungsbefugt ist, Verfügungsberechtigter i.S. des § 35 AO ist, kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu. Die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Person, die nicht gesetzlicher Vertreter ist, dennoch als Verfügungsberechtigter nach § 69 AO als Haftungsschuldner in Anspruch genommen werden kann, lässt sich nur unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls beantworten. Dabei reicht es nach der Rechtsprechung des BFH nicht aus, dass eine Befugnis besteht, über fremdes Vermögen zu verfügen. Vielmehr ist ein Auftreten nach Außen erforderlich, das für andere erkennen lässt, dass der Verfügungsberechtigte von der ihm eingeräumten Verfügungsbefugnis auch Gebrauch gemacht hat (BFH-Urteil vom 29. Oktober 1985 VII R 186/82, BFH/NV 1986, 192). Bleibt der Verfügungsberechtigte im Hintergrund und bedient er sich zur Ausübung seiner Verfügungsbefugnis der Unterstützung von weisungsabhängigen Personen, wird er nach § 35 AO nur dann verpflichtet, wenn die Weisungsabhängigkeit auch nach außen erkennbar wird und er die Gesellschaft faktisch leitet (BFH-Urteil vom 24. April 1991 I R 56/89, BFH/NV 1992, 76, m.w.N., und Jatzke in Beermann/ Gosch, AO, § 35 Rz 19). Die Würdigung, ob ein solch qualifiziertes Auftreten nach Außen vorliegt, ist anhand sämtlicher Umstände des jeweiligen Einzelfalls vorzunehmen, so dass die vom Kläger aufgeworfene Frage einer allgemeingültigen Klärung nicht zugänglich ist.

14

Der Streitfall bietet auch deshalb keinen Anlass, die von der Beschwerde formulierte Frage zu beantworten, weil das FG ein Auftreten des A nach Außen nicht festgestellt hat. Es hat ausgeführt, dass Anhaltspunkte dafür, dass A nach Außen als Verfügungsberechtigter der AG i.S. des § 35 AO aufgetreten ist, nicht ersichtlich sind. Diese Würdigung der besonderen Umstände des Streitfalls ist möglich; sie verstößt nicht gegen Erfahrungssätze oder Denkgesetze. Selbst der Kläger trägt vor, dass seine vom FG nicht vernommene Assistentin hätte bestätigen können, dass es während der Amtszeit des Klägers als Vorstand der AG keine Eingriffe des A in die Geschäftsleitungsbefugnisse des Klägers gegeben habe, er an der Erfüllung seiner Pflichten folglich nicht gehindert worden sei. Auch dieser Vortrag belegt, dass aus der Sicht des FG keine Anhaltspunkte dafür bestanden, dass A als faktischer Geschäftsführer der AG nach außen aufgetreten ist oder tatsächlich den Kläger aus seiner Position verdrängt hat.

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4. Schließlich liegen die behaupteten Verfahrensmängel der Verletzung des Gehörsanspruchs aus Art. 103 Abs. 1 GG und der Sachaufklärungspflicht (§ 76 FGO) nicht vor.

16

Wird geltend gemacht, das FG hätte den Sachverhalt auch ohne entsprechenden Antrag des Klägers von Amts wegen umfassender aufklären müssen, ist u.a. darzulegen, welche entscheidungserheblichen Tatsachen sich bei der weiteren Sachaufklärung voraussichtlich ergeben hätten und inwiefern bei der Beweiserhebung durch Zeugeneinvernahme eine weitere Aufklärung des Sachverhalts auf der Grundlage des materiellen Rechtsstandpunkts des FG zu einer anderen Entscheidung hätte führen können (ständige Rechtsprechung des BFH, vgl. Senatsbeschluss vom 28. August 2003 VII B 71/03, BFH/NV 2004, 493, zu II.1.a, m.w.N.). Schließlich gehört zur ordnungsgemäßen Darlegung des Verfahrensfehlers mangelhafter Sachaufklärung nach ständiger Rechtsprechung auch der Vortrag, dass die nicht zureichende Aufklärung des Sachverhalts und die Nichterhebung weiterer (angebotener) Beweise in der mündlichen Verhandlung gerügt wurden oder weshalb diese Rüge nicht möglich war (vgl. BFH Urteil vom 20. April 1989 IV R 299/83, BFHE 157, 106, BStBl II 1989, 727, und Senatsbeschluss vom 16. Dezember 2003 VII B 10/03, BFH/NV 2004, 529). Da der im finanzgerichtlichen Verfahren geltende Untersuchungsgrundsatz eine Verfahrensvorschrift ist, auf deren Einhaltung ein Beteiligter ausdrücklich oder durch Unterlassen einer Rüge verzichten kann (§ 155 FGO i.V.m. § 295 der Zivilprozessordnung) hat die Unterlassung der rechtzeitigen Rüge den endgültigen Rügeverlust --z.B. auch zur Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde-- zur Folge.

17

Das Übergehen eines Beweisantrags oder einer unvollständigen Zeugeneinvernahme kann deshalb im Rahmen der Nichtzulassungsbeschwerde nicht mehr mit der Verfahrensrüge angegriffen werden, wenn der in der maßgeblichen Verhandlung selbst anwesende oder fachkundig vertretene Beteiligte, dem die Nichtbefolgung eines Beweisantrags oder die mangelhafte Sachaufklärung erkennbar war, den Verfahrensverstoß nicht gerügt und damit auf die Wahrnehmung seiner Rechte verzichtet hat (vgl. Senatsbeschluss vom 17. Dezember 1999 VII B 183/99, BFH/NV 2000, 597).

18

Ausweislich des Protokolls über die mündliche Verhandlung hat der Kläger keine Beweisanträge gestellt. Den Antrag auf Protokollberichtigung, mit dem der Kläger eine Ergänzung des Protokolls um den Zusatz begehrte, dass er beantragt habe, seine Assistentin als Zeugin zu vernehmen, hat das FG mit unanfechtbarem Beschluss vom 30. November 2009  15 K 3609/06 abgelehnt. Sofern die Beschwerde gleichwohl an der Aufklärungsrüge festhält und darüber hinaus meint, dem FG hätte sich das Erfordernis einer weiteren Sachaufklärung von Amts wegen aufdrängen müssen, rechtfertigt dieses Vorbringen die Revisionszulassung nicht. Nach den Ausführungen des Klägers hätte mit der Vernehmung der Zeugin Beweis darüber geführt werden sollen, dass der Kläger Anfang Mai 2009 eine unwiderrufliche Anweisung zur Entrichtung der fälligen Steuerbeträge gegeben habe. Jedoch hat das FG in der Urteilsbegründung ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es auf die Frage, ob der Kläger vor Niederlegung seines Amtes als Vorstand der AG eine solche betriebsinterne Weisung gegeben habe, nicht ankomme. Aus der maßgeblichen Sicht des FG war somit das Beweisthema nicht entscheidungserheblich.

19

Soweit der Kläger behauptet, dem FG hätte sich zur Ermittlung von Schuldausschließungs- bzw. Rechtfertigungsgründen und zur Prüfung der Frage, ob A als Verfügungsberechtigter i.S. des § 35 AO aufgetreten sei, von Amts wegen auch die Vernehmung weiterer Zeugen aufdrängen müssen, genügt dieses Vorbringen nicht den Darlegungserfordernissen. Wie bereits ausgeführt, hat das FG keine Anhaltspunkte dafür gesehen, dass A nach außen als Verfügungsberechtigter aufgetreten ist. Was die benannten Zeugen im Einzelnen ausgesagt hätten und warum ihre Aussage aus der maßgeblichen Sicht des FG entscheidungserheblich hätte sein können, versäumt die Beschwerde näher auszuführen.

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5. Eine Zulassung der Revision kommt auch nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO nicht in Betracht. Die Einheitlichkeit der Rechtsprechung ist i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO nur dann betroffen, wenn dem FG bei der Auslegung und Anwendung des Rechts Fehler unterlaufen sind, die von so erheblichem Gewicht sind, dass sie, würden sie von einem Rechtsmittelgericht nicht korrigiert, geeignet wären, das Vertrauen in die Rechtsprechung zu beschädigen, etwa weil Verfahrensgrundrechte verletzt worden sind oder das aus Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 19 Abs. 4 GG abzuleitende Recht eines Beteiligten auf eine willkürfreie gerichtliche Entscheidung durch das Urteil des FG nicht befriedigt wird (Senatsbeschluss vom 14. Februar 2002 VII B 141/01, BFH/NV 2002, 798, m.w.N.). Solche erheblichen Fehler des FG sind für den Senat nicht ersichtlich.

Wer als Verfügungsberechtigter im eigenen oder fremden Namen auftritt, hat die Pflichten eines gesetzlichen Vertreters (§ 34 Abs. 1), soweit er sie rechtlich und tatsächlich erfüllen kann.

(1) Die gesetzlichen Vertreter natürlicher und juristischer Personen und die Geschäftsführer von nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen und Vermögensmassen haben deren steuerliche Pflichten zu erfüllen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Steuern aus den Mitteln entrichtet werden, die sie verwalten.

(2) Soweit nicht rechtsfähige Personenvereinigungen ohne Geschäftsführer sind, haben die Mitglieder oder Gesellschafter die Pflichten im Sinne des Absatzes 1 zu erfüllen. Die Finanzbehörde kann sich an jedes Mitglied oder jeden Gesellschafter halten. Für nicht rechtsfähige Vermögensmassen gelten die Sätze 1 und 2 mit der Maßgabe, dass diejenigen, denen das Vermögen zusteht, die steuerlichen Pflichten zu erfüllen haben.

(3) Steht eine Vermögensverwaltung anderen Personen als den Eigentümern des Vermögens oder deren gesetzlichen Vertretern zu, so haben die Vermögensverwalter die in Absatz 1 bezeichneten Pflichten, soweit ihre Verwaltung reicht.

Tatbestand

 
Streitig ist, ob der Kläger eine Steuerhinterziehung begangen oder an einer solchen Tat teilgenommen hat und deshalb gemäß § 71 der Abgabenordnung (AO 1977) für die verkürzten Steuern haftet.
Das Landgericht X verurteilte den Kläger wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe. Es hatte festgestellt, dass der Kläger im Juni 1996 die ... (künftig: E) mit Sitz in Spanien (A) gegründet hatte (S. 19 der Gründe). Gegenstand des Unternehmens sei der Handel mit Central Processing Units (CPU) gewesen (S. 19). Zu Beginn des Jahres 1998 habe sich der Kläger entschlossen, sog. Karussellgeschäfte zu betreiben (S. 20). Dabei sollten die CPU von einer ... GmbH mit Sitz in C (künftig: H) an die E in Spanien geliefert werden, von der E zunächst an einen Zwischenhändler in Deutschland, von diesem wiederum an die H (S. 20 f.). Die H und der Zwischenhändler sollten die Preise mit den jeweils marktüblichen Beträgen bestimmen (S. 21, ferner S. 25, 41, 47, 59, 60 f., 65). Die H sollte deshalb den „üblichen Handelsaufschlag“ anwenden (S. 21).
Der Zwischenhändler sollte ferner in seinen Rechnungen den auf das Entgelt entfallenden Steuerbetrag angeben, diesen jedoch nicht an das Finanzamt abführen, sondern - nach Abzug des für ihn bestimmten Anteils - an die E weiterleiten (S. 21). Auf diese Weise sollte der Vorsteuerabzug, den die H vornehmen sollte, „zu Geld gemacht“ werden (S. 22, 60). Sollte das Finanzamt feststellen, dass der Zwischenhändler die Umsatzsteuer hinterzieht oder sonst gezielt verkürzt, sollte dieser von einem anderen Zwischenhändler ersetzt werden (S. 21).
Die E, der Zwischenhändler und die H hätten die Karussellgeschäfte allerdings immer erst dann abgeschlossen, wenn sie sich über den Warenkreislauf, der zwischen ihnen stattfinden sollte, im Einzelnen verständigt gehabt hätten, insbesondere über die Menge und den Preis (S. 25, 27, 34, 47, 60 f., 53, 65). Hierauf habe der Kläger - wegen der bei Karussellgeschäften geltenden „Zwangsläufigkeiten“ - von vornherein seinen Einfluss ausüben müssen (S. 61).
Einen Teil der Ware habe die H jedoch nicht wieder an die E veräußert (S. 24). Insoweit habe die E weitere Ware bei einer Firma F erworben (S. 24). Die E habe die von ihr getätigten Geschäfte allerdings nicht mit ihrem Anfangsvermögen finanzieren können (S. 25 f., 42, 61: „Finanzierung der Ringgeschäfte“, 64, 65). Daher habe die H das von ihr geschuldete Entgelt noch vor der Lieferung der Ware an den Zwischenhändler gezahlt, der das gezahlte Geld - nach Abzug des für ihn bestimmten Anteils -  sofort an die E weitergeleitet habe (S. 25, 32, 42, 61, 63, 64, 65). Die CPU seien allerdings lediglich zwischen einem Warenlager erst in den Niederlanden und später in Belgien und der Betriebsstätte der H in Ö hin- und her befördert worden (S. 26 f., 34, 47, 61, 63, 65).
Der Kläger habe mithin ein „pseudogeschäftliches Netzwerk“ gegründet und geführt und sodann das Aufkommen aus der Umsatzsteuer erheblich geschädigt (S. 78).
Im Einzelnen stellte das Landgericht hierzu u. a. die folgenden Umstände fest:
Zunächst habe der Kläger den Angeklagten ...A, einen Angestellten der H (künftig: A), als Gehilfen gewinnen können (S. 22). A habe - nachdem der Kläger ihn in seine Absichten eingeweiht und ihm einen Anteil an der Beute zugesagt gehabt habe - an den Karussellgeschäften mitgewirkt (S. 22, 70). A sei auch der „einzig wirklich wichtige und unentbehrliche Partner“ des Klägers gewesen (S. 71). Dementsprechend habe der Kläger geäußert, ohne A und die H „könne er nicht leben“ (S. 71).
Sodann habe der Kläger einen Herrn ...M (künftig: M), einen Sozialhilfeempfänger, als Zwischenhändler eingesetzt (S. 23). Diesen habe er angewiesen, dass er ein Gewerbe anmeldet, CPU von E erwirbt und an die H veräußert, dass er ferner in seinen Rechnungen den auf das Entgelt entfallenden Steuerbetrag angibt, die entsprechenden Beträge aber nicht an das Finanzamt abführt (S. 23 f.). M habe später weder die für die Monate März bis Mai 1998 gebotenen Voranmeldungen oder wenigstens eine Steueranmeldung für das Kalenderjahr 1998 abgegeben noch die von ihm in Rechnung gestellte Umsatzsteuer an das Finanzamt abgeführt, sondern - in Höhe der „überschüssigen Mehrwertsteuerbeträge“ - an die E (S. 32, 63, zu den Beträgen im Einzelnen S. 31, 32).
10 
Nachdem M seine Tätigkeit eingestellt gehabt habe, habe der Kläger mit einem damaligen Finanzbeamten, einem Herrn ...K (künftig: K), verabredet, dass dieser an den Karussellgeschäften zwischen der E und der H teilnimmt (S. 33, 63). Auch K habe erkannt, dass er in seinen Rechnungen den auf das Entgelt entfallenden Steuerbetrag zwar angeben, die entsprechenden Beträge aber nicht an das Finanzamt abführen sollte (S. 33, 63).
11 
Anschließend, ab Juni 1998 (S. 40), sei K - wie zuvor M - als Zwischenhändler tätig geworden (S. 33 ff.). Im Juni 1998 hätten sich der Kläger und die anderen Angeklagten entschlossen, „zur Tarnung“ den Unternehmer ...W (künftig: W) und eine ...GmbH (künftig: F) als weitere Zwischenhändler einzusetzen (S. 39, 64). Kurz darauf habe die H dem K mitgeteilt, sie werde ihren Bedarf künftig anderweitig erwerben (S. 39, 64). Inzwischen hätten sich allerdings bereits W und die F bei K als neue Kunden vorgestellt gehabt (S. 39). Außerdem habe damals eine ...O (künftig: O) dem K angeboten, ihm CPU zu liefern (S. 40, 64). Hierauf habe K die CPU nicht mehr nur bei der E, sondern auch bei der O erworben (S. 40, auch zu den Beträgen im Einzelnen) und sodann an die H und W sowie die F veräußert (S. 40 f., auch zu den Beträgen im Einzelnen, 64). Hierzu stellte das Landgericht auch fest, dass die O gegen den Willen des Klägers und der anderen Angeklagten an den Karussellgeschäften nicht beteiligt worden wäre (S. 40, 64). Auch habe der Kläger dem A erklärt, er müsse wissen, warum die F eingeschaltet worden sei (S. 39).
12 
K habe die von ihm zu entrichtende Umsatzsteuer ebenfalls nicht an das Finanzamt abgeführt (S. 42, zu den Beträgen im Einzelnen S. 43). Vielmehr habe er von seinen Einnahmen lediglich die sonstigen Ausgaben und als seine „Entnahmen“ zehn Teilbeträge in Höhe von jeweils 29.000 DM abgezogen (S. 42). Den verbliebenen Unterschiedsbetrag habe er sodann der E jeweils als „Vorauszahlung“ überwiesen (S. 42, 64). Für diesen Zweck hätten K und die E wöchentliche „Balance Sheets“ erstellt (S. 42, 64).
13 
Ferner habe K bei seiner steuerlichen Erfassung die voraussichtliche Höhe seines jährlichen Umsatzes - zur „Irreführung“ des Finanzamts - nur mit 50.000 DM angegeben gehabt (S. 43, 64). Später habe er lediglich eine Voranmeldung für das zweite Kalendervierteljahr eingereicht (S. 43 f., 64). Dabei habe K das der Umsatzsteuer unterliegende Entgelt bewusst mit zu niedrigen Beträgen angegeben (S. 43 f., 64). Dagegen seien die für die Besteuerungszeiträume Juni bis September 1998 gebotenen monatlichen Voranmeldungen ebenso unterblieben wie eine Steueranmeldung für das Kalenderjahr 1998 (S. 43).
14 
Nachdem M und K verhaftet worden seien, habe der Kläger mit einem Herrn ...S (vgl. Anklageschrift der Staatsanwaltschaft X vom 29. Januar 2002, Geschäftsnr.: .., S. 28; künftig: S) verabredet gehabt, dass dieser zur Teilnahme an den Karussellgeschäften zwischen der E und der H einen neuen Zwischenhändler besorgt (S. 47 f.). Dieser habe hierauf - im November und Dezember 1998 - als die treibende Kraft hinter der ...I (künftig: I) mit Sitz in Italien und der „...P GbR (künftig: P), Inhaber: ...T (künftig: T) und ...L (künftig: L)“ mit Sitz in V tatsächlich an den Karussellgeschäften des Klägers und der anderen Angeklagten mitgewirkt (S. 48). Die I und die P seien jeweils als Zwischenhändler tätig geworden (S. 47 f., 65, zu den Beträgen im Einzelnen S. 47).
15 
Der Kläger und die anderen Angeklagten hätten die Karussellgeschäfte mit der I und der P „nach dem gleichen Grundprinzip wie bisher“ fortgesetzt (S. 47, 65). Dabei seien die Lieferungen der CPU erst von der E der I berechnet worden waren, sodann von der I der P, hierauf von der P der F und schließlich von der F der H (S. 47, 48, 65). Dementsprechend habe auch die P die von ihr geschuldete, von der F an sie bezahlte Umsatzsteuer verkürzt (S. 48, 65). Soweit S die von der I an die E abzuführenden Beträge zum Teil - in Höhe von 2,1 Mio. DM - einbehalten habe, habe S eigenmächtig gehandelt (S. 48, 49).
16 
Anschließend seien
- im April 1999 ein Herr E.Ä. in X und
- von Juni bis Oktober 1999 eine ...C Vertrieb GmbH (künftig: C)
als weitere Zwischenhändler tätig geworden (S. 48 f. bzw. S. 49). Beide Zwischenhändler hätten die CPU an die F weitergeliefert (S. 48, 49), die C allerdings auch an die Q GmbH in P (S. 49).
17 
Bei den Karussellgeschäften des Klägers habe auch der Mitangeklagte ...B (künftig: B) eine „hervorgehobene Rolle“ ausgeübt (S. 81). B habe die Aufgabe gehabt, die Zwischenhändler zu besorgen, die auch bereit gewesen seien, „Weisungen von Hintermännern zu befolgen“ (S. 22). Dementsprechend habe B die weiteren Angeklagten M und K als Zwischenhändler eingesetzt (S. 23 bzw. 33). Ferner habe B bei einer Bank in Liechtenstein ein Konto auf den Namen des K eröffnet, über das er auch verfügungsbefugt gewesen sei (S. 42 f.). Auf diesem Konto seien Beträge in Höhe von rund 9,3 Mio. DM gutgeschrieben worden (S. 54).
18 
Außerdem habe der Kläger den damaligen Rechtsanwalt ....R (künftig: R) mit der Wahrnehmung seiner Angelegenheiten beauftragt gehabt (S. 20). Dieser habe im Wesentlichen die Aufgabe gehabt, ihm, dem Kläger, „den Rücken freizuhalten“ (S. 20, 21) und ihn bei den Karussellgeschäften zu unterstützen (S. 21 f.; ferner S. 45, 51, 65). Seine finanziellen Schwierigkeiten einerseits und die „finanziell großzügige ... Art“ des Klägers andererseits hätten R veranlasst, für diesen tätig zu werden (S. 22, 65, 80).
19 
Im Einzelnen habe R den Kläger bei dessen Geldgeschäften vertreten, beim Aufbau des Warenlagers in Belgien mitgewirkt oder verschiedene, an den Karussellgeschäften beteiligte Personen unterstützt oder ihnen jedenfalls anwaltlichen Beistand besorgt oder auch bei ihrer Flucht geholfen (S. 50 f., ferner S. 26, 45). Von den Erkenntnissen, die R in den jeweiligen Verfahren gewonnen habe, habe er sodann stets auch den Kläger unterrichtet (S. 51). Ferner habe auch er als Zwischenhändler tätig gewordene Personen im Auftrag des Klägers selbst oder mit Hilfe anderer Personen angeworben (S. 48, 49, 50, 80 usw.). R sei - wie den anderen Angeklagten - klar gewesen, dass die Karussellgeschäfte der „illegalen Abschöpfung“ von Umsatzsteuer dienen würden (S. 22; ferner S. 47, 51, 65).
20 
Schließlich hätten schon die „Erträge“, die die E erzielt habe, dem Kläger ein Leben „auf großem Fuße“ ermöglicht (S. 53, 55, 66). Darüber hinaus seien ihm mindestens 2,5 Mio. DM zugeflossen. Von den verkürzten Steuerbeträgen habe B einen Anteil in Höhe von insgesamt rund 3,1 Mio. DM erlangt. Im Einzelnen habe er das Konto bei der Bank in Liechtenstein mit Beträgen in Höhe von insgesamt 2,8 Mio. DM zu seinen eigenen Gunsten belastet. Außerdem habe er von dem Kläger einen Betrag von 200.000 DM und von M einen Betrag von 100.000 DM erhalten. An R habe der Kläger Beträge in Höhe von insgesamt rund 1,6 Mio. DM gezahlt (S. 54, 66).
21 
Allerdings könne nicht festgestellt werden, ob der Kläger oder die anderen Angeklagten, darauf Einfluss genommen hätten, ob die Zwischenhändler - und damit auch M oder K - eine Steuererklärung abgaben oder nicht. Sie hätten deshalb durchaus in Kauf genommen, dass ein Zwischenhändler den Finanzbehörden gegenüber unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder sie auch völlig in Unkenntnis lässt (S. 74 f.).
22 
Wegen der Einzelheiten im Übrigen wird Bezug genommen auf das Urteil des Landgerichts vom 1. August 2002 (Geschäftsnummer: ... ). Die Staatsanwaltschaft hatte das Strafverfahren eingeleitet, nachdem ihr das Bundeskriminalamt am 25. Oktober 1999 die vorstehend dargestellten Karussellgeschäfte angezeigt gehabt hatte (Anklageschrift der Staatsanwaltschaft X vom 29. Januar 2002, S. 44).
23 
In dem vorliegenden Verfahren nimmt der Beklagte den Kläger für die Steuerschulden der P im Wege der Haftung in Anspruch.
24 
T und L hatten die P mit ihrem am 9. September 1998 unterzeichneten Gesellschaftsvertrag errichtet. Gegenstand des Unternehmens sollte der Großhandel mit Textilien und Lebensmitteln sein. In dem Fragebogen zur steuerlichen Erfassung bei Gründung einer Personengesellschaft hatte die P angegeben, mit der Wahrnehmung ihrer steuerlichen Angelegenheiten habe sie eine Steuerberaterin beauftragt, sie werde Umsätze tätigen ab dem 15. September 1998, die voraussichtliche Höhe ihres jährlichen Gesamtumsatzes würde für das Gründungsjahr 100.000 DM betragen, für das Folgejahr 400.000 DM.
25 
Am 22. Januar 1999 hatte die P die Voranmeldung für das vierte Kalendervierteljahr 1998, an der die Steuerberaterin mitgewirkt gehabt haben soll, abgegeben (Bl. 24 f. der Umsatzsteuerakten). Mit dieser hatte die P die von ihr zu entrichtende Umsatzsteuer-Vorauszahlung mit 711.879,40 DM errechnet. Dabei hatte sie das der Umsatzsteuer unterliegende Entgelt mit 4.475.667 DM und die Bemessungsgrundlage für den innergemeinschaftlichen Erwerb mit 5.156.640 DM angegeben.
26 
In der bei dem Beklagten am 5. April 2000 eingegangenen Steueranmeldung für 1998 hatte die P das der Umsatzsteuer unterliegende Entgelt nunmehr mit 5.301.943 DM, die Umsatzsteuer hierauf mit 848.310,88 DM und die Bemessungsgrundlage für den innergemeinschaftlichen Erwerb mit 5.247.828 DM angegeben. Den von ihr nach Abzug der Vorauszahlung noch zu entrichtenden Betrag hatte sie sodann mit 131.894,70 DM errechnet. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Steueranmeldung Bezug genommen.
27 
Der Beklagte folgte der Steueranmeldung mit seiner Abrechnung vom 20. April 2000, mit der er der P mitteilte, dass Beträge in Höhe von insgesamt 842.729,30 DM noch zu zahlen seien. Zugleich forderte er die P auf, die in Höhe von 710.834,60 DM bereits fälligen Teilbeträge sofort, spätestens am 5. Mai 2000 den danach noch verbleibenden Unterschiedsbetrag von 131.894,70 DM zu bezahlen.
28 
Bereits kurz zuvor hatte der Beklagte bei der P eine Außenprüfung durchgeführt. Diese hatte die Umsatzsteuer für das dritte und vierte Kalendervierteljahr umfasst. In seinem Aktenvermerk vom 10. April 2000 hatte der Prüfer festgestellt, dass sich keine Änderung der Bemessungsgrundlagen ergeben würden. Mit Schreiben vom 12. April 2000 hatte der Beklagte dies auch der Steuerberaterin mitgeteilt.
29 
Mit dem Aktenvermerk hatte der Prüfer ferner berichtet, dass die P der F Beträge in Höhe von insgesamt (brutto) 6.150.254 DM berechnet habe. Die F habe hierauf aber nur 5.191.774 DM gezahlt. Die Steuerberaterin habe hierzu mitgeteilt, dass die P den Unterschiedsbetrag eingeklagt habe. Allerdings dürfte dieser uneinbringlich sein. Er sei daher in dem Jahresabschluss zum 31. Dezember 1998 bereits abgeschrieben. Wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Prüfungsanordnung vom 18. Februar 1999 und auf den Aktenvermerk vom 10. April 2000.
30 
Darüber hinaus hatte auch die Steuerfahndung den Sachverhalt ermittelt. Mit ihrem Bericht vom 22. November 2002 stellten die Fahnder fest, dass die I von der P
31 
mit Rechnung vom
ein Entgelt in Höhe von
die Steuer hierauf mit
18. November
577.447,47 DM
0,00 DM
18. November
194.103,00 DM
0,00 DM
19. November
860.215,01 DM
0,00 DM
22. November
357.525,00 DM
0,00 DM
24. November
391.000,00 DM
0,00 DM
25. November
912.350,01 DM
0,00 DM
26. November
1.404.000,02 DM
0,00 DM
für November insgesamt
4.696.640,51 DM
0,00 DM
mit Rechnung vom 1. Dezember
450.000,01 DM
0,00 DM
für Dezember insgesamt
450.000,01 DM
0,00 DM
für 1998 insgesamt
5.146.640,52 DM
0,00 DM
32 
und die P für die in diesen Rechnungen bezeichneten Lieferungen von der F wiederum
33 
mit Rechnung vom
ein Entgelt in Höhe von
einschließlich der hierin enthaltenen Steuer
17. November
576.366,89 DM
79.498,88 DM
17. November
202.072,00 DM
27.872,00 DM
19. November
844.016,01 DM
116.416,00 DM
23. November
363.660,00 DM
50.160,00 DM
24. November
393.414,00 DM
54.264,00 DM
25. November
943.486,01 DM
130.136,00 DM
26. November
706.440,01 DM
97.440,00 DM
26. November
706.440,01 DM
97.440,00 DM
für November insgesamt
4.735.894,93 DM
653.226,88 DM
mit Rechnung vom 1. Dezember
455.880,01 DM
62.880,00 DM
für Dezember insgesamt
455.880,01 DM
62.880,00 DM
für 1998 insgesamt
5.191.774,94 DM
716.106,88 DM
34 
verlangt habe. Dementsprechend würde sich die Beute, die dem Karussell verblieben sei, mit insgesamt 45.134 DM wie folgt errechnen (S. 22):
35 
das von der P der F berechnete, der Umsatzsteuer unterliegende Entgelt
 4.475.668 DM
die Umsatzsteuer hierauf
   716.106 DM
Zwischensumme
5.191.774 DM
abzüglich das von der I der P berechnete Entgelt
5.146.640 DM
bei der P angefallene „Beute“
45.134 DM
36 
Hätte die P dagegen die von ihr zu entrichtende Umsatzsteuer an das Finanzamt abgeführt, hätte ihr schon deswegen, um ihre anderen Verbindlichkeiten zu begleichen, ein Betrag von 670.972 DM gefehlt, der sich wiederum wie folgt errechnen lasse (S. 22):
37 
das von der P der F berechnete, der Umsatzsteuer unterliegende Entgelt
4.475.668 DM
die Umsatzsteuer hierauf
   716.106 DM
Zwischensumme
5.191.774 DM
abzüglich
        
