Bundesgerichtshof Urteil, 22. Juli 2010 - 3 StR 156/10

bei uns veröffentlicht am22.07.2010

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 156/10
vom
22. Juli 2010
in der Strafsache
gegen
wegen Geiselnahme u. a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 22. Juli 2010,
an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Becker,
die Richter am Bundesgerichtshof
Pfister,
von Lienen,
Richterin am Bundesgerichtshof
Sost-Scheible,
Richter am Bundesgerichtshof
Hubert
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt ,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten,
Rechtsanwalt
als Vertreter der Nebenklägerin,
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Das Verfahren wird mit Zustimmung des Generalbundesanwalts auf die Geiselnahme und die vier der Verurteilung zugrunde liegenden Taten der Vergewaltigung beschränkt. 2. Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft und der Nebenklägerin wird das Urteil des Landgerichts Wuppertal vom 9. Oktober 2009 im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte der Geiselnahme in Tateinheit mit besonders schwerer Vergewaltigung in vier tateinheitlich zusammentreffenden Fällen schuldig ist. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen. 3. Die Revision des Angeklagten gegen das vorbezeichnete Urteil wird verworfen. 4. Die Kosten des Rechtsmittels der Staatsanwaltschaft und die dem Angeklagten dadurch entstandenen notwendigen Auslagen werden der Staatskasse auferlegt. Die Nebenklägerin hat die Kosten ihres Rechtsmittels und die dem Angeklagten dadurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Geiselnahme in Tateinheit mit besonders schwerer Vergewaltigung zu einer Freiheitsstrafe von zwölf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Hiergegen richten sich die Revisionen der Staatsanwaltschaft, der Nebenklägerin und des Angeklagten. Die Staatsanwaltschaft erstrebt mit ihrem Rechtsmittel eine Aufhebung des Urteils zum Nachteil des Angeklagten. Sie erhebt die allgemeine Sachrüge und wendet sich mit Einzelausführungen dagegen, dass das Landgericht nur von einer einzigen Tat im Rechtssinne ausgegangen ist und die Anordnung der Sicherungsverwahrung abgelehnt hat. Auch die Nebenklägerin rügt die Beurteilung des Konkurrenzverhältnisses zwischen den einzelnen Vergewaltigungstaten. Die Rechtsmittel führen sämtlich nur zur Änderung des Schuldspruchs, bleiben aber im Übrigen erfolglos. Die Revision des Angeklagten wendet sich allein gegen die Strafhöhe. Sie hat keinen Erfolg.
2
Nach den Feststellungen des Landgerichts überfiel der Angeklagte in den Morgenstunden des 7. Mai 2009 die ihm bis dahin unbekannte sechzehnjährige Schülerin S. auf deren Weg zur Schule. Er bedrohte sie mit einem Messer, legte ihr eine Seilschlinge um den Hals und verbrachte sie gewaltsam in seine nahe gelegene Wohnung. Dort hielt er das Mädchen entsprechend seinem zuvor gefassten Plan fest. Er drohte ihr unter Vorhalten des Messers mit dem Tode, falls sie ihm nicht zum Willen sei, und fesselte sie zeitweise auch mit Handschellen und der Seilschlinge. Das hierdurch völlig verängstigte Opfer zwang er - wie von ihm von Anfang an beabsichtigt - im Verlauf dieses und der beiden folgenden Tage zu sexuellen Handlungen, bei denen es zum Geschlechtsverkehr und teilweise zum Oralverkehr kam und der Angeklag- te auch jeweils versuchte, den Analverkehr auszuüben. Im Einzelnen kam es bereits während des ersten Tages zu drei, an den beiden Folgetagen jeweils zu einem mehrstündigen Übergriff. Dabei drohte der Angeklagte dem Mädchen stets mit der Tötung, bei der ersten Tat hielt er ihr dabei das Messer entgegen. Zwischen dem zweiten und dritten Übergriff fesselte er sein Opfer und verbrachte es zeitweise auf den Dachboden. Die Nacht musste es neben ihm im Bett verbringen. Zur Verhinderung der Flucht schloss der Angeklagte das Zimmer ab. Auch am zweiten Tag fesselte er das Mädchen, als er für einige Zeit außer Haus gehen wollte. Nach zwei weiteren Nächten gelang der Nebenklägerin am Vormittag des vierten Tages die Flucht, nachdem der Angeklagte die Wohnung hatte eilig verlassen müssen und dabei im Glauben, sein Opfer werde nunmehr allein unter der Drohung mit Rache im Hause zurückbleiben, auf eine Fesselung verzichtet hatte.
3
Das Landgericht hat das Tatgeschehen als Geiselnahme gemäß § 239b Abs. 1 1. Alt. StGB sowie als vier Taten der Vergewaltigung beurteilt (die erste Tat gemäß § 177 Abs. 1 Nr. 1 und 2, Abs. 2 Nr. 1, Abs. 4 Nr. 1 StGB; drei weitere Taten gemäß § 177 Abs. 1 Nr. 1 und 2, Abs. 2 Nr. 1 StGB; der fünfte festgestellte Übergriff - der dritte im Verlauf des ersten Tages - war nach Auffassung des Landgerichts nicht Gegenstand der Anklage). Diese seien "als eine Tat im Sinne einer natürlichen Handlungseinheit zu betrachten", wobei das Dauerdelikt der Geiselnahme die während seiner Begehung verwirklichten weiteren Straftaten zur Tateinheit verklammere. Es hat die Strafe dem Strafrahmen des § 239b Abs. 1 StGB (fünf Jahre bis 15 Jahre) entnommen und unter Berücksichtigung der im Tatzeitraum begangenen Vergewaltigungen eine Strafe von zwölf Jahren und sechs Monaten verhängt. Von der Anordnung der Sicherungsverwahrung hat das Landgericht abgesehen, da die formellen Voraussetzungen nach § 66 Abs. 2 bzw. Abs. 3 Satz 2 StGB nicht vorlagen.

I. Revision der Staatsanwaltschaft
4
Die Revision führt lediglich zur Änderung des Schuldspruchs. Im Übrigen hat die Überprüfung des Urteils keinen Rechtsfehler zu Gunsten oder zu Lasten (§ 301 StPO) des Angeklagten ergeben.
5
1. Die Feststellungen des Landgerichts beruhen auf dem Geständnis des Angeklagten und einer rechtsfehlerfreien Beweiswürdigung (vgl. BGH, Urteil vom 9. Juni 2005 - 3 StR 269/04, NJW 2005, 2322, 2326). Es ist von Rechts wegen nicht zu beanstanden, dass das Landgericht der Einlassung des Angeklagten gefolgt ist, er habe die dauerhafte Einsperrung der Nebenklägerin von Anfang an geplant, um diese wiederholt sexuell missbrauchen zu können.
6
2. Nach den Feststellungen hat der Angeklagte die Nebenklägerin entführt , um sie in seiner Wohnung durch Todesdrohung zur Duldung der darauf folgenden sexuellen Übergriffe zu nötigen, § 239b Abs. 1 1. Alt. StGB (vgl. BGH, Großer Senat für Strafsachen, Beschluss vom 22. November 1994 - GSSt 1/94, BGHSt 40, 350). Daneben hat der Angeklagte die Nebenklägerin im Verlauf der mehrtägigen Geiselnahme bei insgesamt fünf Gelegenheiten jeweils durch Gewalt und durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für das Leben zum Beischlaf und ähnlichen, das Opfer besonders erniedrigenden sexuellen Handlungen genötigt (§ 177 Abs. 1 Nr. 1 und 2, Abs. 2 Nr. 1 StGB). Die eingesetzte Gewalt bestand darin, dass er das Opfer über den gesamten Tatzeitraum eingesperrt hatte, um sie am Weglaufen zu hindern und damit die sexuellen Übergriffe zu ermöglichen (vgl. BGH, Beschluss vom 23. November 1993 - 1 StR 739/93, BGHR StGB § 177 Abs. 1 Gewalt 10; BGH, Urteil vom 9. März 1993 - 5 StR 1/93, NStZ 1993, 340; BGH, Beschluss vom 1. Oktober 1998 - 4 StR 347/98, NStZ 1999, 83; BGH, Beschluss vom 9. März 2000 - 4 StR 513/99, NStZ 2000, 419; BGH, Urteil vom 2. Oktober 2002 - 2 StR 153/02, NStZ-RR 2003, 42).
7
In jedem dieser Fälle hat der Angeklagte bei der Tat ein Messer als Drohmittel verwendet (§ 177 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 1, Abs. 4 Nr. 1 StGB). Zwar ist nur für den ersten sexuellen Übergriff festgestellt, dass der Angeklagte mit dem Messer ausdrücklich drohte, indem er das Opfer fragte, ob er es "immer noch halten müsse", und es sodann auf die unmittelbar neben dem Bett stehende Kommode legte. Aus dem Zusammenhang der Urteilsgründe ergibt sich indes, dass er in den weiteren Fällen mit dem Einsatz des Messers, welches während sämtlicher Übergriffe an diesem Ort verblieb, jeweils konkludent drohte und das Opfer dies auch entsprechend der Vorstellung des Angeklagten als Drohung empfand.
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3. Auch die Beurteilung des Konkurrenzverhältnisses durch das Landgericht hält im Ergebnis rechtlicher Überprüfung stand.
9
a) Bei jedem der Übergriffe zwang der Angeklagte die Nebenklägerin jeweils zur Vornahme oder Duldung verschiedener sexueller Handlungen. Wegen des unmittelbaren Ineinanderübergehens der abgenötigten Handlungen und des fortdauernd eingesetzten Nötigungsmittels liegt dabei in jedem Fall trotz der Mehrheit der abgenötigten Handlungen nur eine Tat der besonders schweren Vergewaltigung vor.
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b) Für das Verhältnis der Vergewaltigungstaten zueinander gilt Folgendes :
11
aa) Zwischen den vier Taten besteht nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bereits deshalb Tateinheit, weil die objektiven Ausführungshandlungen teilweise identisch sind. Alle Vergewaltigungen sind mittels eines einheitlichen, durchgehend und ohne Zäsuren im Geschehensablauf eingesetzten Nötigungsmittels, nämlich der Einsperrung des Opfers zu dem Zweck, sexuelle Übergriffe an ihm vornehmen zu können, begangen worden (vgl. BGH, Beschluss vom 23. November 1993 - 1 StR 739/93, BGHR StGB § 177 Abs. 1 Gewalt 10; BGH, Urteil vom 9. März 1993 - 5 StR 1/93, NStZ 1993, 340; BGH, Beschluss vom 1. Oktober 1998 - 4 StR 347/98, NStZ 1999, 83; BGH, Beschluss vom 9. März 2000 - 4 StR 513/99, NStZ 2000, 419; BGH, Urteil vom 2. Oktober 2002 - 2 StR 153/02, NStZ-RR 2003, 42; BGH, Beschluss vom 10. Februar 2005 - 3 StR 15/05; LK-Rissing-van Saan, 12. Aufl., § 52 Rn. 20 mwN).
12
bb) Da somit schon unter dem Aspekt der rechtlichen Handlungseinheit nur eine Tat im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB vorliegt, kommt es nicht mehr darauf an, ob die verschiedenen vom Angeklagten begangenen Gesetzesverletzungen auch unter dem Gesichtspunkt der natürlichen Handlungseinheit oder der Klammerwirkung eines durchgängig verwirklichten Dauerdelikts zur Tateinheit verbunden werden. Im Hinblick auf die von der Beschwerdeführerin gegen die Rechtsfigur der Tateinheit aufgrund Klammerwirkung erhobenen Einwände bemerkt der Senat lediglich, dass auch dieser Fall keinen Anlass geben könnte, hiervon Abstand zu nehmen (vgl. zum Zusammentreffen von Vergewaltigung mit Geiselnahme insoweit BGH, Urteil vom 10. Dezember 2008 - 2 StR 338/08, bei Pfister, NStZ-RR 2009, 361, 365 Nr. 35; BGH, Urteil vom 8. November 2007 - 3 StR 320/07, BGHR StGB § 52 Abs. 1 Klammerwirkung 10). Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin können die während der Geiselnahme begangenen Straftaten im Schuldspruch voll - nämlich als durch "in mehreren tat- einheitlich zusammentreffenden Fällen" begangen - erfasst werden. Zutreffend hat der Generalbundesanwalt dargelegt, dass auch bei der Bestrafung eine Berücksichtigung der weiteren Taten möglich ist - wie nicht zuletzt die hohe, an die Höchstgrenze einer zeitigen Freiheitsstrafe heranreichende Strafe beweist, die das Landgericht gegen den noch jungen, bislang nicht bestraften Angeklagten verhängt hat.
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cc) Da alle Vergewaltigungen nur eine Tat im materiellen Sinn darstellen, sind sie sämtlich auch Gegenstand der Anklage (st. Rspr.; vgl. Meyer-Goßner, StPO, 53. Aufl., § 264 Rn. 6 mwN). Das Landgericht wäre deshalb im Rahmen seiner Kognitionspflicht gehalten gewesen, den Angeklagten nach Erteilung eines rechtlichen Hinweises auch wegen des fünften - erst durch die Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung zutage getretenen - Übergriffs abzuurteilen. Um die Anklage zu erschöpfen, hat der Senat mit Zustimmung des Generalbundesanwalts insoweit eine Verfahrensbeschränkung gemäß § 154a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 StPO vorgenommen.
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c) Zu der (besonders schweren) Vergewaltigung steht die Geiselnahme in Tateinheit. Die objektiven Ausführungshandlungen sind auch hier teilweise identisch. Die bei der Entführung des Opfers angewendete Gewalt und das Verbringen an einen Ort, an dem es dem ungehemmten Einfluss des Täters weiterhin ausgesetzt war, war zugleich Teil der Gewalt, mit der der Angeklagte sodann die sexuellen Handlungen erzwang (vgl. BGH, Urteil vom 9. April 2003 - 2 StR 421/02).
15
d) Zur Klarstellung des begangenen Unrechts (vgl. BGH, Urteil vom 24. September 1998 - 4 StR 272/98, BGHSt 44, 196, 198) sind im Schuldspruch die einzelnen Übergriffe als tateinheitlich zusammentreffende Fälle der beson- ders schweren Vergewaltigung zu bezeichnen. Dies ist für die Fälle der gleichartigen Tateinheit anerkannt (vgl. Meyer-Goßner, aaO § 260 Rn. 26). Für die Fälle mehrfacher Verwirklichung des Vergewaltigungstatbestands im Wege fortlaufender Gewaltanwendung kann nichts anderes gelten. Der Senat hat deshalb den Schuldspruch entsprechend geändert.
16
4. Die Strafzumessung weist ebenfalls keinen Rechtsfehler auf.
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5. Zutreffend hat das Landgericht auch von der Anordnung der Sicherungsverwahrung abgesehen.
18
Die formellen Voraussetzungen, unter denen das Gesetz die Maßregelverhängung ermöglicht, liegen nicht vor. In Betracht käme bei dem unbestraften Angeklagten die Anordnung allein nach § 66 Abs. 2 oder Abs. 3 Satz 2 StGB. Wie der Generalbundesanwalt in seiner Zuleitungsschrift ausführlich dargelegt hat, setzen nach ganz herrschender Auffassung in Rechtsprechung und Literatur beide Varianten allerdings voraus, dass der Täter drei bzw. zwei rechtlich selbständige Taten begangen haben muss (vgl. BGH, Urteil vom 21. September 1951 - 2 StR 415/51, BGHSt 1, 313, 316; BGH, Beschluss vom 14. Dezember 2001 - 3 StR 458/01, NStZ 2002, 313; LK-Rissing-van Saan/ Peglau, 12. Aufl., § 66 Rn. 81 mwN). An dieser Auffassung ist festzuhalten. Hierfür sprechen der Wortlaut der Vorschrift, die Systematik des Strafgesetzbuchs, die Gesetzgebungsgeschichte und auch der Sinn und Zweck der Norm.
19
a) § 66 Abs. 2 StGB setzt voraus, dass der Angeklagte drei vorsätzliche Straftaten begangen hat, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verwirkt hat, und er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt wird. § 66 Abs. 3 Satz 2 StGB fordert, dass der Angeklagte zwei Straftaten aus dem Katalog des § 66 Abs. 3 Satz 1 StGB begangen hat, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verwirkt hat und wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt wird. Bereits der Wortlaut ("Taten") deutet darauf hin, dass der Angeklagte jeweils mehrere rechtlich selbständige Taten begangen haben muss.
20
b) Hierfür spricht auch der Vergleich mit anderen Vorschriften. So wird in § 53 Abs. 1 StGB der Begriff "mehrere Straftaten" für die Bezeichnung mehrerer selbständiger Taten verwendet, bei deren gleichzeitiger Aburteilung eine Gesamtstrafe zu bilden ist. Auch der Begriff des "Verwirkens" wird vom Gesetz hier gebraucht für die Bezeichnung der Festsetzung einer Einzelstrafe für eine selbständige Tat als Grundlage der Gesamtstrafenbildung. Demgegenüber beschreibt § 52 Abs. 1 StGB die tateinheitliche Begehung von Straftaten als die Verletzung mehrerer Strafgesetze oder die mehrmalige Verletzung desselben Strafgesetzes jeweils durch eine Handlung. In diesen Fällen wird nur auf eine Strafe "erkannt". Nach der Gesetzessystematik verweisen § 66 Abs. 2 und § 66 Abs. 3 Satz 2 StGB somit auf § 53 Abs. 1 und nicht auf § 52 Abs. 1 StGB.
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c) Nichts anderes ergibt sich aus der Gesetzgebungsgeschichte. Das zweispurige Sanktionensystem - und damit auch die Sicherungsverwahrung - fanden Eingang in das Strafgesetzbuch durch das "Gesetz gegen gefährliche Gewohnheitsverbrecher und über Maßregeln der Sicherung und Besserung" vom 24. November 1933 (RGBl. I S. 995 - Gewohnheitsverbrechergesetz). Dieses sah für "gefährliche Gewohnheitsverbrecher" in § 20a RStGB eine Strafschärfung und in § 42e RStGB die obligatorische Anordnung der Sicherungsverwahrung vor. § 20a Abs. 2 RStGB knüpfte die Einstufung eines Angeklagten als "gefährlichen Gewohnheitsverbrecher" an die Begehung von mindestens drei Taten. Dabei musste es sich - um die Bezeichnung als "Gewohnheitsverbrecher" zu rechtfertigen - um drei selbständige Taten handeln. Hiervon ist auch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs seit jeher ausgegangen. Deshalb sind Einzelakte einer fortgesetzten Handlung auch nicht als vorsätzliche Taten im Sinne des § 20a Abs. 2 StGB angesehen worden (BGH, Urteil vom 21. September 1951 - 2 StR 415/51, BGHSt 1, 313, 314). Auch bei der Reform des Rechts der Sicherungsverwahrung durch das 1. StrRG zum 1. April 1970 ist § 42e Abs. 2 StGB, die Vorschrift, die Sicherungsverwahrung ohne vorangegangene Verurteilung und Strafverbüßung ermöglichte, als Ausnahmevorschrift für besonders gelagerte Fälle, der Begehung mehrerer selbständiger Taten, angesehen worden (vgl. Erster Schriftlicher Bericht des Sonderausschusses für die Strafrechtsreform, BT-Drucks. V/4094 S. 20 f.). Auch bei der Ausdehnung der Sicherungsverwahrung durch das Gesetz zur Bekämpfung von Sexualdelikten und anderen gefährlichen Straftaten im Jahr 1998 hat sich hieran nichts geändert. Auch § 66 Abs. 3 StGB folgt der bis dahin bekannten Differenzierung bei den formellen Voraussetzungen in Täter mit Vorstrafe und Vorverbüßung (§ 66 Abs. 3 Satz 1 StGB) und solche mit einer Mehrzahl von selbständigen Taten, bei denen auf die Vorverurteilung und Vorverbüßung verzichtet werden kann (§ 66 Abs. 3 Satz 2 StGB). Überlegungen, schon nach Begehung von nur einer Tat im Rechtssinn ohne vorangegangene Verurteilung und Strafverbüßung die Sicherungsverwahrung zu ermöglichen, sind nicht angestellt worden (vgl. die Stellungnahmen der Sachverständigen Prof. Dr. Schöch und Prof. Dr. Weigend, Protokoll der 93. Sitzung des Rechtsausschusses am 8. September 1997, S. 10, 22). Eine solche Ausdehnung des Anwendungsbereichs der Sicherungsverwahrung ist erst im Zusammenhang mit der Schaffung der nachträglichen Sicherungsverwahrung diskutiert worden. Die im Gesetzgebungsverfahren angehörten Sachverständigen haben sich eindeutig dagegen ausgesprochen und ausgeführt, dass die Reduzierung auf eine Tat als formelle Voraussetzung der Sicherungsverwahrung zu einer erheblichen Unsicherheit bei der Feststellung der materiellen Voraussetzungen - Hang und Gefährlichkeit - führen würde (vgl. die Stellungnahmen der Sachverständigen PD Dr. Kinzig, Prof. Dr. Leygraf und Dr. Schäfer, Protokoll der 47. Sitzung des Rechtsausschusses am 5. Mai 2004, S. 14, 15 ff., 22).
22
d) Wegen ihrer grundsätzlich unbeschränkten Dauer greift die Sicherungsverwahrung wie keine andere Sanktion in das Freiheitsgrundrecht ein. Sie ist deshalb - ungeachtet der Ausweitungen ihres Anwendungsbereichs in den vergangenen 15 Jahren - eine Maßregel mit ultima-ratio-Charakter. Die Vorschriften sind daher grundsätzlich eng auszulegen (vgl. BGH, Urteil vom 14. Juli 1999 - 3 StR 209/99, BGHR StGB § 66 Abs. 3 i.d.F. 6. StrRG Katalogtat 1). Die Anordnung der Sicherungsverwahrung hängt von einer Gefährlichkeitsprognose ab. Die dieser innewohnenden Unsicherheiten sind hinzunehmen, solange die Prognose auf hinreichender Sachverhaltsaufklärung beruht und sich auf ein sorgfältig substantiiertes Prognosegutachten stützt. Dabei hängt die Qualität der Prognose entscheidend von der Breite der Prognosegrundlage ab. Die Prognose verliert an Plausibilität, wenn sie nur einen schmalen Ausschnitt der Wirklichkeit zur Grundlage hat (BVerfGE 109, 190 Rn. 180 f.). Mit jeder weiteren Absenkung der formellen Voraussetzungen ginge eine Verringerung der Tatsachengrundlage für die notwendige prognostische Einschätzung der Gefährlichkeit eines Angeklagten sowie für die Feststellung eines bei ihm vorliegenden Hangs zur Begehung erheblicher Straftaten einher.
23
e) Zuletzt führt auch die Überlegung, es dürfe nicht von unerheblichen Abweichungen im Tatgeschehen abhängen, ob Tatmehrheit mit der Folge möglicher Sicherungsverwahrung oder Tateinheit anzunehmen sei, zu keinem anderen Ergebnis. Denn in Fällen, bei denen die (tatmehrheitlich begangenen) Taten in einem sehr engen zeitlichen und inneren Zusammenhang stehen, versteht es sich nicht von selbst, dass diese von einander trennbare Lebenssachverhalte darstellen, die jeder für sich als eine der erforderlichen Symptomtaten gewertet werden können und jeweils als selbständige Grundlage für die Prognose nach § 66 Abs. 1 Nr. 3 StGB i. V. m. § 66 Abs. 2 StGB in Betracht kommen (BGH, Beschluss vom 14. Dezember 2001 - 3 StR 458/01, NStZ 2002, 313).
24
f) Nur ergänzend weist der Senat darauf hin, dass das Landgericht einen Hang im Sinne von § 66 Abs. 1 Nr. 3 StGB sowie eine darauf beruhende Gefährlichkeit des Angeklagten - möglicherweise beeinflusst dadurch, dass es zutreffend die formellen Voraussetzungen der Sicherungsverwahrung für nicht gegeben erachtet hat - nur unzureichend dargelegt hat. Es fehlt jede Erklärung, warum sich bei dem Angeklagten ein eingeschliffenes Verhaltensmuster im Hinblick auf Sexualdelikte ausgebildet haben sollte. Der jetzt 28-jährige Angeklagte ist strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten. Sein Lebenslauf ist unauffällig verlaufen. Beeinträchtigungen des privaten oder beruflichen Bereichs sind ebenso wenig festgestellt wie Reaktionen der Außenwelt, die dem Angeklagten Gelegenheit gegeben hätten, sein Persönlichkeitsmuster als stabil und eingeschliffen aufrechtzuerhalten.
II. Revision der Nebenklägerin
25
Die Revision der Nebenklägerin, die sich zulässig nur gegen die Beurteilung der Konkurrenzfragen durch das Landgericht wenden kann (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Dezember 1999 - 1 StR 492/99, BGHR StPO § 400 Abs. 1 Zulässigkeit 9), bleibt aus den zur Revision der Staatsanwaltschaft insoweit genannten Gründen - von der Änderung des Schuldspruchs abgesehen - erfolglos.

