Bundesgerichtshof Urteil, 06. Juli 2004 - 4 StR 175/03

bei uns veröffentlicht am06.07.2004

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
4 StR 175/03
vom
6. Juli 2004
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 6. Juli 2004,
an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Tepperwien,
Richter am Bundesgerichtshof
Maatz,
Prof. Dr. Kuckein,
Athing,
Richterin am Bundesgerichtshof
Sost-Scheible
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Detmold vom 20. November 2002 wird verworfen , soweit sie sich gegen den Schuldspruch und den Strafausspruch richtet.
2. Die Entscheidung über die Revision des Angeklagten gegen die in dem vorbezeichneten Urteil angeordnete Maßregel sowie über die Kosten des Rechtsmittels bleibt einer abschließenden Entscheidung vorbehalten.
Von Rechts wegen

Gründe:


Das Landgericht hat den Angeklagten wegen "unerlaubte n Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vierzehn Fällen, davon in zwölf Fällen in Tateinheit mit Abgabe von Betäubungsmitteln als Person über 21 Jahren an eine Person unter 18 Jahren, und wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen" zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt , ihm die Fahrerlaubnis entzogen, seinen Führerschein eingezogen und die Verwaltungsbehörde angewiesen, ihm vor Ablauf eines Jahres keine neue Fahrerlaubnis zu erteilen. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt.
Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg, soweit es sich gegen d en Schuldspruch und den Strafausspruch richtet; im übrigen bleibt die Entscheidung über die Revision des Angeklagten einer abschließenden Entscheidung des Senats vorbehalten.
1. Wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 23. April 2003 im einzelnen ausgeführt hat, ist die Revision des Angeklagten zum Schuldspruch und zum Strafausspruch unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO; zur Vermeidung von Wiederholungen wird hierauf Bezug genommen.
2. Nach Auffassung des Senats kann die Maßregelanordnung jedoch nicht bestehen bleiben, weil entgegen der Meinung des Landgerichts allein die Benutzung eines Kraftfahrzeugs zur Begehung der abgeurteilten Straftaten die charakterliche Ungeeignetheit des Angeklagten zum Führen von Kraftfahrzeugen noch nicht belegt. Der Senat ist vielmehr - anders als es in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Teil vertreten wird - der Ansicht, daß sich die (charakterliche) Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen nur dann aus der Tat ergibt (§ 69 Abs. 1 Satz 1 StGB), wenn aus dieser konkrete Anhaltspunkte dafür zu erkennen sind, daß der Täter bereit ist, die Sicherheit des Straßenverkehrs seinen eigenen kriminellen Interessen unterzuordnen. Zwischen Tat und Verkehrssicherheit muß somit ein "spezifischer Zusammenhang" bestehen. Dazu verhält sich das angefochtene Urteil jedoch nicht.
Mit Beschluß vom 16. September 2003 (= NStZ 2004, 86) hat der Senat bei den anderen Strafsenaten des Bundesgerichtshofs gemäß § 132 GVG angefragt , ob an entgegenstehender Rechtsprechung zu dem oben aufgestellten Rechtssatz festgehalten wird. Das Anfrageverfahren hat sich bis zum Juni 2004
hingezogen; die Stellungnahme des 1. Strafsenats vom 13. Mai 2004 ist erst am 16. Juni 2004 beim Senat eingegangen.
Während der 3. und der 5. Strafsenat dem in dem Anf ragebeschluß formulierten Rechtssatz (NStZ 2004, 86) zugestimmt bzw. nicht widersprochen haben, hält der 2. Strafsenat eine Befassung des Großen Senats für Strafsachen des Bundesgerichtshofs mit den aufgeworfenen Rechtsfragen für "wünschenswert". In seinem Urteil vom 26. September 2003 - 2 StR 161/03 - (= NStZ 2004, 144) hat er allerdings die gleiche Rechtsauffassung wie der erkennende Senat vertreten (vgl. hierzu Herzog StV 2004, 151, 152; Sowada NStZ 2004, 169, 170). Da der 1. Strafsenat entgegenstehende Rechtsprechung nicht aufgeben will, muß - unabhängig von der Stellungnahme des 2. Strafsenats - eine Entscheidung des Großen Senats für Strafsachen herbeigeführt werden. Wann diese ergehen wird, ist nicht absehbar.
3. Im Hinblick darauf, daß deshalb über die Begründet heit der Revision, soweit sie die Maßregelanordnung betrifft, voraussichtlich in absehbarer Zeit nicht entschieden werden kann, ist eine Entscheidung über das Rechtsmittel des Angeklagten zum bereits "entscheidungsreifen" Teil, nämlich dem Schuldspruch und dem Strafausspruch des angefochtenen Urteils, zulässig und geboten.
Wie der Senat in seinem Urteil vom heutigen Tage in der Strafsache 4 StR 85/03 dargelegt hat, hält er eine "horizontale", d.h. denselben Prozeßgegenstand betreffende Teilentscheidung des Revisionsgerichts ausnahmsweise dann für zulässig, wenn (a) der rechtskräftige ebenso wie der nichtrechtskräftige Urteilsteil von dem übrigen Urteilsinhalt losgelöst, selbständig geprüft und
rechtlich beurteilt werden kann und (b) schwerwiegende Interessen des Revisionsführers es gebieten, von der gesetzlichen Regel einer einheitlichen Revisionsentscheidung (§§ 353, 354 StPO) abzuweichen. Das ist hier der Fall:

a) Der Schuldspruch und der Strafausspruch des angefochtenen Urteils lassen sich unabhängig von der Maßregelanordnung und diese läßt sich unabhängig vom Schuldspruch und von der Strafzumessung beurteilen. Wäre der Senat nicht gehalten gewesen, das Anfrageverfahren gemäß § 132 GVG durchzuführen, so hätte er die Revision zum Schuldspruch und zum Strafausspruch verworfen und hinsichtlich der Maßregelanordnung das Urteil aufgehoben und die Sache insoweit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen (vgl. den Anfragebeschluß Ziff. IV 2 c = NStZ 2004, 89 [weitere Feststellungen hierzu sind erforderlich]).