-das von der I der P berechnete Entgelt
5.146.640 DM
-die von P zu entrichtende Umsatzsteuer
   716.106 DM
        
670.972 DM
38 
Weiter führten die Fahnder aus, die P habe im Rahmen der Außenprüfung und mit ihren Angaben, die sie in der Steueranmeldung für 1998 gemacht gehabt habe, geltend gemacht, dass sie von der F nicht nur - wie in der Voranmeldung angegeben - einen Betrag von insgesamt 5.191.774,94 DM zu beanspruchen habe, sondern ein Entgelt in Höhe von insgesamt 5.301.943 DM zuzüglich Umsatzsteuer oder einen Betrag von insgesamt 6.150.254 DM (S. 23 ff.).
39 
Den sich danach errechnenden Unterschiedsbetrag von 958.480 DM habe die P auch eingeklagt gehabt (S. 24). Das Landgericht habe die Klage jedoch - im Wesentlichen - abgewiesen (S. 24, 25). Dies zeige, dass die P mit den Rechnungen, die sie im Rahmen der Außenprüfung vorgelegt habe, lediglich habe vorspiegeln wollen, das Entgelt, das sie von der F verlangt habe, würde ihre Kosten decken, und zwar einschließlich der von ihr zu entrichtenden Umsatzsteuer (S. 25).
40 
Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Bericht der Fahnder vom 22. November 2002.
41 
Die P bezahlte den von ihr geschuldeten, schon erwähnten Betrag von 842.729,30 DM zunächst nicht. Mit seinem Haftungsbescheid vom 7. Mai 2002 nahm der Beklagte den Kläger in Höhe des Teilbetrags von 716.106,88 DM (366.139,63 Euro) in Anspruch. Insoweit habe die P mit ihren - vorstehend bereits bezeichneten - Rechnungen für ihre Karussellgeschäfte Umsatzsteuer gesondert ausgewiesen. In Höhe dieses Betrags sei die Umsatzsteuer auch zum Vorteil der P hinterzogen worden. Der Kläger habe an der Steuerhinterziehung teilgenommen. Er hafte daher gemäß § 71 der Abgabenordnung (AO 1977) für die verkürzten Beträge.
42 
Den Einspruch des Klägers wies der Beklagte mit der Einspruchsentscheidung vom 2. November 2004 als unbegründet zurück. Im Wesentlichen führte der Beklagte im Anschluss an das Urteil des Landgerichts aus, der Kläger habe im Juni 1996 die E gegründet. Zu Beginn des Jahres 1998 habe er sich entschlossen, die von dem Landgericht festgestellten Karussellgeschäfte zu betreiben. Bei diesen Geschäften sollten CPU von der H an die E geliefert werden, von dieser an einen Händler in Deutschland und von diesem wiederum an die H. Der Zwischenhändler sollte in seinen Rechnungen den auf das Entgelt entfallenden Steuerbetrag angeben. Er sollte den Steuerbetrag jedoch nicht an das Finanzamt abführen, sondern - nach Abzug des für ihn bestimmten Anteils - an die E. Sollte das Finanzamt feststellen, dass der Zwischenhändler die Umsatzsteuer hinterzieht oder sonst gezielt verkürzt, sollte dieser von einem anderen Zwischenhändler ersetzt werden.
43 
Inzwischen, mit Bescheid vom 21. April/29. Mai 2008, hat der Beklagte hat den Betrag, mit dem er den Kläger in Anspruch nimmt, auf 330.568,28 Euro herabgesetzt.
44 
Der Kläger, der eine Steuerhinterziehung zum Vorteil der P verneint, beantragt, den Haftungsbescheid vom 7. Mai 2002 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 2. November 2004 und des Bescheids vom 21. April/29. Mai 2008 ersatzlos aufzuheben, hilfsweise die Revision zuzulassen, und die Zuziehung des Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.
45 
Der Beklagte beantragt im Wesentlichen unter Bezugnahme auf den Haftungsbescheid und die Einspruchsentscheidung, die Klage abzuweisen.

