Bundesgerichtshof Urteil, 17. Okt. 2019 - 3 StR 536/18

bei uns veröffentlicht am17.10.2019
vorgehend
Landgericht Koblenz, 2090 , s 77728/16

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 536/18
vom
17. Oktober 2019
in der Strafsache
gegen
wegen gewerbsmäßiger Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige u.a.
ECLI:DE:BGH:2019:171019U3STR536.18.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom 22. August 2019 in der Sitzung am 17. Oktober 2019, an denen teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Dr. Schäfer,
die Richterinnen am Bundesgerichtshof Dr. Spaniol, Wimmer, die Richter am Bundesgerichtshof Dr. Berg, Dr. Anstötz als beisitzende Richter,
Staatsanwältin - in der Verhandlung -, Oberstaatsanwalt - bei der Verkündung - als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwältin - in der Verhandlung -, Rechtsanwalt - in der Verhandlung - als Verteidiger,
Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Koblenz vom 19. März 2018
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte aa) im Fall II. 6. der Urteilsgründe des Führens eines Schlagrings und bb) in den Fällen II. 7. a) - e) der Urteilsgründe der gewerbsmäßigen Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln schuldig ist;
b) mit den jeweils zugehörigen Feststellungen aufgehoben, aa) soweit er in den Fällen II. 4. und II. 5. der Urteilsgründe verurteilt worden ist, bb) im Ausspruch über die Einzelstrafen in den Fällen II. 7. a) - e) der Urteilsgründe, cc) im Ausspruch über die Gesamtstrafen. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Geldfälschung in Tateinheit mit Betrug, Sachbeschädigung in Tateinheit mit Bedrohung, Fahrens ohne Fahrerlaubnis in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Sachbeschädigung , falscher Verdächtigung, Raubes in Tateinheit mit Körperverletzung sowie Besitzes eines Schlagrings unter Einbeziehung der Strafen aus einer weiteren Verurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten und wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in vier Fällen sowie gewerbsmäßiger Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Von der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt hat das Landgericht abgesehen.
2
Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Rüge der Verletzung sachlichen Rechts gestützten Revision, von der er die Nichtanordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt wirksam ausgenommen hat. Er greift insbesondere die Verurteilung wegen Raubes im Fall II. 5. der Urteilsgründe , die Annahme von Gewerbsmäßigkeit beim Handeltreiben mit Betäubungsmitteln im Fall II. 7. der Urteilsgründe sowie die Strafzumessung an. Der Generalbundesanwalt beantragt, das Urteil im Schuldspruch aufzuheben, soweit der Angeklagte im Fall II. 4. der Urteilsgründe wegen falscher Verdächtigung verurteilt worden ist, in den Fällen II. 5. und 6. der Urteilsgründe sowie in den Fällen II. 7. a) - e) der Urteilsgründe die jeweiligen Schuldsprüche zu ändern und die jeweiligen Einzelstrafen sowie beide Gesamtfreiheitsstrafen aufzuheben.

I.


3
Das Landgericht hat im Wesentlichen die folgenden Feststellungen getroffen :
4
1. Der Angeklagte erwarb zusammen mit einem Mittäter bei einem Unbekannten Falschgeld im Nennwert von insgesamt 2.000 €, das die beiden hälftig untereinander aufteilten. Im Bemühen, damit Waren und ggf. echtes Wechselgeld zu erhalten, bezahlten sie in einer Gaststätte mit einem gefälschten 20-€-Schein (Fall II. 1. der Urteilsgründe).
5
2. In der zweiten Jahreshälfte 2016 trennte sich die Lebensgefährtin des Angeklagten von ihm, was in der Folge zu heftigen Streitigkeiten führte. Am Tattag begab sich der Angeklagte zur Wohnung der Geschädigten, bedrohte sie mit dem Tode und schlug so heftig gegen die Wohnungstür, dass diese beschädigt wurde (Fall II. 2. der Urteilsgründe).
6
3. An zwei Tagen befuhr der Angeklagte mit seinem Pkw öffentliche Straßen, ohne in Besitz einer Fahrerlaubnis zu sein. Dabei traf er in einem Fall auf seine ehemalige Lebensgefährtin, die in ihrem Fahrzeug saß. Der Angeklagte schlug mehrfach mit seiner Faust gegen den Pkw der Geschädigten, so dass dieser mehrere Eindellungen aufwies (Fälle II. 3. a) und b) der Urteilsgründe

).


7
4. Am Tattag hatte ein Bekannter, F. B. , dem Angeklagten und einem Mittäter sein Fahrzeug überlassen, das der alkoholisierte und unter dem Einfluss von Betäubungsmitteln stehende Mittäter führte. Aufgrund Rauschmit- telbeeinflussung und nicht angepasster Geschwindigkeit verursachte dieser einen Verkehrsunfall, bei dem das Fahrzeug sich überschlug und liegen blieb. Gegenüber der Polizei bezeichneten der Angeklagte und der gesondert Verfolgte nach entsprechender Absprache einen "B. F. " als Fahrer. Nachdem die Polizeibeamten im Fahrzeug den Ausweis des F. B. entdeckt hatten, befragten sie den Angeklagten ein zweites Mal. Dieser bestätigte, dass B. das Fahrzeug geführt habe. Darauf wurde gegen diesen ein Verfahren wegen Verkehrsunfallflucht eingeleitet, was der Angeklagte - wie die rechtliche Würdigung ergibt - bei seinen irreführenden Angaben jedenfalls billigend in Kauf genommen hatte (Fall II. 4. der Urteilsgründe).
8
5. Am Tatabend begab sich der Angeklagte zur Wohnung seiner ehemaligen Lebensgefährtin. Dort traf auch diese mit ihrem Fahrzeug ein. Der Angeklagte öffnete die Fahrertür des Fahrzeugs der Geschädigten, um ihr das Smartphone, das sie in der Hand hielt, zu entreißen. Er wollte es in seinen Besitz bringen, um die Handydaten auszulesen und es "der Verfügungsgewalt der Zeugin ... im Hinblick auf eventuelle Kontakte zu anderen Männern zu entziehen". Dies gelang ihm zunächst nicht, da die Geschädigte das Handy unter den Fahrersitz schob. Der Angeklagte legte sich jedoch auf die Geschädigte, hielt ihre Hände fest und nahm das Smartphone an sich. Als er sich mit dem Gerät entfernen wollte, lief die Geschädigte hinter ihm her und forderte die Rückgabe, worauf der Angeklagte ihr zwei Faustschläge ins Gesicht versetzte, um sich in Besitz des Handys zu halten. Schließlich versetzte er der am Boden Liegenden weitere Schläge und Tritte. Die herbeigerufenen Polizeibeamten konnten bei ihrem Eintreffen den Angeklagten in der Nähe des Tatorts antreffen. Das Smartphone hatte er zwischenzeitlich weggeworfen (Fall II. 5. der Urteilsgründe ). Bei der Durch- suchung des Angeklagten wurde in seiner Jackentasche ein Schlagring sichergestellt (Fall II. 6. der Urteilsgründe).
9
6. Spätestens im Juni 2017 beschloss der Angeklagte, sich mit dem Verkauf von Marihuana, das er zuvor aus einer unbekannt gebliebenen Quelle und in nicht feststellbarer Menge besorgt hatte, eine fortlaufende zusätzliche Einkommensquelle zu verschaffen, um seinen Lebensbedarf und seinen Eigenkonsum zu finanzieren. Im Folgenden verkaufte er an fünf Tagen zwischen dem 17. Juni und dem 30. Juni 2017 kleine Mengen Marihuana, davon zweimal an eine erst 17jährige, deren Alter er allerdings im ersten Fall noch nicht kannte (Fälle II. 7. a) - e) der Urteilsgründe).

II.


10
1. Soweit das Landgericht den Angeklagten im Fall II. 1. der Urteilsgründe wegen Geldfälschung in Tateinheit mit Betrug, im Fall II. 2. der Urteilsgründe wegen Sachbeschädigung in Tateinheit mit Bedrohung und in den Fällen II. 3.
a) und b) der Urteilsgründe wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Sachbeschädigung, zu Einzelfreiheitsstrafen von einem Jahr und drei Monaten, acht Monaten, fünf Monaten und neun Monaten verurteilt hat, erweist sich seine Revision aus den in der Zuschrift des Generalbundesanwalts genannten Gründen als unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
11
2. Dagegen hat die Verurteilung des Angeklagten wegen falscher Verdächtigung nach § 164 Abs. 2 StGB im Fall II. 4. der Urteilsgründe keinen Bestand. Die getroffenen Feststellungen belegen - auch unter Berücksichtigung des Gesamtzusammenhangs der Urteilsgründe - nicht die subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen des § 164 StGB.
12
Nach § 164 Abs. 1 StGB macht sich strafbar, wer unter anderem gegenüber einer Behörde oder einem zur Entgegennahme von Anzeigen zuständigen Amtsträger einen anderen wider besseres Wissen einer rechtswidrigen Tat in der Absicht verdächtigt, ein behördliches Verfahren gegen ihn herbeizuführen oder fortführen zu lassen. Abs. 2 der genannten Vorschrift bestraft denjenigen, der bei einer der genannten Stellen in der gleichen Absicht über einen anderen eine sonstige Behauptung aufstellt, die geeignet ist, ein solches Verfahren gegen ihn herbeizuführen oder fortdauern zu lassen. In beiden Fällen ist auf der subjektiven Tatseite vorausgesetzt, dass der Täter - neben der Kenntnis von der Unwahrheit seiner Behauptung - diese in dem sicheren Wissen aufstellt, dass sie zu einem Verfahren gegen den Betroffenen führen oder ein solches fortdauern lassen wird, und er dieses auch will. Ein zielgerichtetes Verhalten ist zwar nicht erforderlich, doch reicht bedingter Vorsatz nicht aus (BGH, Urteil vom 1. Juli 1959 - 2 StR 220/59, BGHSt 13, 219, 221 f.).
13
Das Landgericht hat eine Strafbarkeit nach § 164 Abs. 2 StGB angenommen , weil der Angeklagte mit seinem Hinweis auf einen Dritten als Fahrer eine Behauptung aufstellte, die das Ermittlungsverfahren gegen B. auslöste. Zur inneren Tatseite hat es sich in den Feststellungen nicht verhalten. Mit der Einlassung des Angeklagten, dass er B. "keinen" habe "reinwürgen" wollen, hat es sich im Rahmen der Beweiswürdigung nicht weiter auseinandergesetzt. Lediglich bei der rechtlichen Würdigung hat es ausgeführt, dass der Angeklagte, als er gegenüber den Polizeibeamten wider besseres Wissen angab , ein dritter Fahrzeuginsasse namens "B. F. " sei gefahren, "zumindest billigend in Kauf genommen" habe, dass die ermittelnden Beamten diesen als B. identifizieren und verfolgen würden. Das Vorliegen bedingten Vorsatzes genügt nach dem oben dargelegten Maßstab zur Erfüllung der subjektiven Tatbe- standsvoraussetzungen des § 164 Abs. 2 StGB indes nicht. Aus den gleichen Gründen kommt auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen eine Strafbarkeit nach § 164 Abs. 1 StGB nicht in Betracht, soweit der Angeklagte auch den objektiven Tatbestand dieses Absatzes erfüllt haben könnte, indem er bei seiner späteren Befragung bestätigte, dass B. der Fahrer gewesen sei. Es liegt nicht ohne weiteres auf der Hand, dass der Angeklagte zu diesem Zeitpunkt sicher mit der Einleitung eines Verfahrens gegen B. rechnete und dieses auch wollte.
14
Die Sache bedarf deshalb insoweit neuer Verhandlung und Entscheidung.
15
3. Auch die Verurteilung im Fall II. 5. der Urteilsgründe wegen Raubes in Tateinheit mit Körperverletzung hält rechtlicher Überprüfung nicht stand. Die Feststellungen belegen die vom Tatbestand des § 249 Abs. 1 StGB geforderte Zueignungsabsicht nicht.
16
a) Täter kann beim Raub nur sein, wer bei der Wegnahme die Absicht hat, sich oder einem Dritten die fremde Sache rechtswidrig zuzueignen. Die Zueignungsabsicht ist gegeben, wenn der Täter im Zeitpunkt der Wegnahme (BGH, Beschluss vom 11. Oktober 2006 - 4 StR 400/06, NStZ-RR 2007, 15) die fremde Sache unter Ausschließung des Eigentümers oder bisherigen Gewahrsamsinhabers körperlich oder wirtschaftlich für sich oder einen Dritten erlangen und sie der Substanz oder dem Sachwert nach seinem Vermögen oder dem eines Dritten "einverleiben" oder zuführen will (BGH, Urteil vom 28. Juni 1961 - 2 StR 184/61, BGHSt 16, 190, 192; Beschluss vom 5. März 1971 - 3 StR 231/69, BGHSt 24, 115, 119; Urteil vom 27. Januar 2011 - 4 StR 502/10, NStZ 2011, 699 Rn. 20; Beschlüsse vom 11. Oktober 2006 - 4 StR 400/06, NStZ-RR 2007, 15; vom 28. April 2015 - 3 StR 48/15, NStZ-RR 2015, 371 f.). Der Täter muss mithin neben der dauernden Enteignung des Berechtigten, für die bedingter Vorsatz genügt, die Aneignung der Sache beabsichtigen. Hierfür ist nicht erforderlich, dass er diese auf Dauer behalten will. Jedoch muss er die - wenn auch möglicherweise nur vorübergehende - Aneignung zum Wegnahmezeitpunkt mit unbedingtem Willen erstreben (BGH, Beschluss vom 22. März 2012 - 4 StR 541/11, NStZ-RR 2012, 239, 241). Fehlt es an einer beabsichtigten "Einverleibung" in das Vermögen des Täters, handelt es sich lediglich um eine Sachentziehung, die - auch wenn der bisherige Eigentümer damit dauerhaft aus seiner Position verdrängt wird - keine Form der Aneignung darstellt (BGH, Beschluss vom 22. März 2012 - 4 StR 541/11, NStZ-RR 2012, 239, 241; Schönke/Schröder/Bosch, StGB, 30. Aufl., § 242 Rn. 55). Der Wille zur reinen Sachentziehung genügt für das Tatbestandsmerkmal der Zueignungsabsicht nicht. Deshalb liegt eine Aneignungsabsicht nicht vor, wenn der Täter die Sache - ohne sie behalten zu wollen - an sich bringt, um sie "zu zerstören", "zu vernichten", "preiszugeben", "wegzuwerfen", "beiseite zu schaffen" oder "zu beschädigen" (vgl. schon RG, Urteil vom 12. Juli 1902, RGSt 35, 355, 357; BGH, Beschlüsse vom 11. Oktober 2006 - 4 StR 400/06, NStZ-RR 2007, 15; vom 28. April 2015 - 3 StR 48/15, NStZ-RR 2015, 371 f.; vom 3. Mai 2018 - 3 StR 148/18, NStZ 2018, 712, 713; vom 11. Dezember 2018 - 5 StR 577/18, NStZ 2019, 344, 345; jeweils mwN).
17
Das bedeutet indes nicht, dass es immer dann an der Aneignungsabsicht fehlt, wenn der Täter die weggenommene Sache irgendwann vernichten oder wegwerfen will (vgl. BGH, Urteil vom 26. September 1984 - 3 StR 367/84, NJW 1985, 812). Vielmehr handelt dieser nur dann ohne Zueignungsabsicht, wenn er die Sache entsorgen will, bevor er sie seinem Vermögen einverleibt. Ist die An- eignung abgeschlossen, wirkt es sich auf die Zueignungsabsicht nicht mehr aus, wie der Täter sodann mit dem erlangten Gegenstand verfährt. Mithin kommt es auch in Fällen, in denen der Täter die Entsorgung der Sache erstrebt, darauf an, ob er diese zunächst körperlich oder wirtschaftlich seinem Vermögen einverleiben will, er also beabsichtigt, sie - möglicherweise auch nur vorübergehend - für sich zu haben oder wirtschaftlich zu nutzen (vgl. BGH, Urteil vom 28. Juni 1961 - 2 StR 184/61, BGHSt 16, 190, 192). Eine solche körperliche Einverleibung der Sache in das Vermögen des Täters kann etwa dadurch bewirkt werden, dass er sie unter Ausschluss des wahren Berechtigten von der Ausübung der Sachherrschaft der eigenen eigentümerähnlichen Verfügungsgewalt unterwirft (vgl. BGH, Urteile vom 24. Mai 1960 - 1 StR 184/60, MDR 1960, 689; vom 2. Juli 1980 - 2 StR 224/80, NStZ 1981, 63; vgl. auch BGH, Urteil vom 26. September 1984 - 3 StR 367/84, NJW 1985, 812). Ein eigenmächtiges Verfügen über die Sache begründet allein allerdings gerade in den Fällen, in denen diese weggeworfen oder zerstört werden soll, eine Aneignung noch nicht (so schon RG, Urteile vom 7. März 1927, RGSt 61, 229, 232 f.; vom 27. Juni 1930, RGSt 64, 250; vgl. auch BGH, Beschluss vom 22. März 2012 - 4 StR 541/11, NStZ-RR 2012, 239, 240). Dass der Täter erstrebt, den Besitz an der Sache für den für die Zerstörung erforderlichen Zeitraum zu erlangen, bedeutet noch nicht das Vorliegen eines Aneignungswillens (vgl. BGH, Beschlüsse vom 28. April 2015 - 3 StR 48/15, NStZ-RR 2015, 371 f.; vom 9. Juni 2015 - 3 StR 146/15, StV 2016, 642 f.; vom 11. Dezember 2018 - 5 StR 577/18, NStZ 2019, 344, 345: der für die Löschung der Bilder benötigte Zeitraum; vgl. auch BGH, Urteil vom 27. Januar 2011 - 4 StR 502/10, NStZ 2011, 699 Rn. 21). Ebenso kann die Frage, ob bei einer der geplanten Entsorgung vorausgehenden Nutzung der entwendeten Sache diese - wenn auch vorübergehend - dem Vermögen des Täters zugeführt werden soll, nur unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls beantwortet werden. Dabei ist jeweils insbesondere von Bedeutung, ob er in irgendeiner Weise im weitesten Sinne wirtschaftlich von dem Gebrauch profitieren will (vgl. BGH, Urteil vom 12. Januar 1962 - 4 StR 346/61, BGHSt 17, 87, 92 f.; auch BGH, Urteil vom 26. September 1984 - 3 StR 367/84, NJW 1985, 812) und damit aus der Nutzung mittelbar oder unmittelbar einen irgendwie gearteten wirtschaftlichen oder jedenfalls materiellen Vorteil ziehen will (MüKoStGB/Schmitz, 3. Aufl., § 242 Rn. 152, 155).
18
b) Hieran gemessen ergeben die bisherigen Feststellungen nicht, dass der Angeklagte zum maßgeblichen Zeitpunkt der Wegnahme die Einverleibung des Mobiltelefons in sein Vermögen erstrebte. Während der Wille zur dauernden Enteignung der Geschädigten belegt ist, trifft dies für den Aneignungswillen nicht zu. Soweit das Landgericht die Zueignungsabsicht damit begründet hat, dass der Angeklagte der Geschädigten das Handy auf Dauer entziehen wollte, übersieht es, dass hier nicht die dauerhafte Enteignung, sondern die Aneignung in Frage steht. Dem Angeklagten ging es zum Zeitpunkt der Wegnahme darum, das Mobiltelefon der Geschädigten zu entziehen, um einen möglichen Kontakt mit anderen Männern zu unterbinden und um es nach Kontaktdaten auszulesen , die ihm Aufschluss über solche Beziehungen geben könnten. Damit liegt es aber gerade nicht auf der Hand, dass der Angeklagte den Bestand seines Vermögens durch - wenn auch vorübergehende - Zuführung der Substanz oder des Sachwerts des Mobiltelefons mehren wollte (vgl. BGH, Beschlüsse vom 11. Oktober 2006 - 4 StR 400/06, NStZ-RR 2007, 15; vom 28. April 2015 - 3 StR 48/15, NStZ-RR 2015, 371 f.; vom 9. Juni 2015 - 3 StR 146/15, StV 2016, 642 f.; vom 3. Mai 2018 - 3 StR 148/18, NStZ 2018, 712, 713; auch Beschlüsse vom 16. Januar 2018 - 2 StR 527/17, NStZ-RR 2018, 118, 119; vom 11. Dezember 2018 - 5 StR 577/18, NStZ 2019, 344, 345). Auch dazu, ob er das Mobiltelefon für sich haben wollte, indem er es über die für die genannten Zwecke benötigte Zeit hinaus seiner Verfügungsgewalt unterwerfen wollte, verhalten die Urteilsgründe sich nicht. Hiergegen könnte sprechen, dass der Angeklagte das Smartphone alsbald wegwarf, auch wenn dieser Umstand lediglich als Indiz für einen Entsorgungswillen bereits zum maßgeblichen Zeitpunkt der Wegnahme anzusehen ist (vgl. etwa BGH, Beschluss vom 11. Dezember 2018 - 5 StR 577/18, NStZ 2019, 344, 345). Schließlich wird nicht erörtert, ob der Angeklagte vor der geplanten Zerstörung das Handy zu seinem - im weitesten Sinne wirtschaftlichen - Vorteil nutzen wollte. Daran dürfte es fehlen, soweit es ihm lediglich darum ging, der Geschädigten die Kontaktaufnahme zu anderen Männern unmöglich zu machen. Auch soweit er die datenspeichernde Funktion des Handys nutzen und die Daten auslesen wollte, wäre ihm ein die Aneignungsabsicht begründender Nutzen dann nicht erwachsen, wenn es ihm in erster Linie um die Zerstörung des Mobiltelefons gegangen wäre und er lediglich diese Gelegenheit genutzt hätte, Kontakte der Geschädigten zu anderen Männern zu sichten. Denn dann wäre ihm ein wie auch immer gearteter materieller Vorteil nicht entstanden.
19
c) Auch eine - bei fehlender Zueignungsabsicht mögliche (vgl. BGH, Urteil vom 5. Juli 1960 - 5 StR 80/60, BGHSt 14, 386, 388 f.) - Strafbarkeit wegen räuberischer Erpressung (§ 253 Abs. 1, § 255 StGB) kommt auf der Grundlage der bislang getroffenen Feststellungen nicht in Betracht. Dazu müsste der Angeklagte in der Absicht gehandelt haben, sich oder einen Dritten zu bereichern. Bloßer Besitz einer Sache bildet einen Vermögensvorteil nur dann, wenn ihm ein eigenständiger wirtschaftlicher Wert zukommt, etwa weil er zu wirtschaftlich messbaren Gebrauchsvorteilen führt, die der Täter oder der Dritte für sich nutzen will. Daran fehlt es nicht nur in den Fällen, in denen der Täter die Sache unmittelbar nach Erlangung vernichten will, sondern auch dann, wenn er den mit seiner Tat verbundenen Vermögensvorteil nur als notwendige oder mögli- che Folge seines ausschließlich auf einen anderen Zweck gerichteten Verhaltens hinnimmt (vgl. nur BGH, Urteil vom 27. Januar 2011 - 4 StR 502/10, NStZ 2011, 699 Rn. 21; Beschluss vom 9. Juni 2015 - 3 StR 146/15, StV 2016, 642,

643).


20
d) Die Sache bedarf somit auch insoweit neuer Verhandlung und Entscheidung. Feststellungen zu der entscheidenden Frage, wie der Angeklagte nach seiner Vorstellung zum Zeitpunkt der Wegnahme mit der Sache verfahren wollte, erscheinen noch möglich, so dass die vom Generalbundesanwalt beantragte Änderung des Schuldspruchs ausscheidet.
21
4. Im Fall II. 6. der Urteilsgründe bedarf der Schuldspruch der Berichtigung. Die Aufhebung der Verurteilung ist hingegen nicht angezeigt.
22
a) Dass der Angeklagte einen Schlagring in seiner Jackentasche mit sich trug, erfüllt zwar - wie das Landgericht zurecht angenommen hat - den Tatbestand des § 52 Abs. 3 Nr. 1 WaffG in Verbindung mit Anlage II Abschnitt 1 1.3.2. Jedoch besaß er diesen Gegenstand nicht nach § 52 Abs. 3 Nr. 1 Alternative 2 WaffG, sondern führte ihn im Sinne der 4. Alternative der genannten Vorschrift. Übt der Täter die tatsächliche Gewalt über eine Waffe oder einen tragbaren Gegenstand wie hier außerhalb der eigenen Wohnung, Geschäftsräume oder des eigenen befriedeten Besitztums aus, so führt er sie (s. Anlage 1 zu § 1 Abs. 4 WaffG Abschnitt 2 Ziffer 4.; vgl. BGH, Beschluss vom 13. August 2009 - 3 StR 226/09, BGHR WaffG § 52 Konkurrenzen 2). Der Senat ändert in analoger Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO den Schuldspruch. § 265 StPO steht dem nicht entgegen, weil der Angeklagte gegen den geänderten Schuldvorwurf sich nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können. Der Strafausspruch wird durch die Änderung des Schuldspruchs nicht berührt, da die Strafe für das Führen eines tragbaren Gegenstandes demselben Strafrahmen zu entnehmen ist.
23
b) Das unter II. 6. der Urteilsgründe festgestellte Waffendelikt ist ungeachtet der durch das neu zur Entscheidung berufene Gericht zu beurteilenden Strafbarkeit des unter II. 5. der Urteilsgründe abgeurteilten Geschehens als eine selbstständige Straftat anzusehen, die durch die Aufhebung im Fall II. 5. der Urteilsgründe nicht berührt wird, so dass diese Verurteilung bestehen bleiben kann.
24
Im Einzelnen:
25
Die Annahme von Tateinheit (§ 52 Abs. 1 StGB) setzt voraus, dass die maßgeblichen Tatbestände wenigstens teilweise durch ein und dieselbe Handlung verwirklicht wurden. Die bloße Gleichzeitigkeit zweier Tatbegehungen reicht dazu nicht aus (BGH, Beschluss vom 25. November 1997 - 5 StR 526/96, BGHSt 43, 317, 319; Urteil vom 21. Oktober 1999 - 4 StR 78/99, NStZ 2000, 85). Sollte die neu zur Entscheidung berufene Strafkammer den Angeklagten im Fall II. 5. der Urteilsgründe nicht wegen Raubes, sondern lediglich wegen Nötigung verurteilen, dann stünde nach diesem Maßstab das Führen des Schlagrings zu dieser Tat im Verhältnis der Tatmehrheit, weil eine Überschneidung der Ausführungshandlungen nicht vorläge. Es bestünde insbesondere kein funktionaler Zusammenhang zwischen dem Nötigungsgeschehen und dem Führen des Schlagrings, den der Angeklagte lediglich in seiner Tasche bei sich trug (vgl. BGH, Beschluss vom 22. November 2012 - 4 StR 302/12, BGHR WaffG § 52 Konkurrenzen 3 Rn. 6). Kommt die Strafkammer hingegen zum Ergebnis, dass der Angeklagte im Fall II. 5. der Urteilsgründe wegen Raubes zu bestrafen ist und er zum Zeitpunkt dieser Tat den Schlagring bereits mit sich führte, dann kommt zwar eine Bestrafung wegen schweren Raubes nach § 250 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a StGB in Betracht, zu dem das nach § 52 WaffG zu beurteilende Führen des Schlagrings in Tateinheit steht. Allerdings ergeben die insoweit rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen, dass der Angeklagte auch nach Beendigung der Tat II. 5. der Urteilsgründe den Schlagring weiterhin führte. Dies begründet die Begehung eines selbstständigen Delikts, das seinerseits den Tatbestand des § 52 WaffG erfüllt (BGH, Urteil vom 16. März 1989 - 4 StR 60/89, BGHSt 36, 151, 154). Damit hat sich der Angeklagte unabhängig von der rechtlichen Bewertung des unter II. 5. der Urteilsgründe geschilderten Geschehens im Fall II. 6. der Urteilsgründe wegen Führens einer Waffe schuldig gemacht.
26
5. Auch die Verurteilung wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in vier Fällen (Fälle II. 7. a) - d) der Urteilsgründe) sowie wegen Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige (Fall II. 7. e) der Urteilsgründe) unterliegt rechtlicher Beanstandung. Die Strafkammer hat insoweit fünf tatmehrheitliche Fälle angenommen. Diese konkurrenzrechtliche Bewertung erweist sich auf der Grundlage der Urteilsfeststellungen als rechtsfehlerhaft.
27
a) Handeltreiben mit Betäubungsmitteln im Sinne von § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG ist jede eigennützige, auf den Umsatz von Betäubungsmitteln gerichtete Tätigkeit (vgl. BGH, Beschluss vom 26. Oktober 2005 - GSSt 1/05, BGHSt 50, 252, 256), wobei verschiedene Betätigungen, die auf die Förderung ein und desselben Güterumsatzes abzielen, eine tatbestandliche Bewertungseinheit bilden (st. Rspr.; Weber, BtMG, 5. Aufl., vor §§ 29 ff. Rn. 595 ff. mwN). Soweit sie dieselbe Rauschgiftmenge betreffen, sind mehrere Akte des Betäubungsmittelumsatzes zu einer einheitlichen Tat des Handeltreibens verbunden (BGH, Urteile vom 13. Dezember 1994 - 1 StR 720/94, BGHR BtMG § 29 Bewertungseinheit 1; vom 23. März 1995 - 4 StR 746/94, BGHR BtMG § 29 Bewertungseinheit 4). Somit handelt es sich bei einem sukzessiven Weiterverkauf aus einer von einem Lieferanten zum Zwecke der Veräußerung bestimmten einheitlichen Menge von Betäubungsmitteln um einen einheitlichen Gegenstand des Handeltreibens, so dass trotz mehrerer Veräußerungsvorgänge nur von einer Tat des Handeltreibens auszugehen ist (etwa BGH, Urteil vom 21. April 2016 - 1 StR 629/15, NStZ-RR 2016, 211, 212 mwN).
28
b) Hier ergeben bereits die Feststellungen, dass das Rauschgift, das der Angeklagte in zeitlich engem Abstand in fünf Fällen verkaufte, aus einer einheitlichen Menge stammte, die der Angeklagte zuvor zum gewerbsmäßigen Handel erworben hatte. Zudem hat das Landgericht im Rahmen der Beweiswürdigung die Einlassung des Angeklagten, über kein Betäubungsmitteldepot verfügt zu haben, ausdrücklich als widerlegt angesehen. Damit wurden die fünf Einzelverkaufsmengen derselben Handelsmenge entnommen, so dass sich der Angeklagte wegen einer Tat des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln (Fälle II. 7. a) und e) der Urteilsgründe) in Tateinheit mit gewerbsmäßiger Abgabe an Minderjährige (Fall II. 7. e) der Urteilsgründe) strafbar gemacht hat.
29
Der Schuldspruch war deshalb auch insoweit in analoger Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO zu ändern, ohne dass § 265 StPO dem entgegensteht.
30
6. Mit der Aufhebung des Urteils in den Fällen II. 4. und 5. der Urteilsgründe entfallen die hierfür zuerkannte Einzelstrafe von sieben Monaten sowie die bei Bildung der ersten Gesamtfreiheitsstrafe berücksichtigte Einsatzstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten. Dies zieht die Aufhebung der - ersten - Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten nach sich. Ebenso kann im Hinblick auf die Änderung des Schuldspruchs in den Fällen II. 7. a) und e) der Urteilsgründe und dem damit verbundenen Wegfall der in diesen Fällen verhängten Einzelstrafen die zweite Gesamtfreiheitsstrafe keinen Bestand haben.
Schäfer Spaniol Wimmer
Berg Anstötz
Vorinstanz:
Koblenz, LG, 19.03.2018 - 2090 Js 77728/16 12 KLs

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 17. Okt. 2019 - 3 StR 536/18

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 17. Okt. 2019 - 3 StR 536/18

Referenzen - Gesetze

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 354 Eigene Entscheidung in der Sache; Zurückverweisung


(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erört

Strafprozeßordnung - StPO | § 265 Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes oder der Sachlage


(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gel
Bundesgerichtshof Urteil, 17. Okt. 2019 - 3 StR 536/18 zitiert 14 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 354 Eigene Entscheidung in der Sache; Zurückverweisung


(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erört

Strafprozeßordnung - StPO | § 265 Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes oder der Sachlage


(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gel

Betäubungsmittelgesetz - BtMG 1981 | § 29 Straftaten


(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer1.Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt, veräußert, abgibt, sonst in den Verkehr bringt,

Strafgesetzbuch - StGB | § 52 Tateinheit


(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt. (2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie d

Strafgesetzbuch - StGB | § 249 Raub


(1) Wer mit Gewalt gegen eine Person oder unter Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen, wird m

Waffengesetz - WaffG 2002 | § 1 Gegenstand und Zweck des Gesetzes, Begriffsbestimmungen


(1) Dieses Gesetz regelt den Umgang mit Waffen oder Munition unter Berücksichtigung der Belange der öffentlichen Sicherheit und Ordnung. (2) Waffen sind 1. Schusswaffen oder ihnen gleichgestellte Gegenstände und2. tragbare Gegenstände, a) die ihr

Strafgesetzbuch - StGB | § 253 Erpressung


(1) Wer einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt und dadurch dem Vermögen des Genötigten oder eines anderen Nachteil zufügt, um sich oder einen Dritten

Strafgesetzbuch - StGB | § 255 Räuberische Erpressung


Wird die Erpressung durch Gewalt gegen eine Person oder unter Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben begangen, so ist der Täter gleich einem Räuber zu bestrafen.

