Bundesgerichtshof Urteil, 10. Feb. 2011 - 4 StR 552/10

bei uns veröffentlicht am10.02.2011

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
4 StR 552/10
vom
10. Februar 2011
in der Strafsache
gegen
wegen falscher Verdächtigung
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 10. Februar
2011, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Ernemann,
Richterin am Bundesgerichtshof
Solin-Stojanović,
Richter am Bundesgerichtshof
Cierniak,
Dr. Franke,
Dr. Mutzbauer
als beisitzende Richter,
Bundesanwältin beim Bundesgerichtshof
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Essen vom 26. Februar 2010 dahin ergänzt , dass die Anordnung des Wertersatzverfalls in Höhe von 220.000 Euro aufrechterhalten wird.
2. Der Angeklagte hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten der falschen Verdächtigung schuldig gesprochen und unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus dem Urteil des Landgerichts Essen vom 18. Juni 2008 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt; eine Entscheidung über den in jenem Urteil angeordneten Wertersatzverfall in Höhe von 220.000 Euro hat das Landgericht nicht getroffen. Mit ihrer auf die Rüge der Verletzung sachlichen Rechts gestützten Revision erstrebt die Staatsanwaltschaft die Ergänzung der Urteilsformel um den Ausspruch über die Aufrechterhaltung des in dem früheren Urteil angeordneten Wertersatzverfalls. Das vom Generalbundesanwalt vertretene Rechtsmittel hat Erfolg.
2
Im Fall der nachträglichen Gesamtstrafenbildung sind Maßnahmen, auf die in der früheren Entscheidung erkannt war, aufrechtzuerhalten, soweit sie nicht durch die neue Entscheidung gegenstandslos werden (§ 55 Abs. 2 StGB). Darüber hinaus ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass ein Aufrechterhalten von Maßnahmen dann nicht in Betracht kommt, wenn die tatsächlichen oder rechtlichen Voraussetzungen für ihre (weitere) Vollstreckung entfallen sind (vgl. BGH, Urteil vom 27. November 1996 - 3 StR 317/96, BGHSt 42, 306, 308 m.w.N. - Zeitablauf bei Sperrfrist nach § 69a StGB -; Urteil vom 22. Mai 2003 - 4 StR 130/03, BGHR StGB § 55 Abs. 2 Aufrechterhalten 8 - Eigentumsübergang nach § 74e Abs. 1 StGB -).
3
Derartige, einer Aufrechterhaltung entgegenstehende Umstände liegen hier nicht vor. Das Landgericht war daher hinsichtlich der Anordnung des Wertersatzverfalls an die Rechtskraft der früheren Entscheidung gebunden (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Dezember 1991 - 3 StR 500/91, NStZ 1992, 231). Es hätte deswegen in der Urteilsformel (vgl. BGH, Urteil vom 10. April 1979 - 4 StR 87/79, NJW 1979, 2113; vgl. auch Fischer, StGB, 58. Aufl., § 55 Rn. 38) den in der früheren Entscheidung angeordneten Wertersatzverfall ausdrücklich aufrechterhalten müssen.
4
Dies holt der Senat auf die Revision der Staatsanwaltschaft nach.
Ernemann Solin-Stojanović Cierniak
Franke Mutzbauer

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 10. Feb. 2011 - 4 StR 552/10

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 10. Feb. 2011 - 4 StR 552/10

Referenzen - Gesetze

Strafgesetzbuch - StGB | § 55 Nachträgliche Bildung der Gesamtstrafe


(1) Die §§ 53 und 54 sind auch anzuwenden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen h

Strafgesetzbuch - StGB | § 69a Sperre für die Erteilung einer Fahrerlaubnis


(1) Entzieht das Gericht die Fahrerlaubnis, so bestimmt es zugleich, daß für die Dauer von sechs Monaten bis zu fünf Jahren keine neue Fahrerlaubnis erteilt werden darf (Sperre). Die Sperre kann für immer angeordnet werden, wenn zu erwarten ist, daß

Strafgesetzbuch - StGB | § 74e Sondervorschrift für Organe und Vertreter


Hat jemand 1. als vertretungsberechtigtes Organ einer juristischen Person oder als Mitglied eines solchen Organs,2. als Vorstand eines nicht rechtsfähigen Vereins oder als Mitglied eines solchen Vorstandes,3. als vertretungsberechtigter Gesellschafte
Bundesgerichtshof Urteil, 10. Feb. 2011 - 4 StR 552/10 zitiert 4 §§.