Entscheidungsgründe

 
46 
1. Die Klage ist unbegründet.
47 
Nach § 100 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 FGO kann das Gericht den mit einer Klage angefochtenen Verwaltungsakt nur dann aufheben, soweit dieser rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist. Der Haftungsbescheid vom 7. Mai 2002 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 2. November 2004 ist allerdings nicht als rechtswidrig zu beanstanden. Der Beklagte hat vielmehr zutreffend angenommen, dass der Kläger für die streitigen Beträge haftet:
48 
Wer kraft Gesetzes für eine Steuer haftet, kann gemäß § 191 AO 1977 durch Haftungsbescheid in Anspruch genommen werden. Die Finanzbehörde ist danach ermächtigt, nach ihrem Ermessen zu entscheiden. Dabei hat sie ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten (§ 5 AO 1977). Insoweit prüft das Gericht - wenn es über die Klage entscheidet - jedoch nur, ob der angefochtene Verwaltungsakt rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist (§ 102 Satz 1 FGO).
49 
Prüfungsgegenstand für die richterliche Kontrolle auf Ermessensfehler können allerdings nur diejenigen tatsächlichen Verhältnisse sein, die der Finanzbehörde im Zeitpunkt der Einspruchsentscheidung bekannt waren oder hätten bekannt sein müssen (Urteil des Bundesfinanzhofs [BFH] vom 7. April 1992, VII R 104/90, BFH/NV 1993, 213, unter 1. a). Die tatsächlichen Verhältnisse hat die Finanzbehörde zwar von Amts wegen zu ermitteln (§ 88 Abs. 1 Satz 1 AO 1977). Der Umfang dieser Pflichten wird jedoch begrenzt durch die dem Steuerpflichtigen gemäß § 90 AO 1977 auferlegten Mitwirkungspflichten (BFH-Beschluss vom 13. März 1990, VII S 3/90, BFH/NV 1991, 171 unter 1. b).
50 
Danach konnte der Beklagte den Kläger mit dem angefochtenen Haftungsbescheid in Anspruch nehmen:
51 
a) Der Kläger haftet für die verkürzten Beträge allerdings nicht nach § 71 AO 1977.
52 
Nach § 71 AO 1977 haftet für verkürzte Steuern nur, wer eine Steuerhinterziehung begeht oder an einer solchen Tat teilnimmt. Eine Steuer hinterzieht, wer
53 
- den Finanzbehörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder
- die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt
54 
und dadurch Steuern verkürzt (§ 370 Abs. 1 Nr. 1 bzw. Nr. 2 AO 1977). Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht (§ 370 Abs. 4 Satz 1 AO 1977).
55 
Die Steueranmeldung ist eine Steuererklärung, in der der Steuerpflichtige die Steuer selbst zu berechnen hat (§ 150 Abs. 1 Satz 2 AO 1977 a. F.; jetzt § 150 Abs. 1 Satz 3 AO 1977). Deshalb ist auch die Voranmeldung der Umsatzsteuer eine Steueranmeldung im Sinne von § 370 Abs. 4 Satz 1 Halbs. 2 AO 1977, denn der Steuerpflichtige hat in dieser gemäß § 18 Abs. 1 Satz 1 UStG die Umsatzsteuer für den Voranmeldungszeitraum (Vorauszahlung) selbst zu berechnen.
56 
Ist eine Steueranmeldung abzugeben, hat die Finanzbehörde die Steuer allerdings nur dann gemäß § 155 AO 1977 mit einem Steuerbescheid festzusetzen, wenn die Festsetzung zu einer abweichenden Steuer führt oder der Steuer- oder Haftungsschuldner die Steueranmeldung nicht abgibt (§ 167 Abs. 1 Satz 1 AO 1977). Sodann steht die Steueranmeldung grundsätzlich einer Steuerfestsetzung (unter Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 AO 1977) gleich (§ 168 Satz 1 AO 1977). Die Steuerhinterziehung ist deshalb schon vollendet, wenn eine Steueranmeldung ausbleibt (Urteil des Bundesgerichtshofs [BGH] vom 11. Dezember 1990, 5 StR 519/90, Neue Juristische Wochenschrift 1991, 1315, wistra 1991, 215, unter II. 3.; vgl. ferner BFH-Urteil vom 26. August 1992, VII R 50/91, Bundessteuerblatt [BStBl] II 1993, 8, unter 2. a).
57 
Der Unternehmer hat die Voranmeldung ferner bis zum 10. Tag nach Ablauf jedes Voranmeldungszeitraums abzugeben (§ 18 Abs. 1 Satz 1 UStG). Voranmeldungszeitraum war im Kalenderjahr 1998 grundsätzlich das Kalendervierteljahr (§ 18 Abs. 2 Satz 1 UStG). Betrug die Steuer für das vorangegangene Kalenderjahr mehr als 12.000 DM, war der Kalendermonat der Voranmeldungszeitraum (§ 18 Abs. 2 Satz 2 UStG). Hatte der Unternehmer - wie im Streitfall die P - seine gewerbliche Tätigkeit im laufenden Kalenderjahr aufgenommen, war die voraussichtliche Steuer des laufenden Kalenderjahres maßgebend (§ 18 Abs. 2 Satz 5 UStG).
58 
Wegen des Schadensersatzcharakters der Haftung nach § 71 AO 1977 haftet der Täter oder Teilnehmer einer Steuerhinterziehung jedoch nur in Höhe der aufgrund seines Tatbeitrages verkürzten bzw. hinterzogenen Beträge (BFH-Beschluss vom 11. Februar 2002, VII B 323/00, BFH/NV 2002, 891, unter II. 1. b, m. w. Nachw.). Die Haftung des Täters beschränkt sich deshalb auf den Vermögensschaden, der durch seine vorsätzliche Tat eingetreten ist (BFH-Urteil vom 13. Juli 1994, I R 112/93, BStBl II 1995, 198, unter II. B. 3., m. w. Nachw.). Seine Haftung gemäß § 71 AO 1977 reicht nur soweit, wie sein Vorsatz gereicht hat (BFH-Urteile vom 13. Juli 1994, I R 112/93, BStBl II 1995, 198, unter II. B. 3., und vom 6. März 2001, VII R 17/00, BFH/NV 2001, 1100, unter II. 2., jeweils m. w. Nachw.). Dementsprechend setzt die Inanspruchnahme des Teilnehmers einer Steuerhinterziehung auch die Feststellung voraus, dass dessen (Teilnahme-)Handlung zu dem eingetretenen Erfolg einer Steuerverkürzung tatsächlich beigetragen hat, für ihn also (zumindest) mitursächlich gewesen ist (BFH-Beschluss vom 11. Februar 2002, VII B 323/00, BFH/NV 2002, 891 unter II. 1., m. w. Nachw.). Die Haftung des Teilnehmers reicht (nur) soweit, wie auch der Vorsatz des Täters gereicht hat; d. h. der Teilnehmer haftet für den gesamten durch die Hinterziehung eingetretenen Schaden allenfalls dann, wenn sich sein Vorsatz auch auf die Folgen der Hinterziehungshandlung bezogen hat (BFH-Urteil vom 11. Februar 2002, VII B 323/00, BFH/NV 2002, 891, unter II. 1. b, m. w. Nachw.).
59 
Der erforderliche adäquate Kausalzusammenhang ist dagegen nicht mehr gegeben, wenn der Steuerausfall als Vermögensschaden des Fiskus mangels ausreichender Zahlungsmittel und vollstreckbaren Vermögens des Steuerpflichtigen unabhängig davon eingetreten ist, ob Steueranmeldungen fristgerecht eingereicht und die geschuldeten Steuerbeträge innerhalb der gesetzlich hierfür bestimmten Fristen entrichtet worden sind (BFH-Urteil vom 19. September 2007, VII R 39/05, BFH/NV 2008, 18, unter II. 2. a, aa, m. w. Nachw.).
60 
Hieraus folgt:
61 
aa) Im Streitfall sind Steuern nicht schon deshalb verkürzt, weil - wie der Beklagte annimmt - die P in ihren Steuererklärungen bezeichneten Umsätze in Wirklichkeit nicht ausgeführt hatte.
62 
Für solche Fälle hätten die entsprechenden Beträge in den Steuererklärungen zwar - wie der von der P für die Steueranmeldung für das Kalenderjahr 1998 verwandte Vordruck (Zeile 103) zeigt - als „in Rechnungen unberechtigt ausgewiesene Steuerbeträge (§ 14 Abs. 2 und 3 UStG)“ angesetzt werden müssen. Auch sind Steuern selbst dann verkürzt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt werden können (§ 370 Abs. 4 Satz 3 AO 1977). Diese Vorschrift greift jedoch nicht ein, wenn die Steuer - wie im Streitfall - auch dann (mindestens) mit demselben Betrag festzusetzen gewesen wäre, wenn anstelle der unrichtigen die der Wahrheit entsprechenden Angaben gemacht worden wären und die unrichtigen Angaben mit den verschleierten steuererheblichen Tatsachen in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang stehen (BGH-Urteile vom 31. Januar 1978, 5 StR 458/77, Steuerrechtsprechung in Karteiform, AO 1977, § 370, R. 2, m. w. Nachw., und vom 26. Juni 1984, 5 StR 322/84, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1985, 40, unter 2. b).
63 
bb) Soweit die P die Voranmeldung für November 1998 - obwohl im Streitfall nach § 18 Abs. 2 Satz 2, 5 UStG möglicherweise geboten - nicht, die Voranmeldung für das vierte Kalenderjahr 1998 und die Steueranmeldung für 1998 - entgegen § 18 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, 6 UStG in Verbindung mit §§ 46 ff. der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV), § 149 Abs. 2 Satz 1 AO 1977 - jeweils verspätet abgegeben hat, vermag sich der Senat jedenfalls nicht mit der nach § 96 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 FGO gebotenen Sicherheit davon zu überzeugen, dass dies vorsätzlich geschah.
64 
Immerhin hatte die P - sollte ihr eine Dauerfristverlängerung im Sinne der §§ 46 ff. UStDV nicht gewährt worden sein - die Voranmeldung für das vierte Kalenderjahr 1998 nur um wenige Tage verspätet abgegeben. Anhaltspunkte tatsächlicher Art, nach denen dies - bewusst - geschah, um die Absicht zu verdecken, die von ihr geschuldete Umsatzsteuer nicht zu entrichten, sind weder von dem Beklagten vorgetragen noch sonst nach Aktenlage ersichtlich. Eine solche Annahme ist auch nicht wahrscheinlich,
65 
- da die Säumnis wie erwähnt nur wenige Tage dauerte und, vor allem,
- weil die Beträge, die für die Entrichtung der Umsatzsteuer erforderlich waren, bei Fristablauf - dem Tatplan des Karussells folgend - mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bereits an die I oder an die E oder sonst an den Kläger weitergeleitet gewesen sein dürften.
66 
Der Umstand, dass die P die Steueranmeldung für 1998 nicht innerhalb der in § 149 Abs. 2 Satz 1 AO 1977 bestimmten Frist abgab, lässt sich auch mit bloßer Sorglosigkeit erklären. Auch insoweit ist wiederum zu bedenken, dass die P offenbar alsbald nicht mehr über die Beträge verfügen konnte, die für die Entrichtung der Umsatzsteuer erforderlich gewesen wären.
67 
cc) Deshalb würde im Streitfall auch der erforderliche adäquate Kausalzusammenhang zwischen der Steuerhinterziehung und dem Steuerausfall fehlen.
68 
Vielmehr ist der Vermögensschaden des Fiskus mangels ausreichender Zahlungsmittel und vollstreckbaren Vermögens der P unabhängig davon eingetreten, ob die gebotenen Steueranmeldungen fristgerecht eingereicht worden sind.
69 
b) Der Kläger haftet aber als faktischer Geschäftsführer der P nach § 69 in Verbindung mit §§ 34, 35 AO 1977 für die verkürzten Beträge.
70 
Der Beklagte hat den angefochtenen Haftungsbescheid zwar lediglich auf die Vorschrift des § 71 AO 1977 gestützt. Ein bestimmter Geschehensablauf kann jedoch gleichzeitig und nebeneinander die Haftung sowohl nach § 34 in Verbindung mit § 69 AO 1977 als auch nach § 71 AO 1977 begründen (BFH-Urteil vom 8. November 1994, VII R 1/93, BFH/NV 1995, 657, unter 1. c). Auch wird der einem Haftungsbescheid zugrundeliegende Sachverhalt nicht durch die Haftungsnorm, die zur Begründung der Haftung dient, sondern durch den Geschehensablauf bestimmt, der seinerseits eine oder mehrere bestimmte Haftungsnormen erfüllen kann (BFH-Urteil vom 8. November 1994, VII R 1/93, BFH/NV 1995, 657, unter 1. c). Deshalb steht es dem Finanzamt ferner grundsätzlich frei, ob es den Haftungsbescheid neben § 69 AO 1977 auch oder - wie im Streitfall - nur auf § 71 AO 1977 stützt (BFH-Urteil vom 8. November 1994, VII R 1/93, BFH/NV 1995, 657, unter 1. c; BFH-Beschluss vom 11. August 2005, VII B 312/04, juris, unter II. 1.).
71 
Auch ein faktischer Geschäftsführer kommt, wenn er mit dem entsprechenden Anschein einer Berechtigung tatsächlich nach außen hin auftritt, obwohl er formell nicht zum Geschäftsführer bestellt worden ist, gemäß § 35 in Verbindung mit § 69 AO 1977 für die Haftung in Betracht (BFH-Urteil vom 7. April 1992, VII R 104/90, BFH/NV 1993, 213, unter 1. a). Nach § 35 AO 1977 hat derjenige, der als Verfügungsberechtigter im eigenen oder fremden Namen auftritt, die Pflichten eines gesetzlichen Vertreters (§ 34 Abs. 1 AO 1977) jedoch nur, soweit er sie rechtlich und tatsächlich erfüllen kann (vgl. BFH-Urteil vom 24. April 1991, I R 56/89, BFH/NV 1992, 76, unter II. 4.). Unter einem Verfügungsberechtigten im Sinne dieser Vorschrift ist jeder zu verstehen, der tatsächlich über Mittel, die einem anderen gehören, verfügen kann und als solcher auftritt.
72 
Deshalb muss das Auftreten als Verfügungsberechtigter auch nicht in einer Disposition über fremdes Vermögen bestehen. Für die Anwendung des § 35 AO 1977 reicht es aus, dass sich die betreffende Person nach außen hin so geriert, als könne sie über fremdes Vermögen verfügen. Diese Voraussetzung ist auch dann erfüllt, wenn eine Person, die eine Gesellschaft faktisch leitet, ohne deren gesetzlicher Vertreter zu sein, das Auftreten nach außen weisungsabhängigen Personen überlässt (BFH-Urteil vom 24. April 1991, I R 56/89, BFH/NV 1992, 76, unter II. 2.). In diesem Falle muss der Weisungsgeber sich das Auftreten der weisungsgebundenen Person wie eigenes zurechnen lassen (BFH-Urteil vom 24. April 1991, I R 56/89, BFH/NV 1992, 76, unter II. 2.).
73 
§ 35 AO 1977 fordert auch nicht ausdrücklich ein Auftreten nach außen. Für das Tatbestandsmerkmal "Auftreten nach außen" reicht deshalb das Auftreten als Verfügungsberechtigter in einer begrenzten Öffentlichkeit aus. Daher ist das Tatbestandsmerkmal bereits dann erfüllt, wenn sich das Auftreten in dem Handeln gegenüber Gesellschaftern und Organen der Gesellschaft erschöpft. Entscheidend ist, dass sich die betreffende Person gegenüber einer begrenzten Öffentlichkeit als tatsächlicher Geschäftsführer geriert. Ein Auftreten gegenüber Nichtgesellschaftern ist nicht erforderlich (BFH-Urteil vom 24. April 1991, I R 56/89, BFH/NV 1992, 76, unter II. 3.).
74 
Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall vor:
75 
aa) Der Kläger war als Verfügungsberechtigter aufgetreten.
76 
Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens ist der Senat im Sinne von § 96 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 FGO davon überzeugt, dass der Kläger tatsächlich auch über die Mittel, die der P gehörten, verfügen konnte und auch verfügt hat. Der Senat ist insbesondere davon überzeugt, dass
77 
- der Kläger die wesentlichen Grundzüge der Karussellgeschäfte zwischen der E und der H entwickelt und sie als die (allein) führende Kraft maßgeblich ins Werk gesetzt und gesteuert hatte,
- auch die Geschäfte, an der die P mitgewirkt hatte, entsprechend dieser Grundzüge abgewickelt wurden,
- B und R den Kläger ganz allgemein bei den Karussellgeschäften als seine maßgeblichen Vertreter unterstützten,
- S jedenfalls seinen Einfluss auf die P offenbar im Einklang mit den Abreden ausübte, die er mit dem Kläger getroffen hatte,
- jedoch weder B oder R noch S willens oder in der Lage waren, den Kläger von der Einwirkung auf die Mittel, die der P gehörten, wirtschaftlich auszuschließen,
- die P vielmehr nur dann mit CPU handeln konnte, wenn der Kläger dies zuließ,
- die P insoweit in jeder Hinsicht von dem Willen des Klägers abhing, ihr insbesondere ein Spielraum, über Preis und Menge auch nur nachzudenken, nicht zukam und
- der Kläger deshalb (auch) der P die zur Begleichung der verwirklichten Umsatzsteuerschuld notwendigen, bei deren Vereinnahmung auch vorhandenen Gelder auf Dauer entziehen konnte und ihr diese Mittel auch tatsächlich entzogen hatte.
78 
Diese Umstände entnimmt der Senat dem Urteil des Landgerichts. Das Finanzgericht darf sich nämlich die tatsächlichen Feststellungen, Beweiswürdigungen und rechtlichen Beurteilungen des Strafgerichts zu eigen machen, wenn und soweit es zu der Überzeugung gelangt, dass diese zutreffend sind und im finanzgerichtlichen Verfahren keine substantiierten Einwendungen gegen diese Feststellungen erhoben werden (BFH-Beschluss vom 30. Januar 2007, VII B 4/06, BFH/NV 2007, 1374, unter 2. a. E., m. w. Nachw.).
79 
Das Landgericht hatte mit seinem Urteil insbesondere festgestellt, dass
80 
- der Kläger die E gegründet hatte (S. 19),
- Gegenstand des Unternehmens der Handel mit CPU war (S. 19),
- sich der Kläger zu Beginn des Jahres 1998 entschlossen hatte, Karussellgeschäfte zu betreiben (S. 20), bei denen die CPU von der H an die E in Spanien und von der E wieder an einen Zwischenhändler in Deutschland und von diesem wiederum an die H geliefert werden sollten (S. 20 f.),
- die H den „üblichen Handelsaufschlag“ anwenden sollte (S. 21),
- die H und die Zwischenhändler die Preise - wie von dem Kläger beabsichtigt - mit den jeweils marktüblichen Beträgen bestimmt hatten (S. 21, ferner S. 25, 41, 59, 60 f., hinsichtlich der von der P berechneten „Preise“: S. 47, 65),
- der Zwischenhändler in seinen Rechnungen den auf das Entgelt entfallenden Steuerbetrag angeben, den Steuerbetrag jedoch nicht an das Finanzamt abführen, sondern - nach Abzug des für ihn bestimmten Anteils - an die E abführen sollte (S. 21),
- der Zwischenhändler, sollte das Finanzamt feststellen, dass dieser die Umsatzsteuer hinterzieht oder sonst gezielt verkürzt, von einem anderen Zwischenhändler ersetzt werden sollte (S. 21),
- die E, der Zwischenhändler und die H ihre Geschäfte allerdings immer erst dann abschlossen, wenn sie sich über den Warenkreislauf, der zwischen ihnen stattfinden sollte, im Einzelnen, insbesondere über die Menge und den Preis, verständigt gehabt hatten (S. 25, 27, 34, 47, 61),
- der Kläger hierauf - wegen der bei Karussellgeschäften geltenden „Zwangsläufigkeiten“ - von vornherein seinen Einfluss ausüben musste (S. 61)
- der Kläger mithin ein „pseudogeschäftliches Netzwerk“ gegründet und auch geführt hatte (S. 78),
- der Kläger sodann - seinen Absichten folgend - mit M einen Sozialhilfeempfänger als Zwischenhändler eingesetzt (S. 23) und angewiesen hatte, ein Gewerbe anzumelden, CPU von der E zu erwerben und an die H zu veräußern, ferner in seinen Rechnungen den auf das Entgelt entfallenden Steuerbetrag anzugeben, die entsprechenden Beträge aber nicht an das Finanzamt abzuführen (S. 23 f.),
- M dementsprechend später die von ihm in Rechnung gestellte Umsatzsteuer an nicht an das Finanzamt, sondern - in Höhe der „überschüssigen Mehrwertsteuerbeträge“ - an die E abgeführt hatte (S. 32),
- der Kläger, nachdem M seine Tätigkeit eingestellt hatte, nunmehr mit K verabredet hatte, dass dieser an den Karussellgeschäften zwischen der E und der H teilnimmt (S. 33, 63),
- er auch K veranlasst hatte, in seinen Rechnungen den auf das Entgelt entfallenden Steuerbetrag zwar anzugeben, die entsprechenden Beträge aber nicht an das Finanzamt abzuführen (S. 33, 64),
- K die von ihm zu entrichtende Umsatzsteuer ebenfalls nicht an das Finanzamt abgeführt, sondern von seinen Einnahmen lediglich die sonstigen Ausgaben und als seine „Entnahmen“ zehn Teilbeträge in Höhe von jeweils 29.000 DM abgezogen, den verbliebenen Unterschiedsbetrag aber der E jeweils als „Vorauszahlung“ überwiesen hatte (S. 42, 64), ferner
- K und die E hierfür wöchentliche „Balance Sheets“ erstellt hatten (S. 42, 64),
- die O gegen den Willen des Klägers und der anderen Angeklagten an den Karussellgeschäften nicht beteiligt worden wäre (S. 40),
- der Kläger, nachdem auch K seine Tätigkeit eingestellt hatte, jetzt mit S verabredet hatte, dass dieser zur Teilnahme an den Karussellgeschäften zwischen der E und der H einen neuen Zwischenhändler besorgt (S. 47 f.),
- S hierauf - im November und Dezember 1998 - als die treibende Kraft hinter der I und der P an den Karussellgeschäften des Klägers und der anderen Angeklagten mitgewirkt hatte (S. 48),
- die I und die P jeweils als Zwischenhändler tätig geworden waren (S. 47 f., 65),
- der Kläger und die anderen Angeklagten die Karussellgeschäfte mit der I und der P „nach dem gleichen Grundprinzip wie bisher“ fortgesetzt hatten (S. 47, 65), dabei
- die Lieferungen von CPU erst von der E der I berechnet worden waren, sodann von der I der P mit Beträgen in Höhe von insgesamt 5.146.640 DM, hierauf von der P der F mit Beträgen in Höhe von insgesamt 4.475.668,06 DM zuzüglich als die gesetzlich geschuldete Umsatzsteuer ausgewiesene Beträge in Höhe von insgesamt 716.106,88 DM und schließlich von der F der H (S. 47, 48, 65),
- dementsprechend auch die P die von ihr geschuldete, von der F auch bezahlte Umsatzsteuer verkürzt hatte (S. 48, 65), also den auf das Entgelt entfallenden Steuerbetrag zwar angegeben hatte, die entsprechenden Beträge nicht an das Finanzamt abgeführt hatte (S. 48, 65 in Verbindung mit S. 21, 32, 34),
- S, soweit er die von der I an die E abzuführenden Beträge zum Teil - in Höhe von 2,1 Mio. DM - einbehalten hatte, eigenmächtig gehandelt hatte (S. 48, 49),
- die CPU allerdings - auch, soweit die P eingeschaltet war - lediglich zwischen einem Warenlager erst in den Niederlanden und später in Belgien und der Betriebsstätte der H in C hin- und her befördert worden waren (S. 26 f., 34, 47, 61, 63, 65), ferner
- B eine „hervorgehobene Rolle“ bei den Karussellgeschäften des Klägers ausgeübt gehabt hatte (S. 81),
- B insbesondere die Aufgabe gehabt hatte, die Zwischenhändler zu besorgen, die auch bereit gewesen waren, „Weisungen von Hintermännern zu befolgen“ (S. 22),
- dementsprechend B die weiteren Angeklagten M und K als Zwischenhändler eingesetzt gehabt hatte (S. 23 bzw. 33), ferner
- B bei einer Bank in Liechtenstein ein Konto auf den Namen des K eröffnet gehabt hatte, über das er, B, auch verfügungsbefugt gewesen war (S. 42 f.),
- auf diesem Konto Beträge in Höhe von rund 9,3 Mio. DM gutgeschrieben worden waren (S. 54),
- der Kläger mit der Wahrnehmung seiner Angelegenheiten den damaligen Rechtsanwalt R beauftragt hatte (S. 20),
- dieser im Wesentlichen die Aufgabe gehabt hatte, dem Kläger „den Rücken freizuhalten“ (S. 20, 21) und ihn bei den Karussellgeschäften zu unterstützen (S. 21 f.; ferner S. 45),
- seine finanziellen Schwierigkeiten einerseits und die „finanziell großzügige ... Art“ des Klägers andererseits R veranlasst hatten, für den Kläger tätig zu werden (S. 22, 80) und schließlich
- der Umfang der „Erträge“, die die E erzielt hatte, dem Kläger ein Leben „auf großem Fuße“ (S. 55, 66) ermöglichten,
- dem Kläger außerdem noch weitere Beträge in Höhe von mindestens 2,5 Mio. DM zuflossen,
- B von den verkürzten Steuerbeträgen einen Anteil in Höhe von insgesamt rund 3,1 Mio. DM erlangt hatte und schließlich
- der Kläger darüber hinaus an R Beträge in Höhe von insgesamt immerhin rund 1,6 Mio. DM zahlen konnte (S. 54, 66).
81 
Der Senat entnimmt diesen Umständen zunächst die hervorgehobene Rolle, die schon das Landgericht dem B zugeschrieben hat, die nach Ansicht des Senats aber auch R und - im November und Dezember 1998 - S innehatten. Der Senat sieht sich ferner in seiner Überzeugung, dass auch S sich nicht nur bereit erklärt hatte, an den Karussellgeschäfte des Klägers mitzuwirken, dies vielmehr auch getan hatte, auch von dem Umstand bestätigt, dass sich die P - wie zuvor M und K - im Einklang mit den Absichten des Klägers verhielt, insbesondere - jedenfalls im Ergebnis (zumindest) - die „Preise“ bezahlt hat, die ihr von der I berechnet worden waren.
82 
Dass S offenbar die Gelegenheit genutzt hatte, der E mit dem Betrag von insgesamt rund 2,1 Mio. DM einen Teil der - von der I - vereinnahmten Geldbeträge vorzuenthalten, beruhte dagegen - wie sich aus den Feststellungen des Landgerichts ergibt - auf einem eigenmächtigen, also abredewidrigen Entschluss. Hierfür spricht zum einen, dass - wie das Landgericht ebenfalls festgestellt hat - R im Auftrag des Klägers diesen Betrag beizutreiben suchte. Zum anderen betrafen diese Geldbeträge die drei letzten Geschäftsvorfälle, die zwischen der E und der I stattgefunden hatten. Dies bestätigen auch die Angaben, die S bei seiner Vernehmung in dem Strafverfahren gegen den Kläger bei der Staatsanwaltschaft X (Geschäftsnummer: ...) gemacht hatte (S. 13 der Niederschrift vom 22. Februar 2001), und die Angaben der Fahnder in der Anlage 5 zu ihrem Bericht vom 22. November 2002 (Übersicht: „Eingangsrechnungen“ der I):
83 
Rechnung vom
Entgelt
25. November
364.800,00 DM
26. November
1.345.500,02 DM
30. November
   437.000,00 DM
Summe
2.147.300,02 DM
84 
Auch das Ende der Tätigkeit des S als Zwischenhändler bei den Karussellgeschäften des Klägers ist nach Überzeugung des Senats ein Beweisanzeichen dafür, dass dieser bestimmen konnte, wer bei den von ihm ins Werk gesetzten Karussellgeschäfte mitwirken durfte oder ausgeschlossen wurde. Jedenfalls sind im Streitfall Anhaltspunkte tatsächlicher Art weder von dem Kläger vorgetragen noch sonst nach Aktenlage ersichtlich, nach denen die I aus anderen Gründen aus den Karussellgeschäfte ausgeschieden sein könnte. Das dem Urteil des Landgerichts zugrundeliegende Ermittlungsverfahren gegen den Kläger kann nicht die Ursache gewesen sein, denn die Staatsanwaltschaft hatte das Strafverfahren erst ein knappes Jahr später eingeleitet (Anklageschrift der Staatsanwaltschaft X vom 29. Januar 2002, S. 44). Vielmehr waren - wie das Landgericht feststellte - die Karussellgeschäfte im Laufe des Jahres 1999 mit weiteren Zwischenhändlern fortgesetzt geworden (II. F. 2. und 3. der Gründe, S. 48 f. bzw. S. 49). Die vorstehenden Umstände sprechen zugleich dafür, dass S bei seiner Teilnahme an den Karussellgeschäften von dem Kläger abhängig war, dass dieser den S insoweit schon aus tatsächlichen Gründen steuern und somit mit seiner Hilfe auch über die Mittel der P verfügen konnte.
85 
Ein weiteres Beweisanzeichen dafür, dass S, aber auch T und L bei ihrer Teilnahme an den Karussellgeschäften von dem Kläger völlig abhängig waren, dass er daher auch sie insoweit schon aus tatsächlichen Gründen steuern und damit zugleich über die Mittel der P verfügen konnte, ist, dass Anhaltspunkte tatsächlicher Art weder von dem Kläger vorgetragen noch sonst nach Aktenlage ersichtlich sind, nach denen S oder T und L
86 
- aus eigenem Vermögen in der Lage gewesen wären, die in dem Bericht der Fahnder vom 22. November 2002 bezeichneten Geschäftsvorfälle nach Art und Umfang „aus dem Nichts heraus“ zu tätigen oder
- sich aus waghalsigen, aber doch noch als kaufmännisch zu wertenden Gründen zu den Geschäften entschlossen haben könnten, bei denen die P „Preise“ bezahlen musste, die das Entgelt überstiegen, das sie - abzüglich der Umsatzsteuer - von der F verlangen konnte.
87 
bb) Der Kläger war ferner in der Lage, die Pflichten eines gesetzlichen Vertreters rechtlich und tatsächlich zu erfüllen.
88 
Wie schon ausgeführt greift die Haftung gemäß §§ 35, 34 Abs. 1 AO 1977 nur ein, soweit der Verfügungsberechtigte die Pflichten eines gesetzlichen Vertreters rechtlich und tatsächlich erfüllen kann (BFH-Urteil vom 24. April 1991, I R 56/89, BFH/NV 1992, 76, unter II. 4.).
89 
Der Senat ist aufgrund der vorstehend zu b, aa) dargestellten Umstände und Beweisanzeichen davon überzeugt, dass zwischen dem Kläger einerseits und S sowie T und L andererseits ein Treuhand- oder sonstiges Auftragsverhältnis bestand, kraft dessen der Kläger diese steuern und deshalb über die Mittel der P verfügen konnte. Er entnimmt dies insbesondere
90 
- der Art und Weise, in der der Kläger sein Vorhaben, Karussellgeschäfte durchzuführen, ins Werk gesetzt hatte, und insbesondere
- dem Umstand, dass er der P (über den „Preis“) die zur Begleichung der tatsächlich verwirklichten Umsatzsteuerschuld notwendigen - und bei deren Vereinnahmung auch vorhandenen - Geldmittel tatsächlich entzogen hat.
91 
Diese Geldmittel wurden der P entzogen, indem in den Preis, den die P von der F verlangen durfte, nicht sämtliche vorhersehbaren Betriebsausgaben der P einberechnet waren. Im Streitfall hat der Aufschlag auf den „Preis“, den die P an die I zu zahlen hatte, insbesondere die von ihr, der P, geschuldete Umsatzsteuer jedenfalls in Höhe des Betrags von (mindestens) 670.972 DM nicht berücksichtigt. Dieser Betrag lässt sich - wie schon erwähnt - wie folgt errechnen:
92 
das von der P der F berechnete, der Umsatzsteuer unterliegende Entgelt
4.475.668 DM
die Umsatzsteuer hierauf
   716.106 DM
Zwischensumme
5.191.774 DM
abzüglich
        