III. Revision des Angeklagten
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Das Rechtsmittel des Angeklagten bleibt ohne Erfolg. Eine Überprüfung des allein angegriffenen Rechtsfolgenausspruchs hat, wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift zutreffend ausgeführt hat, auch unter Berücksichtigung der Beanstandungen der Revision keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Becker Pfister von Lienen Sost-Scheible Hubert

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 22. Juli 2010 - 3 StR 156/10

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(2) Ebenso wird bestraft, wer sexuelle Handlungen an einer anderen Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wenn

1.
der Täter ausnutzt, dass die Person nicht in der Lage ist, einen entgegenstehenden Willen zu bilden oder zu äußern,
2.
der Täter ausnutzt, dass die Person auf Grund ihres körperlichen oder psychischen Zustands in der Bildung oder Äußerung des Willens erheblich eingeschränkt ist, es sei denn, er hat sich der Zustimmung dieser Person versichert,
3.
der Täter ein Überraschungsmoment ausnutzt,
4.
der Täter eine Lage ausnutzt, in der dem Opfer bei Widerstand ein empfindliches Übel droht, oder
5.
der Täter die Person zur Vornahme oder Duldung der sexuellen Handlung durch Drohung mit einem empfindlichen Übel genötigt hat.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn die Unfähigkeit, einen Willen zu bilden oder zu äußern, auf einer Krankheit oder Behinderung des Opfers beruht.

(5) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
gegenüber dem Opfer Gewalt anwendet,
2.
dem Opfer mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben droht oder
3.
eine Lage ausnutzt, in der das Opfer der Einwirkung des Täters schutzlos ausgeliefert ist.

(6) In besonders schweren Fällen ist auf Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren zu erkennen. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn

1.
der Täter mit dem Opfer den Beischlaf vollzieht oder vollziehen lässt oder ähnliche sexuelle Handlungen an dem Opfer vornimmt oder von ihm vornehmen lässt, die dieses besonders erniedrigen, insbesondere wenn sie mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind (Vergewaltigung), oder
2.
die Tat von mehreren gemeinschaftlich begangen wird.

(7) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
2.
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden, oder
3.
das Opfer in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt.

(8) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet oder
2.
das Opfer
a)
bei der Tat körperlich schwer misshandelt oder
b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.

(9) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu drei Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 4 und 5 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 7 und 8 ist auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

(1) Wer einen Menschen entführt oder sich eines Menschen bemächtigt, um ihn oder einen Dritten durch die Drohung mit dem Tod oder einer schweren Körperverletzung (§ 226) des Opfers oder mit dessen Freiheitsentziehung von über einer Woche Dauer zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung zu nötigen, oder wer die von ihm durch eine solche Handlung geschaffene Lage eines Menschen zu einer solchen Nötigung ausnutzt, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft.

(2) § 239a Abs. 2 bis 4 gilt entsprechend.

Jedes von der Staatsanwaltschaft eingelegte Rechtsmittel hat die Wirkung, daß die angefochtene Entscheidung auch zugunsten des Beschuldigten abgeändert oder aufgehoben werden kann.

(1) Wer gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer sexuelle Handlungen an einer anderen Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wenn

1.
der Täter ausnutzt, dass die Person nicht in der Lage ist, einen entgegenstehenden Willen zu bilden oder zu äußern,
2.
der Täter ausnutzt, dass die Person auf Grund ihres körperlichen oder psychischen Zustands in der Bildung oder Äußerung des Willens erheblich eingeschränkt ist, es sei denn, er hat sich der Zustimmung dieser Person versichert,
3.
der Täter ein Überraschungsmoment ausnutzt,
4.
der Täter eine Lage ausnutzt, in der dem Opfer bei Widerstand ein empfindliches Übel droht, oder
5.
der Täter die Person zur Vornahme oder Duldung der sexuellen Handlung durch Drohung mit einem empfindlichen Übel genötigt hat.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn die Unfähigkeit, einen Willen zu bilden oder zu äußern, auf einer Krankheit oder Behinderung des Opfers beruht.

(5) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
gegenüber dem Opfer Gewalt anwendet,
2.
dem Opfer mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben droht oder
3.
eine Lage ausnutzt, in der das Opfer der Einwirkung des Täters schutzlos ausgeliefert ist.

(6) In besonders schweren Fällen ist auf Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren zu erkennen. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn

1.
der Täter mit dem Opfer den Beischlaf vollzieht oder vollziehen lässt oder ähnliche sexuelle Handlungen an dem Opfer vornimmt oder von ihm vornehmen lässt, die dieses besonders erniedrigen, insbesondere wenn sie mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind (Vergewaltigung), oder
2.
die Tat von mehreren gemeinschaftlich begangen wird.

(7) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
2.
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden, oder
3.
das Opfer in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt.

(8) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet oder
2.
das Opfer
a)
bei der Tat körperlich schwer misshandelt oder
b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.

(9) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu drei Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 4 und 5 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 7 und 8 ist auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 513/99
vom
9. März 2000
in der Strafsache
gegen
wegen erpresserischen Menschenraubes u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 9. März 2000 gemäß §§ 349
Abs. 2 und 4, 357 StPO beschlossen:
I. Auf die Revision des Angeklagten D. wird das Urteil des Landgerichts Hagen vom 12. Februar 1999, soweit er und der Mitangeklagte A. verurteilt worden sind, 1. bezüglich des Angeklagten D.
a) zur Klarstellung hinsichtlich der Verurteilung im Fall II 2 d der Urteilsgründe dahin neu gefaßt, daß der Angeklagte wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit erpresserischem Menschenraub unter Einbeziehung der durch Urteil des Amtsgerichts Plettenberg vom 19. August 1997 (2 Ds 96 Js 1889/96 - 171/97 -) verhängten Freiheitsstrafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und einem Monat verurteilt ist;
b) im Schuldspruch in den Fällen II 3 a, e, f, h und j der Urteilsgründe dahin geändert, daß der Angeklagte der Vergewaltigung in zwei tateinheitlich zusammentreffenden Fällen, jeweils in Tateinheit mit Freiheitsberaubung, in einem Fall in weiterer Tateinheit mit Körperverletzung, schuldig ist;
c) in den Aussprüchen über die in den Fällen II 3 a, e, f, h und j verhängten Freiheitsstrafen und über die Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und neun Monaten mit den Feststellungen aufgehoben. 2. bezüglich des Mitangeklagten A.
a) im Schuldspruch dahin geändert, daß der Angeklagte der Vergewaltigung in drei Fällen, davon in zwei Fällen in Tateinheit mit erpresserischem Menschenraub und in dem weiteren Fall in Tateinheit mit Freiheitsberaubung in zwei tateinheitlich zusammentreffenden Fällen, sowie der Körperverletzung in zwei Fällen schuldig ist;
b) in den Aussprüchen über die in den Fällen II 3 b und d verhängten Einzelstrafen und über die Gesamtstrafe mit den Feststellungen aufgehoben. II. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. III. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


