Bundesgerichtshof Urteil, 28. Aug. 2019 - 5 StR 298/19

bei uns veröffentlicht am28.08.2019

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
5 StR 298/19
vom
28. August 2019
in der Strafsache
gegen
wegen Diebstahls u.a.
ECLI:DE:BGH:2019:280819U5STR298.19.0

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 28. August 2019, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Dr. Mutzbauer,
die Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. König, Dr. Berger, Prof. Dr. Mosbacher, Köhler
als beisitzende Richter,
Staatsanwalt
als Vertreter des Generalbundesanwalts,
Rechtsanwalt M.
als Verteidiger,
Rechtsanwalt L.
als Vertreter des Nebenklägers,
Amtsinspektorin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 25. Januar 2019 aufgehoben, jedoch bleiben die Feststellungen zum Tatgeschehen bestehen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision der Staatsanwaltschaft und die Revision des Angeklagten werden verworfen. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels und die dem Nebenkläger dadurch im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

- Von Rechts wegen -

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen vorsätzlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Diebstahl zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Der Angeklagte wendet sich gegen seine Verurteilung mit der Sachrüge. Mit ihrer vom Generalbundesanwalt teilweise vertretenen Revision macht die Staatsanwaltschaft geltend, dass der Angeklagte nicht wegen besonders schweren Raubes und gefährlicher Körperverletzung verurteilt worden ist. Ferner beanstandet sie die Nichtanordnung der Sicherungsverwahrung. Während das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg hat, ist die Revision des Angeklagten unbegründet.

I.


2
1. Das Landgericht hat festgestellt:
3
In der Nacht zum 10. Juni 2018 überquerten der wegen Gewaltdelikten vielfach vorbestrafte Angeklagte, der sich in Begleitung der 13-jährigen Tochter seiner Freundin befand, und der ihm unbekannte Nebenkläger gemeinsam eine Straße auf einem zu einer Straßenbahnhaltestelle führenden Fußgängerüberweg. Beim Überqueren der Straße berührte der Nebenkläger, der an einer Sehschwäche leidet und wegen einer Gehbehinderung einen ausholenden Gang hat, den Angeklagten versehentlich am Arm. Hierdurch fühlte dieser sich provoziert und sprach den Nebenkläger an, der sich daraufhin entschuldigte.
4
An der Haltestelle setzte sich der Nebenkläger auf eine Bank, um auf die nächste Bahn zu warten. Der mit einer maximalen Blutalkoholkonzentration von 2,58 Promille alkoholisierte, in seiner Steuerungsfähigkeit jedoch nicht erheblich beeinträchtigte Angeklagte forderte ihn nunmehr vorwurfsvoll auf, seine vorgeb- lich als „Tochter“ bezeichnete Begleiterin nicht so „komisch“ anzuschauen. Da- rauf entgegnete der Nebenkläger, dass er von ihr nichts wolle und sie auch nicht komisch angeschaut habe. Da er sich von ihm weiterhin provoziert fühlte und ihn wegen des Anschauens des Mädchens zurechtweisen wollte, schlug der Angeklagte ihm mit der Faust gegen die Schläfe. Nachdem der Nebenkläger von einem weiteren Faustschlag am Kopf getroffen zu Boden gegangen war, trat ihm der Angeklagte mit einem „Freizeitschuh“ aus Stoff und Leder mit Gummisohle aus dem Stand an den Kopf.
5
Nunmehr fasste der Angeklagte den Entschluss, dem inzwischen bäuchlings auf dem Boden liegenden Nebenkläger dessen Geldbeutel mit dem hierin vermuteten Bargeld aus der Gesäßtasche zu entwenden. Er zog ihm den Beutel aus der Hose und entnahm daraus 50 Euro, um das Geld dauerhaft an sich zu nehmen. Als der Nebenkläger aufzustehen versuchte, trat der Angeklagte ihm in den Bauch. Dennoch gelang es ihm, sich wieder auf die Bank zu setzen. Hierbei forderte er den Angeklagten auf, ihm wenigstens seinen Geldbeutel und insbesondere seine darin befindlichen Ausweispapiere zu belassen, worauf der Angeklagte ihm den Beutel vor die Füße warf. Der Nebenkläger nahm ihn an sich und beschuldigte den Angeklagten, daraus das Geld an sich genommen zu haben. Dieser schlug ihm darauf noch einmal wuchtig mit der flachen Hand ins Gesicht. Die mittlerweile hinzugekommene Zeugin F. forderte ihn auf, den Nebenkläger in Ruhe zu lassen. Der Angeklagte erwiderte, dass der Nebenklä- ger „seiner Tochter auf den Po“ geschaut habe, und entfernte sich nach mit der Zeugin gewechselten Beschimpfungen schließlich. Der Nebenkläger erlitt durch die Schläge und den Tritt gegen den Kopf eine Schädelprellung sowie ein schmerzhaftes Hämatom an der Schläfe und wurde ambulant im Krankenhaus versorgt. Über drei Tage hatte er leichte Kopfschmerzen. Zudem hatte er infolge der Tat Angst, bei Dunkelheit alleine auf die Straße zu gehen.
6
2. Das Landgericht hat die Einlassung des Angeklagten, die Gewalt lediglich aus Wut und wegen des als Provokation empfundenen Verhaltens des Nebenklägers ausgeübt zu haben, als letztlich nicht widerlegbar angesehen. Zwar sei aufgrund der Aussagen des Nebenklägers und der unbeteiligten Zeugin

F.

erwiesen, dass der Angeklagte entgegen seinem Bestreiten dem Nebenkläger den Geldbeutel weggenommen und das Bargeld an sich genommen habe. Seine Einlassung, er sei durch den Nebenkläger beim Überqueren der Straße angerempelt worden, sei indes nicht nur von der Zeugin B. als Begleiterin des Angeklagten, sondern auch von der Zeugin F. bestätigt worden. Auch die weitere Erklärung des Angeklagten für eine von ihm empfundene Provokation, der Nebenkläger habe die Zeugin B. komisch angeschaut, gegrinst und hiermit auch nach einer Verwarnung nicht aufgehört, finde insoweit eine Stütze in den Aussagen des Nebenklägers und der Zeugin F. , wonach der Angeklagte eine entsprechende Rechtfertigung für sein gewalttätiges Verhalten schon in der Tatnacht behauptet habe. Daraus sei ableitbar, dass sich der Angeklagte zumindest subjektiv durch das vermeintliche Verhalten des Nebenklägers provoziert gefühlt habe. Auch lasse es die Vorgeschichte plausibel erscheinen , dass der Angeklagte den Entschluss zur Wegnahme des Geldbeutels erst getroffen habe, als der Nebenkläger auf dem Bauch gelegen habe und dessen in der Gesäßtasche getragener Geldbeutel von dem Angeklagten erstmalig wahrgenommen worden sei.
7
Im Zeitpunkt des letzten Tritts und später bei dem letzten Schlag sei die Wegnahme bereits vollendet gewesen, so dass sie hierdurch nicht mehr gefördert worden sei. Der Angeklagte habe nach den Gesamtumständen auch nicht beabsichtigt, sich durch die letzten beiden Gewalthandlungen im Besitz des Bargeldes zu erhalten. Der sich passiv verhaltende, motorisch eingeschränkte Nebenkläger sei dem Angeklagten deutlich unterlegen gewesen, so dass aus dessen Sicht auch kein weiterer Gewalteinsatz zur Erhaltung der Beute notwendig gewesen sei.

II.