Waffengesetz - WaffG 2002 | § 52 Strafvorschriften


(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer 1. entgegen § 2 Absatz 3 in Verbindung mit Anlage 2 Abschnitt 1 Nr. 1.1 oder 1.3.4 eine dort genannte Schusswaffe oder einen dort genannten Gegenstand erwirbt, besitzt, ü

Strafgesetzbuch - StGB | § 164 Falsche Verdächtigung


(1) Wer einen anderen bei einer Behörde oder einem zur Entgegennahme von Anzeigen zuständigen Amtsträger oder militärischen Vorgesetzten oder öffentlich wider besseres Wissen einer rechtswidrigen Tat oder der Verletzung einer Dienstpflicht in der Abs

Referenzen - Urteile

Bundesgerichtshof Urteil, 17. Okt. 2019 - 3 StR 536/18 zitiert oder wird zitiert von 11 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Urteil, 17. Okt. 2019 - 3 StR 536/18 zitiert 11 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Dez. 2018 - 5 StR 577/18

bei uns veröffentlicht am 11.12.2018

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 5 StR 577/18 vom 11. Dezember 2018 in der Strafsache gegen 1. 2. wegen schweren Raubes u.a. hier: Revision des Angeklagten M. ECLI:DE:BGH:2018:111218B5STR577.18.0 Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nac

Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Aug. 2009 - 3 StR 226/09

bei uns veröffentlicht am 13.08.2009

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 StR 226/09 vom 13. August 2009 in der Strafsache gegen wegen gefährlicher Körperverletzung u. a. Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts - zu 2. au

Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Nov. 2012 - 4 StR 302/12

bei uns veröffentlicht am 22.11.2012

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 302/12 vom 22. November 2012 in der Strafsache gegen wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesa

Bundesgerichtshof Beschluss, 03. Mai 2018 - 3 StR 148/18

bei uns veröffentlicht am 03.05.2018

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 StR 148/18 vom 3. Mai 2018 in der Strafsache gegen wegen Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige u.a. ECLI:DE:BGH:2018:030518B3STR148.18.1 Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbu

Bundesgerichtshof Urteil, 27. Jan. 2011 - 4 StR 502/10

bei uns veröffentlicht am 27.01.2011

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES Urteil 4 StR 502/10 vom 27. Januar 2011 in der Strafsache gegen 1. 2. wegen Körperverletzung mit Todesfolge u.a. zu Ziff. 1 wegen Beihilfe zur Körperverletzung mit Todesfolge u.a. zu Ziff. 2 Der 4. Strafsen

Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Okt. 2006 - 4 StR 400/06

bei uns veröffentlicht am 11.10.2006

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 400/06 vom 11. Oktober 2006 in der Strafsache gegen wegen gefährlicher Körperverletzung u.a. Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung der Beschwerdeführeri

Bundesgerichtshof Beschluss, 22. März 2012 - 4 StR 541/11

bei uns veröffentlicht am 22.03.2012

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 541/11 vom 22. März 2012 in der Strafsache gegen 1. 2. wegen zu Ziff. 1. versuchter besonders schwerer räuberischer Erpressung zu Ziff. 2. Raubes Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des G

Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Jan. 2018 - 2 StR 527/17

bei uns veröffentlicht am 16.01.2018

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 2 StR 527/17 vom 16. Januar 2018 in der Strafsache gegen 1. 2. wegen Vergewaltigung u.a. ECLI:DE:BGH:2018:160118B2STR527.17.0 Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und d

Bundesgerichtshof Urteil, 21. Apr. 2016 - 1 StR 629/15

bei uns veröffentlicht am 21.04.2016

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 1 StR 629/15 vom 21. April 2016 in der Strafsache gegen wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a. ECLI:DE:BGH:2016:210416U1STR629.15.0 Der 1. Strafsenat des Bundes

Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Juni 2015 - 3 StR 146/15

bei uns veröffentlicht am 09.06.2015

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 S t R 1 4 6 / 1 5 vom 9. Juni 2015 in der Strafsache gegen 1. 2. 3. wegen besonders schweren Raubes u.a. Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerdeführer und des Generalbundesanwalts

Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Apr. 2015 - 3 StR 48/15

bei uns veröffentlicht am 28.04.2015

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 S t R 4 8 / 1 5 vom 28. April 2015 in der Strafsache gegen 1. 2. wegen besonders schweren Raubes u.a. Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerdeführer und des Generalbundesanwalts am 2

Referenzen

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Wer einen anderen bei einer Behörde oder einem zur Entgegennahme von Anzeigen zuständigen Amtsträger oder militärischen Vorgesetzten oder öffentlich wider besseres Wissen einer rechtswidrigen Tat oder der Verletzung einer Dienstpflicht in der Absicht verdächtigt, ein behördliches Verfahren oder andere behördliche Maßnahmen gegen ihn herbeizuführen oder fortdauern zu lassen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer in gleicher Absicht bei einer der in Absatz 1 bezeichneten Stellen oder öffentlich über einen anderen wider besseres Wissen eine sonstige Behauptung tatsächlicher Art aufstellt, die geeignet ist, ein behördliches Verfahren oder andere behördliche Maßnahmen gegen ihn herbeizuführen oder fortdauern zu lassen.

(3) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer die falsche Verdächtigung begeht, um eine Strafmilderung oder ein Absehen von Strafe nach § 46b dieses Gesetzes, § 31 des Betäubungsmittelgesetzes oder § 4a des Anti-Doping-Gesetzes zu erlangen. In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

(1) Wer mit Gewalt gegen eine Person oder unter Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 400/06
vom
11. Oktober 2006
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung der Beschwerdeführerin am 11. Oktober 2006 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bochum vom 5. Januar 2006
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass die Angeklagte der gefährlichen Körperverletzung in Tateinheit mit Nötigung schuldig ist,
b) im Strafausspruch mit den Feststellungen aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Angeklagte wegen schweren Raubes zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Mit ihrer Revision rügt die Angeklagte die Verletzung sachlichen Rechts. Das Rechtsmittel führt zur Änderung des Schuldspruchs und zur Aufhebung des Strafausspruchs; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
Der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift vom 15. September 2006 ausgeführt: "Die Verurteilung der Angeklagten wegen schweren Raubes hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand.
Die Begründung der Zueignungsabsicht gemäß § 249 Abs. 1 StGB ist nicht frei von Rechtsfehlern. Es begegnet schon Bedenken , dass die Kammer bei der rechtlichen Würdigung von einer 'bedingten' Zueignungsabsicht ausgegangen ist (UA S. 16). Zumindest hinsichtlich der Aneignung der Sache verlangt die Zueignungsabsicht einen zielgerichteten Willen (vgl. Tröndle/Fischer StGB 53. Aufl. § 242 Rdnr. 41). Die Kammer hat darüber hinaus zu Unrecht darauf abgestellt, dass die Angeklagte nach dem gescheiterten Austausch der Handys das Mobiltelefon des Geschädigten F. ihrem Vermögen einverleiben wollte (UA S. 16). § 249 Abs. 1 StGB setzt voraus, dass die Zueignungsabsicht zum Zeitpunkt der Wegnahme besteht. Dies hat die Kammer nicht festgestellt. Den Urteilsgründen ist vielmehr zu entnehmen, dass die Wegnahme des Mobiltelefons vom Geschädigten F. auch aus Sicht der Angeklagten O. nur erfolgte, um es als Druckmittel für die Übergabe des Telefons des Geschädigten B. zu verwenden (UA S. 11). In diesem Fall scheidet ein Handeln in Zueignungsabsicht regelmäßig aus (vgl. BGH StV 1983, S. 329 f. und Senat StV 1999, S. 315 f.). Etwas anderes gilt nur, wenn die weggenommene Sache unabhängig von der Erfüllung der gestellten Forderung behalten oder verwertet werden soll (vgl. BGH StV 1984, S. 422 f.). Dass die Angeklagte dies zum Zeitpunkt der Wegnahme anstrebte, ergibt sich aus dem Urteil nicht. Die billigende Inkaufnahme, dass es dem Geschädigten F. nicht gelingen würde, das geforderte Handy zum vereinbarten Treffpunkt zu bringen (UA S. 11), steht dem nicht entgegen. Diese Vorstellung schließt den Willen zur Rückgabe nicht aus, zumal die Angeklagte die vage Hoffnung hatte, dass der Geschädigte das geforderte Handy besorgen könne (UA S. 15).
Es kann ausgeschlossen werden, dass dazu noch ergänzende Feststellungen getroffen werden können. Es ist kein
Geständnis der Angeklagten dahingehend zu erwarten, dass sie das Handy des Geschädigten F. schon zum Zeitpunkt der Wegnahme unbedingt ihrem eigenen Vermögen einverleiben wollte. Aus den äußeren Umständen kann dieser Schluss nicht gezogen werden. Das spezifische persönliche Interesse der Angeklagten an dem Mobiltelefon des Zeugen B. (UA S. 9) und das Erscheinen der Angeklagten zum Umtauschtermin mit dem entwendeten Handy des Geschädigten F. (UA S. 11) sprechen vielmehr dagegen.
Die Angeklagte ist daher nur der Nötigung gemäß § 240 Abs. 1 und 2 StGB in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung gemäß § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB schuldig. Die Tathandlungen der Mitangeklagten Fa. und C. sind ihr aufgrund des gemeinschaftlichen Tatplans gemäß § 25 Abs. 2 StGB als Mittäterin zuzurechnen (UA S. 15). Das Fehlen eigener Verletzungshandlungen hindert die Bestrafung gemäß § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB nicht. Dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe kann entnommen werden, dass die Angeklagte als Initiatorin des gewaltsamen Übergriffs der Mitangeklagten mit ihrer Präsenz die Abwehr- und Fluchtmöglichkeiten des Geschädigten bewusst verringerte (vgl. BGHSt 47, 383 ff.). Gegen diese Vorwürfe hätte sich die Angeklagte nicht anders verteidigen können. (...)
Die Abänderung des Schuldspruchs hat die Aufhebung des Rechtsfolgenausspruchs zur Folge. Angesichts des geringeren Mindestmaßes der Freiheitsstrafe bei § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB im Vergleich zu § 250 Abs. 3 StGB ist es möglich, dass die Kammer bei richtiger rechtlicher Würdigung eine andere Strafe verhängt hätte."
Dem tritt der Senat bei.
Kuckein Athing Solin-Stojanović
Ernemann Sost-Scheible
20
(1) Täter - auch Mittäter - kann beim Raub nur sein, wer bei der Wegnahme die Absicht hat, sich oder einem Dritten die fremde Sache rechtswidrig zuzueignen. Hierfür genügt, dass der Täter die fremde Sache unter Ausschließung des Eigentümers oder bisherigen Gewahrsamsinhabers körperlich oder wirtschaftlich für sich oder den Dritten haben und sie der Substanz oder dem Sachwert nach seinem Vermögen oder dem des Dritten “einverleiben” oder zuführen will. Dagegen ist nicht erforderlich, dass der Täter oder der Dritte die Sache auf Dauer behalten soll oder will (BGH, Urteil vom 26. September 1984 - 3 StR 367/84, NJW 1985, 812 mwN).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 541/11
vom
22. März 2012
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen zu Ziff. 1. versuchter besonders schwerer räuberischer Erpressung
zu Ziff. 2. Raubes
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und der Beschwerdeführer am 22. März 2012 gemäß § 349 Abs. 4
StPO beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Halle vom 29. Juli 2011 mit den Feststellungen aufgehoben. 2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten S. wegen versuchter besonders schwerer räuberischer Erpressung unter Einbeziehung zweier jugendgerichtlicher Verurteilungen zu einer Einheitsjugendstrafe von drei Jahren und neun Monaten, die Angeklagte W. wegen Raubes zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt. Zudem hat es die Angeklagten als Gesamtschuldner verurteilt, an die Adhäsionsantragstellerin H. 1.000 € zu zahlen. Die Revisionen der Angeklagten, mit denen sie jeweils die Verletzung sachlichen Rechts rügen, haben Erfolg.

I.


2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts beschlossen die Angeklagten am 7. Februar 2011 gegen 1.30 Uhr mit einem Pkw durch die Gegend zu fahren, nachdem sie den Abend mit weiteren Personen, unter anderem mit der Zeugin H. , in einer Wohnung in H. verbracht und gemeinsam verschiedene Drogen konsumiert hatten. Sie forderten die später geschädigte Zeugin H. , eine ehemalige Freundin des Angeklagten S. , auf, sie zu begleiten. Gemeinsam mit zwei weiteren Zeugen fuhren sie zunächst nach G. . Während der Angeklagte S. den Pkw lenkte, saß die Angeklagte W. auf dem Beifahrersitz, die drei Zeugen nahmen im Fond Platz. Während der Fahrt wurde die Zeugin H. von beiden Angeklagten massiv beleidigt.
3
Nach der Rückkehr in H. stiegen die zwei Zeugen aus, und die Angeklagten fuhren allein mit der zu diesem Zeitpunkt bereits eingeschüchterten Zeugin H. weiter nach W. . Dort wurde diese für etwa eine halbe Stunde an einem Kiosk abgesetzt, da beide Angeklagten eine Zeitlang ungestört sein wollten. Die Geschädigte, die – noch immer unter Drogeneinfluss – allein im Dunkeln stand und Angst hatte, bat die Angeklagten telefonisch darum , sie wieder abzuholen, was auch geschah. Nachdem die Zeugin H. im Fond hinter dem Beifahrersitz Platz genommen hatte, begannen die Angeklagten erneut, mit ihr zu streiten und sie zu beleidigen.
4
Während der Fahrt holte der Angeklagte S. plötzlich ein im Pkw befindliches Messer hervor, schaltete das Licht im Fahrzeuginneren ein und hielt das Messer mit den Worten „Ich bin D. . Ich bringe dich um!“ mit der rechten Hand hoch, wobei er über den Rückspiegel mit der Zeugin H. kommunizierte. Das Messer hatte eine etwa 25 cm lange Klinge. Mit seinem Ausspruch spielte der Angeklagte S. auf einen gemeinsamen Bekannten an, der stets ein Messer bei sich führt. Die Angeklagte W. und die Zeugin H. hielten dies zunächst für einen Scherz und lachten darüber. S. fuhr jedoch in aggressiver Weise mit seinen Drohungen fort und richtete das Messer mehrmals mit der Spitze in kurzen Bewegungen auf die schräg hinter ihm sitzende Geschädigte, die sein Verhalten nunmehr als bedrohlich wahrnahm. Zu- gleich forderte er sie wiederholt mit den Worten „Gib deinen Kram her!“ auf, ihm ihre Handys und Schlüssel auszuhändigen, um diese Gegenstände zu einem späteren Zeitpunkt gewinnbringend nutzen zu können. Die Zeugin H. , deren Grundstimmung infolge der vorherigen Demütigungen, des langen Wartens im Dunkeln und der konsumierten Drogen ängstlich war, begann hysterisch zu weinen, kam dieser Aufforderung jedoch nicht nach. Die Angeklagte W. hatte ebenfalls den Wechsel in der Stimmung des Angeklagten S. be- merkt und sagte daraufhin zu der Geschädigten: „Mach’s lieber, der macht sonst ernst!“
5
Inzwischen fuhr der Angeklagte S. einen 400 m langen, ansteigenden Weg hinauf. Dabei musste er mit der rechten Hand schalten und warf das Messer in den Fußraum vor dem Beifahrersitz. Das Landgericht hat zu seinen Gunsten angenommen, dass er zum Zeitpunkt des Wegwerfens des Messers bereits den Entschluss aufgegeben hatte, die Zeugin H. zur Herausgabe ihrer Wertgegenstände zu bewegen. Am Ende der Steigung hielt er an. Die Angeklagte W. stieg aus, öffnete die hintere Fahrzeugtür und gab der noch hysterisch weinenden Geschädigten eine Ohrfeige, um sie weiter einzuschüchtern. Daraufhin entnahm sie aus deren Jackentaschen Wohnungs- und Autoschlüssel sowie zwei Handys. Es handelte sich um sämtliche Gegenstände, die diese mit sich führte und die der Angeklagte S. zuvor herausverlangt hatte. Die Geschädigte war von dem vorangegangenen Verhalten insbesondere des Angeklagten S. derart aufgelöst, dass sie W. gewähren ließ. Dieser kam es in diesem Moment darauf an, der Geschädigten „die Gegenstände zu entziehen und an sich zu nehmen, um mit diesen nach eigenem Belieben verfahren zu können und das vom Angeklagten S. angestoßene Geschehen auch in ihrem eigenen Interesse abzuschließen“. Ferner wollte sie erreichen, dass sich S. beruhigt und nicht weiter „austickt“; sie hatte keine konkreten Vorstellungen, wie sie, S. oder Dritte möglicherweise im Nachhinein mit den Gegenständen verfahren würden. Sie billigte aber, dass die Geschädigte die Gegenstände nicht zurückerhalten würde.
6
Anschließend zog die Angeklagte W. die Zeugin H. aus dem Pkw, setzte sich wieder auf den Beifahrersitz und warf die Gegenstände in den Fußraum. Der Angeklagte, der das Geschehen vom Fahrersitz aus verfolgt hatte , ohne sich aktiv oder verbal daran zu beteiligen, fuhr mit der Angeklagten W. zur Wohnung in H. zurück. Einer telefonischen Aufforderung der Geschädigten, sie abzuholen, kamen sie nicht nach, sondern legten sich alsbald schlafen. Zuvor hatten sie die Gegenstände der Zeugin mit Ausnahme eines Handys der in der Wohnung in H. anwesenden Zeugin L. übergeben, die sie am nächsten Morgen an die Mutter der Geschädigten übergab. Lediglich ein Handy hatte die Angeklagte W. an sich genommen, nachdem ihr auf dem Rückweg nach H. eingefallen war, dass die Zeugin H. ihr noch 20 € schuldete.
7
2. Einen strafbefreienden Rücktritt des Angeklagten S. vom Versuch der besonders schweren räuberischen Erpressung hat das Landgericht mit der Erwägung verneint, zum Zeitpunkt der Aufgabe des Tatentschlusses, nämlich in dem Moment des Wegwerfens des Messers in den Fußraum, habe aus dessen Sicht ein sogenannter „fehlgeschlagener Versuch“ vorgelegen. Hiervon habe S. nicht mehr mit strafbefreiender Wirkung zurücktreten können, weil seine vorherigen Drohungen mit dem Messer erfolglos geblieben seien und keine Anhaltspunkte dafür bestünden, dass er seinen Tatplan dahin geändert habe, über den Ausspruch von Drohungen hinaus Gewalt gegen die Zeugin H. anzuwenden, um in den Besitz ihrer Wertgegenstände zu gelangen , zumal er sich trotz entsprechender Möglichkeit an den Handlungen der Angeklagten W. nicht beteiligt habe.

II.


8
Die Verurteilung beider Angeklagten begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
9
1. Die Feststellungen des Landgerichts tragen die Verurteilung des Angeklagten wegen versuchter besonders schwerer räuberischer Erpressung nicht. Die Verneinung eines strafbefreienden Rücktritts vom Versuch hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
10
a) Zutreffend ist allerdings der rechtliche Ausgangspunkt des Landgerichts , wonach bei einem fehlgeschlagenen Versuch ein strafbefreiender Rücktritt nach § 24 StGB von vorneherein ausscheidet (st. Rspr., vgl. nur Senatsurteil vom 10. April 1986 – 4 StR 89/86, BGHSt 34, 53, 56; Urteil vom 30. November 1995 – 5 StR 465/95, BGHSt 41, 368, 369). Fehlgeschlagen ist der Versuch jedoch erst, wenn die Tat nach Misslingen des zunächst vorgestellten Tatablaufs mit den bereits eingesetzten oder anderen nahe liegenden Mitteln objektiv nicht mehr vollendet werden kann und der Täter dies erkennt oder wenn er subjektiv – sei es auch nur wegen aufkommender innerer Hemmungen (Senatsbeschluss vom 26.September 2006 – 4 StR 347/06, NStZ 2007, 91) – die Vollendung nicht mehr für möglich hält. Maßgeblich dafür ist nicht der ursprüngliche Tatplan, dem je nach Fallgestaltung allenfalls Indizwirkung für den Erkenntnishorizont des Täters zukommen kann (vgl. BGH, Beschluss vom 2. November 2007 – 2 StR 336/07, NStZ 2008, 393), sondern dessen Vorstel- lung nach Abschluss der letzten Ausführungshandlung (BGH, Beschluss vom 2. November 2007 – 2 StR 336/07, aaO). Ein Fehlschlag liegt nicht bereits darin , dass der Täter die Vorstellung hat, er müsse von seinem Tatplan abweichen , um den Erfolg herbeizuführen. Hält er die Vollendung der Tat im unmittelbaren Handlungsfortgang noch für möglich, wenn auch mit anderen Mitteln, so ist der Verzicht auf ein Weiterhandeln als freiwilliger Rücktritt vom unbeendeten Versuch zu bewerten (Senatsbeschluss vom 26. September 2006 – 4 StR 347/06, aaO). Fehlgeschlagen ist der Versuch erst, wenn der Täter er- kennt oder die subjektive Vorstellung hat, dass es zur Herbeiführung des Erfolgs eines erneuten Ansetzens bedürfte, etwa mit der Folge einer zeitlichen Zäsur und einer Unterbrechung des unmittelbaren Handlungsfortgangs (BGH, Beschluss vom 19. Mai 1993 – GSSt 1/93, BGHSt 39, 221, 232; Urteil vom 30. November 1995 – 5 StR 465/95, aaO).
11
b) Zu der Vorstellung des Angeklagten nach Misslingen des zunächst ins Auge gefassten Tatablaufs – nach der Weigerung der Geschädigten ihre Wertgegenstände herauszugeben – teilt das Urteil nichts mit. Selbst wenn die Feststellungen des Landgerichts dahin zu verstehen sein sollten, dass der Angeklagte S. unüberwindliche Hemmungen hatte, das nach wie vor im Pkw befindliche und ihm jederzeit zugängliche Messer über ein bloßes Mittel der Bedrohung hinaus einzusetzen, und insoweit nicht Herr seiner Entschlüsse war, verstünde es sich nicht von selbst, dass er keine weitere Handlungsalternative mehr sah, mit der er im unmittelbaren Fortgang noch hätte zur Tatvollendung gelangen können. Insbesondere lassen die Urteilsgründe nicht erkennen, dass es ihm verwehrt war, ohne zeitliche Zäsur die Bedrohung mit dem Messer fortzusetzen oder Gewalt gegen die Zeugin H. anzuwenden. Insoweit ist lediglich festgestellt, dass sich das völlig verängstigte Tatopfer nach wie vor in dem vom Angeklagten geführten Pkw befand und infolge des vorherigen Gesche- hens derart aufgelöst war, dass es die Angeklagte W. gewähren ließ. Ein fehlgeschlagener Versuch ist damit nicht belegt.
12
2. Die Verurteilung der Angeklagten W. wegen Raubes begegnet ebenfalls durchgreifenden rechtlichen Bedenken, weil die Annahme des Landgerichts , die Angeklagte habe zur Zeit der Wegnahme mit Zueignungsabsicht gehandelt, von den Feststellungen nicht hinreichend getragen wird.
13
a) Täter kann beim Raub nur sein, wer bei der Wegnahme die Absicht hat, sich oder einem Dritten die fremde Sache rechtswidrig zuzueignen. Hierfür genügt, dass der Täter die fremde Sache unter Ausschließung des Eigentümers oder bisherigen Gewahrsamsinhabers körperlich oder wirtschaftlich für sich oder den Dritten haben und sie der Substanz oder dem Sachwert nach seinem Vermögen oder dem des Dritten „einverleiben“ oder zuführen will. Da- gegen ist nicht erforderlich, dass der Täter oder der Dritte die Sache auf Dauer behalten soll oder will (Senatsurteil vom 27. Januar 2011 – 4 StR 502/10, NStZ 2011, 699, 701). Während für die Ausschließung des Berechtigten – Enteignung – bedingter Vorsatz ausreicht (vgl. Fischer, StGB, 59. Aufl., § 242 Rn. 41), verlangt die Zueignungsabsicht in Bezug auf die Aneignung der Sache oder des in ihr verkörperten Sachwertes einen zielgerichteten Willen (Senatsbeschluss vom 11. Oktober 2006 – 4 StR 400/06, NStZ-RR 2007, 15). Dass die Aneignung vom Täter nur als mögliche Folge seines Verhaltens in Kauf genommen wird, reicht nicht aus (vgl. BGH, Urteil vom 30. Januar 1962 – 1 StR 540/61, VRS 22, 206), vielmehr muss er sie für sich oder einen Dritten mit unbedingtem Willen erstreben (vgl. MünchKommStGB/Schmitz § 242 Rn. 134; Eser/Bosch, in: Schönke-Schröder, StGB, 28. Aufl., § 242 Rn. 61).
14
b) Nach den Feststellungen kam es der Angeklagten darauf an, der Zeugin die Gegenstände zu entziehen und sie an sich zu nehmen, um damit nach eigenem Belieben verfahren zu können, wobei sie bei der Wegnahme keine konkreten Vorstellungen davon hatte, wie sie, der Angeklagte S. oder Dritte möglicherweise im Nachhinein mit den Gegenständen verfahren würden. Sie billigte aber, dass die Zeugin H. die Gegenstände nicht zurückerhalten würde. Diese Feststellungen vermögen aber nicht hinreichend zu belegen, dass die Angeklagte W. die Gegenstände der Substanz oder dem Sachwert nach mit unbedingtem Willen ihrem Vermögen oder dem des Angeklagten S. „einverleiben“ oder zuführen wollte. Abgesehen davon, dass sie an einem inneren Widerspruch leiden, schließen sie die Möglichkeit nicht hinreichend aus, dass sich die Absicht der Angeklagten – unter Fehlen des Aneignungsmoments – darauf beschränkte, die Geschädigte ihrer tatsächlichen Verfügungsgewalt über die Sache zu entkleiden, mithin eine bloße Sachentziehung zu begehen (vgl. Eser/Bosch aaO Rn. 55). Dafür könnte auch der Umstand sprechen, dass die Angeklagten – von einem Handy abgesehen – alle Gegenstände noch im Laufe des Abends an die Zeugin L. weiterreichten, die sie ihrerseits an die Mutter der Geschädigten weiterreichte. Soweit das Landgericht im Rahmen der rechtlichen Würdigung ohne nähere Begründung ausführt (UA S. 27), die Angeklagte habe zum Zeitpunkt der Wegnahme in der Absicht gehandelt , sich die Gegenstände wenigstens vorübergehend anzueignen, fehlt es gleichermaßen an einer ausreichenden, eine bloße Sachentziehung ausschließenden Tatsachengrundlage.
15
c) Auch im Hinblick auf das von der Angeklagten W. einbehaltene Mobiltelefon ist eine Zueignungsabsicht nicht hinreichend belegt. Nimmt ein Täter, wie hier die Angeklagte, die davon ausging, die Geschädigte schulde ihr Geld, eine Sache weg, um dies als Druckmittel zur Durchsetzung einer solchen Forderung zu benutzen, handelt er nicht mit Zueignungsabsicht, weil er weder die Sache noch den in ihr verkörperten Sachwert seinem Vermögen dauerhaft einverleiben will (Senatsbeschluss vom 26. Februar 1998 – 4 StR 54/98, StV 1999, 315, 316).

III.


