Bundesgerichtshof Urteil, 20. Feb. 2013 - 5 StR 466/12

bei uns veröffentlicht am20.02.2013

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

5 StR 466/12

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 20. Februar 2013
in der Strafsache
gegen
wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 20. Februar
2013, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter Basdorf,
Richter Dr. Raum,
Richter Prof. Dr. Sander,
Richter Prof. Dr. König,
Richter Bellay
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 16. Januar 2012 wird verworfen.
Die Kosten des Rechtsmittels sowie die dem Angeklagten hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen werden der Staatskasse auferlegt.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes und wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Vom Vorwurf weiterer Sexualdelikte hat es ihn freigesprochen. Mit ihrer beschränkten , auf die Sachrüge gestützten Revision greift die Staatsanwaltschaft die Freisprüche in den Fällen 8 sowie 9 bis 111 der Anklage zum Nachteil der Neben- und Adhäsionsklägerin B. an. Das vom Generalbundesanwalt vertretene Rechtsmittel bleibt ohne Erfolg.
2
1. Mit der zugelassenen Anklage lag dem Angeklagten in den von der Staatsanwaltschaft angefochtenen Freispruchsfällen zur Last, der am 9. August 1996 geborenen Zeugin B. im September 2009 in seiner Wohnung einen Finger in die Scheide eingeführt und anschließend mit ihr den Geschlechtsverkehr ausgeführt zu haben; hierbei habe er sie mit einer Geschlechtskrankheit angesteckt (Fall 8: schwerer sexueller Missbrauch ei- nes Kindes in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung, § 176a Abs. 2 Nr. 1, § 223 Abs. 1 StGB). In den Fällen 9 bis 111 soll er Fotos hergestellt haben, die „sexuelle Betätigungen der Zeugin zeigen, die bereits nach ihrem äußeren Erscheinungsbild der Befriedigung geschlechtlicher Bedürfnisse dienen und in vergröbernder Darstellung sexuellen Verhaltens unter Ausklammerung emotionaler Bezüge die dargestellte Person zum bloß aus- tauschbaren Objekt geschlechtlicher Begierde oder Betätigung machen“ (§ 184b Abs. 1 Nr. 3 StGB). Zum Inhalt der Abbildungen verweist die Anklage lediglich auf in den Akten bezeichnete Lichtbilder.
3
2. Das Landgericht hat den Angeklagten jeweils aus tatsächlichen Gründen freigesprochen.
4
a) Im Fall 8 hat es die Einlassung des Angeklagten, dass es keinen sexuellen Kontakt zwischen ihm und der Zeugin B. gegeben habe , als nicht widerlegt angesehen. Der Angeklagte habe vermutet, dass die Zeugin ein entsprechendes sexuelles Erlebnis mit ihrem Freund Bu. gehabt habe, das sie auf ihn übertragen habe. Die Jugendschutzkammer sieht das mögliche Falschbelastungsmotiv der Zeugin darin, dass sie ein intimes Verhältnis zu Bu. nur deshalb verneint habe, um diesen vor strafrechtlicher Verfolgung zu schützen. Ihre Bekundungen, dass sie keinen Sexualkontakt zu Bu. gehabt habe, stünden im Widerspruch zu glaubhaften Zeugenaussagen, die auf eine sexuelle Beziehung hindeuteten.
5
b) In den Fällen 9 bis 111 hat das Landgericht die Einlassung des Angeklagten , dass er die auf seinem Computer vorgefundenen Nacktbilder der Zeugin nicht hergestellt und von ihrer Existenz auch nichts gewusst habe, als nicht widerlegt angesehen. Das Erstellungsdatum der Bilder könne nicht rekonstruiert werden. Aufgrund der abgebildeten Bettwäsche könne zudem nicht ausgeschlossen werden, dass die Fotoserie während „einer Gelegenheit“ angefertigt wordensei. Auf zwei Aufnahmen sei auch ein junger Mann vor dem gleichen Hintergrund abgebildet, bei dem es sich figürlich nicht um den Angeklagten handeln könne. Der Angeklagte, der angab, er habe der Zeugin die Schlüssel für die Betreuung seiner Wohnung in seiner Abwesenheit überlassen, habe vermutet, dass es sich bei der abgebildeten Person um Bu. handeln könnte. Bu. hingegen habe bekundet, dass er nicht die abgelichtete Person sei. Er habe „keine Fotos in der Wohnung des Angeklagten gemacht und sei im Übrigen auch nicht mit der Zeugin B. zusammen gewesen“ (UA S. 23).
6
Die Jugendschutzkammer wertet es insoweit als lebensfremd, dass der Angeklagte selbst die Aufnahmen von dem nackten Mann erstellt habe. Denkbar sei, dass die Fotos von B. und Bu. während der Abwesenheit des Angeklagten aufgenommen worden seien.
