Bundesgerichtshof Urteil, 08. März 2001 - 4 StR 477/00

bei uns veröffentlicht am08.03.2001

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
4 StR 477/00
vom
8. März 2001
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 8. März 2001,
an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Meyer-Goßner
und die Richter am Bundesgerichtshof
Maatz,
Dr. Kuckein,
Athing,
Dr. Ernemann
als beisitzende Richter,
Staatsanwalt in der Verhandlung,
Staatsanwalt bei der Verkündung
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:

I.


Die Revisionen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 23. Mai 2000 werden verworfen. II. Der Angeklagte trägt die Kosten seines Rechtsmittels. Die Kosten der Revision der Staatsanwaltschaft und die hierdurch dem Angeklagten entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse.
Von Rechts wegen

Gründe:

I.

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung und wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und einem Monat verurteilt; ferner hat es ihm die Fahrerlaubnis entzogen, seinen Führerschein eingezogen und eine Sperrfrist von fünf Jahren bestimmt, vor deren Ablauf dem Angeklagten keine neue Fahrerlaubnis erteilt werden darf. Gegen dieses Urteil wenden sich der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft mit ihren Revisionen. Der Angeklagte beanstandet mit seiner Revision, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts geltend macht, insbesondere die Annahme vorsätzlich herbeigeführter Verletzung des Tatopfers. Die Staatsanwaltschaft erstrebt mit ihrem auf die Sachbeschwerde gestützten Rechtsmittel die Verurteilung des Angeklagten wegen versuchten Mordes. Beide Rechtsmittel haben keinen Erfolg.

II.

