Bundesgerichtshof Urteil, 18. Dez. 2019 - 2 StR 331/19

bei uns veröffentlicht am18.12.2019
vorgehend
Landgericht Darmstadt, 900, Js 6194/17

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 331/19
vom
18. Dezember 2019
in der Strafsache
gegen
wegen bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge
ECLI:DE:BGH:2019:181219U2STR331.19.0

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 18. Dezember 2019, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Dr. Franke,
die Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Eschelbach, Meyberg, Dr. Grube, Schmidt,
Richter am Amtsgericht als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt – in der Verhandlung –, Rechtsanwalt als Verteidiger,
Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Darmstadt vom 25. Februar 2019 im Maßregelausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen bandenmäßigem unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in elf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwölf Jahren verurteilt. Zudem hat es seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) bei einem Vorwegvollzug der Strafe im Umfang von vier Jahren angeordnet und mehrere Einziehungsentscheidungen getroffen. Die Staatsanwaltschaft wendet sich mit ihrer auf die Rüge der Verletzung sachlichen Rechts gestützten Revision ausschließlich gegen die Anordnung der Maßregel. Das vom Generalbundesanwalt vertretene Rechtsmittel hat Erfolg.

I.

2
Nach den Feststellungen des Landgerichts leitete der von Cannabinoiden und Kokain abhängige Angeklagte gemeinsam mit seinem Bruder einen internationalen Handel mit Heroin, Kokain, Amphetamin und Marihuana in erheblichem Umfang. Während der Angeklagte den Vertrieb an die Abnehmer in Deutschland organisierte, übernahm sein Bruder die Beschaffung der Drogen in den Niederlanden. Für den Handel nutzte der Angeklagte mehrere Bunker und speziell präparierte Beschaffungsfahrzeuge mit eingebauten Drogenverstecken. Zudem band er ab dem Jahr 2016 weitere Mittäter in den Vertrieb ein. Biszu seiner Festnahme blieb der Angeklagte der unangefochtene Chef der Gruppierung. Vor diesem Hintergrund hat die Strafkammer elf Einzeltaten des unerlaubten Handeltreibens mit den oben genannten Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge festgestellt.
3
Die Strafkammer hat, sachverständig beraten, die Abhängigkeit des Angeklagten von Cannabinoiden und Kokain (ICD 10 F19.2) als Hang im Sinne des § 64 StGB bewertet, berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen. Sie hat gesehen, dass der Angeklagte den von ihm methodisch ausgebauten und durchgängig kontrollierten Betäubungsmittelhandel dominierte und dieser maßgeblich auf schnellen Gewinn ausgerichtet war. Im Hinblick auf den erforderlichen symptomatischen Zusammenhang zwischen dem Hang zum übermäßigen Drogenkonsum und den abgeurteilten Straftaten vermochte die Strafkammer „nicht auszuschließen, dass der Hang des Angeklagten jedenfalls eine – wenn auch untergeordnete – Rolle bei der Begehung der verfahrensge- genständlichen Taten gespielt“ habe.Es lasse sich „auch nicht ausschließen, dass der Angeklagte in unbehandeltem Zustand weitere erhebliche Straftaten im Bereich der Beschaffungskriminalität begehen“ werde. Sie hat ferner eine hinreichende Erfolgsaussicht der Behandlung angenommen und die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt angeordnet.

II.

4
Die Revision der Staatsanwaltschaft hat Erfolg.
5
1. Das Rechtsmittel ist wirksam auf die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt gemäß § 64 StGB beschränkt. Über diese kann unabhängig vom Schuld- und Strafausspruch entschieden werden. Insbesondere hat das Landgericht keine Verknüpfung zwischen der Strafe und der Maßregelentscheidung hergestellt (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteil vom 28. Mai 2018 – 1 StR 51/18, juris Rn. 7 mwN).
6
2. Die Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand. Dabei kann offenbleiben, ob die Annahme eines im Urteilszeitpunkt vorhandenen Hangs (vgl. hierzu Senat, Beschluss vom 19. Februar 2019 – 2 StR 599/18, juris Rn. 15) des Angeklagten, berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, bereits deshalb rechtsfehlerhaft ist, weil die Strafkammer sich lediglich „den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen“ angeschlossen hat, ohne diese, bezogen auf den Urteilszeitpunkt , zu schildern und sich die im Urteil dargestellte Diagnose eines Abhängigkeitssyndroms lediglich auf die Frage einer verminderten Schuldfähigkeit, mithin auf den Tatzeitpunkt bezog. Denn jedenfalls belegen die Feststellungen und Wertungen des Landgerichts den erforderlichen symptomatischen Zusammenhang zwischen den Taten des Angeklagten und dessen Hang zu einem übermäßigen Betäubungsmittelkonsum nicht.
7

a) Ein symptomatischer Zusammenhang liegt vor, wenn der Hang alleine oder zusammen mit anderen Umständen dazu beigetragen hat, dass der Täter eine erhebliche rechtswidrige Tat begangen hat und dies bei unverändertem Verhalten auch für die Zukunft zu erwarten ist (BGH, Beschlüsse vom 6. November 2013 – 5 StR 432/13, juris Rn. 7; vom 25. November 2015 – 1 StR 379/15, juris Rn. 8); mithin die konkrete Tat in dem Hang ihre Wurzel findet (vgl. BGH, Beschluss vom 28. August 2013 – 4 StR 277/13, NStZ-RR 2014, 75). Die hangbedingte Gefährlichkeit muss sich in der konkreten Tat äußern (vgl. BGH, Beschlüsse vom 10. November 2015 – 1 StR 482/15, NStZ-RR 2016, 113 f.; vom 20. September 2017 – 1 StR 348/17, juris Rn. 11; Urteil vom 7. Dezember 2017 – 1 StR 320/17, juris Rn. 42). Dabei ist nicht erforderlich, dass der Hang die alleinige Ursache für die Anlasstaten ist. Vielmehr ist ein symptomatischer Zusammenhang auch dann zu bejahen, wenn der Hang neben anderen Umständen mit dazu beigetragen hat, dass der Angeklagte erhebliche rechtswidrige Taten begangen hat, und dies bei einem unveränderten Suchtverhalten auch für die Zukunft zu besorgen ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom 30. September 2003 - 4 StR 382/03, juris Rn. 5; vom 25. Oktober 2011 – 4 StR 416/11, juris Rn. 3; vom 25. Mai 2011 – 4 StR 24/11, juris Rn. 14; vom 21. August 2012 – 4 StR 311/12, juris Rn. 8).
8
Ein solcher Zusammenhang ist typischerweise gegeben, wenn die Straftat unmittelbar oder mittelbar über den Erlös aus der Verwertung der Beute auch der Beschaffung von Drogen für den Eigenkonsum gedient hat (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Juni 2018 – 1 StR 132/18, juris Rn. 7 mwN). Bei Taten, die nicht auf die Erlangung von Rauschmitteln selbst oder von Geld zu deren Beschaffung abzielen, bedarf die Annahme eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen Hang und Anlasstat besonderer hierfür sprechender Umstände (vgl. BGH, Beschlüsse vom 12. März 2014 – 4 StR 572/13, juris Rn. 4; vom 3. März 2016 – 4 StR 586/15, NStZ-RR 2016, 173). Ein solcher Zusammenhang fehlt, wenn die Taten allein zur Finanzierung des allgemeinen Lebensbedarfs oder zur Gewinnerzielung bestimmt waren (BGH, Beschluss vom 3. März 2016 – 4 StR 586/15, aaO). Bei einem Rauschgifthändler, dem es alleine darum geht, erworbene Betäubungsmittel mit Gewinn zu verkaufen, fehlt der symptomatische Zusammenhang regelmäßig auch dann, wenn er gelegentlich auch selbst Suchtmittel konsumiert (vgl. BGH, Beschluss vom 10. November 2015 – 1 StR 482/15, NStZ-RR 2016, 113, 114; vom 3. März 2016 – 4 StR 586/15, aaO; vgl. auch Dannhorn in NStZ 2012, 414, 416; SSW-StGB/Kaspar, 4. Aufl., § 64 Rn.

27).

9
b) Diesen Maßstäben werden die Urteilsgründe nicht gerecht.
10
(1) Die Wertung der Strafkammer, es könne nicht ausgeschlossen werden , dass der Hang des Angeklagten jedenfalls auch eine – wenn auch untergeordnete – Rolle bei der Begehung der verfahrensgegenständlichen Taten gespielt habe, belegt den notwendigen symptomatischen Zusammenhang nicht. Denn für eine Anordnung der Unterbringung nach § 64 StGB, bei der es sich um eine den Angeklagten beschwerende Maßregel handelt (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Juni 1991 – 4 StR 105/91, BGHSt 38, 4, 7), müssen der symptomatische Zusammenhang ebenso wie die weiteren tatbestandlichen Voraussetzungen des § 64 StGB sicher feststehen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 12. März 2014 – 4 StR 572/13, juris Rn. 4; vom 25. September 2018 – 3 StR 621/17, juris Rn. 10, jeweils mwN).
11
(2) Zudem belegen die Urteilsgründe nicht, dass die Betäubungsmittelabhängigkeit des Angeklagten für die verfahrensgegenständlichen Taten mitursächlich war. Die Taten des Angeklagten lassen sich angesichts ihrer Größenordnung , ihres hohen Organisationsgrades und der zu Tage getretenen Raffinesse nicht als Beschaffungsdelikte charakterisieren, die auf die Befriedigung der Sucht zielten. Für eine Hangtat sprechende Anhaltspunkte zeigen die Urteilsgründe nicht auf. Vielmehr spricht der methodisch ausgebaute und durchgängig kontrollierte Betäubungsmittelhandel des Angeklagten, der maßgeblich auf den schnellen Gewinn zielte, gegen einen symptomatischen Zusammenhang (vgl. BGH, Beschluss vom 10. November 2015 – 1 StR 482/15, aaO; Beschluss vom 3. März 2016 – 4 StR 586/15, aaO; Senat, Urteil vom 17. November 2010 – 2 StR 356/10, juris Rn. 8).
12
(3) Gegen einen symptomatischen Zusammenhang könnten zudem weitere Umstände sprechen, die das Landgericht nicht in den Blick genommen hat. So versorgte der Angeklagte seine Mittäter in regelmäßigen Abständen mit Heroin , um sie in Abhängigkeit zu halten, während sein Bruder die Rolle des „Schatzmeisters“innehatte, die durch den Handel erzielten Erlöse bei ihm abholte und in die Niederlande zurückbrachte. Der Angeklagte wohnte − nach den Urteilsfeststellungen – zur Tatzeit bei einem Freund in den Niederlanden, der stets über Geld und Drogen verfügte und an dessen nie versiegendem Drogenvorrat sich der Angeklagte aufgrund dessen Freigiebigkeit stets bedienen konnte. Sein Betäubungsmittelhandel war in großem Stil und mit einer möglichst breiten Produktpalette – nämlich Heroin, Kokain, Amphetamin und Marihuana – angelegt, sodass er in erheblichem Umfang Drogen handelte, die er selbst nicht konsumierte. Alle drei Gesichtspunkte sprechen indiziell gegen einen symptomatischen Zusammenhang zwischen dem Hang des Angeklagten und den festgestellten Anlasstaten.
13
3. Der Rechtsfehler bedingt die Aufhebung der Maßregel. Über die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt ist erneut zu befinden. Sollte der nunmehr zur Entscheidung berufene Tatrichter sowohl einen fortbestehenden Hang des Angeklagten zum übermäßigen Drogenkonsum als auch den erforderlichen symptomatischen Zusammenhang zu den Anlasstaten feststellen , wird er bei der Gefahrprognose zu beachten haben, dass es nicht aus- reicht, „nicht auszuschließen, dass von dem Angeklagten künftig in nicht be- handeltem Zustand weiterhin erhebliche Straftaten zu erwarten sind“. Die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt erfordert nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die „begründete“ Wahrscheinlichkeit der Begehung weiterer erheblicher – hangbedingter − Straftaten (vgl. BGH, Urteil vom 22. November 2018 – 4 StR 356/18, juris Rn. 10 mwN).
Franke Eschelbach Meyberg Grube Schmidt

Vorinstanz:
Darmstadt, LG, 25.02.2019 - 900 Js 6194/17 1 KLs Ss 221/19

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Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.

7
1. Das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft ist wirksam auf die Anordnung der Maßregel beschränkt. Über diese kann unabhängig vom Schuld- und Strafausspruch entschieden werden. Insbesondere hat das Landgericht keine Verknüpfung zwischen der Strafe und der Maßregelentscheidung hergestellt (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 10. November 2015 – 1 StR 482/15 Rn. 12 [insoweit nicht abgedruckt in NStZ-RR 2016, 113 f.] mwN), was rechtlich regelmäßig auch nicht tragfähig wäre (vgl. BGH, Urteile vom 15. März 2016 – 1 StR 526/15 Rn. 28 [insoweit nicht abgedruckt in StV 2017, 29] und vom 5. Dezember 2017 – 1 StR 416/17, NStZ 2018, 206).
15
2. Die Maßregelanordnung gemäß § 64 StGB ist ebenfalls nicht rechtsfehlerfrei begründet worden. Dabei kann offenbleiben, ob die Feststellung eines im Urteilszeitpunkt vorhandenen Hangs des Angeklagten zum Konsum berauschender Mittel im Übermaß rechtsfehlerhaft ist. Jedenfalls ist die Prognose einer konkreten Aussicht auf einen Therapieerfolg im Sinne von § 64 Satz 2 StGB rechtlich zu beanstanden.
5 StR 432/13