Das Landgericht hat den Angeklagten D. "der Vergewaltigung in sechs Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit erpresserischem Menschenraub und in den anderen Fällen in Tateinheit mit Freiheitsberaubung, davon wiederum in einem Fall tateinheitlich mit vorsätzlicher Körperverletzung begangen" schuldig gesprochen und ihn "unter Einbeziehung der durch Urteil des Amtsgerichts Plettenberg vom 19. August 1997 (2 Ds 96 Js 1889/96 - 171/97 - ) verhängten Freiheitsstrafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und einem Monat und zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und neun Monaten" verurteilt. Den Mitangeklagten A. , der keine Revision eingelegt hat, hat es "der Vergewaltigung in vier Fällen, davon in zwei Fällen in Tateinheit mit erpresserischem Menschenraub, in den anderen zwei Fällen in Tateinheit mit Freiheitsberaubung, außerdem der vorsätzlichen Körperverletzung in zwei Fällen", schuldig gesprochen und gegen ihn eine Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und neun Monaten verhängt. Von dem Vorwurf des Menschenhandels sind die Angeklagten freigesprochen worden.
Mit seiner Revision rügt der Angeklagte D. die Verletzung formellen und materiellen Rechts.
Die Revision hat mit der Sachbeschwerde teilweise Erfolg und ist insoweit gemäß § 357 StPO auf den Mitangeklagten A. zu erstrecken; im übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1. Zu den Verfahrensrügen bemerkt der Senat ergänzend zur Antragsschrift des Generalbundesanwalts:


a) Auch die Ablehnungsrüge (§§ 24, 338 Nr. 3 StPO) greift im Ergebnis nicht durch. Allerdings beanstandet der Angeklagte entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts zu Recht, daß sein Ablehnungsgesuch gegen den Vorsitzenden und einen der beisitzenden Richter als unzulässig (§ 26 a Abs. 1 Nr. 1 StPO) verworfen wurde, denn er hat die Ablehnung, nachdem ihm die Umstände, auf die er sie gestützt hat, bekanntgeworden waren, unverzüglich geltend gemacht (§ 25 Abs. 2 Satz 1 StPO). Der Beschwerdeführer hat nämlich das Ablehnungsgesuch nicht allein damit begründet, daß die abgelehnten Richter mit den ihm in der Anklage zur Last gelegten Taten zum Nachteil der Prostituierten Aurelia Av. und Oksana P. bereits in dem Verfahren befaßt waren, in dem sein Bruder Arben unter anderem wegen Vergewaltigung dieser Frauen verurteilt wurde. Vielmehr hat er darüberhinaus geltend gemacht , daß die Kammer in jenem Verfahren Feststellungen auch zu den gegen den Beschwerdeführer und den Mitangeklagten A. erhobenen Vorwürfen getroffen und hierzu in den Urteilsgründen unter anderem ausgeführt hatte, sie sei ”fest davon überzeugt,” daß die als Zeuginnen vernommenen Tatopfer ”generell glaubwürdig” und ihre Angaben glaubhaft seien. Von dem Inhalt der Urteilsgründe hatte der Angeklagte, wie in dem Gesuch glaubhaft gemacht worden ist, aber erst unmittelbar vor der Verhandlung am 3. Dezember 1998 Kenntnis erlangt, zu deren Beginn das Ablehnungsgesuch angebracht wurde.
Das Ablehnungsgesuch war jedoch nicht begründet. Die Vorbefassung mit demselben Sachverhalt liefert grundsätzlich keinen Ablehnungsgrund (BGHR StPO § 338 Nr. 3 Strafkammer 1; Kleinknecht/Meyer-Goßner StPO 44. Aufl. § 24 Rdn. 13 m. w. N.), und zwar auch dann nicht, wenn die Schilderung des Tatgeschehens in dem früheren Urteil – wie hier – auch noch nicht
angeklagte Beteiligte einschließt. Die Besorgnis der Befangenheit der abgelehnten Richter aufgrund ihrer Ä ußerungen in dem früheren Urteil wäre nur dann begründet, wenn diese Ä ußerungen nach der Sachlage unnötige und sachlich unbegründete Werturteile über einen der jetzigen Angeklagten enthalten hätten (vgl. BGH aaO m. N.). Das ist jedoch hier nicht der Fall.
Die Einbeziehung auch der hier abgeurteilten Taten in die Schilderung der in dem früheren Verfahren abgeurteilten Tat zum Nachteil derselben Tatopfer war aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts im einzelnen dargelegten Gründen sachlich geboten. Allerdings können die zahlreichen Hinweise in dem früheren Urteil auf die Überzeugung des Gerichts (”fest davon überzeugt”, ”der festen Überzeugung” und ”keinerlei Zweifel”), die zur Darlegung einer den Anforderungen des § 261 StPO genügenden Überzeugungsbildung (vgl. BGH NStZ 1988, 236 und Kleinknecht/Meyer-Goßner aaO § 261 Rdn. 2 m.N.) nicht erforderlich waren (vgl. BGH, Beschluß vom 28. Juli 1998 – 4 StR 293/98), für sich genommen Anlaß zu Mißdeutungen geben. Sie waren hier aber vor allem auch im Hinblick auf den Umfang der an den vorangegangenen Sitzungstagen bereits durchgeführten Beweisaufnahme nicht geeignet, zu dem Zeitpunkt der Anbringung des Ablehnungsgesuches am zehnten Sitzungstage aus der Sicht eines verständigen Angeklagten die Annahme zu begründen , daß die abgelehnten Richter in dem früheren Verfahren bereits eine endgültige Überzeugung von der Schuld des Beschwerdeführers gewonnen hatten (vgl. BGHR StPO § 24 Abs. 2 Befangenheit 11), zumal bereits in der Terminsverfügung vom 2. Oktober 1998 (Bd. III Bl. 551 d.A.) die Ladung von 18 Zeugen angeordnet worden war und die Hauptverhandlung, die am 27. Oktober 1998 begonnen hatte und für die zunächst 24 Sitzungstage vorgesehen waren, erst am 12. Februar 1999 abgeschlossen wurde.


b) Die Verwertung der Ergebnisse der Wahlgegenüberstellungen, die das Landgericht in der Hauptverhandlung durchgeführt hat und außerhalb der Hauptverhandlung hat durchführen lassen, ist weder verfahrens- noch sachlichrechtlich zu beanstanden. Der Senat weist jedoch darauf hin, daß Wahlgegenüberstellungen in der Hauptverhandlung entbehrlich sind, wenn bereits im Ermittlungsverfahren Wahllichtbildvorlagen oder Wahlgegenüberstellungen durchgeführt worden sind (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner aaO § 58 Rdn. 13). Zudem dürfte eine sukzessive (sequentielle) Gegenüberstellung, bei welcher der Zeuge jeweils nur eine Person sieht, ihm aber nacheinander mehrere Personen gezeigt werden (vgl. Mertn/Schwarz/Walser Kriminalistik 1998, 421), einer Wahlgegenüberstellung (vgl. RiStBV 18 Satz 1) vorzuziehen sein.
2. Die Sachbeschwerde führt zur Ä nderung des den Angeklagten D. betreffenden Schuldspruchs in den Fällen II 3 a, e, f, h und j der Urteilsgründe und zur Aufhebung der in diesen Fällen verhängten Einzelstrafen sowie der aus diesen Strafen gebildeten Gesamtfreiheitsstrafe, weil das Landgericht insoweit das Konkurrenzverhältnis rechtsfehlerhaft beurteilt und Tatmehrheit angenommen hat.

a) Nach den Feststellungen veranlaßten die Angeklagten den Betreiber eines Bordells, ihnen die Prostituierten Oksana P. und Aurelia Av. zu übergeben. Der Angeklagte A. brachte die Frauen in die Wohnung der Angeklagten und sperrte sie dort gemeinsam mit dem Angeklagten D. in der Zeit vom 24. August 1997, 8.00 Uhr, bis zum 28. August 1997 ein. Der Angeklagte D. zwang Oksana P. in vier Fällen mit ihm (II 3 a, e, f und j der Urteilsgründe) und in einem weiteren, nach § 154 Abs. 2 StPO von der Verfol-
gung ausgenommenen Fall mit einem Italiener den Geschlechtsverkehr auszuführen. Beide Frauen wurden in Gegenwart der Angeklagten von dem Bruder des Angeklagten D. v ergewaltigt. Nachdem der Angeklagte A. Aurelia Av. zum Geschlechtsverkehr mit ihm (Fälle II 3 b und d der Urteilsgründe) und in einem weiteren, ebenfalls von der Verfolgung ausgenommenen Fall mit einem Albaner gezwungen hatte, zwang sie am 25. August 1997 der Angeklagte D. zum Oral- und Vaginalverkehr (II 3 h der Urteilsgründe). Der Angeklagte D. war sich bewußt, ”daß die beiden Frauen in der Wohnung eingesperrt waren und sich damit in einer hilflosen Lage befanden, in der sie beiden Angeklagten schutzlos ausgeliefert waren”. Dies nutzte er in allen Fällen aus, um den Geschlechtsverkehr zu erzwingen. Im ersten der Fälle versetzte der Angeklagte Oksana P. zudem mehrere mit großer Wucht ausgeführte Faustschläge gegen den Kopf, um ihren Widerstandswillen zu brechen. Danach ging er davon aus, daß er ”nicht erneut zuschlagen mußte, weil der Widerstandswille der Frau infolge seiner früheren Gewalttätigkeiten gebrochen war.” In dem letzten der Fälle ging er ”zutreffender Weise davon aus, daß P. der Av. von den Schlägen erzählt bzw. daß Av. die Schläge und Schreie selbst gehört hatte.”
Dieser der Verurteilung des Angeklagten D. wegen Vergewaltigung in fünf Fällen, jeweils in Tateinheit mit Freiheitsberaubung und in einem Fall mit Körperverletzung zugrundeliegende Geschehensablauf vermag die Annahme rechtlich selbständiger Taten nicht zu rechtfertigen. Vielmehr ist der Geschehensablauf als eine Tat im Sinne des sachlichen Rechts aufzufassen, weil die von dem Angeklagten erzwungenen Sexualakte eine einheitliche Handlung bilden:
Es kann dahingestellt bleiben, ob allein das mehrfache Ausnutzen derselben schutzlosen Lage z ur Erzwingung des Geschlechtsverkehrs zur Annahme nur einer Tat führen kann (vgl. BGH, Beschluß vom 6. Juli 1999 – 1 StR 216/99). Hier liegt den Vergewaltigungen, auf die das Landgericht zutreffend § 177 Abs. 1, 2 Satz 2 Nr.1 StGB i.d.F. des 33. StrÄ ndG angewendet hat, jedenfalls soweit es die als Tatmittel angewendete Gewalt betrifft, ein einheitliches Tun des Angeklagten D. zugrunde. Neben der Freiheitsberaubung, in der hier eine Gewaltanwendung im Sinne des § 177 Abs. 1 StGB liegt (vgl. BGH NStZ 1999, 83; BGHR StGB § 177 Abs.1 Gewalt 10), die der Angeklagte in allen Fällen als Nötigungsmittel einsetzte, wirkte auch die im ersten Fall vom Angeklagten ausgeübte massive körperliche Gewalt während des gesamten Tatgeschehens fort, was der Angeklagte in den nachfolgenden Fällen ebenfalls ausnutzte. Der Annahme einer fortwirkenden Gewaltanwendung steht hier entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht entgegen, daß sich das Tatgeschehen über mehrere Tage erstreckte und daß es durch Straftaten anderer zum Nachteil der Tatopfer ”unterbrochen” wurde. Diese Taten bilden schon deshalb keine Zäsur, die zur Annahme rechtlich selbständiger Taten führt, weil sie durch die schutzlose Lage der Frauen ermöglicht wurden und der Angeklagte D. Oksana P. zudem in einem der nicht abgeurteilten Fälle zu dem Geschlechtsverkehr mit einem Italiener unter Ausnutzung dieser Lage gezwungen hat. Im übrigen ist, da zur zeitlichen Einordnung der Vorfälle keine sicheren Feststellungen getroffen werden konnten, zugunsten des Angeklagten D. davon auszugehen, daß das Tatgeschehen, soweit es die erzwungenen sexuellen Handlungen betrifft, in der Nacht vom 25. zum 26. August 1997 beendet war, so daß ein enger zeitlicher Zusammenhang gegeben ist.
Der Angeklagte D. hat danach in allen Fällen, soweit es die angewendete Gewalt betrifft, dasselbe Nötigungsmittel eingesetzt, so daß nur eine Handlung im Rechtssinne vorliegt (vgl. BGH NStZ 1999, 83; BGHR StGB § 177 Abs.1 Gewalt 10, jew. m. N.). Soweit es gegenüber Oksana P. zu mehreren sexuellen Handlungen kam, liegt daher nur eine Vergewaltigung in Tateinheit mit Freiheitsberaubung (vgl. BGH NStZ 1999, 83) und mit Körperverletzung vor. Hierzu stehen die durch dieselbe Handlung zum Nachteil von Aurelia Av. begangenen Delikte (Vergewaltigung und Freiheitsberaubung) in Tateinheit (vgl. BGH, Beschlüsse vom 9. September 1997 – 4 StR 377/97 und vom 16. November 1999 – 4 StR 504/99). Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend. § 265 StPO steht der Schuldspruchänderung nicht entgegen, weil sich der Angeklagte hiergegen nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.

b) Die Schuldspruchänderung hat die Aufhebung der in den Fällen II 3 a, e, f, h und j verhängten Einzelstrafen und der Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und neun Monaten zur Folge.

c) Soweit der Angeklagte im Fall II 2 d wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit schwerem erpresserischem Menschenraub wegen der Zäsurwirkung der einbezogenen Vorverurteilung zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und einem Monat verurteilt worden ist, faßt der Senat den diese Tat betreffenden Schuld- und Strafausspruch zur Klarstellung der Zuordnung dieser Strafe neu. 3. Die Revision ist, soweit der Mitangeklagte A. in den Fällen II 3 b und d wegen Vergewaltigung in zwei Fällen, jeweils in Tateinheit mit Freiheitsberaubung verurteilt worden ist, wegen der insoweit gegebenen Identität der
Tat (vgl. Kuckein in KK/StPO 4. Aufl. § 357 StPO Rdn. 8) gemäß § 357 StPO auf diesen zu erstrecken.
Der Angeklagte A. hat den Geschlechtsverkehr mit Aurelia Av. , und zwar - wovon zu seinen Gunsten auszugehen ist – an demselben Tage, jeweils unter Ausnutzung der in der Freiheitsberaubung liegenden Gewaltanwendung erzwungen und insoweit dasselbe Nötigungsmittel eingesetzt, so daß nur eine Tat im Rechtssinne vorliegt. Zu der Vergewaltigung steht die Freiheitsberaubung zum Nachteil beider geschädigter Frauen in Tateinheit. Der Senat hat den Schuldspruch in den genannten Fällen entsprechend geändert. § 265 StPO steht dem nicht entgegen.
Die Schuldspruchänderung führt zur Aufhebung der beiden diese Fälle betreffenden Einzelstrafen und der Gesamtstrafe.
Meyer-Goßner Maatz Kuckein Athing Ernemann

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 153/02
vom
2. Oktober 2002
in der Strafsache
gegen
wegen Vergewaltigung u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 2. Oktober
2002, an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Bode
als Vorsitzender,
die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. h.c. Detter,
Athing,
Rothfuß,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Elf
als beisitzende Richter,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwältin
als Vertreterin der Nebenklägerin,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Wiesbaden vom 22. November 2001 mit den Feststellungen aufgehoben
a) soweit der Angeklagte in den Fällen II.2 bis 7 verurteilt wurde,
b) im Fall II.1 im Strafausspruch sowie
c) im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Jugendschutzkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit sexuellem Mißbrauch von Kindern und sexuellem Mißbrauch von Schutzbefohlenen sowie wegen schweren sexuellen Mißbrauchs von Kindern in sechs Fällen, davon in fünf Fällen tateinheitlich mit sexuellem Mißbrauch von Schutzbefohlenen, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. Außerdem erging eine Entscheidung im Adhäsionsverfahren.
Die auf die Sachrüge gestützte Revision der Staatsanwaltschaft richtet sich im wesentlichen dagegen, daß der Angeklagte nicht auch in den Fällen II.2 bis 7 der Urteilsgründe wegen tateinheitlich begangener Vergewaltigung verurteilt wurde. Das vom Generalbundesanwalt vertretene Rechtsmittel, das im Fall 1 wirksam auf den Strafausspruch beschränkt ist, hat Erfolg.

I.

Das Landgericht hat folgendes festgestellt: Der Angeklagte übte in den Jahren 1998 und 1999 an seiner damals 12 bzw. 13-jährigen Nichte, der Nebenklägerin U. , mehrfach Analverkehr aus. Die Geschädigte, die mit ihren beiden Schwestern bei ihrem Vater aufwuchs, hatte bis dahin ein gutes, vertrauliches Verhältnis zu dem Angeklagten und seiner Familie gehabt. 1. Im Zeitraum vom 23. März bis 6. April 1998 übernahmen der Angeklagte und seine Ehefrau während eines Krankenhausaufenthalts des Vaters der Geschädigten auf dessen Bitte die Betreuung der Nebenklägerin und ihrer älteren Schwester. Zu diesem Zweck wohnten sie in der Wohnung der Familie U. . Als der Angeklagte sich eines Morgens mit seiner Nichte allein in der Wohnung befand, legte er sich zu ihr auf die Couch, begann sie zu küssen und hielt sie fest, als sie ihren Widerwillen bekundete und aufzustehen versuchte. Er schloß die Wohnungstür von innen ab. Das Mädchen wehrte sich ohne Erfolg , trat und schlug nach dem Angeklagten, der sie mit seinem Gewicht auf die Couch drückte und sie teilweise entkleidete. Da U. zu schreien begann , drückte er ihr ein Kissen auf das Gesicht. Er drehte sie auf die Seite und drang mit seinem erigierten Glied in den After des Kindes ein, was diesem heftige Schmerzen bereitete. Nachdem er nach zwei bis drei Minuten von ihr abgelassen hatte, gebot der Angeklagte seiner Nichte, mit niemandem über die Sache zu sprechen und sich normal zu verhalten, anderenfalls werde sie nur
sich selbst schaden und die Familie zerstören; auch werde ihr niemand Glauben schenken. Er drohte ihr, sie umzubringen, falls sie mit jemandem über die Tat sprechen sollte. Enttäuscht und verängstigt, vertraute sich die Geschädigte lediglich ihrer älteren Schwester an, die ihr jedoch nicht glaubte. 2. Vom 20. April bis 18. Mai 1998 wurden U. und ihre Schwester wiederum von dem Angeklagten und seiner Frau in der väterlichen Wohnung betreut, während sich der Vater in Kur befand. Als der Angeklagte an einem Tag morgens mit seiner Nichte allein in der Wohnung war, näherte er sich ihr wiederum in sexueller Absicht. Sie erklärte ihm, daß sie sein Verhalten ablehne , und wollte die Wohnung verlassen, mußte aber feststellen, daß er die Tür abgeschlossen und den Schlüssel abgezogen hatte. Der Angeklagte entkleidete sich, hielt das Mädchen fest, zog dessen Hose herunter und führte erneut den Analverkehr durch. Aus Furcht vor dem Angeklagten und aus Angst, man glaube ihr nicht, offenbarte sich U. nicht gegenüber Dritten. 3. Während desselben Kuraufenthalts des Vaters kam es zu einem weiteren Analverkehr des Angeklagten mit der Geschädigten, die sich im Hinblick auf die früheren Taten jedoch kaum noch zur Wehr setzte. 4. Im Sommer 1998, vermutlich im Juni, übte der Angeklagte in seiner eigenen Wohnung Analverkehr mit seiner Nichte aus, nachdem er zuvor seine eigenen Töchter hinausgewiesen hatte. Als die Tochter des Angeklagten die Geschädigte am Abend fragte, was ihr Vater immer mit ihr mache, schwieg U. . 5.-7. Im Sommer 1999 übernahmen der Angeklagte und seine Ehefrau erneut die Betreuung ihrer Nichten, als sich deren Vater vom 17. bis 25. August in der Türkei aufhielt. In diesem Zeitraum kam es in drei weiteren Fällen zur
Ausübung des Analverkehrs durch den Angeklagten mit U. . Diese setzte dem Angeklagten, dem sie körperlich weit unterlegen war, keine Gegenwehr mehr entgegen. Denn sie befand sich mit dem Angeklagten allein in der Wohnung des Mehrfamilienhauses.