16
Die Sache bedarf daher neuer Verhandlung und Entscheidung.
17
1. Der neue Tatrichter wird dabei zu bedenken haben, dass das Wegwerfen eines Tatwerkzeuges den Schluss auf die Aufgabe des Tatentschlusses nur dann tragfähig zu begründen vermag, wenn nahe liegende, einer entsprechenden Wertung entgegenstehende Gründe für das Verhalten in die Beweiswürdigung einbezogen und nachvollziehbar ausgeschlossen werden können. So hätte es hier näherer Erörterung bedurft, dass der Angeklagte das in der rechten Hand befindliche Messer möglicherweise lediglich deshalb in den Fußraum warf, um eine konkrete Fahr- bzw. Verkehrssituation zu bewältigen. Das liegt hier deshalb nahe, weil er im selben Augenblick, in dem er das Messer hielt, mit der rechten Hand auch schalten musste. Seine Untätigkeit während der sich anschließenden Handlung der Angeklagten W. stünde dieser Auslegung nicht notwendigerweise entgegen, weil sein Verhalten je nach den Umständen auch als Billigung des Vorgehens seiner Freundin bewertet werden könnte. Dafür könnte auch der Umstand sprechen, dass er das Geschehen später gegenüber der Zeugin H. in Abrede stellte.
18
2. Sollte der neue Tatrichter wiederum zu der Feststellung gelangen, dass der Angeklagte S. seinen Tatentschluss aufgab, wird er – sofern ein fehlgeschlagener Versuch ausgeschlossen werden kann – beachten müssen, dass bei Tatbeteiligung mehrerer gemäß § 24 Abs. 2 Satz 1 StGB diejenigen Beteiligten nicht wegen Versuchs bestraft werden, die freiwillig die Tatvollendung verhindern. Dabei muss das die Tatvollendung verhindernde Verhalten nicht notwendig in einem auf die Erfolgsabwendung gerichteten aktiven Tun bestehen. Kann einer von mehreren Beteiligten den noch möglichen Eintritt des Taterfolgs allein dadurch vereiteln, dass er seinen vorgesehenen Tatbeitrag nicht erbringt oder nicht weiter fortführt, so verhindert bereits seine Untätigkeit oder sein Nichtweiterhandeln die Tatvollendung. Ist dem Beteiligten dies im Zeitpunkt der Verweigerung oder des Abbruchs seiner Tatbeteiligung bekannt und handelt er dabei freiwillig, liegen damit die Voraussetzungen für einen strafbefreienden Rücktritt nach § 24 Abs. 2 Satz 1 StGB vor (vgl. BGH, Urteil vom 7. Oktober 1983 – 1 StR 615/83, NJW 1984, 2169; Urteil vom 21. Oktober 1983 – 2 StR 485/83, BGHSt 32, 133, 134 f.; Senatsbeschluss vom 26. Juli 2011 – 4 StR 268/11; Fischer aa0 § 24 Rn. 40). Hat sich hingegen jemand zu diesem Zeitpunkt nicht nur als Gehilfe oder Anstifter, sondern – gegebenenfalls sukzessiv – als Mittäter an der Tat beteiligt und bestand aufgrund von dessen Beteiligung im Vorfeld der Untätigkeit oder des Nichtweiterhandelns bereits die Gefahr der Tatvollendung durch den Mittäter, bedarf der strafbefreiende Rücktritt eines auf die Erfolgsabwendung gerichteten aktiven Tuns (vgl. SSWStGB /Kudlich/Schuhr § 24 Rn. 51 ff.).
Ernemann Roggenbuck Franke
Bender Quentin

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 S t R 4 8 / 1 5
vom
28. April 2015
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen besonders schweren Raubes u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerdeführer
und des Generalbundesanwalts am 28. April 2015 gemäß § 349 Abs. 4
StPO einstimmig beschlossen:
Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil der auswärtigen großen Strafkammer des Landgerichts Kleve in Moers vom 15. Oktober 2014 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagten wegen besonders schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung jeweils zu der Freiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die Revisionen der Angeklagten haben mit der Sachrüge Erfolg. Der Schuldspruch wegen besonders schweren Raubes hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.
2
1. Nach den Feststellungen besaß der Geschädigte auf seinem Handy Aufnahmen der gesondert verfolgten C. , auf denen erkennbar war, dass diese als Prostituierte arbeitete. Um an das Mobiltelefon mitsamt den Bildern zu gelangen, brachte die gesondert verfolgte C. die beiden Angeklagten mit der Behauptung, um sie zur Prostitution zu zwingen drohe ihr der Geschädigte, die Fotos ihrer Familie zu zeigen, zu dem Entschluss, diesem das Handy wegzunehmen. Zusammen mit zwei Mittätern begaben sie sich deshalb zu einem Feldweg, zu dem die gesondert verfolgte C. nach vorheriger Absprache den Geschädigten lockte. Auf der gemeinsamen Fahrt besprachen die vier Täter ihr Vorgehen. Sie fassten den Plan, die erwartete Gegenwehr des Geschädigten mit personeller Überlegenheit und Gewalt zu überwinden. Außerdem zeigte einer der Mittäter eine Schusswaffe oder ein Schusswaffenimitat (im Folgenden: die Waffe), wobei Einigkeit bestand, dass dieser Gegenstand jedenfalls zur Drohung eingesetzt werden sollte. Die Angeklagten beabsichtigten, dem Geschädigten das Handy wegzunehmen und nicht wiederzugeben. Sie wollten es auf etwaige Aufnahmen untersuchen und diese löschen. Danach sollte über den Verbleib des Mobiltelefons entschieden werden. Während der Angeklagte U. in dem abseits geparkten Fahrzeug verblieb, erwarteten der Angeklagte E. und die beiden Mittäter den Geschädigten und die gesondert Verfolgte am verabredeten Ort. Als diese vorfuhren, riss der Angeklagte E. die Beifahrertür auf und forderte den Geschädigten auf, auszusteigen. Dabei hielt ein Mittäter dem Geschädigten die Waffe an den Kopf. Dann zog ihn der Angeklagte E. zusammen mit dem Mittäter aus dem Fahrzeug. Dieser schlug mit der Waffe auf den Kopf des Geschädigten ein, wobei der Angeklagte E. den Geschädigten an den Beinen festhielt. Während der Angeklagte E. die Schläge mit der Waffe billigte und sich in Kenntnis der Schläge weiter an der Tat beteiligte, erschien der Angeklagte U. erst am Tatort, nachdem der Mittäter die Übergriffe beendet hatte. Ein weiterer Mittäter suchte nach dem Mobiltelefon, fand es schließlich auf dem Boden neben dem Beifahrersitz und übergab es dem Angeklagten U. , der es einsteckte. Der Verbleib des Handys konnte nicht geklärt werden. Eine Überwachung der IMEI-Nummer ergab, dass das Mobiltelefon einige Wochen später nochmals kurzzeitig in Betrieb genommen worden war.
3
2. Diese Feststellungen belegen nicht, dass die Angeklagten, wie von § 249 Abs. 1 StGB vorausgesetzt, die Absicht hatten, das Mobiltelefon des Geschädigten sich oder einem Dritten zuzueignen. Die Zueignungsabsicht ist gegeben, wenn der Täter im Zeitpunkt der Wegnahme die fremde Sache unter Ausschließung des Eigentümers oder bisherigen Gewahrsamsinhabers körperlich oder wirtschaftlich für sich oder einen Dritten erlangen und sie der Substanz oder dem Sachwert nach seinem Vermögen oder dem eines Dritten "einverleiben" oder zuführen will (BGH, Urteil vom 28. Juni 1961 - 2 StR 184/61, BGHSt 16, 190, 192; Beschluss vom 5. März 1971 - 3 StR 231/69, BGHSt 24, 115, 119; Urteil vom 27. Januar 2011 - 4 StR 502/10, NStZ 2011, 699, 701). An dem für eine Aneignung erforderlichen Willen des Täters, den Bestand seines Vermögens oder den des Vermögens eines Dritten zu mehren, fehlt es dagegen, wenn er das Nötigungsmittel nur zur Erzwingung einer Gebrauchsanmaßung einsetzt oder wenn er die fremde Sache nur wegnimmt, um sie "zu zerstören", "zu vernichten", "preiszugeben", "wegzuwerfen", "beiseite zu schaffen", "zu beschädigen", sie als Druckmittel zur Durchsetzung einer Forderung zu benutzen oder um den Eigentümer durch bloßen Sachentzug zu ärgern (vgl. BGH, Urteile vom 26. September 1984 - 3 StR 367/84, NJW 1985, 812; vom 27. Januar 2011 - 4 StR 502/10, NStZ 2011, 699, 701 jeweils mwN).
4
Nach diesen Maßstäben ist die Zugeignungsabsicht der Angeklagten hier nicht belegt. Sie wollten das Handy auf kompromittierende Aufnahmen der gesondert verfolgten C. untersuchen, um diese zu löschen. Was weiter mit dem Handy geschehen sollte, stand zum Tatzeitpunkt hingegen noch nicht fest. Vielmehr sollte erst später über seinen Verbleib entschieden werden. Zwar kann die Zueignungsabsicht auch bei einer Wegnahme mit dem Willen vorhanden sein, die Sache zunächst zu behalten und sich erst später darüber schlüssig zu werden, wie über sie zu verfügen sei (BGH, Urteil vom 25. Oktober 1968 - 4 StR 398/68, GA 1969, 306, 307). Doch ergeben die Feststellungen gerade nicht, dass die Angeklagten zum Zeitpunkt der Wegnahme dasHandy - wenn auch nur vorübergehend - über die für die Löschung der Bilder benötigte Zeit hinaus behalten wollten. Dass die von den Angeklagten beabsichtigte Durchsuchung des Speichers und die Identifizierung der dabei aufgefundenen Bilddateien im Rahmen des bestimmungsgemäßen Gebrauchs der Sache lagen, ändert hieran nichts, denn diese führten nicht zu deren Verbrauch (BGH, Beschluss vom 14. Februar 2012 - 3 StR 392/11, NStZ 2012, 627 mwN).
5
Auch eine - bei fehlender Zueignungsabsicht mögliche (vgl. BGH, Urteil vom 5. Juli 1960 - 5 StR 80/60, BGHSt 14, 386) - Strafbarkeit wegen räuberischer Erpressung (§ 253 Abs. 1, § 255 StGB) kommt auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen nicht in Betracht, denn die Angeklagten handelten nicht in der Absicht, sich oder einen Dritten zu bereichern. Bloßer Besitz einer Sache bildet einen Vermögensvorteil nur dann, wenn ihm ein eigenständiger wirtschaftlicher Wert zukommt, etwa weil er zu wirtschaftlich messbaren Gebrauchsvorteilen führt, die der Täter oder der Dritte für sich nutzen will. Daran fehlt es nicht nur in den Fällen, in denen der Täter die Sache unmittelbar nach Erlangung vernichten will, sondern auch dann, wenn er den mit seiner Tat verbundenen Vermögensvorteil nur als notwendige oder mögliche Folge seines ausschließlich auf einen anderen Zweck gerichteten Verhaltens hinnimmt (vgl. nur BGH, Urteil vom 27. Januar 2011 - 4 StR 502/10, NStZ 2011, 699, 701; Beschluss vom 14. Februar 2012 - 3 StR 392/11, NStZ 2012, 627).
6
Nach alledem kann das Urteil keinen Bestand haben. Die Sache bedarf vielmehr neuer Verhandlung und Entscheidung.
7
3. Für die neue Verhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
8
Soweit das Landgericht den Angeklagten U. wegen besonders schweren Raubes verurteilt hat, leidet das Urteil noch an einem weiteren Rechtsfehler: Die Qualifikation des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB ist nur dann erfüllt, wenn der Täter einen objektiv gefährlichen Gegenstand verwendet (BGH, Beschluss vom 17. Juni 1998 - 2 StR 167/98, BGHSt 44, 103). Das ist beim Einsatz von Scheinwaffen, wie er vorliegend nicht ausgeschlossen werden konnte, nicht der Fall (BGH, Beschluss vom 7. Januar 1999 - 4 StR 686/98, StV 1999, 209). Zwar wurde die Waffe bei Tatbegehung auch als Schlagwerkzeug verwendet. Dieser Einsatz war aber vom gemeinsamen Tatplan nicht umfasst und stellte sich mithin in Bezug auf den Angeklagten U. als Mittäterexzess dar. Seine Bestrafung wegen besonders schweren Raubes kam damit nach den getroffenen Feststellungen nicht in Betracht.
Becker Schäfer RiBGH Mayer befindet sich im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Becker Gericke Spaniol

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 541/11
vom
22. März 2012
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen zu Ziff. 1. versuchter besonders schwerer räuberischer Erpressung
zu Ziff. 2. Raubes
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und der Beschwerdeführer am 22. März 2012 gemäß § 349 Abs. 4
StPO beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Halle vom 29. Juli 2011 mit den Feststellungen aufgehoben. 2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten S. wegen versuchter besonders schwerer räuberischer Erpressung unter Einbeziehung zweier jugendgerichtlicher Verurteilungen zu einer Einheitsjugendstrafe von drei Jahren und neun Monaten, die Angeklagte W. wegen Raubes zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt. Zudem hat es die Angeklagten als Gesamtschuldner verurteilt, an die Adhäsionsantragstellerin H. 1.000 € zu zahlen. Die Revisionen der Angeklagten, mit denen sie jeweils die Verletzung sachlichen Rechts rügen, haben Erfolg.

I.


2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts beschlossen die Angeklagten am 7. Februar 2011 gegen 1.30 Uhr mit einem Pkw durch die Gegend zu fahren, nachdem sie den Abend mit weiteren Personen, unter anderem mit der Zeugin H. , in einer Wohnung in H. verbracht und gemeinsam verschiedene Drogen konsumiert hatten. Sie forderten die später geschädigte Zeugin H. , eine ehemalige Freundin des Angeklagten S. , auf, sie zu begleiten. Gemeinsam mit zwei weiteren Zeugen fuhren sie zunächst nach G. . Während der Angeklagte S. den Pkw lenkte, saß die Angeklagte W. auf dem Beifahrersitz, die drei Zeugen nahmen im Fond Platz. Während der Fahrt wurde die Zeugin H. von beiden Angeklagten massiv beleidigt.
3
Nach der Rückkehr in H. stiegen die zwei Zeugen aus, und die Angeklagten fuhren allein mit der zu diesem Zeitpunkt bereits eingeschüchterten Zeugin H. weiter nach W. . Dort wurde diese für etwa eine halbe Stunde an einem Kiosk abgesetzt, da beide Angeklagten eine Zeitlang ungestört sein wollten. Die Geschädigte, die – noch immer unter Drogeneinfluss – allein im Dunkeln stand und Angst hatte, bat die Angeklagten telefonisch darum , sie wieder abzuholen, was auch geschah. Nachdem die Zeugin H. im Fond hinter dem Beifahrersitz Platz genommen hatte, begannen die Angeklagten erneut, mit ihr zu streiten und sie zu beleidigen.
4
Während der Fahrt holte der Angeklagte S. plötzlich ein im Pkw befindliches Messer hervor, schaltete das Licht im Fahrzeuginneren ein und hielt das Messer mit den Worten „Ich bin D. . Ich bringe dich um!“ mit der rechten Hand hoch, wobei er über den Rückspiegel mit der Zeugin H. kommunizierte. Das Messer hatte eine etwa 25 cm lange Klinge. Mit seinem Ausspruch spielte der Angeklagte S. auf einen gemeinsamen Bekannten an, der stets ein Messer bei sich führt. Die Angeklagte W. und die Zeugin H. hielten dies zunächst für einen Scherz und lachten darüber. S. fuhr jedoch in aggressiver Weise mit seinen Drohungen fort und richtete das Messer mehrmals mit der Spitze in kurzen Bewegungen auf die schräg hinter ihm sitzende Geschädigte, die sein Verhalten nunmehr als bedrohlich wahrnahm. Zu- gleich forderte er sie wiederholt mit den Worten „Gib deinen Kram her!“ auf, ihm ihre Handys und Schlüssel auszuhändigen, um diese Gegenstände zu einem späteren Zeitpunkt gewinnbringend nutzen zu können. Die Zeugin H. , deren Grundstimmung infolge der vorherigen Demütigungen, des langen Wartens im Dunkeln und der konsumierten Drogen ängstlich war, begann hysterisch zu weinen, kam dieser Aufforderung jedoch nicht nach. Die Angeklagte W. hatte ebenfalls den Wechsel in der Stimmung des Angeklagten S. be- merkt und sagte daraufhin zu der Geschädigten: „Mach’s lieber, der macht sonst ernst!“
5
Inzwischen fuhr der Angeklagte S. einen 400 m langen, ansteigenden Weg hinauf. Dabei musste er mit der rechten Hand schalten und warf das Messer in den Fußraum vor dem Beifahrersitz. Das Landgericht hat zu seinen Gunsten angenommen, dass er zum Zeitpunkt des Wegwerfens des Messers bereits den Entschluss aufgegeben hatte, die Zeugin H. zur Herausgabe ihrer Wertgegenstände zu bewegen. Am Ende der Steigung hielt er an. Die Angeklagte W. stieg aus, öffnete die hintere Fahrzeugtür und gab der noch hysterisch weinenden Geschädigten eine Ohrfeige, um sie weiter einzuschüchtern. Daraufhin entnahm sie aus deren Jackentaschen Wohnungs- und Autoschlüssel sowie zwei Handys. Es handelte sich um sämtliche Gegenstände, die diese mit sich führte und die der Angeklagte S. zuvor herausverlangt hatte. Die Geschädigte war von dem vorangegangenen Verhalten insbesondere des Angeklagten S. derart aufgelöst, dass sie W. gewähren ließ. Dieser kam es in diesem Moment darauf an, der Geschädigten „die Gegenstände zu entziehen und an sich zu nehmen, um mit diesen nach eigenem Belieben verfahren zu können und das vom Angeklagten S. angestoßene Geschehen auch in ihrem eigenen Interesse abzuschließen“. Ferner wollte sie erreichen, dass sich S. beruhigt und nicht weiter „austickt“; sie hatte keine konkreten Vorstellungen, wie sie, S. oder Dritte möglicherweise im Nachhinein mit den Gegenständen verfahren würden. Sie billigte aber, dass die Geschädigte die Gegenstände nicht zurückerhalten würde.
6
Anschließend zog die Angeklagte W. die Zeugin H. aus dem Pkw, setzte sich wieder auf den Beifahrersitz und warf die Gegenstände in den Fußraum. Der Angeklagte, der das Geschehen vom Fahrersitz aus verfolgt hatte , ohne sich aktiv oder verbal daran zu beteiligen, fuhr mit der Angeklagten W. zur Wohnung in H. zurück. Einer telefonischen Aufforderung der Geschädigten, sie abzuholen, kamen sie nicht nach, sondern legten sich alsbald schlafen. Zuvor hatten sie die Gegenstände der Zeugin mit Ausnahme eines Handys der in der Wohnung in H. anwesenden Zeugin L. übergeben, die sie am nächsten Morgen an die Mutter der Geschädigten übergab. Lediglich ein Handy hatte die Angeklagte W. an sich genommen, nachdem ihr auf dem Rückweg nach H. eingefallen war, dass die Zeugin H. ihr noch 20 € schuldete.
7
2. Einen strafbefreienden Rücktritt des Angeklagten S. vom Versuch der besonders schweren räuberischen Erpressung hat das Landgericht mit der Erwägung verneint, zum Zeitpunkt der Aufgabe des Tatentschlusses, nämlich in dem Moment des Wegwerfens des Messers in den Fußraum, habe aus dessen Sicht ein sogenannter „fehlgeschlagener Versuch“ vorgelegen. Hiervon habe S. nicht mehr mit strafbefreiender Wirkung zurücktreten können, weil seine vorherigen Drohungen mit dem Messer erfolglos geblieben seien und keine Anhaltspunkte dafür bestünden, dass er seinen Tatplan dahin geändert habe, über den Ausspruch von Drohungen hinaus Gewalt gegen die Zeugin H. anzuwenden, um in den Besitz ihrer Wertgegenstände zu gelangen , zumal er sich trotz entsprechender Möglichkeit an den Handlungen der Angeklagten W. nicht beteiligt habe.

II.


8
Die Verurteilung beider Angeklagten begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
9
1. Die Feststellungen des Landgerichts tragen die Verurteilung des Angeklagten wegen versuchter besonders schwerer räuberischer Erpressung nicht. Die Verneinung eines strafbefreienden Rücktritts vom Versuch hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
10
a) Zutreffend ist allerdings der rechtliche Ausgangspunkt des Landgerichts , wonach bei einem fehlgeschlagenen Versuch ein strafbefreiender Rücktritt nach § 24 StGB von vorneherein ausscheidet (st. Rspr., vgl. nur Senatsurteil vom 10. April 1986 – 4 StR 89/86, BGHSt 34, 53, 56; Urteil vom 30. November 1995 – 5 StR 465/95, BGHSt 41, 368, 369). Fehlgeschlagen ist der Versuch jedoch erst, wenn die Tat nach Misslingen des zunächst vorgestellten Tatablaufs mit den bereits eingesetzten oder anderen nahe liegenden Mitteln objektiv nicht mehr vollendet werden kann und der Täter dies erkennt oder wenn er subjektiv – sei es auch nur wegen aufkommender innerer Hemmungen (Senatsbeschluss vom 26.September 2006 – 4 StR 347/06, NStZ 2007, 91) – die Vollendung nicht mehr für möglich hält. Maßgeblich dafür ist nicht der ursprüngliche Tatplan, dem je nach Fallgestaltung allenfalls Indizwirkung für den Erkenntnishorizont des Täters zukommen kann (vgl. BGH, Beschluss vom 2. November 2007 – 2 StR 336/07, NStZ 2008, 393), sondern dessen Vorstel- lung nach Abschluss der letzten Ausführungshandlung (BGH, Beschluss vom 2. November 2007 – 2 StR 336/07, aaO). Ein Fehlschlag liegt nicht bereits darin , dass der Täter die Vorstellung hat, er müsse von seinem Tatplan abweichen , um den Erfolg herbeizuführen. Hält er die Vollendung der Tat im unmittelbaren Handlungsfortgang noch für möglich, wenn auch mit anderen Mitteln, so ist der Verzicht auf ein Weiterhandeln als freiwilliger Rücktritt vom unbeendeten Versuch zu bewerten (Senatsbeschluss vom 26. September 2006 – 4 StR 347/06, aaO). Fehlgeschlagen ist der Versuch erst, wenn der Täter er- kennt oder die subjektive Vorstellung hat, dass es zur Herbeiführung des Erfolgs eines erneuten Ansetzens bedürfte, etwa mit der Folge einer zeitlichen Zäsur und einer Unterbrechung des unmittelbaren Handlungsfortgangs (BGH, Beschluss vom 19. Mai 1993 – GSSt 1/93, BGHSt 39, 221, 232; Urteil vom 30. November 1995 – 5 StR 465/95, aaO).
11
b) Zu der Vorstellung des Angeklagten nach Misslingen des zunächst ins Auge gefassten Tatablaufs – nach der Weigerung der Geschädigten ihre Wertgegenstände herauszugeben – teilt das Urteil nichts mit. Selbst wenn die Feststellungen des Landgerichts dahin zu verstehen sein sollten, dass der Angeklagte S. unüberwindliche Hemmungen hatte, das nach wie vor im Pkw befindliche und ihm jederzeit zugängliche Messer über ein bloßes Mittel der Bedrohung hinaus einzusetzen, und insoweit nicht Herr seiner Entschlüsse war, verstünde es sich nicht von selbst, dass er keine weitere Handlungsalternative mehr sah, mit der er im unmittelbaren Fortgang noch hätte zur Tatvollendung gelangen können. Insbesondere lassen die Urteilsgründe nicht erkennen, dass es ihm verwehrt war, ohne zeitliche Zäsur die Bedrohung mit dem Messer fortzusetzen oder Gewalt gegen die Zeugin H. anzuwenden. Insoweit ist lediglich festgestellt, dass sich das völlig verängstigte Tatopfer nach wie vor in dem vom Angeklagten geführten Pkw befand und infolge des vorherigen Gesche- hens derart aufgelöst war, dass es die Angeklagte W. gewähren ließ. Ein fehlgeschlagener Versuch ist damit nicht belegt.
12
2. Die Verurteilung der Angeklagten W. wegen Raubes begegnet ebenfalls durchgreifenden rechtlichen Bedenken, weil die Annahme des Landgerichts , die Angeklagte habe zur Zeit der Wegnahme mit Zueignungsabsicht gehandelt, von den Feststellungen nicht hinreichend getragen wird.
13
a) Täter kann beim Raub nur sein, wer bei der Wegnahme die Absicht hat, sich oder einem Dritten die fremde Sache rechtswidrig zuzueignen. Hierfür genügt, dass der Täter die fremde Sache unter Ausschließung des Eigentümers oder bisherigen Gewahrsamsinhabers körperlich oder wirtschaftlich für sich oder den Dritten haben und sie der Substanz oder dem Sachwert nach seinem Vermögen oder dem des Dritten „einverleiben“ oder zuführen will. Da- gegen ist nicht erforderlich, dass der Täter oder der Dritte die Sache auf Dauer behalten soll oder will (Senatsurteil vom 27. Januar 2011 – 4 StR 502/10, NStZ 2011, 699, 701). Während für die Ausschließung des Berechtigten – Enteignung – bedingter Vorsatz ausreicht (vgl. Fischer, StGB, 59. Aufl., § 242 Rn. 41), verlangt die Zueignungsabsicht in Bezug auf die Aneignung der Sache oder des in ihr verkörperten Sachwertes einen zielgerichteten Willen (Senatsbeschluss vom 11. Oktober 2006 – 4 StR 400/06, NStZ-RR 2007, 15). Dass die Aneignung vom Täter nur als mögliche Folge seines Verhaltens in Kauf genommen wird, reicht nicht aus (vgl. BGH, Urteil vom 30. Januar 1962 – 1 StR 540/61, VRS 22, 206), vielmehr muss er sie für sich oder einen Dritten mit unbedingtem Willen erstreben (vgl. MünchKommStGB/Schmitz § 242 Rn. 134; Eser/Bosch, in: Schönke-Schröder, StGB, 28. Aufl., § 242 Rn. 61).
14
b) Nach den Feststellungen kam es der Angeklagten darauf an, der Zeugin die Gegenstände zu entziehen und sie an sich zu nehmen, um damit nach eigenem Belieben verfahren zu können, wobei sie bei der Wegnahme keine konkreten Vorstellungen davon hatte, wie sie, der Angeklagte S. oder Dritte möglicherweise im Nachhinein mit den Gegenständen verfahren würden. Sie billigte aber, dass die Zeugin H. die Gegenstände nicht zurückerhalten würde. Diese Feststellungen vermögen aber nicht hinreichend zu belegen, dass die Angeklagte W. die Gegenstände der Substanz oder dem Sachwert nach mit unbedingtem Willen ihrem Vermögen oder dem des Angeklagten S. „einverleiben“ oder zuführen wollte. Abgesehen davon, dass sie an einem inneren Widerspruch leiden, schließen sie die Möglichkeit nicht hinreichend aus, dass sich die Absicht der Angeklagten – unter Fehlen des Aneignungsmoments – darauf beschränkte, die Geschädigte ihrer tatsächlichen Verfügungsgewalt über die Sache zu entkleiden, mithin eine bloße Sachentziehung zu begehen (vgl. Eser/Bosch aaO Rn. 55). Dafür könnte auch der Umstand sprechen, dass die Angeklagten – von einem Handy abgesehen – alle Gegenstände noch im Laufe des Abends an die Zeugin L. weiterreichten, die sie ihrerseits an die Mutter der Geschädigten weiterreichte. Soweit das Landgericht im Rahmen der rechtlichen Würdigung ohne nähere Begründung ausführt (UA S. 27), die Angeklagte habe zum Zeitpunkt der Wegnahme in der Absicht gehandelt , sich die Gegenstände wenigstens vorübergehend anzueignen, fehlt es gleichermaßen an einer ausreichenden, eine bloße Sachentziehung ausschließenden Tatsachengrundlage.
15
c) Auch im Hinblick auf das von der Angeklagten W. einbehaltene Mobiltelefon ist eine Zueignungsabsicht nicht hinreichend belegt. Nimmt ein Täter, wie hier die Angeklagte, die davon ausging, die Geschädigte schulde ihr Geld, eine Sache weg, um dies als Druckmittel zur Durchsetzung einer solchen Forderung zu benutzen, handelt er nicht mit Zueignungsabsicht, weil er weder die Sache noch den in ihr verkörperten Sachwert seinem Vermögen dauerhaft einverleiben will (Senatsbeschluss vom 26. Februar 1998 – 4 StR 54/98, StV 1999, 315, 316).

III.