-das von der I der P berechnete Entgelt
5.146.640 DM
-die von P zu entrichtende Umsatzsteuer
   716.106 DM
        
670.972 DM
93 
cc) Der Senat ist weiter davon überzeugt, dass das Handeln des Klägers auch das Tatbestandsmerkmal "Auftreten nach außen" erfüllte.
94 
Zum einen sind S sowie T und L als - wie vorstehend zu b, bb) ausgeführt - von ihm, dem Kläger, weisungsabhängige Personen nach außen aufgetreten. Zum anderen ist er selbst nach außen aufgetreten, wenn er sich mit A darüber verständigte, ob und nach welcher Maßgabe ein Karussellgeschäft durchgeführt werden sollte. Insoweit hat er im Außenverhältnis zur H gehandelt. Der Senat ist auch davon überzeugt, dass A wusste, dass der Kläger auch die Tätigkeit der P steuerte, denn der Kläger hatte den A - wie das Landgericht feststellte (S. 22) - in seine wahren Absichten eingeweiht.
95 
dd) Der Senat ist schließlich - insbesondere aufgrund der Feststellungen vorstehend zu b, aa) - davon überzeugt, dass der Kläger im Sinne von § 69 Satz 1 AO 1977 die zur Begleichung der tatsächlich verwirklichten Umsatzsteuerschuld notwendigen - und bei deren Vereinnahmung auch vorhandenen - Geldmittel im Sinne von § 69 Satz 1 AO 1977 vorsätzlich entzogen hatte (vgl. BFH-Beschluss vom 11. Februar 2002, VII B 323/00, BFH/NV 2002, 891 unter II. 1. c)
96 
Der Senat ist insoweit auch davon überzeugt, dass die bei ihrer Vereinnahmung vorhandenen, im Sinne von § 69 Satz 1 AO 1977 vorsätzlich auf Dauer entzogenen Geldmittel mindestens den Betrag ausgemacht hatten, der sich - wie vorstehend zu b, bb) schon dargestellt - mit 670.972 DM errechnen lässt.
97 
c) Der Kläger hat mit seinem schuldhaft pflichtwidrigen Verhalten auch einen Steuerausfall in Höhe der Beträge verursacht, mit denen ihn der Beklagte in Anspruch nimmt.
98 
Diese Beträge können anhand der Aktenlage durchaus nachvollzogen werden. Gegenteilige Anhaltspunkte tatsächlicher Art sind jedenfalls weder von dem Kläger vorgetragen noch sonst nach Aktenlage ersichtlich.
99 
Ein anderes Ergebnis folgt im Streitfall auch nicht aus dem haftungsbegrenzenden Grundsatz der anteiligen Tilgung der Umsatzsteuer. Nach diesem Grundsatz haftet der Geschäftsführer einer GmbH für die von dieser geschuldete, nicht an das Finanzamt entrichtete Umsatzsteuer nach den §§ 34, 69 AO 1977 nur insoweit, als er aus den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln die Steuerschulden hätte tilgen können. Bei insgesamt nicht ausreichenden Zahlungsmitteln liegt eine schuldhafte Pflichtverletzung des Geschäftsführers nur insoweit vor, als er die vorhandenen Mittel nicht zu einer in etwa anteiligen Befriedigung der privaten Gläubiger und des Finanzamts (wegen der Umsatzsteuer) verwendet hat (BFH-Urteile vom 26. August 1992, VII R 50/91, BStBl II 1993, 8, unter 2. a, und vom 4. Dezember 2007, VII R 18/06, BFH/NV 2008, 521, unter II. 5., jeweils m. w. Nachw.). Dieser Grundsatz greift im Streitfall jedoch nicht ein, weil - wie vorstehend zu b) im Einzelnen ausgeführt -
100 
- der Kläger die wesentlichen Grundzüge der Karussellgeschäfte zwischen der E und der H entwickelt und sie als die (allein) führende Kraft maßgeblich ins Werk gesetzt und gesteuert hatte,
- auch die Geschäfte, an der die P mitgewirkt hatte, entsprechend dieser Grundzüge abgewickelt wurden, und gerade deshalb
- der Kläger (auch) der P die zur Begleichung der verwirklichten Umsatzsteuerschuld notwendigen, bei deren Vereinnahmung auch vorhandenen Gelder auf Dauer entziehen konnte und ihr diese Mittel auch tatsächlich entzogen hatte.
101 
Der tatsächlich eingetretene Steuerausfall war im Streitfall mithin die von dem Kläger vorsätzlich herbeigeführte Folge der von ihm betriebenen Karussellgeschäfte (vgl. auch BFH-Urteil vom 6. März 2001, VII R 17/00, BFH/NV 2001, 1100, unter II. 4., m. w. Nachw.).
102 
d) Nachdem der Beklagte neben dem Kläger auch die anderen, an dem bei der P verursachten Steuerausfall möglicherweise Beteiligten im Wege der Haftung in Anspruch nimmt und hierauf auch in dem Haftungsbescheid vom 7. Mai 2002 und in der Einspruchsentscheidung vom 2. November 2004 hingewiesen hat, ist auch insoweit ein Ermessensfehler des Beklagten nicht erkennbar (zum sog. Auswahlermessen vgl. ferner BFH-Urteil vom 13. Juni 1997, VII R 96/96, BFH/NV 1998, 4, m. w. Nachw.).
103 
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 Satz 1, § 138 Abs. 1 FGO. Die Verfahrenskosten waren den Beteiligten wegen der im Laufe des Rechtsstreits durch den Bescheid vom 21. April/29. Mai 2008 eingetretenen Streitwertminderung für die verschiedenen Zeitabschnitte getrennt in unterschiedlichen Quoten aufzuerlegen (BFH-Urteile vom 6. Juni 1984, II R 184/81, BStBl II 1985, 261, unter 3. und vom 11. Mai 1999, IX R 56/96, BFH/NV 2000, 20, unter 4.).
104 
3. Der Streitwert war gemäß § 52 Abs. 3 des Gerichtskostengesetzes mit dem Betrag festzusetzen, mit dem der Beklagte den Kläger in Anspruch nimmt bzw. - für die Zeit bis zum 21. April 2008 - in Anspruch genommen hatte (vgl. BFH-Beschluss vom 24. November 1994, VII E 7/94, BFH/NV 1995, 720).