7
3. Die angefochtenen Freisprüche halten sachlich-rechtlicher Nachprüfung stand.
8
a) Die von der Revision behaupteten Darstellungsmängel liegen nicht vor.
9
Es bedurfte entgegen der Auffassung der Revision keiner zusätzlichen Feststellungen zu den Einzeltaten. Dem nicht schematisch anzuwendenden Grundsatz, dass das Tatgericht bei freisprechenden Urteilen zunächst die Umstände feststellen muss, die es für erwiesen erachtet, und dazu die Begründung so abzufassen hat, dass dem Revisionsgericht eine Überprüfung ermöglicht wird (BGH, Urteile vom 26. September 1989 – 1 StR 299/89, BGHR StPO § 267 Abs. 5 Freispruch 2, vom 6. April 2005 – 5 StR 441/04, NStZ-RR 2005, 211, und vom 27. Januar 2011 – 4 StR 487/10, NStZ-RR 2011, 275), ist hier genügt. Dass das Landgericht den sexuellen Übergriff des Angeklagten im Fall 8 für nicht erwiesen erachtet hat, versteht sich aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe von selbst. Weitergehende Feststellungen, ob gegebenenfalls ein solcher Vorgang durch eine andere Person stattgefunden hat, sind revisionsrechtlich nicht zu fordern.
Eine von der Revisionsführerin zudem vermisste eingehendere Darstellung des Anklagegegenstandes zum Tatkomplex 9 bis 111 bedurfte es nicht. Die Urteilsfeststellungen gehen insoweit über die dürftige Darstellung der Anklage hinaus. Mit Blick darauf, dass der Freispruch im Ergebnis nicht zu beanstanden ist, braucht der Senat nicht darüber zu entscheiden, ob insoweit überhaupt eine konkrete Bezeichnung der Taten in der Anklageschrift vorgenommen worden ist.
10
b) Gegen die Beweiswürdigung des Landgerichts bestehen keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Die Beweiswürdigung ist dem Tatgericht vorbehalten (§ 261 StPO). Spricht das Tatgericht einen Angeklagten frei, weil es Zweifel an seiner Täterschaft nicht zu überwinden vermag, so ist dies vom Revisionsgericht grundsätzlich hinzunehmen, da die Beweiswürdigung Sache des Tatrichters ist. Der Beurteilung durch das Revisionsgericht unterliegt nur, ob dem Tatgericht Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist dann der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist, oder wenn sie gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt oder das Gericht überspannte Anforderungen an die Überzeugungsbildung gestellt hat (st. Rspr., vgl. BGH, Urteil vom 20. Februar 2008 – 5 StR 564/07, NStZ-RR 2008, 180). Hieran gemessen ist die Beweiswürdi- gung des Landgerichts vom Senat noch hinzunehmen.
11
aa) Im Fall 8 bedurfte es keiner eingehenderen Würdigung der Einlassung des Angeklagten. Er hat den Vorwurf bestritten und die Vermutung aufgestellt , dass möglicherweise ein Vorfall, an dem eine andere Person beteiligt gewesen sein könnte, auf ihn projiziert worden sei. Entgegen der Auffassung der Revision ist angesichts dieser Fallgestaltung nicht ersichtlich, welche weitergehenden Erörterungen das Landgericht mit Blick auf die Einlassung des Angeklagten hätte anstellen müssen.
12
bb) Die von der Revision in Bezug auf Fall 8 vermisste Wiedergabe der Aussage des Zeugen Bu. ist der Beweiswürdigung zu den Fäl- len 9 bis 111 zu entnehmen. Es versteht sich wegen der Unteilbarkeit der Aussage von selbst, dass seine Schilderung, mit der Nebenklägerin nicht „zusammen gewesen zu sein“, auch auf Fall 8 zu beziehen ist. Das Landge- richt durfte zudem den Aussageinhalt ohne Rechtsfehler dahingehend werten , dass der Zeuge zum Ausdruck bringen wollte, keine sexuelle Beziehung mit der Nebenklägerin unterhalten zu haben.
13
cc) Schließlich ist die Beweiswürdigung des Landgerichts auch ohne Wiedergabe der Aussage der Nebenklägerin zum Entstehen der Fotos in den Fällen 9 bis 111 aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe noch nachvollziehbar. Es hat ersichtlich aufgrund des erörterten Falschbelastungsmotivs die Glaubhaftigkeit der Nebenklägerin in Frage gestellt, wobei es die Zweifel an der Täterschaft des Angeklagten maßgeblich auch auf die zeitgleich gefertigten Bildaufnahmen eines jungen Mannes gestützt hat.
Basdorf Raum Sander König Bellay