16
Die Sache bedarf daher neuer Verhandlung und Entscheidung.
17
1. Der neue Tatrichter wird dabei zu bedenken haben, dass das Wegwerfen eines Tatwerkzeuges den Schluss auf die Aufgabe des Tatentschlusses nur dann tragfähig zu begründen vermag, wenn nahe liegende, einer entsprechenden Wertung entgegenstehende Gründe für das Verhalten in die Beweiswürdigung einbezogen und nachvollziehbar ausgeschlossen werden können. So hätte es hier näherer Erörterung bedurft, dass der Angeklagte das in der rechten Hand befindliche Messer möglicherweise lediglich deshalb in den Fußraum warf, um eine konkrete Fahr- bzw. Verkehrssituation zu bewältigen. Das liegt hier deshalb nahe, weil er im selben Augenblick, in dem er das Messer hielt, mit der rechten Hand auch schalten musste. Seine Untätigkeit während der sich anschließenden Handlung der Angeklagten W. stünde dieser Auslegung nicht notwendigerweise entgegen, weil sein Verhalten je nach den Umständen auch als Billigung des Vorgehens seiner Freundin bewertet werden könnte. Dafür könnte auch der Umstand sprechen, dass er das Geschehen später gegenüber der Zeugin H. in Abrede stellte.
18
2. Sollte der neue Tatrichter wiederum zu der Feststellung gelangen, dass der Angeklagte S. seinen Tatentschluss aufgab, wird er – sofern ein fehlgeschlagener Versuch ausgeschlossen werden kann – beachten müssen, dass bei Tatbeteiligung mehrerer gemäß § 24 Abs. 2 Satz 1 StGB diejenigen Beteiligten nicht wegen Versuchs bestraft werden, die freiwillig die Tatvollendung verhindern. Dabei muss das die Tatvollendung verhindernde Verhalten nicht notwendig in einem auf die Erfolgsabwendung gerichteten aktiven Tun bestehen. Kann einer von mehreren Beteiligten den noch möglichen Eintritt des Taterfolgs allein dadurch vereiteln, dass er seinen vorgesehenen Tatbeitrag nicht erbringt oder nicht weiter fortführt, so verhindert bereits seine Untätigkeit oder sein Nichtweiterhandeln die Tatvollendung. Ist dem Beteiligten dies im Zeitpunkt der Verweigerung oder des Abbruchs seiner Tatbeteiligung bekannt und handelt er dabei freiwillig, liegen damit die Voraussetzungen für einen strafbefreienden Rücktritt nach § 24 Abs. 2 Satz 1 StGB vor (vgl. BGH, Urteil vom 7. Oktober 1983 – 1 StR 615/83, NJW 1984, 2169; Urteil vom 21. Oktober 1983 – 2 StR 485/83, BGHSt 32, 133, 134 f.; Senatsbeschluss vom 26. Juli 2011 – 4 StR 268/11; Fischer aa0 § 24 Rn. 40). Hat sich hingegen jemand zu diesem Zeitpunkt nicht nur als Gehilfe oder Anstifter, sondern – gegebenenfalls sukzessiv – als Mittäter an der Tat beteiligt und bestand aufgrund von dessen Beteiligung im Vorfeld der Untätigkeit oder des Nichtweiterhandelns bereits die Gefahr der Tatvollendung durch den Mittäter, bedarf der strafbefreiende Rücktritt eines auf die Erfolgsabwendung gerichteten aktiven Tuns (vgl. SSWStGB /Kudlich/Schuhr § 24 Rn. 51 ff.).
Ernemann Roggenbuck Franke
Bender Quentin

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 S t R 4 8 / 1 5
vom
28. April 2015
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen besonders schweren Raubes u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerdeführer
und des Generalbundesanwalts am 28. April 2015 gemäß § 349 Abs. 4
StPO einstimmig beschlossen:
Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil der auswärtigen großen Strafkammer des Landgerichts Kleve in Moers vom 15. Oktober 2014 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagten wegen besonders schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung jeweils zu der Freiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die Revisionen der Angeklagten haben mit der Sachrüge Erfolg. Der Schuldspruch wegen besonders schweren Raubes hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.
2
1. Nach den Feststellungen besaß der Geschädigte auf seinem Handy Aufnahmen der gesondert verfolgten C. , auf denen erkennbar war, dass diese als Prostituierte arbeitete. Um an das Mobiltelefon mitsamt den Bildern zu gelangen, brachte die gesondert verfolgte C. die beiden Angeklagten mit der Behauptung, um sie zur Prostitution zu zwingen drohe ihr der Geschädigte, die Fotos ihrer Familie zu zeigen, zu dem Entschluss, diesem das Handy wegzunehmen. Zusammen mit zwei Mittätern begaben sie sich deshalb zu einem Feldweg, zu dem die gesondert verfolgte C. nach vorheriger Absprache den Geschädigten lockte. Auf der gemeinsamen Fahrt besprachen die vier Täter ihr Vorgehen. Sie fassten den Plan, die erwartete Gegenwehr des Geschädigten mit personeller Überlegenheit und Gewalt zu überwinden. Außerdem zeigte einer der Mittäter eine Schusswaffe oder ein Schusswaffenimitat (im Folgenden: die Waffe), wobei Einigkeit bestand, dass dieser Gegenstand jedenfalls zur Drohung eingesetzt werden sollte. Die Angeklagten beabsichtigten, dem Geschädigten das Handy wegzunehmen und nicht wiederzugeben. Sie wollten es auf etwaige Aufnahmen untersuchen und diese löschen. Danach sollte über den Verbleib des Mobiltelefons entschieden werden. Während der Angeklagte U. in dem abseits geparkten Fahrzeug verblieb, erwarteten der Angeklagte E. und die beiden Mittäter den Geschädigten und die gesondert Verfolgte am verabredeten Ort. Als diese vorfuhren, riss der Angeklagte E. die Beifahrertür auf und forderte den Geschädigten auf, auszusteigen. Dabei hielt ein Mittäter dem Geschädigten die Waffe an den Kopf. Dann zog ihn der Angeklagte E. zusammen mit dem Mittäter aus dem Fahrzeug. Dieser schlug mit der Waffe auf den Kopf des Geschädigten ein, wobei der Angeklagte E. den Geschädigten an den Beinen festhielt. Während der Angeklagte E. die Schläge mit der Waffe billigte und sich in Kenntnis der Schläge weiter an der Tat beteiligte, erschien der Angeklagte U. erst am Tatort, nachdem der Mittäter die Übergriffe beendet hatte. Ein weiterer Mittäter suchte nach dem Mobiltelefon, fand es schließlich auf dem Boden neben dem Beifahrersitz und übergab es dem Angeklagten U. , der es einsteckte. Der Verbleib des Handys konnte nicht geklärt werden. Eine Überwachung der IMEI-Nummer ergab, dass das Mobiltelefon einige Wochen später nochmals kurzzeitig in Betrieb genommen worden war.
3
2. Diese Feststellungen belegen nicht, dass die Angeklagten, wie von § 249 Abs. 1 StGB vorausgesetzt, die Absicht hatten, das Mobiltelefon des Geschädigten sich oder einem Dritten zuzueignen. Die Zueignungsabsicht ist gegeben, wenn der Täter im Zeitpunkt der Wegnahme die fremde Sache unter Ausschließung des Eigentümers oder bisherigen Gewahrsamsinhabers körperlich oder wirtschaftlich für sich oder einen Dritten erlangen und sie der Substanz oder dem Sachwert nach seinem Vermögen oder dem eines Dritten "einverleiben" oder zuführen will (BGH, Urteil vom 28. Juni 1961 - 2 StR 184/61, BGHSt 16, 190, 192; Beschluss vom 5. März 1971 - 3 StR 231/69, BGHSt 24, 115, 119; Urteil vom 27. Januar 2011 - 4 StR 502/10, NStZ 2011, 699, 701). An dem für eine Aneignung erforderlichen Willen des Täters, den Bestand seines Vermögens oder den des Vermögens eines Dritten zu mehren, fehlt es dagegen, wenn er das Nötigungsmittel nur zur Erzwingung einer Gebrauchsanmaßung einsetzt oder wenn er die fremde Sache nur wegnimmt, um sie "zu zerstören", "zu vernichten", "preiszugeben", "wegzuwerfen", "beiseite zu schaffen", "zu beschädigen", sie als Druckmittel zur Durchsetzung einer Forderung zu benutzen oder um den Eigentümer durch bloßen Sachentzug zu ärgern (vgl. BGH, Urteile vom 26. September 1984 - 3 StR 367/84, NJW 1985, 812; vom 27. Januar 2011 - 4 StR 502/10, NStZ 2011, 699, 701 jeweils mwN).
4
Nach diesen Maßstäben ist die Zugeignungsabsicht der Angeklagten hier nicht belegt. Sie wollten das Handy auf kompromittierende Aufnahmen der gesondert verfolgten C. untersuchen, um diese zu löschen. Was weiter mit dem Handy geschehen sollte, stand zum Tatzeitpunkt hingegen noch nicht fest. Vielmehr sollte erst später über seinen Verbleib entschieden werden. Zwar kann die Zueignungsabsicht auch bei einer Wegnahme mit dem Willen vorhanden sein, die Sache zunächst zu behalten und sich erst später darüber schlüssig zu werden, wie über sie zu verfügen sei (BGH, Urteil vom 25. Oktober 1968 - 4 StR 398/68, GA 1969, 306, 307). Doch ergeben die Feststellungen gerade nicht, dass die Angeklagten zum Zeitpunkt der Wegnahme dasHandy - wenn auch nur vorübergehend - über die für die Löschung der Bilder benötigte Zeit hinaus behalten wollten. Dass die von den Angeklagten beabsichtigte Durchsuchung des Speichers und die Identifizierung der dabei aufgefundenen Bilddateien im Rahmen des bestimmungsgemäßen Gebrauchs der Sache lagen, ändert hieran nichts, denn diese führten nicht zu deren Verbrauch (BGH, Beschluss vom 14. Februar 2012 - 3 StR 392/11, NStZ 2012, 627 mwN).
5
Auch eine - bei fehlender Zueignungsabsicht mögliche (vgl. BGH, Urteil vom 5. Juli 1960 - 5 StR 80/60, BGHSt 14, 386) - Strafbarkeit wegen räuberischer Erpressung (§ 253 Abs. 1, § 255 StGB) kommt auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen nicht in Betracht, denn die Angeklagten handelten nicht in der Absicht, sich oder einen Dritten zu bereichern. Bloßer Besitz einer Sache bildet einen Vermögensvorteil nur dann, wenn ihm ein eigenständiger wirtschaftlicher Wert zukommt, etwa weil er zu wirtschaftlich messbaren Gebrauchsvorteilen führt, die der Täter oder der Dritte für sich nutzen will. Daran fehlt es nicht nur in den Fällen, in denen der Täter die Sache unmittelbar nach Erlangung vernichten will, sondern auch dann, wenn er den mit seiner Tat verbundenen Vermögensvorteil nur als notwendige oder mögliche Folge seines ausschließlich auf einen anderen Zweck gerichteten Verhaltens hinnimmt (vgl. nur BGH, Urteil vom 27. Januar 2011 - 4 StR 502/10, NStZ 2011, 699, 701; Beschluss vom 14. Februar 2012 - 3 StR 392/11, NStZ 2012, 627).
6
Nach alledem kann das Urteil keinen Bestand haben. Die Sache bedarf vielmehr neuer Verhandlung und Entscheidung.
7
3. Für die neue Verhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
8
Soweit das Landgericht den Angeklagten U. wegen besonders schweren Raubes verurteilt hat, leidet das Urteil noch an einem weiteren Rechtsfehler: Die Qualifikation des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB ist nur dann erfüllt, wenn der Täter einen objektiv gefährlichen Gegenstand verwendet (BGH, Beschluss vom 17. Juni 1998 - 2 StR 167/98, BGHSt 44, 103). Das ist beim Einsatz von Scheinwaffen, wie er vorliegend nicht ausgeschlossen werden konnte, nicht der Fall (BGH, Beschluss vom 7. Januar 1999 - 4 StR 686/98, StV 1999, 209). Zwar wurde die Waffe bei Tatbegehung auch als Schlagwerkzeug verwendet. Dieser Einsatz war aber vom gemeinsamen Tatplan nicht umfasst und stellte sich mithin in Bezug auf den Angeklagten U. als Mittäterexzess dar. Seine Bestrafung wegen besonders schweren Raubes kam damit nach den getroffenen Feststellungen nicht in Betracht.
Becker Schäfer RiBGH Mayer befindet sich im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Becker Gericke Spaniol

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 S t R 1 4 6 / 1 5
vom
9. Juni 2015
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen besonders schweren Raubes u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerdeführer
und des Generalbundesanwalts am 9. Juni 2015 gemäß § 349 Abs. 4
StPO einstimmig beschlossen:
Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil der auswärtigen großen Strafkammer des Landgerichts Kleve in Moers vom 18. Dezember 2014 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagten wegen besonders schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu Freiheitsstrafen von fünf Jahren und sechs Monaten (T. ), fünf Jahren (C. ) und drei Jahren (O. ) verurteilt. Die Revisionen der Angeklagten haben mit der Sachrüge Erfolg. Der Schuldspruch wegen besonders schweren Raubes hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.
2
1. Nach den Feststellungen besaß der Geschädigte auf seinem Handy Aufnahmen der Angeklagten C. , auf denen erkennbar war, dass diese als Prostituierte arbeitete. Um an diese Bilddateien zu gelangen, wollte die Angeklagte C. dem Geschädigten das Mobiltelefon wegnehmen und ihm gleichzeitig einen Denkzettel verpassen. Mit der Behauptung, der Geschädigte drohe ihr, die Fotos ihrer Familie zu zeigen, um sie zur Prostitution zu zwingen, gelang es ihr, die gesondert verfolgten U. und E. sowie die Mitangeklagten T. und O. zur Mithilfe bei der Wegnahme des Handys zu gewinnen. Nach dem abgesprochenen Tatplan wollte die Angeklagte C. den Geschädigten zu einem Feldweg locken, wo ihm die Angeklagten T. und O. sowie die beiden gesondert Verfolgten das Mobiltelefon abnehmen sollten. Auf der gemeinsamen Fahrt besprachen die vier Männer ihr Vorgehen. Sie fassten den Plan, die erwartete Gegenwehr des Geschädigten mit personeller Überlegenheit und Gewalt zu überwinden. Körperverletzungshandlungen zur Wegnahme des Mobiltelefons nahmen sie jedenfalls billigend in Kauf. Außerdem zeigte der Angeklagte T. eine Schusswaffe oder ein Schusswaffenimitat (im Folgenden: die Waffe), wobei Einigkeit bestand, dass dieser Gegenstand jedenfalls zur Drohung eingesetzt werden sollte. Die vier Mittäter beabsichtigten, dem Geschädigten das Handy wegzunehmen und nicht wiederzugeben. Sie wollten es auf etwaige Aufnahmen untersuchen und diese löschen. Danach sollte "jedenfalls" der gesondert verfolgte U. über den Verbleib des Mobiltelefons entscheiden. Während U. in dem abseits geparkten Fahrzeug verblieb, erwarteten die Angeklagten T. und O. sowie der gesondert verfolgte E. den Geschädigten und die Angeklagte C. am verabredeten Ort. Als diese vorfuhren, riss E. die Beifahrertür auf und begann, den Geschädigten aus dem Auto zu zerren. Dabei hielt der Angeklagte T. diesem die Waffe an den Kopf. Dann zog er ihn zusammen mit dem gesondertverfolgten E. aus dem Fahrzeug und schlug mit der Waffe auf den Kopf des Geschädigten ein, wobei E. diesen an den Beinen festhielt. Währenddessen durchsuchte der Angeklagte O. den Geschädigten und das Fahrzeug nach dem Mobiltelefon, fand es schließlich auf dem "Feld" und übergab es dem inzwischen hinzugekommenen U. , der es einsteckte. Das von dem ursprünglichen Tatplan abweichende Vorgehen des Angeklagten T. , der mit der Waffe zuschlug, nahm der Angeklagte O. während der Suche nach dem Mobiltelefon in seinen Vorsatz auf. Auch die Angeklagte C. , die im Vorfeld keine Kenntnis vom beabsichtigten Einsatz dieses Gegenstandes hatte, diesen aber während der von ihr beobachteten Durchsuchung des Geschädigten durch den Angeklagten O. bemerkte, nahm die Verwendung jedenfalls einer Scheinwaffe als Raubmittel in Kauf. Allerdings billigte sie lediglich den Einsatz als Drohmittel, nicht den als Schlaginstrument. Der Verbleib des Handys konnte nicht geklärt werden. Eine Überwachung der IMEINummer ergab, dass das Mobiltelefon einige Wochen später nochmals kurzzeitig in Betrieb genommen worden war.
3
2. Diese Feststellungen belegen nicht, dass die Angeklagten, wie von § 249 Abs. 1 StGB vorausgesetzt, die Absicht hatten, das Mobiltelefon des Geschädigten sich oder einem Dritten zuzueignen. Die Zueignungsabsicht ist gegeben, wenn der Täter im Zeitpunkt der Wegnahme die fremde Sache unter Ausschließung des Eigentümers oder bisherigen Gewahrsamsinhabers körperlich oder wirtschaftlich für sich oder einen Dritten erlangen und sie der Substanz oder dem Sachwert nach seinem Vermögen oder dem eines Dritten "einverleiben" oder zuführen will (BGH, Urteil vom 28. Juni 1961 - 2 StR 184/61, BGHSt 16, 190, 192; Beschluss vom 5. März 1971 - 3 StR 231/69, BGHSt 24, 115, 119; Urteil vom 27. Januar 2011 - 4 StR 502/10, NStZ 2011, 699, 701). An dem für eine Aneignung erforderlichen Willen des Täters, den Bestand seines Vermögens oder den des Vermögens eines Dritten zu ändern, fehlt es dagegen, wenn er das Nötigungsmittel nur zur Erzwingung einer Gebrauchsanmaßung einsetzt oder wenn er die fremde Sache nur wegnimmt, um sie "zu zerstören", "zu vernichten", "preiszugeben", "wegzuwerfen", "beiseite zu schaffen", "zu beschädigen", sie als Druckmittel zur Durchsetzung einer Forderung zu benutzen oder um den Eigentümer durch bloßen Sachentzug zu ärgern (vgl. BGH, Urteile vom 26. September 1984 - 3 StR 367/84, NJW 1985, 812; vom 27. Januar 2011 - 4 StR 502/10, NStZ 2011, 699, 701 jeweils mwN).
4
Nach diesen Maßstäben ist die Zueignungsabsicht der Angeklagten hier nicht belegt. Sie wollten das Handy auf kompromittierende Aufnahmen der Angeklagten C. untersuchen, um diese zu löschen. Was weiter mit dem Handy geschehen sollte, stand zum Tatzeitpunkt hingegen noch nicht fest. Vielmehr sollte erst später über seinen Verbleib entschieden werden. Zwar kann die Zueignungsabsicht auch bei einer Wegnahme mit dem Willen vorhanden sein, die Sache zunächst zu behalten und sich erst später darüber schlüssig zu werden, wie über sie zu verfügen sei (BGH, Urteil vom 25. Oktober 1968 - 4 StR 398/68, GA 1969, 306, 307). Doch ergeben die Feststellungen gerade nicht, dass die Angeklagten zum Zeitpunkt der Wegnahme das Handy - wenn auch nur vorübergehend - über die für die Löschung der Bilder benötigte Zeit hinaus behalten wollten. Dass die von den Angeklagten beabsichtigte Durchsuchung des Speichers und die Identifizierung der dabei aufgefundenen Bilddateien im Rahmen des bestimmungsgemäßen Gebrauchs der Sache lagen, ändert hieran nichts, denn diese führten nicht zu deren Verbrauch (BGH, Beschluss vom 14. Februar 2012 - 3 StR 392/11, NStZ 2012, 627 mwN). Soweit das Landgericht in der rechtlichen Würdigung ausführt, der gesondert verfolgte U. habe das Handy seinem Vermögen einverleiben und in der Folgezeit verkaufen wollen, findet dies weder in den Feststellungen noch in der Beweiswürdigung eine Stütze.
5
Auch eine - bei fehlender Zueignungsabsicht mögliche (vgl. BGH, Urteil vom 5. Juli 1960 - 5 StR 80/60, BGHSt 14, 386) - Strafbarkeit wegen räuberischer Erpressung (§ 253 Abs. 1, § 255 StGB) kommt auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen nicht in Betracht. Die Angeklagten handelten nicht in der Absicht, sich oder einen Dritten zu bereichern. Bloßer Besitz einer Sache bildet einen Vermögensvorteil nur dann, wenn ihm ein eigenständiger wirtschaftlicher Wert zukommt, etwa weil er zu wirtschaftlich messbaren Gebrauchsvorteilen führt, die der Täter oder der Dritte für sich nutzen will. Daran fehlt es nicht nur in den Fällen, in denen der Täter die Sache unmittelbar nach Erlangung vernichten will, sondern auch dann, wenn er den mit seiner Tat verbundenen Vermögensvorteil nur als notwendige oder mögliche Folge seines ausschließlich auf einen anderen Zweck gerichteten Verhaltens hinnimmt (vgl. nur BGH, Urteil vom 27. Januar 2011 - 4 StR 502/10, NStZ 2011, 699, 701; Beschluss vom 14. Februar 2012 - 3 StR 392/11, NStZ 2012, 627).
6
Nach alledem kann das Urteil keinen Bestand haben. Die Sache bedarf vielmehr neuer Verhandlung und Entscheidung.
7
3. Für die neue Verhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
8
a) Rechtsfehlerhaft hat das Landgericht auch die von dem Angeklagten T. mit der Waffe ausgeführten Schläge gegen den Geschädigten dem Angeklagten O. hinsichtlich der tateinheitlich begangenen gemeinschaftlichen Körperverletzung zugerechnet und deshalb neben dem Qualifikationsmerkmal des § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB auch das Merkmal des § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB als verwirklicht angesehen. Ein gemeinsamer Tatplan, der den Einsatz dieses Gegenstandes als Schlagwerkzeug vorsah, bestand nach den Feststellungen nicht. Der Angeklagte O. nahm diesen zwar während der Suche nach dem Handy wahr und nutzte ihn aus, um mit dieser ungestört fortfahren zu können. Seine Beteiligung an den Körperverletzungshandlungen war hingegen zu diesem Zeitpunkt bereits abgeschlossen. Eine Zurechnung der Schläge mit dem Gegenstand lässt sich damit auch nicht mit der vom Landgericht angeführten Erwägung begründen, dass der Angeklagte O. seine Tatausführung fortsetzte, nachdem der Angeklagte T. mit den Schlägen begonnen hatte, und damit die Körperverletzung mittels eines gefährlichen Werkzeuges in seinen Vorsatz mit aufnahm. Denn es ist nicht erkennbar, dass er hierdurch einen täterschaftlichen Beitrag zu den von dem Angeklagten T. mit der Waffe ausgeführten Schlägen leistete oder diese auch nur im Sinne psychischer Beihilfe förderte
9
b) Soweit das Landgericht die Angeklagte C. wegen besonders schweren Raubes verurteilt hat, leidet das Urteil noch an einem weiteren Rechtsfehler: Die Qualifikation des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB ist nur dann erfüllt, wenn der Täter einen objektiv gefährlichen Gegenstand verwendet (BGH, Beschluss vom 17. Juni 1998 - 2 StR 167/98, BGHSt 44, 103). Das ist beim Einsatz von Scheinwaffen, wie er vorliegend nicht ausgeschlossen werden konnte, nicht der Fall (BGH, Beschluss vom 7. Januar 1999 - 4 StR 686/98, StV 1999, 209). Zwar wurde die Waffe bei Tatbegehung auch als Schlagwerkzeug ver- wendet. Dieser Einsatz war aber vom Vorsatz der Angeklagten C. nicht umfasst. Das Landgericht geht vielmehr ausdrücklich davon aus, dass die Angeklagte C. lediglich den Einsatz der möglichen Scheinwaffe als Drohmittel, nicht aber als Schlaginstrument billigte. Mithin stellte sich das Verhalten des Angeklagten T. in Bezug auf sie als Mittäterexzess dar. Ihre Bestrafung wegen besonders schweren Raubes kam damit nicht in Betracht.
Becker Schäfer RiBGH Mayer befindet sich im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Becker Gericke Spaniol

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
5 StR 577/18
vom
11. Dezember 2018
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen schweren Raubes u.a.
hier: Revision des Angeklagten M.
ECLI:DE:BGH:2018:111218B5STR577.18.0

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts am 11. Dezember 2018 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO, § 354 Abs. 1 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten M. wird das Urteil des Landgerichts Dresden vom 17. Mai 2018 – auch bezüglich der Angeklagten K. –
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass die Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Nötigung schuldig sind,
b) im Strafausspruch aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten M. und die nicht revidierende Mitangeklagte K. wegen schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten (Angeklagter M. ) bzw. zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren verurteilt (Angeklagte K. ), wobei es die Vollstreckung letzterer zur Bewährung ausgesetzt hat.
2
Die Revision des Angeklagten M. , mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt, hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO) und ist insofern auf die Angeklagte K. zu erstrecken (§ 357 StPO). Im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

I.


3
Nach den Feststellungen des Landgerichts bestiegen die Angeklagten am 27. September 2016 in Meißen eine S-Bahn. Wenig später betrat die Geschädigte das Abteil und setzte sich lautstark telefonierend wenige Meter vom Angeklagten M. entfernt auf einen Sitzplatz. Nachdem dieser die Geschädigte aufgefordert hatte, das laute Telefonieren zu unterlassen, entwickelte sich ein Wortgefecht mit gegenseitigen Beleidigungen. Als sich die Angeklagten um 23:24 Uhr zum Ausstiegsbereich begaben, um die S-Bahn zu verlassen, belebte sich das Wortgefecht aufs Neue, in dessen Verlauf die Geschädigte den Angeklagten M. bespuckte. Zudem fertigte sie mit ihrem Handy Bildaufnahmen von den Angeklagten an.
4
Der Angeklagte M. fasste nunmehr den Entschluss, sich in den Besitz des Handys der Geschädigten zu bringen, um die Bilder zu löschen. In dieser Absicht führte er einen Tritt in ihre Richtung aus, um ihr das Handy aus der Hand zu treten, traf jedoch das Gesicht der Geschädigten. Unmittelbar darauf zog die Mitangeklagte K. eine mit Bleikugeln gefüllte CO2-Pistole und feuerte zwei Schüsse auf die Geschädigte ab, welche diese an Nasenflügel und Unterarm trafen.
5
Da die Geschädigte weiterhin ihr Handy in der Hand hielt, entschloss sich der Angeklagte, ihr das Handy endgültig wegzunehmen. Er schlug ihr mehrmals mit wuchtigen Faustschlägen auf den Oberkörper und in das Gesicht , wodurch es ihm gelang, das Handy in seinen Gewahrsam zu nehmen. Die Geschädigte erlitt hierbei ein Schädel-Hirn-Trauma ersten Grades und ein Orbitahämatom.
6
Um 23:26 Uhr verließen die Angeklagten die S-Bahn mit dem Handy der Geschädigten. Danach löschten sie die auf dem Handy befindlichen Bilder, auf denen sie abgebildet waren, und legten es unter eine Tanne.

II.


7
1. Die Verurteilung wegen schweren Raubes hat keinen Bestand. Das Landgericht hat eine Zueignungsabsicht der Angeklagten bei der Wegnahme des Handys mit der Begründung angenommen, deren Wille sei zumindest vorübergehend darauf gerichtet gewesen, wie ein Eigentümer über die auf dem Handy gespeicherten Daten zu verfügen. Dies begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
8
Zueignungsabsicht ist gegeben, wenn der Täter im Zeitpunkt der Wegnahme die fremde Sache unter Ausschließung des Eigentümers oder bisherigen Gewahrsamsinhabers körperlich oder wirtschaftlich für sich oder einen Dritten erlangen und sie der Substanz oder dem Sachwert nach seinem Vermögen oder dem eines Dritten „einverleiben“ oder zuführen will (BGH, Urteile vom 28. Juni 1961 – 2 StR 184/61, BGHSt 16, 190, 192; vom 26. September 1984 – 3 StR 367/84, NJW 1985, 812; vom 27. Januar 2011 – 4 StR 502/10, NStZ 2011, 699). An dieser Voraussetzung fehlt es dagegen in Fällen, in denen der Täter die fremde Sache nur wegnimmt, um sie „zu zerstören”, „zu vernichten” , „preiszugeben”, „wegzuwerfen”, „beiseite zu schaffen” oder „zu beschädigen” (BGH, Urteile vom 10. Mai 1977 – 1StR 167/77, NJW 1977, 1460; vom 26. September 1984 – 3 StR 367/84, NJW 1985, 812; vom 27. Januar 2011 – 4 StR 502/10, NStZ 2011, 699 jeweils mwN).
9
Entsprechend verhält es sich in Fällen, in denen der Täter ein Handy lediglich in der Absicht wegnimmt, dort abgespeicherte Bilder zu löschen. Eine Zueignungsabsicht ist in solchen Konstellationen nur dann zu bejahen, wenn der Täter das Handy – wenn auch nur vorübergehend – über die für die Löschung der Bilder benötigte Zeit hinaus behalten will (BGH, Beschluss vom 28. April 2015 – 3 StR 48/15, NStZ-RR 2015, 371; vgl. auch BGH, Beschluss vom 14. Februar 2012 – 3 StR 392/11, NStZ 2012, 627 zur Zueignungsabsicht bei Durchsuchung und Kopieren vom Speicher des entwendeten Handys). Ein auf eine Aneignung gerichteter Wille lässt sich den getroffenen Feststellungen jedoch nicht entnehmen. Er versteht sich auch nicht von selbst. Sowohl der Anlass für die Wegnahme als auch die Besitzaufgabe am Handy kurz nach der Tat sprechen vielmehr dafür, dass die Angeklagten das Handy nicht über den Löschungsvorgang hinaus behalten wollten.
10
2. Da weitere Feststellungen nicht zu erwarten sind, ändert der Senat den Schuldspruch entsprechend ab. § 265 StPO steht dem nicht entgegen, da der Angeklagte sich bei zutreffender rechtlicher Bewertung nicht wirksamer hätte verteidigen können. Eine Verurteilung wegen Datenveränderung gemäß § 303a Abs. 1 StGB scheidet wegen eines insoweit bestehenden Verfahrenshindernisses (vgl. § 303c StGB) aus.
11
3. Der Rechtsfehler führt zur Aufhebung des Strafausspruchs. Die bisherigen , der Bemessung der Freiheitsstrafe zugrunde liegenden Feststellungen sind von dem Rechtsfehler nicht berührt und können deshalb bestehen bleiben. Das neue Tatgericht kann insoweit ergänzende Feststellungen treffen, die hierzu nicht in Widerspruch stehen.
12
Der Senat weist jedoch darauf hin, dass das Landgericht beim Angeklagten M. nach den getroffenen Feststellungen die Qualifikation nach § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB rechtsfehlerhaft angenommen hat. Die Strafkammer ist insofern ersichtlich davon ausgegangen, dass der Verwendung der CO2-Pistole durch die Mitangeklagte K. kein entsprechender gemeinsamer Tatplan zugrunde lag (UA S. 18). Entgegen ihrer Auffassung kommt eine Zurechnung zum Angeklagten M. nach den Grundsätzen der sukzessiven Mittäterschaft jedoch nicht in Betracht, weil der Einsatz der Pistole zum Zeitpunkt der Fortsetzung der Gewalthandlungen durch diesen bereits beendet war (vgl. BGH, Beschluss vom 22. Mai 2013 – 2 StR 14/13, BGHR StGB § 25 Abs 2 Mittäter 37). Die Verwirklichung von § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB hat das Landgericht (auch) beim Angeklagten M. dagegen rechtsfehlerfrei bejaht.

III.