Gründe

 
46 
1. Die Klage ist unbegründet.
47 
Nach § 100 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 FGO kann das Gericht den mit einer Klage angefochtenen Verwaltungsakt nur dann aufheben, soweit dieser rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist. Der Haftungsbescheid vom 7. Mai 2002 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 2. November 2004 ist allerdings nicht als rechtswidrig zu beanstanden. Der Beklagte hat vielmehr zutreffend angenommen, dass der Kläger für die streitigen Beträge haftet:
48 
Wer kraft Gesetzes für eine Steuer haftet, kann gemäß § 191 AO 1977 durch Haftungsbescheid in Anspruch genommen werden. Die Finanzbehörde ist danach ermächtigt, nach ihrem Ermessen zu entscheiden. Dabei hat sie ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten (§ 5 AO 1977). Insoweit prüft das Gericht - wenn es über die Klage entscheidet - jedoch nur, ob der angefochtene Verwaltungsakt rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist (§ 102 Satz 1 FGO).
49 
Prüfungsgegenstand für die richterliche Kontrolle auf Ermessensfehler können allerdings nur diejenigen tatsächlichen Verhältnisse sein, die der Finanzbehörde im Zeitpunkt der Einspruchsentscheidung bekannt waren oder hätten bekannt sein müssen (Urteil des Bundesfinanzhofs [BFH] vom 7. April 1992, VII R 104/90, BFH/NV 1993, 213, unter 1. a). Die tatsächlichen Verhältnisse hat die Finanzbehörde zwar von Amts wegen zu ermitteln (§ 88 Abs. 1 Satz 1 AO 1977). Der Umfang dieser Pflichten wird jedoch begrenzt durch die dem Steuerpflichtigen gemäß § 90 AO 1977 auferlegten Mitwirkungspflichten (BFH-Beschluss vom 13. März 1990, VII S 3/90, BFH/NV 1991, 171 unter 1. b).
50 
Danach konnte der Beklagte den Kläger mit dem angefochtenen Haftungsbescheid in Anspruch nehmen:
51 
a) Der Kläger haftet für die verkürzten Beträge allerdings nicht nach § 71 AO 1977.
52 
Nach § 71 AO 1977 haftet für verkürzte Steuern nur, wer eine Steuerhinterziehung begeht oder an einer solchen Tat teilnimmt. Eine Steuer hinterzieht, wer
53 
- den Finanzbehörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder
- die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt
54 
und dadurch Steuern verkürzt (§ 370 Abs. 1 Nr. 1 bzw. Nr. 2 AO 1977). Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht (§ 370 Abs. 4 Satz 1 AO 1977).
55 
Die Steueranmeldung ist eine Steuererklärung, in der der Steuerpflichtige die Steuer selbst zu berechnen hat (§ 150 Abs. 1 Satz 2 AO 1977 a. F.; jetzt § 150 Abs. 1 Satz 3 AO 1977). Deshalb ist auch die Voranmeldung der Umsatzsteuer eine Steueranmeldung im Sinne von § 370 Abs. 4 Satz 1 Halbs. 2 AO 1977, denn der Steuerpflichtige hat in dieser gemäß § 18 Abs. 1 Satz 1 UStG die Umsatzsteuer für den Voranmeldungszeitraum (Vorauszahlung) selbst zu berechnen.
56 
Ist eine Steueranmeldung abzugeben, hat die Finanzbehörde die Steuer allerdings nur dann gemäß § 155 AO 1977 mit einem Steuerbescheid festzusetzen, wenn die Festsetzung zu einer abweichenden Steuer führt oder der Steuer- oder Haftungsschuldner die Steueranmeldung nicht abgibt (§ 167 Abs. 1 Satz 1 AO 1977). Sodann steht die Steueranmeldung grundsätzlich einer Steuerfestsetzung (unter Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 AO 1977) gleich (§ 168 Satz 1 AO 1977). Die Steuerhinterziehung ist deshalb schon vollendet, wenn eine Steueranmeldung ausbleibt (Urteil des Bundesgerichtshofs [BGH] vom 11. Dezember 1990, 5 StR 519/90, Neue Juristische Wochenschrift 1991, 1315, wistra 1991, 215, unter II. 3.; vgl. ferner BFH-Urteil vom 26. August 1992, VII R 50/91, Bundessteuerblatt [BStBl] II 1993, 8, unter 2. a).
57 
Der Unternehmer hat die Voranmeldung ferner bis zum 10. Tag nach Ablauf jedes Voranmeldungszeitraums abzugeben (§ 18 Abs. 1 Satz 1 UStG). Voranmeldungszeitraum war im Kalenderjahr 1998 grundsätzlich das Kalendervierteljahr (§ 18 Abs. 2 Satz 1 UStG). Betrug die Steuer für das vorangegangene Kalenderjahr mehr als 12.000 DM, war der Kalendermonat der Voranmeldungszeitraum (§ 18 Abs. 2 Satz 2 UStG). Hatte der Unternehmer - wie im Streitfall die P - seine gewerbliche Tätigkeit im laufenden Kalenderjahr aufgenommen, war die voraussichtliche Steuer des laufenden Kalenderjahres maßgebend (§ 18 Abs. 2 Satz 5 UStG).
58 
Wegen des Schadensersatzcharakters der Haftung nach § 71 AO 1977 haftet der Täter oder Teilnehmer einer Steuerhinterziehung jedoch nur in Höhe der aufgrund seines Tatbeitrages verkürzten bzw. hinterzogenen Beträge (BFH-Beschluss vom 11. Februar 2002, VII B 323/00, BFH/NV 2002, 891, unter II. 1. b, m. w. Nachw.). Die Haftung des Täters beschränkt sich deshalb auf den Vermögensschaden, der durch seine vorsätzliche Tat eingetreten ist (BFH-Urteil vom 13. Juli 1994, I R 112/93, BStBl II 1995, 198, unter II. B. 3., m. w. Nachw.). Seine Haftung gemäß § 71 AO 1977 reicht nur soweit, wie sein Vorsatz gereicht hat (BFH-Urteile vom 13. Juli 1994, I R 112/93, BStBl II 1995, 198, unter II. B. 3., und vom 6. März 2001, VII R 17/00, BFH/NV 2001, 1100, unter II. 2., jeweils m. w. Nachw.). Dementsprechend setzt die Inanspruchnahme des Teilnehmers einer Steuerhinterziehung auch die Feststellung voraus, dass dessen (Teilnahme-)Handlung zu dem eingetretenen Erfolg einer Steuerverkürzung tatsächlich beigetragen hat, für ihn also (zumindest) mitursächlich gewesen ist (BFH-Beschluss vom 11. Februar 2002, VII B 323/00, BFH/NV 2002, 891 unter II. 1., m. w. Nachw.). Die Haftung des Teilnehmers reicht (nur) soweit, wie auch der Vorsatz des Täters gereicht hat; d. h. der Teilnehmer haftet für den gesamten durch die Hinterziehung eingetretenen Schaden allenfalls dann, wenn sich sein Vorsatz auch auf die Folgen der Hinterziehungshandlung bezogen hat (BFH-Urteil vom 11. Februar 2002, VII B 323/00, BFH/NV 2002, 891, unter II. 1. b, m. w. Nachw.).
59 
Der erforderliche adäquate Kausalzusammenhang ist dagegen nicht mehr gegeben, wenn der Steuerausfall als Vermögensschaden des Fiskus mangels ausreichender Zahlungsmittel und vollstreckbaren Vermögens des Steuerpflichtigen unabhängig davon eingetreten ist, ob Steueranmeldungen fristgerecht eingereicht und die geschuldeten Steuerbeträge innerhalb der gesetzlich hierfür bestimmten Fristen entrichtet worden sind (BFH-Urteil vom 19. September 2007, VII R 39/05, BFH/NV 2008, 18, unter II. 2. a, aa, m. w. Nachw.).
60 
Hieraus folgt:
61 
aa) Im Streitfall sind Steuern nicht schon deshalb verkürzt, weil - wie der Beklagte annimmt - die P in ihren Steuererklärungen bezeichneten Umsätze in Wirklichkeit nicht ausgeführt hatte.
62 
Für solche Fälle hätten die entsprechenden Beträge in den Steuererklärungen zwar - wie der von der P für die Steueranmeldung für das Kalenderjahr 1998 verwandte Vordruck (Zeile 103) zeigt - als „in Rechnungen unberechtigt ausgewiesene Steuerbeträge (§ 14 Abs. 2 und 3 UStG)“ angesetzt werden müssen. Auch sind Steuern selbst dann verkürzt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt werden können (§ 370 Abs. 4 Satz 3 AO 1977). Diese Vorschrift greift jedoch nicht ein, wenn die Steuer - wie im Streitfall - auch dann (mindestens) mit demselben Betrag festzusetzen gewesen wäre, wenn anstelle der unrichtigen die der Wahrheit entsprechenden Angaben gemacht worden wären und die unrichtigen Angaben mit den verschleierten steuererheblichen Tatsachen in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang stehen (BGH-Urteile vom 31. Januar 1978, 5 StR 458/77, Steuerrechtsprechung in Karteiform, AO 1977, § 370, R. 2, m. w. Nachw., und vom 26. Juni 1984, 5 StR 322/84, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1985, 40, unter 2. b).
63 
bb) Soweit die P die Voranmeldung für November 1998 - obwohl im Streitfall nach § 18 Abs. 2 Satz 2, 5 UStG möglicherweise geboten - nicht, die Voranmeldung für das vierte Kalenderjahr 1998 und die Steueranmeldung für 1998 - entgegen § 18 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, 6 UStG in Verbindung mit §§ 46 ff. der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV), § 149 Abs. 2 Satz 1 AO 1977 - jeweils verspätet abgegeben hat, vermag sich der Senat jedenfalls nicht mit der nach § 96 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 FGO gebotenen Sicherheit davon zu überzeugen, dass dies vorsätzlich geschah.
64 
Immerhin hatte die P - sollte ihr eine Dauerfristverlängerung im Sinne der §§ 46 ff. UStDV nicht gewährt worden sein - die Voranmeldung für das vierte Kalenderjahr 1998 nur um wenige Tage verspätet abgegeben. Anhaltspunkte tatsächlicher Art, nach denen dies - bewusst - geschah, um die Absicht zu verdecken, die von ihr geschuldete Umsatzsteuer nicht zu entrichten, sind weder von dem Beklagten vorgetragen noch sonst nach Aktenlage ersichtlich. Eine solche Annahme ist auch nicht wahrscheinlich,
65 
- da die Säumnis wie erwähnt nur wenige Tage dauerte und, vor allem,
- weil die Beträge, die für die Entrichtung der Umsatzsteuer erforderlich waren, bei Fristablauf - dem Tatplan des Karussells folgend - mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bereits an die I oder an die E oder sonst an den Kläger weitergeleitet gewesen sein dürften.
66 
Der Umstand, dass die P die Steueranmeldung für 1998 nicht innerhalb der in § 149 Abs. 2 Satz 1 AO 1977 bestimmten Frist abgab, lässt sich auch mit bloßer Sorglosigkeit erklären. Auch insoweit ist wiederum zu bedenken, dass die P offenbar alsbald nicht mehr über die Beträge verfügen konnte, die für die Entrichtung der Umsatzsteuer erforderlich gewesen wären.
67 
cc) Deshalb würde im Streitfall auch der erforderliche adäquate Kausalzusammenhang zwischen der Steuerhinterziehung und dem Steuerausfall fehlen.
68 
Vielmehr ist der Vermögensschaden des Fiskus mangels ausreichender Zahlungsmittel und vollstreckbaren Vermögens der P unabhängig davon eingetreten, ob die gebotenen Steueranmeldungen fristgerecht eingereicht worden sind.
69 
b) Der Kläger haftet aber als faktischer Geschäftsführer der P nach § 69 in Verbindung mit §§ 34, 35 AO 1977 für die verkürzten Beträge.
70 
Der Beklagte hat den angefochtenen Haftungsbescheid zwar lediglich auf die Vorschrift des § 71 AO 1977 gestützt. Ein bestimmter Geschehensablauf kann jedoch gleichzeitig und nebeneinander die Haftung sowohl nach § 34 in Verbindung mit § 69 AO 1977 als auch nach § 71 AO 1977 begründen (BFH-Urteil vom 8. November 1994, VII R 1/93, BFH/NV 1995, 657, unter 1. c). Auch wird der einem Haftungsbescheid zugrundeliegende Sachverhalt nicht durch die Haftungsnorm, die zur Begründung der Haftung dient, sondern durch den Geschehensablauf bestimmt, der seinerseits eine oder mehrere bestimmte Haftungsnormen erfüllen kann (BFH-Urteil vom 8. November 1994, VII R 1/93, BFH/NV 1995, 657, unter 1. c). Deshalb steht es dem Finanzamt ferner grundsätzlich frei, ob es den Haftungsbescheid neben § 69 AO 1977 auch oder - wie im Streitfall - nur auf § 71 AO 1977 stützt (BFH-Urteil vom 8. November 1994, VII R 1/93, BFH/NV 1995, 657, unter 1. c; BFH-Beschluss vom 11. August 2005, VII B 312/04, juris, unter II. 1.).
71 
Auch ein faktischer Geschäftsführer kommt, wenn er mit dem entsprechenden Anschein einer Berechtigung tatsächlich nach außen hin auftritt, obwohl er formell nicht zum Geschäftsführer bestellt worden ist, gemäß § 35 in Verbindung mit § 69 AO 1977 für die Haftung in Betracht (BFH-Urteil vom 7. April 1992, VII R 104/90, BFH/NV 1993, 213, unter 1. a). Nach § 35 AO 1977 hat derjenige, der als Verfügungsberechtigter im eigenen oder fremden Namen auftritt, die Pflichten eines gesetzlichen Vertreters (§ 34 Abs. 1 AO 1977) jedoch nur, soweit er sie rechtlich und tatsächlich erfüllen kann (vgl. BFH-Urteil vom 24. April 1991, I R 56/89, BFH/NV 1992, 76, unter II. 4.). Unter einem Verfügungsberechtigten im Sinne dieser Vorschrift ist jeder zu verstehen, der tatsächlich über Mittel, die einem anderen gehören, verfügen kann und als solcher auftritt.
72 
Deshalb muss das Auftreten als Verfügungsberechtigter auch nicht in einer Disposition über fremdes Vermögen bestehen. Für die Anwendung des § 35 AO 1977 reicht es aus, dass sich die betreffende Person nach außen hin so geriert, als könne sie über fremdes Vermögen verfügen. Diese Voraussetzung ist auch dann erfüllt, wenn eine Person, die eine Gesellschaft faktisch leitet, ohne deren gesetzlicher Vertreter zu sein, das Auftreten nach außen weisungsabhängigen Personen überlässt (BFH-Urteil vom 24. April 1991, I R 56/89, BFH/NV 1992, 76, unter II. 2.). In diesem Falle muss der Weisungsgeber sich das Auftreten der weisungsgebundenen Person wie eigenes zurechnen lassen (BFH-Urteil vom 24. April 1991, I R 56/89, BFH/NV 1992, 76, unter II. 2.).
73 
§ 35 AO 1977 fordert auch nicht ausdrücklich ein Auftreten nach außen. Für das Tatbestandsmerkmal "Auftreten nach außen" reicht deshalb das Auftreten als Verfügungsberechtigter in einer begrenzten Öffentlichkeit aus. Daher ist das Tatbestandsmerkmal bereits dann erfüllt, wenn sich das Auftreten in dem Handeln gegenüber Gesellschaftern und Organen der Gesellschaft erschöpft. Entscheidend ist, dass sich die betreffende Person gegenüber einer begrenzten Öffentlichkeit als tatsächlicher Geschäftsführer geriert. Ein Auftreten gegenüber Nichtgesellschaftern ist nicht erforderlich (BFH-Urteil vom 24. April 1991, I R 56/89, BFH/NV 1992, 76, unter II. 3.).
74 
Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall vor:
75 
aa) Der Kläger war als Verfügungsberechtigter aufgetreten.
76 
Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens ist der Senat im Sinne von § 96 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 FGO davon überzeugt, dass der Kläger tatsächlich auch über die Mittel, die der P gehörten, verfügen konnte und auch verfügt hat. Der Senat ist insbesondere davon überzeugt, dass
77 
- der Kläger die wesentlichen Grundzüge der Karussellgeschäfte zwischen der E und der H entwickelt und sie als die (allein) führende Kraft maßgeblich ins Werk gesetzt und gesteuert hatte,
- auch die Geschäfte, an der die P mitgewirkt hatte, entsprechend dieser Grundzüge abgewickelt wurden,
- B und R den Kläger ganz allgemein bei den Karussellgeschäften als seine maßgeblichen Vertreter unterstützten,
- S jedenfalls seinen Einfluss auf die P offenbar im Einklang mit den Abreden ausübte, die er mit dem Kläger getroffen hatte,
- jedoch weder B oder R noch S willens oder in der Lage waren, den Kläger von der Einwirkung auf die Mittel, die der P gehörten, wirtschaftlich auszuschließen,
- die P vielmehr nur dann mit CPU handeln konnte, wenn der Kläger dies zuließ,
- die P insoweit in jeder Hinsicht von dem Willen des Klägers abhing, ihr insbesondere ein Spielraum, über Preis und Menge auch nur nachzudenken, nicht zukam und
- der Kläger deshalb (auch) der P die zur Begleichung der verwirklichten Umsatzsteuerschuld notwendigen, bei deren Vereinnahmung auch vorhandenen Gelder auf Dauer entziehen konnte und ihr diese Mittel auch tatsächlich entzogen hatte.
78 
Diese Umstände entnimmt der Senat dem Urteil des Landgerichts. Das Finanzgericht darf sich nämlich die tatsächlichen Feststellungen, Beweiswürdigungen und rechtlichen Beurteilungen des Strafgerichts zu eigen machen, wenn und soweit es zu der Überzeugung gelangt, dass diese zutreffend sind und im finanzgerichtlichen Verfahren keine substantiierten Einwendungen gegen diese Feststellungen erhoben werden (BFH-Beschluss vom 30. Januar 2007, VII B 4/06, BFH/NV 2007, 1374, unter 2. a. E., m. w. Nachw.).
79 
Das Landgericht hatte mit seinem Urteil insbesondere festgestellt, dass
80 
- der Kläger die E gegründet hatte (S. 19),
- Gegenstand des Unternehmens der Handel mit CPU war (S. 19),
- sich der Kläger zu Beginn des Jahres 1998 entschlossen hatte, Karussellgeschäfte zu betreiben (S. 20), bei denen die CPU von der H an die E in Spanien und von der E wieder an einen Zwischenhändler in Deutschland und von diesem wiederum an die H geliefert werden sollten (S. 20 f.),
- die H den „üblichen Handelsaufschlag“ anwenden sollte (S. 21),
- die H und die Zwischenhändler die Preise - wie von dem Kläger beabsichtigt - mit den jeweils marktüblichen Beträgen bestimmt hatten (S. 21, ferner S. 25, 41, 59, 60 f., hinsichtlich der von der P berechneten „Preise“: S. 47, 65),
- der Zwischenhändler in seinen Rechnungen den auf das Entgelt entfallenden Steuerbetrag angeben, den Steuerbetrag jedoch nicht an das Finanzamt abführen, sondern - nach Abzug des für ihn bestimmten Anteils - an die E abführen sollte (S. 21),
- der Zwischenhändler, sollte das Finanzamt feststellen, dass dieser die Umsatzsteuer hinterzieht oder sonst gezielt verkürzt, von einem anderen Zwischenhändler ersetzt werden sollte (S. 21),
- die E, der Zwischenhändler und die H ihre Geschäfte allerdings immer erst dann abschlossen, wenn sie sich über den Warenkreislauf, der zwischen ihnen stattfinden sollte, im Einzelnen, insbesondere über die Menge und den Preis, verständigt gehabt hatten (S. 25, 27, 34, 47, 61),
- der Kläger hierauf - wegen der bei Karussellgeschäften geltenden „Zwangsläufigkeiten“ - von vornherein seinen Einfluss ausüben musste (S. 61)
- der Kläger mithin ein „pseudogeschäftliches Netzwerk“ gegründet und auch geführt hatte (S. 78),
- der Kläger sodann - seinen Absichten folgend - mit M einen Sozialhilfeempfänger als Zwischenhändler eingesetzt (S. 23) und angewiesen hatte, ein Gewerbe anzumelden, CPU von der E zu erwerben und an die H zu veräußern, ferner in seinen Rechnungen den auf das Entgelt entfallenden Steuerbetrag anzugeben, die entsprechenden Beträge aber nicht an das Finanzamt abzuführen (S. 23 f.),
- M dementsprechend später die von ihm in Rechnung gestellte Umsatzsteuer an nicht an das Finanzamt, sondern - in Höhe der „überschüssigen Mehrwertsteuerbeträge“ - an die E abgeführt hatte (S. 32),
- der Kläger, nachdem M seine Tätigkeit eingestellt hatte, nunmehr mit K verabredet hatte, dass dieser an den Karussellgeschäften zwischen der E und der H teilnimmt (S. 33, 63),
- er auch K veranlasst hatte, in seinen Rechnungen den auf das Entgelt entfallenden Steuerbetrag zwar anzugeben, die entsprechenden Beträge aber nicht an das Finanzamt abzuführen (S. 33, 64),
- K die von ihm zu entrichtende Umsatzsteuer ebenfalls nicht an das Finanzamt abgeführt, sondern von seinen Einnahmen lediglich die sonstigen Ausgaben und als seine „Entnahmen“ zehn Teilbeträge in Höhe von jeweils 29.000 DM abgezogen, den verbliebenen Unterschiedsbetrag aber der E jeweils als „Vorauszahlung“ überwiesen hatte (S. 42, 64), ferner
- K und die E hierfür wöchentliche „Balance Sheets“ erstellt hatten (S. 42, 64),
- die O gegen den Willen des Klägers und der anderen Angeklagten an den Karussellgeschäften nicht beteiligt worden wäre (S. 40),
- der Kläger, nachdem auch K seine Tätigkeit eingestellt hatte, jetzt mit S verabredet hatte, dass dieser zur Teilnahme an den Karussellgeschäften zwischen der E und der H einen neuen Zwischenhändler besorgt (S. 47 f.),
- S hierauf - im November und Dezember 1998 - als die treibende Kraft hinter der I und der P an den Karussellgeschäften des Klägers und der anderen Angeklagten mitgewirkt hatte (S. 48),
- die I und die P jeweils als Zwischenhändler tätig geworden waren (S. 47 f., 65),
- der Kläger und die anderen Angeklagten die Karussellgeschäfte mit der I und der P „nach dem gleichen Grundprinzip wie bisher“ fortgesetzt hatten (S. 47, 65), dabei
- die Lieferungen von CPU erst von der E der I berechnet worden waren, sodann von der I der P mit Beträgen in Höhe von insgesamt 5.146.640 DM, hierauf von der P der F mit Beträgen in Höhe von insgesamt 4.475.668,06 DM zuzüglich als die gesetzlich geschuldete Umsatzsteuer ausgewiesene Beträge in Höhe von insgesamt 716.106,88 DM und schließlich von der F der H (S. 47, 48, 65),
- dementsprechend auch die P die von ihr geschuldete, von der F auch bezahlte Umsatzsteuer verkürzt hatte (S. 48, 65), also den auf das Entgelt entfallenden Steuerbetrag zwar angegeben hatte, die entsprechenden Beträge nicht an das Finanzamt abgeführt hatte (S. 48, 65 in Verbindung mit S. 21, 32, 34),
- S, soweit er die von der I an die E abzuführenden Beträge zum Teil - in Höhe von 2,1 Mio. DM - einbehalten hatte, eigenmächtig gehandelt hatte (S. 48, 49),
- die CPU allerdings - auch, soweit die P eingeschaltet war - lediglich zwischen einem Warenlager erst in den Niederlanden und später in Belgien und der Betriebsstätte der H in C hin- und her befördert worden waren (S. 26 f., 34, 47, 61, 63, 65), ferner
- B eine „hervorgehobene Rolle“ bei den Karussellgeschäften des Klägers ausgeübt gehabt hatte (S. 81),
- B insbesondere die Aufgabe gehabt hatte, die Zwischenhändler zu besorgen, die auch bereit gewesen waren, „Weisungen von Hintermännern zu befolgen“ (S. 22),
- dementsprechend B die weiteren Angeklagten M und K als Zwischenhändler eingesetzt gehabt hatte (S. 23 bzw. 33), ferner
- B bei einer Bank in Liechtenstein ein Konto auf den Namen des K eröffnet gehabt hatte, über das er, B, auch verfügungsbefugt gewesen war (S. 42 f.),
- auf diesem Konto Beträge in Höhe von rund 9,3 Mio. DM gutgeschrieben worden waren (S. 54),
- der Kläger mit der Wahrnehmung seiner Angelegenheiten den damaligen Rechtsanwalt R beauftragt hatte (S. 20),
- dieser im Wesentlichen die Aufgabe gehabt hatte, dem Kläger „den Rücken freizuhalten“ (S. 20, 21) und ihn bei den Karussellgeschäften zu unterstützen (S. 21 f.; ferner S. 45),
- seine finanziellen Schwierigkeiten einerseits und die „finanziell großzügige ... Art“ des Klägers andererseits R veranlasst hatten, für den Kläger tätig zu werden (S. 22, 80) und schließlich
- der Umfang der „Erträge“, die die E erzielt hatte, dem Kläger ein Leben „auf großem Fuße“ (S. 55, 66) ermöglichten,
- dem Kläger außerdem noch weitere Beträge in Höhe von mindestens 2,5 Mio. DM zuflossen,
- B von den verkürzten Steuerbeträgen einen Anteil in Höhe von insgesamt rund 3,1 Mio. DM erlangt hatte und schließlich
- der Kläger darüber hinaus an R Beträge in Höhe von insgesamt immerhin rund 1,6 Mio. DM zahlen konnte (S. 54, 66).
81 
Der Senat entnimmt diesen Umständen zunächst die hervorgehobene Rolle, die schon das Landgericht dem B zugeschrieben hat, die nach Ansicht des Senats aber auch R und - im November und Dezember 1998 - S innehatten. Der Senat sieht sich ferner in seiner Überzeugung, dass auch S sich nicht nur bereit erklärt hatte, an den Karussellgeschäfte des Klägers mitzuwirken, dies vielmehr auch getan hatte, auch von dem Umstand bestätigt, dass sich die P - wie zuvor M und K - im Einklang mit den Absichten des Klägers verhielt, insbesondere - jedenfalls im Ergebnis (zumindest) - die „Preise“ bezahlt hat, die ihr von der I berechnet worden waren.
82 
Dass S offenbar die Gelegenheit genutzt hatte, der E mit dem Betrag von insgesamt rund 2,1 Mio. DM einen Teil der - von der I - vereinnahmten Geldbeträge vorzuenthalten, beruhte dagegen - wie sich aus den Feststellungen des Landgerichts ergibt - auf einem eigenmächtigen, also abredewidrigen Entschluss. Hierfür spricht zum einen, dass - wie das Landgericht ebenfalls festgestellt hat - R im Auftrag des Klägers diesen Betrag beizutreiben suchte. Zum anderen betrafen diese Geldbeträge die drei letzten Geschäftsvorfälle, die zwischen der E und der I stattgefunden hatten. Dies bestätigen auch die Angaben, die S bei seiner Vernehmung in dem Strafverfahren gegen den Kläger bei der Staatsanwaltschaft X (Geschäftsnummer: ...) gemacht hatte (S. 13 der Niederschrift vom 22. Februar 2001), und die Angaben der Fahnder in der Anlage 5 zu ihrem Bericht vom 22. November 2002 (Übersicht: „Eingangsrechnungen“ der I):
83 
Rechnung vom
Entgelt
25. November
364.800,00 DM
26. November
1.345.500,02 DM
30. November
   437.000,00 DM
Summe
2.147.300,02 DM
84 
Auch das Ende der Tätigkeit des S als Zwischenhändler bei den Karussellgeschäften des Klägers ist nach Überzeugung des Senats ein Beweisanzeichen dafür, dass dieser bestimmen konnte, wer bei den von ihm ins Werk gesetzten Karussellgeschäfte mitwirken durfte oder ausgeschlossen wurde. Jedenfalls sind im Streitfall Anhaltspunkte tatsächlicher Art weder von dem Kläger vorgetragen noch sonst nach Aktenlage ersichtlich, nach denen die I aus anderen Gründen aus den Karussellgeschäfte ausgeschieden sein könnte. Das dem Urteil des Landgerichts zugrundeliegende Ermittlungsverfahren gegen den Kläger kann nicht die Ursache gewesen sein, denn die Staatsanwaltschaft hatte das Strafverfahren erst ein knappes Jahr später eingeleitet (Anklageschrift der Staatsanwaltschaft X vom 29. Januar 2002, S. 44). Vielmehr waren - wie das Landgericht feststellte - die Karussellgeschäfte im Laufe des Jahres 1999 mit weiteren Zwischenhändlern fortgesetzt geworden (II. F. 2. und 3. der Gründe, S. 48 f. bzw. S. 49). Die vorstehenden Umstände sprechen zugleich dafür, dass S bei seiner Teilnahme an den Karussellgeschäften von dem Kläger abhängig war, dass dieser den S insoweit schon aus tatsächlichen Gründen steuern und somit mit seiner Hilfe auch über die Mittel der P verfügen konnte.
85 
Ein weiteres Beweisanzeichen dafür, dass S, aber auch T und L bei ihrer Teilnahme an den Karussellgeschäften von dem Kläger völlig abhängig waren, dass er daher auch sie insoweit schon aus tatsächlichen Gründen steuern und damit zugleich über die Mittel der P verfügen konnte, ist, dass Anhaltspunkte tatsächlicher Art weder von dem Kläger vorgetragen noch sonst nach Aktenlage ersichtlich sind, nach denen S oder T und L
86 
- aus eigenem Vermögen in der Lage gewesen wären, die in dem Bericht der Fahnder vom 22. November 2002 bezeichneten Geschäftsvorfälle nach Art und Umfang „aus dem Nichts heraus“ zu tätigen oder
- sich aus waghalsigen, aber doch noch als kaufmännisch zu wertenden Gründen zu den Geschäften entschlossen haben könnten, bei denen die P „Preise“ bezahlen musste, die das Entgelt überstiegen, das sie - abzüglich der Umsatzsteuer - von der F verlangen konnte.
87 
bb) Der Kläger war ferner in der Lage, die Pflichten eines gesetzlichen Vertreters rechtlich und tatsächlich zu erfüllen.
88 
Wie schon ausgeführt greift die Haftung gemäß §§ 35, 34 Abs. 1 AO 1977 nur ein, soweit der Verfügungsberechtigte die Pflichten eines gesetzlichen Vertreters rechtlich und tatsächlich erfüllen kann (BFH-Urteil vom 24. April 1991, I R 56/89, BFH/NV 1992, 76, unter II. 4.).
89 
Der Senat ist aufgrund der vorstehend zu b, aa) dargestellten Umstände und Beweisanzeichen davon überzeugt, dass zwischen dem Kläger einerseits und S sowie T und L andererseits ein Treuhand- oder sonstiges Auftragsverhältnis bestand, kraft dessen der Kläger diese steuern und deshalb über die Mittel der P verfügen konnte. Er entnimmt dies insbesondere
90 
- der Art und Weise, in der der Kläger sein Vorhaben, Karussellgeschäfte durchzuführen, ins Werk gesetzt hatte, und insbesondere
- dem Umstand, dass er der P (über den „Preis“) die zur Begleichung der tatsächlich verwirklichten Umsatzsteuerschuld notwendigen - und bei deren Vereinnahmung auch vorhandenen - Geldmittel tatsächlich entzogen hat.
91 
Diese Geldmittel wurden der P entzogen, indem in den Preis, den die P von der F verlangen durfte, nicht sämtliche vorhersehbaren Betriebsausgaben der P einberechnet waren. Im Streitfall hat der Aufschlag auf den „Preis“, den die P an die I zu zahlen hatte, insbesondere die von ihr, der P, geschuldete Umsatzsteuer jedenfalls in Höhe des Betrags von (mindestens) 670.972 DM nicht berücksichtigt. Dieser Betrag lässt sich - wie schon erwähnt - wie folgt errechnen:
92 
das von der P der F berechnete, der Umsatzsteuer unterliegende Entgelt
4.475.668 DM
die Umsatzsteuer hierauf
   716.106 DM
Zwischensumme
5.191.774 DM
abzüglich
        