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 6. November 2013
in der Strafsache
gegen
wegen räuberischer Erpressung
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 6. November 2013

beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Chemnitz vom 30. Mai 2013, soweit es ihn betrifft, nach § 349 Abs. 4 StPO im Rechtsfolgenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine allgemeine Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen räuberischer Erpressung unter Einbeziehung mehrerer Strafen aus früheren Verurteilungen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung sachlichen und formellen Rechts. Das Rechtsmittel hat auf die Sachrüge den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
2
Die Ablehnung einer Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
3
Die Voraussetzungen für eine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt hat das Landgericht ohne sachverständige Hilfe und ohne weitergehende Begründung verneint, weil es keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür festzustellen vermochte, dass die abgeurteilte räuberische Erpressung auf einen Hang im Sinne des § 64 StGB zurückzuführen sei. Soweit das Landgericht damit der festgestellten Tat wohl den notwendigen Symptomcharakter abgesprochen und dabei den Konsum von Alkohol hier lediglich als konstellativen Faktor bei der Tatbegehung bewertet hat, lassen diese knappen Ausführungen besorgen, dass es bei seiner Bewertung von einem zu engen und deshalb rechtsfehlerhaften Verständnis des für die Unterbringungsanordnung erforderlichen symptomatischen Zusammenhangs zwischen der abgeurteilten Tat und einem Hang im Sinne des § 64 StGB ausgegangen ist.
4
Nach ständiger Rechtsprechung ist ein symptomatischer Zusammenhang zu bejahen, wenn der Hang allein oder zusammen mit anderen Umständen dazu beigetragen hat, dass der Täter eine erhebliche rechtswidrige Tat begangen hat, und dies bei unverändertem Verhalten auch für die Zukunft zu besorgen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 25. Mai 2011 – 4 StR 27/11, NStZ-RR 2011, 309 mwN). Dies liegt hier sehr nahe: Nach den Feststellungen des Landgerichts konsumiert der zur Tatzeit 21 Jahre alte Angeklagte, für den eine Betreuung eingerichtet ist, seit seinem 14. Lebensjahr Alkohol. Wegen seines Alkoholproblems, das schon zu Zeiten früherer Straftaten erkennbar war, beabsichtigt er im Einvernehmen mit seiner Betreuerin eine Therapie. Der Angeklagte beging die verfahrensgegenständliche Tat, nachdem er gemeinsam mit dem Mittäter und einem Bekannten ab mittags bis zur Tatzeit nachts gegen 2.00 Uhr zwei Kästen Bier und eine unbekannte Anzahl von Schnapsflaschen ausgetrunken hatte. Im Hinblick auf seine Alkoholisierung zur Tatzeit hat das Landgericht bei dem Angeklagten eine erhebliche Verminderung seiner Steuerungsfähigkeit (§ 21 StGB) auch nicht ausgeschlossen. Diese Feststellungen zu seinem „zeitweise übermäßigen Genuss von Alkohol“, derentwegen das Landgericht dem Angeklagten auch keine positive Legalprognose gestellt hat, drängten zu einer eingehenderen Prü- fung der Voraussetzungen nach § 64 StGB unter Hinzuziehung eines Sachverständigen (§ 246a StPO).
5
Über die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt muss deshalb neu verhandelt und entschieden werden. Dies führt hier auch zur Aufhebung des Strafausspruchs. Obgleich die erkannten Strafen für sich nicht überhöht erscheinen, kann der Senat nicht ausschließen , dass das Landgericht bei Anordnung der Unterbringung auf eine niedrigere Einzelstrafe oder eine geringere Gesamtfreiheitsstrafe erkannt hätte. Auf diese Weise wird ferner eine sachgerechte Abstimmung von Maßregel und Strafe ermöglicht. Dabei wird über die Frage der Aussetzung der Vollstreckung der Strafe – und gegebenenfalls der Maßregel – zur Bewährung neu zu entscheiden sein (§§ 56, 67b; vgl. ferner § 56c Abs. 3 StGB), die aber nach den bisherigen Feststellungen nicht naheliegt.
6
Da sich das Verfahren nur noch gegen einen Erwachsenen richtet, weist der Senat die Sache an eine allgemeine Strafkammer des Landgerichts zurück.
Basdorf Sander König Berger Bellay
8
Ein symptomatischer Zusammenhang liegt vor, wenn der Hang allein oder zusammen mit anderen Umständen dazu beigetragen hat, dass der Täter eine erhebliche rechtswidrige Tat begangen hat und dies bei unverändertem Verhalten auch für die Zukunft zu erwarten ist (BGH, Beschlüsse vom 6. No- vember 2013 – 5 StR 432/13 und vom 25. Mai 2011 – 4 StR 27/11, NStZ-RR 2011, 309), mithin die konkrete Tat in dem Hang ihre Wurzel findet (vgl. BGH, Beschluss vom 28. August 2013 – 4 StR 277/13, NStZ-RR 2014, 75). Dieser Zusammenhang liegt bei Delikten, die begangen werden, um Rauschmittel selbst oder Geld für ihre Beschaffung zu erlangen, nahe (BGH, Urteil vom 18. Februar 1997 – 1 StR 693/96, BGHR StGB § 64 Abs. 1 Rausch 1; Beschluss vom 28. August 2013 – 4 StR 277/13, NStZ-RR 2014, 75). Das mag zwar im Einzelfall dennoch auszuschließen sein (vgl. BGH, Beschluss vom 6. November 2003 – 1 StR 406/03, NStZ-RR 2004, 39), hier hat das Landgericht hingegen mehrmals im Urteil dargelegt, dass der Hang des Angeklagten die Wurzel zu seiner Straffälligkeit bildet.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 277/13
vom
28. August 2013
in der Strafsache
gegen
wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 28. August 2013 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 7. Februar 2013 wird mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt entfällt. 2. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen. Jedoch wird die Gebühr für das Rechtsmittelverfahren um die Hälfte ermäßigt. Die Staatskasse hat die Hälfte der insoweit entstandenen Auslagen sowie der notwendigen Auslagen des Angeklagten zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in drei Fällen unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus dem Berufungsurteil des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 27. März 2012 und Auflösung der dort gebildeten Gesamtstrafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt. Vom Vorwurf der Vergewaltigung hat es ihn freigesprochen. Weiterhin hat es die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Die Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt hält einer rechtlichen Prüfung schon deshalb nicht stand, weil ein symptomatischer Zusammenhang zwischen dem Hang des Angeklagten, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und den Anlasstaten nicht belegt ist.
3
a) Die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt setzt gemäß § 64 Satz 1 StGB – neben dem Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen – voraus, dass die Anlasstat im Rausch begangen wurde oder – zumindest mitursächlich – auf den Hang zurückgeht, wobei die erste dieser Alternativen ein Unterfall der zweiten Alternative ist (BGH, Urteil vom 18. Februar 1997 – 1 StR 693/96, NStZ 1998, 130 mwN). Die konkrete Tat muss in dem Hang ihre Wurzel finden, also Symptomwert für den Hang des Täters zum Missbrauch von Alkohol oder anderen berauschenden Mitteln haben (BGH, Urteil vom 11. September 1990 – 1 StR 293/90, NStZ 1991, 128).
4
Eine Tatbegehung „im Rausch“ hat das Landgericht nicht festgestellt, sondern lediglich, dass der Angeklagte im Jahr 2011, in dem die verfahrensgegenständlichen Taten begangen wurden, generell Amphetamin und gelegentlich Marihuana konsumierte (UA S. 5, 16).
5
Anhaltspunkte dafür, dass die Taten, obwohl nicht im Rausch begangen, doch auf einen Hang zum Alkohol- oder Drogenmissbrauch zurückgingen, bestehen nicht. Typisch sind hierfür Delikte, die begangen werden, um Rauschmit- tel selbst oder Geld für ihre Beschaffung zu erlangen (BGH, Urteil vom 18. Februar 1997 – 1 StR 693/96 aaO). Derartige Delikte liegen hier nicht vor. Andere Delikte kommen als Hangtaten nur dann in Betracht, wenn besondere Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sie gerade in dem Hang ihre Wurzeln finden, sich darin die hangbedingte besondere Gefährlichkeit des Täters zeigt (BGH, Urteil vom 18. Februar 1997 – 1 StR 693/96 aaO). Solche Anhaltspunkte sind hier nicht ersichtlich. Der Angeklagte hat die Fahrten ohne Fahrerlaubnis jeweils aus Anlass seiner Beziehung zu einer Frau unternommen, ohne dass seine Betäubungsmittelabhängigkeit eine erkennbare Rolle gespielt hätte.
6
Soweit das Landgericht in Übereinstimmung mit dem Sachverständigen angenommen hat, die Taten seien auf den Hang zurückzuführen, weil „bei dem Angeklagten durch den jahrelangen übermäßigen Betäubungsmittelkonsum bereits eine deutliche und dauernde Verantwortungslosigkeit unter Missachtung sozialer Normen, Regeln und Verpflichtungen eingetreten“ (UA S. 18) sei, kann dem nicht gefolgt werden. Auch damit ist ein ursächlicher Zusammenhang zwi- schen den Taten und dem Hang nicht dargetan (vgl. zur „Enthemmung“ BGH, Urteil vom 20. September 2011 – 1 StR 120/11, NStZ-RR 2012, 72, 74 f.). Die Urteilsfeststellungen enthalten keinen Beleg dafür, dass der Angeklagte die ausgeurteilten Taten wegen einer aufgrund jahrelangen Betäubungsmittelkonsums herabgesetzten Hemmschwelle begangen hat. Dagegen spricht, dass er bereits seit 2004 mit Straftaten in Erscheinung getreten ist, seine Straffälligkeit also zu einer Zeit einsetzte, als er mit dem Konsum von Betäubungsmitteln gerade begonnen hatte.
7
b) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem rechtskräftigen Berufungsurteil des Landgerichts Frankenthal vom 27. März 2012, das vier der Beschaffungskriminalität zuzuordnende Taten des (in einem Fall versuchten) Diebstahls zum Gegenstand hatte. Im Rahmen einer nachträglichen Gesamtstrafenbildung gemäß § 55 StGB kann das Gericht zwar erstmals auf eine Maßregel erkennen, wenn sich entweder aufgrund der neu abzuurteilenden Tat allein oder in Verbindung mit der schon abgeurteilten Tat die Erforderlichkeit der Maßregel ergibt (vgl. BGH, Urteil vom 16. Dezember 1954 – 3 StR 189/54, BGHSt 7, 180, 182; Rissing-van Saan in LK-StGB, 12. Aufl., § 55 Rn. 53; Stree/Sternberg-Lieben in Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl., § 55 Rn. 55; Bringewat, Die Bildung der Gesamtstrafe, 1987, Rn. 305). Die erstmalige Verhängung der Maßregel kann aber nicht allein mit dem Symptomcharakter der bereits rechtskräftig abgeurteilten Taten begründet werden. Diese bilden deshalb im vorliegenden Verfahren keine Grundlage für die Anordnung der Maßregel gemäß § 64 StGB.
8
2. Der Senat kann sicher ausschließen, dass eine neue Verhandlung Feststellungen ergeben könnte, die eine Unterbringungsanordnung rechtfertigen würden. Daher ist in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO auf den Wegfall der Maßregel zu erkennen (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 56. Aufl., § 354 Rn. 26f).
9
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 4 Satz 1 StPO. Im vorliegenden Fall ist durch den Wegfall der Anordnung gemäß § 64 StGB das Gewicht des Rechtsfolgenausspruchs so gemindert, dass es unbillig wäre, dem Angeklagten die gesamten Rechtsmittelkosten aufzubürden. Angemessen ist es vielmehr, die Hälfte der Rechtsmittelkosten der Staatskasse aufzuerlegen und die Revisionsgebühr um die Hälfte zu ermäßigen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 21. Oktober 1986 – 4 StR 553/86, BGHR StPO § 473 Abs. 4 Quotelung 1; vom 11. Februar 1983 – 3 StR 484/82 (S)).
Sost-Scheible Roggenbuck Franke
Mutzbauer Quentin