8
Die Revision der Staatsanwaltschaft hat überwiegend Erfolg.
9
1. Die rechtliche Wertung des Landgerichts, dass der Angeklagte auch bei seinem Tritt gegen den Kopf des Nebenklägers lediglich eine vorsätzliche Körperverletzung gemäß § 223 Abs. 1 StGB begangen habe, begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
10
a) Der Einsatz eines beschuhten Fußes kann die Verwendung eines gefährlichen Werkzeugs im Sinne des § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB darstellen. Dabei kann sich die Gefährlichkeit schon aus der Beschaffenheit des Schuhs oder aus der konkreten Art seiner Verwendung ergeben (vgl. BGH, Beschluss vom 26. Oktober 2016 – 2 StR 253/16, NStZ 2017, 164). Ein Straßenschuh von üblicher Beschaffenheit ist regelmäßig als gefährliches Werkzeug anzusehen, wenn damit einem Menschen gegen den Kopf getreten wird (vgl. BGH, Urteile vom 11. Februar 1982 – 4 StR 689/81, BGHSt 30, 375, 376; vom 23. Juni 1999 – 3 StR 94/99, NStZ1999, 616, 617, und vom 15. September 2010 – 2 StR 395/10, NStZ-RR 2011, 337; Beschluss vom 13. Mai 2015 – 2 StR 488/14). Allerdings muss sich die gesteigerte Gefährlichkeit der Verletzungshandlung ge- rade aus dem Einsatz des Schuhs ergeben (vgl. BGH, Beschluss vom 16. Juni 2015 – 2 StR 467/14, NStZ-RR 2015, 309, 310).
11
b) Hier drängt sich nach den Feststellungen eine Verwirklichung des Qualifikationstatbestands des § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB auf. Bei den Schuhen handelte es sich um auf der Straße getragene Freizeitschuhe. Besonderheiten des auch aus Leder gefertigten Schuhwerks, die einer gesteigerten Gefährlichkeit von Tritten gegen den Kopf entgegenstehen könnten, sind nicht festgestellt. Angesichts der vom Tatopfer erlittenen Verletzungen und der vorhandenen Bewehrung des Fußes, die stärkeren Tritten Vorschub leistete, kommt es nicht darauf an, mit welchem Teil des Fußes der Angeklagte den Geschädigten traf und wie der Schuh dort beschaffen war (vgl. BGH, Urteil vom 23. Juni 1999 – 3 StR 94/99, aaO).
12
2. Dies hat zur Folge, dass der an sich rechtsfehlerfreie tateinheitliche Schuldspruch wegen Diebstahls entfällt.
13
Entgegen dem Vorbringen der insoweit zugunsten des Angeklagten eingelegten Revision der Staatsanwaltschaft hat das Landgericht eine Gewahrsamsbegründung des Angeklagten an dem aus dem Geldbeutel entnommenen Bargeld rechtsfehlerfrei festgestellt. Den Umstand, dass bei der nachfolgenden Festnahme des Angeklagten das Geld bei ihm nicht aufgefunden wurde, hat das Landgericht beweiswürdigend bedacht, ihm jedoch nachvollziehbar keine Bedeutung beigemessen. Denn nach der Überzeugung des Landgerichts war es dem Angeklagten nach der Tat möglich, das Geld unbemerkt vom Nebenkläger zu verbergen oder es etwa seiner Begleiterin zuzustecken. Anders als die Beschwerdeführerin meint, war die Wegnahme damit auch vollendet (vgl. BGH, Urteil vom 6. März 2019 – 5 StR 593/18, juris Rn. 5 mwN).

14
3. Zu Recht hat das Landgericht eine Verurteilung wegen Raubes gemäß § 249 Abs. 1 StGB abgelehnt.
15
Die Beweiswürdigung, die der Feststellung des Zeitpunktes zugrunde liegt, zu dem der Angeklagte seinen Entschluss zur Wegnahme fasste, unterliegt eingedenk des beschränkten revisionsgerichtlichen Prüfungsumfangs aus den vom Generalbundesanwalt angeführten Gründen keinen rechtlichen Bedenken.
16
Nach den somit rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen fehlte es hier an der beim Raub erforderlichen finalen Verknüpfung zwischen der Drohung mit oder dem Einsatz von Gewalt und der Wegnahme. Gewalt oder Drohung müssen das Mittel zur Ermöglichung der Wegnahme sein. Eine solche Verknüpfung besteht nicht, wenn der Täter den Entschluss zur Wegnahme erst nach Abschluss seiner Nötigungshandlung fasst (st. Rspr., vgl. etwa BGH, Beschluss vom 24. April 2018 – 5 StR 606/17 Rn. 10 mwN). Allein der Umstand, dass die Wirkungen eines ohne Wegnahmeabsicht eingesetzten Nötigungsmittels noch andauern und der Täter dies ausnutzt, genügt für die Annahme eines Raubes ebenso wenig wie das bloße Ausnutzen der Angst eines der Einwirkung des Täters schutzlos ausgelieferten Opfers (vgl. BGH, Beschlüsse vom 25. September 2012 – 2 StR 340/12, NStZ-RR 2013, 45, und vom 18. Februar 2014 – 5 StR 41/14, NStZ 2015, 156, 157 mwN).
17
Hier versetzte der Angeklagte seine beiden ersten Schläge und seinen ersten Tritt dem Geschädigten ohne Wegnahmeabsicht. Der Gewahrsamswechsel geschah nicht ausschließbar vor dem zweiten Tritt, als lediglich die Wirkungen der ersten Gewalthandlungen noch andauerten. Dieser zweite Tritt und der den Abschluss seiner Gewalttätigkeiten bildende weitere Schlag ins Gesicht dienten auch nicht der Beutesicherung im Sinne des § 252 StGB, da dem Angeklagten mit Blick auf die körperliche Verfassung des Geschädigten kein Gewahrsamsverlust an der Beute drohte. Demgegenüber entfernt sich die Erwägung der Beschwerdeführerin, die zuvor vom Angeklagten verübte Gewalt habe als aktuelle Drohung neuer Gewaltanwendung weiter auf den Geschädigten einwirken können, von den Feststellungen des Landgerichts und ist daher revisionsrechtlich unbeachtlich.
18
4. Auch hinsichtlich der konkurrenzrechtlichen Bewertung der mehraktigen , am selben Ort gegen dasselbe Opfer gerichteten Tathandlungen als eine Tat im Rechtssinn zeigt die Beschwerdeführerin keinen Rechtsfehler auf, wie der Generalbundesanwalt unter Bezugnahme auf die ständige Rechtsprechung zutreffend ausgeführt hat (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Januar 2019 – 5 StR 480/18, StV 2019, 448 mwN).
19
5. Die Feststellungen zum objektiven und subjektiven Tatgeschehen können bestehen bleiben, weil sie rechtsfehlerfrei getroffen sind (§ 353 Abs. 2 StPO). Sie können um solche ergänzt werden, die den bisherigen nicht widersprechen.
20
6. Die Aufhebung des Schuldspruchs entzieht der Entscheidung über die Sicherungsverwahrung (§ 66 StGB) die Grundlage. Die Ausführungen des Landgerichts zum Fehlen eines Hangs zu erheblichen Straftaten geben dabei zu folgenden Hinweisen Anlass.
21
Ein „teilweise auch von Erfolg gekröntes“ Bemühen findet in den Fest- stellungen keine Stütze. Der Angeklagte ist seit 1999 vielfach wegen Gewaltdelikten vorbestraft. Trotz der Aufsicht der Bewährungshilfe und der Betreuung durch eine Drogentherapeutin hat er die verfahrensgegenständliche Gewalttat verübt. Dies spricht für ein überdauerndes Verhaltensmuster zur Begehung von Straftaten im Sinne eines verfestigten Persönlichkeitsmerkmals. Soweit die Strafkammer bei ihrer Bewertung der dissozialen Persönlichkeitsstörung des Angeklagten auf die grundsätzlich noch vorhandene Möglichkeit abgestellt hat, auf ihn therapeutisch und sozial unterstützend noch einzuwirken (UA S. 32 i.V.m. S. 26), steht dies der Annahme eines Hangs nicht entgegen. Von einer derartigen Einwirkungsmöglichkeit geht das Gesetz (§ 66c Abs. 1 StGB) auch beim Hangtäter aus. Vor diesem Hintergrund wird die neu zur Entscheidung berufene Strafkammer die bisherige Besetzungsreduktion zu überdenken haben (§ 75 Abs. 5 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 GVG).

III.