Am Nachmittag des Tattages fuhr der Angeklagte zusammen mit den gesondert Verfolgten A. und D. mit einem Kleintransporter des Typs Renault Traffic auf den in Ratingen gelegenen Betriebshof der Spedition des 71-jährigen Johann Sch. , um dort gelagerte gebrauchte Gitterboxen und Paletten zu entwenden. Sie hatten bereits den Kleintransporter verlassen, als sie von dem Kraftfahrer der Firma, T. , bemerkt wurden, der etwa zeitgleich mit einem Lkw auf den Betriebshof gefahren war. Nach Rücksprache mit dem Juniorchef der Firma forderte T. die drei auf, das Gelände sofort zu verlassen , woraufhin sie sich zu dem Kleintransporter begaben. Bevor sie das Fahrzeug erreicht hatten, kam ihnen Johann Sch. , der Seniorchef der Firma, zusammen mit dem Kraftfahrer T. und drei weiteren Betriebsangehörigen entgegen und forderte sie auf, "zum Zwecke der Feststellung der Personalien stehen zu bleiben, er habe die Polizei verständigt." Der Angeklagte und seine Begleiter wollten sich "auf keinen Fall von der Polizei festnehmen lassen" und "entschlossen .... sich, mit dem Kleintransporter zu fliehen". Während D. und A. durch die Hofzufahrt auf die Straße rannten, gelang es dem Angeklagten trotz Eingreifens von Johann Sch. , in den Kleintransporter einzusteigen. Er wendete nunmehr das Fahrzeug, um das Gelände ebenfalls zu verlassen, schaffte den Wendevorgang jedoch nicht in einem Zuge, sondern mußte vor einer Mauer kurz anhalten und zurücksetzen. Der Versuch eines der Betriebsangehörigen, ihn in diesem Augenblick aus dem Fahrzeug zu ziehen, mißlang. "Der Angeklagte legte den Vorwärtsgang ein und gab kräftig Gas". Zu diesem Zeitpunkt stand Sch. auf dem Zufahrtsweg mit Blickrichtung zur Straße. "Als er hörte, wie hinter ihm der Kleintransporter mit aufheulendem Motor und quietschenden Reifen anfuhr, drehte er sich nach rechts um". Weiter stellt das Landgericht fest (UA 11):
"Bevor er die Körperdrehung vollendet hatte, wurde er von der Fahrerseite des Kleintransporters, welcher nach dem Anfahren etwa eine Fahrzeuglänge zurückgelegt hatte, erfaßt, so daß er .... teils an die Motorhaube , teils an die Windschutzscheibe angeschmiegt wurde. Zugunsten des Angeklagten ist anzunehmen, daß er ... Sch. überhaupt nicht gesehen oder erst so spät bemerkt hat, daß er den Zusammenstoß nicht mehr hat verhindern können. Sicher ist jedoch, daß er jedenfalls nach dem Zusammenstoß erkannte, daß sich der Zeuge auf der Fahrzeugfront befand, bei Fortsetzung der Fahrt überfahren werden und dadurch auch tödliche Verletzungen davontragen konnte. (...) Aus Angst vor einer polizeilichen Festnahme .... setzte (er) die Fahrt mit unverminderter Beschleunigung fort. Hierbei nahm er erhebliche Verletzungen des Zeugen Sch. in Kauf, er vertraute aber darauf, daß der Zeuge das Überfahren überleben werde. 1 bis 2 Sekunden nach dem Zusammenstoß war der Zeuge Sch. s o weit nach unten gerutscht, daß sein rechtes Bein vom linken (fahrerseitigen) Vorderrad erfaßt und dadurch .... auf die Fahrbahndecke gezogen wurde. Sodann fuhr der Wagen mit dem linken Vorder- und dem linken Hinterrad über die rechte Wade, quer über den Rumpf und über das linke Schulterblatt und Schlüsselbein des Zeugen." Zwischenzeitlich war der Kraftfahrer T. mit einem Sattelschlepper der Firma an dem Kleintransporter vorbei auf die Straße gefahren, wo er dem Angeklagten den Weg abschnitt, indem er mit dem Lkw von rechts gegen den Kleintransporter stieß, der dadurch zwischen dem Lkw und zwei links geparkten Pkw eingekeilt wurde. Um sich aus dieser Situation zu befreien, gab der Angeklagte "Vollgas", so daß es ihm gelang, die Lücke zu durchstoßen und zu