II.

Das Landgericht hat die Übergriffe des Angeklagten als sexuellen Mißbrauch eines Kindes (im Fall 1 nach § 176 Abs. 3 StGB a.F.) bzw. schweren sexuellen Mißbrauch eines Kindes (in den übrigen Fällen) gewertet und - außer im Fall 4 - tateinheitlich begangenen sexuellen Mißbrauch einer Schutzbefohlenen angenommen. Mit Ausnahme der ersten Tat, bei der es die Anwendung von Gewalt im Sinne des § 177 Abs. 1 StGB a.F. bejaht hat, hat sich das Landgericht an einer Verurteilung wegen jeweils tateinheitlich begangener Vergewaltigung gehindert gesehen, da bei den folgenden Taten weder Gewalt noch eine konkludente Drohung anzunehmen sei und auch die Ausnutzung einer schutzlosen Lage ausscheide. Diese Erwägungen halten rechtlicher Überprüfung nicht stand. 1. Als rechtsfehlerhaft erweist sich bereits die Argumentation des Landgerichts zur fehlenden Gewaltanwendung seitens des Angeklagten. Schon das Einsperren in einen umschlossenen Raum reicht als Gewalt im Sinne des § 177 Abs. 1 Nr. 1 StGB aus, wenn es dazu dient, das Opfer am Verlassen des Raumes zu hindern und so die sexuellen Handlungen zu ermöglichen (BGH GA 1965, 57; 1981, 168; Urt. vom 21. Januar 1987 - 2 StR 656/86); an der notwendigen finalen Verknüpfung der Gewalt mit der sexuellen Handlung kann es dagegen fehlen, falls das Abschließen der Tür nur erfolgt, um ungestört zu sein und eine Entdeckung zu verhindern (BGH bei Miebach
NStZ 1996, 123; Beschl. vom 24. August 1999 - 4 StR 339/99 - insoweit in NStZ 1999, 629 nicht abgedruckt). Darüber hinaus ist im Einzelfall das - mit nicht ganz unerheblicher Krafteinwirkung verbundene - Festhalten des Opfers ebenso wie die Überwindung von geringfügiger Gegenwehr als Gewalt zu qualifizieren (vgl. BGH, Beschl. vom 21. Januar 1987 - 2 StR 656/86; Urt. vom 6. September 1995 - 2 StR 363/95; Urt. vom 26. August 1997 - 1 StR 431/97; Beschl. vom 20. April 1999 - 4 StR 102/99); ausreichend sein kann je nach den Umständen des Falles auch das Packen an der Hand, das auf das Bett Stoßen oder das sich auf das Opfer Legen bzw. der Einsatz überlegener Körperkraft (BGH, Urt. vom 23. März 1997 - 1 StR 772/96 - insofern in NStZ 1997, 494 nicht abgedruckt; Beschl. vom 13. Juni 2002 - 5 StR 203/02). Danach liegt die Annahme von Gewalt im Fall 2 bereits deshalb nahe, weil der Angeklagte die Wohnungstür verschlossen und den Schlüssel entfernt hatte. Die Gesamtumstände sprechen dafür, daß er seine Nichte, die zuvor im Fall 1 zu fliehen versucht hatte, am Entweichen hindern wollte; eine Entdeckung durch andere Familienmitglieder war zu diesem Zeitpunkt nicht zu befürchten. In den weiteren Fällen hat das Landgericht, das die Möglichkeit einer Gewaltanwendung durch Einsperren offenbar übersehen hat, nicht festgestellt, ob die Wohnungstür während der Tatausführung ebenfalls verschlossen war. Auch hinsichtlich der Stärke der körperlichen Einwirkung und des Ausmaßes der Gegenwehr sind die Urteilsfeststellungen in den Fällen 2 bis 7 nicht erschöpfend; soweit die Strafkammer im Rahmen der rechtlichen Würdigung ausführt, das Opfer habe dem Angeklagten "keine durch Gewalt zu überwindende Gegenwehr" entgegengesetzt, handelt es sich bereits um eine Wertung, für die es an einer ausreichenden Feststellungsgrundlage fehlt. Mangels einer
genaueren Schilderung des Verhaltens sowohl des Angeklagten als auch der Geschädigten ist es dem Senat nicht möglich, zu überprüfen, ob die Strafkammer im Ergebnis zu Recht die Anwendung von Gewalt abgelehnt hat. 2. Des weiteren wäre in den Fällen 2 bis 4 das Vorliegen einer Drohung im Sinne des § 177 Abs. 1 Nr. 2 StGB näher zu prüfen gewesen. Frühere Gewalteinwirkungen können als (konkludente) Drohung gegenüber dem Opfer zu beurteilen sein, den körperlich wirkenden Zwang erneut anzuwenden, falls das weitere Vorgehen des Täters auf Widerstand stoßen sollte; so kann vorangegangene Gewalt in diesem Sinne fortwirken, wenn das Opfer angesichts der früheren Gewaltanwendung und der gegebenen Kräfteverhältnisse aus Furcht vor weiteren Gewalttätigkeiten von einer Gegenwehr absieht, sofern der Täter zumindest erkennt und billigt, daß das Opfer sein Verhalten als Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben empfindet (vgl. BGH StV 1984, 330, 331; NStZ 1986, 409; BGHR StGB § 177 Abs. 1 Drohung 2, 5, 8). Allerdings geht der Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung davon aus, daß die Gleichsetzung von Gewalt und Ausnutzung der Angst vor Gewalt im Sinne einer konkludenten Drohung in der Regel ausscheidet, wenn zwischen der Gewaltanwendung und dem späteren Geschlechtsverkehr Wochen oder sogar Monate liegen (vgl. BGH NStZ 1986, 409; BGHR StGB § 177 Serienstraftaten 5; NStZ-RR 1998, 105). Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist hier in den Fällen 2 bis 4 die Annahme einer konkludenten Drohung nicht wegen des jeweiligen Zeitablaufs zur vorangegangenen Tat ausgeschlossen. Der Angeklagte hatte bei der kurz zuvor begangenen ersten Tat unter Einsatz körperlicher Kraft jede Ge-
genwehr des Mädchens unterbunden, seinen Fluchtversuch vereitelt und ihm in Anschluß an die Tat massiv gedroht. Die Geschädigte war, wie das Landgericht feststellt, in erheblichem Maße verängstigt und einer Drucksituation ausgesetzt. Angesichts der Gesamtumstände ist durchaus denkbar, daß das Mädchen das weitere Vorgehen des Angeklagten - wie von ihm gewollt - im Hinblick auf ihre bisherigen Erlebnisse als Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben empfand, zumal bei der Gewichtung der Vorgänge die Sicht des Opfers, insbesondere wenn es sich noch im Kindesalter befindet, nicht außer acht bleiben kann (vgl. BGHR StGB § 177 Abs. 1 Drohung 8). Als konkludente Drohung kommt hier zum einen die Androhung in Betracht , wiederum mit dem Kind, das bei der ersten Tat starke Schmerzen verspürt hatte, gegen dessen Willen den Analverkehr auszuüben, was als Ankündigung einer nicht nur unerheblichen Beeinträchtigung der körperlichen Integrität zu werten ist (vgl. BGH NStE Nr. 9 zu § 178 StGB, Nr. 24 zu § 177 StGB). Zum anderen ist auch eine Fortwirkung der vom Angeklagten ausgesprochenen Drohung, er werde das Mädchen umbringen, wenn es über die (erste) Tat spreche, denkbar. Denn ebenso wie Gewalt, die der Täter ursprünglich aus anderen Gründen angewendet hatte, eine konkludente Drohung darstellen kann, kann auch eine zunächst zu anderen Zwecken ausgesprochene Drohung als solche im Sinne des § 177 Abs. 1 Nr. 2 StGB fortwirken (vgl. BGHR StGB § 177 Abs. 1 Drohung 8). Die Umstände der vom Landgericht festgestellten Taten drängten demnach zur Erörterung dieser Gesichtspunkte. 3. Schließlich begegnet auch die Ablehnung einer Vergewaltigung gemäß § 177 Abs. 1 Nr. 3 StGB durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
a) Zu Recht weist der Generalbundesanwalt darauf hin, daß die Strafkammer hinsichtlich des Tatbestandsmerkmals der "Lage, in der das Opfer der
Einwirkung des Täters schutzlos ausgeliefert ist", von einem zu engen Begriffsverständnis ausgeht. Eine schutzlose Lage liegt vor, wenn die Schutz- und Verteidigungsmöglichkeiten des Opfers in einem solchen Maße verringert sind, daß es dem ungehemmten Einfluß des Täters preisgegeben ist. Dies ist regelmäßig der Fall, wenn das Opfer sich dem überlegenen Täter allein gegenüber sieht und auf fremde Helfer nicht rechnen kann, wobei es allerdings eines gänzlichen Beseitigens jeglicher Verteidigungsmöglichkeiten nicht bedarf (BGHSt 44, 228, 231; 45, 253, 256). Unerheblich ist, auf welche Umstände die schutzlose Lage des Opfers zurückzuführen ist; sowohl äußere Gegebenheiten als auch in der Person des Opfers liegende Umstände können die verminderten Schutz- und Verteidigungsmöglichkeiten bewirken. Die schutzlose Lage muß nicht vom Täter selbst herbeigeführt sein (BGHSt 45, 253, 256 f.; BGH NJW 2002, 381, 382). Die alleinige Erwägung des Landgerichts, das Tatgeschehen habe sich jeweils in Wohnungen in einem Mehrfamilienhaus ereignet, trägt die Ablehnung einer schutzlosen Lage im Sinne der vorgenannten Rechtsprechung nicht. Das Landgericht hat nicht einmal festgestellt, daß sich schutzbereite Dritte in Rufnähe befunden hätten und die Geschädigte eine realistische Chance auf Hilfe von außen gehabt hätte. Gerade in Mehrfamilienhäusern mit anonymerem Charakter wird häufig auch durch lautes Rufen oder Schreien keine besondere Hilfsbereitschaft anderer zu erlangen sein; so wurden auch im Fall 1 die Hilferufe des Opfers von niemandem vernommen. Eine schutzlose Lage setzt nicht notwendig ein Verbringen des Opfers an einen entlegenen Ort voraus; sie kann vielmehr, wenn, wie hier, weitere Umstände hinzutreten, auch in der Abgeschiedenheit der familiären Wohnung gegeben sein (ebenso Laufhüt-
te/Roggenbuck in LK StGB 11. Aufl. Nachtrag zu § 177, Rdn. 2; vgl. auch BGH, Beschl. vom 18. November 1997 - 4 StR 546/97 - und Beschl. vom 24. November 1999 - 3 StR 466/99 zur Rechtslage vor dem 33. Strafrechtsänderungsgesetz ). Maßgeblich müssen insofern die Gesamtumstände der konkreten Tatsituation sein. Im vorliegenden Fall legt das Zusammenspiel mehrerer Faktoren - Alter und soziale Stellung des Opfers, seine Verängstigung infolge des gesamten Verhaltens des Angeklagten - die Annahme einer schutzlosen Lage jedenfalls dann nahe, wenn die Wohnungstür verschlossen und der Nebenklägerin damit jegliche Fluchtmöglichkeit abgeschnitten war.
b) § 177 Abs. 1 Nr. 3 StGB setzt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs über das Ausnutzen der schutzlosen Lage zu sexuellen Handlungen hinaus keine gesonderte Nötigungshandlung voraus; alleinige Tathandlung ist das Aufzwingen sexueller Handlungen unter Ausnutzung einer bestimmten Befindlichkeit des Opfers. Ausreichend ist, daß der Täter sich die sein Tatvorhaben ermöglichende oder erleichternde schutzlose Lage des Opfers bewußt zunutze macht, um dessen entgegenstehenden Willen zu überwinden (vgl. BGHSt 45, 253, 257 ff.; BGH NJW 2002, 381, 382; ebenso Laufhütte /Roggenbuck a.a.O. Rdn. 3; a.A. Tröndle/Fischer 50. Aufl. § 177 Rdn. 15 ff.; Fischer ZStW 2000, 75, 83 ff. und NStZ 2000, 142; Lenckner/Perron in Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl. § 177 Rdn. 11). Entgegen der Auffassung des Landgerichts bedurfte es daher nicht etwa einer zusätzlichen Ausübung von Zwang durch den Angeklagten oder eines ausdrücklichen Hinweises im Sinne einer Drohung.
c) Soweit die Kammer in subjektiver Hinsicht meint, nicht feststellen zu können, daß der Angeklagte sich einer besonders schutzlosen Lage der Nebenklägerin bewußt gewesen sei, ist diese Einschätzung ersichtlich von dem
zu engen Begriffsverständnis hinsichtlich des objektiven Tatbestands beeinflußt. Die bisherigen Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen legen vielmehr den Schluß nahe, daß der Angeklagte die Umstände erkannt hatte, die zu einer Verringerung der Verteidigungsmöglichkeiten bei seiner Nichte führten, und daß er sich bewußt war, daß sein Opfer die sexuellen Handlungen nur aufgrund dieser von ihm geschaffenen Lage über sich ergehen ließ. Insoweit sind aber entsprechende Feststellungen durch den Tatrichter erforderlich. 4. Infolge der rechtsfehlerhaften Verneinung einer tateinheitlich begangenen Vergewaltigung in den Fällen 2-7 kann der Schuldspruch insoweit keinen Bestand haben. Darüber hinaus bedurfte es neben der Aufhebung des Ausspruchs über die Gesamtfreiheitsstrafe der Aufhebung des Einzelstrafausspruchs im Fall 1. Denn die drei Alternativen des § 177 Abs. 1 StGB stehen gleichrangig nebeneinander (vgl. BTDrucks. 13/7324 S. 6; BGHSt 44, 228, 230; 45, 253, 259; BGH NStZ 1999, 505; StV 2000, 198, 199), so daß die Erfüllung mehrerer Varianten den Schuldgehalt der Tat erhöht und straferschwerend gewertet werden kann, auch wenn dies im Urteilstenor nicht zum Ausdruck kommt (vgl. BGH, Urt. vom 3. November 1998 - 1 StR 521/98 insoweit in BGHSt 44, 228 nicht abgedruckt). Bode Detter Athing Rothfuß Elf

(1) Wer gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer sexuelle Handlungen an einer anderen Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wenn

1.
der Täter ausnutzt, dass die Person nicht in der Lage ist, einen entgegenstehenden Willen zu bilden oder zu äußern,
2.
der Täter ausnutzt, dass die Person auf Grund ihres körperlichen oder psychischen Zustands in der Bildung oder Äußerung des Willens erheblich eingeschränkt ist, es sei denn, er hat sich der Zustimmung dieser Person versichert,
3.
der Täter ein Überraschungsmoment ausnutzt,
4.
der Täter eine Lage ausnutzt, in der dem Opfer bei Widerstand ein empfindliches Übel droht, oder
5.
der Täter die Person zur Vornahme oder Duldung der sexuellen Handlung durch Drohung mit einem empfindlichen Übel genötigt hat.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn die Unfähigkeit, einen Willen zu bilden oder zu äußern, auf einer Krankheit oder Behinderung des Opfers beruht.

(5) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
gegenüber dem Opfer Gewalt anwendet,
2.
dem Opfer mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben droht oder
3.
eine Lage ausnutzt, in der das Opfer der Einwirkung des Täters schutzlos ausgeliefert ist.

(6) In besonders schweren Fällen ist auf Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren zu erkennen. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn

1.
der Täter mit dem Opfer den Beischlaf vollzieht oder vollziehen lässt oder ähnliche sexuelle Handlungen an dem Opfer vornimmt oder von ihm vornehmen lässt, die dieses besonders erniedrigen, insbesondere wenn sie mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind (Vergewaltigung), oder
2.
die Tat von mehreren gemeinschaftlich begangen wird.

(7) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
2.
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden, oder
3.
das Opfer in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt.

(8) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet oder
2.
das Opfer
a)
bei der Tat körperlich schwer misshandelt oder
b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.