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 482/15
vom
10. November 2015
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 10. November 2015 gemäß
§ 349 Abs. 4 StPO beschlossen:
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Regensburg vom 24. Februar 2015 dahin abgeändert , dass die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt entfällt. Die Staatskasse hat die Kosten der Revision und die dem Angeklagten im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und zehn Monaten verurteilt und seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt sowie Wertersatzverfall angeordnet.
2
Die auf die ausgeführte Sachrüge gestützte, vom Generalbundesanwalt vertretene Revision der Staatsanwaltschaft zu Gunsten des Angeklagten wendet sich allein gegen den Maßregelausspruch. Das Rechtsmittel ist begründet und führt zum Wegfall der Maßregel (§ 349 Abs. 4 StPO).
3
1. Das Landgericht hat, soweit für die Maßregelfrage relevant, im Wesentlichen die folgenden Feststellungen und Wertungen getroffen:
4
a) Der 37-jährige Angeklagte konsumiert seit dem 14. Lebensjahr Cannabis , seit dem 16. Lebensjahr Kokain, LSD und Ecstasy sowie seit dem 17. Lebensjahr Heroin, zunächst intravenös, anschließend nur noch nasal, und ist in diesem Zusammenhang vielfach mit Betäubungsmitteldelikten strafrechtlich in Erscheinung getreten. Vom 24. Oktober 2001 bis zum 25. März 2002 war er erstmals in einer Entziehungsanstalt untergebracht. Die weitere Vollstreckung des Strafrests und der Unterbringung wurde im Dezember 2003 zur Bewährung ausgesetzt. Die Aussetzung des Strafrests wurde mit Beschluss vom 17. Dezember 2005 widerrufen und zugleich die Erledigung der angeordneten Unterbringung festgestellt. Vom 29. September 2005 bis zum 25. Oktober 2005 war der Angeklagte aufgrund eines Urteils vom 29. September 2005 erneut in einer Entziehungsanstalt untergebracht. Nach Vollstreckung des Rests einer Freiheitsstrafe wurde die Unterbringung von Dezember 2005 bis zum 13. Februar 2006 weiter vollzogen. Anschließend verbüßte der Angeklagte den achtmonatigen Rest einer Freiheitsstrafe. Im September 2006 wurde die weitere Vollstreckung der Unterbringung bis Oktober 2008 zurückgestellt. Die Zurückstellung wurde im Januar 2008 widerrufen und die Unterbringung in der Entziehungsanstalt vom 20. Februar 2008 bis 30. Juni 2010 weiter vollzogen. Mit Beschluss vom 22. Juni 2010 wurde der weitere Vollzug zur Bewährung ausgesetzt. In den Jahren 2004, 2005 und 2007 hielt sich der Angeklagte viermal stationär oder teilstationär zur Entgiftung und Entwöhnung in einer Entziehungsanstalt auf.
5
Vom 1. Juli 2010 bis zum 28. Februar 2014 erfolgte in der forensischpsychiatrischen Ambulanz der Entziehungsanstalt eine ambulante Nachsorgebehandlung. Anfang 2010 zog der Angeklagte mit seiner Lebensgefährtin zusammen und begann eine Ausbildung zum Sport- und Fitnesskaufmann. Er arbeitete in einem Fitnessstudio und schloss diese Ausbildung Anfang 2012 erfolgreich ab. Bereits zuvor war ihm von seinem Arbeitgeber bei einem monat- lichen Verdienst von etwa 1300 € netto die Leitung des Fitnessstudios übertra- gen worden.
6
Im November 2011 begab sich der Angeklagte wegen einer akuten Erkrankung an Hepatitis B mit drohendem Leberversagen - bereits einige Jahre zuvor war er an chronischer Hepatitis C erkrankt - in ein Krankenhaus und wurde dort bis Anfang 2012 stationär behandelt. In dieser Zeit wurde er mit Heroin und Subutex rückfällig, nachdem es seit Dezember 2008 keine Rückfälle mehr gegeben hatte. Für beide Erkrankungen an Hepatitis war die ursprünglich intravenöse Art des Heroinkonsums ursächlich. Anfang 2012 wurde er aus dem Krankenhaus entlassen und in verschiedenen Entziehungsanstalten mehrfach substitutionsbehandelt. Im Sommer 2013 reiste der Angeklagte in die Ukraine und ließ sich dort einen Opiatblocker implantieren, der die durch Opiate verursachten Wirkungen für die Dauer von etwa sechs Monaten aufhebt, wodurch der Patient zum Unterlassen des nun wirkungslosen Opiatkonsums motiviert werden soll. Der Angeklagte konsumierte, nachdem er am 15. April 2014 in Untersuchungshaft genommen worden war, in der Justizvollzugsanstalt weiterhin Heroin.
7
Während seiner Ausbildung zum Sport- und Fitnesskaufmann verkaufte der Angeklagte am 17. Dezember 2010 aus einer Menge von mindestens einem Kilogramm Heroin 40 g und erhielt hierfür vom Käufer 1000 € in bar. Am 1. Februar 2011 verkaufte er daraus an denselben Käufer 100 g Heroin zum Preis von 1800 €. Der Angeklagte handelte in beiden Fällen in Gewinnerzie- lungsabsicht. Das Heroin hatte der Angeklagte von einem unbekannten Lieferanten aus dem westdeutschen Raum erworben.
8
b) Die Strafkammer hat einen Hang im Sinne des § 64 Satz 1 StGB bejaht. Der Angeklagte habe bereits zur Tatzeit an den gesundheitlichen Folgen seines langjährigen Heroinkonsums in Form einer chronischen Erkrankung an Hepatitis C gelitten und sei hierdurch sozial gefährdet gewesen. Bei einem langjährigen Konsum von Heroin, einem Rauschgift mit sehr großem „Abhängigkeitspotenzial“ , und der wiederholten Rückfälligkeit des Angeklagtenin der Vergangenheit könne das Fortbestehen eines Hangs nicht deswegen verneint werden, weil der Lebensweg des Angeklagten „Intervalle der Abstinenz“ auf- weise.
9
Damit ist die Kammer vom Gutachten des Sachverständigen abgewichen. Dieser hatte für den Zeitraum vor der zum 30. Juni 2010 beendeten stationären Unterbringung und dann erneut ab Ende November 2011 eine körperliche und psychische Opiatabhängigkeit diagnostiziert, nicht aber für den Tatzeitraum , in welchem der Angeklagte seit mehr als zwei Jahren abstinent war. Das Fehlen eines Hangs hatte der Sachverständige damit begründet, dass für den Tatzeitraum keine erhebliche Beeinträchtigung des psychosozialen Funktionsniveaus zweifelsfrei festzustellen sei.
10
Die Strafkammer hat auch den symptomatischen Zusammenhang zwischen dem Hang zu übermäßigem Rauschmittelkonsum und der begangenen Tat bejaht und ist auch hier vom Gutachten des Sachverständigen abgewichen. Der Sachverständige hatte ausgeführt, dass bei einem erst Ende 2011 erfolgten Rückfall anzunehmen sei, dass der Angeklagte die Tat nicht begangen hat, um sich Drogen und finanzielle Mittel für den Eigenkonsum zu beschaffen, sondern aus anderen Motiven, zum Beispiel aus Gewinnerzielungsabsicht. Schließlich sei das erworbene Heroin zum Weiterverkauf und nicht zum Eigenkonsum des Angeklagten bestimmt gewesen. Dagegen begründet die Kammer den symptomatischen Zusammenhang mit der Überlegung, dass der Angeklag- te, der seine Heroinlieferanten dem Gericht nicht genannt hatte, „ohne Zweifel seine Kenntnisse und Kontakte zu seinen früheren Lieferquellen nutzte, um sich auch dieses Kilogramm Heroin zu beschaffen“.
11
Die Strafkammer hat eine hinreichend konkrete Erfolgsaussicht (§ 64 Satz 2 StGB) einer erneuten und damit der dritten Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angenommen und ist der Auffassung des Sachverständigen auch in diesem Punkt nicht gefolgt. Der Sachverständige hatte dargelegt, beim Angeklagten fehle trotz dessen ausdrücklicher Erklärung, therapiebereit zu sein, eine hinreichend konkrete Erfolgsaussicht. Er habe sehr früh mit dem Rauschmittelkonsum und der Delinquenz begonnen, habe verschiedene Suchtmittel gebraucht und einen verfestigten langjährigen Heroinkonsum; er habe mehrere Therapien erfolglos absolviert und bereits zwei Unterbringungen im Maßregelvollzug durchlaufen; er sei mit dem kriminellen Milieu verflochten, habe lange Zeiten der Freiheitsentziehung hinter sich, weise eine verminderte Frustrationstoleranz und gewisse dissoziale Persönlichkeitszüge auf und habe in der Justizvollzugsanstalt weiter Heroin konsumiert. Die positiv zu bewertenden Faktoren wie abgeschlossene Schul- und Berufsausbildung, familiäre Bindungen , Erfahrungen in der Erwerbstätigkeit, Selbstentzug mit längerer Abstinenzphase hätten alle auch bereits zur Tatzeit vorgelegen.
12
2. Die Beschränkung des Rechtsmittels ist wirksam. Anhaltspunkte dafür , dass die Strafe von der Maßregelanordnung beeinflusst sein könnte, ergeben sich aus den Urteilsgründen nicht (vgl. hierzu BGH, Urteile vom 7. Oktober 1992 – 2 StR 374/92, BGHSt 38, 362, 364 f. und vom 31. Juli 2013 – 2 StR 620/12).
13
3. Die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) hält revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand. Die Feststellungen tragen die Annahme des Landgerichts nicht, beim Angeklagten sei ein Hang gegeben, die abgeurteilte Tat habe Symptomwert für den Hang (§ 64 Satz 1 StGB) und es bestehe eine hinreichend konkrete Aussicht, den Angeklagten durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt zumindest eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in seinen Hang zu bewahren und von der Begehung auf seinen Hang zurückgehender erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten (§ 64 Satz 2 StGB).
14
a) Für einen Hang ist nach ständiger Rechtsprechung ausreichend eine eingewurzelte, auf psychische Disposition zurückgehende oder durch Übung erworbene Neigung, immer wieder Rauschmittel zu konsumieren, wobei diese Neigung noch nicht den Grad einer physischen Abhängigkeit erreicht haben muss. Ein übermäßiger Genuss von Rauschmitteln ist jedenfalls dann gegeben, wenn der Betroffene auf Grund seiner psychischen Abhängigkeit sozial gefährdet oder gefährlich erscheint (st. Rspr.; vgl. Beschlüsse vom 6. September 2007 – 4 StR 318/07, NStZ-RR 2008, 8; vom 1. April 2008 – 4 StR 56/08, NStZ-RR 2008, 198, 199; vom 12. April 2012 – 5 StR 87/12, NStZ-RR 2012, 271; vom 21. August 2012 – 4 StR 311/12 und vom 30. Juli 2013 – 2 StR 174/13). Nicht erforderlich ist, dass beim Täter bereits eine Persönlichkeitsdepravation eingetreten ist (BGH, Beschluss vom 6. September 2007 – 4 StR 318/07, NStZ-RR 2008, 8). Dem Umstand, dass durch den Rauschmittelkonsum die Gesundheit sowie die Arbeits- und Leistungsfähigkeit des Betroffenen beeinträchtigt sind, kommt nur eine indizielle Bedeutung zu. Das Fehlen solcher Beeinträchtigungen schließt nicht notwendigerweise die Bejahung eines Hangs aus (BGH, Beschluss vom 1. April 2008 – 4 StR 56/08, NStZ-RR 2008, 198).
15
Die von der Strafkammer für das Vorliegen eines Hangs angeführte Erkrankung an Hepatitis C zur Tatzeit begründet für sich gesehen keine soziale Gefährdung des Angeklagten, sondern lediglich die Behandlungsbedürftigkeit der Erkrankung. Feststellungen der Kammer, die eine soziale Gefährdung des Angeklagten auf Grund einer Neigung zum Rauschmittelkonsum in dieser Zeit belegen könnten, hat die Strafkammer nicht getroffen. Der Angeklagte war auch nicht nur für eine kurze Zeit abstinent, sondern über einen Zeitraum von etwa drei Jahren, ohne dass die Kammer irgendwelche Leistungsdefizite feststellen konnte. Im Gegenteil, er begann im Jahr 2010 eine Ausbildung zum Sport- und Fitnesskaufmann, arbeitete in einem Fitnessstudio und schloss seine Ausbildung Anfang 2012 erfolgreich ab. Bereits vor Ausbildungsabschluss war ihm von seinem Arbeitgeber die Leitung des Fitnessstudios übertragen worden. Seine privaten Verhältnisse waren geordnet (UA S. 3). Er war so stabil, dass er trotz der über einen längeren Zeitraum vorhandenen Zugriffsmöglichkeit auf Heroin erst im November 2011 rückfällig wurde, also zehn Monate nach dem letzten festgestellten Verkauf (UA S. 10 ff.).
16
b) Beim Angeklagten fehlt es zudem an dem für die Anordnung der Unterbringung nach § 64 StGB erforderlichen Symptomcharakter der abgeurteilten Tat.
17
Eine Tat hat dann Symptomcharakter, wenn sie in dem Hang ihre Wurzel findet, also Symptomwert für den Hang des Täters zum Missbrauch von Alkohol oder anderen berauschenden Mitteln hat (BGH, Urteil vom 11. September 1990 – 1 StR 293/90, NStZ 1991, 128; Beschluss vom 28. August 2013 – 4 StR 277/13, NStZ-RR 2014, 75), also – zumindest mitursächlich – auf den Hang zurückgeht (BGH, Beschluss vom 28. August 2013 – 4 StR 277/13, NStZ-RR 2014, 75). Typisch sind hierfür Delikte, die begangen werden, um Rauschmittel oder Geld für ihre Beschaffung zu erlangen (BGH, Urteil vom 18. Februar 1997 – 1 StR 693/96, BGHR StGB § 64 Abs. 1 Rausch 1; Beschluss vom 28. August 2013 – 4 StR 277/13, NStZ-RR 2014, 75).
18