b) Das Urteil wurde am 20. November 2002 - also vor mehr als eineinhalb Jahren - verkündet. Das Verfahren ist seit dem 25. April 2003 beim Bundesgerichtshof anhängig. Durch das Anfrageverfahren gemäß § 132 GVG - auf dessen zeitlichen Ablauf der Senat nur beschränkten Einfluß hat - hat sich die Entscheidung über die Revision des Angeklagten schon jetzt um mehr als ein Jahr verzögert. Selbst unter Berücksichtigung der Tatsache, daß der Angeklagte nicht in Haft ist, ist es ihm mit Blick auf das verfassungsrechtliche (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG) und in Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK ausdrücklich normierte Gebot angemessener Beschleunigung des Strafverfahrens (vgl. BVerfGE 63, 45, 69; BVerfG NStZ 2004, 335 ff. m. Anm. Foth; BVerfG, Beschluß vom 5. Februar 2003 - 2 BvR 29/03; BGHR StGB § 46 Abs. 2 Verfahrensverzögerung 13, 17 m.w.N.) nicht zumutbar, auf die Entscheidung zum - entscheidungsreifen - Schuldspruch und Strafausspruch bis zum Abschluß des
Vorlageverfahrens weiter zu warten. Der Senat entscheidet daher über den
Schuldspruch und den Strafausspruch vorab und wird eine Entscheidung über die Maßregelanordnung treffen, sobald das Vorlageverfahren abgeschlossen ist.
Tepperwien Maatz Kuckein
Athing Sost-Scheible

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 06. Juli 2004 - 4 StR 175/03

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 06. Juli 2004 - 4 StR 175/03

Referenzen - Gesetze

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(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erört

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(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen. (2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Um
Bundesgerichtshof Urteil, 06. Juli 2004 - 4 StR 175/03 zitiert 8 §§.

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(1) Wird jemand wegen einer rechtswidrigen Tat, die er bei oder im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeuges oder unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen hat, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil seine

Gerichtsverfassungsgesetz - GVG | § 132


(1) Beim Bundesgerichtshof werden ein Großer Senat für Zivilsachen und ein Großer Senat für Strafsachen gebildet. Die Großen Senate bilden die Vereinigten Großen Senate. (2) Will ein Senat in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Sena

Referenzen - Urteile

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 2 StR 161/03 vom 26. September 2003 in der Strafsache gegen 1. 2. wegen Wohnungseinbruchsdiebstahls u.a. Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 26. September 2003 aufgrund de
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Referenzen

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Wird jemand wegen einer rechtswidrigen Tat, die er bei oder im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeuges oder unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen hat, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil seine Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so entzieht ihm das Gericht die Fahrerlaubnis, wenn sich aus der Tat ergibt, daß er zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist. Einer weiteren Prüfung nach § 62 bedarf es nicht.

(2) Ist die rechtswidrige Tat in den Fällen des Absatzes 1 ein Vergehen

1.
der Gefährdung des Straßenverkehrs (§ 315c),
1a.
des verbotenen Kraftfahrzeugrennens (§ 315d),
2.
der Trunkenheit im Verkehr (§ 316),
3.
des unerlaubten Entfernens vom Unfallort (§ 142), obwohl der Täter weiß oder wissen kann, daß bei dem Unfall ein Mensch getötet oder nicht unerheblich verletzt worden oder an fremden Sachen bedeutender Schaden entstanden ist, oder
4.
des Vollrausches (§ 323a), der sich auf eine der Taten nach den Nummern 1 bis 3 bezieht,
so ist der Täter in der Regel als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen.

(3) Die Fahrerlaubnis erlischt mit der Rechtskraft des Urteils. Ein von einer deutschen Behörde ausgestellter Führerschein wird im Urteil eingezogen.

(1) Beim Bundesgerichtshof werden ein Großer Senat für Zivilsachen und ein Großer Senat für Strafsachen gebildet. Die Großen Senate bilden die Vereinigten Großen Senate.

(2) Will ein Senat in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Senats abweichen, so entscheiden der Große Senat für Zivilsachen, wenn ein Zivilsenat von einem anderen Zivilsenat oder von dem Großen Zivilsenat, der Große Senat für Strafsachen, wenn ein Strafsenat von einem anderen Strafsenat oder von dem Großen Senat für Strafsachen, die Vereinigten Großen Senate, wenn ein Zivilsenat von einem Strafsenat oder von dem Großen Senat für Strafsachen oder ein Strafsenat von einem Zivilsenat oder von dem Großen Senat für Zivilsachen oder ein Senat von den Vereinigten Großen Senaten abweichen will.

(3) Eine Vorlage an den Großen Senat oder die Vereinigten Großen Senate ist nur zulässig, wenn der Senat, von dessen Entscheidung abgewichen werden soll, auf Anfrage des erkennenden Senats erklärt hat, daß er an seiner Rechtsauffassung festhält. Kann der Senat, von dessen Entscheidung abgewichen werden soll, wegen einer Änderung des Geschäftsverteilungsplanes mit der Rechtsfrage nicht mehr befaßt werden, tritt der Senat an seine Stelle, der nach dem Geschäftsverteilungsplan für den Fall, in dem abweichend entschieden wurde, zuständig wäre. Über die Anfrage und die Antwort entscheidet der jeweilige Senat durch Beschluß in der für Urteile erforderlichen Besetzung; § 97 Abs. 2 Satz 1 des Steuerberatungsgesetzes und § 74 Abs. 2 Satz 1 der Wirtschaftsprüferordnung bleiben unberührt.

(4) Der erkennende Senat kann eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung dem Großen Senat zur Entscheidung vorlegen, wenn das nach seiner Auffassung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist.

(5) Der Große Senat für Zivilsachen besteht aus dem Präsidenten und je einem Mitglied der Zivilsenate, der Große Senate für Strafsachen aus dem Präsidenten und je zwei Mitgliedern der Strafsenate. Legt ein anderer Senat vor oder soll von dessen Entscheidung abgewichen werden, ist auch ein Mitglied dieses Senats im Großen Senat vertreten. Die Vereinigten Großen Senate bestehen aus dem Präsidenten und den Mitgliedern der Großen Senate.