22
Die Revision des Angeklagten ist unbegründet, weil die Überprüfung des Urteils keinen ihn beschwerenden Rechtsfehler ergeben hat.
Mutzbauer König Berger
Mosbacher Köhler

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 28. Aug. 2019 - 5 StR 298/19

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Strafgesetzbuch - StGB | § 66 Unterbringung in der Sicherungsverwahrung


(1) Das Gericht ordnet neben der Strafe die Sicherungsverwahrung an, wenn 1. jemand zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat verurteilt wird, die a) sich gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die per

Strafgesetzbuch - StGB | § 224 Gefährliche Körperverletzung


(1) Wer die Körperverletzung 1. durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen,2. mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs,3. mittels eines hinterlistigen Überfalls,4. mit einem anderen Beteiligten gemeins

Strafprozeßordnung - StPO | § 353 Aufhebung des Urteils und der Feststellungen


(1) Soweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben. (2) Gleichzeitig sind die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben, sofern sie durch die Gesetzesverletzung betroffen werden, wegen deren

Strafgesetzbuch - StGB | § 223 Körperverletzung


(1) Wer eine andere Person körperlich mißhandelt oder an der Gesundheit schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Der Versuch ist strafbar.
Bundesgerichtshof Urteil, 28. Aug. 2019 - 5 StR 298/19 zitiert 8 §§.

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(1) Wer mit Gewalt gegen eine Person oder unter Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen, wird m

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(1) Wer eine andere Person körperlich mißhandelt oder an der Gesundheit schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(1) Wer die Körperverletzung

1.
durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen,
2.
mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs,
3.
mittels eines hinterlistigen Überfalls,
4.
mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich oder
5.
mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung
begeht, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 253/16
vom
26. Oktober 2016
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung u. a.
ECLI:DE:BGH:2016:261016B2STR253.16.0

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 26. Oktober 2016 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 25. Januar 2016 hinsichtlich der Tat II. 1 mit den Feststellungen aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung unter Einbeziehung einer Strafe aus einer anderen Entscheidung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten und wegen Unterschlagung und einer tateinheitlich mit Nötigung begangenen gefährlichen Körperverletzung zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt. Die auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist sie offensichtlich unbegründet.
2
1. Das Rechtsmittel des Angeklagten bleibt erfolglos, soweit er sich damit gegen die Verurteilung im Fall II. 2 der Urteilsgründe richtet (§ 349 Abs. 2 StPO).
3
2. Hingegen hält der Schuldspruch hinsichtlich der Tat II. 1 rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
4
Nach den Feststellungen des Landgerichts kam es zwischen dem Tatopfer und einer unbekannt gebliebenen Person zu einer Auseinandersetzung im F. Bahnhofsviertel, in deren Verlauf der unbekannte Täter mit einem großen ummantelten Fahrradschloss auf den Kopf des Geschädigten einschlug und diesen mit dem Metallverschluss an der Schläfe traf. Das Tatopfer ging zu Boden, erlitt dabei eine große Platzwunde am Kopf und verlor kurzfristig das Bewusstsein. Nachdem der Täter von dem Opfer abgelassen hatte, lief der Angeklagte zu dem Geschädigten hin und trat ohne erkennbaren Anlass zweimal hintereinander wuchtig von oben mit seinem mit einem Turnschuh beschuhten Fuß senkrecht auf den auf dem Straßenasphalt liegenden Kopf des Geschädigten ein. Als der Zeuge C. zu dem Angeklagten trat, ließ dieser von dem Geschädigten ab und entfernte sich.
5
Diese Feststellungen tragen nicht die Annahme einer gefährlichen Körperverletzung gemäß § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB. Die Urteilsgründe belegen nicht, dass es sich bei dem vom Angeklagten bei der Tat getragenen Schuh um ein gefährliches Werkzeug handelt. Dies lässt sich weder auf die Beschaffenheit des Schuhs noch – wie das Landgericht meint – auf die konkrete Art seiner Verwendung stützen. Die Feststellungen zu den Eigenschaften des Schuhs sind unklar (UA S. 20: „Turnschuhe und keine übermäßig schweren Straßenschuhe“ ); sie lassen nicht ohne weitere Erläuterung den Schluss zu, es handele sich um solch festes Schuhwerk, wie es die Rechtsprechung für die Annahme eines gefährlichen Werkzeugs voraussetzt (vgl. zuletzt Senat, NStZ-RR 2015, 309). Davon geht (wohl) auch die Strafkammer aus, wenn sie in ihrer rechtlichen Würdigung auf die wuchtigen Tritte von oben senkrecht auf den Kopf des Geschädigten und damit auf die konkrete Tatausführung abstellt, die geeignet sein soll, nicht unerhebliche Verletzungen im sensiblen Bereich des Kopfes herbeizuführen (UA S. 17). Aber auch diese Art und Weise des Angriffs gegen das Tatopfer kann nach den bisher getroffenen Feststellungen angesichts der Besonderheiten des Falles die Annahme eines gefährlichen Werkzeugs nicht rechtfertigen. Das Landgericht ist davon ausgegangen, dass der Geschädigte durch das Handeln des Angeklagten keine nachweisbaren äußerlichen Schäden oder Verletzungen davongetragen hat, da keine der eingetretenen Verletzungen den Tritten des Angeklagten zugeordnet werden konnte. Bleibt demnach der Angriff gegen den Kopf (äußerlich) folgenlos, ist es nicht ohne Weiteres für das Revisionsgericht nachvollziehbar, dass die konkrete Tatausführung geeignet gewesen sein soll, nicht unerhebliche Verletzungen herbeizuführen. Zumindest hätte sich das Landgericht, das die Annahme einer Körperverletzung lediglich auf die Alternative einer körperlichen Misshandlung durch eine „üble unangemessene Behandlung“ und nicht auf eine Gesundheitsbeschädigung gestützt hat, bei seiner Würdigung mit diesem Umstand eingehend auseinander setzen müssen. Dies gilt vor allem auch deshalb, weil es nach der Rechtsprechung für die Beurteilung eines Werkzeugs als gefährlich maßgeblich auf die Erheblichkeit der Verletzung ankommt, die der Täter durch den Einsatz des Mittels verursacht hat oder verursachen wollte (vgl. Senat, NStZ-RR 2015, 309).
6
Hinzu kommen Zweifel, ob die vom Landgericht angenommene besondere Gefährlichkeit allein oder wesentlich auf die Beschuhung des Fußes zurückzuführen oder nicht schon durch die wuchtigen Tritte ins Gesicht als solche begründet ist. Kommt dem Schuh selbst keine besondere Bedeutung dafür zu, dass dem Tatopfer erhebliche Verletzungen beigebracht werden, fehlt es am Nachweis der Geeignetheit gerade des Werkzeugs zur Verursachung erheblicher Verletzungen (vgl. Senat, NStZ-RR 2015, 309; ferner: Senat, Beschluss vom 13. Mai 2015 – 2 StR 488/14).
7
Nach den Urteilsfeststellungen bestehen angesichts der geschilderten Besonderheiten, die im Tatsächlichen Zweifel an den Feststellungen zur konkreten Tatausführung wecken, auch Bedenken gegen die Annahme einer „das Leben gefährdenden Behandlung“ im Sinne von § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB. Der Senat hebt deshalb den Schuldspruch im Fall II. 1 mitsamt den Feststellungen auf, um dem neuen Tatrichter Gelegenheit zu widerspruchsfreier, in sich stimmiger Würdigung zu geben. Krehl Eschelbach Zeng Bartel Wimmer