-das von der I der P berechnete Entgelt
5.146.640 DM
-die von P zu entrichtende Umsatzsteuer
   716.106 DM
        
670.972 DM
93 
cc) Der Senat ist weiter davon überzeugt, dass das Handeln des Klägers auch das Tatbestandsmerkmal "Auftreten nach außen" erfüllte.
94 
Zum einen sind S sowie T und L als - wie vorstehend zu b, bb) ausgeführt - von ihm, dem Kläger, weisungsabhängige Personen nach außen aufgetreten. Zum anderen ist er selbst nach außen aufgetreten, wenn er sich mit A darüber verständigte, ob und nach welcher Maßgabe ein Karussellgeschäft durchgeführt werden sollte. Insoweit hat er im Außenverhältnis zur H gehandelt. Der Senat ist auch davon überzeugt, dass A wusste, dass der Kläger auch die Tätigkeit der P steuerte, denn der Kläger hatte den A - wie das Landgericht feststellte (S. 22) - in seine wahren Absichten eingeweiht.
95 
dd) Der Senat ist schließlich - insbesondere aufgrund der Feststellungen vorstehend zu b, aa) - davon überzeugt, dass der Kläger im Sinne von § 69 Satz 1 AO 1977 die zur Begleichung der tatsächlich verwirklichten Umsatzsteuerschuld notwendigen - und bei deren Vereinnahmung auch vorhandenen - Geldmittel im Sinne von § 69 Satz 1 AO 1977 vorsätzlich entzogen hatte (vgl. BFH-Beschluss vom 11. Februar 2002, VII B 323/00, BFH/NV 2002, 891 unter II. 1. c)
96 
Der Senat ist insoweit auch davon überzeugt, dass die bei ihrer Vereinnahmung vorhandenen, im Sinne von § 69 Satz 1 AO 1977 vorsätzlich auf Dauer entzogenen Geldmittel mindestens den Betrag ausgemacht hatten, der sich - wie vorstehend zu b, bb) schon dargestellt - mit 670.972 DM errechnen lässt.
97 
c) Der Kläger hat mit seinem schuldhaft pflichtwidrigen Verhalten auch einen Steuerausfall in Höhe der Beträge verursacht, mit denen ihn der Beklagte in Anspruch nimmt.
98 
Diese Beträge können anhand der Aktenlage durchaus nachvollzogen werden. Gegenteilige Anhaltspunkte tatsächlicher Art sind jedenfalls weder von dem Kläger vorgetragen noch sonst nach Aktenlage ersichtlich.
99 
Ein anderes Ergebnis folgt im Streitfall auch nicht aus dem haftungsbegrenzenden Grundsatz der anteiligen Tilgung der Umsatzsteuer. Nach diesem Grundsatz haftet der Geschäftsführer einer GmbH für die von dieser geschuldete, nicht an das Finanzamt entrichtete Umsatzsteuer nach den §§ 34, 69 AO 1977 nur insoweit, als er aus den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln die Steuerschulden hätte tilgen können. Bei insgesamt nicht ausreichenden Zahlungsmitteln liegt eine schuldhafte Pflichtverletzung des Geschäftsführers nur insoweit vor, als er die vorhandenen Mittel nicht zu einer in etwa anteiligen Befriedigung der privaten Gläubiger und des Finanzamts (wegen der Umsatzsteuer) verwendet hat (BFH-Urteile vom 26. August 1992, VII R 50/91, BStBl II 1993, 8, unter 2. a, und vom 4. Dezember 2007, VII R 18/06, BFH/NV 2008, 521, unter II. 5., jeweils m. w. Nachw.). Dieser Grundsatz greift im Streitfall jedoch nicht ein, weil - wie vorstehend zu b) im Einzelnen ausgeführt -
100 
- der Kläger die wesentlichen Grundzüge der Karussellgeschäfte zwischen der E und der H entwickelt und sie als die (allein) führende Kraft maßgeblich ins Werk gesetzt und gesteuert hatte,
- auch die Geschäfte, an der die P mitgewirkt hatte, entsprechend dieser Grundzüge abgewickelt wurden, und gerade deshalb
- der Kläger (auch) der P die zur Begleichung der verwirklichten Umsatzsteuerschuld notwendigen, bei deren Vereinnahmung auch vorhandenen Gelder auf Dauer entziehen konnte und ihr diese Mittel auch tatsächlich entzogen hatte.
101 
Der tatsächlich eingetretene Steuerausfall war im Streitfall mithin die von dem Kläger vorsätzlich herbeigeführte Folge der von ihm betriebenen Karussellgeschäfte (vgl. auch BFH-Urteil vom 6. März 2001, VII R 17/00, BFH/NV 2001, 1100, unter II. 4., m. w. Nachw.).
102 
d) Nachdem der Beklagte neben dem Kläger auch die anderen, an dem bei der P verursachten Steuerausfall möglicherweise Beteiligten im Wege der Haftung in Anspruch nimmt und hierauf auch in dem Haftungsbescheid vom 7. Mai 2002 und in der Einspruchsentscheidung vom 2. November 2004 hingewiesen hat, ist auch insoweit ein Ermessensfehler des Beklagten nicht erkennbar (zum sog. Auswahlermessen vgl. ferner BFH-Urteil vom 13. Juni 1997, VII R 96/96, BFH/NV 1998, 4, m. w. Nachw.).
103 
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 Satz 1, § 138 Abs. 1 FGO. Die Verfahrenskosten waren den Beteiligten wegen der im Laufe des Rechtsstreits durch den Bescheid vom 21. April/29. Mai 2008 eingetretenen Streitwertminderung für die verschiedenen Zeitabschnitte getrennt in unterschiedlichen Quoten aufzuerlegen (BFH-Urteile vom 6. Juni 1984, II R 184/81, BStBl II 1985, 261, unter 3. und vom 11. Mai 1999, IX R 56/96, BFH/NV 2000, 20, unter 4.).
104 
3. Der Streitwert war gemäß § 52 Abs. 3 des Gerichtskostengesetzes mit dem Betrag festzusetzen, mit dem der Beklagte den Kläger in Anspruch nimmt bzw. - für die Zeit bis zum 21. April 2008 - in Anspruch genommen hatte (vgl. BFH-Beschluss vom 24. November 1994, VII E 7/94, BFH/NV 1995, 720).

Wer als Verfügungsberechtigter im eigenen oder fremden Namen auftritt, hat die Pflichten eines gesetzlichen Vertreters (§ 34 Abs. 1), soweit er sie rechtlich und tatsächlich erfüllen kann.

Nachschlagewerk: ja
BGHSt : nein
Veröffentlichung : ja
Zu den Anforderungen an die Annahme einer faktischen Geschäftsführerstellung
gegenüber einem abhängigen Unternehmen.
BGH, Beschluss vom 13. Dezember 2012 – 5 StR 407/12
LG Berlin –

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 13. Dezember 2012
in der Strafsache
gegen
wegen Untreue
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 13. Dezember 2012

beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten N. wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 12. Dezember 2011 gemäß § 349 Abs. 4 StPO aufgehoben, soweit es ihn betrifft; die Feststellungen hierzu – mit Ausnahme derjenigen zum Verhältnis des Angeklagten zur Gesellschafterin der A GmbH – bleiben bestehen.
Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Untreue in sechs Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Wegen rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerung hat es von der Gesamtfreiheitsstrafe drei Monate als vollstreckt erkannt. Die Revision des Angeklagten erzielt den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts errichtete der Angeklag- te die „S. Unternehmensgruppe“, deren Geschäftsgegenstanddie Sanierung und Vermarktung von Immobilien war. Im Tatzeitraum war er Geschäftsführer der V. A. GmbH, die als Komplementärin in verschiedenen und für jedes Bauvorhaben gesondert gegründeten Kommanditgesellschaften (nachfolgend: Bauherren-KG’s) fungierte. Die Bauherren-KG’s beauftragten als Generalübernehmer für Sanierungsarbeiten die A. GmbH, deren bestellte Geschäftsführerin im Tatzeitrum die Mitangeklagte Ne. war. Gesellschafterin der A. GmbH war die C. GmbH mit im Tatzeitraum wechselnden Alleingesellschaftern.
3
Zur Durchführung der Bauvorhaben beauftragte die A. GmbH ihrerseits Generalunternehmer und verschiedene Subunternehmer, wobei sie faktisch als „Schutzschild vor den Bauherren-KG’s“ (UA S. 8) agierte, um die Ansprüche der unbezahlten oder nur zum Teil bezahlten Leistungserbringer abzufangen. Sie erteilte teilweise Aufträge, ohne dass die Absicht bestand, diese vollständig zu bezahlen. Überdies veranlasste die A. GmbH kleine und unerfahrene Handwerksunternehmen dazu, trotz Ausbleibens ihrer Bezahlung weitere Leistungen zu erbringen. Die Bauherren-KG’s finanzierten die Vorhaben durch Darlehen, die auf der Grundlage von Abschlagsrechnungen der A. GmbH direkt an die Generalübernehmerin ausgezahlt wurden. Von diesen Beträgen überwies die Mitangeklagte Ne. auf Veranlassung des Angeklagten und einem gemeinsamen Tatplan entsprechend größere Summen aufgrund rechtsgrundloser Stornierungen der Abschlagsrechnungen direkt an die Bauherren-KG’s. Den Angeklagten war dabei bewusst, dass der stornierte Betrag nicht ausgeglichen werden würde und die Stornierung deshalb einen Verzicht auf die Forderung bedeutete. Durch die so veranlassten Stornierungen geriet die A. GmbH selbst zunehmend in Liquiditätsschwierigkeiten und konnte Handwerksleistungen nicht mehr bezahlen; letztlich führten sechs Stornierungen bzw. Rücküberweisungen der Abschlagsbeträge im Zeitraum vom 13. April 2004 bis 23. August 2005 über einen Betrag von insgesamt mehr als 820.000 € (Taten 1 bis 6, UA S. 11) zur Insolvenz der A. GmbH, was die Angeklagten zumindest billigend in Kauf nahmen.
4
Das Landgericht ist davon ausgegangen, dass der Angeklagte faktischer Geschäftsführer der A. GmbH war und seine Vermögensbetreuungspflicht ihr gegenüber verletzt habe, indem er die Mitangeklagte Ne. zu den rechtsgrundlosen Stornierungen (Taten 1 bis 6) angewiesen habe. Er habe „im Einverständnis mit dem jeweiligen Gesellschafter die Stellung des Geschäftsführers tatsächlich eingenommen, indem er den wesentlichen Teil der klassischen Kernbereiche der Unternehmung bestimmt habe“; seine tat- sächliche Verfügungsmacht habe sich daraus ergeben, dass die Mitangeklagte Ne. – wie er gewusst habe – seinen Anweisungen stets loyal gefolgt sei (vgl. UA S. 59).
5
2. Die Verurteilung wegen Untreue hält sachlich-rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die Feststellungen tragen nicht die Annahme, dass der Angeklagte gegenüber der A. GmbH vermögensbetreuungspflichtig nach § 266 Abs. 1 StGB war.
6
Grundlage einer Vermögensbetreuungspflicht im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB kann neben Gesetz, behördlichem Auftrag oder Rechtsgeschäft auch ein sogenanntes „tatsächliches Treueverhältnis" sein. Ein solches „tat- sächliches Treueverhältnis“ kann dadurch begründet sein, dass der Betreffende die organschaftlichen Aufgaben eines Geschäftsführers übernommen und diese ausgeführt hat (vgl. Fischer, StGB, 60. Aufl., § 266 Rn. 40, 42; LK-Schünemann, 12. Aufl., § 266 Rn. 61, 65). Daneben kann aus einer tatsächlichen Übernahme eines nicht ganz unbedeutenden Pflichtenkreises – ohne dass eine faktische Organstellung vorliegen muss – eine Vermö- gensbetreuungspflicht auch dadurch begründet werden, dass der Betreffende diese Interessen wahrnimmt und der Vermögensinhaber auf die pflichtgemäßeWahrnehmung vertrauen darf (vgl. BGH, Urteil vom 14. Juli 1999 – 3StR 188/99, NStZ 1999, 558). Dass eine der beiden vorgenannten Voraussetzungen hier vorliegt, belegen die Feststellungen indes nicht.
7
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist als Geschäftsführer auch derjenige anzuerkennen, der die Geschäftsführung mit Einverständnis der Gesellschafter ohne förmliche Bestellung faktisch übernommen hat, tatsächlich ausübt und gegenüber dem formellen Geschäftsführer eine überragende Stellung einnimmt oder zumindest das deutliche Übergewicht hat (vgl. BGH, Urteile vom 24. Juni 1952 – 1 StR 153/52, BGHSt 3, 32, 37 f., vom 22. September 1982 – 3 StR 287/82, BGHSt 31, 118, 122, und vom 10. Mai 2000 – 3 StR 101/00, BGHSt 46, 62, 64 f.).
8
Den Urteilsgründen lässt sich zwar entnehmen, dass der Angeklagte tatsächlich einen erheblichen Einfluss gegenüber der bestellten Geschäftsführerin der A. GmbH hatte, die nahezu keine eigenständigen Entscheidungen getroffen hat. Dies reicht aber für sich genommen nicht aus, um eine faktische Organstellung zu begründen. Im vorliegenden Fall fehlten dem Angeklagten nämlich die für eine organschaftliche Stellung typischen Befugnisse. Die Feststellungen ergeben nicht, dass er etwa eine Bankvollmacht hatte, oder im Außenverhältnis Pflichten übernahm, die typischerweise mit der Stellung eines Organs verbunden sind (wie etwa gegenüber Sozialversicherungsträgern oder Finanzbehörden). Sind dem Betreffenden solche Kompetenzen nicht übertragen, spricht dies indiziell gegen die Annahme einer faktischen Geschäftsführung, weil sie zu den Essentialien einer Organstellung zählen (vgl. BGH, Urteil vom 27. Juni 2005 – II ZR 113/03, ZIP 2005, 1414).
9
Die Urteilsgründe legen nicht dar, dass dem Angeklagten entsprechende auf das Außenverhältnis bezogene Befugnisse jedenfalls faktisch übertragen wurden. Die insoweit pauschale Feststellung, der Angeklagte ha- be „im Einvernehmen mit der Gesellschafter-GmbHvon Anfang an die Stellung des Geschäftsführers“ eingenommen (UA S. 12), wird nicht näher begründet. Die Urteilsgründe ergeben zwar, dass der Angeklagte die Geschäftsführerin der A. GmbH eingestellt hat (UA S. 3, 54) und die Gesellschafterin keinen Einfluss auf die Geschäftsführung der A. GmbH genommen , sondern die Mitangeklagte Ne. zu Fragen der Geschäftsfüh- rung auf den Angeklagten verwiesen hat (UA S. 52). Die Feststellungen verhalten sich indes nicht dazu, in welchem Verhältnis der Angeklagte zu der Gesellschafterin der A. GmbH stand und aus welchen Gründen und in welchem Umfang ihm eine derartige Machtposition – möglicherweise auch gegenüber der Gesellschafterin – eingeräumt worden sein soll. Dies wäre auch deshalb erörterungsbedürftig gewesen, weil das Landgericht die Anweisungen des Angeklagten zu den rechtgrundlosen Stornierungen als pflichtwidrig gewertet hat, für die kein Einverständnis der Gesellschafterseite bestanden hat (vgl. UA S. 52).
10
Allerdings hat die Rechtsprechung es im Einzelfall auch ausreichen lassen, wenn der faktische Geschäftsführer den förmlich bestellten Geschäftsführer anweisen kann und er durch ihn die Geschäftspolitik des Unternehmens tatsächlich bestimmt (vgl. BGH, Urteil vom 11. Dezember1997 – 4 StR 323/97, StV 1998, 416; vgl. auch BGH, Urteil vom 25. Februar 2002 – IIZR 196/00, BGHZ 150, 61). Beruht die Macht des Dritten allein darauf, dass er sich gegenüber dem formellen Geschäftsführer in den wesentlichen unternehmerischen Fragen durchsetzen kann, bedarf das Verhältnis zur Gesellschafterebene vertiefter Betrachtung. Diesem Erfordernis werden die Urteilsgründe gleichfalls nicht gerecht. Dass ein außenstehender Dritter, der weder Mitgesellschafter noch Angestellter ist, sondern vielmehr auf der Seite des – wenngleich wirtschaftlich einflussreichen – Auftraggebers steht, über seine wirtschaftliche Macht als Auftraggeber hinaus ermächtigt ist, die Geschäfte seines Vertragspartners zu führen und damit auch verpflichtet ist, dessen Vermögensinteressen zu schützen, erklärt sich aufgrund der bloß faktischen Einflussnahme nicht selbst. Vielmehr wird in solchen Fällen der Abhängigkeit des Geschäftspartners die übermächtige Vertragsgegenseite häufig die Geschäftstätigkeit des abhängigen Geschäftspartners bestimmen können. Dies genügt aber nicht für die Annahme einer „faktischen Geschäfts- führung“, auch weil ansonsten der Angeklagte gegenläufigen Vermögens- pflichten, nämlich für den Vertragspartner und das eigene Unternehmen, ausgesetzt wäre. Derjenige, der im Rahmen von schuldrechtlichen Bezie- hungen jedoch eigene Interessen im Wirtschaftsleben verfolgt, kann nicht die Vermögensinteressen der anderen Vertragspartei wahrnehmen. Deshalb sollen grundsätzlich auch nur fremdnützig typisierte Schuldverhältnisse mit Geschäftsbesorgungscharakter Treuepflichten begründen können (vgl. LK-Schünemann, aaO Rn. 75 f.; Fischer, aaO Rn. 38 und vgl. auch BGH, Urteil vom 13. Mai 2004 – 5 StR 73/03; BGHSt 49, 147, 155, und Beschluss vom 2. April 2008 – 5 StR 354/07, BGHSt 52, 182, 186 f.).
11
Um vorliegend bewerten zu können, dass der Angeklagte im „Einver- nehmen“ mit der Gesellschafterin die Geschäfte für die A. GmbH faktisch geführt hat, hätte es einer eingehenden Darlegung der Hintergründe sowie der Art und des Umfanges dieses „Einvernehmens“ bedurft. Maßgeblichist, dass der Angeklagte in die Gesellschafterebene hinein über ein solches Machtpotential verfügt, das ihn in die Lage versetzt, die Unternehmensentscheidungen zu determinieren. Eine solche weitgehende Beherrschung wird regelmäßig gegeben sein, wenn die Gesellschafterin der A. GmbH für ihn handelt. Dies setzt grundsätzlich entweder eine persönliche Abhängigkeit oder aber ein aus anderen Gründen einverständliches Zusammenwirken mit ihr voraus, die es rechtfertigen, die A. GmbH als gleichsam abhängige und unselbständige Strohmannfirma für das Unternehmen des Angeklagten zu sehen. Nur dann kann dem Angeklagten auch eine weitere Vermögensbetreuungspflicht auferlegt werden (vgl. zu den Pflichtenstellungen im faktischen GmbH-Konzern: BGH, Urteil vom 10. Juli 1996 – 3 StR 50/96, BGHR StGB § 266 Abs. 1 Vermögensbetreuungspflicht 25). Ob eine entsprechende Abhängigkeit der Gesellschafterin der A. GmbH oder ein Zusammenwirken mit ihr vorlag, bleibt indes unerörtert und kann ohne nähere Kenntnis der Beziehungen des Angeklagten zur Gesellschafterebene der A. GmbH nicht beurteilt werden.
12
b) Unabhängig davon, ob dem Angeklagten aufgrund der Reichweite seiner Einflussnahme tatsächlich eine faktische Organstellung innerhalb der A. GmbH zukam, genügen die bisher getroffenen Feststellungen auch im Übrigen nicht zur Annahme einer Vermögensbetreuungspflicht. Zwar knüpft der Treubruchtatbestand des § 266 Abs. 1 StGB nicht an die formale Position als Geschäftsführer, sondern an die tatsächliche Verfügungsmacht über ein bestimmtes Vermögen an, wenn damit ein schützenswertes Vertrauen in die pflichtgemäße Wahrnehmung der Vermögensinteressen verbunden ist (vgl. BGH, Urteile vom 10. Juli 1996 – 3 StR 50/96 aaO, und vom 14. Juli1999 – 3 StR 188/99, NStZ 1999, 558, Fischer aaO Rn. 33). Feststellungen dazu, ob und inwieweit dem Angeklagten das Vermögen der A. GmbH von Sei- ten ihrer Gesellschafterin unterhalb der Geschäftsführerebene „anvertraut“ worden ist und eine Vermögensbetreuungspflicht besteht, hat das Landgericht indes nicht getroffen. Es kann aus den bereits unter a) angeführten Gründen nicht beurteilt werden, ob dem Angeklagten von Gesellschafterebene faktisch eine weitgehende Betriebsführung eingeräumt worden ist oder ob lediglich in einer Vielzahl von Einzelentscheidungen seiner wirtschaftlichen Machtstellung als Organ des praktisch einzigen Geschäftspartners jeweils nachgegeben wurde.
13
3. Die Sache bedarf deshalb insgesamt neuer tatgerichtlicher Sachaufklärung und Prüfung. Die Feststellungen – mit Ausnahme derjenigen zum Verhältnis des Angeklagten zur Gesellschafterin der A. GmbH – können bestehen bleiben. Das neue Tatgericht kann weitere Feststellungen treffen, soweit sie den aufrechterhaltenen nicht widersprechen.
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Wer als Verfügungsberechtigter im eigenen oder fremden Namen auftritt, hat die Pflichten eines gesetzlichen Vertreters (§ 34 Abs. 1), soweit er sie rechtlich und tatsächlich erfüllen kann.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
2.
die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder
3.
pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt
und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) missbraucht,
3.
die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht,
4.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
5.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt oder
6.
eine Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(4) Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Steuervorteile sind auch Steuervergütungen; nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, soweit sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden. Die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 sind auch dann erfüllt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können.