(9) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu drei Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 4 und 5 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 7 und 8 ist auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 513/99
vom
9. März 2000
in der Strafsache
gegen
wegen erpresserischen Menschenraubes u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 9. März 2000 gemäß §§ 349
Abs. 2 und 4, 357 StPO beschlossen:
I. Auf die Revision des Angeklagten D. wird das Urteil des Landgerichts Hagen vom 12. Februar 1999, soweit er und der Mitangeklagte A. verurteilt worden sind, 1. bezüglich des Angeklagten D.
a) zur Klarstellung hinsichtlich der Verurteilung im Fall II 2 d der Urteilsgründe dahin neu gefaßt, daß der Angeklagte wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit erpresserischem Menschenraub unter Einbeziehung der durch Urteil des Amtsgerichts Plettenberg vom 19. August 1997 (2 Ds 96 Js 1889/96 - 171/97 -) verhängten Freiheitsstrafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und einem Monat verurteilt ist;
b) im Schuldspruch in den Fällen II 3 a, e, f, h und j der Urteilsgründe dahin geändert, daß der Angeklagte der Vergewaltigung in zwei tateinheitlich zusammentreffenden Fällen, jeweils in Tateinheit mit Freiheitsberaubung, in einem Fall in weiterer Tateinheit mit Körperverletzung, schuldig ist;
c) in den Aussprüchen über die in den Fällen II 3 a, e, f, h und j verhängten Freiheitsstrafen und über die Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und neun Monaten mit den Feststellungen aufgehoben. 2. bezüglich des Mitangeklagten A.
a) im Schuldspruch dahin geändert, daß der Angeklagte der Vergewaltigung in drei Fällen, davon in zwei Fällen in Tateinheit mit erpresserischem Menschenraub und in dem weiteren Fall in Tateinheit mit Freiheitsberaubung in zwei tateinheitlich zusammentreffenden Fällen, sowie der Körperverletzung in zwei Fällen schuldig ist;
b) in den Aussprüchen über die in den Fällen II 3 b und d verhängten Einzelstrafen und über die Gesamtstrafe mit den Feststellungen aufgehoben. II. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. III. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


Das Landgericht hat den Angeklagten D. "der Vergewaltigung in sechs Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit erpresserischem Menschenraub und in den anderen Fällen in Tateinheit mit Freiheitsberaubung, davon wiederum in einem Fall tateinheitlich mit vorsätzlicher Körperverletzung begangen" schuldig gesprochen und ihn "unter Einbeziehung der durch Urteil des Amtsgerichts Plettenberg vom 19. August 1997 (2 Ds 96 Js 1889/96 - 171/97 - ) verhängten Freiheitsstrafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und einem Monat und zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und neun Monaten" verurteilt. Den Mitangeklagten A. , der keine Revision eingelegt hat, hat es "der Vergewaltigung in vier Fällen, davon in zwei Fällen in Tateinheit mit erpresserischem Menschenraub, in den anderen zwei Fällen in Tateinheit mit Freiheitsberaubung, außerdem der vorsätzlichen Körperverletzung in zwei Fällen", schuldig gesprochen und gegen ihn eine Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und neun Monaten verhängt. Von dem Vorwurf des Menschenhandels sind die Angeklagten freigesprochen worden.
Mit seiner Revision rügt der Angeklagte D. die Verletzung formellen und materiellen Rechts.
Die Revision hat mit der Sachbeschwerde teilweise Erfolg und ist insoweit gemäß § 357 StPO auf den Mitangeklagten A. zu erstrecken; im übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1. Zu den Verfahrensrügen bemerkt der Senat ergänzend zur Antragsschrift des Generalbundesanwalts:


a) Auch die Ablehnungsrüge (§§ 24, 338 Nr. 3 StPO) greift im Ergebnis nicht durch. Allerdings beanstandet der Angeklagte entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts zu Recht, daß sein Ablehnungsgesuch gegen den Vorsitzenden und einen der beisitzenden Richter als unzulässig (§ 26 a Abs. 1 Nr. 1 StPO) verworfen wurde, denn er hat die Ablehnung, nachdem ihm die Umstände, auf die er sie gestützt hat, bekanntgeworden waren, unverzüglich geltend gemacht (§ 25 Abs. 2 Satz 1 StPO). Der Beschwerdeführer hat nämlich das Ablehnungsgesuch nicht allein damit begründet, daß die abgelehnten Richter mit den ihm in der Anklage zur Last gelegten Taten zum Nachteil der Prostituierten Aurelia Av. und Oksana P. bereits in dem Verfahren befaßt waren, in dem sein Bruder Arben unter anderem wegen Vergewaltigung dieser Frauen verurteilt wurde. Vielmehr hat er darüberhinaus geltend gemacht , daß die Kammer in jenem Verfahren Feststellungen auch zu den gegen den Beschwerdeführer und den Mitangeklagten A. erhobenen Vorwürfen getroffen und hierzu in den Urteilsgründen unter anderem ausgeführt hatte, sie sei ”fest davon überzeugt,” daß die als Zeuginnen vernommenen Tatopfer ”generell glaubwürdig” und ihre Angaben glaubhaft seien. Von dem Inhalt der Urteilsgründe hatte der Angeklagte, wie in dem Gesuch glaubhaft gemacht worden ist, aber erst unmittelbar vor der Verhandlung am 3. Dezember 1998 Kenntnis erlangt, zu deren Beginn das Ablehnungsgesuch angebracht wurde.
Das Ablehnungsgesuch war jedoch nicht begründet. Die Vorbefassung mit demselben Sachverhalt liefert grundsätzlich keinen Ablehnungsgrund (BGHR StPO § 338 Nr. 3 Strafkammer 1; Kleinknecht/Meyer-Goßner StPO 44. Aufl. § 24 Rdn. 13 m. w. N.), und zwar auch dann nicht, wenn die Schilderung des Tatgeschehens in dem früheren Urteil – wie hier – auch noch nicht
angeklagte Beteiligte einschließt. Die Besorgnis der Befangenheit der abgelehnten Richter aufgrund ihrer Ä ußerungen in dem früheren Urteil wäre nur dann begründet, wenn diese Ä ußerungen nach der Sachlage unnötige und sachlich unbegründete Werturteile über einen der jetzigen Angeklagten enthalten hätten (vgl. BGH aaO m. N.). Das ist jedoch hier nicht der Fall.
Die Einbeziehung auch der hier abgeurteilten Taten in die Schilderung der in dem früheren Verfahren abgeurteilten Tat zum Nachteil derselben Tatopfer war aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts im einzelnen dargelegten Gründen sachlich geboten. Allerdings können die zahlreichen Hinweise in dem früheren Urteil auf die Überzeugung des Gerichts (”fest davon überzeugt”, ”der festen Überzeugung” und ”keinerlei Zweifel”), die zur Darlegung einer den Anforderungen des § 261 StPO genügenden Überzeugungsbildung (vgl. BGH NStZ 1988, 236 und Kleinknecht/Meyer-Goßner aaO § 261 Rdn. 2 m.N.) nicht erforderlich waren (vgl. BGH, Beschluß vom 28. Juli 1998 – 4 StR 293/98), für sich genommen Anlaß zu Mißdeutungen geben. Sie waren hier aber vor allem auch im Hinblick auf den Umfang der an den vorangegangenen Sitzungstagen bereits durchgeführten Beweisaufnahme nicht geeignet, zu dem Zeitpunkt der Anbringung des Ablehnungsgesuches am zehnten Sitzungstage aus der Sicht eines verständigen Angeklagten die Annahme zu begründen , daß die abgelehnten Richter in dem früheren Verfahren bereits eine endgültige Überzeugung von der Schuld des Beschwerdeführers gewonnen hatten (vgl. BGHR StPO § 24 Abs. 2 Befangenheit 11), zumal bereits in der Terminsverfügung vom 2. Oktober 1998 (Bd. III Bl. 551 d.A.) die Ladung von 18 Zeugen angeordnet worden war und die Hauptverhandlung, die am 27. Oktober 1998 begonnen hatte und für die zunächst 24 Sitzungstage vorgesehen waren, erst am 12. Februar 1999 abgeschlossen wurde.


b) Die Verwertung der Ergebnisse der Wahlgegenüberstellungen, die das Landgericht in der Hauptverhandlung durchgeführt hat und außerhalb der Hauptverhandlung hat durchführen lassen, ist weder verfahrens- noch sachlichrechtlich zu beanstanden. Der Senat weist jedoch darauf hin, daß Wahlgegenüberstellungen in der Hauptverhandlung entbehrlich sind, wenn bereits im Ermittlungsverfahren Wahllichtbildvorlagen oder Wahlgegenüberstellungen durchgeführt worden sind (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner aaO § 58 Rdn. 13). Zudem dürfte eine sukzessive (sequentielle) Gegenüberstellung, bei welcher der Zeuge jeweils nur eine Person sieht, ihm aber nacheinander mehrere Personen gezeigt werden (vgl. Mertn/Schwarz/Walser Kriminalistik 1998, 421), einer Wahlgegenüberstellung (vgl. RiStBV 18 Satz 1) vorzuziehen sein.
2. Die Sachbeschwerde führt zur Ä nderung des den Angeklagten D. betreffenden Schuldspruchs in den Fällen II 3 a, e, f, h und j der Urteilsgründe und zur Aufhebung der in diesen Fällen verhängten Einzelstrafen sowie der aus diesen Strafen gebildeten Gesamtfreiheitsstrafe, weil das Landgericht insoweit das Konkurrenzverhältnis rechtsfehlerhaft beurteilt und Tatmehrheit angenommen hat.

a) Nach den Feststellungen veranlaßten die Angeklagten den Betreiber eines Bordells, ihnen die Prostituierten Oksana P. und Aurelia Av. zu übergeben. Der Angeklagte A. brachte die Frauen in die Wohnung der Angeklagten und sperrte sie dort gemeinsam mit dem Angeklagten D. in der Zeit vom 24. August 1997, 8.00 Uhr, bis zum 28. August 1997 ein. Der Angeklagte D. zwang Oksana P. in vier Fällen mit ihm (II 3 a, e, f und j der Urteilsgründe) und in einem weiteren, nach § 154 Abs. 2 StPO von der Verfol-
gung ausgenommenen Fall mit einem Italiener den Geschlechtsverkehr auszuführen. Beide Frauen wurden in Gegenwart der Angeklagten von dem Bruder des Angeklagten D. v ergewaltigt. Nachdem der Angeklagte A. Aurelia Av. zum Geschlechtsverkehr mit ihm (Fälle II 3 b und d der Urteilsgründe) und in einem weiteren, ebenfalls von der Verfolgung ausgenommenen Fall mit einem Albaner gezwungen hatte, zwang sie am 25. August 1997 der Angeklagte D. zum Oral- und Vaginalverkehr (II 3 h der Urteilsgründe). Der Angeklagte D. war sich bewußt, ”daß die beiden Frauen in der Wohnung eingesperrt waren und sich damit in einer hilflosen Lage befanden, in der sie beiden Angeklagten schutzlos ausgeliefert waren”. Dies nutzte er in allen Fällen aus, um den Geschlechtsverkehr zu erzwingen. Im ersten der Fälle versetzte der Angeklagte Oksana P. zudem mehrere mit großer Wucht ausgeführte Faustschläge gegen den Kopf, um ihren Widerstandswillen zu brechen. Danach ging er davon aus, daß er ”nicht erneut zuschlagen mußte, weil der Widerstandswille der Frau infolge seiner früheren Gewalttätigkeiten gebrochen war.” In dem letzten der Fälle ging er ”zutreffender Weise davon aus, daß P. der Av. von den Schlägen erzählt bzw. daß Av. die Schläge und Schreie selbst gehört hatte.”
Dieser der Verurteilung des Angeklagten D. wegen Vergewaltigung in fünf Fällen, jeweils in Tateinheit mit Freiheitsberaubung und in einem Fall mit Körperverletzung zugrundeliegende Geschehensablauf vermag die Annahme rechtlich selbständiger Taten nicht zu rechtfertigen. Vielmehr ist der Geschehensablauf als eine Tat im Sinne des sachlichen Rechts aufzufassen, weil die von dem Angeklagten erzwungenen Sexualakte eine einheitliche Handlung bilden:
Es kann dahingestellt bleiben, ob allein das mehrfache Ausnutzen derselben schutzlosen Lage z ur Erzwingung des Geschlechtsverkehrs zur Annahme nur einer Tat führen kann (vgl. BGH, Beschluß vom 6. Juli 1999 – 1 StR 216/99). Hier liegt den Vergewaltigungen, auf die das Landgericht zutreffend § 177 Abs. 1, 2 Satz 2 Nr.1 StGB i.d.F. des 33. StrÄ ndG angewendet hat, jedenfalls soweit es die als Tatmittel angewendete Gewalt betrifft, ein einheitliches Tun des Angeklagten D. zugrunde. Neben der Freiheitsberaubung, in der hier eine Gewaltanwendung im Sinne des § 177 Abs. 1 StGB liegt (vgl. BGH NStZ 1999, 83; BGHR StGB § 177 Abs.1 Gewalt 10), die der Angeklagte in allen Fällen als Nötigungsmittel einsetzte, wirkte auch die im ersten Fall vom Angeklagten ausgeübte massive körperliche Gewalt während des gesamten Tatgeschehens fort, was der Angeklagte in den nachfolgenden Fällen ebenfalls ausnutzte. Der Annahme einer fortwirkenden Gewaltanwendung steht hier entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht entgegen, daß sich das Tatgeschehen über mehrere Tage erstreckte und daß es durch Straftaten anderer zum Nachteil der Tatopfer ”unterbrochen” wurde. Diese Taten bilden schon deshalb keine Zäsur, die zur Annahme rechtlich selbständiger Taten führt, weil sie durch die schutzlose Lage der Frauen ermöglicht wurden und der Angeklagte D. Oksana P. zudem in einem der nicht abgeurteilten Fälle zu dem Geschlechtsverkehr mit einem Italiener unter Ausnutzung dieser Lage gezwungen hat. Im übrigen ist, da zur zeitlichen Einordnung der Vorfälle keine sicheren Feststellungen getroffen werden konnten, zugunsten des Angeklagten D. davon auszugehen, daß das Tatgeschehen, soweit es die erzwungenen sexuellen Handlungen betrifft, in der Nacht vom 25. zum 26. August 1997 beendet war, so daß ein enger zeitlicher Zusammenhang gegeben ist.
Der Angeklagte D. hat danach in allen Fällen, soweit es die angewendete Gewalt betrifft, dasselbe Nötigungsmittel eingesetzt, so daß nur eine Handlung im Rechtssinne vorliegt (vgl. BGH NStZ 1999, 83; BGHR StGB § 177 Abs.1 Gewalt 10, jew. m. N.). Soweit es gegenüber Oksana P. zu mehreren sexuellen Handlungen kam, liegt daher nur eine Vergewaltigung in Tateinheit mit Freiheitsberaubung (vgl. BGH NStZ 1999, 83) und mit Körperverletzung vor. Hierzu stehen die durch dieselbe Handlung zum Nachteil von Aurelia Av. begangenen Delikte (Vergewaltigung und Freiheitsberaubung) in Tateinheit (vgl. BGH, Beschlüsse vom 9. September 1997 – 4 StR 377/97 und vom 16. November 1999 – 4 StR 504/99). Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend. § 265 StPO steht der Schuldspruchänderung nicht entgegen, weil sich der Angeklagte hiergegen nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.

b) Die Schuldspruchänderung hat die Aufhebung der in den Fällen II 3 a, e, f, h und j verhängten Einzelstrafen und der Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und neun Monaten zur Folge.

c) Soweit der Angeklagte im Fall II 2 d wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit schwerem erpresserischem Menschenraub wegen der Zäsurwirkung der einbezogenen Vorverurteilung zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und einem Monat verurteilt worden ist, faßt der Senat den diese Tat betreffenden Schuld- und Strafausspruch zur Klarstellung der Zuordnung dieser Strafe neu. 3. Die Revision ist, soweit der Mitangeklagte A. in den Fällen II 3 b und d wegen Vergewaltigung in zwei Fällen, jeweils in Tateinheit mit Freiheitsberaubung verurteilt worden ist, wegen der insoweit gegebenen Identität der
Tat (vgl. Kuckein in KK/StPO 4. Aufl. § 357 StPO Rdn. 8) gemäß § 357 StPO auf diesen zu erstrecken.
Der Angeklagte A. hat den Geschlechtsverkehr mit Aurelia Av. , und zwar - wovon zu seinen Gunsten auszugehen ist – an demselben Tage, jeweils unter Ausnutzung der in der Freiheitsberaubung liegenden Gewaltanwendung erzwungen und insoweit dasselbe Nötigungsmittel eingesetzt, so daß nur eine Tat im Rechtssinne vorliegt. Zu der Vergewaltigung steht die Freiheitsberaubung zum Nachteil beider geschädigter Frauen in Tateinheit. Der Senat hat den Schuldspruch in den genannten Fällen entsprechend geändert. § 265 StPO steht dem nicht entgegen.
Die Schuldspruchänderung führt zur Aufhebung der beiden diese Fälle betreffenden Einzelstrafen und der Gesamtstrafe.
Meyer-Goßner Maatz Kuckein Athing Ernemann

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 153/02
vom
2. Oktober 2002
in der Strafsache
gegen
wegen Vergewaltigung u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 2. Oktober
2002, an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Bode
als Vorsitzender,
die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. h.c. Detter,
Athing,
Rothfuß,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Elf
als beisitzende Richter,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwältin
als Vertreterin der Nebenklägerin,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Wiesbaden vom 22. November 2001 mit den Feststellungen aufgehoben
a) soweit der Angeklagte in den Fällen II.2 bis 7 verurteilt wurde,
b) im Fall II.1 im Strafausspruch sowie
c) im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Jugendschutzkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit sexuellem Mißbrauch von Kindern und sexuellem Mißbrauch von Schutzbefohlenen sowie wegen schweren sexuellen Mißbrauchs von Kindern in sechs Fällen, davon in fünf Fällen tateinheitlich mit sexuellem Mißbrauch von Schutzbefohlenen, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. Außerdem erging eine Entscheidung im Adhäsionsverfahren.
Die auf die Sachrüge gestützte Revision der Staatsanwaltschaft richtet sich im wesentlichen dagegen, daß der Angeklagte nicht auch in den Fällen II.2 bis 7 der Urteilsgründe wegen tateinheitlich begangener Vergewaltigung verurteilt wurde. Das vom Generalbundesanwalt vertretene Rechtsmittel, das im Fall 1 wirksam auf den Strafausspruch beschränkt ist, hat Erfolg.