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR488/14
vom
13. Mai 2015
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 13. Mai 2015 gemäß § 349 Abs. 2
und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 9. Mai 2014, soweit er verurteilt wurde, im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels und die der Nebenklägerin insoweit entstandenen notwendigen Auslagen, an eine allgemeine Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und neun Monaten verurteilt und im Übrigen freigesprochen. Es hat zudem bestimmt, dass für die "überlange Verfahrensdauer" vier Monate Freiheitsstrafe als vollstreckt gelten. Gegen die Verurteilung richtet sich die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung des Strafausspruchs; im Übrigen ist es unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
2
1. Da die Revision mit der Sachrüge hinsichtlich des Strafausspruchs durchdringt, bedarf es keiner Entscheidung über die nicht weitergehenden Verfahrensrügen.
3
2. Das Urteil unterliegt im Strafausspruch der Aufhebung. Die getroffenen Feststellungen belegen (nur) die Voraussetzungen einer gefährlichen Körperverletzung gemäß § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB, nicht hingegen gemäß § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB.
4
Im Ausgangspunkt zutreffend hat das Landgericht ausgeführt, dass ein Straßenschuh von üblicher Beschaffenheit regelmäßig als gefährliches Werkzeug anzusehen sei, wenn damit einem Menschen gegen den Kopf getreten wird (vgl. auch BGH, Urteile vom 11. Februar 1982 - 4 StR 689/81, BGHSt 30, 375, 376 und vom 15. September 2010 - 2 StR 395/10, NStZ-RR 2011, 337 [fester Turnschuh]; Fischer, StGB, 62. Aufl., § 224 Rn. 9c mwN). Ob diese Voraussetzungen hier gegeben sind, lässt sich den Urteilsgründen nicht zweifelsfrei entnehmen. Einerseits stellt die Strafkammer ohne weitere Beschreibung (lediglich) fest, der Angeklagte habe der nach vorn gebeugten Geschädigten mit dem "beschuhten Fuß" ins Gesicht getreten, worauf sie nach hinten umgefallen sei; andererseits führt das Landgericht im Rahmen der rechtlichen Würdigung aus, dass "davon auszugehen" sei, die Schuhe des Angeklagten "in Form von Lederslippern" hätten "die Gefährlichkeit des wuchtigen Tritts mit dem Fuß noch erhöht […], weil das schwungvolle Auftreten der festen Sohle auf das Gesicht/den Kopf […] geeignet ist, gefährliche Verletzungen hervorzurufen". Weder die Beschaffenheit der vom Angeklagten getragenen Schuhe noch deren konkreter Einsatz ist somit nachvollziehbar belegt.
5
Auf den Schuldspruch wirkt sich dieser Rechtsfehler nicht aus. Das Landgericht hat den Angeklagten rechtsfehlerfrei der gefährlichen Körperverlet- zung - gemäß § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB - schuldig gesprochen. Da die Strafkammer jedoch sowohl bei der Strafrahmenwahl als auch bei der konkreten Strafe zu Lasten des Angeklagten berücksichtigt hat, beide Tatbestandsvarianten der gefährlichen Körperverletzung verwirklicht zu haben, ist das Urteil im Strafausspruch aufzuheben.
6
3. Die Kompensationsentscheidung, die keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten erkennen lässt, wird von der Teilaufhebung des Urteils nicht erfasst (BGH, Urteil vom 27. August 2009 - 3 StR 250/09, BGHSt 54, 135, 138).
7
4. Ein die Zuständigkeit des Schwurgerichts begründender Tatvorwurf steht nicht mehr in Frage; der Senat verweist die Sache entsprechend § 354 Abs. 3 StPO deshalb an eine allgemeine Strafkammer des Landgerichts zurück. Fischer Roggenbuck Eschelbach Zeng Bartel

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 S t R 4 6 7 / 1 4
vom
16. Juni 2015
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen besonders schweren Raubs u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
, zu Ziffer 3. auf dessen Antrag, und nach Anhörung der Beschwerdeführer
am 16. Juni 2015 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten S. und L. wird das Urteil des Landgerichts Meiningen vom 7. Juli 2014, soweit es diese Angeklagten betrifft, aufgehoben. Jedoch bleiben die Feststellungen aufrecht erhalten. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehenden Revisionen werden verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten L. wegen besonders schweren Raubs in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt und seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nach Vorwegvollzug von einem Jahr der Freiheitsstrafe angeordnet. Ein paar Herrenhalbschuhe hat es eingezogen. Den Angeklagten S. hat die Strafkammer wegen besonders schweren Raubs in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und in Tateinheit mit versuchtem besonders schwerem Raub in Tateinheit mit versuchter gefährlicher Körperverletzung sowie in weiterer Tateinheit mit räuberischer Erpressung zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt sowie seine Unterbrin- gung in einer Entziehungsanstalt nach Vorwegvollzug von einem Jahr und drei Monaten der Freiheitsstrafe angeordnet. Hiergegen richten sich die Revisionen der Angeklagten jeweils mit der Sachbeschwerde. Die Rechtsmittel haben in dem aus der Entscheidung ersichtlichen Umfang Erfolg.

I.

2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts trafen sich die Beschwerdeführer und die drei Mitangeklagten, die keine Revision eingelegt haben, am 9. August 2013 an einem Fußweg, der parallel zum Ufer eines Baches verläuft. An ihrem Treffpunkt zweigt ein Trampelpfad von dem Fußweg ab, der durch ein mit hohen Büschen bewachsenes Grundstück führt. Gegen 18.30 Uhr passierten die Geschädigten, der Zeuge K. und der Zeuge Sc. , diese Stelle. Der Zeuge K. schob sein Fahrrad. Beide wollten den Trampelpfad als Abkürzung benutzen. Der Angeklagte S. schlug dem Angeklagten L. vor, den Zeugen K. auszurauben. Sie fragten die Passanten aufdringlich nach Zigaretten. Der vorausgehende Zeuge K. empfand diese Situation als besonders bedrohlich, zumal ihm die Angeklagten angetrunken zu sein schienen. Er bog zuerst in den Trampelpfad ab. Der Zeuge Sc. bot zur Deeskalation der Situation an, den Angeklagten Zigaretten zu drehen. Die Angeklagten L. und S. folgten jedoch dem Zeugen K. , holten ihn rasch ein und hinderten ihn am Weitergehen.
3
Der Angeklagte L. forderte den Zeugen K. unter Androhung von Schlägen auf, Geld herauszugeben. Ohne dessen Reaktion abzuwarten, griff er den Zeugen K. an und brachte ihn zu Boden. Um den Geschädigten am Boden zu halten und ihn weiter einzuschüchtern sowie sich mit Gewalt dessen Geld zu verschaffen, setzte der Angeklagte L. seinen mit Halb- schuhen beschuhten Fuß auf den Hals des auf dem Rücken liegenden Zeugen K. . Dann drückte er seinen Fuß so fest gegen den Hals, dass dem Geschädigten schwarz vor Augen wurde und die Profile des Schuhs sich an seinem Hals abbildeten. Um fester zudrücken zu können, hielt sich der Angeklagte L. an zwei Stämmen fest, zwischen denen der Geschädigte auf dem Boden lag. Der Zeuge K. versuchte mit beiden Händen den Fuß des Angreifers nach oben zu drücken, was ihm nicht gelang, wodurch er jedoch den Druck abschwächen konnte.
4
Währenddessen durchsuchte der Angeklagte S. die Taschen des Geschädigten, fand dessen Portemonnaie und nahm daraus zehn Euro an sich. Dann rief er den Zeugen Sc. herbei, der von dem Geschehen bisher nichts mitbekommen hatte. Diesen griff der Angeklagte S. an, um auch an dessen Geld zu gelangen. Er holte mit einer teilweise gefüllten Schnapsflasche aus und versuchte, damit auf den Kopf des Zeugen Sc. zu schlagen, der dem Schlag jedoch ausweichen konnte. Dann brachte der Zeuge Sc. den Angeklagten S. zu Boden und setzte sich auf ihn. Der Angeklagte S. rief deshalb die Gefährten herbei. Der Mitangeklagte Ka. zog den Sc. von dem Angeklagten S. herunter. Der Angeklagte S. verlangte danach von dem Zeugen Sc. die Herausgabe von Geld und drohte ihm Schläge an. Der Zeuge Sc. übergab ihm zehn Euro.
5
Der Angeklagte L. hatte inzwischen von dem Zeugen K. abgelassen und veranlasste den Angeklagten S. dazu, das leere Portemonnaie des Zeugen K. an diesen zurückzugeben.
6
Die Zeugen K. und Sc. versuchten danach zu entkommen und ließen das Fahrrad des Zeugen K. zurück. Der Nichtrevident Sz. warf dem Zeugen Sc. das Fahrrad hinterher und verletzte diesen an der Hand.
7
2. Das Landgericht hat dem Angeklagten L. nur die Tat zum Nachteil des Zeugen K. zugerechnet, nicht diejenige zum Nachteil des Zeugen Sc. . In dem Einsatz des beschuhten Fußes hat es eine Ausführung der Tat unter Verwendung eines gefährlichen Werkzeugs im Sinne von § 250 Abs. 2 Nr. 1 und § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB gesehen. Die Tat des Angeklagten L. hat es dagegen auch dem Angeklagten S. zugerechnet (§ 25 Abs. 2 StGB).

II.