Strafgesetzbuch - StGB | § 55 Nachträgliche Bildung der Gesamtstrafe


(1) Die §§ 53 und 54 sind auch anzuwenden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen h

Strafgesetzbuch - StGB | § 69a Sperre für die Erteilung einer Fahrerlaubnis


(1) Entzieht das Gericht die Fahrerlaubnis, so bestimmt es zugleich, daß für die Dauer von sechs Monaten bis zu fünf Jahren keine neue Fahrerlaubnis erteilt werden darf (Sperre). Die Sperre kann für immer angeordnet werden, wenn zu erwarten ist, daß

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Referenzen - Urteile

Bundesgerichtshof Urteil, 10. Feb. 2011 - 4 StR 552/10 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Urteil, 10. Feb. 2011 - 4 StR 552/10 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 22. Mai 2003 - 4 StR 130/03

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Referenzen

(1) Die §§ 53 und 54 sind auch anzuwenden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen hat. Als frühere Verurteilung gilt das Urteil in dem früheren Verfahren, in dem die zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.

(2) Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8), auf die in der früheren Entscheidung erkannt war, sind aufrechtzuerhalten, soweit sie nicht durch die neue Entscheidung gegenstandslos werden.

(1) Entzieht das Gericht die Fahrerlaubnis, so bestimmt es zugleich, daß für die Dauer von sechs Monaten bis zu fünf Jahren keine neue Fahrerlaubnis erteilt werden darf (Sperre). Die Sperre kann für immer angeordnet werden, wenn zu erwarten ist, daß die gesetzliche Höchstfrist zur Abwehr der von dem Täter drohenden Gefahr nicht ausreicht. Hat der Täter keine Fahrerlaubnis, so wird nur die Sperre angeordnet.

(2) Das Gericht kann von der Sperre bestimmte Arten von Kraftfahrzeugen ausnehmen, wenn besondere Umstände die Annahme rechtfertigen, daß der Zweck der Maßregel dadurch nicht gefährdet wird.

(3) Das Mindestmaß der Sperre beträgt ein Jahr, wenn gegen den Täter in den letzten drei Jahren vor der Tat bereits einmal eine Sperre angeordnet worden ist.

(4) War dem Täter die Fahrerlaubnis wegen der Tat vorläufig entzogen (§ 111a der Strafprozeßordnung), so verkürzt sich das Mindestmaß der Sperre um die Zeit, in der die vorläufige Entziehung wirksam war. Es darf jedoch drei Monate nicht unterschreiten.

(5) Die Sperre beginnt mit der Rechtskraft des Urteils. In die Frist wird die Zeit einer wegen der Tat angeordneten vorläufigen Entziehung eingerechnet, soweit sie nach Verkündung des Urteils verstrichen ist, in dem die der Maßregel zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.

(6) Im Sinne der Absätze 4 und 5 steht der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis die Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 94 der Strafprozeßordnung) gleich.

(7) Ergibt sich Grund zu der Annahme, daß der Täter zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht mehr ungeeignet ist, so kann das Gericht die Sperre vorzeitig aufheben. Die Aufhebung ist frühestens zulässig, wenn die Sperre drei Monate, in den Fällen des Absatzes 3 ein Jahr gedauert hat; Absatz 5 Satz 2 und Absatz 6 gelten entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
4 StR 130/03
vom
22. Mai 2003
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 22. Mai 2003,
an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Tepperwien,
Richter am Bundesgerichtshof
Maatz,
Dr. Kuckein,
Athing,
Dr. Ernemann
als beisitzende Richter,
Richter am Landgericht
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird
a) das Verfahren in den Fällen 17 und 19 der Anklage (Verkaufsfälle vom 27. Oktober 1999 und 15. Dezember 1999) eingestellt. Insoweit trägt die Staatskasse die Kosten des Verfahrens und die dem Angekagten entstandenen notwendigen Auslagen;
b) das Urteil des Landgerichts Neubrandenburg vom 20. September 2002 im Schuld- und Rechtsfolgenausspruch geändert und wie folgt neu gefaßt: Der Angeklagte wird wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in zwei Fällen unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus dem Urteil des Landgerichts Neubrandenburg vom 4. Oktober 2001 und unter Auflösung der dort verhängten Gesamtfreiheitsstrafe sowie unter Einbeziehung der Strafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Demmin – Zweigstelle Malchin – vom 10. Juli 2000 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sieben Monaten verurteilt.
Der Verfall eines Wertersatzes in Höhe von 36.240,37 EURO wird angeordnet.
2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
3. Der Angeklagte trägt die weiteren Kosten des Rechtsmittels.
Von Rechts wegen