I.

Das Landgericht hat folgendes festgestellt: Der Angeklagte übte in den Jahren 1998 und 1999 an seiner damals 12 bzw. 13-jährigen Nichte, der Nebenklägerin U. , mehrfach Analverkehr aus. Die Geschädigte, die mit ihren beiden Schwestern bei ihrem Vater aufwuchs, hatte bis dahin ein gutes, vertrauliches Verhältnis zu dem Angeklagten und seiner Familie gehabt. 1. Im Zeitraum vom 23. März bis 6. April 1998 übernahmen der Angeklagte und seine Ehefrau während eines Krankenhausaufenthalts des Vaters der Geschädigten auf dessen Bitte die Betreuung der Nebenklägerin und ihrer älteren Schwester. Zu diesem Zweck wohnten sie in der Wohnung der Familie U. . Als der Angeklagte sich eines Morgens mit seiner Nichte allein in der Wohnung befand, legte er sich zu ihr auf die Couch, begann sie zu küssen und hielt sie fest, als sie ihren Widerwillen bekundete und aufzustehen versuchte. Er schloß die Wohnungstür von innen ab. Das Mädchen wehrte sich ohne Erfolg , trat und schlug nach dem Angeklagten, der sie mit seinem Gewicht auf die Couch drückte und sie teilweise entkleidete. Da U. zu schreien begann , drückte er ihr ein Kissen auf das Gesicht. Er drehte sie auf die Seite und drang mit seinem erigierten Glied in den After des Kindes ein, was diesem heftige Schmerzen bereitete. Nachdem er nach zwei bis drei Minuten von ihr abgelassen hatte, gebot der Angeklagte seiner Nichte, mit niemandem über die Sache zu sprechen und sich normal zu verhalten, anderenfalls werde sie nur
sich selbst schaden und die Familie zerstören; auch werde ihr niemand Glauben schenken. Er drohte ihr, sie umzubringen, falls sie mit jemandem über die Tat sprechen sollte. Enttäuscht und verängstigt, vertraute sich die Geschädigte lediglich ihrer älteren Schwester an, die ihr jedoch nicht glaubte. 2. Vom 20. April bis 18. Mai 1998 wurden U. und ihre Schwester wiederum von dem Angeklagten und seiner Frau in der väterlichen Wohnung betreut, während sich der Vater in Kur befand. Als der Angeklagte an einem Tag morgens mit seiner Nichte allein in der Wohnung war, näherte er sich ihr wiederum in sexueller Absicht. Sie erklärte ihm, daß sie sein Verhalten ablehne , und wollte die Wohnung verlassen, mußte aber feststellen, daß er die Tür abgeschlossen und den Schlüssel abgezogen hatte. Der Angeklagte entkleidete sich, hielt das Mädchen fest, zog dessen Hose herunter und führte erneut den Analverkehr durch. Aus Furcht vor dem Angeklagten und aus Angst, man glaube ihr nicht, offenbarte sich U. nicht gegenüber Dritten. 3. Während desselben Kuraufenthalts des Vaters kam es zu einem weiteren Analverkehr des Angeklagten mit der Geschädigten, die sich im Hinblick auf die früheren Taten jedoch kaum noch zur Wehr setzte. 4. Im Sommer 1998, vermutlich im Juni, übte der Angeklagte in seiner eigenen Wohnung Analverkehr mit seiner Nichte aus, nachdem er zuvor seine eigenen Töchter hinausgewiesen hatte. Als die Tochter des Angeklagten die Geschädigte am Abend fragte, was ihr Vater immer mit ihr mache, schwieg U. . 5.-7. Im Sommer 1999 übernahmen der Angeklagte und seine Ehefrau erneut die Betreuung ihrer Nichten, als sich deren Vater vom 17. bis 25. August in der Türkei aufhielt. In diesem Zeitraum kam es in drei weiteren Fällen zur
Ausübung des Analverkehrs durch den Angeklagten mit U. . Diese setzte dem Angeklagten, dem sie körperlich weit unterlegen war, keine Gegenwehr mehr entgegen. Denn sie befand sich mit dem Angeklagten allein in der Wohnung des Mehrfamilienhauses.

II.

Das Landgericht hat die Übergriffe des Angeklagten als sexuellen Mißbrauch eines Kindes (im Fall 1 nach § 176 Abs. 3 StGB a.F.) bzw. schweren sexuellen Mißbrauch eines Kindes (in den übrigen Fällen) gewertet und - außer im Fall 4 - tateinheitlich begangenen sexuellen Mißbrauch einer Schutzbefohlenen angenommen. Mit Ausnahme der ersten Tat, bei der es die Anwendung von Gewalt im Sinne des § 177 Abs. 1 StGB a.F. bejaht hat, hat sich das Landgericht an einer Verurteilung wegen jeweils tateinheitlich begangener Vergewaltigung gehindert gesehen, da bei den folgenden Taten weder Gewalt noch eine konkludente Drohung anzunehmen sei und auch die Ausnutzung einer schutzlosen Lage ausscheide. Diese Erwägungen halten rechtlicher Überprüfung nicht stand. 1. Als rechtsfehlerhaft erweist sich bereits die Argumentation des Landgerichts zur fehlenden Gewaltanwendung seitens des Angeklagten. Schon das Einsperren in einen umschlossenen Raum reicht als Gewalt im Sinne des § 177 Abs. 1 Nr. 1 StGB aus, wenn es dazu dient, das Opfer am Verlassen des Raumes zu hindern und so die sexuellen Handlungen zu ermöglichen (BGH GA 1965, 57; 1981, 168; Urt. vom 21. Januar 1987 - 2 StR 656/86); an der notwendigen finalen Verknüpfung der Gewalt mit der sexuellen Handlung kann es dagegen fehlen, falls das Abschließen der Tür nur erfolgt, um ungestört zu sein und eine Entdeckung zu verhindern (BGH bei Miebach
NStZ 1996, 123; Beschl. vom 24. August 1999 - 4 StR 339/99 - insoweit in NStZ 1999, 629 nicht abgedruckt). Darüber hinaus ist im Einzelfall das - mit nicht ganz unerheblicher Krafteinwirkung verbundene - Festhalten des Opfers ebenso wie die Überwindung von geringfügiger Gegenwehr als Gewalt zu qualifizieren (vgl. BGH, Beschl. vom 21. Januar 1987 - 2 StR 656/86; Urt. vom 6. September 1995 - 2 StR 363/95; Urt. vom 26. August 1997 - 1 StR 431/97; Beschl. vom 20. April 1999 - 4 StR 102/99); ausreichend sein kann je nach den Umständen des Falles auch das Packen an der Hand, das auf das Bett Stoßen oder das sich auf das Opfer Legen bzw. der Einsatz überlegener Körperkraft (BGH, Urt. vom 23. März 1997 - 1 StR 772/96 - insofern in NStZ 1997, 494 nicht abgedruckt; Beschl. vom 13. Juni 2002 - 5 StR 203/02). Danach liegt die Annahme von Gewalt im Fall 2 bereits deshalb nahe, weil der Angeklagte die Wohnungstür verschlossen und den Schlüssel entfernt hatte. Die Gesamtumstände sprechen dafür, daß er seine Nichte, die zuvor im Fall 1 zu fliehen versucht hatte, am Entweichen hindern wollte; eine Entdeckung durch andere Familienmitglieder war zu diesem Zeitpunkt nicht zu befürchten. In den weiteren Fällen hat das Landgericht, das die Möglichkeit einer Gewaltanwendung durch Einsperren offenbar übersehen hat, nicht festgestellt, ob die Wohnungstür während der Tatausführung ebenfalls verschlossen war. Auch hinsichtlich der Stärke der körperlichen Einwirkung und des Ausmaßes der Gegenwehr sind die Urteilsfeststellungen in den Fällen 2 bis 7 nicht erschöpfend; soweit die Strafkammer im Rahmen der rechtlichen Würdigung ausführt, das Opfer habe dem Angeklagten "keine durch Gewalt zu überwindende Gegenwehr" entgegengesetzt, handelt es sich bereits um eine Wertung, für die es an einer ausreichenden Feststellungsgrundlage fehlt. Mangels einer
genaueren Schilderung des Verhaltens sowohl des Angeklagten als auch der Geschädigten ist es dem Senat nicht möglich, zu überprüfen, ob die Strafkammer im Ergebnis zu Recht die Anwendung von Gewalt abgelehnt hat. 2. Des weiteren wäre in den Fällen 2 bis 4 das Vorliegen einer Drohung im Sinne des § 177 Abs. 1 Nr. 2 StGB näher zu prüfen gewesen. Frühere Gewalteinwirkungen können als (konkludente) Drohung gegenüber dem Opfer zu beurteilen sein, den körperlich wirkenden Zwang erneut anzuwenden, falls das weitere Vorgehen des Täters auf Widerstand stoßen sollte; so kann vorangegangene Gewalt in diesem Sinne fortwirken, wenn das Opfer angesichts der früheren Gewaltanwendung und der gegebenen Kräfteverhältnisse aus Furcht vor weiteren Gewalttätigkeiten von einer Gegenwehr absieht, sofern der Täter zumindest erkennt und billigt, daß das Opfer sein Verhalten als Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben empfindet (vgl. BGH StV 1984, 330, 331; NStZ 1986, 409; BGHR StGB § 177 Abs. 1 Drohung 2, 5, 8). Allerdings geht der Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung davon aus, daß die Gleichsetzung von Gewalt und Ausnutzung der Angst vor Gewalt im Sinne einer konkludenten Drohung in der Regel ausscheidet, wenn zwischen der Gewaltanwendung und dem späteren Geschlechtsverkehr Wochen oder sogar Monate liegen (vgl. BGH NStZ 1986, 409; BGHR StGB § 177 Serienstraftaten 5; NStZ-RR 1998, 105). Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist hier in den Fällen 2 bis 4 die Annahme einer konkludenten Drohung nicht wegen des jeweiligen Zeitablaufs zur vorangegangenen Tat ausgeschlossen. Der Angeklagte hatte bei der kurz zuvor begangenen ersten Tat unter Einsatz körperlicher Kraft jede Ge-
genwehr des Mädchens unterbunden, seinen Fluchtversuch vereitelt und ihm in Anschluß an die Tat massiv gedroht. Die Geschädigte war, wie das Landgericht feststellt, in erheblichem Maße verängstigt und einer Drucksituation ausgesetzt. Angesichts der Gesamtumstände ist durchaus denkbar, daß das Mädchen das weitere Vorgehen des Angeklagten - wie von ihm gewollt - im Hinblick auf ihre bisherigen Erlebnisse als Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben empfand, zumal bei der Gewichtung der Vorgänge die Sicht des Opfers, insbesondere wenn es sich noch im Kindesalter befindet, nicht außer acht bleiben kann (vgl. BGHR StGB § 177 Abs. 1 Drohung 8). Als konkludente Drohung kommt hier zum einen die Androhung in Betracht , wiederum mit dem Kind, das bei der ersten Tat starke Schmerzen verspürt hatte, gegen dessen Willen den Analverkehr auszuüben, was als Ankündigung einer nicht nur unerheblichen Beeinträchtigung der körperlichen Integrität zu werten ist (vgl. BGH NStE Nr. 9 zu § 178 StGB, Nr. 24 zu § 177 StGB). Zum anderen ist auch eine Fortwirkung der vom Angeklagten ausgesprochenen Drohung, er werde das Mädchen umbringen, wenn es über die (erste) Tat spreche, denkbar. Denn ebenso wie Gewalt, die der Täter ursprünglich aus anderen Gründen angewendet hatte, eine konkludente Drohung darstellen kann, kann auch eine zunächst zu anderen Zwecken ausgesprochene Drohung als solche im Sinne des § 177 Abs. 1 Nr. 2 StGB fortwirken (vgl. BGHR StGB § 177 Abs. 1 Drohung 8). Die Umstände der vom Landgericht festgestellten Taten drängten demnach zur Erörterung dieser Gesichtspunkte. 3. Schließlich begegnet auch die Ablehnung einer Vergewaltigung gemäß § 177 Abs. 1 Nr. 3 StGB durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
a) Zu Recht weist der Generalbundesanwalt darauf hin, daß die Strafkammer hinsichtlich des Tatbestandsmerkmals der "Lage, in der das Opfer der
Einwirkung des Täters schutzlos ausgeliefert ist", von einem zu engen Begriffsverständnis ausgeht. Eine schutzlose Lage liegt vor, wenn die Schutz- und Verteidigungsmöglichkeiten des Opfers in einem solchen Maße verringert sind, daß es dem ungehemmten Einfluß des Täters preisgegeben ist. Dies ist regelmäßig der Fall, wenn das Opfer sich dem überlegenen Täter allein gegenüber sieht und auf fremde Helfer nicht rechnen kann, wobei es allerdings eines gänzlichen Beseitigens jeglicher Verteidigungsmöglichkeiten nicht bedarf (BGHSt 44, 228, 231; 45, 253, 256). Unerheblich ist, auf welche Umstände die schutzlose Lage des Opfers zurückzuführen ist; sowohl äußere Gegebenheiten als auch in der Person des Opfers liegende Umstände können die verminderten Schutz- und Verteidigungsmöglichkeiten bewirken. Die schutzlose Lage muß nicht vom Täter selbst herbeigeführt sein (BGHSt 45, 253, 256 f.; BGH NJW 2002, 381, 382). Die alleinige Erwägung des Landgerichts, das Tatgeschehen habe sich jeweils in Wohnungen in einem Mehrfamilienhaus ereignet, trägt die Ablehnung einer schutzlosen Lage im Sinne der vorgenannten Rechtsprechung nicht. Das Landgericht hat nicht einmal festgestellt, daß sich schutzbereite Dritte in Rufnähe befunden hätten und die Geschädigte eine realistische Chance auf Hilfe von außen gehabt hätte. Gerade in Mehrfamilienhäusern mit anonymerem Charakter wird häufig auch durch lautes Rufen oder Schreien keine besondere Hilfsbereitschaft anderer zu erlangen sein; so wurden auch im Fall 1 die Hilferufe des Opfers von niemandem vernommen. Eine schutzlose Lage setzt nicht notwendig ein Verbringen des Opfers an einen entlegenen Ort voraus; sie kann vielmehr, wenn, wie hier, weitere Umstände hinzutreten, auch in der Abgeschiedenheit der familiären Wohnung gegeben sein (ebenso Laufhüt-
te/Roggenbuck in LK StGB 11. Aufl. Nachtrag zu § 177, Rdn. 2; vgl. auch BGH, Beschl. vom 18. November 1997 - 4 StR 546/97 - und Beschl. vom 24. November 1999 - 3 StR 466/99 zur Rechtslage vor dem 33. Strafrechtsänderungsgesetz ). Maßgeblich müssen insofern die Gesamtumstände der konkreten Tatsituation sein. Im vorliegenden Fall legt das Zusammenspiel mehrerer Faktoren - Alter und soziale Stellung des Opfers, seine Verängstigung infolge des gesamten Verhaltens des Angeklagten - die Annahme einer schutzlosen Lage jedenfalls dann nahe, wenn die Wohnungstür verschlossen und der Nebenklägerin damit jegliche Fluchtmöglichkeit abgeschnitten war.
b) § 177 Abs. 1 Nr. 3 StGB setzt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs über das Ausnutzen der schutzlosen Lage zu sexuellen Handlungen hinaus keine gesonderte Nötigungshandlung voraus; alleinige Tathandlung ist das Aufzwingen sexueller Handlungen unter Ausnutzung einer bestimmten Befindlichkeit des Opfers. Ausreichend ist, daß der Täter sich die sein Tatvorhaben ermöglichende oder erleichternde schutzlose Lage des Opfers bewußt zunutze macht, um dessen entgegenstehenden Willen zu überwinden (vgl. BGHSt 45, 253, 257 ff.; BGH NJW 2002, 381, 382; ebenso Laufhütte /Roggenbuck a.a.O. Rdn. 3; a.A. Tröndle/Fischer 50. Aufl. § 177 Rdn. 15 ff.; Fischer ZStW 2000, 75, 83 ff. und NStZ 2000, 142; Lenckner/Perron in Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl. § 177 Rdn. 11). Entgegen der Auffassung des Landgerichts bedurfte es daher nicht etwa einer zusätzlichen Ausübung von Zwang durch den Angeklagten oder eines ausdrücklichen Hinweises im Sinne einer Drohung.
c) Soweit die Kammer in subjektiver Hinsicht meint, nicht feststellen zu können, daß der Angeklagte sich einer besonders schutzlosen Lage der Nebenklägerin bewußt gewesen sei, ist diese Einschätzung ersichtlich von dem
zu engen Begriffsverständnis hinsichtlich des objektiven Tatbestands beeinflußt. Die bisherigen Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen legen vielmehr den Schluß nahe, daß der Angeklagte die Umstände erkannt hatte, die zu einer Verringerung der Verteidigungsmöglichkeiten bei seiner Nichte führten, und daß er sich bewußt war, daß sein Opfer die sexuellen Handlungen nur aufgrund dieser von ihm geschaffenen Lage über sich ergehen ließ. Insoweit sind aber entsprechende Feststellungen durch den Tatrichter erforderlich. 4. Infolge der rechtsfehlerhaften Verneinung einer tateinheitlich begangenen Vergewaltigung in den Fällen 2-7 kann der Schuldspruch insoweit keinen Bestand haben. Darüber hinaus bedurfte es neben der Aufhebung des Ausspruchs über die Gesamtfreiheitsstrafe der Aufhebung des Einzelstrafausspruchs im Fall 1. Denn die drei Alternativen des § 177 Abs. 1 StGB stehen gleichrangig nebeneinander (vgl. BTDrucks. 13/7324 S. 6; BGHSt 44, 228, 230; 45, 253, 259; BGH NStZ 1999, 505; StV 2000, 198, 199), so daß die Erfüllung mehrerer Varianten den Schuldgehalt der Tat erhöht und straferschwerend gewertet werden kann, auch wenn dies im Urteilstenor nicht zum Ausdruck kommt (vgl. BGH, Urt. vom 3. November 1998 - 1 StR 521/98 insoweit in BGHSt 44, 228 nicht abgedruckt). Bode Detter Athing Rothfuß Elf

(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt.