flüchten. An einem der Pkw und dem Lkw entstand ein Sachschaden in Höhe von zusammen mindestens 20.000 DM. III. Revision des Angeklagten 1. Die Verfahrensbeschwerden, mit denen eine Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht (§ 244 Abs. 2 StPO) geltend gemacht wird, sind unzulässig , da sie nicht der in § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO vorgeschriebenen Form genügen. Soweit der Beschwerdeführer die fehlende Inaugenscheinnahme der vom Tatfahrzeug gefertigten Lichtbilder beanstandet, hätten die betreffenden Lichtbilder in die Revisionsbegründung aufgenommen werden müssen (BGH, Urteil vom 28. November 2000 - 5 StR 299/00). Im übrigen fehlt es hier ebenso wie bei der weiteren Aufklärungsrüge, die die im Fall eines Abbremsens durch den Angeklagten drohenden Verletzungsfolgen betrifft, an der konkreten Bezeichnung des Ergebnisses, das von der unterbliebenen Beweiserhebung zu erwarten gewesen wäre (Kleinknecht/Meyer-Goßner StPO 44. Aufl. § 244 Rdn. 81 m.N.). Mit den weiteren beiden Aufklärungsrügen wendet sich die Revision im Ergebnis ausschließlich gegen die Beweiswürdigung; sie sind deshalb nur im Rahmen der Sachrüge zu beachten. 2. Die Überprüfung des Urteils auf Grund der Sachbeschwerde hat keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Die gegen die Beweiswürdigung gerichteten Angriffe der Revision sind unbegründet. Die Annahme des - sachverständig beratenen - Landgerichts, der Angeklagte habe den Geschädigten nach dem Anstoß, durch den er ihn auf dem Fahrzeug mitnahm, wahrgenommen, beruht auf einer ausreichenden Tatsachengrundlage.
Ohne Rechtsfehler hat das Landgericht auch ein Handeln mit (bedingtem ) Körperverletzungsvorsatz durch den Angeklagten bejaht. Daß dem Angeklagten - wovon zu seinen Gunsten auszugehen ist - nur eine Sekunde für die Entscheidung verblieb, durch Abbremsen einer Verletzungsgefahr für den Geschädigten zu begegnen oder unter Inkaufnahme dieser Gefahr weiterzufahren , stellt den Vorsatz nicht in Frage. Der Kleintransporter fuhr - wie das Landgericht feststellt - beim Zusammenstoß mit dem Geschädigten nur "wenige Stundenkilometer", "so daß es ohne weiteres möglich gewesen wäre, das Fahrzeug durch Betätigung der Fußbremse sofort anzuhalten". Davon ausgehend stellt es einen möglichen - und deshalb vom Revisionsgericht hinzunehmenden - Schluß dar, wenn sich das Landgericht unter Berücksichtigung insbesondere der Motivlage des Angeklagten die Überzeugung verschafft hat, daß er sich "bewußt für die Fortsetzung der Flucht und - damit verbunden - für die Gefahr eines Überrollens des Zeugen Sch. entschieden hat". Ein Erfahrungssatz , daß - wie die Revision mit Blick auf den Begriff der "Schrecksekunde" meint - innerhalb einer Sekunde ein solcher Verletzungsvorsatz nicht gefaßt werden kann, besteht nicht; vielmehr ist in der Rechtsprechung anerkannt, daß Reaktionszeiten von unter einer Sekunde in Betracht kommen (vgl. die Nachweise bei Hentschel Straßenverkehrsrecht 36. Aufl. StVO § 1 Rdn. 29 und 30). Die Würdigung durch das Schwurgericht steht schließlich auch nicht im Widerspruch zur Verneinung eines (bedingten) Tötungsvorsatzes (dazu unten IV auf die Revision der Staatsanwaltschaft). Auch die Verurteilung des Angeklagten wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort und die Rechtsfolgenentscheidung sind frei von Rechtsfehlern zum Nachteil des Angeklagten. Insoweit erhebt die Revision auch keine ausdrücklichen Einwendungen.
IV. Revision der Staatsanwaltschaft Die Begründung, mit der das Landgericht zwar einen Verletzungsvorsatz beim Angeklagten bejaht, einen (bedingten) Tötungsvorsatz aber verneint hat, hält im Ergebnis ebenfalls rechtlicher Nachprüfung stand. Zwar liegt es bei besonders gefährlichen Verhaltensweisen, wie es das Mitschleifen eines Menschen an einem beschleunigenden Kraftfahrzeug darstellt , nahe, daß der Täter auch mit der Möglichkeit rechnet, das Opfer könne dabei zu Tode kommen. Das hat das Landgericht auch angenommen. Der bedingte Tötungsvorsatz setzt jedoch weiter voraus, daß der Täter den Eintritt des tatbestandlichen Erfolges, den er als möglich und nicht ganz fernliegend erkennt, auch billigt (st. Rspr.; BGH NStZ 1981, 22 f; 1984, 19 m.w.N.). Deshalb bedarf der Schluß von der Gefährlichkeit der Tathandlung auf einen bedingten Tötungsvorsatz im Hinblick auf die gegenüber der Tötung eines anderen Menschen bestehende hohe Hemmschwelle einer eingehenden Prüfung anhand aller Umstände des Einzelfalles (st. Rspr.; BGHR StGB § 212 Abs. 1 Vorsatz, bedingter, 1, 2, 3, 5, 12, 13). Diesen Anforderungen wird das