Gründe:


Das Amtsgericht Demmin – Zweigstelle Malchin – hatte den Angeklagten durch Urteil vom 10. Juli 2000 wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt und „die sichergestellten Betäubungsmittel“ eingezogen. Unter Einbeziehung der Strafe aus dem amtsgerichtlichen Urteil verurteilte das Landgericht Neubrandenburg den Angeklagten nach Abtrennung des Verfahrens hinsichtlich vier der angeklagten Taten am 4. Oktober 2001 wegen weiterer Betäubungsmittelstraftaten zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten. Ferner ordnete das Landgericht in diesem Urteil den Wertersatzverfall in Höhe von 70.380,- DM an. Eine Entscheidung über die im amtsgerichtlichen Urteil angeordnete Einziehung traf das Landgericht nicht. Nunmehr hat das Landgericht den Angeklagten im abgetrennten Verfahrensteil des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in vier Fällen schuldig befunden und ihn unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus den beiden genannten früheren Urteilen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Darüber hinaus hat es den Verfall eines Wertersatzes in Höhe von 562,42 EURO angeordnet. Gegen dieses Urteil wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihrer auf die Rüge der Verletzung sachlichen Rechts gestützten Revision. Mit ihrem beschränkten
Rechtsmittel erstrebt sie die Ergänzung der Urteilsformel um den Ausspruch über die Aufrechterhaltung der neben den einbezogenen Strafen in den früheren Urteilen angeordneten Maßnahmen. Das - vom Generalbundesanwalt vertretene - Rechtsmittel führt zur Teileinstellung des Verfahrens und hat im übrigen den aus der Urteilsformel ersichtlichen Teilerfolg.
1. Das Verfahren wird hinsichtlich der Fälle 17 und 19 der Anklage (Verkaufsfälle vom 27. Oktober 1999 und 15. Dezember 1999) eingestellt. Der Verfolgung dieser als selbständige Fälle des unerlaubten Handeltreibens angeklagten und abgeurteilten Taten steht das Verfahrenshindernis des Verbrauchs der Strafklage entgegen. Wie das angefochtene Urteil selbst feststellt (UA 15), hat der Angeklagte in diesen beiden Fällen an seinen Abnehmer M. jeweils 100 Ecstasy-Tabletten sowie einmal zehn und das zweite Mal 20 Briefchen Amphetamin verkauft. Die Ecstasy-Tabletten stammen jeweils aus Einkäufen des Angeklagten, die das Landgericht in dem in diesem Verfahren nach Abtrennung ergangenen Urteil vom 4. Oktober 2001, deren Einzelstrafen in das angefochtene Urteil einbezogen worden sind, bereits rechtskräftig abgeurteilt hat. Der Verkauf des Amphetamins an M. bildete in diesen beiden Fällen zusammen mit dem gleichzeitigen Verkauf der EcstasyTabletten jeweils eine natürliche Handlung und deshalb jeweils sowohl materiell- als auch prozeßrechtlich eine Tat des unerlaubten Handeltreibens nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG, und zwar unabhängig