(5) Die Tat kann auch hinsichtlich solcher Waren begangen werden, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch dann, wenn sich die Tat auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden oder die einem Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation oder einem mit dieser assoziierten Staat zustehen. Das Gleiche gilt, wenn sich die Tat auf Umsatzsteuern oder auf die in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. L 9 vom 14.1.2009, S. 12) genannten harmonisierten Verbrauchsteuern bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden.

(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten unabhängig von dem Recht des Tatortes auch für Taten, die außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes begangen werden.

(1) Als Täter wird bestraft, wer die Straftat selbst oder durch einen anderen begeht.

(2) Begehen mehrere die Straftat gemeinschaftlich, so wird jeder als Täter bestraft (Mittäter).

(1) Als Gehilfe wird bestraft, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat.

(2) Die Strafe für den Gehilfen richtet sich nach der Strafdrohung für den Täter. Sie ist nach § 49 Abs. 1 zu mildern.

(1) Unternehmer ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbstständig ausübt, unabhängig davon, ob er nach anderen Vorschriften rechtsfähig ist. Das Unternehmen umfasst die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt oder eine Personenvereinigung nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig wird.

(2) Die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit wird nicht selbständig ausgeübt,

1.
soweit natürliche Personen, einzeln oder zusammengeschlossen, einem Unternehmen so eingegliedert sind, dass sie den Weisungen des Unternehmers zu folgen verpflichtet sind,
2.
wenn eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert ist (Organschaft). Die Wirkungen der Organschaft sind auf Innenleistungen zwischen den im Inland gelegenen Unternehmensteilen beschränkt. Diese Unternehmensteile sind als ein Unternehmen zu behandeln. Hat der Organträger seine Geschäftsleitung im Ausland, gilt der wirtschaftlich bedeutendste Unternehmensteil im Inland als der Unternehmer.

(3) (weggefallen)

Wer als Verfügungsberechtigter im eigenen oder fremden Namen auftritt, hat die Pflichten eines gesetzlichen Vertreters (§ 34 Abs. 1), soweit er sie rechtlich und tatsächlich erfüllen kann.

(1) Der Unternehmer hat vorbehaltlich des § 18i Absatz 3, des § 18j Absatz 4 und des § 18k Absatz 4 bis zum zehnten Tag nach Ablauf jedes Voranmeldungszeitraums eine Voranmeldung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung zu übermitteln, in der er die Steuer für den Voranmeldungszeitraum (Vorauszahlung) selbst zu berechnen hat. Auf Antrag kann das Finanzamt zur Vermeidung von unbilligen Härten auf eine elektronische Übermittlung verzichten; in diesem Fall hat der Unternehmer eine Voranmeldung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck abzugeben. § 16 Abs. 1 und 2 und § 17 sind entsprechend anzuwenden. Die Vorauszahlung ist am zehnten Tag nach Ablauf des Voranmeldungszeitraums fällig und bis dahin vom Unternehmer zu entrichten.

(2) Voranmeldungszeitraum ist das Kalendervierteljahr. Beträgt die Steuer für das vorangegangene Kalenderjahr mehr als 7 500 Euro, ist der Kalendermonat Voranmeldungszeitraum. Beträgt die Steuer für das vorangegangene Kalenderjahr nicht mehr als 1 000 Euro, kann das Finanzamt den Unternehmer von der Verpflichtung zur Abgabe der Voranmeldungen und Entrichtung der Vorauszahlungen befreien. Nimmt der Unternehmer seine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit auf, ist im laufenden und folgenden Kalenderjahr Voranmeldungszeitraum der Kalendermonat. Daneben ist im laufenden und folgenden Kalenderjahr in folgenden Fällen Voranmeldungszeitraum der Kalendermonat:

1.
bei im Handelsregister eingetragenen, noch nicht gewerblich oder beruflich tätig gewesenen juristischen Personen oder Personengesellschaften, die objektiv belegbar die Absicht haben, eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig auszuüben (Vorratsgesellschaften), und zwar ab dem Zeitpunkt des Beginns der tatsächlichen Ausübung dieser Tätigkeit, und
2.
bei der Übernahme von juristischen Personen oder Personengesellschaften, die bereits gewerblich oder beruflich tätig gewesen sind und zum Zeitpunkt der Übernahme ruhen oder nur geringfügig gewerblich oder beruflich tätig sind (Firmenmantel), und zwar ab dem Zeitpunkt der Übernahme.
Für die Besteuerungszeiträume 2021 bis 2026 ist abweichend von Satz 4 in den Fällen, in denen der Unternehmer seine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit nur in einem Teil des vorangegangenen Kalenderjahres ausgeübt hat, die tatsächliche Steuer in eine Jahressteuer umzurechnen und in den Fällen, in denen der Unternehmer seine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit im laufenden Kalenderjahr aufnimmt, die voraussichtliche Steuer des laufenden Kalenderjahres maßgebend.

(2a) Der Unternehmer kann an Stelle des Kalendervierteljahres den Kalendermonat als Voranmeldungszeitraum wählen, wenn sich für das vorangegangene Kalenderjahr ein Überschuss zu seinen Gunsten von mehr als 7 500 Euro ergibt. In diesem Fall hat der Unternehmer bis zum 10. Februar des laufenden Kalenderjahres eine Voranmeldung für den ersten Kalendermonat abzugeben. Die Ausübung des Wahlrechts bindet den Unternehmer für dieses Kalenderjahr. Absatz 2 Satz 6 gilt entsprechend.

(3) Der Unternehmer hat vorbehaltlich des § 18i Absatz 3, des § 18j Absatz 4 und des § 18k Absatz 4 für das Kalenderjahr oder für den kürzeren Besteuerungszeitraum eine Steuererklärung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung zu übermitteln, in der er die zu entrichtende Steuer oder den Überschuss, der sich zu seinen Gunsten ergibt, nach § 16 Absatz 1 bis 4 und § 17 selbst zu berechnen hat (Steueranmeldung). In den Fällen des § 16 Absatz 3 und 4 ist die Steueranmeldung binnen einem Monat nach Ablauf des kürzeren Besteuerungszeitraums zu übermitteln. Auf Antrag kann das Finanzamt zur Vermeidung von unbilligen Härten auf eine elektronische Übermittlung verzichten; in diesem Fall hat der Unternehmer eine Steueranmeldung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck abzugeben und eigenhändig zu unterschreiben.

(4) Berechnet der Unternehmer die zu entrichtende Steuer oder den Überschuss in der Steueranmeldung für das Kalenderjahr abweichend von der Summe der Vorauszahlungen, so ist der Unterschiedsbetrag zugunsten des Finanzamts einen Monat nach dem Eingang der Steueranmeldung fällig und bis dahin vom Unternehmer zu entrichten. Setzt das Finanzamt die zu entrichtende Steuer oder den Überschuss abweichend von der Steueranmeldung für den Voranmeldungszeitraum oder für das Kalenderjahr oder auf Grund unterbliebener Abgabe der Steueranmeldung fest, so ist der Unterschiedsbetrag zugunsten des Finanzamts einen Monat nach der Bekanntgabe des Steuerbescheids fällig und bis dahin vom Unternehmer zu entrichten. Die Fälligkeit rückständiger Vorauszahlungen (Absatz 1) bleibt von den Sätzen 1 und 2 unberührt.

(4a) Voranmeldungen (Absätze 1 und 2) und eine Steuererklärung (Absätze 3 und 4) haben auch die Unternehmer und juristischen Personen abzugeben, die ausschließlich Steuer für Umsätze nach § 1 Abs. 1 Nr. 5, § 13b Absatz 5 oder § 25b Abs. 2 zu entrichten haben, sowie Fahrzeuglieferer (§ 2a). Voranmeldungen sind nur für die Voranmeldungszeiträume abzugeben, in denen die Steuer für diese Umsätze zu erklären ist. Die Anwendung des Absatzes 2a ist ausgeschlossen.

(4b) Für Personen, die keine Unternehmer sind und Steuerbeträge nach § 6a Abs. 4 Satz 2 oder nach § 14c Abs. 2 schulden, gilt Absatz 4a entsprechend.

(4c) Ein nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässiger Unternehmer, der vor dem 1. Juli 2021 als Steuerschuldner Umsätze nach § 3a Absatz 5 im Gemeinschaftsgebiet erbringt, kann abweichend von den Absätzen 1 bis 4 für jeden Besteuerungszeitraum (§ 16 Absatz 1a Satz 1) eine Steuererklärung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung bis zum 20. Tag nach Ablauf jedes Besteuerungszeitraums dem Bundeszentralamt für Steuern übermitteln, in der er die Steuer für die vorgenannten Umsätze selbst zu berechnen hat (Steueranmeldung). Die Steuer ist am 20. Tag nach Ablauf des Besteuerungszeitraums fällig und bis dahin vom Unternehmer zu entrichten. Die Ausübung des Wahlrechts hat der Unternehmer auf dem amtlich vorgeschriebenen, elektronisch zu übermittelnden Dokument dem Bundeszentralamt für Steuern anzuzeigen, bevor er Umsätze nach § 3a Abs. 5 im Gemeinschaftsgebiet erbringt. Das Wahlrecht kann nur mit Wirkung vom Beginn eines Besteuerungszeitraums an widerrufen werden. Der Widerruf ist vor Beginn des Besteuerungszeitraums, für den er gelten soll, gegenüber dem Bundeszentralamt für Steuern auf elektronischem Weg zu erklären. Kommt der Unternehmer seinen Verpflichtungen nach den Sätzen 1 bis 3 oder § 22 Abs. 1 wiederholt nicht oder nicht rechtzeitig nach, schließt ihn das Bundeszentralamt für Steuern von dem Besteuerungsverfahren nach Satz 1 aus. Der Ausschluss gilt ab dem Besteuerungszeitraum, der nach dem Zeitpunkt der Bekanntgabe des Ausschlusses gegenüber dem Unternehmer beginnt.

(4d) Für nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässige Unternehmer, die vor dem 1. Juli 2021 im Inland im Besteuerungszeitraum (§ 16 Absatz 1 Satz 2) als Steuerschuldner Umsätze nach § 3a Absatz 5 erbringen und diese Umsätze in einem anderen Mitgliedstaat erklären sowie die darauf entfallende Steuer entrichten, gelten insoweit die Absätze 1 bis 4 nicht.

(4e) Ein im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässiger Unternehmer (§ 13b Absatz 7 Satz 2), der vor dem 1. Juli 2021 als Steuerschuldner Umsätze nach § 3a Absatz 5 im Inland erbringt, kann abweichend von den Absätzen 1 bis 4 für jeden Besteuerungszeitraum (§ 16 Absatz 1b Satz 1) eine Steuererklärung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung bis zum 20. Tag nach Ablauf jedes Besteuerungszeitraums übermitteln, in der er die Steuer für die vorgenannten Umsätze selbst zu berechnen hat; dies gilt nur, wenn der Unternehmer im Inland, auf der Insel Helgoland und in einem der in § 1 Absatz 3 bezeichneten Gebiete weder seinen Sitz, seine Geschäftsleitung noch eine Betriebsstätte hat. Die Steuererklärung ist der zuständigen Steuerbehörde des Mitgliedstaates der Europäischen Union zu übermitteln, in dem der Unternehmer ansässig ist; diese Steuererklärung ist ab dem Zeitpunkt eine Steueranmeldung im Sinne des § 150 Absatz 1 Satz 3 und des § 168 der Abgabenordnung, zu dem die in ihr enthaltenen Daten von der zuständigen Steuerbehörde des Mitgliedstaates der Europäischen Union, an die der Unternehmer die Steuererklärung übermittelt hat, dem Bundeszentralamt für Steuern übermittelt und dort in bearbeitbarer Weise aufgezeichnet wurden. Satz 2 gilt für die Berichtigung einer Steuererklärung entsprechend. Die Steuer ist am 20. Tag nach Ablauf des Besteuerungszeitraums fällig und bis dahin vom Unternehmer zu entrichten. Die Ausübung des Wahlrechts nach Satz 1 hat der Unternehmer in dem amtlich vorgeschriebenen, elektronisch zu übermittelnden Dokument der Steuerbehörde des Mitgliedstaates der Europäischen Union, in dem der Unternehmer ansässig ist, vor Beginn des Besteuerungszeitraums anzuzeigen, ab dessen Beginn er von dem Wahlrecht Gebrauch macht. Das Wahlrecht kann nur mit Wirkung vom Beginn eines Besteuerungszeitraums an widerrufen werden. Der Widerruf ist vor Beginn des Besteuerungszeitraums, für den er gelten soll, gegenüber der Steuerbehörde des Mitgliedstaates der Europäischen Union, in dem der Unternehmer ansässig ist, auf elektronischem Weg zu erklären. Kommt der Unternehmer seinen Verpflichtungen nach den Sätzen 1 bis 5 oder § 22 Absatz 1 wiederholt nicht oder nicht rechtzeitig nach, schließt ihn die zuständige Steuerbehörde des Mitgliedstaates der Europäischen Union, in dem der Unternehmer ansässig ist, von dem Besteuerungsverfahren nach Satz 1 aus. Der Ausschluss gilt ab dem Besteuerungszeitraum, der nach dem Zeitpunkt der Bekanntgabe des Ausschlusses gegenüber dem Unternehmer beginnt. Die Steuererklärung nach Satz 1 gilt als fristgemäß übermittelt, wenn sie bis zum 20. Tag nach Ablauf des Besteuerungszeitraums (§ 16 Absatz 1b Satz 1) der zuständigen Steuerbehörde des Mitgliedstaates der Europäischen Union übermittelt worden ist, in dem der Unternehmer ansässig ist, und dort in bearbeitbarer Weise aufgezeichnet wurde. Die Entrichtung der Steuer erfolgt entsprechend Satz 4 fristgemäß, wenn die Zahlung bis zum 20. Tag nach Ablauf des Besteuerungszeitraums (§ 16 Absatz 1b Satz 1) bei der zuständigen Steuerbehörde des Mitgliedstaates der Europäischen Union, in dem der Unternehmer ansässig ist, eingegangen ist. § 240 der Abgabenordnung ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass eine Säumnis frühestens mit Ablauf des 10. Tages nach Ablauf des auf den Besteuerungszeitraum (§ 16 Absatz 1b Satz 1) folgenden übernächsten Monats eintritt.