angefochtene Urteil noch gerecht. Die Beschwerdeführerin weist allerdings zu Recht darauf hin, daß sich der vorliegende Fall wesentlich von jenen Sachverhalten unterscheidet, in denen der Täter zwar mit einem Kraftfahrzeug auf eine Person zufährt, aber - wie namentlich in den Fällen der Polizeiflucht - darauf vertraut, der andere werde unter dem Eindruck des sich nähernden Fahrzeugs noch rechtzeitig die Fahrspur freigeben (vgl. BGH StV 1992, 420; BGHR StGB § 212 Abs. 1 Vorsatz, bedingter 28 und 43). Bei der hier gegebenen Situation, bei der der Angeklagte den Geschädigten nach dem Anstoß mit dem Fahrzeug mitschleifte, konnte sich jener kaum ohne Schaden außer Gefahr bringen. Dies vermag zwar den
von dem Schwurgericht zutreffend bejahten Körperverletzungsvorsatz zu begründen , belegt für sich jedoch noch nicht auch einen bedingten Tötungsvorsatz (vgl. Senatsurteil vom 21. Januar 1993 - 4 StR 624/92). Daß der Angeklagte die Lebensgefährlichkeit der Verletzungshandlung erkannt, sich dennoch aber nicht bewußt mit dem Tod des Geschädigten abgefunden hat, entspricht der Unterscheidung des Gesetzes zwischen vorsätzlicher Tötungshandlung und vorsätzlicher Körperverletzung “mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung” (§ 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB; vgl. BGHR StGB § 212 Abs. 1 Vorsatz, bedingter 10, 41) und läßt deshalb in bezug auf einen möglichen Tötungserfolg nur den Vorwurf der (bewußten) Fahrlässigkeit zu (std. Rspr.; BGH NJW 1999, 2533, 2534). Davon ist das Landgericht hier im Ergebnis ohne einen den Angeklagten begünstigenden Rechtsfehler ausgegangen. Was die Beschwerdeführerin dagegen einwendet, erschöpft sich letztlich in dem im Revisionsverfahren unbeachtlichen Versuch, die dem Tatrichter vorbehaltene Würdigung der zur inneren Tatseite getroffenen Feststellungen durch eine eigene zu ersetzen. Dabei verfehlt die Beschwerdeführerin schon insoweit den revisionsrechtlich zutreffenden Ansatz, als sie davon ausgeht, daß der Angeklagte "vorsätzlich auf den Zeugen zugefahren ist" (RB S. 4); denn hiermit wendet sie sich gegen die vom Landgericht getroffenen Feststellungen , das sich gerade nicht die Überzeugung zu verschaffen vermocht hat, "daß der Angeklagte den Zeugen Sch. so rechtzeitig bemerkt hat, daß er den Zusammenstoß noch durch Abbremsen oder Ausweichen hätte verhindern können". Die nach den Umständen mögliche und deshalb rechtsfehlerfrei gezogene Schlußfolgerung, dem Angeklagten sei ein gezieltes Zufahren auf den Geschädigten nicht nachzuweisen, bindet das Revisionsgericht (Kuckein in KKStPO 4. Aufl. § 337 Rdn. 3 m.N.). Hiernach verblieb dem Angeklagten nach dem Anstoß bis zum Überrollen des Geschädigten nach dem Zweifelsgrund-
satz nur eine Sekunde für die Entschließung, entweder anzuhalten oder unter Inkaufnahme der für den Geschädigten bestehenden Gefahr die Fahrt zur Flucht fortzusetzen. Wenn sich das Landgericht angesichts dieser Kürze und Schnelligkeit des Geschehensablaufs, der Spontaneität des Tatentschlusses und des auf Flucht und – wie es ausdrücklich erörtert – nicht auf “Einsatz von körperlicher Gewalt” ausgerichteten Bestrebens des Angeklagten nicht mit der für eine Verurteilung ausreichenden Sicherheit davon überzeugen konnte, daß der Angeklagte "auch die erhöhte Hemmschwelle, welche vor der Billigung eines tödlichen Ausgangs liegt, überwunden hat", so ist dies von Rechts wegen nicht zu beanstanden (vgl. Senatsurteil vom 30. Mai 2000 – 4 StR 90/00, StraFo 2000, 417). Die Verneinung eines bedingten Tötungsvorsatzes durch das Schwurgericht steht auch nicht in unauflösbarem Widerspruch zu Erwägungen im Rahmen der Strafzumessung. Zwar lastet das Landgericht dem Angeklagten straferschwerend an, es sei "einzig dem Zufall zu verdanken", daß der Unfall nicht tödlich ausgegangen sei. Damit umschreibt das Urteil aber - wie der Zusammenhang erkennen läßt - nur die objektive “besondere Gefährlichkeit der Tat-
handlung". Dies belegt aber - wie ausgeführt - nicht schon für sich das voluntative Element des (bedingten) Tötungsvorsatzes. Meyer-Goßner Maatz Kuckein Athing Ernemann