13
Die Änderung des Schuldspruchs und die Aufhebung des Strafausspruches ist gemäß § 357 StPO auf die nicht revidierende Mitangeklagte K. zu erstrecken. Auch deren Verurteilung beruht auf der unzutreffenden Annahme einer Zueignungsabsicht hinsichtlich des entwendeten Handys.
Mutzbauer König RiBGH Dr. Berger ist infolge Urlaubs an der Unterschriftsleistung gehindert. Mutzbauer Mosbacher Köhler
20
(1) Täter - auch Mittäter - kann beim Raub nur sein, wer bei der Wegnahme die Absicht hat, sich oder einem Dritten die fremde Sache rechtswidrig zuzueignen. Hierfür genügt, dass der Täter die fremde Sache unter Ausschließung des Eigentümers oder bisherigen Gewahrsamsinhabers körperlich oder wirtschaftlich für sich oder den Dritten haben und sie der Substanz oder dem Sachwert nach seinem Vermögen oder dem des Dritten “einverleiben” oder zuführen will. Dagegen ist nicht erforderlich, dass der Täter oder der Dritte die Sache auf Dauer behalten soll oder will (BGH, Urteil vom 26. September 1984 - 3 StR 367/84, NJW 1985, 812 mwN).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 400/06
vom
11. Oktober 2006
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung der Beschwerdeführerin am 11. Oktober 2006 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bochum vom 5. Januar 2006
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass die Angeklagte der gefährlichen Körperverletzung in Tateinheit mit Nötigung schuldig ist,
b) im Strafausspruch mit den Feststellungen aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Angeklagte wegen schweren Raubes zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Mit ihrer Revision rügt die Angeklagte die Verletzung sachlichen Rechts. Das Rechtsmittel führt zur Änderung des Schuldspruchs und zur Aufhebung des Strafausspruchs; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
Der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift vom 15. September 2006 ausgeführt: "Die Verurteilung der Angeklagten wegen schweren Raubes hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand.
Die Begründung der Zueignungsabsicht gemäß § 249 Abs. 1 StGB ist nicht frei von Rechtsfehlern. Es begegnet schon Bedenken , dass die Kammer bei der rechtlichen Würdigung von einer 'bedingten' Zueignungsabsicht ausgegangen ist (UA S. 16). Zumindest hinsichtlich der Aneignung der Sache verlangt die Zueignungsabsicht einen zielgerichteten Willen (vgl. Tröndle/Fischer StGB 53. Aufl. § 242 Rdnr. 41). Die Kammer hat darüber hinaus zu Unrecht darauf abgestellt, dass die Angeklagte nach dem gescheiterten Austausch der Handys das Mobiltelefon des Geschädigten F. ihrem Vermögen einverleiben wollte (UA S. 16). § 249 Abs. 1 StGB setzt voraus, dass die Zueignungsabsicht zum Zeitpunkt der Wegnahme besteht. Dies hat die Kammer nicht festgestellt. Den Urteilsgründen ist vielmehr zu entnehmen, dass die Wegnahme des Mobiltelefons vom Geschädigten F. auch aus Sicht der Angeklagten O. nur erfolgte, um es als Druckmittel für die Übergabe des Telefons des Geschädigten B. zu verwenden (UA S. 11). In diesem Fall scheidet ein Handeln in Zueignungsabsicht regelmäßig aus (vgl. BGH StV 1983, S. 329 f. und Senat StV 1999, S. 315 f.). Etwas anderes gilt nur, wenn die weggenommene Sache unabhängig von der Erfüllung der gestellten Forderung behalten oder verwertet werden soll (vgl. BGH StV 1984, S. 422 f.). Dass die Angeklagte dies zum Zeitpunkt der Wegnahme anstrebte, ergibt sich aus dem Urteil nicht. Die billigende Inkaufnahme, dass es dem Geschädigten F. nicht gelingen würde, das geforderte Handy zum vereinbarten Treffpunkt zu bringen (UA S. 11), steht dem nicht entgegen. Diese Vorstellung schließt den Willen zur Rückgabe nicht aus, zumal die Angeklagte die vage Hoffnung hatte, dass der Geschädigte das geforderte Handy besorgen könne (UA S. 15).
Es kann ausgeschlossen werden, dass dazu noch ergänzende Feststellungen getroffen werden können. Es ist kein
Geständnis der Angeklagten dahingehend zu erwarten, dass sie das Handy des Geschädigten F. schon zum Zeitpunkt der Wegnahme unbedingt ihrem eigenen Vermögen einverleiben wollte. Aus den äußeren Umständen kann dieser Schluss nicht gezogen werden. Das spezifische persönliche Interesse der Angeklagten an dem Mobiltelefon des Zeugen B. (UA S. 9) und das Erscheinen der Angeklagten zum Umtauschtermin mit dem entwendeten Handy des Geschädigten F. (UA S. 11) sprechen vielmehr dagegen.
Die Angeklagte ist daher nur der Nötigung gemäß § 240 Abs. 1 und 2 StGB in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung gemäß § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB schuldig. Die Tathandlungen der Mitangeklagten Fa. und C. sind ihr aufgrund des gemeinschaftlichen Tatplans gemäß § 25 Abs. 2 StGB als Mittäterin zuzurechnen (UA S. 15). Das Fehlen eigener Verletzungshandlungen hindert die Bestrafung gemäß § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB nicht. Dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe kann entnommen werden, dass die Angeklagte als Initiatorin des gewaltsamen Übergriffs der Mitangeklagten mit ihrer Präsenz die Abwehr- und Fluchtmöglichkeiten des Geschädigten bewusst verringerte (vgl. BGHSt 47, 383 ff.). Gegen diese Vorwürfe hätte sich die Angeklagte nicht anders verteidigen können. (...)
Die Abänderung des Schuldspruchs hat die Aufhebung des Rechtsfolgenausspruchs zur Folge. Angesichts des geringeren Mindestmaßes der Freiheitsstrafe bei § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB im Vergleich zu § 250 Abs. 3 StGB ist es möglich, dass die Kammer bei richtiger rechtlicher Würdigung eine andere Strafe verhängt hätte."
Dem tritt der Senat bei.
Kuckein Athing Solin-Stojanović
Ernemann Sost-Scheible

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 S t R 4 8 / 1 5
vom
28. April 2015
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen besonders schweren Raubes u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerdeführer
und des Generalbundesanwalts am 28. April 2015 gemäß § 349 Abs. 4
StPO einstimmig beschlossen:
Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil der auswärtigen großen Strafkammer des Landgerichts Kleve in Moers vom 15. Oktober 2014 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagten wegen besonders schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung jeweils zu der Freiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die Revisionen der Angeklagten haben mit der Sachrüge Erfolg. Der Schuldspruch wegen besonders schweren Raubes hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.
2
1. Nach den Feststellungen besaß der Geschädigte auf seinem Handy Aufnahmen der gesondert verfolgten C. , auf denen erkennbar war, dass diese als Prostituierte arbeitete. Um an das Mobiltelefon mitsamt den Bildern zu gelangen, brachte die gesondert verfolgte C. die beiden Angeklagten mit der Behauptung, um sie zur Prostitution zu zwingen drohe ihr der Geschädigte, die Fotos ihrer Familie zu zeigen, zu dem Entschluss, diesem das Handy wegzunehmen. Zusammen mit zwei Mittätern begaben sie sich deshalb zu einem Feldweg, zu dem die gesondert verfolgte C. nach vorheriger Absprache den Geschädigten lockte. Auf der gemeinsamen Fahrt besprachen die vier Täter ihr Vorgehen. Sie fassten den Plan, die erwartete Gegenwehr des Geschädigten mit personeller Überlegenheit und Gewalt zu überwinden. Außerdem zeigte einer der Mittäter eine Schusswaffe oder ein Schusswaffenimitat (im Folgenden: die Waffe), wobei Einigkeit bestand, dass dieser Gegenstand jedenfalls zur Drohung eingesetzt werden sollte. Die Angeklagten beabsichtigten, dem Geschädigten das Handy wegzunehmen und nicht wiederzugeben. Sie wollten es auf etwaige Aufnahmen untersuchen und diese löschen. Danach sollte über den Verbleib des Mobiltelefons entschieden werden. Während der Angeklagte U. in dem abseits geparkten Fahrzeug verblieb, erwarteten der Angeklagte E. und die beiden Mittäter den Geschädigten und die gesondert Verfolgte am verabredeten Ort. Als diese vorfuhren, riss der Angeklagte E. die Beifahrertür auf und forderte den Geschädigten auf, auszusteigen. Dabei hielt ein Mittäter dem Geschädigten die Waffe an den Kopf. Dann zog ihn der Angeklagte E. zusammen mit dem Mittäter aus dem Fahrzeug. Dieser schlug mit der Waffe auf den Kopf des Geschädigten ein, wobei der Angeklagte E. den Geschädigten an den Beinen festhielt. Während der Angeklagte E. die Schläge mit der Waffe billigte und sich in Kenntnis der Schläge weiter an der Tat beteiligte, erschien der Angeklagte U. erst am Tatort, nachdem der Mittäter die Übergriffe beendet hatte. Ein weiterer Mittäter suchte nach dem Mobiltelefon, fand es schließlich auf dem Boden neben dem Beifahrersitz und übergab es dem Angeklagten U. , der es einsteckte. Der Verbleib des Handys konnte nicht geklärt werden. Eine Überwachung der IMEI-Nummer ergab, dass das Mobiltelefon einige Wochen später nochmals kurzzeitig in Betrieb genommen worden war.
3
2. Diese Feststellungen belegen nicht, dass die Angeklagten, wie von § 249 Abs. 1 StGB vorausgesetzt, die Absicht hatten, das Mobiltelefon des Geschädigten sich oder einem Dritten zuzueignen. Die Zueignungsabsicht ist gegeben, wenn der Täter im Zeitpunkt der Wegnahme die fremde Sache unter Ausschließung des Eigentümers oder bisherigen Gewahrsamsinhabers körperlich oder wirtschaftlich für sich oder einen Dritten erlangen und sie der Substanz oder dem Sachwert nach seinem Vermögen oder dem eines Dritten "einverleiben" oder zuführen will (BGH, Urteil vom 28. Juni 1961 - 2 StR 184/61, BGHSt 16, 190, 192; Beschluss vom 5. März 1971 - 3 StR 231/69, BGHSt 24, 115, 119; Urteil vom 27. Januar 2011 - 4 StR 502/10, NStZ 2011, 699, 701). An dem für eine Aneignung erforderlichen Willen des Täters, den Bestand seines Vermögens oder den des Vermögens eines Dritten zu mehren, fehlt es dagegen, wenn er das Nötigungsmittel nur zur Erzwingung einer Gebrauchsanmaßung einsetzt oder wenn er die fremde Sache nur wegnimmt, um sie "zu zerstören", "zu vernichten", "preiszugeben", "wegzuwerfen", "beiseite zu schaffen", "zu beschädigen", sie als Druckmittel zur Durchsetzung einer Forderung zu benutzen oder um den Eigentümer durch bloßen Sachentzug zu ärgern (vgl. BGH, Urteile vom 26. September 1984 - 3 StR 367/84, NJW 1985, 812; vom 27. Januar 2011 - 4 StR 502/10, NStZ 2011, 699, 701 jeweils mwN).
4
Nach diesen Maßstäben ist die Zugeignungsabsicht der Angeklagten hier nicht belegt. Sie wollten das Handy auf kompromittierende Aufnahmen der gesondert verfolgten C. untersuchen, um diese zu löschen. Was weiter mit dem Handy geschehen sollte, stand zum Tatzeitpunkt hingegen noch nicht fest. Vielmehr sollte erst später über seinen Verbleib entschieden werden. Zwar kann die Zueignungsabsicht auch bei einer Wegnahme mit dem Willen vorhanden sein, die Sache zunächst zu behalten und sich erst später darüber schlüssig zu werden, wie über sie zu verfügen sei (BGH, Urteil vom 25. Oktober 1968 - 4 StR 398/68, GA 1969, 306, 307). Doch ergeben die Feststellungen gerade nicht, dass die Angeklagten zum Zeitpunkt der Wegnahme dasHandy - wenn auch nur vorübergehend - über die für die Löschung der Bilder benötigte Zeit hinaus behalten wollten. Dass die von den Angeklagten beabsichtigte Durchsuchung des Speichers und die Identifizierung der dabei aufgefundenen Bilddateien im Rahmen des bestimmungsgemäßen Gebrauchs der Sache lagen, ändert hieran nichts, denn diese führten nicht zu deren Verbrauch (BGH, Beschluss vom 14. Februar 2012 - 3 StR 392/11, NStZ 2012, 627 mwN).
5
Auch eine - bei fehlender Zueignungsabsicht mögliche (vgl. BGH, Urteil vom 5. Juli 1960 - 5 StR 80/60, BGHSt 14, 386) - Strafbarkeit wegen räuberischer Erpressung (§ 253 Abs. 1, § 255 StGB) kommt auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen nicht in Betracht, denn die Angeklagten handelten nicht in der Absicht, sich oder einen Dritten zu bereichern. Bloßer Besitz einer Sache bildet einen Vermögensvorteil nur dann, wenn ihm ein eigenständiger wirtschaftlicher Wert zukommt, etwa weil er zu wirtschaftlich messbaren Gebrauchsvorteilen führt, die der Täter oder der Dritte für sich nutzen will. Daran fehlt es nicht nur in den Fällen, in denen der Täter die Sache unmittelbar nach Erlangung vernichten will, sondern auch dann, wenn er den mit seiner Tat verbundenen Vermögensvorteil nur als notwendige oder mögliche Folge seines ausschließlich auf einen anderen Zweck gerichteten Verhaltens hinnimmt (vgl. nur BGH, Urteil vom 27. Januar 2011 - 4 StR 502/10, NStZ 2011, 699, 701; Beschluss vom 14. Februar 2012 - 3 StR 392/11, NStZ 2012, 627).
6
Nach alledem kann das Urteil keinen Bestand haben. Die Sache bedarf vielmehr neuer Verhandlung und Entscheidung.
7
3. Für die neue Verhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
8
Soweit das Landgericht den Angeklagten U. wegen besonders schweren Raubes verurteilt hat, leidet das Urteil noch an einem weiteren Rechtsfehler: Die Qualifikation des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB ist nur dann erfüllt, wenn der Täter einen objektiv gefährlichen Gegenstand verwendet (BGH, Beschluss vom 17. Juni 1998 - 2 StR 167/98, BGHSt 44, 103). Das ist beim Einsatz von Scheinwaffen, wie er vorliegend nicht ausgeschlossen werden konnte, nicht der Fall (BGH, Beschluss vom 7. Januar 1999 - 4 StR 686/98, StV 1999, 209). Zwar wurde die Waffe bei Tatbegehung auch als Schlagwerkzeug verwendet. Dieser Einsatz war aber vom gemeinsamen Tatplan nicht umfasst und stellte sich mithin in Bezug auf den Angeklagten U. als Mittäterexzess dar. Seine Bestrafung wegen besonders schweren Raubes kam damit nach den getroffenen Feststellungen nicht in Betracht.
Becker Schäfer RiBGH Mayer befindet sich im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Becker Gericke Spaniol

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 S t R 1 4 6 / 1 5
vom
9. Juni 2015
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen besonders schweren Raubes u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerdeführer
und des Generalbundesanwalts am 9. Juni 2015 gemäß § 349 Abs. 4
StPO einstimmig beschlossen:
Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil der auswärtigen großen Strafkammer des Landgerichts Kleve in Moers vom 18. Dezember 2014 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagten wegen besonders schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu Freiheitsstrafen von fünf Jahren und sechs Monaten (T. ), fünf Jahren (C. ) und drei Jahren (O. ) verurteilt. Die Revisionen der Angeklagten haben mit der Sachrüge Erfolg. Der Schuldspruch wegen besonders schweren Raubes hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.
2
1. Nach den Feststellungen besaß der Geschädigte auf seinem Handy Aufnahmen der Angeklagten C. , auf denen erkennbar war, dass diese als Prostituierte arbeitete. Um an diese Bilddateien zu gelangen, wollte die Angeklagte C. dem Geschädigten das Mobiltelefon wegnehmen und ihm gleichzeitig einen Denkzettel verpassen. Mit der Behauptung, der Geschädigte drohe ihr, die Fotos ihrer Familie zu zeigen, um sie zur Prostitution zu zwingen, gelang es ihr, die gesondert verfolgten U. und E. sowie die Mitangeklagten T. und O. zur Mithilfe bei der Wegnahme des Handys zu gewinnen. Nach dem abgesprochenen Tatplan wollte die Angeklagte C. den Geschädigten zu einem Feldweg locken, wo ihm die Angeklagten T. und O. sowie die beiden gesondert Verfolgten das Mobiltelefon abnehmen sollten. Auf der gemeinsamen Fahrt besprachen die vier Männer ihr Vorgehen. Sie fassten den Plan, die erwartete Gegenwehr des Geschädigten mit personeller Überlegenheit und Gewalt zu überwinden. Körperverletzungshandlungen zur Wegnahme des Mobiltelefons nahmen sie jedenfalls billigend in Kauf. Außerdem zeigte der Angeklagte T. eine Schusswaffe oder ein Schusswaffenimitat (im Folgenden: die Waffe), wobei Einigkeit bestand, dass dieser Gegenstand jedenfalls zur Drohung eingesetzt werden sollte. Die vier Mittäter beabsichtigten, dem Geschädigten das Handy wegzunehmen und nicht wiederzugeben. Sie wollten es auf etwaige Aufnahmen untersuchen und diese löschen. Danach sollte "jedenfalls" der gesondert verfolgte U. über den Verbleib des Mobiltelefons entscheiden. Während U. in dem abseits geparkten Fahrzeug verblieb, erwarteten die Angeklagten T. und O. sowie der gesondert verfolgte E. den Geschädigten und die Angeklagte C. am verabredeten Ort. Als diese vorfuhren, riss E. die Beifahrertür auf und begann, den Geschädigten aus dem Auto zu zerren. Dabei hielt der Angeklagte T. diesem die Waffe an den Kopf. Dann zog er ihn zusammen mit dem gesondertverfolgten E. aus dem Fahrzeug und schlug mit der Waffe auf den Kopf des Geschädigten ein, wobei E. diesen an den Beinen festhielt. Währenddessen durchsuchte der Angeklagte O. den Geschädigten und das Fahrzeug nach dem Mobiltelefon, fand es schließlich auf dem "Feld" und übergab es dem inzwischen hinzugekommenen U. , der es einsteckte. Das von dem ursprünglichen Tatplan abweichende Vorgehen des Angeklagten T. , der mit der Waffe zuschlug, nahm der Angeklagte O. während der Suche nach dem Mobiltelefon in seinen Vorsatz auf. Auch die Angeklagte C. , die im Vorfeld keine Kenntnis vom beabsichtigten Einsatz dieses Gegenstandes hatte, diesen aber während der von ihr beobachteten Durchsuchung des Geschädigten durch den Angeklagten O. bemerkte, nahm die Verwendung jedenfalls einer Scheinwaffe als Raubmittel in Kauf. Allerdings billigte sie lediglich den Einsatz als Drohmittel, nicht den als Schlaginstrument. Der Verbleib des Handys konnte nicht geklärt werden. Eine Überwachung der IMEINummer ergab, dass das Mobiltelefon einige Wochen später nochmals kurzzeitig in Betrieb genommen worden war.
3
2. Diese Feststellungen belegen nicht, dass die Angeklagten, wie von § 249 Abs. 1 StGB vorausgesetzt, die Absicht hatten, das Mobiltelefon des Geschädigten sich oder einem Dritten zuzueignen. Die Zueignungsabsicht ist gegeben, wenn der Täter im Zeitpunkt der Wegnahme die fremde Sache unter Ausschließung des Eigentümers oder bisherigen Gewahrsamsinhabers körperlich oder wirtschaftlich für sich oder einen Dritten erlangen und sie der Substanz oder dem Sachwert nach seinem Vermögen oder dem eines Dritten "einverleiben" oder zuführen will (BGH, Urteil vom 28. Juni 1961 - 2 StR 184/61, BGHSt 16, 190, 192; Beschluss vom 5. März 1971 - 3 StR 231/69, BGHSt 24, 115, 119; Urteil vom 27. Januar 2011 - 4 StR 502/10, NStZ 2011, 699, 701). An dem für eine Aneignung erforderlichen Willen des Täters, den Bestand seines Vermögens oder den des Vermögens eines Dritten zu ändern, fehlt es dagegen, wenn er das Nötigungsmittel nur zur Erzwingung einer Gebrauchsanmaßung einsetzt oder wenn er die fremde Sache nur wegnimmt, um sie "zu zerstören", "zu vernichten", "preiszugeben", "wegzuwerfen", "beiseite zu schaffen", "zu beschädigen", sie als Druckmittel zur Durchsetzung einer Forderung zu benutzen oder um den Eigentümer durch bloßen Sachentzug zu ärgern (vgl. BGH, Urteile vom 26. September 1984 - 3 StR 367/84, NJW 1985, 812; vom 27. Januar 2011 - 4 StR 502/10, NStZ 2011, 699, 701 jeweils mwN).
4
Nach diesen Maßstäben ist die Zueignungsabsicht der Angeklagten hier nicht belegt. Sie wollten das Handy auf kompromittierende Aufnahmen der Angeklagten C. untersuchen, um diese zu löschen. Was weiter mit dem Handy geschehen sollte, stand zum Tatzeitpunkt hingegen noch nicht fest. Vielmehr sollte erst später über seinen Verbleib entschieden werden. Zwar kann die Zueignungsabsicht auch bei einer Wegnahme mit dem Willen vorhanden sein, die Sache zunächst zu behalten und sich erst später darüber schlüssig zu werden, wie über sie zu verfügen sei (BGH, Urteil vom 25. Oktober 1968 - 4 StR 398/68, GA 1969, 306, 307). Doch ergeben die Feststellungen gerade nicht, dass die Angeklagten zum Zeitpunkt der Wegnahme das Handy - wenn auch nur vorübergehend - über die für die Löschung der Bilder benötigte Zeit hinaus behalten wollten. Dass die von den Angeklagten beabsichtigte Durchsuchung des Speichers und die Identifizierung der dabei aufgefundenen Bilddateien im Rahmen des bestimmungsgemäßen Gebrauchs der Sache lagen, ändert hieran nichts, denn diese führten nicht zu deren Verbrauch (BGH, Beschluss vom 14. Februar 2012 - 3 StR 392/11, NStZ 2012, 627 mwN). Soweit das Landgericht in der rechtlichen Würdigung ausführt, der gesondert verfolgte U. habe das Handy seinem Vermögen einverleiben und in der Folgezeit verkaufen wollen, findet dies weder in den Feststellungen noch in der Beweiswürdigung eine Stütze.
5
Auch eine - bei fehlender Zueignungsabsicht mögliche (vgl. BGH, Urteil vom 5. Juli 1960 - 5 StR 80/60, BGHSt 14, 386) - Strafbarkeit wegen räuberischer Erpressung (§ 253 Abs. 1, § 255 StGB) kommt auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen nicht in Betracht. Die Angeklagten handelten nicht in der Absicht, sich oder einen Dritten zu bereichern. Bloßer Besitz einer Sache bildet einen Vermögensvorteil nur dann, wenn ihm ein eigenständiger wirtschaftlicher Wert zukommt, etwa weil er zu wirtschaftlich messbaren Gebrauchsvorteilen führt, die der Täter oder der Dritte für sich nutzen will. Daran fehlt es nicht nur in den Fällen, in denen der Täter die Sache unmittelbar nach Erlangung vernichten will, sondern auch dann, wenn er den mit seiner Tat verbundenen Vermögensvorteil nur als notwendige oder mögliche Folge seines ausschließlich auf einen anderen Zweck gerichteten Verhaltens hinnimmt (vgl. nur BGH, Urteil vom 27. Januar 2011 - 4 StR 502/10, NStZ 2011, 699, 701; Beschluss vom 14. Februar 2012 - 3 StR 392/11, NStZ 2012, 627).
6
Nach alledem kann das Urteil keinen Bestand haben. Die Sache bedarf vielmehr neuer Verhandlung und Entscheidung.
7
3. Für die neue Verhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
8
a) Rechtsfehlerhaft hat das Landgericht auch die von dem Angeklagten T. mit der Waffe ausgeführten Schläge gegen den Geschädigten dem Angeklagten O. hinsichtlich der tateinheitlich begangenen gemeinschaftlichen Körperverletzung zugerechnet und deshalb neben dem Qualifikationsmerkmal des § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB auch das Merkmal des § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB als verwirklicht angesehen. Ein gemeinsamer Tatplan, der den Einsatz dieses Gegenstandes als Schlagwerkzeug vorsah, bestand nach den Feststellungen nicht. Der Angeklagte O. nahm diesen zwar während der Suche nach dem Handy wahr und nutzte ihn aus, um mit dieser ungestört fortfahren zu können. Seine Beteiligung an den Körperverletzungshandlungen war hingegen zu diesem Zeitpunkt bereits abgeschlossen. Eine Zurechnung der Schläge mit dem Gegenstand lässt sich damit auch nicht mit der vom Landgericht angeführten Erwägung begründen, dass der Angeklagte O. seine Tatausführung fortsetzte, nachdem der Angeklagte T. mit den Schlägen begonnen hatte, und damit die Körperverletzung mittels eines gefährlichen Werkzeuges in seinen Vorsatz mit aufnahm. Denn es ist nicht erkennbar, dass er hierdurch einen täterschaftlichen Beitrag zu den von dem Angeklagten T. mit der Waffe ausgeführten Schlägen leistete oder diese auch nur im Sinne psychischer Beihilfe förderte
9
b) Soweit das Landgericht die Angeklagte C. wegen besonders schweren Raubes verurteilt hat, leidet das Urteil noch an einem weiteren Rechtsfehler: Die Qualifikation des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB ist nur dann erfüllt, wenn der Täter einen objektiv gefährlichen Gegenstand verwendet (BGH, Beschluss vom 17. Juni 1998 - 2 StR 167/98, BGHSt 44, 103). Das ist beim Einsatz von Scheinwaffen, wie er vorliegend nicht ausgeschlossen werden konnte, nicht der Fall (BGH, Beschluss vom 7. Januar 1999 - 4 StR 686/98, StV 1999, 209). Zwar wurde die Waffe bei Tatbegehung auch als Schlagwerkzeug ver- wendet. Dieser Einsatz war aber vom Vorsatz der Angeklagten C. nicht umfasst. Das Landgericht geht vielmehr ausdrücklich davon aus, dass die Angeklagte C. lediglich den Einsatz der möglichen Scheinwaffe als Drohmittel, nicht aber als Schlaginstrument billigte. Mithin stellte sich das Verhalten des Angeklagten T. in Bezug auf sie als Mittäterexzess dar. Ihre Bestrafung wegen besonders schweren Raubes kam damit nicht in Betracht.
Becker Schäfer RiBGH Mayer befindet sich im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Becker Gericke Spaniol

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 148/18
vom
3. Mai 2018
in der Strafsache
gegen
wegen Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige u.a.
ECLI:DE:BGH:2018:030518B3STR148.18.1

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 3. Mai 2018 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Stade vom 18. Dezember 2017, soweit es ihn betrifft , mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit eine Entscheidung über die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt unterblieben ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in zehn Fällen, Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 18 weiteren Fällen, Besitzes von Betäubungsmitteln in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Beihilfe zum Erwerb von Betäubungsmitteln, sowie Nötigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und vier Monaten verurteilt und in Höhe von 540 € die Einziehung des Werts des Erlangten angeordnet. Dagegen wen- det er sich mit seiner Revision, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Die Verfahrensrüge ist nicht ausgeführt und deshalb unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO).
3
2. Die Nachprüfung des Urteils hat zum Schuld- und Strafausspruch sowie zur Einziehungsentscheidung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
4
3. Das Urteil hält sachlichrechtlicher Überprüfung jedoch nicht stand, soweit eine Entscheidung über die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) unterblieben ist.
5
a) Das Landgericht hat die Maßregel nicht unerörtert lassen dürfen. Der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift hierzu ausgeführt: "Nach den Feststellungen konsumiert der Angeklagte seit seinem 17. Lebensjahr Drogen - teilweise in exzessivem Maße - und beging aufgrund des Drogenkonsums bereits in der Vergangenheit eine Reihe von Straftaten (UA S. 6). Auch nach seiner letzten Haftentlassung war 'sein Alltag weiterhin von erheblichem Konsum von Kokain und Cannabis und von Suchtdruck geprägt' (UA S. 6). Auch wenn er sich zwischenzeitlich von seinem Kokainkonsum 'losgesagt' hat, konsumierte er bis zuletzt täglich 2 Gramm Cannabis (UA S. 7). Angesichts dessen und des Umstandes , dass der Beschwerdeführer die verfahrensgegenständlichen Betäubungsmittelstraftaten zumindest teilweise auch zur Ermöglichung des Eigenkonsums beging, hätte es zwingend einer Auseinandersetzung mit den Voraussetzungen einer Maßregelunterbringung nach § 64 StGB bedurft.
Allerdings kann eine Maßregelanordnung - je nach Verlauf der Unterbringung - wegen der Höchstfrist des § 67d Abs. 1 S. 3 StGB zu einem die Dauer der hier verhängten Freiheitsstrafe deutlich übersteigenden Zeitraum des Freiheitsentzugs führen, weil sich die zweijährige Höchstfrist des § 67d Abs. 1 S. 1 nach Maßgabe des § 67d Abs. 1 S. 3 StGB um die Dauer des nach § 67 Abs. 4 StGB anrechenbaren Teils der Freiheitsstrafe verlängert. Doch hindert diese Möglichkeit und der Umstand, dass nur der Angeklagte Revision eingelegt hat, die spätere Nachholung der Unterbringungsanordnung nicht (§ 358 Abs. 2 S. 3 StPO), sofern der Beschwerdeführer die Nichtanwendung des § 64 StGB durch das Tatgericht nicht vom Rechtsmittelangriff ausgenommen hat oder noch bis zu einer Entscheidung des Revisionsgerichts ausnimmt (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Juni 2017 - 3 StR 97/17)."
6
Dem schließt sich der Senat an.
7
b) Über die Frage der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt muss daher - unter Hinzuziehung eines Sachverständigen (§ 246a StPO) - neu verhandelt und entschieden werden. Der Beschwerdeführer hat die Nichtanwendung des § 64 StGB - auch nach der Stellungnahme des Generalbundesanwalts - nicht vom Rechtsmittelangriff ausgenommen.
8
4. Der aufgezeigte Rechtsfehler lässt den Strafausspruch unberührt. Es ist auszuschließen, dass das Landgericht bei Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt auf eine mildere Strafe erkannt hätte. Anders als der Beschwerdeführer meint, besteht zwischen dieser und der Maßregel grundsätzlich keine notwendige Wechselwirkung; die beiden Rechtsfolgen sollen unab- hängig voneinander bemessen bzw. angeordnet werden (vgl. BGH, Beschluss vom 6. September 2016 - 3 StR 283/16, StV 2018, 358).
Becker Gericke Spaniol
RiBGH Hoch befindet sich im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Berg Becker

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 527/17
vom
16. Januar 2018
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Vergewaltigung u.a.
ECLI:DE:BGH:2018:160118B2STR527.17.0


Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts – zu 2. auf dessen Antrag – am 16. Januar 2018 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO, § 354 Abs. 1 StPO entsprechend
beschlossen:
1. Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Darmstadt vom 18. Juli 2017 im Schuldspruch dahingehend geändert, dass die Angeklagten jeweils der Vergewaltigung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und mit Nötigung schuldig sind.
2. Die weitergehenden Revisionen der Angeklagten werden verworfen.
3. Der Angeklagte R. hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen. Es wird davon abgesehen, dem Angeklagten M. die Kosten seines Rechtsmittels aufzuerlegen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Angeklagten jeweils wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und mit Raub verurteilt. Es hat gegen den zur Tatzeit heranwachsenden Angeklagten M. eineJugendstrafe von drei Jahren und sechs Monaten und gegen den erwachsenen Angeklagten R. eine Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verhängt.
2
Die jeweils auf die Sachrüge gestützten Revisionen der Angeklagten führen zur Abänderung der Schuldsprüche, soweit es die tateinheitliche Verurteilung wegen Raubes betrifft. Insoweit weist die zugrunde liegende Beweiswürdigung Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten auf. Im Übrigen sind die Rechtsmittel unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

I.