8
Die Revisionen der Angeklagten L. und S. führen zur Aufhebung des Urteils, weil die Annahme eines besonders schweren Raubs unter Verwendung eines gefährlichen Werkzeugs und der tateinheitlichen Begehung einer gefährlichen Körperverletzung mittels eines gefährlichen Werkzeugs rechtsfehlerhaft ist.
9
1. Das Landgericht hat angenommen, der von dem Angeklagten L. eingesetzte Schuh sei geeignet gewesen, dem Geschädigten K. erhebliche Körperverletzungen zuzufügen. Dagegen bestehen durchgreifende rechtliche Bedenken.
10
Ein gefährliches Werkzeug ist nur ein solches Tatmittel, das nach seiner objektiven Beschaffenheit und nach der Art seiner Benutzung im Einzelfall geeignet ist, dem Opfer erhebliche Körperverletzungen zuzufügen. Die besondere Gefährlichkeit für das Rechtsgut der körperlichen Unversehrtheit ist dabei ein Merkmal der Verwendung des Werkzeugs. Ob ein Werkzeug im Einzelfall ge- fährlich ist, muss anhand der Erheblichkeit der Verletzung beurteilt werden, die der Täter durch Einsatz des Mittels verursacht hat oder verursachen wollte (vgl. Fischer, StGB, 62. Aufl., § 224 Rn. 9 mwN).
11
Der Einsatz eines beschuhten Fußes kann im Einzelfall die Verwendung eines gefährlichen Werkzeugs darstellen, wenn es sich um festes Schuhwerk handelt und die Art der Verwendung, insbesondere bei Tritten gegen bestimmte Körperteile, erwarten lässt, dass dadurch erhebliche Verletzungen entstehen (vgl. Senat, Beschluss vom 13. Mai 2015 - 2 StR 488/14 mwN). Wird dagegen - wie hier - der Fuß des Täters gegen den Hals des Opfers gedrückt, kommt dem Schuh keine besondere Bedeutung dafür zu, ob dem Opfer erhebliche Verletzungen beigebracht werden. Die Wirkung dieser Handlung hängt vielmehr vor allem von dem Druck ab, den der Fuß auf den Hals ausübt. Der Druck wurde im vorliegenden Fall dadurch erhöht, dass der Angeklagte L. sich an den Stämmen festhielt. Auf die Tatsache, dass er Halbschuhe trug, kam es insoweit nicht an. Ebenso war es nicht von besonderer Bedeutung, dass sich das Profil des Schuhs am Hals abbildete und deshalb auch dieser Schuh später bei der Durchsuchung der Wohnung des Angeklagten L. als Tatwerkzeug identifiziert werden konnte.
12
Nähere Feststellungen zu einer besonderen Bedeutung des Einsatzes des Schuhs gegen den Hals des Opfers im Hinblick auf die Gefahr erheblicher Verletzungen hat das Landgericht nicht getroffen. Der Senat kann nicht ausschließen , dass ein neues Tatgericht insoweit ergänzende Feststellungen treffen kann, die den bisherigen Schuldspruch rechtfertigen könnten.
13
2. Weil die Angeklagten L. und S. alle Tatbestände tateinheitlich verwirklicht haben, ist die Urteilsaufhebung im Ganzen geboten, auch wenn die weiteren Delikte rechtsfehlerfrei angenommen wurden.
14
3. Die Feststellungen zur Tat sind jedoch rechtsfehlerfrei getroffen worden und können deshalb aufrechterhalten bleiben. Ergänzende Feststellungen zur Wirkung des Einsatzes des beschuhten Fußes kann das neue Tatgericht treffen.

III.

15
Eine Revisionserstreckung gemäß § 357 StPO auf den Angeklagten Sz. , der keine Revision eingelegt hat, kommt nicht in Betracht. Dieser ist wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt worden, jedoch nur deshalb, weil er dem Zeugen Sc. das Fahrrad des Zeugen K. nachgeworfen und ihn an der Hand getroffen hat. Die Frage der Bedeutung des Einsatzes des beschuhten Fußes durch den Angeklagten L. spielt für seine Verurteilung keine Rolle. Fischer Krehl Eschelbach Zeng Bartel

(1) Wer die Körperverletzung

1.
durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen,
2.
mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs,
3.
mittels eines hinterlistigen Überfalls,
4.
mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich oder
5.
mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung
begeht, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

5
Für ohne Weiteres transportable, handliche und leicht bewegliche Sachen kann jedenfalls dann nichts anders gelten, wenn der Täter sie in einem Geschäft – wie hier – in Zueignungsabsicht in eine von ihm mitgeführte Hand-, Einkaufs-, Akten- oder ähnliche Tasche steckt; hierdurch bringt er sie in ebensolcher Weise in seinen ausschließlichen Herrschaftsbereich wie beim Einstecken in seine Kleidung (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Oktober 1961 – 2 StR 289/61, BGHSt 16, 271, 274 f.; ebenso für ein in der Wohnung des Besitzers nebst Ladekabeln in einen Jute-Beutel gestecktes Notebook BGH, Beschluss vom 16. September 2014 – 3 StR 373/14, NStZ 2015, 276). Ob er hierbei die Aussicht hat, denGewahr- sam längere Zeit aufrechtzuerhalten, ist für die Frage, ob die Wegnahme vollendet ist, ohne Belang (RG, aaO), denn die Tatvollendung setzt keinen gesicherten Gewahrsam voraus (BGH, Urteile vom 26. Juni 2008 – 3 StR 182/08, NStZ 2008, 624, und vom 18. Februar 2010 – 3 StR 556/09, NStZ 2011, 158, 159).

(1) Wer mit Gewalt gegen eine Person oder unter Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.

10
Nach ständiger Rechtsprechung muss zwischen der Drohung mit oder dem Einsatz von Gewalt und der Wegnahme beim Raub eine finale Verknüpfung bestehen; Gewalt oder Drohung müssen das Mittel zur Ermöglichung der Wegnahme sein. An einer solchen Verknüpfung fehlt es, wenn eine Nötigungs- handlung nicht zum Zwecke der Wegnahme vorgenommen wird, sondern der Täter den Entschluss zur Wegnahme erst nach Abschluss dieser Handlung fasst (BGH, Urteile vom 22. September 1983 – 4 StR 376/83, BGHSt 32, 88, 92; vom 20. April 1995 – 4 StR 27/95, BGHSt 41, 123, 124; Beschluss vom 24. Februar 2009 – 5 StR 39/09, NStZ 2009, 325).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 340/12
vom
25. September 2012
in der Strafsache
gegen
wegen besonders schweren Raubes u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 25. September 2012 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Kassel vom 11. April 2012 im Fall II.1 der Urteilsgründe sowie im Gesamtstrafenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. 2. Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen besonders schweren Raubes sowie wegen räuberischer Erpressung in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Gegen dieses Urteil richtet sich die auf die Rügen der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang mit der Sachrüge Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

I.

2
Nach den zu Fall II.1 getroffenen Feststellungen nahm der Angeklagte am Abend des 9. März 2001 Kontakt zu der Geschädigten auf, die auf dem "Straßenstrich" der Prostitution nachging. Gegen Zahlung von 50 DM führte sie in seinem Pkw bei ihm den Oralverkehr durch. Nachdem dies auch nach längerer Zeit zu keiner Befriedigung des Angeklagten geführt und die Geschädigte ihre Dienstleistung daraufhin abgebrochen hatte, hinderte der Angeklagte die Geschädigte nach kurzer Diskussion und dem Verlassen des Fahrzeugs daran, sich vom Ort des Geschehens zu entfernen. Er drückte sie gegen einen Zaun und schlug ihr mit der Faust mehrfach ins Gesicht, bis sie zu Boden ging. Anschließend trat er mehrere Male kraftvoll auf ihren Kopf ein, bis sie sich aus Angst vor weiterer Gewaltanwendung nicht mehr rührte. In diesem Moment beschloss der Angeklagte, der Geschädigten die zuvor gezahlten 50 DM wieder wegzunehmen. Hierbei erkannte er, dass die Geschädigte dies dulden würde, weil sie weitere Tritte befürchtete. Diese Angst zielgerichtet ausnutzend nahm der Angeklagte nun die Jacke der Geschädigten an sich, in der sich neben dem betreffenden Geld ihr Mobiltelefon und weitere Wertgegenstände befanden, und fuhr davon.