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 20. Feb. 2013 - 5 StR 466/12

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 20. Feb. 2013 - 5 StR 466/12

Referenzen - Gesetze

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Strafprozeßordnung - StPO | § 261 Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung


Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

Strafprozeßordnung - StPO | § 267 Urteilsgründe


(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese

Strafgesetzbuch - StGB | § 223 Körperverletzung


(1) Wer eine andere Person körperlich mißhandelt oder an der Gesundheit schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Der Versuch ist strafbar.
Bundesgerichtshof Urteil, 20. Feb. 2013 - 5 StR 466/12 zitiert 7 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Strafprozeßordnung - StPO | § 261 Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung


Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

Strafprozeßordnung - StPO | § 267 Urteilsgründe


(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese

Strafgesetzbuch - StGB | § 223 Körperverletzung


(1) Wer eine andere Person körperlich mißhandelt oder an der Gesundheit schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Der Versuch ist strafbar.

Strafgesetzbuch - StGB | § 176a Sexueller Missbrauch von Kindern ohne Körperkontakt mit dem Kind


(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer 1. sexuelle Handlungen vor einem Kind vornimmt oder vor einem Kind von einer dritten Person an sich vornehmen lässt,2. ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen

Strafgesetzbuch - StGB | § 184b Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornographischer Inhalte


(1) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer 1. einen kinderpornographischen Inhalt verbreitet oder der Öffentlichkeit zugänglich macht; kinderpornographisch ist ein pornographischer Inhalt (§ 11 Absatz 3), wenn er zum

Referenzen - Urteile

Bundesgerichtshof Urteil, 20. Feb. 2013 - 5 StR 466/12 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Urteil, 20. Feb. 2013 - 5 StR 466/12 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 06. Apr. 2005 - 5 StR 441/04

bei uns veröffentlicht am 06.04.2005

5 StR 441/04 BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL vom 6. April 2005 in der Strafsache gegen wegen Betruges u. a. Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 6. April 2005, an der teilgenommen haben: Vorsitzende Richter

Bundesgerichtshof Urteil, 20. Feb. 2008 - 5 StR 564/07

bei uns veröffentlicht am 20.02.2008

5 StR 564/07 BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL vom 20. Februar 2008 in der Strafsache gegen wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 20. Februar 2008, an der teilg
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 20. Feb. 2013 - 5 StR 466/12.

Bundesgerichtshof Urteil, 23. Okt. 2013 - 5 StR 505/12

bei uns veröffentlicht am 23.10.2013

Nachschlagewerk: ja BGHSt : ja Veröffentlichung : ja StGB § 326 Abs. 1 Nr. 4 lit. a StGB § 327 Abs. 2 Nr. 3 1. Zu der im Rahmen des Tatbestands des unerlaubten Betreibens von Anlagen gemäß § 327 Abs. 2 Nr. 3 StGB vorzunehmenden Abgrenzung zwischen

Referenzen

(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer

1.
sexuelle Handlungen vor einem Kind vornimmt oder vor einem Kind von einer dritten Person an sich vornehmen lässt,
2.
ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen vornimmt, soweit die Tat nicht nach § 176 Absatz 1 Nummer 1 oder Nummer 2 mit Strafe bedroht ist, oder
3.
auf ein Kind durch einen pornographischen Inhalt (§ 11 Absatz 3) oder durch entsprechende Reden einwirkt.

(2) Ebenso wird bestraft, wer ein Kind für eine Tat nach Absatz 1 anbietet oder nachzuweisen verspricht oder wer sich mit einem anderen zu einer solchen Tat verabredet.

(3) Der Versuch ist in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 und 2 strafbar. Bei Taten nach Absatz 1 Nummer 3 ist der Versuch in den Fällen strafbar, in denen eine Vollendung der Tat allein daran scheitert, dass der Täter irrig annimmt, sein Einwirken beziehe sich auf ein Kind.