(6) Die Mitglieder und die Vertreter werden durch das Präsidium für ein Geschäftsjahr bestellt. Dies gilt auch für das Mitglied eines anderen Senats nach Absatz 5 Satz 2 und für seinen Vertreter. Den Vorsitz in den Großen Senaten und den Vereinigten Großen Senaten führt der Präsident, bei Verhinderung das dienstälteste Mitglied. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 161/03
vom
26. September 2003
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Wohnungseinbruchsdiebstahls u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 26. September
2003 aufgrund der Hauptverhandlung vom 24. September 2003, an denen
teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Rissing-van Saan
und der Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Bode,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Otten,
der Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Fischer,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Roggenbuck,
Staatsanwältin
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger für den Angeklagten W. ,
Rechtsanwältin
als Verteidigerin für den Angeklagten N.
- beide in der Verhandlung -
Justizangestellte in der Verhandlung
Justizhauptsekretärin bei der Verkündung
als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision des Angeklagten W. wird das Urteil des Landgerichts Köln vom 30. Januar 2003, soweit es ihn betrifft, im Maßregelausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weitergehende Revision des Angeklagten W. sowie die Revision des Angeklagten N. gegen das vorbezeichnete Urteil werden verworfen. 4. Der Angeklagte N. hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten W. wegen Wohnungseinbruchsdiebstahls in einem Fall, Diebstahls in 12 Fällen und versuchten Diebstahls in einem Fall zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt, den Angeklagten N. wegen Wohnungseinbruchsdieb-
stahls in einem Fall und Diebstahls in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren; im übrigen hat es die Angeklagten freigesprochen. Dem Angeklagten W. wurde die Fahrerlaubnis entzogen; sein Führerschein wurde eingezogen. Das Landgericht hat eine Sperrfrist von zwei Jahren und sechs Monaten für die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis festgesetzt.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte N. mit der in der Hauptverhandlung auf den Strafausspruch beschränkten Sachrüge. Der Angeklagte W. wendet sich mit der unbeschränkt erhobenen Sachrüge vor allem gegen die Anordnung der Maßregel gemäß §§ 69, 69a StGB. Seine Revision führt zur Aufhebung des Maßregelausspruchs; die Revision des Angeklagten N. ist unbegründet.

I.


Nach den Feststellungen des Landgerichts hielten sich die Angeklagten in der Zeit zwischen Mai und September 2002 in einem größeren Kreis von Personen regelmäßig in der Wohnung des früheren Mitangeklagten D. auf. Von hier aus brachen, ohne daß dem eine längerfristige gemeinsame Planung zugrunde lag, nachts häufig Personen aus diesem Kreis auf, um Straftaten , vor allem Einbrüche zu begehen. Meistens fuhren die jeweils Beteiligten mit dem PKW des Angeklagten W. umher, um nach lohnenden Objekten für einen Einbruch zu suchen. Mit diesem PKW transportierten sie auch die Beute ab. Gefahren wurde der PKW von dem Angeklagten W. , der Inhaber einer Fahrerlaubnis ist. In der genannten Weise verübte der Angeklagte W. gemeinsam mit D. mindestens sechs Taten zwischen dem 15. Mai 2002 und dem 21. September 2002 (Fälle 1, 7, 9, 10, 11 und 13 des Urteils), wobei sie jeweils in Büroräume einbrachen, dort stehlenswerte Gegenstände,
überwiegend Computer-Anlagen, entwendeten und mit dem PKW des Angeklagten W. abtransportierten. Zu Fluchtfahrten nach Entdeckungen oder zu Verkehrskontrollen bei den Fahrten mit dem Diebesgut hat das Landgericht Feststellungen nicht getroffen.

II.


Die auf den Strafausspruch beschränkte Revision des Angeklagten N. ist unbegründet. Die Erwägungen, auf welche das Landgericht die Annahme einer ungünstigen Prognose und die Versagung einer Strafaussetzung zur Bewährung gestützt hat, lassen Rechtsfehler nicht erkennen.

III.


Die Revision des Angeklagten W. ist, soweit sie sich gegen den Schuldspruch und den Strafausspruch richtet, unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. Dagegen hält die Anordnung der Maßregel gemäß §§ 69, 69a StGB rechtlicher Überprüfung nicht stand.
1. Die Entziehung der Fahrerlaubnis setzt nach § 69 Abs. 1 StGB eine bei oder im Zusammenhang mit dem Führen von Kraftfahrzeugen oder unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangene rechtswidrige Tat voraus. Schon aus dem Wortlaut des § 69 Abs. 1 StGB ergibt sich, daß die Maßregelanordnung nicht allein auf solche Taten gestützt werden kann, welche als solche die Sicherheit des Verkehrs beeinträchtigen, sondern grundsätzlich auch auf Taten der sonstigen, allgemeinen Kriminalität (vgl. nur BGH, Beschl. vom 14. Mai 2003 - 1 StR 113/03; so auch schon Entwurf der Bundesregierung zum Ersten Straßenverkehrssicherungsgesetz, BT-Drucks. I/2674, S. 12 f. [zu
§ 42 m a.F. StGB]; dazu Bericht des 27. Ausschusses, BT-Drucks. I/3774, S. 4; vgl. auch Entwurf des Zweiten Straßenverkehrssicherungsgesetzes, BTDrucks. IV/651, S. 18), wenn sich aus der jeweils konkreten Tat hinreichende Anhaltspunkte für die Ungeeignetheit des Täters ergeben.
Die Rechtsprechung hat das Merkmal des Zusammenhangs seit jeher weit ausgelegt (krit. Geppert in LK 11. Aufl. § 69 Rdn. 33 m.w.N.), seine Grenzen allerdings nicht stets ganz einheitlich bestimmt. Nach ständiger Rechtsprechung ist ein Zusammenhang jedenfalls dann gegeben, wenn die rechtswidrige Tat entweder unmittelbar durch die konkrete Art des Führens, also etwa durch den Einsatz eines Kraftfahrzeugs als Tatmittel begangen wurde, oder wenn die Ausführung der Tat durch das Führen eines Kraftfahrzeugs ermöglicht oder gefördert wurde (vgl. z. B. BGHSt 22, 328, 329; BGH, NStZ 1995, 229; BGH NStZ-RR 1998, 271; BGHR StGB § 69 Abs. 1 Entziehung 3, 6, 8). Der Begriff des Zusammenhangs ist für die Anwendung des § 69 Abs. 1 StGB daher ebenso auszulegen wie in § 44 Abs. 1 StGB (so auch schon der Entwurf des Zweiten Gesetzes zur Sicherung des Straßenverkehrs, BT-Drucks. IV/651, S. 13); ein Zusammenhang außerhalb des von § 264 StPO umfaßten Tatgeschehens reicht nicht aus.
Nach diesen Maßstäben hat der Angeklagte W. die Taten jedenfalls im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeugs begangen, denn er benutzte seinen PKW nicht allein für Fahrten zu den jeweiligen Tatorten und für Rückfahrten nach begangener Tat (vgl. etwa BGHSt 22, 328, 329; BGH, Beschl. vom 6. November 1997 - 4 StR 536/97, NStZ-RR 1998, 271), sondern setzte das Kraftfahrzeug von vornherein geplant sowohl zum Auffinden geeigneter Tatobjekte als auch zum Abtransport der Beute ein, die anders nicht oder
nur unter wesentlich erschwerten Umständen hätte fortgeschafft werden können.
2. Weitere Voraussetzung der Maßregelanordnung ist zum einen die Feststellung der Ungeeignetheit des Täters, zum anderen die Feststellung, daß sich die Ungeeignetheit aus der Anlaßtat ergibt, diese sich also im Rahmen der der Maßregelanordnung zugrunde liegenden Prognose zugleich als Symptomtat erweist.