3
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts lernten die Angeklagten am Abend des 3. Dezember 2016 die später Geschädigte L. und deren Begleitung, die Zeugin K. , auf der Fahrt mit einem Linienbus in O. zufällig kennen. Aus einem spontanen Entschluss heraus suchten die Angeklagten gemeinsam mit den Zeuginnen L. und K. eine Bar auf und verbrachten dort gemeinsam den Abend.
4
Nach Verlassen der Bar gegen 2.30 Uhr begleiteten die Angeklagten die Zeugin L. auf dem Nachhauseweg. Auf Grund eines spontanen Tatentschlusses kamen die Angeklagten überein, mit der Geschädigten auch gegen deren Willen sexuell zu verkehren. Um ihren Tatplan durchzuführen griffen die Angeklagten die sich einer sexuellen Annährung verweigernde Zeugin an den Armen und zogen sie gewaltsam in einem Parkgelände hinter eine Hecke. M. hielt der Zeugin Mund und Nase zu, so dass sie nicht mehr schreien konnte. R. schlug ihr mehrfach ins Gesicht und drohte ihr, sie umzubringen , wenn sie weiter schreie.
5
Als die Geschädigte während dieses Geschehens von der Zeugin K. angerufen wurde, riss M. der Geschädigten das Mobiltelefon aus der Hand und nahm es im Einverständnis mit dem Angeklagten R. an sich, um zu verhindern, dass die Geschädigte um Hilfe rief. Gleichzeitig hatten beide Angeklagte die Absicht, das Mobiltelefon für sich zu behalten. Es wurde in der Folge von dem Angeklagten R. mit einer eigenen SIM-Karte genutzt.
6
Die Angeklagten warfen die völlig verängstigte Zeugin zu Boden. Während M. die Zeugin festhielt, vollzog der Angeklagte R. den vaginalen Geschlechtsverkehr an der Zeugin. Im Anschluss erzwangen beide Angeklagte den Oralverkehr. Überdies drang der Angeklagte M. mit dem Zeigefinger seiner rechten Hand in die Scheide der Geschädigten ein. Durch zwei Spaziergänger wurden die Angeklagten bei der weiteren Tatbegehung gestört und traten hierauf die Flucht an.
7
2. Die überwiegend geständigen Angeklagten haben ein räuberisches Handeln bestritten. Das Landgericht hat seine Überzeugung, die Angeklagten hätten in dem Moment, als M. der Geschädigten das Telefon entrissen habe, auch beabsichtigt, das Mobiltelefon dauerhaft für sich zu behalten und zu verwenden, auf den Umstand gestützt, dass M. der Geschädigten das Telefon entrissen und R. eingeräumt habe, das Telefon am Tatort an sich genommen und dieses seit dem Tattag genutzt zu haben.

II.


8
Die auf die Sachrüge vorzunehmende umfassende Überprüfung des angefochtenen Urteils führt zu der aus der Beschlussformel ersichtlichen Abänderung des Schuldspruchs. Im Übrigen bleiben die Rechtsmittel ohne Erfolg.
9
Die Strafkammer hat zwar die von ihr getroffene Feststellung, der Angeklagte M. habe, im Einverständnis mit dem Angeklagten R. , das Mobiltelefon der Geschädigten an sich genommen, um zu verhindern, dass die Geschädigte Hilfe holt, hinreichend belegt. Ihre weitergehende Feststellung, beide Angeklagte hätten in diesem Moment auch die Absicht gehabt, dass Mobiltelefon zu behalten und zukünftig für sich zu verwenden, ist jedoch nicht tragfähig begründet.
10
1. Die Beweiswürdigung ist originäre Sache des Tatrichters (§ 261 StPO). Allein ihm obliegt es, die Ergebnisse der Hauptverhandlung festzustellen und abschließend zu würdigen. Seine Schlussfolgerungen müssen nicht zwingend sein. Es genügt, dass sie möglich sind (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 12. Februar 2015 – 4 StR 420/14, NStZ-RR 2015, 148 mwN). Das Revisionsgericht hat die Beweiswürdigung des Tatrichters selbst dann hinzunehmen, wenn eine anderweitige Beurteilung näher gelegen hätte oder überzeugender gewesen wäre (vgl. BGH, Urteil vom 5. Dezember 2013 – 4 StR 371/13, juris Rn. 9; Urteil vom 24. März 2015 – 5 StR 521/14, NStZ-RR 2015, 178, 179). Das Revisionsgericht ist auf die Prüfung beschränkt, ob die Beweiswürdigung des Tatgerichts mit Rechtsfehlern behaftet ist, weil sie Lücken oder Widersprüche aufweist , mit Denkgesetzen oder gesichertem Erfahrungswissen nicht übereinstimmt oder sich so weit von einer Tatsachengrundlage entfernt, dass sich die gezogenen Schlussfolgerungen letztlich als reine Vermutung erweisen (vgl. BGH, Urteil vom 12. Januar 2017 – 1 StR 360/16, BeckRS 2017, 104320; Urteil vom 21. März 2013 – 3 StR 247/12, NStZ 2013, 420, 421 mwN). Zudem bedürfen die Feststellungen der Strafkammer einer tragfähigen Beweisgrundlage (st. Rspr.; BGH, Beschluss vom 5. Dezember 2017 – 4 StR 513/17, juris Rn. 2; KK-Ott, StPO, 7. Aufl., § 261 Rn. 84).
11
2. Diesen Anforderungen genügt das angegriffene Urteil nicht. Die Feststellung der Strafkammer, beide Angeklagte hätten in dem Moment, als der Angeklagte M. der Geschädigten das Mobiltelefon entriss, „gleichzeitig auch die Absicht (gehabt), das Mobiltelefon zu behalten und zukünftig für sich zu verwenden“, erweist sich als nicht tatsachengestützte Schlussfolgerung.
12
Dabei ist das Landgericht im Ansatz rechtlich zutreffend davon ausgegangen , dass die zeitnahe Inbetriebnahme eines fremden Mobiltelefons – nach seiner Erlangung durch Wegnahme – mit einer eigenen SIM-Karte regelmäßig ein Indiz dafür darstellt, dass der Täter bereits zum Zeitpunkt der Wegnahme mit der erforderlichen Zueignungsabsicht handelte. Dies gilt jedenfalls dann, wenn keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Täter die Zueignungsabsicht erst nach der Wegnahme gefasst haben könnte (vgl. hierzu Fischer, StGB, 65. Aufl., § 242 Rn. 43).
13
Vorliegend ermöglichen jedoch allein die Ansichnahme am Tatort und die spätere Nutzung des Mobiltelefons durch den Angeklagten R. nach der konkreten Tat nicht den Schluss auf eine bereits im Zeitpunkt der Wegnahme bei den Angeklagten vorhandene Zueignungsabsicht. Denn der nachträglichen Nutzung kommt für die Frage, zu welchem Zeitpunkt sich die Angeklagten entschlossen , das Mobiltelefon zu behalten und zukünftig für sich zu verwenden, in der konkreten Tatsituation keine hinreichende indizielle Wirkung zu, da Anhaltspunkte bestehen, dass die Angeklagten die Zueignungsabsicht erst nach der Wegnahme gefasst haben könnten.
14
So hat das Landgericht festgestellt, dass der Angeklagte M. der Geschädigten das Telefon entriss, um zu verhindern, dass diese Hilfe herbeirief. Dies könnte dafür sprechen, dass die Angeklagten sich erst nach der weite- ren Tatausführung, beispielsweise nach Verlassen des Tatortes, entschlossen haben, das Mobiltelefon für sich zu behalten.
15
3. Der Senat schließt aus, dass in einer neuen Hauptverhandlung noch weitergehende Feststellungen zur inneren Tatseite getroffen werden können, die zu einer tateinheitlichen Verurteilung wegen Raubes führen könnten. Aus diesem Grund ändert er den Schuldspruch, der im Übrigen keinen Rechtsfehler enthält, dahingehend ab, dass die Angeklagten jeweils der Vergewaltigung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und – im Hinblick auf die gewaltsame Wegnahme des Mobiltelefons – mit Nötigung schuldig sind.
16
Eine darüber hinaus gehende tateinheitliche Verurteilung wegen Unterschlagung des Mobiltelefons hindert die Subsidiaritätsklausel aus § 246 Abs. 1 StGB. Dass es sich bei den verwirklichten Tatbeständen der Vergewaltigung und der gefährlichen Körperverletzung nicht um Zueignungsdelikte handelt, steht der Subsidiarität des Unterschlagungstatbestands nicht entgegen (vgl. BGH, Urteil vom 6. Februar 2002 – 1 StR 513/01, BGHSt 47, 243, 244; Senat, Beschluss vom 13. August 2004 – 2 StR 234/04, juris; BGH, Beschluss vom 24. Juli 2014 – 3 StR 188/14, StraFo 2014, 434).
17
§ 265 Abs. 1 StPO hindert die Änderung der Schuldsprüche nicht, da die Angeklagten sich nicht anders hätten verteidigen können.
18
4. Die Strafaussprüche halten im Ergebnis revisionsrechtlicher Nachprüfung noch stand.
19
a) Zwar hat das Landgericht im Rahmen der Bemessung der Jugendstrafe rechtsfehlerhaft gewürdigt, dass der heranwachsende Angeklagte M. tateinheitlich einen Raub verwirklicht hat. Im Hinblick auf die zahlreichen ge- wichtigen Umstände, die die Kammer zur Schwere seiner Schuld und der Erforderlichkeit einer längeren Gesamterziehung herangezogen hat, schließt der Senat aus, dass das Landgericht ohne den vorliegenden Rechtsfehler zur Verhängung einer niedrigeren Jugendstrafe gekommen wäre.
20
b) Soweit das Landgericht bei der Zumessung der Freiheitsstrafe bezüglich des Angeklagten R. rechtsfehlerhaft zu seinem Nachteil ebenfalls die tateinheitliche Begehung eines Raubes gewürdigt hat, schließt der Senat aus, dass angesichts der verbleibenden gewichtigen Strafschärfungsgründe, insbesondere im Hinblick auf die verwirklichte Vergewaltigung, das Landgericht ohne den aufgezeigten Rechtsfehler eine niedrigere Freiheitsstrafe verhängt hätte.
Krehl Eschelbach Zeng
Grube Schmidt

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
5 StR 577/18
vom
11. Dezember 2018
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen schweren Raubes u.a.
hier: Revision des Angeklagten M.
ECLI:DE:BGH:2018:111218B5STR577.18.0

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts am 11. Dezember 2018 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO, § 354 Abs. 1 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten M. wird das Urteil des Landgerichts Dresden vom 17. Mai 2018 – auch bezüglich der Angeklagten K. –
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass die Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Nötigung schuldig sind,
b) im Strafausspruch aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten M. und die nicht revidierende Mitangeklagte K. wegen schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten (Angeklagter M. ) bzw. zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren verurteilt (Angeklagte K. ), wobei es die Vollstreckung letzterer zur Bewährung ausgesetzt hat.
2
Die Revision des Angeklagten M. , mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt, hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO) und ist insofern auf die Angeklagte K. zu erstrecken (§ 357 StPO). Im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

I.


3
Nach den Feststellungen des Landgerichts bestiegen die Angeklagten am 27. September 2016 in Meißen eine S-Bahn. Wenig später betrat die Geschädigte das Abteil und setzte sich lautstark telefonierend wenige Meter vom Angeklagten M. entfernt auf einen Sitzplatz. Nachdem dieser die Geschädigte aufgefordert hatte, das laute Telefonieren zu unterlassen, entwickelte sich ein Wortgefecht mit gegenseitigen Beleidigungen. Als sich die Angeklagten um 23:24 Uhr zum Ausstiegsbereich begaben, um die S-Bahn zu verlassen, belebte sich das Wortgefecht aufs Neue, in dessen Verlauf die Geschädigte den Angeklagten M. bespuckte. Zudem fertigte sie mit ihrem Handy Bildaufnahmen von den Angeklagten an.
4
Der Angeklagte M. fasste nunmehr den Entschluss, sich in den Besitz des Handys der Geschädigten zu bringen, um die Bilder zu löschen. In dieser Absicht führte er einen Tritt in ihre Richtung aus, um ihr das Handy aus der Hand zu treten, traf jedoch das Gesicht der Geschädigten. Unmittelbar darauf zog die Mitangeklagte K. eine mit Bleikugeln gefüllte CO2-Pistole und feuerte zwei Schüsse auf die Geschädigte ab, welche diese an Nasenflügel und Unterarm trafen.
5
Da die Geschädigte weiterhin ihr Handy in der Hand hielt, entschloss sich der Angeklagte, ihr das Handy endgültig wegzunehmen. Er schlug ihr mehrmals mit wuchtigen Faustschlägen auf den Oberkörper und in das Gesicht , wodurch es ihm gelang, das Handy in seinen Gewahrsam zu nehmen. Die Geschädigte erlitt hierbei ein Schädel-Hirn-Trauma ersten Grades und ein Orbitahämatom.
6
Um 23:26 Uhr verließen die Angeklagten die S-Bahn mit dem Handy der Geschädigten. Danach löschten sie die auf dem Handy befindlichen Bilder, auf denen sie abgebildet waren, und legten es unter eine Tanne.

II.


7
1. Die Verurteilung wegen schweren Raubes hat keinen Bestand. Das Landgericht hat eine Zueignungsabsicht der Angeklagten bei der Wegnahme des Handys mit der Begründung angenommen, deren Wille sei zumindest vorübergehend darauf gerichtet gewesen, wie ein Eigentümer über die auf dem Handy gespeicherten Daten zu verfügen. Dies begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
8
Zueignungsabsicht ist gegeben, wenn der Täter im Zeitpunkt der Wegnahme die fremde Sache unter Ausschließung des Eigentümers oder bisherigen Gewahrsamsinhabers körperlich oder wirtschaftlich für sich oder einen Dritten erlangen und sie der Substanz oder dem Sachwert nach seinem Vermögen oder dem eines Dritten „einverleiben“ oder zuführen will (BGH, Urteile vom 28. Juni 1961 – 2 StR 184/61, BGHSt 16, 190, 192; vom 26. September 1984 – 3 StR 367/84, NJW 1985, 812; vom 27. Januar 2011 – 4 StR 502/10, NStZ 2011, 699). An dieser Voraussetzung fehlt es dagegen in Fällen, in denen der Täter die fremde Sache nur wegnimmt, um sie „zu zerstören”, „zu vernichten” , „preiszugeben”, „wegzuwerfen”, „beiseite zu schaffen” oder „zu beschädigen” (BGH, Urteile vom 10. Mai 1977 – 1StR 167/77, NJW 1977, 1460; vom 26. September 1984 – 3 StR 367/84, NJW 1985, 812; vom 27. Januar 2011 – 4 StR 502/10, NStZ 2011, 699 jeweils mwN).
9
Entsprechend verhält es sich in Fällen, in denen der Täter ein Handy lediglich in der Absicht wegnimmt, dort abgespeicherte Bilder zu löschen. Eine Zueignungsabsicht ist in solchen Konstellationen nur dann zu bejahen, wenn der Täter das Handy – wenn auch nur vorübergehend – über die für die Löschung der Bilder benötigte Zeit hinaus behalten will (BGH, Beschluss vom 28. April 2015 – 3 StR 48/15, NStZ-RR 2015, 371; vgl. auch BGH, Beschluss vom 14. Februar 2012 – 3 StR 392/11, NStZ 2012, 627 zur Zueignungsabsicht bei Durchsuchung und Kopieren vom Speicher des entwendeten Handys). Ein auf eine Aneignung gerichteter Wille lässt sich den getroffenen Feststellungen jedoch nicht entnehmen. Er versteht sich auch nicht von selbst. Sowohl der Anlass für die Wegnahme als auch die Besitzaufgabe am Handy kurz nach der Tat sprechen vielmehr dafür, dass die Angeklagten das Handy nicht über den Löschungsvorgang hinaus behalten wollten.
10
2. Da weitere Feststellungen nicht zu erwarten sind, ändert der Senat den Schuldspruch entsprechend ab. § 265 StPO steht dem nicht entgegen, da der Angeklagte sich bei zutreffender rechtlicher Bewertung nicht wirksamer hätte verteidigen können. Eine Verurteilung wegen Datenveränderung gemäß § 303a Abs. 1 StGB scheidet wegen eines insoweit bestehenden Verfahrenshindernisses (vgl. § 303c StGB) aus.
11
3. Der Rechtsfehler führt zur Aufhebung des Strafausspruchs. Die bisherigen , der Bemessung der Freiheitsstrafe zugrunde liegenden Feststellungen sind von dem Rechtsfehler nicht berührt und können deshalb bestehen bleiben. Das neue Tatgericht kann insoweit ergänzende Feststellungen treffen, die hierzu nicht in Widerspruch stehen.
12
Der Senat weist jedoch darauf hin, dass das Landgericht beim Angeklagten M. nach den getroffenen Feststellungen die Qualifikation nach § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB rechtsfehlerhaft angenommen hat. Die Strafkammer ist insofern ersichtlich davon ausgegangen, dass der Verwendung der CO2-Pistole durch die Mitangeklagte K. kein entsprechender gemeinsamer Tatplan zugrunde lag (UA S. 18). Entgegen ihrer Auffassung kommt eine Zurechnung zum Angeklagten M. nach den Grundsätzen der sukzessiven Mittäterschaft jedoch nicht in Betracht, weil der Einsatz der Pistole zum Zeitpunkt der Fortsetzung der Gewalthandlungen durch diesen bereits beendet war (vgl. BGH, Beschluss vom 22. Mai 2013 – 2 StR 14/13, BGHR StGB § 25 Abs 2 Mittäter 37). Die Verwirklichung von § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB hat das Landgericht (auch) beim Angeklagten M. dagegen rechtsfehlerfrei bejaht.

III.


13
Die Änderung des Schuldspruchs und die Aufhebung des Strafausspruches ist gemäß § 357 StPO auf die nicht revidierende Mitangeklagte K. zu erstrecken. Auch deren Verurteilung beruht auf der unzutreffenden Annahme einer Zueignungsabsicht hinsichtlich des entwendeten Handys.
Mutzbauer König RiBGH Dr. Berger ist infolge Urlaubs an der Unterschriftsleistung gehindert. Mutzbauer Mosbacher Köhler

(1) Wer einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt und dadurch dem Vermögen des Genötigten oder eines anderen Nachteil zufügt, um sich oder einen Dritten zu Unrecht zu bereichern, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Rechtswidrig ist die Tat, wenn die Anwendung der Gewalt oder die Androhung des Übels zu dem angestrebten Zweck als verwerflich anzusehen ist.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung einer Erpressung verbunden hat.

Wird die Erpressung durch Gewalt gegen eine Person oder unter Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben begangen, so ist der Täter gleich einem Räuber zu bestrafen.

20
(1) Täter - auch Mittäter - kann beim Raub nur sein, wer bei der Wegnahme die Absicht hat, sich oder einem Dritten die fremde Sache rechtswidrig zuzueignen. Hierfür genügt, dass der Täter die fremde Sache unter Ausschließung des Eigentümers oder bisherigen Gewahrsamsinhabers körperlich oder wirtschaftlich für sich oder den Dritten haben und sie der Substanz oder dem Sachwert nach seinem Vermögen oder dem des Dritten “einverleiben” oder zuführen will. Dagegen ist nicht erforderlich, dass der Täter oder der Dritte die Sache auf Dauer behalten soll oder will (BGH, Urteil vom 26. September 1984 - 3 StR 367/84, NJW 1985, 812 mwN).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 S t R 1 4 6 / 1 5
vom
9. Juni 2015
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen besonders schweren Raubes u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerdeführer
und des Generalbundesanwalts am 9. Juni 2015 gemäß § 349 Abs. 4
StPO einstimmig beschlossen:
Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil der auswärtigen großen Strafkammer des Landgerichts Kleve in Moers vom 18. Dezember 2014 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagten wegen besonders schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu Freiheitsstrafen von fünf Jahren und sechs Monaten (T. ), fünf Jahren (C. ) und drei Jahren (O. ) verurteilt. Die Revisionen der Angeklagten haben mit der Sachrüge Erfolg. Der Schuldspruch wegen besonders schweren Raubes hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.
2
1. Nach den Feststellungen besaß der Geschädigte auf seinem Handy Aufnahmen der Angeklagten C. , auf denen erkennbar war, dass diese als Prostituierte arbeitete. Um an diese Bilddateien zu gelangen, wollte die Angeklagte C. dem Geschädigten das Mobiltelefon wegnehmen und ihm gleichzeitig einen Denkzettel verpassen. Mit der Behauptung, der Geschädigte drohe ihr, die Fotos ihrer Familie zu zeigen, um sie zur Prostitution zu zwingen, gelang es ihr, die gesondert verfolgten U. und E. sowie die Mitangeklagten T. und O. zur Mithilfe bei der Wegnahme des Handys zu gewinnen. Nach dem abgesprochenen Tatplan wollte die Angeklagte C. den Geschädigten zu einem Feldweg locken, wo ihm die Angeklagten T. und O. sowie die beiden gesondert Verfolgten das Mobiltelefon abnehmen sollten. Auf der gemeinsamen Fahrt besprachen die vier Männer ihr Vorgehen. Sie fassten den Plan, die erwartete Gegenwehr des Geschädigten mit personeller Überlegenheit und Gewalt zu überwinden. Körperverletzungshandlungen zur Wegnahme des Mobiltelefons nahmen sie jedenfalls billigend in Kauf. Außerdem zeigte der Angeklagte T. eine Schusswaffe oder ein Schusswaffenimitat (im Folgenden: die Waffe), wobei Einigkeit bestand, dass dieser Gegenstand jedenfalls zur Drohung eingesetzt werden sollte. Die vier Mittäter beabsichtigten, dem Geschädigten das Handy wegzunehmen und nicht wiederzugeben. Sie wollten es auf etwaige Aufnahmen untersuchen und diese löschen. Danach sollte "jedenfalls" der gesondert verfolgte U. über den Verbleib des Mobiltelefons entscheiden. Während U. in dem abseits geparkten Fahrzeug verblieb, erwarteten die Angeklagten T. und O. sowie der gesondert verfolgte E. den Geschädigten und die Angeklagte C. am verabredeten Ort. Als diese vorfuhren, riss E. die Beifahrertür auf und begann, den Geschädigten aus dem Auto zu zerren. Dabei hielt der Angeklagte T. diesem die Waffe an den Kopf. Dann zog er ihn zusammen mit dem gesondertverfolgten E. aus dem Fahrzeug und schlug mit der Waffe auf den Kopf des Geschädigten ein, wobei E. diesen an den Beinen festhielt. Währenddessen durchsuchte der Angeklagte O. den Geschädigten und das Fahrzeug nach dem Mobiltelefon, fand es schließlich auf dem "Feld" und übergab es dem inzwischen hinzugekommenen U. , der es einsteckte. Das von dem ursprünglichen Tatplan abweichende Vorgehen des Angeklagten T. , der mit der Waffe zuschlug, nahm der Angeklagte O. während der Suche nach dem Mobiltelefon in seinen Vorsatz auf. Auch die Angeklagte C. , die im Vorfeld keine Kenntnis vom beabsichtigten Einsatz dieses Gegenstandes hatte, diesen aber während der von ihr beobachteten Durchsuchung des Geschädigten durch den Angeklagten O. bemerkte, nahm die Verwendung jedenfalls einer Scheinwaffe als Raubmittel in Kauf. Allerdings billigte sie lediglich den Einsatz als Drohmittel, nicht den als Schlaginstrument. Der Verbleib des Handys konnte nicht geklärt werden. Eine Überwachung der IMEINummer ergab, dass das Mobiltelefon einige Wochen später nochmals kurzzeitig in Betrieb genommen worden war.
3
2. Diese Feststellungen belegen nicht, dass die Angeklagten, wie von § 249 Abs. 1 StGB vorausgesetzt, die Absicht hatten, das Mobiltelefon des Geschädigten sich oder einem Dritten zuzueignen. Die Zueignungsabsicht ist gegeben, wenn der Täter im Zeitpunkt der Wegnahme die fremde Sache unter Ausschließung des Eigentümers oder bisherigen Gewahrsamsinhabers körperlich oder wirtschaftlich für sich oder einen Dritten erlangen und sie der Substanz oder dem Sachwert nach seinem Vermögen oder dem eines Dritten "einverleiben" oder zuführen will (BGH, Urteil vom 28. Juni 1961 - 2 StR 184/61, BGHSt 16, 190, 192; Beschluss vom 5. März 1971 - 3 StR 231/69, BGHSt 24, 115, 119; Urteil vom 27. Januar 2011 - 4 StR 502/10, NStZ 2011, 699, 701). An dem für eine Aneignung erforderlichen Willen des Täters, den Bestand seines Vermögens oder den des Vermögens eines Dritten zu ändern, fehlt es dagegen, wenn er das Nötigungsmittel nur zur Erzwingung einer Gebrauchsanmaßung einsetzt oder wenn er die fremde Sache nur wegnimmt, um sie "zu zerstören", "zu vernichten", "preiszugeben", "wegzuwerfen", "beiseite zu schaffen", "zu beschädigen", sie als Druckmittel zur Durchsetzung einer Forderung zu benutzen oder um den Eigentümer durch bloßen Sachentzug zu ärgern (vgl. BGH, Urteile vom 26. September 1984 - 3 StR 367/84, NJW 1985, 812; vom 27. Januar 2011 - 4 StR 502/10, NStZ 2011, 699, 701 jeweils mwN).
4
Nach diesen Maßstäben ist die Zueignungsabsicht der Angeklagten hier nicht belegt. Sie wollten das Handy auf kompromittierende Aufnahmen der Angeklagten C. untersuchen, um diese zu löschen. Was weiter mit dem Handy geschehen sollte, stand zum Tatzeitpunkt hingegen noch nicht fest. Vielmehr sollte erst später über seinen Verbleib entschieden werden. Zwar kann die Zueignungsabsicht auch bei einer Wegnahme mit dem Willen vorhanden sein, die Sache zunächst zu behalten und sich erst später darüber schlüssig zu werden, wie über sie zu verfügen sei (BGH, Urteil vom 25. Oktober 1968 - 4 StR 398/68, GA 1969, 306, 307). Doch ergeben die Feststellungen gerade nicht, dass die Angeklagten zum Zeitpunkt der Wegnahme das Handy - wenn auch nur vorübergehend - über die für die Löschung der Bilder benötigte Zeit hinaus behalten wollten. Dass die von den Angeklagten beabsichtigte Durchsuchung des Speichers und die Identifizierung der dabei aufgefundenen Bilddateien im Rahmen des bestimmungsgemäßen Gebrauchs der Sache lagen, ändert hieran nichts, denn diese führten nicht zu deren Verbrauch (BGH, Beschluss vom 14. Februar 2012 - 3 StR 392/11, NStZ 2012, 627 mwN). Soweit das Landgericht in der rechtlichen Würdigung ausführt, der gesondert verfolgte U. habe das Handy seinem Vermögen einverleiben und in der Folgezeit verkaufen wollen, findet dies weder in den Feststellungen noch in der Beweiswürdigung eine Stütze.
5
Auch eine - bei fehlender Zueignungsabsicht mögliche (vgl. BGH, Urteil vom 5. Juli 1960 - 5 StR 80/60, BGHSt 14, 386) - Strafbarkeit wegen räuberischer Erpressung (§ 253 Abs. 1, § 255 StGB) kommt auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen nicht in Betracht. Die Angeklagten handelten nicht in der Absicht, sich oder einen Dritten zu bereichern. Bloßer Besitz einer Sache bildet einen Vermögensvorteil nur dann, wenn ihm ein eigenständiger wirtschaftlicher Wert zukommt, etwa weil er zu wirtschaftlich messbaren Gebrauchsvorteilen führt, die der Täter oder der Dritte für sich nutzen will. Daran fehlt es nicht nur in den Fällen, in denen der Täter die Sache unmittelbar nach Erlangung vernichten will, sondern auch dann, wenn er den mit seiner Tat verbundenen Vermögensvorteil nur als notwendige oder mögliche Folge seines ausschließlich auf einen anderen Zweck gerichteten Verhaltens hinnimmt (vgl. nur BGH, Urteil vom 27. Januar 2011 - 4 StR 502/10, NStZ 2011, 699, 701; Beschluss vom 14. Februar 2012 - 3 StR 392/11, NStZ 2012, 627).
6
Nach alledem kann das Urteil keinen Bestand haben. Die Sache bedarf vielmehr neuer Verhandlung und Entscheidung.
7
3. Für die neue Verhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
8
a) Rechtsfehlerhaft hat das Landgericht auch die von dem Angeklagten T. mit der Waffe ausgeführten Schläge gegen den Geschädigten dem Angeklagten O. hinsichtlich der tateinheitlich begangenen gemeinschaftlichen Körperverletzung zugerechnet und deshalb neben dem Qualifikationsmerkmal des § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB auch das Merkmal des § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB als verwirklicht angesehen. Ein gemeinsamer Tatplan, der den Einsatz dieses Gegenstandes als Schlagwerkzeug vorsah, bestand nach den Feststellungen nicht. Der Angeklagte O. nahm diesen zwar während der Suche nach dem Handy wahr und nutzte ihn aus, um mit dieser ungestört fortfahren zu können. Seine Beteiligung an den Körperverletzungshandlungen war hingegen zu diesem Zeitpunkt bereits abgeschlossen. Eine Zurechnung der Schläge mit dem Gegenstand lässt sich damit auch nicht mit der vom Landgericht angeführten Erwägung begründen, dass der Angeklagte O. seine Tatausführung fortsetzte, nachdem der Angeklagte T. mit den Schlägen begonnen hatte, und damit die Körperverletzung mittels eines gefährlichen Werkzeuges in seinen Vorsatz mit aufnahm. Denn es ist nicht erkennbar, dass er hierdurch einen täterschaftlichen Beitrag zu den von dem Angeklagten T. mit der Waffe ausgeführten Schlägen leistete oder diese auch nur im Sinne psychischer Beihilfe förderte
9
b) Soweit das Landgericht die Angeklagte C. wegen besonders schweren Raubes verurteilt hat, leidet das Urteil noch an einem weiteren Rechtsfehler: Die Qualifikation des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB ist nur dann erfüllt, wenn der Täter einen objektiv gefährlichen Gegenstand verwendet (BGH, Beschluss vom 17. Juni 1998 - 2 StR 167/98, BGHSt 44, 103). Das ist beim Einsatz von Scheinwaffen, wie er vorliegend nicht ausgeschlossen werden konnte, nicht der Fall (BGH, Beschluss vom 7. Januar 1999 - 4 StR 686/98, StV 1999, 209). Zwar wurde die Waffe bei Tatbegehung auch als Schlagwerkzeug ver- wendet. Dieser Einsatz war aber vom Vorsatz der Angeklagten C. nicht umfasst. Das Landgericht geht vielmehr ausdrücklich davon aus, dass die Angeklagte C. lediglich den Einsatz der möglichen Scheinwaffe als Drohmittel, nicht aber als Schlaginstrument billigte. Mithin stellte sich das Verhalten des Angeklagten T. in Bezug auf sie als Mittäterexzess dar. Ihre Bestrafung wegen besonders schweren Raubes kam damit nicht in Betracht.
Becker Schäfer RiBGH Mayer befindet sich im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Becker Gericke Spaniol

(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer

1.
entgegen § 2 Absatz 3 in Verbindung mit Anlage 2 Abschnitt 1 Nr. 1.1 oder 1.3.4 eine dort genannte Schusswaffe oder einen dort genannten Gegenstand erwirbt, besitzt, überlässt, führt, verbringt, mitnimmt, herstellt, bearbeitet, instand setzt oder damit Handel treibt,
2.
ohne Erlaubnis nach
a)
§ 2 Abs. 2 in Verbindung mit Anlage 2 Abschnitt 2 Unterabschnitt 1 Satz 1, eine Schusswaffe oder Munition erwirbt, um sie entgegen § 34 Abs. 1 Satz 1 einem Nichtberechtigten zu überlassen,
b)
§ 2 Abs. 2 in Verbindung mit Anlage 2 Abschnitt 2 Unterabschnitt 1 Satz 1, eine halbautomatische Kurzwaffe zum Verschießen von Patronenmunition nach Anlage 1 Abschnitt 1 Unterabschnitt 3 Nr. 1.1 erwirbt, besitzt oder führt,
c)
§ 2 Abs. 2 in Verbindung mit Anlage 2 Abschnitt 2 Unterabschnitt 1 Satz 1 in Verbindung mit § 21 Abs. 1 Satz 1 oder § 21a eine Schusswaffe oder Munition herstellt, bearbeitet, instand setzt oder damit Handel treibt,
d)
§ 2 Abs. 2 in Verbindung mit Anlage 2 Abschnitt 2 Unterabschnitt 1 Satz 1 in Verbindung mit § 29 Absatz 1 Satz 1 oder § 32 Absatz 1 Satz 1 eine Schusswaffe oder Munition in den oder durch den Geltungsbereich dieses Gesetzes verbringt oder mitnimmt,
3.
entgegen § 35 Abs. 3 Satz 1 eine Schusswaffe, Munition oder eine Hieb- oder Stoßwaffe im Reisegewerbe oder auf einer dort genannten Veranstaltung vertreibt oder anderen überlässt oder
4.
entgegen § 40 Abs. 1 zur Herstellung eines dort genannten Gegenstandes anleitet oder auffordert.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
entgegen § 2 Absatz 3 in Verbindung mit Anlage 2 Abschnitt 1 Nummer 1.2.2 bis 1.2.4.2, 1.2.5, 1.3.1 bis 1.3.3, 1.3.5 bis 1.3.8, 1.4.1 Satz 1, Nr. 1.4.2 bis 1.4.4 oder 1.5.3 bis 1.5.7 einen dort genannten Gegenstand erwirbt, besitzt, überlässt, führt, verbringt, mitnimmt, herstellt, bearbeitet, instand setzt oder damit Handel treibt,
2.
ohne Erlaubnis nach § 2 Abs. 2 in Verbindung mit Anlage 2 Abschnitt 2 Unterabschnitt 1 Satz 1
a)
eine Schusswaffe erwirbt, besitzt, führt oder
b)
Munition erwirbt oder besitzt,
wenn die Tat nicht in Absatz 1 Nr. 2 Buchstabe a oder b mit Strafe bedroht ist,
3.
ohne Erlaubnis nach § 2 Abs. 2 in Verbindung mit Anlage 2 Abschnitt 2 Unterabschnitt 1 Satz 1 in Verbindung mit § 26 Abs. 1 Satz 1 eine Schusswaffe herstellt, bearbeitet oder instand setzt,
4.
ohne Erlaubnis nach § 2 Absatz 2 in Verbindung mit Anlage 2 Abschnitt 2 Unterabschnitt 1 Satz 1 in Verbindung mit
a)
§ 29 Absatz 1 Satz 1 eine dort genannte Schusswaffe oder Munition aus dem Geltungsbereich dieses Gesetzes in einen anderen Mitgliedstaat verbringt oder
b)
§ 32 Absatz 1a Satz 1 eine dort genannte Schusswaffe oder Munition in einen anderen Mitgliedstaat mitnimmt,
5.
entgegen § 28 Abs. 2 Satz 1 eine Schusswaffe führt,
6.
entgegen § 28 Abs. 3 Satz 2 eine Schusswaffe oder Munition überlässt,
7.
entgegen § 34 Abs. 1 Satz 1 eine erlaubnispflichtige Schusswaffe oder erlaubnispflichtige Munition einem Nichtberechtigten überlässt,
7a.
entgegen § 36 Absatz 1 Satz 1 in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 36 Absatz 5 Satz 1 eine dort genannte Vorkehrung für eine Schusswaffe nicht, nicht richtig oder nicht rechtzeitig trifft und dadurch die Gefahr verursacht, dass eine Schusswaffe oder Munition abhandenkommt oder darauf unbefugt zugegriffen wird,
8.
einer vollziehbaren Anordnung nach § 41 Abs. 1 Satz 1 oder Abs. 2 zuwiderhandelt,
9.
entgegen § 42 Abs. 1 eine Waffe führt oder
10
entgegen § 57 Abs. 5 Satz 1 den Besitz über eine Schusswaffe oder Munition ausübt.