II.

3
Diese Feststellungen tragen den Schuldspruch wegen besonders schweren Raubes (§ 249 Abs. 1, § 250 Abs. 2 Nr. 3a StGB) nicht. Nach ständiger Rechtsprechung muss zwischen der Drohung mit oder dem Einsatz von Gewalt und der Wegnahme beim Raub eine finale Verknüpfung bestehen; Gewalt oder Drohung müssen das Mittel zur Ermöglichung der Wegnahme sein. An einer solchen Verknüpfung fehlt es, wenn eine Nötigungshandlung nicht zum Zwecke der Wegnahme vorgenommen wird, sondern der Täter den Entschluss zur Wegnahme erst nach Abschluss dieser Handlung fasst (vgl. BGH, Urteil vom 22. September 1983 – 4 StR 376/83, BGHSt 32, 88, 92; Urteil vom 20. April 1995 - 4 StR 27/95, BGHSt 41, 123, 124; Beschluss vom 16. Januar 2003 - 4 StR 422/02, NStZ 2003, 431, 432; Beschluss vom 24. Februar 2009 - 5 StR 39/09, NStZ 2009, 325; Fischer, StGB, 59. Aufl., § 249 Rn. 6, 10 mwN). Hier hatte sich nach den Feststellungen der Angeklagte erst nach seiner letzten Gewaltanwendung zur Wegnahme entschlossen. Eine Äußerung oder sonstige Handlung des Angeklagten vor oder bei der Wegnahme, die eine – eventuell konkludent auf die vorausgehende Gewaltausübung Bezug nehmende – Drohung mit weiterer Gewalt beinhaltet, ist nicht festgestellt. Allein der Umstand, dass die Wirkungen der ohne Wegnahmeabsicht ausgeübten Gewalt noch andauern und der Täter dies ausnutzt, genügt für die Annahme eines Raubes nicht (vgl. BGH, Beschluss vom 21. März 2006 - 3 StR 3/06, NStZ 2006, 508; Beschluss vom 24. Februar 2009 – 5 StR 39/09, NStZ 2009, 325f.).
4
Die Aufhebung der Verurteilung im Fall II.1 der Urteilsgründe führt zum Wegfall der zugehörigen Einzelstrafe und bedingt die Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs.
Becker RiBGH Dr. Appl befindet sich Berger im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Becker Krehl Ott

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
5 StR41/14
vom
18. Februar 2014
in der Strafsache
gegen
wegen besonders schweren Raubes u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 18. Februar 2014 beschlossen
:
1. Auf die Revision des Angeklagten W. wird das Urteil
des Landgerichts Zwickau vom 30. Oktober 2013 – auch
soweit es die Mitangeklagte B. betrifft – nach § 349
Abs. 4 StPO mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung,
auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere
Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten W. wegen Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und wegen besonders schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt; die nichtrevidierende Mitangeklagte B. hat es wegen Raubes in zwei Fällen jeweils in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat Erfolg.
2
1. Nach den Feststellungen besuchten am 20. April 2013 der Angeklagte W. und die Angeklagte B. , die von ihrer Tochter und deren Freund, dem gesondert Verfolgten S. begleitet wurde, die geschädigten Eheleu- te F. in deren Wohnung. Über ein als unangemessen gewertetes Ansinnen erbost versetzte zunächst die Angeklagte B. , sodann der ebenfalls verärgerte Angeklagte W. dem Geschädigten Schläge in das Gesicht. Im Bewusstsein ihrer körperlichen Überlegenheit und in Ansehung des durch die Schläge deutlich eingeschüchterten Geschädigten kamen der Angeklagte W. und S. spontan überein, aus der Wohnung der Eheleute brauchbare Gegenstände wegzunehmen. Unter dem Eindruck der erhaltenen Schläge ließ es der Geschädigte F. widerstandslos zu, dass der Angeklagte W. und S. Gegenstände im Gesamtwert von ca. 100 € zusammenpackten. Dieses Tun billigte die Angeklagte B. , in deren Wohnung das Stehlgut anschließend verbracht wurde (Fall II.1 der Urteilsgründe).
3
Drei Tage später suchten der Angeklagte W. , die Angeklagte B. , ihre Tochter und S. erneut die Eheleute F. auf. Wiederum erzürnte sich die Angeklagte B. und schlug dem Geschädigten mehrfach in das Gesicht. Der Angeklagte W. und S. schlossen sich diesen Tätlichkeiten an. Weiterhin brachte der Angeklagte W. dem Geschädigten an den Händen mit einer glimmenden Zigarette Brandwunden bei. Nachdem es dem Geschädigten gelungen war, in ein anderes Zimmer der Wohnung zu flüchten, entwendeten der Angeklagte W. und S. aus der Wohnung der Eheleute F. „ungestört in Ausnutzung der fortwirkenden Gewalt“ Gegenstände im Gesamtwert von ca. 100 €. Die Angeklagte B. machte sich die Wegnahme zu eigen, indem sie half, die entwendeten Sachen in ihre Wohnung zu tragen (Fall II.2 der Urteilsgründe).
4
2. Diese Feststellungen tragen die Verurteilung des Angeklagten W. wegen Raubes und besonders schweren Raubes (§ 249 Abs. 1, § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB) nicht. Nach ständiger Rechtsprechung muss zwischen der Drohung mit oder dem Einsatz von Gewalt und der Wegnahme beim Raub eine finale Verknüpfung bestehen; Gewalt oder Drohung müssen das Mittel zur Ermöglichung der Wegnahme sein. An einer solchen Verknüpfung fehlt es, wenn eine Nötigungshandlung nicht zum Zwecke der Wegnahme vorgenommen wird, sondern der Täter den Entschluss zur Wegnahme erst nach Abschluss dieser Handlung fasst (vgl. BGH, Urteil vom 22. September 1983 – 4 StR 376/83, BGHSt 32, 88, 92; Urteil vom 20. April 1995 – 4 StR 27/95, BGHSt 41, 123, 124; Urteil vom 16. Januar 2003 – 4 StR 422/02, NStZ 2003, 431, 432; Beschluss vom 24. Februar 2009 – 5 StR 39/09, NStZ 2009, 325; MünchKomm/Sander, StGB, 2. Aufl., § 249 Rn. 31 mwN). Hier hatte sich der Angeklagte nach den Feststellungen jeweils erst nach seiner letzten Gewaltanwendung zur Wegnahme entschlossen. Eine Äußerung oder sonstige Handlung des Angeklagten vor der Wegnahme, die eine auch nur konkludente Drohung mit weiterer Gewalt beinhaltete, ist nicht festgestellt. Allein der Umstand, dass die Wirkungen eines ohne Wegnahmeabsicht eingesetzten Nötigungsmittels noch andauern und der Täter dies ausnutzt, genügt für die Annahme eines Raubes nicht (vgl. BGH, Beschlüsse vom 21. März 2006 – 3 StR 3/06, NStZ 2006, 508; vom 24. Februar 2009 – 5 StR 39/09, NStZ 2009, 325; vom 25. September 2012 – 2 StR 340/12, NStZ-RR 2013, 45). Das bloße Ausnutzen der Angst eines der Einwirkung des Täters schutzlos ausgelieferten Opfers reicht nicht aus (vgl. BGH, Urteil vom 8. Mai 2013 – 2 StR 558/12, NStZ 2013,

648).