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 08. März 2001 - 4 StR 477/00

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 08. März 2001 - 4 StR 477/00

Referenzen - Gesetze

Strafprozeßordnung - StPO | § 344 Revisionsbegründung


(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen. (2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer R

Strafprozeßordnung - StPO | § 244 Beweisaufnahme; Untersuchungsgrundsatz; Ablehnung von Beweisanträgen


(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme. (2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.
Bundesgerichtshof Urteil, 08. März 2001 - 4 StR 477/00 zitiert 8 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 344 Revisionsbegründung


(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen. (2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer R

Strafprozeßordnung - StPO | § 244 Beweisaufnahme; Untersuchungsgrundsatz; Ablehnung von Beweisanträgen


(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme. (2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

Strafgesetzbuch - StGB | § 224 Gefährliche Körperverletzung


(1) Wer die Körperverletzung 1. durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen,2. mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs,3. mittels eines hinterlistigen Überfalls,4. mit einem anderen Beteiligten gemeins

Strafgesetzbuch - StGB | § 212 Totschlag


(1) Wer einen Menschen tötet, ohne Mörder zu sein, wird als Totschläger mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft. (2) In besonders schweren Fällen ist auf lebenslange Freiheitsstrafe zu erkennen.

Referenzen - Urteile

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Bundesgerichtshof Urteil, 28. Nov. 2000 - 5 StR 299/00

bei uns veröffentlicht am 28.11.2000

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES 5 StR 299/00 URTEIL vom 28. November 2000 in der Strafsache gegen 1. 2. wegen räuberischer Erpressung u. a. Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Hauptverhandlung vom 27. und 28. Novembe
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 08. März 2001 - 4 StR 477/00.

Bundesgerichtshof Urteil, 22. März 2012 - 4 StR 558/11

bei uns veröffentlicht am 22.03.2012

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 4 StR 558/11 vom 22. März 2012 in der Strafsache gegen BGHSt: ja BGHR: ja Nachschlagewerk: ja Veröffentlichung: ja ____________________________ StGB §§ 15, 211, 212 Zur "Hemmschwellentheorie" bei

Referenzen

(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme.

(2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

(3) Ein Beweisantrag liegt vor, wenn der Antragsteller ernsthaft verlangt, Beweis über eine bestimmt behauptete konkrete Tatsache, die die Schuld- oder Rechtsfolgenfrage betrifft, durch ein bestimmt bezeichnetes Beweismittel zu erheben und dem Antrag zu entnehmen ist, weshalb das bezeichnete Beweismittel die behauptete Tatsache belegen können soll. Ein Beweisantrag ist abzulehnen, wenn die Erhebung des Beweises unzulässig ist. Im Übrigen darf ein Beweisantrag nur abgelehnt werden, wenn

1.
eine Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist,
2.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, für die Entscheidung ohne Bedeutung ist,
3.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, schon erwiesen ist,
4.
das Beweismittel völlig ungeeignet ist,
5.
das Beweismittel unerreichbar ist oder
6.
eine erhebliche Behauptung, die zur Entlastung des Angeklagten bewiesen werden soll, so behandelt werden kann, als wäre die behauptete Tatsache wahr.

(4) Ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Sachverständigen kann, soweit nichts anderes bestimmt ist, auch abgelehnt werden, wenn das Gericht selbst die erforderliche Sachkunde besitzt. Die Anhörung eines weiteren Sachverständigen kann auch dann abgelehnt werden, wenn durch das frühere Gutachten das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits erwiesen ist; dies gilt nicht, wenn die Sachkunde des früheren Gutachters zweifelhaft ist, wenn sein Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, wenn das Gutachten Widersprüche enthält oder wenn der neue Sachverständige über Forschungsmittel verfügt, die denen eines früheren Gutachters überlegen erscheinen.

(5) Ein Beweisantrag auf Einnahme eines Augenscheins kann abgelehnt werden, wenn der Augenschein nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. Unter derselben Voraussetzung kann auch ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Zeugen abgelehnt werden, dessen Ladung im Ausland zu bewirken wäre. Ein Beweisantrag auf Verlesung eines Ausgangsdokuments kann abgelehnt werden, wenn nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts kein Anlass besteht, an der inhaltlichen Übereinstimmung mit dem übertragenen Dokument zu zweifeln.

(6) Die Ablehnung eines Beweisantrages bedarf eines Gerichtsbeschlusses. Einer Ablehnung nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn die beantragte Beweiserhebung nichts Sachdienliches zu Gunsten des Antragstellers erbringen kann, der Antragsteller sich dessen bewusst ist und er die Verschleppung des Verfahrens bezweckt; die Verfolgung anderer verfahrensfremder Ziele steht der Verschleppungsabsicht nicht entgegen. Nach Abschluss der von Amts wegen vorgesehenen Beweisaufnahme kann der Vorsitzende eine angemessene Frist zum Stellen von Beweisanträgen bestimmen. Beweisanträge, die nach Fristablauf gestellt werden, können im Urteil beschieden werden; dies gilt nicht, wenn die Stellung des Beweisantrags vor Fristablauf nicht möglich war. Wird ein Beweisantrag nach Fristablauf gestellt, sind die Tatsachen, die die Einhaltung der Frist unmöglich gemacht haben, mit dem Antrag glaubhaft zu machen.

(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen.