(4) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1, 2 Buchstabe b, c oder d oder Nr. 3 oder des Absatzes 3 Nummer 1 bis 7, 8, 9 oder 10 fahrlässig, so ist die Strafe bei den bezeichneten Taten nach Absatz 1 Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe, bei Taten nach Absatz 3 Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(5) In besonders schweren Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Straftaten verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitgliedes handelt.

(6) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe.

(1) Dieses Gesetz regelt den Umgang mit Waffen oder Munition unter Berücksichtigung der Belange der öffentlichen Sicherheit und Ordnung.

(2) Waffen sind

1.
Schusswaffen oder ihnen gleichgestellte Gegenstände und
2.
tragbare Gegenstände,
a)
die ihrem Wesen nach dazu bestimmt sind, die Angriffs- oder Abwehrfähigkeit von Menschen zu beseitigen oder herabzusetzen, insbesondere Hieb- und Stoßwaffen;
b)
die, ohne dazu bestimmt zu sein, insbesondere wegen ihrer Beschaffenheit, Handhabung oder Wirkungsweise geeignet sind, die Angriffs- oder Abwehrfähigkeit von Menschen zu beseitigen oder herabzusetzen, und die in diesem Gesetz genannt sind.

(3) Umgang mit einer Waffe oder Munition hat, wer diese erwirbt, besitzt, überlässt, führt, verbringt, mitnimmt, damit schießt, herstellt, bearbeitet, instand setzt oder damit Handel treibt. Umgang mit einer Schusswaffe hat auch, wer diese unbrauchbar macht.

(4) Die Begriffe der Waffen und Munition sowie die Einstufung von Gegenständen nach Absatz 2 Nr. 2 Buchstabe b als Waffen, die Begriffe der Arten des Umgangs und sonstige waffenrechtliche Begriffe sind in der Anlage 1 (Begriffsbestimmungen) zu diesem Gesetz näher geregelt.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 226/09
vom
13. August 2009
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung u. a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am
13. August 2009 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Hannover vom 3. Februar 2009 im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte der gefährlichen Körperverletzung und des Führens einer halbautomatischen Kurzwaffe schuldig ist. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen. 3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die dem Nebenkläger im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung sowie wegen Besitzes und Führens einer halbautomatischen Kurzwaffe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und zwei Monaten verurteilt. Die hiergegen gerichtete, auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist sie aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
Nach den Feststellungen des Landgerichts führte der Angeklagte in seinem PKW eine ungeladene Selbstladepistole ZASTAVA, Modell M 57, 7,62 mm TOKAREV, bei sich. Diese warf er in ein fremdes Gartengrundstück, nachdem er die gefährliche Körperverletzung zum Nachteil des Zeugen K. begangen hatte und deshalb mit einer alsbaldigen Strafverfolgung rechnete.
3
Diese Feststellungen belegen lediglich, dass der Angeklagte sich wegen Führens einer halbautomatischen Kurzwaffe strafbar gemacht hat (§ 52 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b 3. Alt. WaffG); sie tragen jedoch die tateinheitliche Verurteilung wegen Besitzes einer solchen Waffe (§ 52 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b 1. Alt. WaffG) nicht. Übt der Täter die tatsächliche Gewalt über eine Waffe wie hier außerhalb der eigenen Wohnung, Geschäftsräume oder des eigenen befriedeten Besitztums aus, so führt er sie (s. Anl. 1 zu § 1 Abs. 4 WaffG Abschnitt 2. Ziffer 4.; vgl. auch Pauckstadt-Maihold in Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze WaffG § 52 Rdn. 13; § 1 Rdn. 26). Eine Verurteilung wegen tateinheitlich verwirklichten Besitzes der Waffe kommt nur in Betracht, wenn festgestellt ist, dass der Täter die tatsächliche Gewalt über sie auch innerhalb der bezeichneten Örtlichkeiten ausgeübt hat. Daran fehlt es hier.
4
Der Senat schließt aus, dass in einer neuen Hauptverhandlung weitergehende Feststellungen getroffen werden könnten, die den tateinheitlich verwirklichten Besitz der Waffe im Sinne des § 52 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b 1. Alt. WaffG belegen. Er ändert deshalb den Schuldspruch in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO selbst ab.
5
Der Strafausspruch kann bestehen bleiben. Der Senat kann ebenfalls ausschließen, dass das Landgericht bei zutreffender rechtlicher Würdigung einen minder schweren Fall nach § 52 Abs. 6 WaffG angenommen und auf eine geringere Einzel- oder Gesamtstrafe erkannt hätte. Zum einen werden der Unrechts - und Schuldgehalt der Tat durch die Änderung der rechtlichen Bewertung nicht beeinträchtigt. Zum anderen hat das Landgericht weder bei der Wahl des Strafrahmens noch bei der Zumessung der Einzel- oder Gesamtstrafe zum Nachteil des Angeklagten berücksichtigt, dass dieser zwei Tatbestandsalternativen verwirklicht habe.
6
Der nur geringfügige Erfolg der Revision macht es nicht unbillig, den Angeklagten mit der Gebühr für das Revisionsverfahren, seinen entstandenen Auslagen und den notwendigen Auslagen des Nebenklägers zu belasten (§ 473 Abs. 4 StPO). Becker Pfister RiBGH von Lienen befindet sich im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Becker Schäfer Hubert

(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer

1.
entgegen § 2 Absatz 3 in Verbindung mit Anlage 2 Abschnitt 1 Nr. 1.1 oder 1.3.4 eine dort genannte Schusswaffe oder einen dort genannten Gegenstand erwirbt, besitzt, überlässt, führt, verbringt, mitnimmt, herstellt, bearbeitet, instand setzt oder damit Handel treibt,
2.
ohne Erlaubnis nach
a)
§ 2 Abs. 2 in Verbindung mit Anlage 2 Abschnitt 2 Unterabschnitt 1 Satz 1, eine Schusswaffe oder Munition erwirbt, um sie entgegen § 34 Abs. 1 Satz 1 einem Nichtberechtigten zu überlassen,
b)
§ 2 Abs. 2 in Verbindung mit Anlage 2 Abschnitt 2 Unterabschnitt 1 Satz 1, eine halbautomatische Kurzwaffe zum Verschießen von Patronenmunition nach Anlage 1 Abschnitt 1 Unterabschnitt 3 Nr. 1.1 erwirbt, besitzt oder führt,
c)
§ 2 Abs. 2 in Verbindung mit Anlage 2 Abschnitt 2 Unterabschnitt 1 Satz 1 in Verbindung mit § 21 Abs. 1 Satz 1 oder § 21a eine Schusswaffe oder Munition herstellt, bearbeitet, instand setzt oder damit Handel treibt,
d)
§ 2 Abs. 2 in Verbindung mit Anlage 2 Abschnitt 2 Unterabschnitt 1 Satz 1 in Verbindung mit § 29 Absatz 1 Satz 1 oder § 32 Absatz 1 Satz 1 eine Schusswaffe oder Munition in den oder durch den Geltungsbereich dieses Gesetzes verbringt oder mitnimmt,
3.
entgegen § 35 Abs. 3 Satz 1 eine Schusswaffe, Munition oder eine Hieb- oder Stoßwaffe im Reisegewerbe oder auf einer dort genannten Veranstaltung vertreibt oder anderen überlässt oder
4.
entgegen § 40 Abs. 1 zur Herstellung eines dort genannten Gegenstandes anleitet oder auffordert.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
entgegen § 2 Absatz 3 in Verbindung mit Anlage 2 Abschnitt 1 Nummer 1.2.2 bis 1.2.4.2, 1.2.5, 1.3.1 bis 1.3.3, 1.3.5 bis 1.3.8, 1.4.1 Satz 1, Nr. 1.4.2 bis 1.4.4 oder 1.5.3 bis 1.5.7 einen dort genannten Gegenstand erwirbt, besitzt, überlässt, führt, verbringt, mitnimmt, herstellt, bearbeitet, instand setzt oder damit Handel treibt,
2.
ohne Erlaubnis nach § 2 Abs. 2 in Verbindung mit Anlage 2 Abschnitt 2 Unterabschnitt 1 Satz 1
a)
eine Schusswaffe erwirbt, besitzt, führt oder
b)
Munition erwirbt oder besitzt,
wenn die Tat nicht in Absatz 1 Nr. 2 Buchstabe a oder b mit Strafe bedroht ist,
3.
ohne Erlaubnis nach § 2 Abs. 2 in Verbindung mit Anlage 2 Abschnitt 2 Unterabschnitt 1 Satz 1 in Verbindung mit § 26 Abs. 1 Satz 1 eine Schusswaffe herstellt, bearbeitet oder instand setzt,
4.
ohne Erlaubnis nach § 2 Absatz 2 in Verbindung mit Anlage 2 Abschnitt 2 Unterabschnitt 1 Satz 1 in Verbindung mit
a)
§ 29 Absatz 1 Satz 1 eine dort genannte Schusswaffe oder Munition aus dem Geltungsbereich dieses Gesetzes in einen anderen Mitgliedstaat verbringt oder
b)
§ 32 Absatz 1a Satz 1 eine dort genannte Schusswaffe oder Munition in einen anderen Mitgliedstaat mitnimmt,
5.
entgegen § 28 Abs. 2 Satz 1 eine Schusswaffe führt,
6.
entgegen § 28 Abs. 3 Satz 2 eine Schusswaffe oder Munition überlässt,
7.
entgegen § 34 Abs. 1 Satz 1 eine erlaubnispflichtige Schusswaffe oder erlaubnispflichtige Munition einem Nichtberechtigten überlässt,
7a.
entgegen § 36 Absatz 1 Satz 1 in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 36 Absatz 5 Satz 1 eine dort genannte Vorkehrung für eine Schusswaffe nicht, nicht richtig oder nicht rechtzeitig trifft und dadurch die Gefahr verursacht, dass eine Schusswaffe oder Munition abhandenkommt oder darauf unbefugt zugegriffen wird,
8.
einer vollziehbaren Anordnung nach § 41 Abs. 1 Satz 1 oder Abs. 2 zuwiderhandelt,
9.
entgegen § 42 Abs. 1 eine Waffe führt oder
10
entgegen § 57 Abs. 5 Satz 1 den Besitz über eine Schusswaffe oder Munition ausübt.

(4) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1, 2 Buchstabe b, c oder d oder Nr. 3 oder des Absatzes 3 Nummer 1 bis 7, 8, 9 oder 10 fahrlässig, so ist die Strafe bei den bezeichneten Taten nach Absatz 1 Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe, bei Taten nach Absatz 3 Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(5) In besonders schweren Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Straftaten verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitgliedes handelt.

(6) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe.

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.

(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.

(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn

1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen,
2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder
3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.

(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.

(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.

(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt.

(2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie darf nicht milder sein, als die anderen anwendbaren Gesetze es zulassen.

(3) Geldstrafe kann das Gericht unter den Voraussetzungen des § 41 neben Freiheitsstrafe gesondert verhängen.

(4) Auf Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Absatz 1 Nummer 8) muss oder kann erkannt werden, wenn eines der anwendbaren Gesetze dies vorschreibt oder zulässt.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 302/12
vom
22. November 2012
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u.a
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 22. November 2012 gemäß § 154a
Abs. 2, § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Bochum vom 27. April 2012 wird
a) der Vorwurf des unerlaubten Besitzes von Munition mit Zustimmung des Generalbundesanwalts von der Verfolgung ausgenommen,
b) das vorbezeichnete Urteil, soweit der Angeklagte verurteilt worden ist, aa) im Schuldspruch dahingehend geändert, dass der Angeklagte des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen , davon in zwei Fällen in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Schusswaffen, und des unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln in drei Fällen schuldig ist, bb) hinsichtlich der in den Fällen II.1, II.2, II.3, II.6 und II.7 der Urteilsgründe verhängten Einzelstrafen und im Ausspruch über die Gesamtstrafe mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit- tels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision des Angeklagten wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen und wegen unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln in drei Fällen, jeweils in Tateinheit mit unerlaubtem Waffen- und Munitionsbesitz unter Freispruch im Übrigen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt. Ferner hat es den Verfall von Wertersatz in einer Höhe von 7.000 Euro angeordnet. Die auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg.
2
1. Nach den Feststellungen bewahrte der Angeklagte in seiner Wohnung seit dem Jahr 2009 drei Pistolen verschiedener Fabrikate, einen Minirevolver und ein Kleinkaliber-Einzelladergewehr sowie Munition unterschiedlicher Kaliber auf. Im November 2010 kaufte er bei dem gesondert Verfolgten S. 100 Gramm Marihuana sowie 2 Gramm Kokainzubereitung und übergab ihm später als Sicherheit für dieses Geschäft eine Pistole der Marke Berretta aus seinem Waffenbestand. Im Dezember 2010 kaufte der Angeklagte von S. 870 Gramm Haschisch mit einem THC-Anteil von 10 %, die er nach kurzer Lagerzeit in seiner Wohnung mit Gewinn weiterverkaufte (Fall II.1). Im Februar 2011 kaufte der Angeklagte von S. 2.100 Gramm Haschisch mit einem THC-Anteil von 10 %, von denen er 2.000 Gramm sofort mit Gewinn an einen seiner Abnehmer weiterverkaufte. Die restlichen 100 Gramm nahm er mit in seine Wohnung. Auch dieses Rauschgift war für den gewinnbringenden Weiterverkauf bestimmt (Fall II.2). Am 16. April 2011 kaufte der Angeklagte von S. drei Gramm Kokainzubereitung mit einem CHC-Anteil von 40 % zum Eigenkonsum und verarbeitete dieses Rauschgift in seiner Wohnung zu Crack (Fall II.3). Mitte April 2011 überließ der Angeklagte dem anderweitig verfolgten S. aus seinem Waffenlager die ihm noch verbliebenen Pistolen und den Minirevolver als „Pfand“. Am 18. April 2011 kaufte er von S. 1.000 Gramm Haschischmit einem THC-Anteil von 10 % und verkaufte dieses nach kurzer Lagerung in seiner Wohnung mit Gewinn weiter (Fall II.4 der Urteilsgründe). Am 27. April 2011 übernahm der Angeklagte von S. 2.000 Gramm Marihuana. Die geforderte Vorkasse von 4.600 Euro vermochte er nicht zu leisten. Angesichts seiner schlechten Finanzlage kam der Angeklagte mit S. überein, dass die im Dezember 2010 und April 2011 überlassenen Pistolen mit jeweils 1.000 Euro auf die Schulden des Angeklagten verrechnet werden. Nachdem der Angeklagte das Marihuana wegen Minderqualität zurückgegeben hatte, erhielt er dafür von S. im Austausch 500 Gramm Amphetaminzubereitung mit einem Amphetaminbaseanteil von 7,5 %. Der hierfür vereinbarte Kaufpreis in Höhe von 900 Euro war von der Verrechnungsabrede mit umfasst. Auch dieses Rauschgift war für den gewinnbringenden Weiterverkauf bestimmt (Fall II.5 der Urteilsgründe ). Unabhängig hiervon kaufte der Angeklagte in zwei Fällen noch jeweils zwei Gramm Kokainzubereitung mit einem CHC-Anteil von 40 %, die für seinen Eigenverbrauch bestimmt waren. Im ersten Fall wurde das Rauschgift von ihm bar bezahlt (Fall II.6 der Urteilsgründe). Im zweiten Fall kaufte der Angeklagte bei dem anderweitig verfolgten B. , der ihm das Rauschgift in seine Wohnung liefern ließ (Fall II.7 der Urteilsgründe).
3
2. Der Senat hat mit Zustimmung des Generalbundesanwalts den Vorwurf des unerlaubten Besitzes von Munition nach § 52 Abs. 3 Nr. 2b WaffG gemäß § 154a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 StPO von der Verfolgung ausgenommen, weil diese Gesetzesverletzung für die Strafe nicht beträchtlich ins Gewicht fällt.
4
3. Die Revision hat mit der Sachrüge Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO), soweit der Angeklagte in den Fällen II.1, II.2, II.3, II.6 und II.7 der Urteilsgründe auch wegen unerlaubten Besitzes von Schusswaffen gemäß § 52 Abs. 3 Nr. 2a WaffG verurteilt worden ist. Im Übrigen ist sie offensichtlich unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
5
a) Der Angeklagte hat während des gesamten Tatzeitraumes ein Waffenlager unterhalten. Dadurch wurde der Besitz aller angesammelten Waffen – losgelöst von deren waffenrechtlicher Einordnung – zu einer unter Konkur- renzgesichtspunkten einheitlichen Dauerstraftat nach dem Waffengesetz verbunden (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Januar 2003 – 1 StR 457/02, NStZ-RR 2003, 124, 125). Das Konkurrenzverhältnis dieser Dauerstraftat zu den zeitgleich begangenen Betäubungsmittelstraftaten beurteilt sich nach den allgemeinen Grundsätzen. Die Annahme von Tateinheit (§ 52 Abs. 1 StGB) setzt daher voraus, dass die maßgeblichen Tatbestände wenigstens teilweise durch ein und dieselbe Handlung verwirklicht worden sind. Die bloße Gleichzeitigkeit reicht dazu nicht aus (BGH, Urteil vom 21. Oktober 1999 – 4 StR 78/99, NStZ 2000, 85; Beschluss vom 25. November 1997 – 5 StR 526/96, BGHSt 43, 317, 319). Eine tateinheitliche Verknüpfung zwischen dem Waffenbesitz und den Betäubungsmittelstraftaten kann sich auch dann ergeben, wenn Ausführungshandlungen zu beiden Gesetzesverletzungen die Merkmale eines dritten Delikts erfüllen und dieses Delikt aufgrund seiner Schwere zwischen beiden eine Klammerwirkung zu entfalten vermag. Dies gilt auch dann, wenn das verbin- dende (dritte) Delikt nach den §§ 154, 154a StPO ausgeschieden worden ist (BGH, Beschluss vom 6. September 1988 – 1 StR 481/88, BGHR StGB § 52 Abs. 1 Klammerwirkung 3).
6
b) Aus den Feststellungen ergibt sich nicht, dass es in den Fällen II.1, II.2, II.3, II.6 und II.7 der Urteilsgründe zu Überschneidungen zwischen dem Besitz der diversen Schusswaffen und den jeweiligen Betäubungsmittelstraftaten gekommen ist. Der Umstand, dass der Angeklagte die Betäubungsmittel zeitweilig in seiner Wohnung aufbewahrte, wo sich auch seine Waffensammlung befand, vermag keinen eine Handlungseinheit begründenden Zusammenhang zu belegen. Eine zeitgleiche Aufbewahrung von Waffen und Betäubungsmitteln kann die Annahme einer Handlungseinheit regelmäßig nur dann rechtfertigen , wenn darüber hinaus ein – hier nicht festgestellter – funktionaler Zusammenhang zwischen beiden Besitzlagen besteht (vgl. BGH, Beschluss vom 25. April 1994 – 5 StR 189/94, Heinrich in Steindorf/Heinrich/Papsthart, Waffenrecht , 9. Aufl., § 52 WaffG Rn. 90b). Die ebenfalls nach § 52 Abs. 3 Nr. 7 WaffG strafbare Überlassung der dem Waffenlager entnommenen Pistole Berretta im Dezember 2010 diente allein der finanziellen Absicherung des nicht abgeurteilten Ankaufs von 100 Gramm Marihuana und 2 Gramm Kokainzubereitung im November 2010 und stand in keinem Zusammenhang mit den größeren Betäubungsmittelgeschäften des Angeklagten vom Dezember 2010 und Februar 2011 (Fälle II.1 und 2 der Urteilsgründe), sowie dem Kokainankauf im April 2011 (Fall II.3 der Urteilsgründe).
7
c) Dagegen weist die tateinheitliche Verurteilung wegen unerlaubten Besitzes von Schusswaffen gemäß § 52 Abs. 3 Nr. 2a WaffG in den Fällen II.4 und II.5 der Urteilsgründe keinen den Angeklagten benachteiligenden Rechtsfehler auf.
8
Der Senat entnimmt den Feststellungen, dass der zu Handelszwecken erfolgte Betäubungsmittelankauf vom 18. April 2011 (Fall II.4 der Urteilsgründe) durch die Mitte April erfolgte Hingabe der drei weiteren Schusswaffen aus der Waffensammlung des Angeklagten abgesichert worden ist. Die darinliegende – vomLandgericht nach § 154a Abs. 2 StPO ausgeschiedene (UA 13) – Überlassung von Schusswaffen nach § 52 Abs. 3 Nr. 7 WaffG verknüpft den durch den Unterhalt der Waffensammlung verwirklichten unerlaubten Besitz von Schusswaffen mit dem in dem abgesicherten Betäubungsmittelgeschäft liegenden Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu Tateinheit.
9
Der Senat hat den Schuldspruch entsprechend geändert. § 265 StPO steht dem nicht entgegen. Der weitere Besitz der Waffen, insbesondere an dem noch verbliebenen Kleinkaliber-Einzelladergewehr, stellt zwar ein selbstständig zu beurteilendes Dauerdelikt nach § 52 Abs. 3 Nr. 2a WaffG dar (vgl. BGH, Urteil vom 15. April 1998 – 2 StR 670/97, NStZ-RR 1999, 8, 9). Das Unterlassen der gesonderten Aburteilung dieser Straftat und die im Fall II.5 erfolgte Annahme von Tateinheit beschweren den Angeklagten aber nicht.
10
4. In den Fällen II.1, II.2, II.3, II.6 und II.7 der Urteilsgründe war die jeweils erkannte Einzelstrafe aufzuheben, weil das Landgericht den tateinheitlich begangenen Verstoß gegen das Waffengesetz strafschärfend berücksichtigt hat. Dadurch verliert auch der Gesamtstrafenausspruch seine Grundlage.
11
In den Fällen II.4 und II.5 der Urteilsgründe ist aufgrund der Verfolgungsbeschränkung lediglich der Schuldspruch wegen des tateinheitlich begangenen Besitzes von Munition weggefallen. Der Senat vermag auszuschließen, dass das Landgericht in diesen Fällen auf eine noch mildere Strafe erkannt hätte, sodass die Einzelstrafen bestehen bleiben können.
12
Die Anordnung des Wertersatzverfalls kann ebenfalls bestehen bleiben, weil sie allein an die rechtsfehlerfreie Verurteilung wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen anknüpft und in keinem inneren Zusammenhang mit dem Strafausspruch steht (vgl. BGH, vom 5. Dezember 1996 – 5 StR 542/96, NStZ-RR 1997, 270, 271).
Mutzbauer Cierniak Franke
Schmitt Quentin

(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer

1.
entgegen § 2 Absatz 3 in Verbindung mit Anlage 2 Abschnitt 1 Nr. 1.1 oder 1.3.4 eine dort genannte Schusswaffe oder einen dort genannten Gegenstand erwirbt, besitzt, überlässt, führt, verbringt, mitnimmt, herstellt, bearbeitet, instand setzt oder damit Handel treibt,
2.
ohne Erlaubnis nach
a)
§ 2 Abs. 2 in Verbindung mit Anlage 2 Abschnitt 2 Unterabschnitt 1 Satz 1, eine Schusswaffe oder Munition erwirbt, um sie entgegen § 34 Abs. 1 Satz 1 einem Nichtberechtigten zu überlassen,
b)
§ 2 Abs. 2 in Verbindung mit Anlage 2 Abschnitt 2 Unterabschnitt 1 Satz 1, eine halbautomatische Kurzwaffe zum Verschießen von Patronenmunition nach Anlage 1 Abschnitt 1 Unterabschnitt 3 Nr. 1.1 erwirbt, besitzt oder führt,
c)
§ 2 Abs. 2 in Verbindung mit Anlage 2 Abschnitt 2 Unterabschnitt 1 Satz 1 in Verbindung mit § 21 Abs. 1 Satz 1 oder § 21a eine Schusswaffe oder Munition herstellt, bearbeitet, instand setzt oder damit Handel treibt,
d)
§ 2 Abs. 2 in Verbindung mit Anlage 2 Abschnitt 2 Unterabschnitt 1 Satz 1 in Verbindung mit § 29 Absatz 1 Satz 1 oder § 32 Absatz 1 Satz 1 eine Schusswaffe oder Munition in den oder durch den Geltungsbereich dieses Gesetzes verbringt oder mitnimmt,
3.
entgegen § 35 Abs. 3 Satz 1 eine Schusswaffe, Munition oder eine Hieb- oder Stoßwaffe im Reisegewerbe oder auf einer dort genannten Veranstaltung vertreibt oder anderen überlässt oder
4.
entgegen § 40 Abs. 1 zur Herstellung eines dort genannten Gegenstandes anleitet oder auffordert.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
entgegen § 2 Absatz 3 in Verbindung mit Anlage 2 Abschnitt 1 Nummer 1.2.2 bis 1.2.4.2, 1.2.5, 1.3.1 bis 1.3.3, 1.3.5 bis 1.3.8, 1.4.1 Satz 1, Nr. 1.4.2 bis 1.4.4 oder 1.5.3 bis 1.5.7 einen dort genannten Gegenstand erwirbt, besitzt, überlässt, führt, verbringt, mitnimmt, herstellt, bearbeitet, instand setzt oder damit Handel treibt,
2.
ohne Erlaubnis nach § 2 Abs. 2 in Verbindung mit Anlage 2 Abschnitt 2 Unterabschnitt 1 Satz 1
a)
eine Schusswaffe erwirbt, besitzt, führt oder
b)
Munition erwirbt oder besitzt,
wenn die Tat nicht in Absatz 1 Nr. 2 Buchstabe a oder b mit Strafe bedroht ist,
3.
ohne Erlaubnis nach § 2 Abs. 2 in Verbindung mit Anlage 2 Abschnitt 2 Unterabschnitt 1 Satz 1 in Verbindung mit § 26 Abs. 1 Satz 1 eine Schusswaffe herstellt, bearbeitet oder instand setzt,
4.
ohne Erlaubnis nach § 2 Absatz 2 in Verbindung mit Anlage 2 Abschnitt 2 Unterabschnitt 1 Satz 1 in Verbindung mit
a)
§ 29 Absatz 1 Satz 1 eine dort genannte Schusswaffe oder Munition aus dem Geltungsbereich dieses Gesetzes in einen anderen Mitgliedstaat verbringt oder
b)
§ 32 Absatz 1a Satz 1 eine dort genannte Schusswaffe oder Munition in einen anderen Mitgliedstaat mitnimmt,
5.
entgegen § 28 Abs. 2 Satz 1 eine Schusswaffe führt,
6.
entgegen § 28 Abs. 3 Satz 2 eine Schusswaffe oder Munition überlässt,
7.
entgegen § 34 Abs. 1 Satz 1 eine erlaubnispflichtige Schusswaffe oder erlaubnispflichtige Munition einem Nichtberechtigten überlässt,
7a.
entgegen § 36 Absatz 1 Satz 1 in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 36 Absatz 5 Satz 1 eine dort genannte Vorkehrung für eine Schusswaffe nicht, nicht richtig oder nicht rechtzeitig trifft und dadurch die Gefahr verursacht, dass eine Schusswaffe oder Munition abhandenkommt oder darauf unbefugt zugegriffen wird,
8.
einer vollziehbaren Anordnung nach § 41 Abs. 1 Satz 1 oder Abs. 2 zuwiderhandelt,
9.
entgegen § 42 Abs. 1 eine Waffe führt oder
10
entgegen § 57 Abs. 5 Satz 1 den Besitz über eine Schusswaffe oder Munition ausübt.