a) Die Bedeutung des Begriffs der Ungeeignetheit ergibt sich aus der Zielrichtung des Gesetzes und dem Charakter der Anordnung als Maßregel der Besserung und Sicherung; für seine Anwendung geben die in § 69 Abs. 2 aufgeführten Katalogtatbestände einen wichtigen gesetzlichen Auslegungshinweis. Ungeeignet ist der Täter nach ständiger Rechtsprechung, wenn eine Würdigung seiner körperlichen, geistigen und charakterlichen Voraussetzungen und der sie wesentlich bestimmenden objektiven und subjektiven Umstände ergibt, daß die Teilnahme des Täters am Kraftfahrzeugverkehr zu einer nicht hinnehmbaren Gefährdung der Verkehrssicherheit führen würde. Dies kann auf körperlichen oder geistigen Beeinträchtigungen des Täters beruhen, aber auch auf charakterlichen Mängeln, namentlich auf verfestigten Fehleinstellungen , welche dazu führen, daß der Täter dazu neigt, bei der Teilnahme am Kraftfahrzeugverkehr die berechtigten Sicherheitsinteressen anderer Verkehrsteilnehmer eigenen Zielen in nicht hinnehmbarem Maß unterzuordnen und insoweit die Gefährdung oder Verletzung fremder Rechtsgüter in Kauf zu nehmen.
Während für die Anlaßtat entweder ein Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeugs oder eine Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugs-
führers ausreicht, setzt die Feststellung der Ungeeignetheit im Sinne des § 69 Abs. 1 StGB nach Ansicht des Senats daher die Gefahr voraus, daß der Täter bei zukünftiger Teilnahme am Kraftfahrzeugverkehr gerade Verkehrssicherheitsbelange beeinträchtigen würde (so auch BGH, Beschlüsse vom 14. September 1993 - 1 StR 553/93, StV 1994, 314, 315; vom 8. August 1994 - 1 StR 278/94, BGHR StGB § 69 Abs. 1 Entziehung 5; vom 12. August 2003 - 5 StR 289/03). Daher reicht beispielsweise die Gefahr, daß der Täter zukünftig Betrugstaten zu Lasten einer Kfz-Kaskoversicherung begehen wird, für eine Maßregelanordnung nicht aus, denn die Wahrung der Interessen der Kaskoversicherung zählt nicht zu den Pflichten eines Kraftfahrzeugführers (BGH, Beschl. vom 8. September 1994 - 1 StR 269/94; anders BGHSt 5, 179, 182). Die Gefahr der Begehung von weiteren Taten im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeugs rechtfertigt die Feststellung der Ungeeignetheit nur dann, wenn solche Taten zugleich die Sicherheit des Verkehrs gefährden würden. Zwar hat der 3. Strafsenat im Urteil vom 5. November 1953 (BGHSt 5, 179) aus dem Umstand, daß als Anlaßtat auch eine nicht verkehrsspezifische Straftat ausreicht, ohne weiteres abgeleitet, eine auf charakterlichen Mängeln beruhende Ungeeignetheit müsse sich nicht auf Interessen der Verkehrssicherheit beziehen (BGHSt 5, 179, 180; vgl. auch BGH, Urt. vom 27. Oktober 1955 - 4 StR 370/55). Dieser Rechtssatz ist in dieser Weite von der nachfolgenden Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs aber nicht angewandt worden ; er ist nach Ansicht des Senats jedenfalls durch Einfügung des § 69 Abs. 2 StGB und des § 44 StGB durch das Zweite Straßenverkehrssicherheitsgesetz vom 26. November 1964 (BGBl. I, 921) überholt.