(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
5 StR 299/00
URTEIL
vom 28. November 2000
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen räuberischer Erpressung u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Hauptverhandlung
vom 27. und 28. November 2000 in der Sitzung vom 28. November
2000, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin Harms,
Richter Basdorf,
Richterin Dr. Tepperwien,
Richterin Dr. Gerhardt,
Richter Dr. Brause
als beisitzende Richter,
Richterin am Landgericht
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt G
als Verteidiger des Angeklagten P ,
Rechtsanwalt D
als Verteidiger der Angeklagten Pi ,
Rechtsanwältin B
als Vertreterin des Nebenklägers Gr ,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revisionen des Nebenklägers gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 26. Januar 2000 werden auf seine Kosten verworfen.
Der Nebenkläger hat die den Angeklagten durch seine Rechtsmittel entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e Das Landgericht hat die Angeklagten vom Vorwurf der gemeinschaftlichen räuberischen Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. Die hiergegen gerichteten Revisionen des Nebenklägers, mit denen er das Verfahren beanstandet und die Verletzung materiellen Rechts rügt, bleiben ohne Erfolg.
1. Die Rügen, mit denen eine Verletzung der nach § 244 Abs. 2 StPO gebotenen Aufklärungspflicht beanstandet wird, sind unzulässig, da sie nicht der in § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO vorgeschriebenen Form genügen.

a) Der Beschwerdeführer, der eine Verletzung des Verfahrensrechts geltend macht, muß die den Mangel begründenden Tatsachen so vollständig und genau angeben, daß das Revisionsgericht allein aufgrund der Begründungsschrift prüfen kann, ob ein Verfahrensfehler vorliegt, wenn die behaupteten Tatsachen zutreffen. Danach setzt eine zulässige Aufklärungsrüge nicht nur die Benennung eines bestimmten Beweismittels und eines be- stimmten Beweisergebnisses voraus, sondern es bedarf auch der Darlegung der Umstände und Vorgänge, die für die Beurteilung der Frage, ob sich dem Gericht die vermißte Beweiserhebung aufdrängen mußte, bedeutsam sein könnten (st. Rspr.; vgl. nur BGHR StPO § 344 Abs. 2 Satz 2 – Aufklärungsrüge 6 m.w.N.). Daran fehlt es hier bei mehreren Rügen: Soweit die Revision geltend macht, das Landgericht hätte das Zustandekommen von Verletzungen des Nebenklägers mittels eines Elektroschockgeräts durch Vernehmung des den Nebenkläger am Tattage behandelnden Arztes sowie durch die Anhörung eines gerichtsmedizinischen Sachverständigen näher aufklären müssen, und hierbei auf Lichtbilder von den Verletzungen sowie den schriftlichen Arztbericht des Unfallarztes verweist, hätten Arztbericht und Lichtbilder in die Revisionsbegründung aufgenommen werden müssen. Da dies nicht erfolgt ist, vermag der Senat nicht zu beurteilen, ob die genannten Urkunden bzw. die Lichtbilder das Landgericht zu weiteren Beweiserhebungen hätten drängen müssen.
An einem entsprechenden Mangel leidet auch die Rüge, das Landgericht habe die Einholung (weiterer) daktyloskopischer Gutachten unterlassen, denn das Gutachten des Landeskriminalamtes vom 31. August 1998, an das die Revision anknüpft, wird dem Senat nicht im einzelnen mitgeteilt.
Für die Zulässigkeit der Rüge, das Landgericht hätte durch ein psychologischen Sachverständigen feststellen lassen müssen, daß die Unterschriften unter zwei Schriftstücken unter Zwang geleistet wurden, fehlt es an der Vorlage der jeweiligen Schriftstücke.

b) Die Rüge, das Landgericht sei Widersprüchen, die sich bereits aus Inhalt und äußerem Erscheinungsbild einer schriftlichen Vergleichsvereinbarung ergäben, nicht in der gebotenen Form nachgegangen, entbehrt einer konkreten Beweisbehauptung. Im übrigen kann die Nichtausschöpfung der vom Tatrichter benutzten Beweismittel, insbesondere das hier beanstandete Fehlen von Vorhalten, mit der Revision nicht zulässig gerügt werden, da die Überprüfung des geltend gemachten Verfahrensfehlers eine im Revisionsverfahren nicht statthafte Rekonstruktion der tatrichterlichen Hauptverhandlung voraussetzen würde (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO 44. Aufl. § 244 Rdn. 82 m.w.N.).
2. Auch eine Überprüfung des Urteils aufgrund der erhobenen Sachrüge läßt keine die Angeklagten begünstigenden Rechtsfehler erkennen.