(2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie darf nicht milder sein, als die anderen anwendbaren Gesetze es zulassen.

(3) Geldstrafe kann das Gericht unter den Voraussetzungen des § 41 neben Freiheitsstrafe gesondert verhängen.

(4) Auf Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Absatz 1 Nummer 8) muss oder kann erkannt werden, wenn eines der anwendbaren Gesetze dies vorschreibt oder zulässt.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 338/08
vom
10. Dezember 2008
in der Strafsache
gegen
wegen besonders schwerer Vergewaltigung u. a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 10. Dezember
2008, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Rissing-van Saan,
die Richter am Bundesgerichtshof
Rothfuß,
Prof. Dr. Fischer,
Dr. Appl,
Cierniak,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Wiesbaden vom 25. Februar 2008 wird verworfen. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels und die der Nebenklägerin hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten der "besonders schweren Vergewaltigung tateinheitlich mit vorsätzlicher Körperverletzung, Nötigung und Freiheitsberaubung sowie der Vergewaltigung tateinheitlich mit vorsätzlicher Körperverletzung und Freiheitsberaubung sowie der vorsätzlichen Körperverletzung in drei Fällen tateinheitlich mit Freiheitsberaubung sowie der Nötigung tateinheitlich mit Freiheitsberaubung, ferner der versuchten Nötigung und der Freiheitsberaubung sowie der Bedrohung in zwei Fällen" schuldig gesprochen und deshalb zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt.
2
Hiergegen richtet sich die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechtes rügt. Sein Rechtsmittel ist im Ergebnis unbegründet.

I.

3
Nach den Feststellungen des Landgerichts hat der Angeklagte der Nebenklägerin , mit der er eine intime Beziehung hatte, in den Fällen 1 bis 6 der Urteilsgründe Körperverletzungen zugefügt, sie bedroht, der Freiheit beraubt und einmal versucht, sie zu nötigen.
4
Bezüglich der Taten 7 bis 10 der Urteilsgründe hat der Tatrichter im Wesentlichen folgende Feststellungen getroffen:
5
Am 18. August 2007 wartete der Angeklagte vor dem Haus der N. in Frankfurt am Main. Als diese das Haus verließ, packte er sie an den Haaren, hielt ihr ein Rasiermesser an den Hals und schlug sie auf den Kopf. Er zwang sie unter Drohungen zum Einsteigen in seinen Wagen und verbrachte sie gegen ihren Willen und unter Zufügung weiterer Schläge zu seiner Wohnung in Wiesbaden (= Fall 7). Dort musste sie in die Wohnung mitkommen. Er schloss die Tür ab und zwang die N. mit Schlägen das Telefon zu benutzen. Unter Drohungen mit dem Rasiermesser sowie weiteren Schlägen und Tritten zwang er sie zu Anal- und Oralverkehr. Er verlangte dann, dass sie sich beim Geschlechtsverkehr mit seinem Mobiltelefon filmen lasse. Als sie sich trotz weiterer Drohungen weigerte, ging er in die Küche, holte eine Weinflasche und schlug ihr diese auf den Kopf, um zu erzwingen, dass sie sich filmen lasse. Er erreichte, dass sowohl Anal- als auch Vaginalverkehr gefilmt wurden (= Fall 8). Nach einer längeren Pause verlangte er von der N., ein "Schriftstück" zu verfassen. Da sie dies nicht wollte, schlug er sie erneut und bedrohte sie, weshalb sie das Schriftstück erstellte (= Fall 9). Nachdem die N. vom Angeklagten gezwungen worden war, ihre Haare innerhalb einer Minute zu waschen, brachte er sie ins Schlafzimmer und erreichte durch Schläge und Drohungen mit weite- ren Schlägen, dass sie bei ihm den Oralverkehr vornahm. Durch erneute Schläge erzwang er dann Vaginal- und Analverkehr (= Fall 10).

II.

6
Der Schuldspruch in den Fällen 7-10 der Urteilsgründe begegnet rechtlichen Bedenken.
7
Der Tatrichter, der meint, die Vergewaltigungen seien durch die Freiheitsberaubung nicht zu Tateinheit verbunden (UA S. 73) hat nicht erkannt, dass sich der Angeklagte einer Geiselnahme (§ 239 b StGB) schuldig gemacht haben kann und dieses Dauerdelikt aufgrund seines Unrechtsgehalts geeignet ist, die während seiner Begehung vom Angeklagten verwirklichten weiteren Straftaten zu Tateinheit im Sinne von § 52 StGB zu verklammern. Zutreffend weist der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift darauf hin, dass sich die Bemächtigungslage spätestens in der Wohnung des Angeklagten stabilisiert hatte und dieser dann entsprechend seinen Vorstellungen das Opfer mit Todesdrohungen zu verschiedenen Handlungen und Duldungen nötigte. Danach kommt eine Verklammerung - je nach Vorsatz des Angeklagten - ab Fall 7, spätestens aber ab Fall 8 der Urteilsgründe in Betracht. Diese Verklammerung hätte zur Folge, dass alle in den Fällen 7 (bzw. 8)-10 der Urteilsgründe begangenen Delikte als tateinheitlich zur Geiselnahme begangen anzusehen wären. Danach würden zwar die in den Fällen 7-10 ausgeurteilten Freiheitsberaubungen hinter der Geiselnahme zurücktreten, doch würden sowohl die besonders schwere Vergewaltigung, die Körperverletzungen, und die Nötigung als auch die zweite Vergewaltigung in Tateinheit stehen. Durch die nach Fall 8 eingetretene erhebliche Zäsur ist der Tatrichter insoweit zutreffend von zwei Vergewaltigungen ausgegangen. Die Körperverletzung im Fall 8 stellt sich jedoch als eine gefährliche im Sinne des § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB dar, da die Weinflasche, mit der der Angeklagte der N. auf den Kopf geschlagen hat, ein "anderes gefährliches Werkzeug" war.
8
Trotz dieser rechtlichen Bedenken gegen den Schuldspruch in den Fällen 7 bis 10 war das Rechtsmittel des Angeklagten zu verwerfen.
9
Der Senat schließt aus, dass der Angeklagte dadurch beschwert ist, dass er nicht wegen gefährlicher statt einfacher Körperverletzung und nicht zusätzlich wegen Geiselnahme verurteilt wurde. Letzteres hätte zwar zu einer teilweisen Änderung der Konkurrenzen geführt, den Angeklagten aber im Ergebnis, insbesondere hinsichtlich der Gesamtstrafe, nicht besser gestellt.
10
Eine "Konkurrenzkorrektur" bedeutet in aller Regel - so auch hier - keine Verringerung des verwirklichten Tatunrechts; denn es kommen keine Delikte in Wegfall.
11
Auch im Übrigen ist die Revision aus den zutreffenden Gründen des Generalbundesanwalts in seiner Antragsschrift unbegründet. Frau VRi'inBGH Rothfuß Fischer Dr. Rissing-van Saan ist wegen Erkrankung an der Unterschriftsleistung verhindert. Fischer Appl Cierniak

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 320/07
vom
8. November 2007
in der Strafsache
gegen
wegen schwerer Vergewaltigung u. a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 8. November
2007, an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof
Becker
als Vorsitzender,
die Richter am Bundesgerichtshof
Pfister,
von Lienen,
Hubert,
Dr. Schäfer
als beisitzende Richter,
Staatsanwältin
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Osnabrück vom 26. Februar 2007 mit den Feststellungen aufgehoben, jedoch bleiben die Feststellungen zum objektiven Tatgeschehen aufrechterhalten. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels und die der Nebenklägerin hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schwerer Vergewaltigung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, Freiheitsberaubung und Bedrohung zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Mit ihrer hiergegen gerichteten, zu Ungunsten des Angeklagten eingelegten Revision rügt die Staatsanwaltschaft die Verletzung materiellen Rechts. Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung des Urteils; jedoch sind die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen zum objektiven Tatgeschehen aufrechtzuerhalten (§ 353 Abs. 2 StPO).
2
I. Nach den Feststellungen versuchte der Angeklagte über einen längeren Zeitraum vergeblich, mit der Nebenklägerin eine Liebes- und Sexualbeziehung einzugehen. Nachdem dies gescheitert war, traf er umfangreiche Vorbereitungen , um die Nebenklägerin gegebenenfalls gegen ihren Willen in einem Kotten festzuhalten, und lockte sie dorthin. Nach einem ersten Gespräch erkannte er, dass sich die Nebenklägerin erneut ablehnend verhielt und auch nicht bereit war, freiwillig seinen Wünschen zur einverständlichen Vornahme sexueller Handlungen und zur Anfertigung erotischer Fotos nachzukommen. Er äußerte nun, sie solle hier bleiben, sie gehe nirgendwo mehr hin. Der Angeklagte fesselte die Nebenklägerin, kettete sie an, strangulierte sie in lebensbedrohlicher Weise und verbrachte sie mehrfach für längere Zeiträume in eine von ihm präparierte sargähnliche Kiste. Während des sich über fast einen Tag hinziehenden Tatgeschehens führte er der Nebenklägerin gegen ihren Willen einen Finger in die Scheide ein, fotografierte sie in von ihm zuvor beschafften Dessous , präsentierte ihr ein von ihm erstelltes "Drehbuch", in dem er seine die Nebenklägerin betreffenden sexuellen Gewaltphantasien festgehalten hatte, und drohte ihr schließlich, sie mittels einer Kettensäge umzubringen. Daneben versuchte er weiter, sie in mehreren Gesprächen von seinen Absichten zu überzeugen. Nachdem ein erster Fluchtversuch der Nebenklägerin gescheitert war, gelang es ihr schließlich, die Abwesenheit des Angeklagten auszunutzen, sich aus der sargähnlichen Kiste zu befreien, zu dem benachbarten Anwesen zu gelangen und dort Hilfe zu finden.
3
II. Das Urteil hält sachlichrechtlicher Prüfung nicht stand.
4
1. Die Strafkammer hat mit ihrem Schuldspruch den Unrechtsgehalt der von ihr festgestellten Tat nicht ausgeschöpft und ist somit ihrer Kognitionspflicht nicht nachgekommen (vgl. Meyer-Goßner, StPO 50. Aufl. § 264 Rdn. 10). Der festgestellte Sachverhalt enthält mehrere Nötigungen (§ 240 StGB), die über das hinausgehen, was zur Verwirklichung der Vergewaltigung und der Freiheitsberaubung erforderlich war, und die deshalb nicht im Wege der Gesetzeskonkurrenz von den §§ 177, 239 StGB verdrängt werden (vgl. Tröndle/Fischer, StGB 54. Aufl. § 177 Rdn. 105; § 239 Rdn. 18), so etwa das gewaltsame Verbringen der Nebenklägerin in die sargähnliche Kiste oder das erzwungene Anziehen der Dessous und Dulden der Fotoaufnahmen. Diese Delikte hätte das Landgericht gesondert ausurteilen müssen.
5
2. Die Annahme des Landgerichts, die nach seiner rechtlichen Würdigung verwirklichte schwere Vergewaltigung (§ 177 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2 StGB), gefährliche Körperverletzung (§ 224 Abs. 1 Nr. 2 und 5 StGB) und Bedrohung (§ 241 StGB) stünden untereinander im Verhältnis der Tateinheit, da sie von der Freiheitsberaubung (§ 239 StGB) als Dauerdelikt gemäß § 52 StGB zu einer Tat verklammert würden, ist ebenfalls rechtsfehlerhaft.
6
Grundsätzlich kann zwar ein Delikt, das sich über einen gewissen Zeitraum hinzieht, andere Straftaten, die bei isolierter Betrachtung in Tatmehrheit zueinander stünden, zu Tateinheit verbinden, wenn es seinerseits mit jeder dieser Straftaten tateinheitlich zusammentrifft. Diese Wirkung tritt jedoch dann nicht ein, wenn das Dauerdelikt in seinem strafrechtlichen Unwert, wie er in der Strafandrohung Ausdruck findet, deutlich hinter den während seiner Begehung zusätzlich verwirklichten Gesetzesverstößen zurückbleibt. Denn eine minderschwere Dauerstraftat hat nicht die Kraft, mehrere schwerere Einzeltaten, mit denen sie ihrerseits jeweils tateinheitlich zusammentrifft, zu einer materiellrechtlichen Tat im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB zusammenzufassen (vgl. BGHR StGB § 52 Abs. 1 Klammerwirkung 4, 5, 7; § 129 a Konkurrenzen 4).
7
Danach scheidet die Annahme von Tateinheit zwischen der schweren Vergewaltigung und der gefährlichen Körperverletzung aus. Die schwere Vergewaltigung ist gemäß § 177 Abs. 3 StGB mit Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren bedroht. Der Strafrahmen der gefährlichen Körperverletzung reicht gemäß § 224 Abs. 1 StGB von sechs Monaten bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe. Demgegenüber wird die Freiheitsberaubung gemäß § 239 Abs. 1 StGB nur mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe geahndet. Sowohl die schwere Vergewaltigung als auch die gefährliche Körperverletzung weisen somit im Vergleich zur Freiheitsberaubung einen so deutlich höheren Unrechtsgehalt auf, dass sie durch diese nicht zu Tateinheit verbunden werden können (vgl. Träger /Schluckebier in LK 11. Aufl. § 239 Rdn. 42). Sie stehen vielmehr im Verhältnis der Tatmehrheit zueinander, wobei in beiden Fällen jeweils tateinheitlich die Freiheitsberaubung hinzutritt (vgl. Rissing-van Saan in LK 12. Aufl. § 52 Rdn. 30). Die Bedrohung gemäß § 241 StGB bildet mit der schweren Vergewaltigung und der Freiheitsberaubung eine materiellrechtliche Tat, da sie der schweren Vergewaltigung zeitlich nachfolgt und nach den dargestellten Grundsätzen von der Freiheitsberaubung mit dieser verklammert wird.
8
3. Schließlich hält das angefochtene Urteil aber auch deswegen rechtlicher Prüfung nicht stand, weil das Landgericht nicht erörtert hat, ob sich der Angeklagte der Geiselnahme (§ 239 b StGB) schuldig gemacht hat. Diese Erörterung drängte sich nach dem Beweisergebnis auf; dessen Würdigung erweist sich daher als lückenhaft.
9
a) Allerdings enthält das Urteil entgegen der Ansicht des Generalbundesanwalts keinen beachtlichen Widerspruch hinsichtlich des Zeitpunkts, in welchem der Angeklagte der Nebenklägerin ausdrücklich androhte, sie mit der Kettensäge umzubringen. Die Strafkammer hat bei der Darstellung des Sachverhalts eindeutig festgestellt, diese Drohung habe am frühen Morgen des nächsten Tages stattgefunden, nachdem der Angeklagte die Nebenklägerin bereits vergewaltigt hatte und nicht mehr gewusst habe, wie es nunmehr weitergehen solle. Diese Feststellung fügt sich zwanglos und plausibel in das übrige Geschehen ein. Sie stimmt darüber hinaus mit der in den Urteilsgründen ausführlich wiedergegebenen Aussage der Nebenklägerin überein. Soweit die Strafkammer an einer späteren Stelle im Rahmen der Beweiswürdigung ausgeführt hat, die Drohung sei vor der Vergewaltigung ausgesprochen worden, handelt es sich deshalb um ein offensichtliches und somit unbeachtliches Fassungsversehen. Hierfür spricht auch, dass das Landgericht weder bei der rechtlichen Würdigung noch bei der Strafzumessung auf diesen Umstand abgestellt hat.
10
Danach kommt diese Todesdrohung aber als qualifizierte Nötigungshandlung im Sinne des § 239 b Abs. 1 2. Alt. StGB nicht in Betracht, denn sie diente nicht mehr der Erzwingung einer weiteren Handlung, Duldung oder Unterlassung der Nebenklägerin, sondern war vielmehr Ausdruck der Ratlosigkeit des Angeklagten. Dem entsprechend bot ihm die Nebenklägerin aus Angst um ihr Leben von sich aus an, sich wieder in die sargähnliche Kiste zu legen. Diesen "Vorschlag" griff der Angeklagte auf und fuhr sodann zur Arbeit.
11
b) Jedoch erfüllte schon das festgestellte frühere Geschehen nahe liegend die objektiven Merkmale des § 239 b Abs. 1 1. oder 2. Alt. StGB. Das Landgericht musste sich daher notwendigerweise mit diesem Straftatbestand auseinandersetzen und insbesondere prüfen, ob der Angeklagte (auch) in subjektiver Hinsicht eine der beiden Alternativen dieser Vorschrift erfüllt hat:
12
Der Angeklagte hatte sich der Nebenklägerin bemächtigt; die Bemächtigungslage hatte sich - entsprechend seinen Vorstellungen - stabilisiert (vgl. BGHSt 40, 350, 359). Das Vorgehen des Angeklagten war geeignet, bei der Nebenklägerin die Befürchtung zu wecken, der Angeklagte wolle sie töten, wenn sie seine genannten Vorstellungen und Wün sche nicht erfüllte. Damit liegt objektiv eine gemäß § 239 b Abs. 1 StGB qualifizierte Drohung vor. Diese muss nicht ausdrücklich erklärt werden; sie kann vielmehr auch konkludent erfolgen oder sich aus den tatsächlichen Umständen der Tat ergeben (vgl. Träger /Schluckebier in LK 11. Aufl. § 239 b Rdn. 4). Unter diesen Umständen liegt es nicht fern, dass der Angeklagte eine der beiden Alternativen des § 239 b Abs. 1 StGB in objektiver und subjektiver Hinsicht vollständig verwirklichte.
13
Beabsichtigte er bereits im Zeitpunkt der Begründung des physischen Herrschaftsverhältnisses über die Nebenklägerin, seine weitergehenden Ziele mittels konkludenter Todesdrohung zu erreichen, so wären allein schon hierdurch die Voraussetzungen der ersten Alternative des § 239 b Abs. 1 StGB erfüllt. Der Angeklagte hätte dagegen die zweite Alternative des § 239 b Abs. 1 StGB verwirklicht, wenn er zwar nicht bereits zu dem Zeitpunkt, zu dem er sich der Nebenklägerin bemächtigte, diese Absicht hatte, jedoch die von ihm geschaffene Lage aufgrund eines nachträglich gefassten Vorsatzes zu einer solchen Nötigung mittels konkludenter Todesdrohung ausnutzte. Hiermit hätte sich das Landgericht auseinandersetzen müssen.
14
III. Das angefochtene Urteil kann somit keinen Bestand haben. Jedoch können die Feststellungen zum objektiven Tatgeschehen aufrechterhalten werden , denn sie sind von den dargelegten Rechtsfehlern nicht betroffen. Weitergehende Feststellungen hierzu darf der nunmehr zur Entscheidung berufene Tatrichter nur treffen, soweit sie zu den bisherigen nicht in Widerspruch stehen. Sollte er zu der Überzeugung gelangen, dass sich der Angeklagte auch der Geiselnahme schuldig gemacht hat, wird er zu beachten haben, dass dieses Dauerdelikt aufgrund seines Unrechtsgehalts geeignet ist, die während seiner Begehung vom Angeklagten verwirklichten weiteren Straftaten zur Tateinheit zu verklammern ( vgl. BGH NStZ-RR 2004, 333, 335 zu § 239 a StGB). Becker Pfister von Lienen Hubert Schäfer