b) Die Regelvermutungen des § 69 Abs. 2 StGB42 Abs. 2 a.F.) enthalten nach ständiger Rechtsprechung und allgemeiner Ansicht keinen ab-
schließenden Tatkatalog (vgl. schon oben III.1), geben aber Anhaltspunkte für den Inhalt und die Zielrichtung der Indizwirkung der Begehung anderer, nicht aufgeführter Taten, namentlich solcher der nicht verkehrsspezifischen, allgemeinen Kriminalität. Insoweit unterscheidet sich die Maßregel nach §§ 69, 69a StGB grundlegend von den Maßregeln der §§ 63, 64, 66 StGB, die von vornherein nicht auf die Wahrung spezifischer Sicherheitsinteressen ausgerichtet sind; sie steht in ihrer Struktur vielmehr der Maßregel des Berufsverbots (§ 70 StGB) nahe. Die Ansicht des 1. Strafsenats, schon die systematische Stellung des § 69 StGB spreche für die Annahme, die Maßregel diene einem allgemeinen Schutz vor rechtswidrigen Taten (Beschl. vom 14. Mai 2003 - 1 StR 113/02), teilt der Senat im Hinblick auf § 70 StGB nicht, der nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs einen solchen allgemeinen Schutz (gleichfalls) nicht bezweckt.
c) Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat, ausgehend von der Entscheidung BGHSt 5, 179, in einer Vielzahl von Entscheidungen, freilich nicht stets einheitlich, das Erfordernis eines indiziellen Zusammenhangs zwischen Anlaßtat und Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen im Ergebnis aufgelockert; hierbei kommt namentlich der Feststellung sogenannter charakterlicher Ungeeignetheit besondere Bedeutung zu. Nach der am weitesten gehenden Ansicht soll diese sich ohne weiteres schon daraus ergeben, daß der Täter ein Kraftfahrzeug als Tatmittel zur Begehung einer erheblichen Straftat eingesetzt hat (so ausdrücklich BGHSt 5, 179, 180 f. und die hierauf Bezug nehmende Rechtsprechung; zuletzt Beschluß des 1. Strafsenats vom 14. Mai 2003 - 1 StR 113/03). So hat der Bundesgerichtshof beispielsweise vielfach entschieden, daß das Handeltreiben mit Betäubungsmitteln, zumal in größerer Menge, "in aller Regel" eine erhebliche charakterliche Unzuverlässigkeit belege, die auch die Ungeeignetheit zum Führen eines Kraftfahrzeugs er-
gebe, wenn der Täter im Rahmen des Tatgeschehens ein Kraftfahrzeug geführt hat (vgl. etwa Senatsbeschluß vom 29. September 1999 - 2 StR 167/99, NStZ 2000, 26; BGH, Beschl. vom 17. Mai 2000 - 3 StR 167/00, NStZ-RR 2000, 297; vom 8. März 2000 - 3 StR 575/99, Blutalkohol 2000, 453; vom 11. August 1998 - 1 StR 328/98, StV 1999, 18; vom 27. August 1998 - 1 StR 422/98, StV 1999, 18); ähnliches gilt für den Einsatz eines Kraftfahrzeugs zur Begehung von Raubtaten, namentlich zum Abtransport der Beute oder zur Flucht (vgl. BGHSt 10, 333, 336; BGH, Beschl. vom 14. Mai 2003 - 1 StR 113/03; Urt. vom 25. Mai 2001 - 2 StR 78/01) oder für die Benutzung eines Kraftfahrzeugs zur Begehung von Sexualdelikten (vgl. schon BGHSt 7, 165; Überblick über die Rechtsprechung bei Molketin NZV 1995, 383 m.w.N.). Gegen die Anwendung der §§ 69, 69a StGB auch auf Fälle, in welchen sich aus der Anlaßtat Indizien dafür ergeben, der Beschuldigte werde zukünftig ein Kraftfahrzeug zur Begehung verkehrs-unspezifischer Straftaten mißbrauchen , hat der 4. Strafsenat in einer Reihe von Entscheidungen - jeweils in nicht tragenden Erwägungen - Bedenken erhoben (vgl. BGH NStZ-RR 2003, 74; 2003, 311; Beschlüsse vom 17. Dezember 2002 - 4 StR 392/02; 4 StR 409/02; 4 StR 480/02; vom 9. Januar 2003 - 4 StR 488/02; vom 16. Januar 2003 - 4 StR 264/02; vom 13. Mai 2003 - 4 StR 518/02; vgl. dazu Geppert NStZ 2003, 288 ff.; Detter NStZ 2003, 471, 476; Winkler NStZ 2003, 247, 251; kritisch Geppert in LK 11. Aufl. § 69 Rdn. 34; ders. NStZ 2003, 288 f.; Kulemeier, Fahrverbot und Entzug der Fahrerlaubnis, 1991, S. 68 ff., 282 ff.; ders. NStZ 2003, 212; Molketin DAR 1999, 536 ff.; Stange StV 2002, 262 f.; einschränkend auch Hentschel, Trunkenheit, Fahrerlaubnisentziehung, Fahrverbot, 9. Aufl. 2003, Rdn. 583). Diesen Bedenken ist der 1. Strafsenat im Beschluß vom 14. Mai 2003 - 1 StR 113/03 - entgegengetreten.
Der Senat vertritt folgende Auffassung: aa) Die in der Entscheidung BGHSt 5, 179 (zu § 42 m a.F. StGB) ver- tretene Ansicht, der Mißbrauch eines Kraftfahrzeugs zu verkehrsunspezifischen Straftaten lasse den Schluß auf die Ungeeignetheit des Täters unabhängig davon zu, ob sich aus seinen charakterlichen Mängeln eine zukünftige Gefährdung der Verkehrssicherheit ergebe (BGHSt 5, 179, 181), konnte sich schon zum Zeitpunkt der Entscheidung auf Erwägungen des Gesetzgebers kaum stützen; ein Anhaltspunkt dafür, daß durch die Einfügung der Maßregel andere Rechtsgüter als die Sicherheit des Verkehrs geschützt werden sollten (so BGHSt 5, 179, 180 f.), ergibt sich aus den Gesetzesmaterialien nicht (vgl. BT-Drucks. I/2674; I/3774). Nicht zutreffend erscheint der Schluß, eine solche allgemein kriminalitätsverhindernde Zielrichtung des Gesetzes ergebe sich ohne weiteres schon daraus, daß Anlaßtaten nicht allein solche sein können, durch welche die Pflichten eines Kraftfahrzeugführers verletzt wurden. Jedenfalls durch Einfügung der Regelvermutung des § 69 Abs. 2 StGB42 m Abs. 2 a.F.) hat der Gesetzgeber des Zweiten Straßenverkehrssicherheitsgesetzes die Schutzrichtung der Maßregel eindeutig bestimmt (vgl. BT-Drucks. IV/651, S. 9, 18). Auch der 1. Strafsenat geht in seinem Beschluß vom 14. Mai 2003 - 1 StR 113/03 - nicht davon aus, daß die Ungeeignetheit sich ohne Bezug zu Verkehrssicherheitsbelangen bestimmen lasse; vielmehr setzt danach die Feststellung der Ungeeignetheit in entsprechenden Fällen jedenfalls eine abstrakte ("potentielle") Gefährdung der Verkehrssicherheit - durch Erhöhung der "Betriebsgefahr" - voraus. bb) Der Senat hält einen solchen abstrakten Gefahrzusammenhang für nicht ausreichend. Soweit sich der 1. Strafsenat insoweit auf empirische Erfahrungen stützt, wonach es bei Einsatz eines Kraftfahrzeugs z.B. als Fluchtmittel
oder als Transportmittel für Betäubungsmittel zu Verstößen gegen Verkehrssicherheitsbelange kommen kann (etwa bei Verfolgungsfahrten oder bei der Überwindung von Verkehrskontrollen), erscheint dies nicht ohne weiteres überzeugend : Kommt es im Rahmen der Tatbegehung zu solchen Handlungen, so ist eine konkrete Gefährdung von Verkehrssicherheitsbelangen gegeben, so daß sich die Ungeeignetheit des Täters unproblematisch im Sinne des § 69 Abs. 1 StGB "aus der Tat ergibt"; es bedarf daher in diesen Fällen des Abstellens auf eine nur potentielle Gefahr nicht. Kommt es umgekehrt trotz Eintritts einer unvorhergesehenen Situation zu entsprechenden Handlungen des Täters nicht oder ergibt sich aus den Umständen der Tat auch nicht, daß er sie einplante oder sich vorbehielt, so ist für den konkreten Fall eine Vermutung der Gefährlichkeit gerade widerlegt. Eine empirische Erfahrung, daß derjenige, der Diebesgut oder Betäubungsmittel in seinem Fahrzeug transportiert, zu verkehrsgefährdender Fahrweise neige, gibt es nicht; die Lebenserfahrung legt vielmehr die Annahme nahe, daß ein solcher Täter sich möglichst unauffällig und regelkonform verhalten werde, um keinen Anlaß für verkehrspolizeiliche Kontrollen zu geben. Da das Wesen der Maßregel es ausschließt, sie aus generalpräventiven Gründen einzusetzen, kann demjenigen Täter, der etwa beim Transport von Diebesgut in eine polizeiliche Kontrolle gerät, sich hier ordnungsgemäß verhält und keinerlei verkehrsgefährdende Handlungen unternimmt , nicht vorgehalten werden, "aus der Tat" ergebe sich, daß er dies potentiell hätte tun können. cc) Die Rechtsprechung, welche aus dem (bloßen) "Mißbrauch" eines Kraftfahrzeugs zur Begehung verkehrsfremder Straftaten auf eine potentielle Gefährdung der Verkehrssicherheit schließt und dies zur Feststellung der Ungeeignetheit i.S. von § 69 Abs. 1 StGB ausreichen läßt, entfernt sich damit in bedenklichem Maße von der Zweckrichtung der §§ 69, 69a StGB als Maßregel