a) Das Landgericht hat die Einlassung der Angeklagten Pi für glaubhaft erachtet, weil sie nicht nur in sich folgerichtig war, sondern auch in wesentlichen Teilen – Kündigung von zwei Lebensversicherungen und Erhöhung eines Überziehungskredits in engem zeitlichen Zusammenhang mit der von der Angeklagten behaupteten beabsichtigten Schuldentilgung beim Nebenkläger – durch objektive Beweismittel gestützt worden ist.
Daneben hat die Strafkammer für die Feststellung, daß die Angeklagte und der Nebenkläger sich – entgegen der Aussage des Nebenklägers – telefonisch auf eine einmalige Zahlung von 12.000 DM geeinigt hatten, unter anderem als Indiz herangezogen, daß die Angeklagte ihren mitangeklagten Lebensgefährten P am Tattage mit dem “gesamten Geld ” zum Nebenkläger geschickt hatte. Diese Überlegung stellt entgegen der Auffassung der Revision keinen unzulässigen Zirkelschluß dar, weil sie nicht allein auf den Angaben der Angeklagten beruht. Vielmehr war zum einen durch objektive Beweismittel belegt, daß die Angeklagte zeitnah einen entsprechenden Geldbetrag von ihrem Bankkonto abgehoben hatte. Zum anderen hatte der Nebenkläger zeugenschaftlich ausgesagt, der Mitangeklagte P habe ihm in seiner, des Nebenklägers Wohnung, einen Geldumschlag gezeigt, das Geld aber wieder weggesteckt (UA S. 8). Ersichtlich hat das Landgericht aus diesen beiden Umständen den naheliegenden Schluß gezogen, daß die Angeklagte Pi die von ihrem Konto abgehobenen 12.000 DM am Tattag dem Mitangeklagten auch tatsächlich ausgehändigt hat. Daß das Landgericht an diese Feststellung weitere Schlußfolgerungen anknüpft, ist nicht zu beanstanden.

b) Auch der Freispruch des Angeklagten P läßt Rechtsfehler nicht erkennen. Als Beweismittel dafür, daß der Angeklagte P den Nebenkläger gemeinsam mit einem unbekannten Mittäter unter anderem unter Einsatz eines Elektroschockgeräts gezwungen haben soll, einen Vergleich über 12.000 DM zu unterschreiben und den Erhalt des – dem Nebenkläger vorenthaltenen – Geldbetrages zu quittieren, steht nur die Aussage des Nebenklägers zur Verfügung. Zwar erscheint diese in sich plausibel und wird gestützt durch Verletzungen, die der Nebenkläger bei Anzeigenerstattung aufwies. Gegen die Glaubwürdigkeit des Nebenklägers sprach aber, daß er im Rahmen des Zivilprozesses, der Hintergrund der den Angeklagten zur Last gelegten Taten ist, zu seinen Vermögensverhältnissen unwahre Angaben gemacht hat und daß seine Behauptung, es habe keine telefonische Einigung über eine Zahlung von 12.000 DM gegeben, widerlegt worden ist. Angesichts dieser unwahren Angaben in wesentlichen Details hätte es für eine Verurteilung des Angeklagten P aussagekräftiger Indizen außerhalb der Aussage des Belastungszeugen bedurft (vgl. BGHR StPO § 261 – Beweiswürdigung 15). Daß das Landgericht die Verletzungen des Nebenklägers hierfür nicht als ausreichend erachtet hat, stellt angesichts der Geringfügigkeit der Verletzungen und des Fehlens signifikanter Merkmale, die auf eine bestimmte Art der Beibringung schließen lassen, keinen Rechtsfehler dar.
Damit durfte das Landgericht die Angeklagten freisprechen, ohne daß es hierfür auf die übrigen – nicht durchweg überzeugenden – Hilfserwägungen ankäme.
Harms Basdorf Tepperwien Gerhardt Brause

(1) Wer einen Menschen tötet, ohne Mörder zu sein, wird als Totschläger mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft.

(2) In besonders schweren Fällen ist auf lebenslange Freiheitsstrafe zu erkennen.

(1) Wer die Körperverletzung

1.
durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen,
2.
mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs,
3.
mittels eines hinterlistigen Überfalls,
4.
mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich oder
5.
mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung
begeht, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(1) Wer einen Menschen tötet, ohne Mörder zu sein, wird als Totschläger mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft.

(2) In besonders schweren Fällen ist auf lebenslange Freiheitsstrafe zu erkennen.