davon, ob das Amphetamin von dem Angeklagten jeweils zusammen mit den Ecstasy-Tabletten erworben worden war. Dies folgt daraus, daß die im früheren Urteil als selbständige Fälle des unerlaubten Handeltreibens abgeurteilten Einkäufe der Ecstasy-Tabletten in Bezug auf die jeweilige Gesamtmenge sämtliche Teilakte bis zur Veräußerung zu jeweils einer einzigen Tat im Sinne einer Bewertungseinheit verbinden (BGHSt 30, 28, 31), mit der die Verkäufe des Amphetamins jeweils
zumindest in einem Teilakt zusammentreffen. Die rechtskräftige Aburteilung des Handeltreibens mit den Ecstasy-Tabletten – und damit der Strafklageverbrauch – erfaßt deshalb hier entgegen der Auffassung des Landgerichts (UA 18) nicht nur den Verkauf der jeweils 100 Ecstasy-Tabletten, sondern auch die beiden Verkaufsfälle von Amphetamin (vgl. BGHR BtMG § 29 Strafklageverbrauch 1).
Das Verfahrenshindernis des Strafklageverbrauchs hat der Senat von Amts wegen zu prüfen. Dem steht hier die Teilrechtskraft des angefochtenen Urteils infolge der Beschränkung des Rechtsmittels auf den Maßnahmenausspruch nicht entgegen (BGHSt 6, 304, 305 f.; 13, 128 f.; MeyerGoßner StPO 46. Aufl. Einl. Rdn. 151 m.w.N.). Denn die von der Beschwerdeführerin mit der Revision beanstandete Wertersatzverfallanordnung ist eine einheitliche Maßnahme mit Bezug zu allen dem angefochtenen Urteil zugrundeliegenden Taten, deren Verfolgung deshalb auch insgesamt hinsichtlich eines Verfahrenshindernisses der Prüfung durch das Revisionsgericht unterliegt.
Die Einstellung in den Fällen 17 und 19 der Anklage führt zur Änderung des Schuldspruchs und zum Wegfall der insoweit erkannten Einzelstrafen von fünf und sechs Monaten Freiheitsstrafe. Dies zieht die Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs nach sich. Der Senat braucht die Sache jedoch nicht an das Landgericht zurückzuverweisen, sondern kann in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO selbst entscheiden. Ausgehend von der durch das Urteil vom 4. Oktober 2001 rechtskräftig verhängten Gesamtfreiheitsstrafe von 4 Jahren und 6 Monaten, die nicht unterschritten werden darf (h.A.; BGHSt 7, 180, 183; BGH, Beschluß vom 4. Oktober 2001 – 4 StR 329/01; Lackner/Kühl StGB 24. Aufl. § 55 Rdn. 6; Rissing – van Saan in LK StGB 11. Aufl. § 55 Rdn. 28; a.A. Bringewat Die Bildung der Gesamtstrafe
Rdn. 273 ff.), setzt er die neue Gesamtstrafe auf vier Jahre und sieben Monate Freiheitsstrafe fest. Der Angeklagte ist dadurch nicht beschwert, denn der Senat kann angesichts der verbleibenden zwei Einzelfreiheitsstrafen von jeweils sechs Monaten ausschließen, daß der Tatrichter ohne Berücksichtigung der von der Einstellung betroffenen beiden Einzelstrafen es bei der durch die im früheren Urteil erkannte Gesamtstrafe als Untergrenze belassen hätte.
2. Der Ausspruch über den Wertersatzverfall hat keinen Bestand.