und nähert diese einer (Neben-)Strafe für die begangene Anlaßtat an; die Ungeeignetheit des Täters ergibt sich so im Ergebnis nicht mehr aus den konkreten Umständen der Anlaßtat, sondern schon aus der Verwirklichung ihres Tatbestands als solcher. Hieraus ergeben sich Widersprüche im Hinblick auf die gesetzlichen Voraussetzungen der Maßregel, denn ein allgemeiner Charaktermangel liegt einer großen Vielzahl von Straftaten zugrunde; die Prognose, daß jemand sich (auch) über Interessen der Verkehrssicherheit hinwegzusetzen geneigt ist, könnte auf zahlreiche Taten gestützt werden, die ohne Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeugs sind (z. B. Handtaschenraub mit dem Fahrrad ; Aggressionsdelikte; Taten unter bedenkenloser Mißachtung von Sicherheitsinteressen Dritter). Die gesetzliche Anknüpfung an Taten unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers oder im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeugs zeigt, daß weder solche allgemeinen charakterlichen Mängel noch allein die Disposition zur Mißachtung von Verkehrssicherheitsinteressen ausreichen; sie müssen sich vielmehr "aus der Tat" beim oder im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeugs ergeben (vgl. dazu Piesker NZV 2002, 297, 299). Wird die Feststellung der Ungeeignetheit allein auf die Verwirklichung bestimmter Tatbestände und eine - eher generalpräventiv formulierte - "potentielle Gefährdung" gestützt, so verliert diese Anknüpfung ihre innere Berechtigung; die Maßregelanordnung wird ihrem Wesen nach zur Zusatzstrafe für Straftäter, die eine Fahrerlaubnis besitzen oder erwerben wollen. Ein solcher - verdeckter - Strafcharakter der Fahrerlaubnisentziehung wäre mit deren Wesen als Maßregel, die ein Verschulden des Täters gerade nicht voraussetzt , nicht vereinbar; auch die Möglichkeit der vorläufigen Entziehung gemäß § 111a StPO steht dem entgegen (so zutreffend Geppert in LK 11. Aufl. § 69 Rdn. 34).
Nicht widerspruchsfrei erscheint daher auch das Verhältnis der genannten Rechtsprechung zu Entscheidungen über das Merkmal des Zusammenhangs im Sinne von § 69 Abs. 1 StGB. So ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs etwa anerkannt, daß sich allein aus der Benutzung eines Kraftfahrzeugs zur Flucht nach Begehung einer Straftat der erforderliche Zusammenhang nicht ergibt (vgl. BGH NStZ 1995, 229; BGH NStZ-RR 1998, 271; jeweils m.w.N.). Läßt man aber eine potentielle Gefahr der Verletzung von Verkehrssicherheitsbelangen im Sinne einer vom 1. Strafsenat zitierten "erhöhten Betriebsgefahr" ausreichen, so fehlt es auch hierfür an einer Berechtigung, denn die potentielle Gefahr verkehrsgefährdender Flucht vor einer überraschenden Polizeikontrolle ist bei demjenigen, der soeben eine Vergewaltigung begangen hat oder der das Opfer eines sexuellen Mißbrauchs vom Tatort zurückfährt , nicht geringer als etwa bei einem LKW-Fahrer, in dessen Fahrzeug Betäubungsmittel verborgen sind. dd) Der in der bisherigen praktischen Anwendung strafähnliche - und damit dem Gesetzeszweck widersprechende - Charakter der Maßregelanordnung zeigt sich vielfach auch in Erwägungen, welche im Rahmen einer für erforderlich gehaltenen Gesamtwürdigung von Tat und Täterpersönlichkeit die Feststellung von Ungeeignetheit stützen oder ihr entgegenstehen sollen. So sind etwa die Menge des vom Täter transportierten Rauschgifts (vgl. BGH, Beschl. vom 9. Juni 2000 - 3 StR 142/00) oder der Umstand, daß der Täter außer der Anlaßtat noch weitere Taten ohne Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeugs begangen hat (vgl. Senatsbeschluß vom 29. September 1991 - 2 StR 167/99, NStZ 2000, 26 f.), zwar für die Strafzumessung von Bedeutung ; ein maßregel-spezifischer Prognosewert kommt diesen Umständen hingegen nicht ohne weiteres zu.
Hierdurch wird die gesetzliche Abgrenzung zur Nebenstrafe des Fahr- verbots gemäß § 44 StGB verwischt; dies führt dazu, daß in der Praxis der Tatgerichte die Entscheidung zwischen der Verhängung eines Fahrverbots und der Entziehung der Fahrerlaubnis vielfach im Sinne einer StrafzumessungsEntscheidung von "Mehr" oder "Weniger" getroffen wird. Das entspricht weder dem Willen des Gesetzgebers (vgl. BT-Drucks. IV/651, S. 12 f.) noch dem Wortlaut des Gesetzes. Das Fahrverbot nach § 44 StGB setzt als "Denkzettel"Strafe eine Prognose zukünftiger Gefährdung gerade nicht voraus, sondern erschöpft sich nach seiner wesentlichen Zielsetzung in der Ahndung der begangenen Tat; seine spezialpräventive Wirkung ist somit wie bei der Strafe im allgemeinen nur einer unter mehreren angestrebten Zwecken. Daher ist das Fahrverbot schon nach seinen gesetzlichen Voraussetzungen die zutreffende Sanktion eines bloßen Mißbrauchs eines Kraftfahrzeugs im Zusammenhang mit der Begehung einer - auch verkehrsunspezifischen - Straftat (vgl. auch Piesker NZV 2002, 297 ff.). Die aktuellen rechtspolitischen Erwägungen zur Ausweitung des Fahrverbots bestätigen dies. ee) Eine weitgehende Gleichsetzung der gemäß § 69 StGB gebotenen strafrechtlichen Prognose mit der Eignungsbeurteilung gemäß §§ 2 ff. StVG sowie die Übertragung der zu §§ 2, 3 StVG ergangenen verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung auf die Anwendung der §§ 69, 69a StGB erscheint im Hinblick darauf nicht unbedenklich, daß die Beurteilungsgrundlage der Verwaltungsbehörde für die positive Feststellung der Eignung im Sinne des § 2 Abs. 4 StVG und für die Feststellung der Ungeeignetheit im Sinne des § 3 StVG wesentlich breiter ist als die des Strafrichters (so schon BT-Drucks. I/2674, S. 8 f.).