Daran fehlt es. Dem Angeklagten ging es allein darum, das erworbene Heroin mit Gewinn zu veräußern (UA S. 10). Dass er für die Beschaffung des Heroins möglicherweise Kontakte zu früheren Lieferanten genutzt hat (UA S. 21), genügt nicht. Denn dieser Umstand begründet keine besondere hangbedingte Gefährlichkeit. Ohnehin hat die Strafkammer die Nutzung solcher Kontakte auch nicht festgestellt. Zur Herkunft des Heroins findet sich nur die Feststellung , dass es der Angeklagte von einem unbekannten Lieferanten aus dem westdeutschen Raum erworben und in der Hauptverhandlung zu seinem Lieferanten keine Angaben gemacht hat. Gemäß den Feststellungen in einer früheren Verurteilung (Bundeszentralregisterauszug Ziffer 7, UA S. 7, 8) bezog er damals das Heroin aus den Niederlanden.
19
Eine Betäubungsmittelabhängigkeit jedenfalls spielte für die verfahrensgegenständliche Tat keine Rolle, da der Angeklagte zum Zeitpunkt des Handeltreibens mit Heroin keine Drogen konsumierte.
20
Andere Delikte als solche der Beschaffungskriminalität kommen als Hangtaten nur dann in Betracht, wenn sich in ihnen die hangbedingte besondere Gefährlichkeit des Täters zeigt (BGH, Urteil vom 18. Februar 1997 – 1 StR 693/96, BGHR StGB § 64 Abs. 1 Rausch 1; Beschluss vom 28. August2013 – 4StR 277/13, NStZ-RR 2014, 75). Solche Anhaltspunkte sind hier nicht ersichtlich.
21
c) Darüber hinaus besteht beim Angeklagten nach den Feststellungen des Landgerichts auch keine tragfähige Basis für die erforderliche konkrete Therapieaussicht. Der seit frühester Jugend Betäubungsmittel konsumierende Angeklagte hat zahlreiche Therapieversuche unternommen, darunter auch zwei Unterbringungen gemäß § 64 StGB. Daneben kommen weitere ungünstige Umstände hinzu, die die Erfolgsaussichten einer Entwöhnungsbehandlung weiter vermindern. Sowohl die Tat, die im Urteil unter Bundeszentralregisterauszug Ziffer 9 mitgeteilt ist, als auch die vorliegende Tat mit der bislang höchsten Betäubungsmittelmenge beging der Angeklagte nur wenige Monate nach der Entlassung aus einer Unterbringung während der ambulanten Nachsorge (UA S. 8, 9). Jedenfalls bei derart ungünstigen Ausgangsbedingungen lässt einzig die Therapiemotivation des Angeklagten im Zeitpunkt der Hauptverhandlung nicht hinreichend sicher (§ 64 Satz 2 StGB) auf einen erfolgreichen Verlauf im Sinne des Gesetzes schließen.
22
4. Da eine Bejahung der Voraussetzungen des § 64 StGB auf der Grundlage der rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen sicher ausscheidet und die Anordnung der Maßregel für den Angeklagten eine zusätzliche Beschwer darstellt (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 13. Juni 1991 – 4 StR 105/91, BGHSt 38, 4, 7; Urteil vom 5. August 2010 – 3 StR 195/10), führt die gegen diese zusätzliche Belastung des Angeklagten gerichtete, ihn mithin aus Rechtsgründen begünstigende (§ 296 Abs. 2 StPO) Revision der Staatsanwaltschaft zum Wegfall der Maßregel.
23
Der Senat kann durch Beschluss entscheiden, da diese Folge allein zugunsten des Angeklagten wirkt.
24
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs.2 Satz 2 StPO (BGH, Urteil vom 20. September 2011 – 1 StR 120/11; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Aufl., § 473 Rn. 16). Graf Jäger Mosbacher Fischer Bär
11
3. Rechtsfehlerhaft ist auch die Annahme des Landgerichts, es würde jedenfalls an einem symptomatischen Zusammenhang zwischen einem Hang und den verfahrensgegenständlichen Taten fehlen. Eine Tat hat dann Symptomcharakter , wenn sie in dem Hang ihre Wurzel findet, also Symptomwert für den Hang des Täters zum Missbrauch von Alkohol oder anderen berauschenden Mitteln hat (BGH, Urteil vom 11. September 1990 – 1 StR 293/90, NStZ 1991, 128; Beschluss vom 28. August 2013 – 4 StR 277/13, NStZ-RR 2014, 75), also – zumindest mitursächlich – auf den Hang zurückgeht (Senat, Beschluss vom 10. November 2015 – 1 StR 482/15, NStZ-RR 2016, 113, 114; BGH, Beschluss vom 28. August 2013 – 4 StR 277/13, NStZ-RR 2014, 75). Typisch sind hierfür Delikte, die begangen werden, um Rauschmittel oder Geld für ihre Beschaffung zu erlangen (Senat, Beschluss vom 10. November 2015 – 1 StR 482/15, NStZ-RR 2016, 113, 114; Urteil vom 18. Februar 1997 – 1 StR 693/96, BGHR StGB § 64 Abs. 1 Rausch 1; BGH, Beschluss vom 28. August 2013 – 4 StR 277/13, NStZ-RR 2014, 75), was nach den Feststellungen des Landgerichts – wie zuvor ausgeführt – gegeben ist.
42
2. Diese Ablehnung eines symptomatischen Zusammenhangs zwischen dem Hang und der Tat begegnet durchgreifenden Bedenken. Die Anordnung einer Maßregel nach § 64 StGB kommt in Betracht, wenn es sich um eine rechtswidrige Tat handelt, die der Täter im Rausch begangen hat oder die auf seinen Hang zurückgeht. Dabei ist die erste Alternative nur ein Unterfall der zweiten, so dass diese den Oberbegriff darstellt. In beiden Fällen muss zwischen der Tat und dem Hang ein ursächlicher Zusammenhang bestehen (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 28. August 2013 – 4 StR 277/13, NStZ-RR 2014, 75). Dieser Zusammenhang liegt vor, wenn die Tat in dem Hang ihre Wurzel findet. Die konkrete Tat muss also Symptomwert für den Hang des Täters zum Missbrauch von Rauschmitteln haben, indem sich in ihr seine hangbedingte Gefährlichkeit äußert.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 382/03
vom
30. September 2003
in der Strafsache
gegen
wegen schwerer räuberischer Erpressung u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 30. September 2003 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 10. Juni 2003 im Rechtsfolgenausspruch aufgehoben, soweit das Landgericht von einer Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt abgesehen hat. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schwerer räuberischer Erpressung und wegen schweren Raubes zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er allgemein die Verletzung sachlichen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat nur zum unterbliebenen Maßregelausspruch nach § 64 StGB Erfolg; im übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
Die Überprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung hat zum Schuld- und zum Strafausspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des
Angeklagten ergeben. Dagegen hat das Urteil keinen Bestand, soweit das Landgericht von einer Maßregelanordnung nach § 64 StGB abgesehen hat.
Nach den Feststellungen war der Angeklagte langjährig opiatabhängig. Dabei finanzierte er seinen Drogenkonsum, indem er selbst mit Drogen handelte bzw. anderen Dealern Kunden vermittelte und hierfür Heroin erhielt. Im Jahre 2000 wurde er deshalb wegen gewerbsmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 74 Fällen zu einer zur Bewährung ausgesetzten Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Der jetzigen Verurteilung liegen zwei Überfälle zugrunde, die der Angeklagte innerhalb von sechs Tagen jeweils unter Einsatz eines Springmessers einmal auf eine Tankstelle und im weiteren Fall auf einen Supermarkt verübte, wobei er in beiden Fällen im Verlauf des Tages außer Alkohol auch Heroin konsumiert hatte. Im Anschluß an die Taten kaufte sich der Angeklagte von dem erbeuteten Geld jeweils erneut Heroin.
Das - sachverständig beratene - Landgericht hat rechtsfehlerfrei eine erheblich verminderte Steuerungsfähigkeit im Sinne des § 21 StGB beim Angeklagten in beiden Fällen ausgeschlossen, aber zu Recht einen Hang zum übermäßigen Konsum von Opiaten im Sinne des § 64 Abs. 1 StGB bejaht. Hierzu hat es sich aber die Auffassung des psychiatrischen Sachverständigen zu eigen gemacht, daß zwischen den Taten und dem Hang des Angeklagten kein symptomatischer Zusammenhang bestehe; die Taten gingen nicht auf den Hang zurück, sondern seien dem Angeklagten nach dessen eigener Einschätzung "wesensfremd", zumal er seinen Drogenkonsum zuvor nie durch entsprechende Eigentums- oder Vermögensdelikte, sondern immer durch eigenen Drogenhandel finanziert habe.
Diese Begründung trägt das Absehen von einer Maßregelanordnung nach § 64 Abs. 1 StGB nicht. Richtig ist zwar, daß es für die Maßregelanordnung nach § 64 StGB nicht darauf ankommt, daß der Angeklagte die Taten im Zustand zumindest verminderter Schuldfähigkeit begangen hat (st. Rspr.; Tröndle/Fischer StGB 51. Aufl. § 64 Rdn. 3 und 8 m.N.). Ebenso hat das Landgericht zu Recht angenommen, daß zwischen den abgeurteilten Taten und dem Hang im Sinne des § 64 StGB ein symptomatischer Zusammenhang bestehen muß. Bei seiner Bewertung ist es jedoch von einem zu engen und deshalb rechtsfehlerhaften Verständnis dieser Voraussetzung ausgegangen. Nach ständiger Rechtsprechung ist nicht erforderlich, daß der Hang die alleinige Ursache für die Anlaßtaten ist. Vielmehr ist ein symptomatischer Zusammenhang auch dann zu bejahen, wenn der Hang neben anderen Umständen mit dazu beigetragen hat, daß der Angeklagte erhebliche rechtswidrige Taten begangen hat, und dies bei unverändertem Suchtverhalten auch für die Zukunft zu besorgen ist (BGH NStZ 2000, 25 f.; BGHR StGB § 64 Zusammenhang, symptomatischer 1; Senatsbeschlüsse vom 5. Oktober 2000 - 4 StR 377/00 - und vom 16. Juli 2002 - 4 StR 179/02). Daß in diesem Sinne die hier abgeurteilten Taten ihre Ursache auch in der Opiatabhängigkeit des Angeklagten haben, versteht sich von selbst und wird zudem noch dadurch unterstrichen, daß der Angeklagte jeweils im Anschluß an die Taten das erbeutete Geld auch zum Erwerb von weiterem Heroin einsetzte. Daß er zuvor vergleichbare Taten noch nicht begangen, sondern die Betäubungsmittel auf andere - allerdings ebenfalls strafbare - Weise finanziert hat, beseitigt den symptomatischen Zusammenhang nicht.
Der aufgezeigte Rechtsfehler zwingt zur Aufhebung des Urteils, soweit eine Entscheidung über die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in
einer Entziehungsanstalt unterblieben ist. Die zugrundeliegenden Feststellun- gen können jedoch bestehen bleiben, weil sie von der rechtlich fehlerhaften Bewertung durch das Landgericht unberührt sind. Es ist auch nicht ersichtlich, daß es bei dem Angeklagten an der erforderlichen konkreten Erfolgsaussicht der Unterbringung mangelt (BVerfGE 91, 1 ff.). Einer etwaigen Nachholung der Unterbringung steht nicht entgegen, daß ausschließlich der Angeklagte Revision eingelegt hat (vgl. BGHSt 37, 5). Der Beschwerdeführer hat die Nichtanwendung des § 64 StGB durch das Tatgericht auch nicht vom Rechtsmittel ausgenommen (vgl. BGHSt 38, 362).
Tepperwien Maatz Kuckein
3
Der Generalbundesanwalt hat hierzu in seiner Antragsschrift vom 19. August 2011 folgendes ausgeführt: "Das sachverständig beratene Landgericht hat einen Hang des Angeklagten zum übermäßigen Alkohol- und Drogenkonsum im Sinne des § 64 StGB bejaht, jedoch gemeint, es fehle an einem symptomatischen Zusammenhang mit der Straftat. Dies wäre nur dann der Fall gewesen, wenn die Tat aufgrund der Alkohol- und Drogenabhängigkeit begangen worden wäre, der Rausch also gewissermaßen den Anreiz für die Tat gegeben hätte. Davon sei nicht auszugehen. Ursache für den Tatentschluss sei die Wut des Angeklagten auf den Nebenkläger gewesen, die der Mitangeklagte K. für seine Zwecke ausgenutzt habe, wobei ihm die alkohol- und drogenbedingte Enthemmung des Angeklagten lediglich zugute gekommen sei (UA S. 27). Diese Begründung trägt das Absehen von einer Maßregelanordnung nach § 64 StGB nicht. Sie lässt besorgen, dass das Landgericht von einem zu engen Verständnis von dem erforderlichen symptomatischen Zusammenhang zwischen einem Hang zum übermäßigen Konsum von Rauschmitteln und der Anlasstat des Täters ausgegangen ist. Nach ständiger Rechtsprechung ist nicht erforderlich, dass der Hang die alleinige Ursache für die Anlasstat ist. Vielmehr ist ein solcher Zusammenhang auch dann zu bejahen, wenn der Hang neben anderen Umständen mit dazu beigetragen hat, dass der Angeklagte erhebliche rechtswidrige Taten begangen hat und dies bei unverändertem Suchtverhalten auch für die Zukunft zu besorgen ist (BGHR StGB § 64 Zusammenhang , symptomatischer 5 m.w.N.; vgl. auch Senat, Beschluss vom 25. Mai 2011 - 4 StR 27/11 - Rn. 7). So liegt es hier. Das Landgericht hat festgestellt, dass der Angeklagte zum Zeitpunkt des Tatenschlusses und der Tatbegehung unter Alkoholund Drogeneinfluss gestanden hat. Die Suchtmittelbeeinflussung hatte nach Überzeugung der Kammer den Tatenschluss des Angeklagten begünstigt. Der Grad seiner Alkoholisierung bei Begehung der Tat führte im Zusammenwirken mit dem zusätzlichen Drogenkonsum zur Annahme verminderter Steuerungsfähigkeit im Sinne des § 21 StGB (UA S. 16 f., 27). Dass die alkohol- und drogenbedingte Beeinflussung sowohl den Entschluss als auch die Ausführung der Gewalttätigkeiten mit beeinflusst hat, liegt demnach auf der Hand. Bestärkt wird dies zudem durch das unkontrollierte und wahllose Einschlagen und -treten auf den Nebenkläger (UA S. 15). Damit ist der erforderliche (symptomatische) Zusammenhang in dem Sinne dargetan, dass der Alkohol- und Drogenkonsum des Angeklagten die Tat mit ausgelöst hat, mag als zusätzlicher Tatauslöser auch die aus einer vorangegangenen Begebenheit resultierende Wut des Angeklagten auf den Nebenkläger hinzugekommen sein. Nach den bisherigen Urteilsfeststellungen ist weder die Gefahr zukünftiger hangbedingter erheblicher Straftaten noch - angesichts der Methadonsubstitution und der in Aussicht stehenden Therapiemaßnahme (UA S. 12) - eine hinreichend konkrete Erfolgsaussicht der Therapie auszuschließen. Dass nur der Angeklagte Revision eingelegt hat, hindert die Nachholung der Unterbringungsanordnung nicht (§ 358 Abs. 2 Satz 3 StPO; BGHSt 37, 5, 7; BGH NStZ-RR 2009, 59). Er hat die Nichtanwendung des § 64 StGB auch nicht vom Rechtsmittelangriff ausgenommen (vgl. BGHSt 38, 362 f.). Der Strafausspruch kann bestehen bleiben. Angesichts der erheblichen Vorstrafen, des Bewährungsbruchs und des gesamten Tatbildes ist auszuschließen, dass der Tatrichter bei Anordnung der Unterbringung auf eine niedrigere Strafe erkannt hätte."