a) Die Einstellung des Verfahrens in den Fällen 17 und 19 der Anklage entzieht auch dem auf diese Fälle entfallenden Teil der Anordnung des Wertersatzverfalls im angefochtenen Urteil die Grundlage. Ausgehend von der Berechnung des Landgerichts (UA 23) sind deshalb von dem Verfallsbetrag von 1.100,- DM die Verkaufserlöse von insgesamt 30 Amphetaminbriefchen zu je 20,- DM in Abzug zu bringen. Daraus errechnet sich ein verbleibender isolierter Verfallsbetrag in Höhe von 500 ,- DM bzw. umgerechnet 255,65 EURO.

b) Der Senat kann jedoch nicht auf eine Wertersatzverfallsanordnung in dieser Höhe erkennen, weil das Landgericht – wie auch die Urteilsgründe ausweisen (UA 23) – im Zusammenhang mit der nachträglichen Gesamtstrafenbildung die Anordnung des Wertersatzverfalls in Höhe von 70.380 DM aus dem Urteil des Landgerichts Neubrandenburg vom 4. Oktober 2001 entgegen § 55 Abs. 2 StGB unberücksichtigt gelassen hat. Dies beanstandet die Beschwerdeführerin im Ergebnis zu Recht.
Liegen die Voraussetzungen des § 55 StGB vor, so sind – wie bei gleichzeitiger Aburteilung aller Taten – Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen gleicher Art durch das spätere Urteil einheitlich anzuordnen. Über
sie ist deshalb, sofern ihre Voraussetzungen auch in Bezug auf die Taten bestehen, die dem späteren Urteil zugrunde liegen, grundsätzlich durch den neuen Gesamtstrafenrichter neu zu entscheiden (Bringewat aaO. Rdn. 135, 142 ff.; Lackner/Kühl aaO. § 55 Rdn. 17; Stree in Schönke/Schröder StGB 26. Aufl. § 55 Rdn. 53, 54, jew. m.w.N.). Dieser hat sich dabei auf den Standpunkt des früheren Tatrichters zu stellen. Denn der Angeklagte soll durch die Entscheidung nach § 55 StGB so gestellt werden, als wenn über alle einzubeziehenden Straftaten gleichzeitig befunden worden wäre; er darf deshalb dadurch, daß seine Taten in verschiedenen Verfahren abgeurteilt werden, nicht benachteiligt, soll dadurch aber auch nicht bervorzugt werden (st. Rspr.; BGHSt 7, 180, 182; 43, 79, 80 m.w.N.). Dies wird regelmäßig dazu führen, daß der aufgrund einheitlicher Anordnung im neuen Urteil festzusetzende Verfallsbetrag nicht niedriger ausfallen darf als in der früheren Entscheidung.