ff) Schließlich erscheint - auch im Hinblick auf Art. 103 Abs. 2 GG - die Tendenz der Rechtsprechung bedenklich, den gesetzlichen Katalog von Anlaßtaten für die Regelvermutung gemäß § 69 Abs. 2 StGB um weitere, außergesetzliche "Regelvermutungen" zu ergänzen, welche die verkehrsspezifischen Merkmale der in § 69 Abs. 2 StGB aufgeführten Taten gerade nicht enthalten, sondern sich auf in allgemeinen Straftaten zutage getretene charakterliche Mängel stützen. So kann etwa der Rechtssatz, "in aller Regel" begründe der Transport größerer Rauschgiftmengen in einem Kraftfahrzeug die Ungeeignetheit des Täters zum Führen von Kraftfahrzeugen (vgl. BGH, Urt. vom 30. Juli 1991 - 1 StR 404/91, BGHR StGB § 69 Abs. 1 Entziehung 3; Urt. vom 23. Juni 1992 - 1 StR 211/92, NStZ 1992, 586; Urt. vom 29. September 1999 - 2 StR 167/99, NStZ 2000, 26 f.; Beschl. vom 14. Mai 2003 - 1 StR 113/03), auch systematisch mit § 69 Abs. 2 StGB kaum vereinbart werden. Es gibt keinen empirischen oder normativen Grund anzunehmen, ein stets alle Verkehrsregeln einhaltender Betäubungsmittelhändler sei ungeeigneter zum Führen von Kraftfahrzeugen als z.B. ein notorischer Steuerhinterzieher, der seine falschen Steueranmeldungen regelmäßig unter Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit zum Nachtbriefkasten des Finanzamts fährt. Eine Tendenz zur Schaffung verkehrs-unspezifischer "Regel"Vermutungen zeigt sich namentlich auch in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu den Begründungsanforderungen an eine Maßregelanordnung bei verkehrsfremden Anlaßtaten. Hiernach soll eine umfassende Gesamtwürdigung der Beweisanzeichen aus dem Tatgeschehen und der Persönlichkeit des Täters nicht zwingend geboten sein, sondern sich nur aus den Umständen des Einzelfalles ergeben können (vgl. etwa BGHR StGB § 69 Abs. 1 Entziehung 6, 10; BGH, Beschl. vom 14. Mai 2003 - 1 StR 113/03; a.A. Geppert in LK § 69 Rdn. 105). Damit wird die Beweiserleichterung des § 69 Abs. 2 StGB im Er-
gebnis auf Fallgruppen übertragen, welche sich von den dort aufgeführten Anlaßtaten grundlegend unterscheiden. Eine Berechtigung hierfür ergibt sich aus dem Gesetz nicht.
d) Die in der Praxis kaum noch sicher voraussehbare und gleichmäßig vollzogene Anwendung der §§ 69, 69a StGB bei Anlaßtaten der verkehrsunspezifischen allgemeinen Kriminalität bedarf daher nach Ansicht des Senats der Einschränkung, welche das gesetzlich vorgegebene Wesen der Maßregel stärker als bisher beachtet und eine zuverlässigere systematische und praktische Abgrenzung zur Nebenstrafe nach § 44 StGB erlaubt. Das geeignete Kriterium hierfür ist nach Auffassung des Senats in dem Erfordernis zu finden, daß sich die Ungeeignetheit des Täters zum Führen von Kraftfahrzeugen, also eine von ihm ausgehende, zum Zeitpunkt der Entscheidung bestehende Gefahr für die Sicherheit des Verkehrs, "aus der Tat ergibt". Eine solche Feststellung kann weder schon darauf gestützt werden, daß der Täter die - verkehrsunspezifische - Anlaßtat überhaupt begangen hat, noch darauf, daß er hierzu - ohne Gefährdung der Verkehrssicherheit - ein Kraftfahrzeug mißbraucht hat. Die generalpräventive Erwägung, daß Täter allgemeiner Straftaten potentiell dazu neigen könnten, auch Verkehrssicherheitsinteressen zu verletzen, rechtfertigt die allein spezialpräventiv orientierte Feststellung der Maßregelvoraussetzungen nicht. Die Ungeeignetheit des Täters kann sich nur dann "aus der Tat ergeben" , wenn konkrete Umstände der Tatausführung im Zusammenhang mit einer Gesamtwürdigung von Tat und Täterpersönlichkeit Anhaltspunkte dafür ergeben , daß der Täter bereit ist, zur Erreichung seiner - auch nicht-kriminellen - Ziele die Sicherheit des Verkehrs zu beeinträchtigen. Hierfür ist die Feststellung bei der Tat begangener konkreter Gefährdungen nicht zwingend erforder-
lich, denn sonst könnte sich aus einer (nur) "im Zusammenhang" mit dem Kraftfahrzeugführen begangene Tat die Ungeeignetheit nur ergeben, wenn zugleich eine Pflichtverletzung vorliegt (zutreffend insoweit BGH, Beschl. vom 14. Mai 2003 - 1 StR 113/03). Ein Anwendungsbereich für die Maßregelanordnung bei "Zusammenhangs"-Taten kann sich beispielsweise dann ergeben, wenn festgestellt werden kann, daß eine verkehrsgefährdende Verwendung des Kraftfahrzeugs vom Täter geplant oder bewußt in Kauf genommen wurde (z. B. wenn bei einer Tat mit alsbaldiger Verfolgung und Flucht mit dem Kraftfahrzeug zu rechnen war). Bei heimlichen Taten oder der bloßen Benutzung eines Kraftfahrzeugs zur Suche nach Tatobjekten oder Tatopfern liegt dies hingegen nicht nahe. In solchen Fällen des "bloßen" Mißbrauchs eines Kraftfahrzeugs zur Durchführung einer Straftat wird vielmehr regelmäßig die Verhängung eines Fahrverbots geboten sein. 3. Der hier zur Entscheidung anstehende Sachverhalt gibt dem Senat dennoch keinen Anlaß, bei den anderen Strafsenaten anzufragen oder die Sache dem Großen Senat für Strafsachen wegen grundsätzlicher Bedeutung vorzulegen. Denn auch in der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine an § 69 Abs. 2 StGB angenäherte "Regel"-Vermutung für Diebstahlstaten wie die vorliegend abgeurteilten nicht angenommen worden, selbst wenn einzelne Entscheidungen durch allzu weite allgemeine Formulierungen oder pauschale Bezugnahmen auf die Entscheidung BGHSt 5, 179 der tatrichterlichen Praxis Anlaß zu dieser Annahme geben konnten. Selbst unter Zugrundelegung des bisher angewendeten Maßstabs für die Feststellung der Ungeeignetheit im Sinne des § 69 Abs. 1 StGB konnte daher die Anordnung der Maßregel hier nicht ohne weiteres auf die bloße Feststellung der Anlaßtat im Sinne eines Zusammenhangs der Taten mit dem Führen eines Kraftfahrzeugs ge-
stützt werden (vgl. oben III. 1); vielmehr war eine Gesamtwürdigung der Taten und der Täterpersönlichkeit erforderlich. Das Landgericht hat die Maßregelanordnung auf folgende - abschließende - Erwägungen gestützt: "Der Angeklagte hat sich durch seine Taten als zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet erwiesen. Ohne die Benutzung eines Fahrzeugs wären die Taten, insbesondere der Transport der Beute, in vielen Fällen nicht möglich gewesen. Die Benutzung seines Fahrzeugs für eine Vielzahl von rechtswidrigen Taten zeigt eine erhebliche charakterliche Ungeeignetheit, die den Angeklagten ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen macht. Die Dauer der Sperre für die Erteilung der Fahrerlaubnis war angesichts der Vielzahl der Taten auf zwei Jahre und sechs Monate festzusetzen ..." (UA S. 37). Mit diesen - auf die Feststellung des "Zusammenhangs" beschränkten - Erwägungen ist, wie die Revision zutreffend rügt, die Anordnung der Maßregel hier nicht hinreichend begründet. Die Begründung läßt nicht erkennen, daß das Landgericht die in sonstigen Ausführungen der Urteilsgründe, namentlich zu den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten, dargelegten Gesichtspunkte, welche für die Prognosebeurteilung von Gewicht sein können, im Rahmen einer Gesamtwürdigung in seine Überlegungen einbezogen hat. Die Begründung der Dauer der Sperrfrist gibt vielmehr Anlaß zu der Besorgnis, das Landgericht habe die Entziehung der Fahrerlaubnis und die Festsetzung der Sperrfrist unter Verkennung ihres Wesens als Maßregel jedenfalls überwiegend nach Maßstäben der Strafzumessung behandelt. Über die Maßregelanordnung ist daher neu zu entscheiden. Rissing-van Saan Bode Otten
Fischer Roggenbuck