8
b) Auch der Symptomwert der festgestellten Taten für den Hang des Angeklagten liegt – entgegen der Auffassung des Landgerichts – ausgesprochen nahe. Nach ständiger Rechtsprechung ist nicht erforderlich, dass der Hang die alleinige Ursache für die Anlasstaten ist. Vielmehr ist ein symptomatischer Zusammenhang auch dann zu bejahen, wenn der Hang neben anderen Umständen mit dazu beigetragen hat, dass der Angeklagte erhebliche rechtswidrige Taten begangen hat, und dies bei unverändertem Suchtverhalten auch für die Zukunft zu besorgen ist (vgl. Senatsbeschlüsse vom 30. September 2003 – 4 StR 382/03, NStZ-RR 2004, 78, vom 25. Mai 2011 – 4 StR 27/11, NStZ-RR 2011, 309, und vom 25. Oktober 2011 – 4 StR 416/11). So liegt es hier. Denn der berufs- und arbeitslose Angeklagte hat seinen beträchtlichen Drogenkonsum ganz überwiegend durch die gewerbsmäßige Begehung von Einbruchsdiebstählen finanziert (UA S. 12 RS). Damit liegt nahe, dass der Drogenkonsum des Angeklagten die abgeurteilten Taten mit ausgelöst hat.
7
(1) Für die Bejahung eines symptomatischen Zusammenhangs zwischen Hang und Tat im Sinne des § 64 StGB ist es ausreichend, dass der Hang – gegebenenfallsneben anderen Umständen – mit dazu beigetragen hat, dass der Täter die Tat begangen hat. Ein solcher Zusammenhang ist typischerweise gegeben, wenn die Straftat unmittelbar oder mittelbar über den Erlös aus der Verwertung der Beute auch der Beschaffung von Drogen für den Eigenkonsum dient (vgl. BGH, Beschlüsse vom 3. März 2016 – 4 StR 586/15 Rn. 3, NStZ-RR 2016, 173 mwN und vom 25. November 2015 – 1 StR 379/15 Rn. 8, NStZ-RR 2016, 113).
4
a) Die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt setzt nach § 64 Satz 1 StGB – neben dem Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen – voraus, dass die Anlasstat im Rausch begangen wurde oder zumindest mitursächlich auf den Hang zurückgeht, wobei die erste auf die Intoxikationswirkung des Rauschmittels abstellende Alternative einen Unterfall der zweiten Alternative darstellt. Erforderlich ist, dass die konkrete Tat in dem Hang ihre Wurzel findet, sie also Symptomwert für den Hang des Täters zum Missbrauch von Alkohol oder anderen berauschenden Mitteln hat, indem sich in ihr seine hangbedingte Gefährlichkeit äußert (vgl. BGH, Urteile vom 11. September 1990 – 1 StR 293/90, BGHR StGB § 64 Abs. 1 Hang 2; vom 18. Februar 1997 – 1 StR 693/96, BGHR StGB § 64 Abs. 1 Rausch 1; Beschluss vom 28. August 2013 – 4 StR 277/13, NStZ-RR 2014, 75). Da es sich bei der Unterbringung nach § 64 StGB um eine den Angeklagten beschwerende Maßregel handelt (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Juni 1991 – 4 StR 105/91, BGHSt 38, 4, 7), muss der symptomatische Zusammenhang ebenso wie die weiteren tatbestandlichen Voraussetzungen des § 64 StGB bei einer Anordnung sicher feststehen (vgl. BGH, Urteil vom 24. Juni 2003 – 1 StR 2 5/03, StraFo 2003, 431; Beschlüsse vom 1. März 2001 – 4 StR 36/01, NStZ-RR 2001, 295; vom 18. Juni 2013 – 4 StR 145/13).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 586/15
vom
3. März 2016
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:030316B4STR586.15.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 3. März 2016 gemäß § 349 Abs. 2 und Abs. 4 StPO beschlossen:
1. Dem Angeklagten wird auf seinen Antrag und seine Kosten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach Versäumung der Frist zur Begründung der Revision gegen das Urteil des Landgerichts Detmold vom 10. Juli 2015 gewährt. 2. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Detmold vom 10. Juli 2015 mit den Feststellungen aufgehoben, soweit die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt unterblieben ist. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen. 4. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen und wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Hiergegen richtet sich seine auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision. Ferner beantragt er Wiedereinsetzung in die Revisionsbegründungsfrist. Der Wiedereinsetzungsantrag hat in vollem Umfang, die Revision des Angeklagten hat dagegen lediglich hinsichtlich der Nichtanordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt Erfolg.
2
1. Dem Wiedereinsetzungsantrag ist aus den vom Generalbundesanwalt in der Antragsschrift vom 2. Februar 2016 dargelegten Gründen zu entsprechen.
3
2. Zur Nichtanordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt hat der Generalbundesanwalt Folgendes ausgeführt: „Die Ablehnung der Anordnung einer Unterbringungdes Angeklagten in einer Entziehungsanstalt nach § 64 StGB [hält] rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Das Landgericht hat festgestellt, dass bei dem drogenabhängigen Angeklagten ein Hang zur Einnahme von berauschenden Mitteln im Übermaß vorliegt. Es hat gleichwohl von der Unterbringung abgesehen , weil sich ein symptomatischer Zusammenhang zwischen diesem Hang und den Taten nicht feststellen lasse. Der Angeklagte sei erst im Zusammenhang mit der ersten Tat wieder zum Konsum von Amphetamin und später auch Kokain gelangt. Der Drogenhandel habe in erster Linie zur Finanzierung seines gehobenen Lebensstandards gedient.
Damit hat das Landgericht zu hohe Anforderungen an die Annahme einer Symptomtat gestellt. Für die Bejahung eines symptomatischen Zusammenhangs zwischen Tat und Hang im Sinne des § 64 StGB ist es ausreichend , dass der Hang - gegebenenfalls neben anderen Umständen - mit dazu beigetragen hat, dass der Täter die Tat begangen hat. Ein solcher Zusammenhang ist typischerweise gegeben, wenn die Straftat unmittelbar oder - wie hier - mittelbar auch der Beschaffung von Drogen für den Eigenkonsum dient (vgl. BGH 3 StR 38/08 und 275/08). Der Angeklagte hat ab der zweiten Tat die zur Befriedigung seiner Sucht erforderlichen
Drogen auch mit dem Gewinn aus dem Drogenhandel finanziert (UA S. 13). Anhaltspunkte dafür, dass der Angeklagte nicht gefährlich im Sinne dieser Vorschrift ist oder keine hinreichend konkrete Aussicht besteht, ihn durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt von seinem Hang zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren (§ 64 Satz 2 StGB), sind nicht ersichtlich. Dass nur der Angeklagte Revision eingelegt hat, hindert die Nachholung der Unterbringungsanordnung nicht (§ 358 Abs. 2 Satz 2 StPO). Denn er hat die Nichtanwendung des § 64 StGB durch das Tatgericht nicht vom Rechtsmittelangriff ausgenommen (vgl. BGHSt 38, 362 f.).“
4
Dem kann sich der Senat nicht verschließen. Zwar muss der für eine Anordnung nach § 64 StGB erforderliche symptomatische Zusammenhang zwischen dem Hang und der bzw. den Anlasstaten sicher feststehen (BGH, Beschluss vom 12. März 2013 – 4 StR 572/13, juris Rn. 4) und es bedarf hierfür bei Taten, die nicht auf die Erlangung von Rauschmitteln selbst oder von Geld zu deren Beschaffung abzielten, besonderer, diese Feststellung begründender Umstände (BGH aaO, juris Rn. 6 mwN). Auch hält der Senat daran fest, dass es an einem solchen Zusammenhang fehlt, wenn die Taten allein zur Finanzierung des allgemeinen Lebensbedarfs (vgl. BGH, Beschlüsse vom 28. Oktober 2008 – 5 StR 472/08, BGHR StGB § 64 Nichtanordnung 2) oder zur Gewinnerzielung bestimmt waren (vgl. BGH, Beschluss vom 10. November 2015 – 1 StR 482/15, juris Rn. 10, 18). Da der Angeklagte – abgesehen von einer Umschulung – seit mehreren Jahren arbeitslos ist und zuletzt Sozialleistungen bezog, kann der Senat indes nicht völlig ausschließen, dass die Taten – jedenfalls ab der Tat II. 2 der Urteilsgründe – nicht mehr ausschließlich der Finanzierung des Lebensbedarfs, sondern auch der seines Drogenkonsums dienten (vgl. BGH, Beschluss vom 27. November 2012 – 5 StR 545/12, juris Rn. 2).
5
3. Zu den weiteren Ausführungen des Revisionsführers – auch im Schriftsatz vom 18. Februar 2016 – bemerkt der Senat ergänzend zu den Darlegungen des Generalbundesanwalts in der Antragsschrift vom 2. Februar 2016:
6
Hinsichtlich der als Aufklärungsrüge erhobenen Verfahrensrüge war die Mitteilung der polizeilichen Aussagen der Zeugen zur Erfüllung der sich aus § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO ergebenden Anforderungen schon deshalb unerlässlich , weil sie für die Prüfung von Bedeutung ist, ob sich dem Tatrichter die Vernehmung der Zeugen trotz des Geständnisses des Angeklagten und der zur Schätzung des Wirkstoffgehalts in den Fällen II. 1 und 2 der Urteilsgründe getroffenen Feststellungen (vgl. UA S. 10) aufgedrängt hat. Dies gilt umso mehr, als der Angeklagte in der tatrichterlichen Hauptverhandlung nicht nur die von seinem Verteidiger abgegebene Erklärung als „seine Einlassung“ bestätigt, sondern sich – wie sich nicht nur aus dem Revisionsvorbringen, sondern zudem aus dem Urteil ergibt (UA S. 9) – darüber hinaus selbst „ergänzend“ zur Sache geäußert hat. Aufgrund dessen bestehen – unter Berücksichtigung der Ausführungen des Generalbundesanwalts – ebenfalls keine rechtlichen Bedenken dagegen , dass die Strafkammer in den Fällen II. 4 bis 6 keine Bewertungseinheit angenommen hat.
7
Soweit die Strafkammer dem Angeklagten auch hinsichtlich der Tat II. 3 der Urteilsgründe strafschärfend angelastet hat, dass er (auch) diese Tat „unter laufender Bewährung“ begangen hat (UA S. 14), trifft dies zwar ersichtlich nicht zu (vgl. UA S. 5 unten). Jedoch schließt der Senat im Hinblick darauf, dass die Bewährungsstrafe jedenfalls noch nicht erlassen war, aus, dass die schon angesichts der Menge (4 kg Amphetamin) maßvolle Einzelstrafe hierauf beruht. Ebenso schließt der Senat hinsichtlich der für die weiteren Taten verhängten – milden – Einzelstrafen, diein den Fällen II. 4 bis 6 der Urteilsgründe sogar unterhalb der gesetzlichen Strafrahmenuntergrenze liegen, aus, dass diese oder die Gesamtfreiheitsstrafe bei Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt geringer ausgefallen wären.
8
4. Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass infolge der Aufhebung nur der die (Nicht-)Anordnung der Maßregel des § 64 StGB betreffenden Feststellung unter anderem bindend feststeht, dass der Angeklagte in den Fällen II. 1 bis 3 mit den jeweiligen Gesamtmengen Handel getrieben hat. Dies gilt auch im Fall II. 1 der Urteilsgründe, in dem der Angeklagte 1 kg Amphetamin ankaufte, um es gewinnbringend weiterzuverkaufen. Denn damit war das unerlaubte Handeltreiben mit dieser nicht geringen Menge unabhängig davon bereits vollendet , dass er sich später entschloss, einen Teil dieser Betäubungsmittel selbst zu konsumieren.
Sost-Scheible Roggenbuck Cierniak
Mutzbauer Bender