(4f) Soweit Organisationseinheiten der Gebietskörperschaften Bund und Länder durch ihr Handeln eine Erklärungspflicht begründen, obliegen der jeweiligen Organisationseinheit für die Umsatzbesteuerung alle steuerlichen Rechte und Pflichten. In den in § 30 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a und b der Abgabenordnung genannten Verfahren tritt die Organisationseinheit insoweit an die Stelle der Gebietskörperschaft. § 2 Absatz 1 Satz 2 bleibt unberührt. Die Organisationseinheiten können jeweils für ihren Geschäftsbereich durch Organisationsentscheidungen weitere untergeordnete Organisationseinheiten mit Wirkung für die Zukunft bilden. Einer Organisationseinheit übergeordnete Organisationseinheiten können durch Organisationsentscheidungen mit Wirkung für die Zukunft die in Satz 1 genannten Rechte und Pflichten der untergeordneten Organisationseinheit wahrnehmen oder mehrere Organisationseinheiten zu einer Organisationseinheit zusammenschließen. Die in § 1a Absatz 3 Nummer 2, § 2b Absatz 2 Nummer 1, § 3a Absatz 5 Satz 3, § 3c Absatz 4 Satz 1, § 18 Absatz 2 Satz 2, § 18a Absatz 1 Satz 2, § 19 Absatz 1, § 20 Satz 1 Nummer 1 und § 24 Absatz 1 Satz 1 genannten Betragsgrenzen gelten für Organisationseinheiten stets als überschritten. Wahlrechte, deren Rechtsfolgen das gesamte Unternehmen der Gebietskörperschaft erfassen, können nur einheitlich ausgeübt werden. Die Gebietskörperschaft kann gegenüber dem für sie zuständigen Finanzamt mit Wirkung für die Zukunft erklären, dass die Sätze 1 bis 5 nicht zur Anwendung kommen sollen; ein Widerruf ist nur mit Wirkung für die Zukunft möglich.

(4g) Die oberste Landesfinanzbehörde oder die von ihr beauftragte Landesfinanzbehörde kann anordnen, dass eine andere als die nach § 21 Absatz 1 der Abgabenordnung örtlich zuständige Finanzbehörde die Besteuerung einer Organisationseinheit des jeweiligen Landes übernimmt. Die oberste Landesfinanzbehörde oder die von ihr beauftragte Landesfinanzbehörde kann mit der obersten Finanzbehörde eines anderen Landes oder einer von dieser beauftragten Landesfinanzbehörde vereinbaren, dass eine andere als die nach § 21 Absatz 1 der Abgabenordnung zuständige Finanzbehörde die Besteuerung einer Organisationseinheit des Landes der zuständigen Finanzbehörde übernimmt. Die Senatsverwaltung für Finanzen von Berlin oder eine von ihr beauftragte Landesfinanzbehörde kann mit der obersten Finanzbehörde eines anderen Landes oder mit einer von dieser beauftragten Landesfinanzbehörde vereinbaren, dass eine andere als die nach § 21 Absatz 1 der Abgabenordnung zuständige Finanzbehörde die Besteuerung für eine Organisationseinheit der Gebietskörperschaft Bund übernimmt.

(5) In den Fällen der Beförderungseinzelbesteuerung (§ 16 Abs. 5) ist abweichend von den Absätzen 1 bis 4 wie folgt zu verfahren:

1.
Der Beförderer hat für jede einzelne Fahrt eine Steuererklärung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck in zwei Stücken bei der zuständigen Zolldienststelle abzugeben.
2.
Die zuständige Zolldienststelle setzt für das zuständige Finanzamt die Steuer auf beiden Stücken der Steuererklärung fest und gibt ein Stück dem Beförderer zurück, der die Steuer gleichzeitig zu entrichten hat. Der Beförderer hat dieses Stück mit der Steuerquittung während der Fahrt mit sich zu führen.
3.
Der Beförderer hat bei der zuständigen Zolldienststelle, bei der er die Grenze zum Drittlandsgebiet überschreitet, eine weitere Steuererklärung in zwei Stücken abzugeben, wenn sich die Zahl der Personenkilometer (§ 10 Abs. 6 Satz 2), von der bei der Steuerfestsetzung nach Nummer 2 ausgegangen worden ist, geändert hat. Die Zolldienststelle setzt die Steuer neu fest. Gleichzeitig ist ein Unterschiedsbetrag zugunsten des Finanzamts zu entrichten oder ein Unterschiedsbetrag zugunsten des Beförderers zu erstatten. Die Sätze 2 und 3 sind nicht anzuwenden, wenn der Unterschiedsbetrag weniger als 2,50 Euro beträgt. Die Zolldienststelle kann in diesen Fällen auf eine schriftliche Steuererklärung verzichten.

(5a) In den Fällen der Fahrzeugeinzelbesteuerung (§ 16 Absatz 5a) hat der Erwerber, abweichend von den Absätzen 1 bis 4, spätestens bis zum 10. Tag nach Ablauf des Tages, an dem die Steuer entstanden ist, eine Steuererklärung, in der er die zu entrichtende Steuer selbst zu berechnen hat, nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung zu übermitteln oder nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck abzugeben (Steueranmeldung). Bei Verwendung des Vordrucks muss dieser vom Erwerber eigenhändig unterschrieben sein. Gibt der Erwerber die Steueranmeldung nicht ab oder hat er die Steuer nicht richtig berechnet, so kann die Finanzbehörde die Steuer festsetzen. Die Steuer ist am zehnten Tag nach Ablauf des Tages fällig, an dem sie entstanden ist, und ist bis dahin vom Erwerber zu entrichten.

(5b) In den Fällen des § 16 Abs. 5b ist das Besteuerungsverfahren nach den Absätzen 3 und 4 durchzuführen. Die bei der Beförderungseinzelbesteuerung (§ 16 Abs. 5) entrichtete Steuer ist auf die nach Absatz 3 Satz 1 zu entrichtende Steuer anzurechnen.

(6) Zur Vermeidung von Härten kann das Bundesministerium der Finanzen mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung die Fristen für die Voranmeldungen und Vorauszahlungen um einen Monat verlängern und das Verfahren näher bestimmen. Dabei kann angeordnet werden, dass der Unternehmer eine Sondervorauszahlung auf die Steuer für das Kalenderjahr zu entrichten hat.

(7) Zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens kann das Bundesministerium der Finanzen mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, dass und unter welchen Voraussetzungen auf die Erhebung der Steuer für Lieferungen von Gold, Silber und Platin sowie sonstige Leistungen im Geschäft mit diesen Edelmetallen zwischen Unternehmern, die an einer Wertpapierbörse im Inland mit dem Recht zur Teilnahme am Handel zugelassen sind, verzichtet werden kann. Das gilt nicht für Münzen und Medaillen aus diesen Edelmetallen.

(8) (weggefallen)

(9) Zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens kann das Bundesministerium der Finanzen mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung die Vergütung der Vorsteuerbeträge (§ 15) an im Ausland ansässige Unternehmer, abweichend von § 16 und von den Absätzen 1 bis 4, in einem besonderen Verfahren regeln. Dabei kann auch angeordnet werden,

1.
dass die Vergütung nur erfolgt, wenn sie eine bestimmte Mindesthöhe erreicht,
2.
innerhalb welcher Frist der Vergütungsantrag zu stellen ist,
3.
in welchen Fällen der Unternehmer den Antrag eigenhändig zu unterschreiben hat,
4.
wie und in welchem Umfang Vorsteuerbeträge durch Vorlage von Rechnungen und Einfuhrbelegen nachzuweisen sind,
5.
dass der Bescheid über die Vergütung der Vorsteuerbeträge elektronisch erteilt wird,
6.
wie und in welchem Umfang der zu vergütende Betrag zu verzinsen ist.
Von der Vergütung ausgeschlossen sind in Rechnung gestellte Steuerbeträge für Ausfuhrlieferungen, bei denen die Gegenstände vom Abnehmer oder von einem von ihm beauftragten Dritten befördert oder versendet wurden, die nach § 4 Nummer 1 Buchstabe a in Verbindung mit § 6 steuerfrei sind, oder für innergemeinschaftliche Lieferungen, die nach § 4 Nummer 1 Buchstabe b in Verbindung mit § 6a steuerfrei sind oder in Bezug auf § 6a Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 steuerfrei sein können. Sind die durch die Rechtsverordnung nach den Sätzen 1 und 2 geregelten Voraussetzungen des besonderen Verfahrens erfüllt und schuldet der im Ausland ansässige Unternehmer ausschließlich Steuer nach § 13a Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit § 14c Absatz 1 oder § 13a Absatz 1 Nummer 4, kann die Vergütung der Vorsteuerbeträge nur in dem besonderen Verfahren durchgeführt werden. Einem Unternehmer, der im Gemeinschaftsgebiet ansässig ist und Umsätze ausführt, die zum Teil den Vorsteuerabzug ausschließen, wird die Vorsteuer höchstens in der Höhe vergütet, in der er in dem Mitgliedstaat, in dem er ansässig ist, bei Anwendung eines Pro-rata-Satzes zum Vorsteuerabzug berechtigt wäre. Einem Unternehmer, der nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässig ist, wird die Vorsteuer nur vergütet, wenn in dem Land, in dem der Unternehmer seinen Sitz hat, keine Umsatzsteuer oder ähnliche Steuer erhoben oder im Fall der Erhebung im Inland ansässigen Unternehmern vergütet wird. Von der Vergütung ausgeschlossen sind bei Unternehmern, die nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässig sind, die Vorsteuerbeträge, die auf den Bezug von Kraftstoffen entfallen. Die Sätze 6 und 7 gelten nicht für Unternehmer, die nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässig sind, soweit sie im Besteuerungszeitraum (§ 16 Absatz 1 Satz 2) vor dem 1. Juli 2021 als Steuerschuldner Umsätze nach § 3a Absatz 5 im Gemeinschaftsgebiet erbracht und für diese Umsätze von § 18 Absatz 4c Gebrauch gemacht haben oder diese Umsätze in einem anderen Mitgliedstaat erklärt sowie die darauf entfallende Steuer entrichtet haben; Voraussetzung ist, dass die Vorsteuerbeträge im Zusammenhang mit Umsätzen nach § 3a Absatz 5 stehen. Die Sätze 6 und 7 gelten auch nicht für Unternehmer, die nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässig sind, soweit sie im Besteuerungszeitraum (§ 16 Absatz 1 Satz 2) nach dem 30. Juni 2021 als Steuerschuldner Lieferungen nach § 3 Absatz 3a Satz 1 innerhalb eines Mitgliedstaates, Fernverkäufe nach § 3 Absatz 3a Satz 2, innergemeinschaftliche Fernverkäufe nach § 3c Absatz 1 Satz 2 und 3, Fernverkäufe nach § 3c Absatz 2 oder 3 oder sonstige Leistungen an Empfänger nach § 3a Absatz 5 Satz 1 im Gemeinschaftsgebiet erbracht und für diese Umsätze von den §§ 18i, 18j oder 18k Gebrauch gemacht haben; Voraussetzung ist, dass die Vorsteuerbeträge mit Lieferungen nach § 3 Absatz 3a Satz 1 innerhalb eines Mitgliedstaates, Fernverkäufen nach § 3 Absatz 3a Satz 2, innergemeinschaftlichen Fernverkäufen nach § 3c Absatz 1 Satz 2 und 3, Fernverkäufen nach § 3c Absatz 2 oder 3 oder sonstigen Leistungen an Empfänger nach § 3a Absatz 5 Satz 1 im Zusammenhang stehen.

(10) Zur Sicherung des Steueranspruchs in den Fällen des innergemeinschaftlichen Erwerbs neuer motorbetriebener Landfahrzeuge und neuer Luftfahrzeuge (§ 1b Abs. 2 und 3) gilt folgendes:

1.
Die für die Zulassung oder die Registrierung von Fahrzeugen zuständigen Behörden sind verpflichtet, den für die Besteuerung des innergemeinschaftlichen Erwerbs neuer Fahrzeuge zuständigen Finanzbehörden ohne Ersuchen Folgendes mitzuteilen:
a)
bei neuen motorbetriebenen Landfahrzeugen die erstmalige Ausgabe von Zulassungsbescheinigungen Teil II oder die erstmalige Zuteilung eines amtlichen Kennzeichens bei zulassungsfreien Fahrzeugen. Gleichzeitig sind die in Nummer 2 Buchstabe a bezeichneten Daten und das zugeteilte amtliche Kennzeichen oder, wenn dieses noch nicht zugeteilt worden ist, die Nummer der Zulassungsbescheinigung Teil II zu übermitteln,
b)
bei neuen Luftfahrzeugen die erstmalige Registrierung dieser Luftfahrzeuge. Gleichzeitig sind die in Nummer 3 Buchstabe a bezeichneten Daten und das zugeteilte amtliche Kennzeichen zu übermitteln. Als Registrierung im Sinne dieser Vorschrift gilt nicht die Eintragung eines Luftfahrzeugs in das Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen.
2.
In den Fällen des innergemeinschaftlichen Erwerbs neuer motorbetriebener Landfahrzeuge (§ 1b Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 und Absatz 3 Nummer 1) gilt Folgendes:
a)
Bei der erstmaligen Ausgabe einer Zulassungsbescheinigung Teil II im Inland oder bei der erstmaligen Zuteilung eines amtlichen Kennzeichens für zulassungsfreie Fahrzeuge im Inland hat der Antragsteller die folgenden Angaben zur Übermittlung an die Finanzbehörden zu machen:
aa)
den Namen und die Anschrift des Antragstellers sowie das für ihn zuständige Finanzamt (§ 21 der Abgabenordnung),
bb)
den Namen und die Anschrift des Lieferers,
cc)
den Tag der Lieferung,
dd)
den Tag der ersten Inbetriebnahme,
ee)
den Kilometerstand am Tag der Lieferung,
ff)
die Fahrzeugart, den Fahrzeughersteller, den Fahrzeugtyp und die Fahrzeug-Identifizierungsnummer,
gg)
den Verwendungszweck.
Der Antragsteller ist zu den Angaben nach den Doppelbuchstaben aa und bb auch dann verpflichtet, wenn er nicht zu den in § 1a Absatz 1 Nummer 2 und § 1b Absatz 1 genannten Personen gehört oder wenn Zweifel daran bestehen, dass die Eigenschaften als neues Fahrzeug im Sinne des § 1b Absatz 3 Nummer 1 vorliegen. Die Zulassungsbehörde darf die Zulassungsbescheinigung Teil II oder bei zulassungsfreien Fahrzeugen, die nach § 4 Absatz 2 und 3 der Fahrzeug-Zulassungsverordnung ein amtliches Kennzeichen führen, die Zulassungsbescheinigung Teil I erst aushändigen, wenn der Antragsteller die vorstehenden Angaben gemacht hat.
b)
Ist die Steuer für den innergemeinschaftlichen Erwerb nicht entrichtet worden, hat die Zulassungsbehörde auf Antrag des Finanzamts die Zulassungsbescheinigung Teil I für ungültig zu erklären und das amtliche Kennzeichen zu entstempeln. Die Zulassungsbehörde trifft die hierzu erforderlichen Anordnungen durch schriftlichen Verwaltungsakt (Abmeldungsbescheid). Das Finanzamt kann die Abmeldung von Amts wegen auch selbst durchführen, wenn die Zulassungsbehörde das Verfahren noch nicht eingeleitet hat. Satz 2 gilt entsprechend. Das Finanzamt teilt die durchgeführte Abmeldung unverzüglich der Zulassungsbehörde mit und händigt dem Fahrzeughalter die vorgeschriebene Bescheinigung über die Abmeldung aus. Die Durchführung der Abmeldung von Amts wegen richtet sich nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz. Für Streitigkeiten über Abmeldungen von Amts wegen ist der Verwaltungsrechtsweg gegeben.
3.
In den Fällen des innergemeinschaftlichen Erwerbs neuer Luftfahrzeuge (§ 1b Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 und Abs. 3 Nr. 3) gilt Folgendes:
a)
Bei der erstmaligen Registrierung in der Luftfahrzeugrolle hat der Antragsteller die folgenden Angaben zur Übermittlung an die Finanzbehörden zu machen:
aa)
den Namen und die Anschrift des Antragstellers sowie das für ihn zuständige Finanzamt (§ 21 der Abgabenordnung),
bb)
den Namen und die Anschrift des Lieferers,
cc)
den Tag der Lieferung,
dd)
das Entgelt (Kaufpreis),
ee)
den Tag der ersten Inbetriebnahme,
ff)
die Starthöchstmasse,
gg)
die Zahl der bisherigen Betriebsstunden am Tag der Lieferung,
hh)
den Flugzeughersteller und den Flugzeugtyp,
ii)
den Verwendungszweck.
Der Antragsteller ist zu den Angaben nach Satz 1 Doppelbuchstabe aa und bb auch dann verpflichtet, wenn er nicht zu den in § 1a Abs. 1 Nr. 2 und § 1b Abs. 1 genannten Personen gehört oder wenn Zweifel daran bestehen, ob die Eigenschaften als neues Fahrzeug im Sinne des § 1b Abs. 3 Nr. 3 vorliegen. Das Luftfahrt-Bundesamt darf die Eintragung in der Luftfahrzeugrolle erst vornehmen, wenn der Antragsteller die vorstehenden Angaben gemacht hat.
b) Ist die Steuer für den innergemeinschaftlichen Erwerb nicht entrichtet worden, so hat das Luftfahrt-Bundesamt auf Antrag des Finanzamts die Betriebserlaubnis zu widerrufen. Es trifft die hierzu erforderlichen Anordnungen durch schriftlichen Verwaltungsakt (Abmeldungsbescheid). Die Durchführung der Abmeldung von Amts wegen richtet sich nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz. Für Streitigkeiten über Abmeldungen von Amts wegen ist der Verwaltungsrechtsweg gegeben.

(11) Die für die Steueraufsicht zuständigen Zolldienststellen wirken an der umsatzsteuerlichen Erfassung von Personenbeförderungen mit nicht im Inland zugelassenen Kraftomnibussen mit. Sie sind berechtigt, im Rahmen von zeitlich und örtlich begrenzten Kontrollen die nach ihrer äußeren Erscheinung nicht im Inland zugelassenen Kraftomnibusse anzuhalten und die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse festzustellen, die für die Umsatzsteuer maßgebend sind, und die festgestellten Daten den zuständigen Finanzbehörden zu übermitteln.

(12) Im Ausland ansässige Unternehmer (§ 13b Absatz 7), die grenzüberschreitende Personenbeförderungen mit nicht im Inland zugelassenen Kraftomnibussen durchführen, haben dies vor der erstmaligen Ausführung derartiger auf das Inland entfallender Umsätze (§ 3b Abs. 1 Satz 2) bei dem für die Umsatzbesteuerung zuständigen Finanzamt anzuzeigen, soweit diese Umsätze nicht der Beförderungseinzelbesteuerung (§ 16 Abs. 5) unterliegen. Das Finanzamt erteilt hierüber eine Bescheinigung. Die Bescheinigung ist während jeder Fahrt mitzuführen und auf Verlangen den für die Steueraufsicht zuständigen Zolldienststellen vorzulegen. Bei Nichtvorlage der Bescheinigung können diese Zolldienststellen eine Sicherheitsleistung nach den abgabenrechtlichen Vorschriften in Höhe der für die einzelne Beförderungsleistung voraussichtlich zu entrichtenden Steuer verlangen. Die entrichtete Sicherheitsleistung ist auf die nach Absatz 3 Satz 1 zu entrichtende Steuer anzurechnen.

Eine Steueranmeldung steht einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleich. Führt die Steueranmeldung zu einer Herabsetzung der bisher zu entrichtenden Steuer oder zu einer Steuervergütung, so gilt Satz 1 erst, wenn die Finanzbehörde zustimmt. Die Zustimmung bedarf keiner Form.

(1) Als Gehilfe wird bestraft, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat.

(2) Die Strafe für den Gehilfen richtet sich nach der Strafdrohung für den Täter. Sie ist nach § 49 Abs. 1 zu mildern.