(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt.

(2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie darf nicht milder sein, als die anderen anwendbaren Gesetze es zulassen.

(3) Geldstrafe kann das Gericht unter den Voraussetzungen des § 41 neben Freiheitsstrafe gesondert verhängen.

(4) Auf Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Absatz 1 Nummer 8) muss oder kann erkannt werden, wenn eines der anwendbaren Gesetze dies vorschreibt oder zulässt.

(1) Fallen einzelne abtrennbare Teile einer Tat oder einzelne von mehreren Gesetzesverletzungen, die durch dieselbe Tat begangen worden sind,

1.
für die zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung oder
2.
neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat,
nicht beträchtlich ins Gewicht, so kann die Verfolgung auf die übrigen Teile der Tat oder die übrigen Gesetzesverletzungen beschränkt werden. § 154 Abs. 1 Nr. 2 gilt entsprechend. Die Beschränkung ist aktenkundig zu machen.

(2) Nach Einreichung der Anklageschrift kann das Gericht in jeder Lage des Verfahrens mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft die Beschränkung vornehmen.

(3) Das Gericht kann in jeder Lage des Verfahrens ausgeschiedene Teile einer Tat oder Gesetzesverletzungen in das Verfahren wieder einbeziehen. Einem Antrag der Staatsanwaltschaft auf Einbeziehung ist zu entsprechen. Werden ausgeschiedene Teile einer Tat wieder einbezogen, so ist § 265 Abs. 4 entsprechend anzuwenden.

(1) Das Gericht ordnet neben der Strafe die Sicherungsverwahrung an, wenn

1.
jemand zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat verurteilt wird, die
a)
sich gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung richtet,
b)
unter den Ersten, Siebenten, Zwanzigsten oder Achtundzwanzigsten Abschnitt des Besonderen Teils oder unter das Völkerstrafgesetzbuch oder das Betäubungsmittelgesetz fällt und im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zehn Jahren bedroht ist oder
c)
den Tatbestand des § 145a erfüllt, soweit die Führungsaufsicht auf Grund einer Straftat der in den Buchstaben a oder b genannten Art eingetreten ist, oder den Tatbestand des § 323a, soweit die im Rausch begangene rechtswidrige Tat eine solche der in den Buchstaben a oder b genannten Art ist,
2.
der Täter wegen Straftaten der in Nummer 1 genannten Art, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon zweimal jeweils zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
3.
er wegen einer oder mehrerer dieser Taten vor der neuen Tat für die Zeit von mindestens zwei Jahren Freiheitsstrafe verbüßt oder sich im Vollzug einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung befunden hat und
4.
die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Taten ergibt, dass er infolge eines Hanges zu erheblichen Straftaten, namentlich zu solchen, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden, zum Zeitpunkt der Verurteilung für die Allgemeinheit gefährlich ist.
Für die Einordnung als Straftat im Sinne von Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b gilt § 12 Absatz 3 entsprechend, für die Beendigung der in Satz 1 Nummer 1 Buchstabe c genannten Führungsaufsicht § 68b Absatz 1 Satz 4.

(2) Hat jemand drei Straftaten der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 genannten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verwirkt hat, und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzung neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen.

(3) Wird jemand wegen eines die Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a oder b erfüllenden Verbrechens oder wegen einer Straftat nach § 89a Absatz 1 bis 3, § 89c Absatz 1 bis 3, § 129a Absatz 5 Satz 1 erste Alternative, auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1, den §§ 174 bis 174c, 176a, 176b, 177 Absatz 2 Nummer 1, Absatz 3 und 6, §§ 180, 182, 224, 225 Abs. 1 oder 2 oder wegen einer vorsätzlichen Straftat nach § 323a, soweit die im Rausch begangene Tat eine der vorgenannten rechtswidrigen Taten ist, zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt, so kann das Gericht neben der Strafe die Sicherungsverwahrung anordnen, wenn der Täter wegen einer oder mehrerer solcher Straftaten, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon einmal zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist und die in Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und 4 genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Hat jemand zwei Straftaten der in Satz 1 bezeichneten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verwirkt hat und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter den in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzungen neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen. Die Absätze 1 und 2 bleiben unberührt.

(4) Im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 gilt eine Verurteilung zu Gesamtstrafe als eine einzige Verurteilung. Ist Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung auf Freiheitsstrafe angerechnet, so gilt sie als verbüßte Strafe im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3. Eine frühere Tat bleibt außer Betracht, wenn zwischen ihr und der folgenden Tat mehr als fünf Jahre verstrichen sind; bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung beträgt die Frist fünfzehn Jahre. In die Frist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist. Eine Tat, die außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes abgeurteilt worden ist, steht einer innerhalb dieses Bereichs abgeurteilten Tat gleich, wenn sie nach deutschem Strafrecht eine Straftat der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, in den Fällen des Absatzes 3 der in Absatz 3 Satz 1 bezeichneten Art wäre.

(1) Hat jemand mehrere Straftaten begangen, die gleichzeitig abgeurteilt werden, und dadurch mehrere Freiheitsstrafen oder mehrere Geldstrafen verwirkt, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt.

(2) Trifft Freiheitsstrafe mit Geldstrafe zusammen, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt. Jedoch kann das Gericht auf Geldstrafe auch gesondert erkennen; soll in diesen Fällen wegen mehrerer Straftaten Geldstrafe verhängt werden, so wird insoweit auf eine Gesamtgeldstrafe erkannt.

(3) § 52 Abs. 3 und 4 gilt sinngemäß.

(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt.

(2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie darf nicht milder sein, als die anderen anwendbaren Gesetze es zulassen.

(3) Geldstrafe kann das Gericht unter den Voraussetzungen des § 41 neben Freiheitsstrafe gesondert verhängen.

(4) Auf Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Absatz 1 Nummer 8) muss oder kann erkannt werden, wenn eines der anwendbaren Gesetze dies vorschreibt oder zulässt.

(1) Das Gericht ordnet neben der Strafe die Sicherungsverwahrung an, wenn

1.
jemand zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat verurteilt wird, die
a)
sich gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung richtet,
b)
unter den Ersten, Siebenten, Zwanzigsten oder Achtundzwanzigsten Abschnitt des Besonderen Teils oder unter das Völkerstrafgesetzbuch oder das Betäubungsmittelgesetz fällt und im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zehn Jahren bedroht ist oder
c)
den Tatbestand des § 145a erfüllt, soweit die Führungsaufsicht auf Grund einer Straftat der in den Buchstaben a oder b genannten Art eingetreten ist, oder den Tatbestand des § 323a, soweit die im Rausch begangene rechtswidrige Tat eine solche der in den Buchstaben a oder b genannten Art ist,
2.
der Täter wegen Straftaten der in Nummer 1 genannten Art, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon zweimal jeweils zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
3.
er wegen einer oder mehrerer dieser Taten vor der neuen Tat für die Zeit von mindestens zwei Jahren Freiheitsstrafe verbüßt oder sich im Vollzug einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung befunden hat und
4.
die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Taten ergibt, dass er infolge eines Hanges zu erheblichen Straftaten, namentlich zu solchen, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden, zum Zeitpunkt der Verurteilung für die Allgemeinheit gefährlich ist.
Für die Einordnung als Straftat im Sinne von Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b gilt § 12 Absatz 3 entsprechend, für die Beendigung der in Satz 1 Nummer 1 Buchstabe c genannten Führungsaufsicht § 68b Absatz 1 Satz 4.

(2) Hat jemand drei Straftaten der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 genannten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verwirkt hat, und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzung neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen.

(3) Wird jemand wegen eines die Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a oder b erfüllenden Verbrechens oder wegen einer Straftat nach § 89a Absatz 1 bis 3, § 89c Absatz 1 bis 3, § 129a Absatz 5 Satz 1 erste Alternative, auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1, den §§ 174 bis 174c, 176a, 176b, 177 Absatz 2 Nummer 1, Absatz 3 und 6, §§ 180, 182, 224, 225 Abs. 1 oder 2 oder wegen einer vorsätzlichen Straftat nach § 323a, soweit die im Rausch begangene Tat eine der vorgenannten rechtswidrigen Taten ist, zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt, so kann das Gericht neben der Strafe die Sicherungsverwahrung anordnen, wenn der Täter wegen einer oder mehrerer solcher Straftaten, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon einmal zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist und die in Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und 4 genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Hat jemand zwei Straftaten der in Satz 1 bezeichneten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verwirkt hat und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter den in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzungen neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen. Die Absätze 1 und 2 bleiben unberührt.

(4) Im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 gilt eine Verurteilung zu Gesamtstrafe als eine einzige Verurteilung. Ist Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung auf Freiheitsstrafe angerechnet, so gilt sie als verbüßte Strafe im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3. Eine frühere Tat bleibt außer Betracht, wenn zwischen ihr und der folgenden Tat mehr als fünf Jahre verstrichen sind; bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung beträgt die Frist fünfzehn Jahre. In die Frist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist. Eine Tat, die außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes abgeurteilt worden ist, steht einer innerhalb dieses Bereichs abgeurteilten Tat gleich, wenn sie nach deutschem Strafrecht eine Straftat der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, in den Fällen des Absatzes 3 der in Absatz 3 Satz 1 bezeichneten Art wäre.

(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt.

(2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie darf nicht milder sein, als die anderen anwendbaren Gesetze es zulassen.

(3) Geldstrafe kann das Gericht unter den Voraussetzungen des § 41 neben Freiheitsstrafe gesondert verhängen.

(4) Auf Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Absatz 1 Nummer 8) muss oder kann erkannt werden, wenn eines der anwendbaren Gesetze dies vorschreibt oder zulässt.

(1) Das Gericht ordnet neben der Strafe die Sicherungsverwahrung an, wenn

1.
jemand zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat verurteilt wird, die
a)
sich gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung richtet,
b)
unter den Ersten, Siebenten, Zwanzigsten oder Achtundzwanzigsten Abschnitt des Besonderen Teils oder unter das Völkerstrafgesetzbuch oder das Betäubungsmittelgesetz fällt und im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zehn Jahren bedroht ist oder
c)
den Tatbestand des § 145a erfüllt, soweit die Führungsaufsicht auf Grund einer Straftat der in den Buchstaben a oder b genannten Art eingetreten ist, oder den Tatbestand des § 323a, soweit die im Rausch begangene rechtswidrige Tat eine solche der in den Buchstaben a oder b genannten Art ist,
2.
der Täter wegen Straftaten der in Nummer 1 genannten Art, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon zweimal jeweils zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
3.
er wegen einer oder mehrerer dieser Taten vor der neuen Tat für die Zeit von mindestens zwei Jahren Freiheitsstrafe verbüßt oder sich im Vollzug einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung befunden hat und
4.
die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Taten ergibt, dass er infolge eines Hanges zu erheblichen Straftaten, namentlich zu solchen, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden, zum Zeitpunkt der Verurteilung für die Allgemeinheit gefährlich ist.
Für die Einordnung als Straftat im Sinne von Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b gilt § 12 Absatz 3 entsprechend, für die Beendigung der in Satz 1 Nummer 1 Buchstabe c genannten Führungsaufsicht § 68b Absatz 1 Satz 4.

(2) Hat jemand drei Straftaten der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 genannten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verwirkt hat, und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzung neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen.

(3) Wird jemand wegen eines die Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a oder b erfüllenden Verbrechens oder wegen einer Straftat nach § 89a Absatz 1 bis 3, § 89c Absatz 1 bis 3, § 129a Absatz 5 Satz 1 erste Alternative, auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1, den §§ 174 bis 174c, 176a, 176b, 177 Absatz 2 Nummer 1, Absatz 3 und 6, §§ 180, 182, 224, 225 Abs. 1 oder 2 oder wegen einer vorsätzlichen Straftat nach § 323a, soweit die im Rausch begangene Tat eine der vorgenannten rechtswidrigen Taten ist, zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt, so kann das Gericht neben der Strafe die Sicherungsverwahrung anordnen, wenn der Täter wegen einer oder mehrerer solcher Straftaten, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon einmal zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist und die in Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und 4 genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Hat jemand zwei Straftaten der in Satz 1 bezeichneten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verwirkt hat und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter den in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzungen neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen. Die Absätze 1 und 2 bleiben unberührt.

(4) Im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 gilt eine Verurteilung zu Gesamtstrafe als eine einzige Verurteilung. Ist Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung auf Freiheitsstrafe angerechnet, so gilt sie als verbüßte Strafe im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3. Eine frühere Tat bleibt außer Betracht, wenn zwischen ihr und der folgenden Tat mehr als fünf Jahre verstrichen sind; bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung beträgt die Frist fünfzehn Jahre. In die Frist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist. Eine Tat, die außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes abgeurteilt worden ist, steht einer innerhalb dieses Bereichs abgeurteilten Tat gleich, wenn sie nach deutschem Strafrecht eine Straftat der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, in den Fällen des Absatzes 3 der in Absatz 3 Satz 1 bezeichneten Art wäre.

(1) Der Nebenkläger kann das Urteil nicht mit dem Ziel anfechten, daß eine andere Rechtsfolge der Tat verhängt wird oder daß der Angeklagte wegen einer Gesetzesverletzung verurteilt wird, die nicht zum Anschluß des Nebenklägers berechtigt.

(2) Dem Nebenkläger steht die sofortige Beschwerde gegen den Beschluß zu, durch den die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt oder das Verfahren nach den §§ 206a und 206b eingestellt wird, soweit er die Tat betrifft, auf Grund deren der Nebenkläger zum Anschluß befugt ist. Im übrigen ist der Beschluß, durch den das Verfahren eingestellt wird, für den Nebenkläger unanfechtbar.