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 482/15
vom
10. November 2015
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 10. November 2015 gemäß
§ 349 Abs. 4 StPO beschlossen:
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Regensburg vom 24. Februar 2015 dahin abgeändert , dass die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt entfällt. Die Staatskasse hat die Kosten der Revision und die dem Angeklagten im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und zehn Monaten verurteilt und seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt sowie Wertersatzverfall angeordnet.
2
Die auf die ausgeführte Sachrüge gestützte, vom Generalbundesanwalt vertretene Revision der Staatsanwaltschaft zu Gunsten des Angeklagten wendet sich allein gegen den Maßregelausspruch. Das Rechtsmittel ist begründet und führt zum Wegfall der Maßregel (§ 349 Abs. 4 StPO).
3
1. Das Landgericht hat, soweit für die Maßregelfrage relevant, im Wesentlichen die folgenden Feststellungen und Wertungen getroffen:
4
a) Der 37-jährige Angeklagte konsumiert seit dem 14. Lebensjahr Cannabis , seit dem 16. Lebensjahr Kokain, LSD und Ecstasy sowie seit dem 17. Lebensjahr Heroin, zunächst intravenös, anschließend nur noch nasal, und ist in diesem Zusammenhang vielfach mit Betäubungsmitteldelikten strafrechtlich in Erscheinung getreten. Vom 24. Oktober 2001 bis zum 25. März 2002 war er erstmals in einer Entziehungsanstalt untergebracht. Die weitere Vollstreckung des Strafrests und der Unterbringung wurde im Dezember 2003 zur Bewährung ausgesetzt. Die Aussetzung des Strafrests wurde mit Beschluss vom 17. Dezember 2005 widerrufen und zugleich die Erledigung der angeordneten Unterbringung festgestellt. Vom 29. September 2005 bis zum 25. Oktober 2005 war der Angeklagte aufgrund eines Urteils vom 29. September 2005 erneut in einer Entziehungsanstalt untergebracht. Nach Vollstreckung des Rests einer Freiheitsstrafe wurde die Unterbringung von Dezember 2005 bis zum 13. Februar 2006 weiter vollzogen. Anschließend verbüßte der Angeklagte den achtmonatigen Rest einer Freiheitsstrafe. Im September 2006 wurde die weitere Vollstreckung der Unterbringung bis Oktober 2008 zurückgestellt. Die Zurückstellung wurde im Januar 2008 widerrufen und die Unterbringung in der Entziehungsanstalt vom 20. Februar 2008 bis 30. Juni 2010 weiter vollzogen. Mit Beschluss vom 22. Juni 2010 wurde der weitere Vollzug zur Bewährung ausgesetzt. In den Jahren 2004, 2005 und 2007 hielt sich der Angeklagte viermal stationär oder teilstationär zur Entgiftung und Entwöhnung in einer Entziehungsanstalt auf.
5
Vom 1. Juli 2010 bis zum 28. Februar 2014 erfolgte in der forensischpsychiatrischen Ambulanz der Entziehungsanstalt eine ambulante Nachsorgebehandlung. Anfang 2010 zog der Angeklagte mit seiner Lebensgefährtin zusammen und begann eine Ausbildung zum Sport- und Fitnesskaufmann. Er arbeitete in einem Fitnessstudio und schloss diese Ausbildung Anfang 2012 erfolgreich ab. Bereits zuvor war ihm von seinem Arbeitgeber bei einem monat- lichen Verdienst von etwa 1300 € netto die Leitung des Fitnessstudios übertra- gen worden.
6
Im November 2011 begab sich der Angeklagte wegen einer akuten Erkrankung an Hepatitis B mit drohendem Leberversagen - bereits einige Jahre zuvor war er an chronischer Hepatitis C erkrankt - in ein Krankenhaus und wurde dort bis Anfang 2012 stationär behandelt. In dieser Zeit wurde er mit Heroin und Subutex rückfällig, nachdem es seit Dezember 2008 keine Rückfälle mehr gegeben hatte. Für beide Erkrankungen an Hepatitis war die ursprünglich intravenöse Art des Heroinkonsums ursächlich. Anfang 2012 wurde er aus dem Krankenhaus entlassen und in verschiedenen Entziehungsanstalten mehrfach substitutionsbehandelt. Im Sommer 2013 reiste der Angeklagte in die Ukraine und ließ sich dort einen Opiatblocker implantieren, der die durch Opiate verursachten Wirkungen für die Dauer von etwa sechs Monaten aufhebt, wodurch der Patient zum Unterlassen des nun wirkungslosen Opiatkonsums motiviert werden soll. Der Angeklagte konsumierte, nachdem er am 15. April 2014 in Untersuchungshaft genommen worden war, in der Justizvollzugsanstalt weiterhin Heroin.
7
Während seiner Ausbildung zum Sport- und Fitnesskaufmann verkaufte der Angeklagte am 17. Dezember 2010 aus einer Menge von mindestens einem Kilogramm Heroin 40 g und erhielt hierfür vom Käufer 1000 € in bar. Am 1. Februar 2011 verkaufte er daraus an denselben Käufer 100 g Heroin zum Preis von 1800 €. Der Angeklagte handelte in beiden Fällen in Gewinnerzie- lungsabsicht. Das Heroin hatte der Angeklagte von einem unbekannten Lieferanten aus dem westdeutschen Raum erworben.
8
b) Die Strafkammer hat einen Hang im Sinne des § 64 Satz 1 StGB bejaht. Der Angeklagte habe bereits zur Tatzeit an den gesundheitlichen Folgen seines langjährigen Heroinkonsums in Form einer chronischen Erkrankung an Hepatitis C gelitten und sei hierdurch sozial gefährdet gewesen. Bei einem langjährigen Konsum von Heroin, einem Rauschgift mit sehr großem „Abhängigkeitspotenzial“ , und der wiederholten Rückfälligkeit des Angeklagtenin der Vergangenheit könne das Fortbestehen eines Hangs nicht deswegen verneint werden, weil der Lebensweg des Angeklagten „Intervalle der Abstinenz“ auf- weise.
9
Damit ist die Kammer vom Gutachten des Sachverständigen abgewichen. Dieser hatte für den Zeitraum vor der zum 30. Juni 2010 beendeten stationären Unterbringung und dann erneut ab Ende November 2011 eine körperliche und psychische Opiatabhängigkeit diagnostiziert, nicht aber für den Tatzeitraum , in welchem der Angeklagte seit mehr als zwei Jahren abstinent war. Das Fehlen eines Hangs hatte der Sachverständige damit begründet, dass für den Tatzeitraum keine erhebliche Beeinträchtigung des psychosozialen Funktionsniveaus zweifelsfrei festzustellen sei.
10
Die Strafkammer hat auch den symptomatischen Zusammenhang zwischen dem Hang zu übermäßigem Rauschmittelkonsum und der begangenen Tat bejaht und ist auch hier vom Gutachten des Sachverständigen abgewichen. Der Sachverständige hatte ausgeführt, dass bei einem erst Ende 2011 erfolgten Rückfall anzunehmen sei, dass der Angeklagte die Tat nicht begangen hat, um sich Drogen und finanzielle Mittel für den Eigenkonsum zu beschaffen, sondern aus anderen Motiven, zum Beispiel aus Gewinnerzielungsabsicht. Schließlich sei das erworbene Heroin zum Weiterverkauf und nicht zum Eigenkonsum des Angeklagten bestimmt gewesen. Dagegen begründet die Kammer den symptomatischen Zusammenhang mit der Überlegung, dass der Angeklag- te, der seine Heroinlieferanten dem Gericht nicht genannt hatte, „ohne Zweifel seine Kenntnisse und Kontakte zu seinen früheren Lieferquellen nutzte, um sich auch dieses Kilogramm Heroin zu beschaffen“.
11
Die Strafkammer hat eine hinreichend konkrete Erfolgsaussicht (§ 64 Satz 2 StGB) einer erneuten und damit der dritten Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angenommen und ist der Auffassung des Sachverständigen auch in diesem Punkt nicht gefolgt. Der Sachverständige hatte dargelegt, beim Angeklagten fehle trotz dessen ausdrücklicher Erklärung, therapiebereit zu sein, eine hinreichend konkrete Erfolgsaussicht. Er habe sehr früh mit dem Rauschmittelkonsum und der Delinquenz begonnen, habe verschiedene Suchtmittel gebraucht und einen verfestigten langjährigen Heroinkonsum; er habe mehrere Therapien erfolglos absolviert und bereits zwei Unterbringungen im Maßregelvollzug durchlaufen; er sei mit dem kriminellen Milieu verflochten, habe lange Zeiten der Freiheitsentziehung hinter sich, weise eine verminderte Frustrationstoleranz und gewisse dissoziale Persönlichkeitszüge auf und habe in der Justizvollzugsanstalt weiter Heroin konsumiert. Die positiv zu bewertenden Faktoren wie abgeschlossene Schul- und Berufsausbildung, familiäre Bindungen , Erfahrungen in der Erwerbstätigkeit, Selbstentzug mit längerer Abstinenzphase hätten alle auch bereits zur Tatzeit vorgelegen.
12
2. Die Beschränkung des Rechtsmittels ist wirksam. Anhaltspunkte dafür , dass die Strafe von der Maßregelanordnung beeinflusst sein könnte, ergeben sich aus den Urteilsgründen nicht (vgl. hierzu BGH, Urteile vom 7. Oktober 1992 – 2 StR 374/92, BGHSt 38, 362, 364 f. und vom 31. Juli 2013 – 2 StR 620/12).
13
3. Die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) hält revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand. Die Feststellungen tragen die Annahme des Landgerichts nicht, beim Angeklagten sei ein Hang gegeben, die abgeurteilte Tat habe Symptomwert für den Hang (§ 64 Satz 1 StGB) und es bestehe eine hinreichend konkrete Aussicht, den Angeklagten durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt zumindest eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in seinen Hang zu bewahren und von der Begehung auf seinen Hang zurückgehender erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten (§ 64 Satz 2 StGB).
14
a) Für einen Hang ist nach ständiger Rechtsprechung ausreichend eine eingewurzelte, auf psychische Disposition zurückgehende oder durch Übung erworbene Neigung, immer wieder Rauschmittel zu konsumieren, wobei diese Neigung noch nicht den Grad einer physischen Abhängigkeit erreicht haben muss. Ein übermäßiger Genuss von Rauschmitteln ist jedenfalls dann gegeben, wenn der Betroffene auf Grund seiner psychischen Abhängigkeit sozial gefährdet oder gefährlich erscheint (st. Rspr.; vgl. Beschlüsse vom 6. September 2007 – 4 StR 318/07, NStZ-RR 2008, 8; vom 1. April 2008 – 4 StR 56/08, NStZ-RR 2008, 198, 199; vom 12. April 2012 – 5 StR 87/12, NStZ-RR 2012, 271; vom 21. August 2012 – 4 StR 311/12 und vom 30. Juli 2013 – 2 StR 174/13). Nicht erforderlich ist, dass beim Täter bereits eine Persönlichkeitsdepravation eingetreten ist (BGH, Beschluss vom 6. September 2007 – 4 StR 318/07, NStZ-RR 2008, 8). Dem Umstand, dass durch den Rauschmittelkonsum die Gesundheit sowie die Arbeits- und Leistungsfähigkeit des Betroffenen beeinträchtigt sind, kommt nur eine indizielle Bedeutung zu. Das Fehlen solcher Beeinträchtigungen schließt nicht notwendigerweise die Bejahung eines Hangs aus (BGH, Beschluss vom 1. April 2008 – 4 StR 56/08, NStZ-RR 2008, 198).
15
Die von der Strafkammer für das Vorliegen eines Hangs angeführte Erkrankung an Hepatitis C zur Tatzeit begründet für sich gesehen keine soziale Gefährdung des Angeklagten, sondern lediglich die Behandlungsbedürftigkeit der Erkrankung. Feststellungen der Kammer, die eine soziale Gefährdung des Angeklagten auf Grund einer Neigung zum Rauschmittelkonsum in dieser Zeit belegen könnten, hat die Strafkammer nicht getroffen. Der Angeklagte war auch nicht nur für eine kurze Zeit abstinent, sondern über einen Zeitraum von etwa drei Jahren, ohne dass die Kammer irgendwelche Leistungsdefizite feststellen konnte. Im Gegenteil, er begann im Jahr 2010 eine Ausbildung zum Sport- und Fitnesskaufmann, arbeitete in einem Fitnessstudio und schloss seine Ausbildung Anfang 2012 erfolgreich ab. Bereits vor Ausbildungsabschluss war ihm von seinem Arbeitgeber die Leitung des Fitnessstudios übertragen worden. Seine privaten Verhältnisse waren geordnet (UA S. 3). Er war so stabil, dass er trotz der über einen längeren Zeitraum vorhandenen Zugriffsmöglichkeit auf Heroin erst im November 2011 rückfällig wurde, also zehn Monate nach dem letzten festgestellten Verkauf (UA S. 10 ff.).
16
b) Beim Angeklagten fehlt es zudem an dem für die Anordnung der Unterbringung nach § 64 StGB erforderlichen Symptomcharakter der abgeurteilten Tat.
17
Eine Tat hat dann Symptomcharakter, wenn sie in dem Hang ihre Wurzel findet, also Symptomwert für den Hang des Täters zum Missbrauch von Alkohol oder anderen berauschenden Mitteln hat (BGH, Urteil vom 11. September 1990 – 1 StR 293/90, NStZ 1991, 128; Beschluss vom 28. August 2013 – 4 StR 277/13, NStZ-RR 2014, 75), also – zumindest mitursächlich – auf den Hang zurückgeht (BGH, Beschluss vom 28. August 2013 – 4 StR 277/13, NStZ-RR 2014, 75). Typisch sind hierfür Delikte, die begangen werden, um Rauschmittel oder Geld für ihre Beschaffung zu erlangen (BGH, Urteil vom 18. Februar 1997 – 1 StR 693/96, BGHR StGB § 64 Abs. 1 Rausch 1; Beschluss vom 28. August 2013 – 4 StR 277/13, NStZ-RR 2014, 75).
18
Daran fehlt es. Dem Angeklagten ging es allein darum, das erworbene Heroin mit Gewinn zu veräußern (UA S. 10). Dass er für die Beschaffung des Heroins möglicherweise Kontakte zu früheren Lieferanten genutzt hat (UA S. 21), genügt nicht. Denn dieser Umstand begründet keine besondere hangbedingte Gefährlichkeit. Ohnehin hat die Strafkammer die Nutzung solcher Kontakte auch nicht festgestellt. Zur Herkunft des Heroins findet sich nur die Feststellung , dass es der Angeklagte von einem unbekannten Lieferanten aus dem westdeutschen Raum erworben und in der Hauptverhandlung zu seinem Lieferanten keine Angaben gemacht hat. Gemäß den Feststellungen in einer früheren Verurteilung (Bundeszentralregisterauszug Ziffer 7, UA S. 7, 8) bezog er damals das Heroin aus den Niederlanden.
19
Eine Betäubungsmittelabhängigkeit jedenfalls spielte für die verfahrensgegenständliche Tat keine Rolle, da der Angeklagte zum Zeitpunkt des Handeltreibens mit Heroin keine Drogen konsumierte.
20
Andere Delikte als solche der Beschaffungskriminalität kommen als Hangtaten nur dann in Betracht, wenn sich in ihnen die hangbedingte besondere Gefährlichkeit des Täters zeigt (BGH, Urteil vom 18. Februar 1997 – 1 StR 693/96, BGHR StGB § 64 Abs. 1 Rausch 1; Beschluss vom 28. August2013 – 4StR 277/13, NStZ-RR 2014, 75). Solche Anhaltspunkte sind hier nicht ersichtlich.
21
c) Darüber hinaus besteht beim Angeklagten nach den Feststellungen des Landgerichts auch keine tragfähige Basis für die erforderliche konkrete Therapieaussicht. Der seit frühester Jugend Betäubungsmittel konsumierende Angeklagte hat zahlreiche Therapieversuche unternommen, darunter auch zwei Unterbringungen gemäß § 64 StGB. Daneben kommen weitere ungünstige Umstände hinzu, die die Erfolgsaussichten einer Entwöhnungsbehandlung weiter vermindern. Sowohl die Tat, die im Urteil unter Bundeszentralregisterauszug Ziffer 9 mitgeteilt ist, als auch die vorliegende Tat mit der bislang höchsten Betäubungsmittelmenge beging der Angeklagte nur wenige Monate nach der Entlassung aus einer Unterbringung während der ambulanten Nachsorge (UA S. 8, 9). Jedenfalls bei derart ungünstigen Ausgangsbedingungen lässt einzig die Therapiemotivation des Angeklagten im Zeitpunkt der Hauptverhandlung nicht hinreichend sicher (§ 64 Satz 2 StGB) auf einen erfolgreichen Verlauf im Sinne des Gesetzes schließen.
22
4. Da eine Bejahung der Voraussetzungen des § 64 StGB auf der Grundlage der rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen sicher ausscheidet und die Anordnung der Maßregel für den Angeklagten eine zusätzliche Beschwer darstellt (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 13. Juni 1991 – 4 StR 105/91, BGHSt 38, 4, 7; Urteil vom 5. August 2010 – 3 StR 195/10), führt die gegen diese zusätzliche Belastung des Angeklagten gerichtete, ihn mithin aus Rechtsgründen begünstigende (§ 296 Abs. 2 StPO) Revision der Staatsanwaltschaft zum Wegfall der Maßregel.
23
Der Senat kann durch Beschluss entscheiden, da diese Folge allein zugunsten des Angeklagten wirkt.
24
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs.2 Satz 2 StPO (BGH, Urteil vom 20. September 2011 – 1 StR 120/11; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Aufl., § 473 Rn. 16). Graf Jäger Mosbacher Fischer Bär