5
3. Die Sache bedarf deshalb insgesamt neuer Verhandlung und Entscheidung , da nicht ausgeschlossen werden kann, dass das Landgericht in neuer Hauptverhandlung Feststellungen zu treffen vermag, die eine Verurteilung wegen Raubdelikten stützen.
6
Da der aufgezeigte materiellrechtliche Fehler des Urteils die nicht revidierende Mitangeklagte B. in gleicher Weise betrifft, ist die Aufhebung auf sie zu erstrecken, nachdem sie – zum Antrag des Generalbundesanwalts auf Entscheidung nach § 357 StPO über ihren Verteidiger angehört – einer solchen Erstreckung nicht widersprochen hat.
Basdorf Sander Schneider
Berger Bellay

Wer, bei einem Diebstahl auf frischer Tat betroffen, gegen eine Person Gewalt verübt oder Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben anwendet, um sich im Besitz des gestohlenen Gutes zu erhalten, ist gleich einem Räuber zu bestrafen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
5 StR 480/18
vom
24. Januar 2019
in der Strafsache
gegen
wegen Totschlags u.a.
ECLI:DE:BGH:2019:240119B5STR480.18.0

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 24. Januar 2019 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 sowie analog § 354 Abs. 1 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Lübeck vom 8. Juni 2018 dahin geändert, dass der Angeklagte wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von neun Jahren verurteilt ist.
2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und wegen Totschlags zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Jahren verurteilt. Zudem hat es unter Bestimmung eines Vorwegvollzugs von zwei Jahren und sechs Monaten der Strafe die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Beschwerdeführers führt auf die Sachrüge hin zu der aus dem Tenor ersichtlichen Änderung des Schuld- und Strafausspruchs. Im Übrigen ist sie aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts stach der erheblich alkoholisierte Angeklagte aus Wut mehrmals mit einem Messer auf den Hals- und Nackenbereich des rücklings auf einem Sofa seiner Wohnung liegenden Geschädigten R. ein, um ihn zu töten. R. erlitt dadurch mehrere stark blutende, konkret lebensgefährliche Verletzungen. Der Angeklagte ging deshalb – objektiv zutreffend – davon aus, dass der Geschädigte „alsbald versterben“ werde. Er verließ daher den im Erdgeschoss liegenden Tatort und ging zu seinem im ersten Stock wohnenden Bekannten Pi. . Dort angekommen äußerte er: „Ich habe ihn aufgeschlitzt.“ Daraufhin lief die bei Pi. zu Besuch weilende Zeu- gin Pie. in die Wohnung des Geschädigten, wo sie diesen schwer verletzt, aber noch lebend vorfand. Sie rannte in Panik nach draußen, um Hilfe zu holen.
3
Währenddessen begab sich auch der Angeklagte wieder in die Wohnung des Geschädigten. Um ihn „endgültig zu töten“, versetzteer ihm – nur einige Minuten nach dem ersten Angriff – mit einem Küchenmesser einen Stich in die Herzregion. Kurz danach verstarb R. infolge der zahlreichen Stichverletzungen durch Verbluten in Kombination mit einer Flüssigkeitsansammlung im Herzbeutel.
4
2. Das Landgericht hat die beiden Attacken als zwei rechtlich selbständige Taten im Sinne des § 53 StGB bewertet, da der Angeklagte den Tatort zwischen den beiden Messerangriffen für einige Minuten verlassen habe. Diese konkurrenzrechtliche Bewertung hält der sachlich-rechtlichen Überprüfung nicht stand.
5
a) Bei einem mehraktigen Tatgeschehen liegt eine Tat im Rechtssinne vor, wenn zwischen gleichgelagerten, strafrechtlich erheblichen Betätigungen ein derart unmittelbarer Zusammenhang besteht, dass sich das gesamte Han- deln des Täters objektiv auch für einen Dritten als ein einheitlich zusammengehöriges Tun darstellt, und die einzelnen Handlungen durch ein subjektives Element miteinander verbunden sind (st. Rspr., vgl. etwa BGH, Urteil vom 16. Mai 1990 – 2 StR 143/90, NStZ 1990, 490, 491). Ein zeitlicher Abstand zwischen den Einzelakten steht der Annahme einer Tat im Rechtssinn dann entgegen , wenn dieser erheblich ist und einen augenfälligen Einschnitt bewirkt (vgl. BGH, aaO, sowie Urteil vom 28. August 1984 – 1 StR 427/84, StV 1986, 293). Eine Handlungseinheit endet spätestens mit dem Fehlschlag eines Versuchs , von dem der Täter nicht mehr strafbefreiend zurücktreten kann (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Oktober 2008 – 4 StR 233/08, NStZ 2009, 628; MüKo-StGB/von Heintschel-Heinegg, 3. Aufl., § 52 Rn. 34).
6
b) Danach sind die Angriffe des Angeklagten auf das Leben des Geschädigten als eine Tat im Rechtssinn (§ 52 StGB) zu werten. Zwischen den von einem einheitlichen Tötungsvorsatz getragenen Handlungen lag lediglich eine Zeitspanne von einigen Minuten, während der sich der Angeklagte in der einen Stock über dem Tatort gelegenen Wohnung des Zeugen Pi. aufhielt. Der unmittelbare Zusammenhang zwischen den Messerangriffen wurde auch nicht durch die Entdeckung der Tat durch die Zeugin Pie. und deren Versuch unterbrochen, Hilfe zu holen. Denn die Äußerung des Angeklagten nach dem ersten Handlungsabschnitt („Ich habe ihn aufgeschlitzt“) belegt augenfällig, dass die Tatentdeckung für ihn ohne jeden Belang war und deshalb objektiv betrachtet keinen erheblichen Einschnitt in dem Geschehen bildete. Eine Zäsur nach dem ersten Handlungsabschnitt ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt eines fehlgeschlagenen Versuchs gegeben, da der Angeklagte die Tat mit einem ihm als Tatmittel zur Hand liegenden Küchenmesser ohne erhebliche zeitliche Zäsur vollenden konnte (vgl. BGH, Urteil vom 25. November 2004 – 4 StR 326/04, NStZ 2005, 263, 264). Der Messerstich in das Herz des Opfers stellt damit – auch aus der Sicht eines Dritten – keinen neuen selbständigen Angriff auf dessen Leben dar, sondern den abschließenden Akt eines einheitli- chen Geschehens, mit dem der Angeklagte den Geschädigten „endgültig“ töten wollte.
7
c) Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend ab. § 265 StPO steht dem nicht entgegen, da sich der Angeklagte nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.
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2. Die Änderung des Schuldspruchs hat den Fortfall der vom Landgericht festgesetzten Einzelstrafen zur Folge. Der Senat kann jedoch in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO die Gesamtstrafe als Einzelstrafe bestehen lassen. Er schließt aus, dass das Landgericht allein aufgrund der geänderten Konkurrenzverhältnisse eine niedrigere Strafe verhängt hätte, weil eine unterschiedliche rechtliche Beurteilung des Konkurrenzverhältnisses angesichts des unveränderten Schuldumfangs kein maßgebliches Kriterium für die Strafbemessung ist (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Dezember 2012 – 2 StR 294/12).
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3. Ergänzend zur Antragsschrift des Generalbundesanwalts bemerkt der Senat:
10
a) Es begegnet keinen rechtlichen Bedenken, dass das sachverständig beratene Landgericht trotz einer rückgerechneten Blutalkoholkonzentration (BAK) zur Tatzeit von etwa vier Promille lediglich von einer erheblich eingeschränkten Steuerungsfähigkeit ausgegangen ist. Zwar hat es bei der Annahme des diesen BAK-Wert relativierenden Nachtrunks verkannt, dass auch bei einer mit einem zeitlichen Abstand von mehr als 30 Minuten durchgeführten Doppelblutentnahme ein höherer zweiter BAK-Wert einen Nachtrunk nicht sicher zu belegen vermag (vgl. LK-StGB/König, 12. Aufl., § 316 Rn. 85 mwN). Dies stellt die Beurteilung der Schuldfähigkeit aber letztlich nicht in Frage. Denn einer errechneten BAK kommt bei einem langen Rückrechnungszeitraum von wie hier etwa acht Stunden eine nur eingeschränkte indizielle Bedeutung zu. Es ist daher rechtlich unbedenklich, dass das Landgericht entscheidend auf das gegen eine vollständig aufgehobene Steuerungsfähigkeit sprechende orientierte und von keinen gravierenden Ausfallerscheinungen geprägte Leistungserhalten des Angeklagten abgestellt hat (vgl. BGH, Urteile vom 9. August 1988 – 1 StR 231/88, BGHSt 35, 308; vom 22. April 1998 – 3 StR 15/98, NStZ 1998, 457, 458).
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b) Die Verfahrensrüge, mit der der Beschwerdeführer die unzureichende Begründung der Ablehnung eines Beweisantrags wegen Bedeutungslosigkeit (§ 244 Abs. 3 Satz 2 StPO) beanstandet, hat keinen Erfolg. Denn der Senat kann jedenfalls ein Beruhen des Urteils auf dem behaupteten Rechtsfehler ausschließen (§ 337 Abs. 1 StPO).
12
Das Landgericht hat die unter Beweis gestellten Tatsachen (Strafanzeige des Geschädigten gegen den Zeugen Pi. und dessen Vergeltungsbedürfnis ) dem Inhalt nach seinen Urteilsfeststellungen zugrunde gelegt (UA S. 8 f.). Der Beschwerdeführer war dabei bereits durch den Ablehnungsbeschluss davon in Kenntnis gesetzt, dass das Landgericht den nach seiner Überzeugung seit geraumer Zeit bestehenden Streit zwischen dem Zeugen Pi. und dem Geschädigten als bedeutungslos für die Frage der Täterschaft des Angeklagten erachtete. Unter diesen Vorzeichen ist ausgeschlossen, dass eine eingehendere beweiswürdigende Unterrichtung über die Gründe der Bedeutungslosigkeit der Beweistatsachen ihm die Möglichkeit eröffnet hätte, die Würdigung der Tatsachen durch weitere Anträge oder Darlegungen in einer für ihn günstigen Weise zu beeinflussen (vgl. BGH, Urteil vom 29. März 2012 – 3 StR 422/11, NStZ 2012, 525, 526; Beschluss vom 7. Februar 2002 – 1 StR 222/01).
4. Angesichts des nur geringfügigen Erfolgs seiner Revision ist es nicht unbillig, dass der Beschwerdeführer die Kosten des Rechtsmittels und seine notwendigen Auslagen in vollem Umfang zu tragen hat (§ 473 Abs. 4 StPO).
VRiBGH Dr. Mutzbauer ist Sander RiBGH Prof. Dr. König ist urlaubsbedingt an der Unter- urlaubsbedingt an der Unterschrift gehindert. schrift gehindert. Sander Sander
RiBGH Prof. Dr. Mosbacher ist Köhler urlaubsbedingt an der Unterschrift gehindert. Sander