(4) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1, 2 Buchstabe b, c oder d oder Nr. 3 oder des Absatzes 3 Nummer 1 bis 7, 8, 9 oder 10 fahrlässig, so ist die Strafe bei den bezeichneten Taten nach Absatz 1 Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe, bei Taten nach Absatz 3 Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(5) In besonders schweren Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Straftaten verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitgliedes handelt.

(6) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt, veräußert, abgibt, sonst in den Verkehr bringt, erwirbt oder sich in sonstiger Weise verschafft,
2.
eine ausgenommene Zubereitung (§ 2 Abs. 1 Nr. 3) ohne Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 herstellt,
3.
Betäubungsmittel besitzt, ohne zugleich im Besitz einer schriftlichen Erlaubnis für den Erwerb zu sein,
4.
(weggefallen)
5.
entgegen § 11 Abs. 1 Satz 2 Betäubungsmittel durchführt,
6.
entgegen § 13 Abs. 1 Betäubungsmittel
a)
verschreibt,
b)
verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt,
6a.
entgegen § 13 Absatz 1a Satz 1 und 2 ein dort genanntes Betäubungsmittel überlässt,
6b.
entgegen § 13 Absatz 1b Satz 1 Betäubungsmittel verabreicht,
7.
entgegen § 13 Absatz 2
a)
Betäubungsmittel in einer Apotheke oder tierärztlichen Hausapotheke,
b)
Diamorphin als pharmazeutischer Unternehmer
abgibt,
8.
entgegen § 14 Abs. 5 für Betäubungsmittel wirbt,
9.
unrichtige oder unvollständige Angaben macht, um für sich oder einen anderen oder für ein Tier die Verschreibung eines Betäubungsmittels zu erlangen,
10.
einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Erwerb oder zur unbefugten Abgabe von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, eine solche Gelegenheit öffentlich oder eigennützig mitteilt oder einen anderen zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verleitet,
11.
ohne Erlaubnis nach § 10a einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, oder wer eine außerhalb einer Einrichtung nach § 10a bestehende Gelegenheit zu einem solchen Verbrauch eigennützig oder öffentlich mitteilt,
12.
öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3 des Strafgesetzbuches) dazu auffordert, Betäubungsmittel zu verbrauchen, die nicht zulässigerweise verschrieben worden sind,
13.
Geldmittel oder andere Vermögensgegenstände einem anderen für eine rechtswidrige Tat nach Nummern 1, 5, 6, 7, 10, 11 oder 12 bereitstellt,
14.
einer Rechtsverordnung nach § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 oder § 13 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, 2a oder 5 zuwiderhandelt, soweit sie für einen bestimmten Tatbestand auf diese Strafvorschrift verweist.
Die Abgabe von sterilen Einmalspritzen an Betäubungsmittelabhängige und die öffentliche Information darüber sind kein Verschaffen und kein öffentliches Mitteilen einer Gelegenheit zum Verbrauch nach Satz 1 Nr. 11.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 2, 5 oder 6 Buchstabe b ist der Versuch strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 5, 6, 10, 11 oder 13 gewerbsmäßig handelt,
2.
durch eine der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1, 6 oder 7 bezeichneten Handlungen die Gesundheit mehrerer Menschen gefährdet.

(4) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1, 2, 5, 6 Buchstabe b, Nummer 6b, 10 oder 11 fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(5) Das Gericht kann von einer Bestrafung nach den Absätzen 1, 2 und 4 absehen, wenn der Täter die Betäubungsmittel lediglich zum Eigenverbrauch in geringer Menge anbaut, herstellt, einführt, ausführt, durchführt, erwirbt, sich in sonstiger Weise verschafft oder besitzt.

(6) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 sind, soweit sie das Handeltreiben, Abgeben oder Veräußern betreffen, auch anzuwenden, wenn sich die Handlung auf Stoffe oder Zubereitungen bezieht, die nicht Betäubungsmittel sind, aber als solche ausgegeben werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 629/15
vom
21. April 2016
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:210416U1STR629.15.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Hauptverhandlung vom 20. April 2016, in der Sitzung am 21. April 2016, an denen teilgenommen haben: Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Dr. Raum und die Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Graf, Prof. Dr. Jäger, Prof. Dr. Mosbacher, Dr. Bär,
Staatsanwalt – in der Verhandlung vom 20. April 2016 –, Oberstaatsanwältin beim Bundesgerichtshof – bei der Verkündung vom 21. April 2016 –, als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt – in der Verhandlung vom 20. April 2016 – als Verteidiger,
Justizangestellte – in der Verhandlung vom 20. April 2016 –, Justizobersekretärin – bei der Verkündung vom 21. April 2016 – als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Weiden in der Oberpfalz vom 25. August 2015 wird verworfen. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tatmehrheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt. Die auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat keinen Erfolg.

I.


2
Das Landgericht hat folgende Feststellungen getroffen:
3
1. Am 24. Dezember 2014 verbrachte der Angeklagte gegen 16.50 Uhr mehr als 10,9 Kilogramm Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von 1.483,22 Gramm Tetrahydrocannabinol (THC) aus der Tschechischen Republik in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland. Er transportierte das Marihuana mit einem auf seinen Neffen D. zugelassenen Pkw auf der Bundesautobahn 6 über den ehemaligen Grenzübergang W. nach Deutschland. Die Betäubungsmittel waren geruchsdicht in Vakuumiertüten verpackt, die sich zum Teil in einer anderen Tüte im Kofferraum und zum Teil im Reserveradfach unter dem Kofferraum befanden. Der Angeklagte beabsichtigte, das Marihuana gewinnbringend im Raum München weiterzuverkaufen.
4
Im Rahmen einer polizeilichen Kontrolle wurden die Betäubungsmittel sichergestellt und der Angeklagte festgenommen. Bei der Kontrolle führte der Angeklagte weder ein Mobilfunkgerät noch andere Dokumente, welche Rückschlüsse auf seine Identität zuließen, mit sich. Er wies sich mit einem auf eine falsche Identität ausgestellten und vollständig gefälschten polnischen Führerschein aus.
5
2. Gleichzeitig bewahrte der Angeklagte in einer von ihm und seinem Neffen D. genutzten Wohnung in G. , welche von seiner Schwester angemietet worden war, knapp 1,7 Kilogramm Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von 216,82 Gramm THC auf. Auch diese Betäubungsmittel, die nicht aus der Einfuhr vom selben Tag stammten, waren zum gewinnbringenden Weiterverkauf durch den Angeklagten bestimmt. Sie wurden am Folgetag unter dem Bett des Angeklagten neben Utensilien zum Drogenhandel (wie Vakuumiertüten , einem Laminiergerät, mehreren Mobiltelefonen, die zum Teil farbig markiert und von denen mehrere noch originalverpackt waren, sowie einer Packung Einmalhandschuhe und einer Digitalwaage) sichergestellt.

II.


6
Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat keinen Erfolg; das angefochtene Urteil ist rechtsfehlerfrei.
7
1. Der Schuldspruch hält rechtlicher Nachprüfung stand.
8
a) Die Feststellungen werden von der Beweiswürdigung getragen.
9
aa) Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatgerichts (§ 261 StPO). Ihm allein obliegt es, das Ergebnis der Hauptverhandlung festzustellen und zu würdigen. Seine Schlussfolgerungen brauchen nicht zwingend zu sein, es genügt, dass sie möglich sind. Die revisionsgerichtliche Prüfung ist darauf beschränkt, ob dem Tatgericht Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist in sachlich-rechtlicher Hinsicht der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist oder gegen die Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteile vom 11. Februar 2016 – 3 StR 436/15 und vom 14. Dezember 2011 – 1 StR 501/11, NStZ-RR 2012, 148; jeweils mwN).
10
bb) Derartige Rechtsfehler werden durch die Revision nicht aufgedeckt.
11
(1) Das Landgericht hat sich rechtsfehlerfrei auf der Grundlage einer Gesamtwürdigung aller für die Beweiswürdigung bedeutsamen Umstände von den Taten und der Täterschaft des Angeklagten überzeugt.
12
Der Angeklagte hatte die Taten – nach einer Verständigung im Sinne von § 257c StPO – auf der Grundlage einer Verteidigererklärung eingeräumt. Seine ergänzende Einlassung, nach der er jeweils für eine nicht näher bezeichnete andere Person gehandelt habe, hat das Landgericht rechtsfehlerfrei als nicht glaubhafte Schutzbehauptung gewertet. Die Würdigung des Landgerichts, dies sei der bloße Versuch, die Tathandlungen als Beihilfehandlungen zu den Taten eines anderen erscheinen zu lassen, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Dies gilt sowohl für die Einlassung des Angeklagten, er habe im Fall II.1 der Urteilsgründe von einer Person, die er nicht namentlich nennen wollte, für die Einfuhr der Drogen aus Tschechien 2.000 Euro in Aussicht gestellt bekommen, als auch für seine Einlassung, er habe im Fall II.2 der Urteilsgründe die unter seinem Bett aufgefundenen Drogen, Mobiltelefone und Utensilien von einer Person , die er ebenfalls nicht bezeichnen wollte, gegen ein nicht näher vereinbartes Entgelt zur Aufbewahrung erhalten.
13
Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, dass das Landgericht die Einlassung des Angeklagten, eine namentlich nicht bezeichnete Person habe ihm die in seiner Wohnung aufgefundenen und offensichtlich für einen Drogenverkauf genutzten Gegenstände mit Antragungen von THC, Kokain und Heroin gegen ein nicht näher vereinbartes Entgelt zur bloßen Verwahrung übergeben, als nicht glaubhaft gewertet hat. Das Landgericht durfte aus der Auffindesituation den Schluss ziehen, dass der Angeklagte selbst und auf eigene Rechnung mit Betäubungsmitteln handelte. Das Landgericht hat zudem seine Behauptung, der (konspirativ geführte) SMS-Verkehr über „2k“ bzw. „4k“ habe sich nicht auf Drogen, sondern auf Reifengeschäfte am Münchner Ostbahnhof bezogen, rechtsfehlerfrei als widerlegt angesehen. Es durfte im Rahmen der Gesamtwürdigung auch in den Blick nehmen, dass von den unter dem Bett des Angeklagten sichergestellten Mobiltelefonen jeweils lediglich mit einer Empfängernummer kommuniziert worden war und dass der Angeklagte bei der Haftbefehlseröffnung die aufgefundenen Drogen als ihm gehörend bezeichnet hatte. Dassel- be gilt für den Umstand, dass der Angeklagte bei der Einfuhr einen gefälschten und auf eine andere Identität lautenden polnischen Führerschein mit sich führte, während er auf das Mitführen eines Mobiltelefons verzichtete, und damit zur Verdeckung seiner wahren Identität einen erheblichen Aufwand betrieb.
14
(2) Die Beweiswürdigung des Landgerichts ist auch nicht lückenhaft.
15
(a) Auf die Sachrüge hin prüft das Revisionsgericht, ob die tatrichterliche Beweiswürdigung so, wie sie sich aus den Urteilsgründen ergibt, den Beweisstoff lückenlos ausgeschöpft hat (vgl. BGH, Urteil vom 10. Dezember 1986 – 3 StR 500/86; Ott in KK-StPO, 7. Aufl., § 261 Rn. 81). Lückenhaft ist eine Beweiswürdigung namentlich dann, wenn sie wesentliche Feststellungen nicht erörtert (vgl. BGH, Urteil vom 3. Dezember 2015 – 4 StR 387/15, Rn. 13, StraFo 2016, 110; Beschluss vom 12. November 2015 – 2 StR 197/15, Rn. 14; Urteile vom 22. Mai 2007 – 1 StR 582/06 und vom 5. Dezember 2013 – 4 StR 371/13, NStZ-RR 2014, 87).
16
Im Übrigen liegt ein Erörterungsmangel und damit eine Lücke nur dann vor, wenn sich das Tatgericht mit tatsächlich vorhandenen Anhaltspunkten für nahe liegende andere Möglichkeiten nicht auseinandergesetzt hat (vgl. BGH, Beschlüsse vom 12. November 2015 – 2 StR 197/15, Rn. 14 und vom 30. April 1987 – 4 StR 164/87, BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung, unzureichende 6; Urteil vom 5. Dezember 1986 – 2 StR 566/86, BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung , unzureichende 4). Es ist aber weder im Hinblick auf den Zweifelssatz noch sonst geboten, zu Gunsten des Angeklagten Tatvarianten zu unterstellen, für deren Vorliegen keine konkreten Anhaltspunkte erbracht sind (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 27. April 2010 – 1 StR 454/09, wistra 2010, 310, 312mwN; Beschluss vom 23. August 2011 – 1 StR 153/11, Rn. 24, in BGHSt 57, 1 nicht abgedruckt; Urteil vom 23. März 1995 – 4 StR 746/94, BGHR BtMG § 29 Bewertungseinheit 4). Deshalb braucht das tatrichterliche Urteil bloß theoretische Möglichkeiten auch nicht zu erörtern (BGH, Beschlüsse vom 12. November 2015 – 2 StR 197/15, Rn. 14; vom 23. Mai 2012 – 1 StR 208/12, Rn. 7, wistra 2012, 355 und vom 23. August 2011 – 1 StR 153/11, Rn. 24; Urteil vom 26. Mai 2011 – 1 StR 20/11, NStZ 2011, 688), sondern muss sich nur mit nach der Sachlage naheliegenden Möglichkeiten auseinandersetzen (vgl. BGH, Beschluss vom 12. November 2015 – 2 StR 197/15, Rn. 14; Urteil vom 11. Januar 2005 – 1 StR 478/04, NStZ-RR 2005, 147; Beschluss vom 29. August 1974 – 4 StR 171/74, BGHSt 25, 365, 367; Ott in KK-StPO, 7. Aufl., § 261 Rn. 49 mwN). Wenn sich in der Hauptverhandlung keine Anhaltspunkte dafür ergeben haben, dass an sich selbständige Betäubungsmittelgeschäfte dieselbe Betäubungsmittelmenge betreffen, stellt es daher auch keinen Rechtsfehler dar, wenn das Tatgericht im Urteil die Frage einer Tat im Rechtssinne nicht erörtert (vgl. BGH, Urteil vom 23. März 1995 – 4 StR 746/94, BGHR BtMG § 29 Bewertungseinheit

4).


17
Grundlage der materiell-rechtlichen Überprüfung durch das Revisionsgericht ist allein das tatrichterliche Urteil. Sollen daher Erörterungsmängel geltend gemacht werden, die sich nicht aus den Urteilsgründen selbst ergeben, sondern ihre Grundlage in Umständen außerhalb des Urteils finden, sind diese mit einer ausgeführten Verfahrensrüge geltend zu machen (vgl. Ott in KK-StPO, 7. Aufl., § 261 Rn. 82). Dies gilt in gleicher Weise für die Revision eines Angeklagten gegen seine Verurteilung (vgl. BGH, Beschluss vom 23. August 2011 – 1 StR 153/11, Rn. 24) wie für die Revision der Staatsanwaltschaft oder eines Nebenklägers gegen einen Freispruch (vgl. dazu BGH, Urteile vom 3. Dezember 2015 – 4 StR 387/15, Rn. 13, StraFo 2016, 110 und vom 5. Dezember 2013 – 4 StR 371/13, NStZ-RR 2014, 87).

18
(b) Ausgehend von diesen Grundsätzen enthält die Beweiswürdigung auch keine Erörterungsmängel und sonstigen Lücken.
19
Insbesondere ergibt sich allein aus der theoretischen Möglichkeit, der Angeklagte könnte das in der von ihm genutzten Wohnung aufgefundene Rauschgift einerseits und die am 24. Dezember 2014 aus der Tschechischen Republik eingeführten Betäubungsmittel andererseits aufgrund einer zuvor getroffenen Absprache, eine konkret bestimmte Gesamtmenge sukzessiv abzunehmen , im Rahmen mehrerer Beschaffungsfahrten eingeführt haben, keine Lücke in der Beweiswürdigung des Landgerichts. Die Möglichkeit eines solchen Geschehens hat weder der Angeklagte behauptet, noch ergeben sich dafür aus den Urteilsfeststellungen Anhaltspunkte. Vielmehr hat sich das Landgericht rechtsfehlerfrei sogar davon überzeugt, dass die von dem Angeklagten am 23. Dezember 2014, dem Tag vor der Einfuhr, geführte SMS-Kommunikation (UA S. 10) der Absprache eines neuen Drogengeschäfts und nicht bloß der Übergabe bereits bestellter Betäubungsmittel diente (UA S. 17).
20
Auch sonst sind Anhaltspunkte dafür, dass zwischen den beiden Betäubungsmittelmengen ein Zusammenhang – etwa die Bezahlung einer ersten Lieferung anlässlich einer zweiten (vgl. BGH, Beschlüsse vom 13. Januar 2016 – 4 StR 322/15 und vom 22. Januar 2010 – 2 StR 563/09, NStZ 2011, 97) – bestehen könnte, nicht erkennbar. Eine solche – hier ebenfalls rein theoretische und deshalb im Urteil nicht zu erörternde – Möglichkeit wird im Übrigen auch von der Revision nicht behauptet.
21
b) Die Urteilsfeststellungen tragen den Schuldspruch.

22
aa) Das Landgericht hat im Fall II.1 der Urteilsgründe den festgestellten Sachverhalt als unerlaubte Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG) in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG) gewertet. Dies hält rechtlicher Nachprüfung stand.
23
(1) Handeltreiben mit Betäubungsmitteln im Sinne des § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs jede eigennützige auf den Umsatz von Betäubungsmitteln gerichtete Tätigkeit (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 26. Oktober 2005 – GSSt 1/05, BGHSt 50, 252 und vom 3. September 2015 – 3 StR 236/15, StraFo 2016, 37; jeweils mwN). Dabei bilden verschiedene Betätigungen, die auf die Förderung ein und desselben Güterumsatzes abzielen, eine tatbestandliche Bewertungseinheit (vgl. BGH, Beschluss vom 3. September 2015 – 3 StR 236/15, StraFo 2016, 37).
24
(2) Die aus Tschechien eigenhändig eingeführte Wirkstoffmenge von 1.483,22 Gramm THC überschritt den Grenzwert für die nicht geringe Menge von 7,5 Gramm THC (vgl. BGH, Beschlüsse vom 20. Dezember 1995 – 3 StR 245/95 und vom 1. August 2006 – 4 StR 261/06) um mehr als das 197-fache.
25
(3) Die Urteilsfeststellungen belegen sowohl für die Einfuhr als auch für das Handeltreiben täterschaftliches Handeln des Angeklagten.
26
Er führte das Marihuana eigenhändig aus Tschechien nach Deutschland ein und war dabei auch nicht lediglich als Kurierfahrer tätig (UA S. 22). Somit war er Täter der Einfuhr. Die Wertung des Landgerichts, der Angeklagte habe mit den eingeführten und nicht für den Eigenverbrauch bestimmten Betäubungsmitteln selbst Handel getrieben und sei nicht nur für eine andere Person unterstützend tätig geworden, hält ebenfalls rechtlicher Nachprüfung stand.
27
bb) Auch im Fall II.2 der Urteilsgründe tragen die Feststellungen des Landgerichts den Schuldspruch wegen täterschaftlichen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG). Die Wirkstoffmenge des in der Wohnung des Angeklagten aufgefundenen und nach rechtsfehlerfreier Würdigung des Landgerichts zum Verkauf bestimmten Marihuanas von 216,82 Gramm THC überschritt den Grenzwert zur nicht geringen Menge um das 28-fache.
28
cc) Die Annahme von Tatmehrheit (§ 53 StGB) zwischen Fall II.1 und Fall II.2 der Urteilsgründe wird ebenfalls von den Feststellungen getragen. Die festgestellten Tathandlungen des Angeklagten bildeten keine einheitliche Tat.
29
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine einheitliche Tat des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln dann anzunehmen , wenn ein und derselbe Güterumsatz Gegenstand der strafrechtlichen Bewertung ist (vgl. nur BGH, Urteil vom 23. März 1995 – 4 StR 746/94, BGHR BtMG § 29 Bewertungseinheit 4). Dies ist nach den Urteilsfeststellungen hier jedoch nicht der Fall.
30
(1) Die Feststellungen des Landgerichts belegen, dass das in der vom Angeklagten benutzten Wohnung aufgefundene Marihuana nicht aus der am 24. Dezember 2014 eingeführten Rauschgiftmenge stammte. Der Angeklagte erlangte die Betäubungsmittel somit aufgrund unterschiedlicher Beschaffungsvorgänge.

31
(2) Beide Taten wurden auch nicht aufgrund einer Bewertungseinheit zu einer einheitlichen Tat verbunden.
32
(a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs werden mehrere Verkaufsvorgänge durch den Erwerb und Besitz der hierzu bestimmten Gesamtmenge zu einer Bewertungseinheit verbunden, wenn sie denselben Güterumsatz betreffen. Dabei setzt die Annahme einer Bewertungseinheit konkrete Anhaltspunkte dafür voraus, dass bestimmte Einzelverkäufe aus einer einheitlich erworbenen Gesamtmenge herrühren (vgl. BGH, Beschlüsse vom 11. April 2012 – 3 StR 81/12 und vom 5. März 2002 – 3 StR 491/01, BGHR BtMG § 29 Bewertungseinheit 21). Eine willkürliche Zusammenfassung kommt dagegen nicht in Betracht (BGH aaO).
33
(b) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs begründet der Besitz verschiedener und zu unterschiedlichem Handel bestimmter Betäubungsmittel , die zu keinem Zeitpunkt zu einem Depot verbunden waren, nicht bereits aufgrund einer zeitlichen Überschneidung eine Bewertungseinheit (vgl. BGH, Beschlüsse vom 14. Januar 2015 – 4 StR 440/14, Rn. 3, NStZ-RR 2015, 113 und vom 23. Oktober 1996 – 5 StR 505/96; BGHR BtMG § 29 Bewertungseinheit 9). So verhält es sich auch hier.
34
Zwar verwirklicht der gleichzeitige Besitz unterschiedlicher Betäubungsmittelmengen den Tatbestand des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln nur einmal (vgl. BGH, Beschlüsse vom 3. Dezember 2015 – 4 StR 430/15, NStZ-RR 2016, 82 und vom 25. Februar 2015 – 4 StR 516/14, Rn. 5, NStZ-RR 2015, 175; jeweils mwN). Dient aber der Besitz an den Betäubungsmitteln dem Zweck der gewinnbringenden Weiterveräußerung, tritt die Strafbarkeit wegen Besitzes hinter das unerlaubte Handeltreiben mit Betäubungsmitteln zurück (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschlüsse vom 3. Dezember 2015 – 4 StR 430/15, NStZRR 2016, 82; vom 25. Februar 2015 – 4 StR 516/14, Rn. 5, NStZ-RR 2015, 175 und vom 16. Juli 2013 – 4 StR 144/13, NStZ 2014, 162; jeweils mwN). Der Besitz hat deshalb mangels Wertgleichheit nicht die Kraft, selbständige, die Voraussetzungen des § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG erfüllende Taten des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge untereinander zur Tateinheit zu verbinden (vgl. BGH, Beschlüsse vom 3. Dezember 2015 – 4 StR 430/15, NStZ-RR 2016, 82; vom 16. Juli 2013 – 4 StR 144/13, Rn. 9, NStZ 2014, 162 und vom 17. Mai 1996 – 3 StR 631/95, BGHSt 42, 162, 165 f.; Weber, BtMG, 4. Aufl., § 29 Rn. 1380; jeweils mwN).
35
(c) Allerdings ist bei (teilweiser) Identität der tatbestandlichen Ausführungshandlungen – etwa einheitlicher Verkaufsfahrten – Tateinheit anzunehmen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 14. Januar 2015 – 4 StR 440/14, Rn. 3, NStZRR 2015, 113 mwN und vom 27. Januar 2016 – 5 StR 497/15).
36
Lässt sich eine vorherige Absprache feststellen, so kommt eine Bewertungseinheit dann in Betracht, wenn sie sich auf die Lieferung einer Gesamtmenge bezieht; denn in solchen Fällen ist der Tatbestand des Handeltreibens mit der Gesamtmenge bereits mit der Absprache erfüllt (Weber, BtMG, 4. Aufl., Vor §§ 29 ff., Rn. 577; vgl. auch BGH, Beschlüsse vom 14. Januar 2015 – 4 StR 440/14, Rn. 3, NStZ-RR 2015, 113 und vom 16. September 2014 – 3 StR 413/14, StV 2015, 642; jeweils mwN). Bei der Absprache über eine sukzessive Lieferung von Teilmengen sind die aufeinanderfolgenden Teilakte jedoch nur dann zu einer Tat zusammenzufassen, wenn vereinbart wurde, eine konkret bestimmte Gesamtmenge in Teilmengen zu liefern (vgl. BGH, Urteil vom 23. März 1995 – 4 StR 746/94, BGHR BtMG § 29 Bewertungseinheit 4; Weber, BtMG, 4. Aufl., Vor §§ 29 ff., Rn. 578).
37
Allein der Umstand, dass mehrere Beschaffungsfahrten der gewinnbringenden Weiterveräußerung der Betäubungsmittel dienen, verklammert diese indes nicht zu einer einheitlichen Tat des Handeltreibens (vgl. BGH, Beschluss vom 3. Dezember 2015 – 4 StR 430/15, NStZ-RR 2016, 82). Dies gilt selbst dann, wenn das gesamte eingekaufte Rauschgift aus demselben Vorrat des Lieferanten stammt (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Januar 2010 – 1 StR 587/09, NStZ-RR 2011, 25 mwN).
38
Ein einheitliches Handeltreiben könnte hier deshalb allenfalls dann vorliegen , wenn die vom Angeklagten am 24. Dezember 2014 eingeführte Menge an Marihuana und die bei ihm am Folgetag in der Wohnung sichergestellte Menge aufgrund einer vor der Beschaffung durch den Angeklagten getroffenen Vereinbarung über eine konkret bestimmte Gesamtmenge an denselben Abnehmer ausgeliefert werden sollten. Eine derartige Absprache hat das Landgericht jedoch nicht festgestellt. Vielmehr tätigte der Angeklagte noch am Abend des 23. Dezember 2014, dem Vorabend der Einfuhrfahrt, als er bereits im Besitz der in der von ihm genutzten Wohnung aufgefundenen Betäubungsmittel war, per SMS-Kommunikation Verhandlungen über ein Drogengeschäft (UA S. 10, 17). Daher lagen die Voraussetzungen für eine Zusammenfassung des Handeltreibens mit den beiden verfahrensgegenständlichen Betäubungsmittelmengen zu einer Bewertungseinheit nicht vor.
39
Auch der Grundsatz „im Zweifel für den Angeklagten“ gebietet es nicht, zugunsten des Angeklagten von der Verbindung mehrerer Betäubungsmittelgeschäfte zu einer Tat im Rechtssinne auszugehen. Grundsätzlich sind mehrere natürliche Handlungen auch mehrere Taten im Rechtssinne. Wenn sich – wie hier – in der Hauptverhandlung keine Anhaltspunkte dafür ergeben haben, dass an sich selbständige Rauschgiftgeschäfte dieselbe Rauschgiftmenge betreffen, stellt es keinen Rechtsfehler dar, wenn das Tatgericht die Frage einer Tat im Rechtssinne nicht erörtert (BGH, Urteil vom 23. März 1995 – 4 StR 746/94, BGHR BtMG § 29 Bewertungseinheit 4). Der Zweifelssatz bedeutet nämlich nicht, dass der Richter von der günstigsten Fallgestaltung auch dann ausgehen muss, wenn hierfür keine Anhaltspunkte bestehen. Nur wenn Umstände bekannt geworden sind, nach denen die mehreren natürlichen Handlungen zu einer Tat im Rechtssinne zusammengefasst werden könnten, gebietet der Zweifelssatz die Annahme von Tateinheit statt Tatmehrheit (BGH aaO mwN). Dies ist hier nicht der Fall.
40
(3) Selbst eine andere rechtliche Beurteilung des Konkurrenzverhältnisses würde aber den materiellen Unrechts- und Schuldgehalt der Taten insgesamt nicht beeinflussen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 1. März 2004 – 2 BvR 2251/03, BVerfGK 3, 20; BGH, Beschlüsse vom 14. Januar 2015 – 4 StR 440/14, Rn. 5, NStZ-RR 2015, 113 und vom 21. Januar 2014 – 2 StR 507/13; jeweils mwN).
41
2. Der Strafausspruch hält rechtlicher Nachprüfung stand.
42
Die Strafzumessung ist grundsätzlich Sache des Tatgerichts. Es ist seine Aufgabe, auf der Grundlage des umfassenden Eindrucks, den es in der Hauptverhandlung von der Tat und der Persönlichkeit des Täters gewonnen hat, die wesentlichen entlastenden und belastenden Umstände festzustellen, sie zu bewerten und hierbei gegeneinander abzuwägen. Ein Eingriff des Revisionsgerichts in diese Einzelakte der Strafzumessung ist in der Regel nur möglich, wenn die Zumessungserwägungen in sich fehlerhaft sind, wenn das Tatgericht gegen rechtlich anerkannte Strafzwecke verstößt oder wenn sich die verhängte Strafe nach oben oder unten von ihrer Bestimmung löst, gerechter Schuldausgleich zu sein (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteile vom 17. September 1980 – 2 StR 355/80, BGHSt 29, 319, 320; vom 7. Februar 2012 – 1 StR 525/11, Rn. 17, BGHSt 57, 123, 127 und vom 12. Januar 2016 – 1 StR 414/15, Rn. 12, BFH/NV 2016, 719; jeweils mwN). Nur in diesem Rahmen kann eine „Verletzung des Gesetzes“ (§ 337 Abs. 1 StPO) vorliegen. Dagegen ist eine ins Einzelne ge- hende Richtigkeitskontrolle ausgeschlossen (st. Rspr.; vgl. nur BGH GS, Beschluss vom 10. April 1987 – GSSt 1/86, BGHSt 34, 345, 349; BGH, Urteile vom 12. Januar 2005 – 5 StR 301/04, wistra 2005, 144; vom 7. Februar2012 – 1 StR 525/11, Rn. 17, BGHSt 57, 123, 127 und vom 12. Januar 2016 – 1 StR 414/15, Rn. 12, BFH/NV 2016, 719).
43
Solche Rechtsfehler liegen hier nicht vor. Das Landgericht hat das Vorliegen minder schwerer Fälle der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 30 Abs. 2 BtMG) bzw. des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 29a Abs. 2 BtMG) mit tragfähigen Erwägungen verneint. Die Strafzumessung ist auch im Übrigen rechtsfehlerfrei.

III.


44
Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 StPO.
Raum Graf Jäger
Mosbacher Bär

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.

(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.

(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn

1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen,
2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder
3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.

(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.

(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.