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 586/15
vom
3. März 2016
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:030316B4STR586.15.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 3. März 2016 gemäß § 349 Abs. 2 und Abs. 4 StPO beschlossen:
1. Dem Angeklagten wird auf seinen Antrag und seine Kosten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach Versäumung der Frist zur Begründung der Revision gegen das Urteil des Landgerichts Detmold vom 10. Juli 2015 gewährt. 2. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Detmold vom 10. Juli 2015 mit den Feststellungen aufgehoben, soweit die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt unterblieben ist. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen. 4. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen und wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Hiergegen richtet sich seine auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision. Ferner beantragt er Wiedereinsetzung in die Revisionsbegründungsfrist. Der Wiedereinsetzungsantrag hat in vollem Umfang, die Revision des Angeklagten hat dagegen lediglich hinsichtlich der Nichtanordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt Erfolg.
2
1. Dem Wiedereinsetzungsantrag ist aus den vom Generalbundesanwalt in der Antragsschrift vom 2. Februar 2016 dargelegten Gründen zu entsprechen.
3
2. Zur Nichtanordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt hat der Generalbundesanwalt Folgendes ausgeführt: „Die Ablehnung der Anordnung einer Unterbringungdes Angeklagten in einer Entziehungsanstalt nach § 64 StGB [hält] rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Das Landgericht hat festgestellt, dass bei dem drogenabhängigen Angeklagten ein Hang zur Einnahme von berauschenden Mitteln im Übermaß vorliegt. Es hat gleichwohl von der Unterbringung abgesehen , weil sich ein symptomatischer Zusammenhang zwischen diesem Hang und den Taten nicht feststellen lasse. Der Angeklagte sei erst im Zusammenhang mit der ersten Tat wieder zum Konsum von Amphetamin und später auch Kokain gelangt. Der Drogenhandel habe in erster Linie zur Finanzierung seines gehobenen Lebensstandards gedient.
Damit hat das Landgericht zu hohe Anforderungen an die Annahme einer Symptomtat gestellt. Für die Bejahung eines symptomatischen Zusammenhangs zwischen Tat und Hang im Sinne des § 64 StGB ist es ausreichend , dass der Hang - gegebenenfalls neben anderen Umständen - mit dazu beigetragen hat, dass der Täter die Tat begangen hat. Ein solcher Zusammenhang ist typischerweise gegeben, wenn die Straftat unmittelbar oder - wie hier - mittelbar auch der Beschaffung von Drogen für den Eigenkonsum dient (vgl. BGH 3 StR 38/08 und 275/08). Der Angeklagte hat ab der zweiten Tat die zur Befriedigung seiner Sucht erforderlichen
Drogen auch mit dem Gewinn aus dem Drogenhandel finanziert (UA S. 13). Anhaltspunkte dafür, dass der Angeklagte nicht gefährlich im Sinne dieser Vorschrift ist oder keine hinreichend konkrete Aussicht besteht, ihn durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt von seinem Hang zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren (§ 64 Satz 2 StGB), sind nicht ersichtlich. Dass nur der Angeklagte Revision eingelegt hat, hindert die Nachholung der Unterbringungsanordnung nicht (§ 358 Abs. 2 Satz 2 StPO). Denn er hat die Nichtanwendung des § 64 StGB durch das Tatgericht nicht vom Rechtsmittelangriff ausgenommen (vgl. BGHSt 38, 362 f.).“
4
Dem kann sich der Senat nicht verschließen. Zwar muss der für eine Anordnung nach § 64 StGB erforderliche symptomatische Zusammenhang zwischen dem Hang und der bzw. den Anlasstaten sicher feststehen (BGH, Beschluss vom 12. März 2013 – 4 StR 572/13, juris Rn. 4) und es bedarf hierfür bei Taten, die nicht auf die Erlangung von Rauschmitteln selbst oder von Geld zu deren Beschaffung abzielten, besonderer, diese Feststellung begründender Umstände (BGH aaO, juris Rn. 6 mwN). Auch hält der Senat daran fest, dass es an einem solchen Zusammenhang fehlt, wenn die Taten allein zur Finanzierung des allgemeinen Lebensbedarfs (vgl. BGH, Beschlüsse vom 28. Oktober 2008 – 5 StR 472/08, BGHR StGB § 64 Nichtanordnung 2) oder zur Gewinnerzielung bestimmt waren (vgl. BGH, Beschluss vom 10. November 2015 – 1 StR 482/15, juris Rn. 10, 18). Da der Angeklagte – abgesehen von einer Umschulung – seit mehreren Jahren arbeitslos ist und zuletzt Sozialleistungen bezog, kann der Senat indes nicht völlig ausschließen, dass die Taten – jedenfalls ab der Tat II. 2 der Urteilsgründe – nicht mehr ausschließlich der Finanzierung des Lebensbedarfs, sondern auch der seines Drogenkonsums dienten (vgl. BGH, Beschluss vom 27. November 2012 – 5 StR 545/12, juris Rn. 2).
5
3. Zu den weiteren Ausführungen des Revisionsführers – auch im Schriftsatz vom 18. Februar 2016 – bemerkt der Senat ergänzend zu den Darlegungen des Generalbundesanwalts in der Antragsschrift vom 2. Februar 2016:
6
Hinsichtlich der als Aufklärungsrüge erhobenen Verfahrensrüge war die Mitteilung der polizeilichen Aussagen der Zeugen zur Erfüllung der sich aus § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO ergebenden Anforderungen schon deshalb unerlässlich , weil sie für die Prüfung von Bedeutung ist, ob sich dem Tatrichter die Vernehmung der Zeugen trotz des Geständnisses des Angeklagten und der zur Schätzung des Wirkstoffgehalts in den Fällen II. 1 und 2 der Urteilsgründe getroffenen Feststellungen (vgl. UA S. 10) aufgedrängt hat. Dies gilt umso mehr, als der Angeklagte in der tatrichterlichen Hauptverhandlung nicht nur die von seinem Verteidiger abgegebene Erklärung als „seine Einlassung“ bestätigt, sondern sich – wie sich nicht nur aus dem Revisionsvorbringen, sondern zudem aus dem Urteil ergibt (UA S. 9) – darüber hinaus selbst „ergänzend“ zur Sache geäußert hat. Aufgrund dessen bestehen – unter Berücksichtigung der Ausführungen des Generalbundesanwalts – ebenfalls keine rechtlichen Bedenken dagegen , dass die Strafkammer in den Fällen II. 4 bis 6 keine Bewertungseinheit angenommen hat.
7
Soweit die Strafkammer dem Angeklagten auch hinsichtlich der Tat II. 3 der Urteilsgründe strafschärfend angelastet hat, dass er (auch) diese Tat „unter laufender Bewährung“ begangen hat (UA S. 14), trifft dies zwar ersichtlich nicht zu (vgl. UA S. 5 unten). Jedoch schließt der Senat im Hinblick darauf, dass die Bewährungsstrafe jedenfalls noch nicht erlassen war, aus, dass die schon angesichts der Menge (4 kg Amphetamin) maßvolle Einzelstrafe hierauf beruht. Ebenso schließt der Senat hinsichtlich der für die weiteren Taten verhängten – milden – Einzelstrafen, diein den Fällen II. 4 bis 6 der Urteilsgründe sogar unterhalb der gesetzlichen Strafrahmenuntergrenze liegen, aus, dass diese oder die Gesamtfreiheitsstrafe bei Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt geringer ausgefallen wären.
8
4. Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass infolge der Aufhebung nur der die (Nicht-)Anordnung der Maßregel des § 64 StGB betreffenden Feststellung unter anderem bindend feststeht, dass der Angeklagte in den Fällen II. 1 bis 3 mit den jeweiligen Gesamtmengen Handel getrieben hat. Dies gilt auch im Fall II. 1 der Urteilsgründe, in dem der Angeklagte 1 kg Amphetamin ankaufte, um es gewinnbringend weiterzuverkaufen. Denn damit war das unerlaubte Handeltreiben mit dieser nicht geringen Menge unabhängig davon bereits vollendet , dass er sich später entschloss, einen Teil dieser Betäubungsmittel selbst zu konsumieren.
Sost-Scheible Roggenbuck Cierniak
Mutzbauer Bender

Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.

4
a) Die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt setzt nach § 64 Satz 1 StGB – neben dem Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen – voraus, dass die Anlasstat im Rausch begangen wurde oder zumindest mitursächlich auf den Hang zurückgeht, wobei die erste auf die Intoxikationswirkung des Rauschmittels abstellende Alternative einen Unterfall der zweiten Alternative darstellt. Erforderlich ist, dass die konkrete Tat in dem Hang ihre Wurzel findet, sie also Symptomwert für den Hang des Täters zum Missbrauch von Alkohol oder anderen berauschenden Mitteln hat, indem sich in ihr seine hangbedingte Gefährlichkeit äußert (vgl. BGH, Urteile vom 11. September 1990 – 1 StR 293/90, BGHR StGB § 64 Abs. 1 Hang 2; vom 18. Februar 1997 – 1 StR 693/96, BGHR StGB § 64 Abs. 1 Rausch 1; Beschluss vom 28. August 2013 – 4 StR 277/13, NStZ-RR 2014, 75). Da es sich bei der Unterbringung nach § 64 StGB um eine den Angeklagten beschwerende Maßregel handelt (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Juni 1991 – 4 StR 105/91, BGHSt 38, 4, 7), muss der symptomatische Zusammenhang ebenso wie die weiteren tatbestandlichen Voraussetzungen des § 64 StGB bei einer Anordnung sicher feststehen (vgl. BGH, Urteil vom 24. Juni 2003 – 1 StR 2 5/03, StraFo 2003, 431; Beschlüsse vom 1. März 2001 – 4 StR 36/01, NStZ-RR 2001, 295; vom 18. Juni 2013 – 4 StR 145/13).
10
Die Anordnung der Maßregel setzt die belegte Feststellung voraus, dass die konkrete Tat in dem Hang ihre Wurzel findet, sie also Symptomwert für den Hang des Täters zum Missbrauch von Alkohol oder anderen berauschenden Mitteln hat, indem sich in ihr seine hangbedingte Gefährlichkeit äußert (vgl. BGH, Urteil vom 11. September 1990 - 1 StR 293/90, BGHR StGB § 64 Abs. 1 Hang 2; Beschlüsse vom 28. August 2013 - 4 StR 277/13, NStZ-RR 2014, 75; vom 12. März 2014 - 4 StR 572/13, juris Rn. 4). Dabei ist nicht erforderlich, dass der Hang die alleinige Ursache für die Anlasstat ist; ein solcher Zusammenhang ist vielmehr auch dann zu bejahen, wenn der Hang neben anderen Umständen mit dazu beigetragen hat, dass der Angeklagte erhebliche rechtswidrige Taten begangen hat und dies bei unverändertem Suchtverhalten auch für die Zukunft zu besorgen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Mai 2009 - 3 StR 191/09, BGHR StGB § 64 Abs. 1 Hang 9 mwN). Der symptomatische Zusammenhang muss ebenso wie die weiteren tatbestandlichen Voraussetzungen des § 64 StGB bei einer Anordnung sicher feststehen (vgl. BGH, Urteil vom 24. Juni 2003 - 1 StR 25/03, StraFo 2003, 431; Beschluss vom 18. Juni 2013 - 4 StR 145/13, juris Rn. 13).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 482/15
vom
10. November 2015
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 10. November 2015 gemäß
§ 349 Abs. 4 StPO beschlossen:
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Regensburg vom 24. Februar 2015 dahin abgeändert , dass die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt entfällt. Die Staatskasse hat die Kosten der Revision und die dem Angeklagten im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und zehn Monaten verurteilt und seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt sowie Wertersatzverfall angeordnet.
2
Die auf die ausgeführte Sachrüge gestützte, vom Generalbundesanwalt vertretene Revision der Staatsanwaltschaft zu Gunsten des Angeklagten wendet sich allein gegen den Maßregelausspruch. Das Rechtsmittel ist begründet und führt zum Wegfall der Maßregel (§ 349 Abs. 4 StPO).
3
1. Das Landgericht hat, soweit für die Maßregelfrage relevant, im Wesentlichen die folgenden Feststellungen und Wertungen getroffen:
4
a) Der 37-jährige Angeklagte konsumiert seit dem 14. Lebensjahr Cannabis , seit dem 16. Lebensjahr Kokain, LSD und Ecstasy sowie seit dem 17. Lebensjahr Heroin, zunächst intravenös, anschließend nur noch nasal, und ist in diesem Zusammenhang vielfach mit Betäubungsmitteldelikten strafrechtlich in Erscheinung getreten. Vom 24. Oktober 2001 bis zum 25. März 2002 war er erstmals in einer Entziehungsanstalt untergebracht. Die weitere Vollstreckung des Strafrests und der Unterbringung wurde im Dezember 2003 zur Bewährung ausgesetzt. Die Aussetzung des Strafrests wurde mit Beschluss vom 17. Dezember 2005 widerrufen und zugleich die Erledigung der angeordneten Unterbringung festgestellt. Vom 29. September 2005 bis zum 25. Oktober 2005 war der Angeklagte aufgrund eines Urteils vom 29. September 2005 erneut in einer Entziehungsanstalt untergebracht. Nach Vollstreckung des Rests einer Freiheitsstrafe wurde die Unterbringung von Dezember 2005 bis zum 13. Februar 2006 weiter vollzogen. Anschließend verbüßte der Angeklagte den achtmonatigen Rest einer Freiheitsstrafe. Im September 2006 wurde die weitere Vollstreckung der Unterbringung bis Oktober 2008 zurückgestellt. Die Zurückstellung wurde im Januar 2008 widerrufen und die Unterbringung in der Entziehungsanstalt vom 20. Februar 2008 bis 30. Juni 2010 weiter vollzogen. Mit Beschluss vom 22. Juni 2010 wurde der weitere Vollzug zur Bewährung ausgesetzt. In den Jahren 2004, 2005 und 2007 hielt sich der Angeklagte viermal stationär oder teilstationär zur Entgiftung und Entwöhnung in einer Entziehungsanstalt auf.
5
Vom 1. Juli 2010 bis zum 28. Februar 2014 erfolgte in der forensischpsychiatrischen Ambulanz der Entziehungsanstalt eine ambulante Nachsorgebehandlung. Anfang 2010 zog der Angeklagte mit seiner Lebensgefährtin zusammen und begann eine Ausbildung zum Sport- und Fitnesskaufmann. Er arbeitete in einem Fitnessstudio und schloss diese Ausbildung Anfang 2012 erfolgreich ab. Bereits zuvor war ihm von seinem Arbeitgeber bei einem monat- lichen Verdienst von etwa 1300 € netto die Leitung des Fitnessstudios übertra- gen worden.
6
Im November 2011 begab sich der Angeklagte wegen einer akuten Erkrankung an Hepatitis B mit drohendem Leberversagen - bereits einige Jahre zuvor war er an chronischer Hepatitis C erkrankt - in ein Krankenhaus und wurde dort bis Anfang 2012 stationär behandelt. In dieser Zeit wurde er mit Heroin und Subutex rückfällig, nachdem es seit Dezember 2008 keine Rückfälle mehr gegeben hatte. Für beide Erkrankungen an Hepatitis war die ursprünglich intravenöse Art des Heroinkonsums ursächlich. Anfang 2012 wurde er aus dem Krankenhaus entlassen und in verschiedenen Entziehungsanstalten mehrfach substitutionsbehandelt. Im Sommer 2013 reiste der Angeklagte in die Ukraine und ließ sich dort einen Opiatblocker implantieren, der die durch Opiate verursachten Wirkungen für die Dauer von etwa sechs Monaten aufhebt, wodurch der Patient zum Unterlassen des nun wirkungslosen Opiatkonsums motiviert werden soll. Der Angeklagte konsumierte, nachdem er am 15. April 2014 in Untersuchungshaft genommen worden war, in der Justizvollzugsanstalt weiterhin Heroin.
7
Während seiner Ausbildung zum Sport- und Fitnesskaufmann verkaufte der Angeklagte am 17. Dezember 2010 aus einer Menge von mindestens einem Kilogramm Heroin 40 g und erhielt hierfür vom Käufer 1000 € in bar. Am 1. Februar 2011 verkaufte er daraus an denselben Käufer 100 g Heroin zum Preis von 1800 €. Der Angeklagte handelte in beiden Fällen in Gewinnerzie- lungsabsicht. Das Heroin hatte der Angeklagte von einem unbekannten Lieferanten aus dem westdeutschen Raum erworben.
8
b) Die Strafkammer hat einen Hang im Sinne des § 64 Satz 1 StGB bejaht. Der Angeklagte habe bereits zur Tatzeit an den gesundheitlichen Folgen seines langjährigen Heroinkonsums in Form einer chronischen Erkrankung an Hepatitis C gelitten und sei hierdurch sozial gefährdet gewesen. Bei einem langjährigen Konsum von Heroin, einem Rauschgift mit sehr großem „Abhängigkeitspotenzial“ , und der wiederholten Rückfälligkeit des Angeklagtenin der Vergangenheit könne das Fortbestehen eines Hangs nicht deswegen verneint werden, weil der Lebensweg des Angeklagten „Intervalle der Abstinenz“ auf- weise.
9
Damit ist die Kammer vom Gutachten des Sachverständigen abgewichen. Dieser hatte für den Zeitraum vor der zum 30. Juni 2010 beendeten stationären Unterbringung und dann erneut ab Ende November 2011 eine körperliche und psychische Opiatabhängigkeit diagnostiziert, nicht aber für den Tatzeitraum , in welchem der Angeklagte seit mehr als zwei Jahren abstinent war. Das Fehlen eines Hangs hatte der Sachverständige damit begründet, dass für den Tatzeitraum keine erhebliche Beeinträchtigung des psychosozialen Funktionsniveaus zweifelsfrei festzustellen sei.
10
Die Strafkammer hat auch den symptomatischen Zusammenhang zwischen dem Hang zu übermäßigem Rauschmittelkonsum und der begangenen Tat bejaht und ist auch hier vom Gutachten des Sachverständigen abgewichen. Der Sachverständige hatte ausgeführt, dass bei einem erst Ende 2011 erfolgten Rückfall anzunehmen sei, dass der Angeklagte die Tat nicht begangen hat, um sich Drogen und finanzielle Mittel für den Eigenkonsum zu beschaffen, sondern aus anderen Motiven, zum Beispiel aus Gewinnerzielungsabsicht. Schließlich sei das erworbene Heroin zum Weiterverkauf und nicht zum Eigenkonsum des Angeklagten bestimmt gewesen. Dagegen begründet die Kammer den symptomatischen Zusammenhang mit der Überlegung, dass der Angeklag- te, der seine Heroinlieferanten dem Gericht nicht genannt hatte, „ohne Zweifel seine Kenntnisse und Kontakte zu seinen früheren Lieferquellen nutzte, um sich auch dieses Kilogramm Heroin zu beschaffen“.
11
Die Strafkammer hat eine hinreichend konkrete Erfolgsaussicht (§ 64 Satz 2 StGB) einer erneuten und damit der dritten Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angenommen und ist der Auffassung des Sachverständigen auch in diesem Punkt nicht gefolgt. Der Sachverständige hatte dargelegt, beim Angeklagten fehle trotz dessen ausdrücklicher Erklärung, therapiebereit zu sein, eine hinreichend konkrete Erfolgsaussicht. Er habe sehr früh mit dem Rauschmittelkonsum und der Delinquenz begonnen, habe verschiedene Suchtmittel gebraucht und einen verfestigten langjährigen Heroinkonsum; er habe mehrere Therapien erfolglos absolviert und bereits zwei Unterbringungen im Maßregelvollzug durchlaufen; er sei mit dem kriminellen Milieu verflochten, habe lange Zeiten der Freiheitsentziehung hinter sich, weise eine verminderte Frustrationstoleranz und gewisse dissoziale Persönlichkeitszüge auf und habe in der Justizvollzugsanstalt weiter Heroin konsumiert. Die positiv zu bewertenden Faktoren wie abgeschlossene Schul- und Berufsausbildung, familiäre Bindungen , Erfahrungen in der Erwerbstätigkeit, Selbstentzug mit längerer Abstinenzphase hätten alle auch bereits zur Tatzeit vorgelegen.
12
2. Die Beschränkung des Rechtsmittels ist wirksam. Anhaltspunkte dafür , dass die Strafe von der Maßregelanordnung beeinflusst sein könnte, ergeben sich aus den Urteilsgründen nicht (vgl. hierzu BGH, Urteile vom 7. Oktober 1992 – 2 StR 374/92, BGHSt 38, 362, 364 f. und vom 31. Juli 2013 – 2 StR 620/12).
13
3. Die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) hält revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand. Die Feststellungen tragen die Annahme des Landgerichts nicht, beim Angeklagten sei ein Hang gegeben, die abgeurteilte Tat habe Symptomwert für den Hang (§ 64 Satz 1 StGB) und es bestehe eine hinreichend konkrete Aussicht, den Angeklagten durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt zumindest eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in seinen Hang zu bewahren und von der Begehung auf seinen Hang zurückgehender erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten (§ 64 Satz 2 StGB).
14
a) Für einen Hang ist nach ständiger Rechtsprechung ausreichend eine eingewurzelte, auf psychische Disposition zurückgehende oder durch Übung erworbene Neigung, immer wieder Rauschmittel zu konsumieren, wobei diese Neigung noch nicht den Grad einer physischen Abhängigkeit erreicht haben muss. Ein übermäßiger Genuss von Rauschmitteln ist jedenfalls dann gegeben, wenn der Betroffene auf Grund seiner psychischen Abhängigkeit sozial gefährdet oder gefährlich erscheint (st. Rspr.; vgl. Beschlüsse vom 6. September 2007 – 4 StR 318/07, NStZ-RR 2008, 8; vom 1. April 2008 – 4 StR 56/08, NStZ-RR 2008, 198, 199; vom 12. April 2012 – 5 StR 87/12, NStZ-RR 2012, 271; vom 21. August 2012 – 4 StR 311/12 und vom 30. Juli 2013 – 2 StR 174/13). Nicht erforderlich ist, dass beim Täter bereits eine Persönlichkeitsdepravation eingetreten ist (BGH, Beschluss vom 6. September 2007 – 4 StR 318/07, NStZ-RR 2008, 8). Dem Umstand, dass durch den Rauschmittelkonsum die Gesundheit sowie die Arbeits- und Leistungsfähigkeit des Betroffenen beeinträchtigt sind, kommt nur eine indizielle Bedeutung zu. Das Fehlen solcher Beeinträchtigungen schließt nicht notwendigerweise die Bejahung eines Hangs aus (BGH, Beschluss vom 1. April 2008 – 4 StR 56/08, NStZ-RR 2008, 198).
15
Die von der Strafkammer für das Vorliegen eines Hangs angeführte Erkrankung an Hepatitis C zur Tatzeit begründet für sich gesehen keine soziale Gefährdung des Angeklagten, sondern lediglich die Behandlungsbedürftigkeit der Erkrankung. Feststellungen der Kammer, die eine soziale Gefährdung des Angeklagten auf Grund einer Neigung zum Rauschmittelkonsum in dieser Zeit belegen könnten, hat die Strafkammer nicht getroffen. Der Angeklagte war auch nicht nur für eine kurze Zeit abstinent, sondern über einen Zeitraum von etwa drei Jahren, ohne dass die Kammer irgendwelche Leistungsdefizite feststellen konnte. Im Gegenteil, er begann im Jahr 2010 eine Ausbildung zum Sport- und Fitnesskaufmann, arbeitete in einem Fitnessstudio und schloss seine Ausbildung Anfang 2012 erfolgreich ab. Bereits vor Ausbildungsabschluss war ihm von seinem Arbeitgeber die Leitung des Fitnessstudios übertragen worden. Seine privaten Verhältnisse waren geordnet (UA S. 3). Er war so stabil, dass er trotz der über einen längeren Zeitraum vorhandenen Zugriffsmöglichkeit auf Heroin erst im November 2011 rückfällig wurde, also zehn Monate nach dem letzten festgestellten Verkauf (UA S. 10 ff.).
16
b) Beim Angeklagten fehlt es zudem an dem für die Anordnung der Unterbringung nach § 64 StGB erforderlichen Symptomcharakter der abgeurteilten Tat.
17
Eine Tat hat dann Symptomcharakter, wenn sie in dem Hang ihre Wurzel findet, also Symptomwert für den Hang des Täters zum Missbrauch von Alkohol oder anderen berauschenden Mitteln hat (BGH, Urteil vom 11. September 1990 – 1 StR 293/90, NStZ 1991, 128; Beschluss vom 28. August 2013 – 4 StR 277/13, NStZ-RR 2014, 75), also – zumindest mitursächlich – auf den Hang zurückgeht (BGH, Beschluss vom 28. August 2013 – 4 StR 277/13, NStZ-RR 2014, 75). Typisch sind hierfür Delikte, die begangen werden, um Rauschmittel oder Geld für ihre Beschaffung zu erlangen (BGH, Urteil vom 18. Februar 1997 – 1 StR 693/96, BGHR StGB § 64 Abs. 1 Rausch 1; Beschluss vom 28. August 2013 – 4 StR 277/13, NStZ-RR 2014, 75).
18
Daran fehlt es. Dem Angeklagten ging es allein darum, das erworbene Heroin mit Gewinn zu veräußern (UA S. 10). Dass er für die Beschaffung des Heroins möglicherweise Kontakte zu früheren Lieferanten genutzt hat (UA S. 21), genügt nicht. Denn dieser Umstand begründet keine besondere hangbedingte Gefährlichkeit. Ohnehin hat die Strafkammer die Nutzung solcher Kontakte auch nicht festgestellt. Zur Herkunft des Heroins findet sich nur die Feststellung , dass es der Angeklagte von einem unbekannten Lieferanten aus dem westdeutschen Raum erworben und in der Hauptverhandlung zu seinem Lieferanten keine Angaben gemacht hat. Gemäß den Feststellungen in einer früheren Verurteilung (Bundeszentralregisterauszug Ziffer 7, UA S. 7, 8) bezog er damals das Heroin aus den Niederlanden.
19
Eine Betäubungsmittelabhängigkeit jedenfalls spielte für die verfahrensgegenständliche Tat keine Rolle, da der Angeklagte zum Zeitpunkt des Handeltreibens mit Heroin keine Drogen konsumierte.
20
Andere Delikte als solche der Beschaffungskriminalität kommen als Hangtaten nur dann in Betracht, wenn sich in ihnen die hangbedingte besondere Gefährlichkeit des Täters zeigt (BGH, Urteil vom 18. Februar 1997 – 1 StR 693/96, BGHR StGB § 64 Abs. 1 Rausch 1; Beschluss vom 28. August2013 – 4StR 277/13, NStZ-RR 2014, 75). Solche Anhaltspunkte sind hier nicht ersichtlich.
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c) Darüber hinaus besteht beim Angeklagten nach den Feststellungen des Landgerichts auch keine tragfähige Basis für die erforderliche konkrete Therapieaussicht. Der seit frühester Jugend Betäubungsmittel konsumierende Angeklagte hat zahlreiche Therapieversuche unternommen, darunter auch zwei Unterbringungen gemäß § 64 StGB. Daneben kommen weitere ungünstige Umstände hinzu, die die Erfolgsaussichten einer Entwöhnungsbehandlung weiter vermindern. Sowohl die Tat, die im Urteil unter Bundeszentralregisterauszug Ziffer 9 mitgeteilt ist, als auch die vorliegende Tat mit der bislang höchsten Betäubungsmittelmenge beging der Angeklagte nur wenige Monate nach der Entlassung aus einer Unterbringung während der ambulanten Nachsorge (UA S. 8, 9). Jedenfalls bei derart ungünstigen Ausgangsbedingungen lässt einzig die Therapiemotivation des Angeklagten im Zeitpunkt der Hauptverhandlung nicht hinreichend sicher (§ 64 Satz 2 StGB) auf einen erfolgreichen Verlauf im Sinne des Gesetzes schließen.
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4. Da eine Bejahung der Voraussetzungen des § 64 StGB auf der Grundlage der rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen sicher ausscheidet und die Anordnung der Maßregel für den Angeklagten eine zusätzliche Beschwer darstellt (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 13. Juni 1991 – 4 StR 105/91, BGHSt 38, 4, 7; Urteil vom 5. August 2010 – 3 StR 195/10), führt die gegen diese zusätzliche Belastung des Angeklagten gerichtete, ihn mithin aus Rechtsgründen begünstigende (§ 296 Abs. 2 StPO) Revision der Staatsanwaltschaft zum Wegfall der Maßregel.
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Der Senat kann durch Beschluss entscheiden, da diese Folge allein zugunsten des Angeklagten wirkt.
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5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs.2 Satz 2 StPO (BGH, Urteil vom 20. September 2011 – 1 StR 120/11; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Aufl., § 473 Rn. 16). Graf Jäger Mosbacher Fischer Bär
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Die Feststellungen und Wertungen des Landgerichts belegen nämlich, dass die Voraussetzungen einer solchen Unterbringung nicht vorliegen: Die Strafkammer geht im Anschluss an die Ausführungen des von ihr gehörten Sachverständigen davon aus, dass die Wiederholungsgefahr gering sei, aber nicht ausgeschlossen werden könne. Für eine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt hingegen ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die „begründete“ Wahrscheinlichkeit der Begehung weiterer erheblicher Straf- taten erforderlich (BGH, Urteil vom 21. September 1993 – 4 StR 374/93, NStZ 1994, 30, 31; ebenso Schönke/Schröder/Stree/Kinzig, StGB, 29. Aufl., § 64 Rn. 12; vgl. auch BGH, Urteil vom 7. Mai 1991 – 1 StR 141/91); es muss mit einer Wiederholung „zu rechnen“ (BGH, Beschluss vom 29. August 2018 – 4 StR 248/18), dies muss „konkret (zu) besorgen“ sein (BGH, Beschluss vom 8. Mai 2008 – 3 StR 148/08, NStZ-RR 2008, 234; OLG Koblenz, Beschluss vom 27. Oktober 2010 – 2 Ss 170/10). Die bloße Wiederholungsmöglichkeit genügt nicht (BGH, Urteil vom 21. September 1993 aaO; Urteil vom 11. Dezember 1990 – 1 StR 611/90, BGHR StGB § 64 Abs. 1 Gefährlichkeit 3; Beschluss vom 6. Dezember 1996 – 2 StR 608/96, BGHR StGB § 64 Abs. 1 Gefährlichkeit 6). Auch in der Literatur wird eine „nahe liegende“ bzw. bestimmte Wahrscheinlichkeit weiterer hangbedingter Straftaten gefordert (Schöch in LK-StGB, 12. Aufl., § 64 Rn. 84; MünchKomm-StGB/van Gemmeren, 3. Aufl., § 64 Rn. 55; SSWStGB /Kaspar, 3. Aufl., § 64 Rn. 29; Lackner/Kühl, StGB, 29. Aufl., § 64 Rn. 5). Dem genügt eine „geringe“ Wahrscheinlichkeit nicht. Daher kommt es nicht mehr darauf an, ob die Formulierung der Strafkammer, die einerseits eine geringe Wahrscheinlichkeit feststellt, sie andererseits aber lediglich nicht ausschließen kann, nicht schon in sich widersprüchlich ist.