(1) Soweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Gleichzeitig sind die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben, sofern sie durch die Gesetzesverletzung betroffen werden, wegen deren das Urteil aufgehoben wird.

(1) Das Gericht ordnet neben der Strafe die Sicherungsverwahrung an, wenn

1.
jemand zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat verurteilt wird, die
a)
sich gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung richtet,
b)
unter den Ersten, Siebenten, Zwanzigsten oder Achtundzwanzigsten Abschnitt des Besonderen Teils oder unter das Völkerstrafgesetzbuch oder das Betäubungsmittelgesetz fällt und im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zehn Jahren bedroht ist oder
c)
den Tatbestand des § 145a erfüllt, soweit die Führungsaufsicht auf Grund einer Straftat der in den Buchstaben a oder b genannten Art eingetreten ist, oder den Tatbestand des § 323a, soweit die im Rausch begangene rechtswidrige Tat eine solche der in den Buchstaben a oder b genannten Art ist,
2.
der Täter wegen Straftaten der in Nummer 1 genannten Art, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon zweimal jeweils zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
3.
er wegen einer oder mehrerer dieser Taten vor der neuen Tat für die Zeit von mindestens zwei Jahren Freiheitsstrafe verbüßt oder sich im Vollzug einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung befunden hat und
4.
die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Taten ergibt, dass er infolge eines Hanges zu erheblichen Straftaten, namentlich zu solchen, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden, zum Zeitpunkt der Verurteilung für die Allgemeinheit gefährlich ist.
Für die Einordnung als Straftat im Sinne von Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b gilt § 12 Absatz 3 entsprechend, für die Beendigung der in Satz 1 Nummer 1 Buchstabe c genannten Führungsaufsicht § 68b Absatz 1 Satz 4.

(2) Hat jemand drei Straftaten der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 genannten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verwirkt hat, und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzung neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen.

(3) Wird jemand wegen eines die Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a oder b erfüllenden Verbrechens oder wegen einer Straftat nach § 89a Absatz 1 bis 3, § 89c Absatz 1 bis 3, § 129a Absatz 5 Satz 1 erste Alternative, auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1, den §§ 174 bis 174c, 176a, 176b, 177 Absatz 2 Nummer 1, Absatz 3 und 6, §§ 180, 182, 224, 225 Abs. 1 oder 2 oder wegen einer vorsätzlichen Straftat nach § 323a, soweit die im Rausch begangene Tat eine der vorgenannten rechtswidrigen Taten ist, zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt, so kann das Gericht neben der Strafe die Sicherungsverwahrung anordnen, wenn der Täter wegen einer oder mehrerer solcher Straftaten, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon einmal zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist und die in Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und 4 genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Hat jemand zwei Straftaten der in Satz 1 bezeichneten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verwirkt hat und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter den in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzungen neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen. Die Absätze 1 und 2 bleiben unberührt.

(4) Im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 gilt eine Verurteilung zu Gesamtstrafe als eine einzige Verurteilung. Ist Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung auf Freiheitsstrafe angerechnet, so gilt sie als verbüßte Strafe im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3. Eine frühere Tat bleibt außer Betracht, wenn zwischen ihr und der folgenden Tat mehr als fünf Jahre verstrichen sind; bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung beträgt die Frist fünfzehn Jahre. In die Frist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist. Eine Tat, die außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes abgeurteilt worden ist, steht einer innerhalb dieses Bereichs abgeurteilten Tat gleich, wenn sie nach deutschem Strafrecht eine Straftat der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, in den Fällen des Absatzes 3 der in Absatz 3 Satz 1 bezeichneten Art wäre.

(1) Die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung erfolgt in Einrichtungen, die

1.
dem Untergebrachten auf der Grundlage einer umfassenden Behandlungsuntersuchung und eines regelmäßig fortzuschreibenden Vollzugsplans eine Betreuung anbieten,
a)
die individuell und intensiv sowie geeignet ist, seine Mitwirkungsbereitschaft zu wecken und zu fördern, insbesondere eine psychiatrische, psycho- oder sozialtherapeutische Behandlung, die auf den Untergebrachten zugeschnitten ist, soweit standardisierte Angebote nicht Erfolg versprechend sind, und
b)
die zum Ziel hat, seine Gefährlichkeit für die Allgemeinheit so zu mindern, dass die Vollstreckung der Maßregel möglichst bald zur Bewährung ausgesetzt oder sie für erledigt erklärt werden kann,
2.
eine Unterbringung gewährleisten,
a)
die den Untergebrachten so wenig wie möglich belastet, den Erfordernissen der Betreuung im Sinne von Nummer 1 entspricht und, soweit Sicherheitsbelange nicht entgegenstehen, den allgemeinen Lebensverhältnissen angepasst ist, und
b)
die vom Strafvollzug getrennt in besonderen Gebäuden oder Abteilungen erfolgt, sofern nicht die Behandlung im Sinne von Nummer 1 ausnahmsweise etwas anderes erfordert, und
3.
zur Erreichung des in Nummer 1 Buchstabe b genannten Ziels
a)
vollzugsöffnende Maßnahmen gewähren und Entlassungsvorbereitungen treffen, soweit nicht zwingende Gründe entgegenstehen, insbesondere konkrete Anhaltspunkte die Gefahr begründen, der Untergebrachte werde sich dem Vollzug der Sicherungsverwahrung entziehen oder die Maßnahmen zur Begehung erheblicher Straftaten missbrauchen, sowie
b)
in enger Zusammenarbeit mit staatlichen oder freien Trägern eine nachsorgende Betreuung in Freiheit ermöglichen.

(2) Hat das Gericht die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung im Urteil (§ 66), nach Vorbehalt (§ 66a Absatz 3) oder nachträglich (§ 66b) angeordnet oder sich eine solche Anordnung im Urteil vorbehalten (§ 66a Absatz 1 und 2), ist dem Täter schon im Strafvollzug eine Betreuung im Sinne von Absatz 1 Nummer 1, insbesondere eine sozialtherapeutische Behandlung, anzubieten mit dem Ziel, die Vollstreckung der Unterbringung (§ 67c Absatz 1 Satz 1 Nummer 1) oder deren Anordnung (§ 66a Absatz 3) möglichst entbehrlich zu machen.