(1) Soweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Gleichzeitig sind die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben, sofern sie durch die Gesetzesverletzung betroffen werden, wegen deren das Urteil aufgehoben wird.

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.

(1) Beim Bundesgerichtshof werden ein Großer Senat für Zivilsachen und ein Großer Senat für Strafsachen gebildet. Die Großen Senate bilden die Vereinigten Großen Senate.

(2) Will ein Senat in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Senats abweichen, so entscheiden der Große Senat für Zivilsachen, wenn ein Zivilsenat von einem anderen Zivilsenat oder von dem Großen Zivilsenat, der Große Senat für Strafsachen, wenn ein Strafsenat von einem anderen Strafsenat oder von dem Großen Senat für Strafsachen, die Vereinigten Großen Senate, wenn ein Zivilsenat von einem Strafsenat oder von dem Großen Senat für Strafsachen oder ein Strafsenat von einem Zivilsenat oder von dem Großen Senat für Zivilsachen oder ein Senat von den Vereinigten Großen Senaten abweichen will.

(3) Eine Vorlage an den Großen Senat oder die Vereinigten Großen Senate ist nur zulässig, wenn der Senat, von dessen Entscheidung abgewichen werden soll, auf Anfrage des erkennenden Senats erklärt hat, daß er an seiner Rechtsauffassung festhält. Kann der Senat, von dessen Entscheidung abgewichen werden soll, wegen einer Änderung des Geschäftsverteilungsplanes mit der Rechtsfrage nicht mehr befaßt werden, tritt der Senat an seine Stelle, der nach dem Geschäftsverteilungsplan für den Fall, in dem abweichend entschieden wurde, zuständig wäre. Über die Anfrage und die Antwort entscheidet der jeweilige Senat durch Beschluß in der für Urteile erforderlichen Besetzung; § 97 Abs. 2 Satz 1 des Steuerberatungsgesetzes und § 74 Abs. 2 Satz 1 der Wirtschaftsprüferordnung bleiben unberührt.

(4) Der erkennende Senat kann eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung dem Großen Senat zur Entscheidung vorlegen, wenn das nach seiner Auffassung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist.

(5) Der Große Senat für Zivilsachen besteht aus dem Präsidenten und je einem Mitglied der Zivilsenate, der Große Senate für Strafsachen aus dem Präsidenten und je zwei Mitgliedern der Strafsenate. Legt ein anderer Senat vor oder soll von dessen Entscheidung abgewichen werden, ist auch ein Mitglied dieses Senats im Großen Senat vertreten. Die Vereinigten Großen Senate bestehen aus dem Präsidenten und den Mitgliedern der Großen Senate.

(6) Die Mitglieder und die Vertreter werden durch das Präsidium für ein Geschäftsjahr bestellt. Dies gilt auch für das Mitglied eines anderen Senats nach Absatz 5 Satz 2 und für seinen Vertreter. Den Vorsitz in den Großen Senaten und den Vereinigten Großen Senaten führt der Präsident, bei Verhinderung das dienstälteste Mitglied. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen.

(2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Umstände, die für und gegen den Täter sprechen, gegeneinander ab. Dabei kommen namentlich in Betracht:

die Beweggründe und die Ziele des Täters, besonders auch rassistische, fremdenfeindliche, antisemitische oder sonstige menschenverachtende,die Gesinnung, die aus der Tat spricht, und der bei der Tat aufgewendete Wille,das Maß der Pflichtwidrigkeit,die Art der Ausführung und die verschuldeten Auswirkungen der Tat,das Vorleben des Täters, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowiesein Verhalten nach der Tat, besonders sein Bemühen, den Schaden wiedergutzumachen, sowie das Bemühen des Täters, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen.

(3) Umstände, die schon Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes sind, dürfen nicht berücksichtigt werden.