c) Der Senat kann auch insoweit in der Sache selbst entscheiden und auf einen einheitlichen Wertersatzverfall in Höhe der Summe aus dem Verfallsbetrag des früheren Urteils (70.380 DM = 35.984,72 EURO) und des nach der Teileinstellung verbleibenden Verfallsbetrages des angefochtenen Urteils (500 DM = 255,65 EURO) erkennen, d.h. auf 70.880 DM = 36.240,37 EURO. Denn das angefochtene Urteil weist aus, daß das Landgericht, hätte es die Vorschrift des § 55 Abs. 2 StGB zutreffend angewendet, keinen niedrigeren Verfallsbetrag festgesetzt hätte. Mit dieser neuen Entscheidung ist die Verfallsanordnung im früheren Urteil des Landgerichts Neubrandenburg gegenstandslos im Sinne des § 55 Abs. 2 Satz 1 StGB, weil sie von der neuen Entscheidung in ihrer Wirkung mit umfaßt ist.
3. Die Revision bleibt erfolglos, soweit sich das Rechtsmittel gegen die unterbliebene Aufrechterhaltung der im Urteil des Amtsgerichts Demmin – Zweigstelle Malchin – vom 10. Juli 2000 angeordneten Einziehung der „sichergestellten Betäubungsmittel“ richtet.
Eines Ausspruchs über die Aufrechterhaltung der Einziehung bedurfte es im angefochtenen Urteil nicht, weil die Einziehung erledigt war. Diese Rechtsfolge ergibt sich zwar nicht ohne weiteres aus dem Wortlaut des § 55 Abs. 2 Satz 1 StGB, der eher dafür sprechen könnte, daß ein Ausspruch über die Aufrechterhaltung im früheren Urteil angeordneter Maßnahmen stets zu erfolgen hat, soweit diese nicht ausnahmsweise „durch die neue Entscheidung“ gegenstandslos werden. Eine solche am bloßen Wortlaut orientierte Auslegung verfehlt jedoch ihren Sinn in den Fällen, in denen die Maßnahme zwar nicht „durch die neue Entscheidung“, aber auf andere Weise ihre Erledigung gefunden hat. Deshalb ist in der Rechtsprechung anerkannt, daß in einem früheren Urteil verhängte Maßnahmen nicht nur durch spätere Anordnung weiterer, sie in ihrer Wirkung mitumfassenden Maßnahmen im Sinne des § 55 Abs. 2 Satz 1 StGB „gegenstandslos“ werden, sondern auch dann, wenn die tatsächlichen oder rechtlichen Voraussetzungen für ihre (weitere) Vollstreckung entfallen sind, wie dies bei tatsächlicher Erledigung durch Zeitablauf, etwa einer nach § 69 a StGB bestimmten Sperrfrist, angenommen wird (vgl. BGHSt 42, 306, 308 m.w.N.).
Die Regelung des § 55 Abs. 2 StGB trägt dem Umstand Rechnung, daß mit der nachträglichen Gesamtstrafenentscheidung diese die alleinige Vollstreckungsgrundlage bildet. Ist aber eine im früheren Urteil angeordnete Maßnahme – aus welchen Gründen auch immer – erledigt, so fehlt es an der Notwendigkeit, gleichwohl über ihre Aufrechterhaltung zu befinden, wenn dies
auch regelmäßig unschädlich, in Zweifelsfällen sogar sinnvoll sein wird. Eine solche Notwendigkeit bestand hinsichtlich der im früheren Urteil des Amtsgerichts Demmin angeordneten Einziehung nicht, weil nicht nur das Eigentum an den betreffenden Gegenständen mit der Rechtskraft jenes Urteils nach § 33 Abs. 2 Satz 1 BtMG i.V.m. § 74 e StGB auf den Staat übergegangen war (vgl. dazu BGH NJW 1979, 2113; OLG Köln NJW 1953, 1564; Stree in Schönke/Schröder StGB aaO. Rdn. 59), sondern hier die Betäubungsmittel auch bereits sichergestellt waren und es deshalb insoweit keiner weiteren Vollstreckung mehr bedurfte.
Bei dieser Sachlage brauchte der Senat nicht zu entscheiden, welche Folgen sich unter dem Gesichtspunkt des „Verschlechterungsverbots“ im Rahmen der nachträglichen Gesamtstrafenbildung (vgl. dazu Tröndle/Fischer StGB 51. Aufl. § 55 Rdn. 19; Rissing – van Saan in LK aaO. Rdn. 45, jew. m.N.) ergeben können, wenn der frühere Gesamtstrafenrichter in die von ihm gebildete Gesamtstrafe eine Strafe aus einem weiteren Urteil einbezieht, aber rechtsirrig versäumt auszusprechen, daß die daneben verhängte Maßnahme aufrechterhalten bleibt.
Tepperwien Maatz Kuckein Athing Ernemann

(1) Die §§ 53 und 54 sind auch anzuwenden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen hat. Als frühere Verurteilung gilt das Urteil in dem früheren Verfahren, in dem die zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.

(2) Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8), auf die in der früheren Entscheidung erkannt war, sind aufrechtzuerhalten, soweit sie nicht durch die neue Entscheidung gegenstandslos werden.

Hat jemand

1.
als vertretungsberechtigtes Organ einer juristischen Person oder als Mitglied eines solchen Organs,
2.
als Vorstand eines nicht rechtsfähigen Vereins oder als Mitglied eines solchen Vorstandes,
3.
als vertretungsberechtigter Gesellschafter einer rechtsfähigen Personengesellschaft,
4.
als Generalbevollmächtigter oder in leitender Stellung als Prokurist oder Handlungsbevollmächtigter einer juristischen Person oder einer in Nummer 2 oder 3 genannten Personenvereinigung oder
5.
als sonstige Person, die für die Leitung des Betriebs oder Unternehmens einer juristischen Person oder einer in Nummer 2 oder 3 genannten Personenvereinigung verantwortlich handelt, wozu auch die Überwachung der Geschäftsführung oder die sonstige Ausübung von Kontrollbefugnissen in leitender Stellung gehört,
eine Handlung vorgenommen, die ihm gegenüber unter den übrigen Voraussetzungen der §§ 74 bis 74c die Einziehung eines Gegenstandes oder des Wertersatzes zulassen oder den Ausschluss der Entschädigung begründen würde, wird seine Handlung bei Anwendung dieser Vorschriften dem Vertretenen zugerechnet. § 14 Absatz 3 gilt entsprechend.