(1) Wer eine andere Person körperlich mißhandelt oder an der Gesundheit schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(1) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer

1.
einen kinderpornographischen Inhalt verbreitet oder der Öffentlichkeit zugänglich macht; kinderpornographisch ist ein pornographischer Inhalt (§ 11 Absatz 3), wenn er zum Gegenstand hat:
a)
sexuelle Handlungen von, an oder vor einer Person unter vierzehn Jahren (Kind),
b)
die Wiedergabe eines ganz oder teilweise unbekleideten Kindes in aufreizend geschlechtsbetonter Körperhaltung oder
c)
die sexuell aufreizende Wiedergabe der unbekleideten Genitalien oder des unbekleideten Gesäßes eines Kindes,
2.
es unternimmt, einer anderen Person einen kinderpornographischen Inhalt, der ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergibt, zugänglich zu machen oder den Besitz daran zu verschaffen,
3.
einen kinderpornographischen Inhalt, der ein tatsächliches Geschehen wiedergibt, herstellt oder
4.
einen kinderpornographischen Inhalt herstellt, bezieht, liefert, vorrätig hält, anbietet, bewirbt oder es unternimmt, diesen ein- oder auszuführen, um ihn im Sinne der Nummer 1 oder der Nummer 2 zu verwenden oder einer anderen Person eine solche Verwendung zu ermöglichen, soweit die Tat nicht nach Nummer 3 mit Strafe bedroht ist.
Gibt der kinderpornographische Inhalt in den Fällen von Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und 4 kein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wieder, so ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen.

(2) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat, und gibt der Inhalt in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1, 2 und 4 ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wieder, so ist auf Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren zu erkennen.

(3) Wer es unternimmt, einen kinderpornographischen Inhalt, der ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergibt, abzurufen oder sich den Besitz an einem solchen Inhalt zu verschaffen oder wer einen solchen Inhalt besitzt, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu fünf Jahren bestraft.

(4) Der Versuch ist in den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 in Verbindung mit Satz 1 Nummer 1 strafbar.

(5) Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und Absatz 3 gelten nicht für Handlungen, die ausschließlich der rechtmäßigen Erfüllung von Folgendem dienen:

1.
staatlichen Aufgaben,
2.
Aufgaben, die sich aus Vereinbarungen mit einer zuständigen staatlichen Stelle ergeben, oder
3.
dienstlichen oder beruflichen Pflichten.

(6) Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 2 und 4 und Satz 2 gilt nicht für dienstliche Handlungen im Rahmen von strafrechtlichen Ermittlungsverfahren, wenn

1.
die Handlung sich auf einen kinderpornographischen Inhalt bezieht, der kein tatsächliches Geschehen wiedergibt und auch nicht unter Verwendung einer Bildaufnahme eines Kindes oder Jugendlichen hergestellt worden ist, und
2.
die Aufklärung des Sachverhalts auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre.

(7) Gegenstände, auf die sich eine Straftat nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 oder 3 oder Absatz 3 bezieht, werden eingezogen. § 74a ist anzuwenden.

(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese Tatsachen angegeben werden. Auf Abbildungen, die sich bei den Akten befinden, kann hierbei wegen der Einzelheiten verwiesen werden.

(2) Waren in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände behauptet worden, welche die Strafbarkeit ausschließen, vermindern oder erhöhen, so müssen die Urteilsgründe sich darüber aussprechen, ob diese Umstände für festgestellt oder für nicht festgestellt erachtet werden.

(3) Die Gründe des Strafurteils müssen ferner das zur Anwendung gebrachte Strafgesetz bezeichnen und die Umstände anführen, die für die Zumessung der Strafe bestimmend gewesen sind. Macht das Strafgesetz Milderungen von dem Vorliegen minder schwerer Fälle abhängig, so müssen die Urteilsgründe ergeben, weshalb diese Umstände angenommen oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen verneint werden; dies gilt entsprechend für die Verhängung einer Freiheitsstrafe in den Fällen des § 47 des Strafgesetzbuches. Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb ein besonders schwerer Fall nicht angenommen wird, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, unter denen nach dem Strafgesetz in der Regel ein solcher Fall vorliegt; liegen diese Voraussetzungen nicht vor, wird aber gleichwohl ein besonders schwerer Fall angenommen, so gilt Satz 2 entsprechend. Die Urteilsgründe müssen ferner ergeben, weshalb die Strafe zur Bewährung ausgesetzt oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht ausgesetzt worden ist; dies gilt entsprechend für die Verwarnung mit Strafvorbehalt und das Absehen von Strafe. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist auch dies in den Urteilsgründen anzugeben.

(4) Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so müssen die erwiesenen Tatsachen, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden, und das angewendete Strafgesetz angegeben werden; bei Urteilen, die nur auf Geldstrafe lauten oder neben einer Geldstrafe ein Fahrverbot oder die Entziehung der Fahrerlaubnis und damit zusammen die Einziehung des Führerscheins anordnen, oder bei Verwarnungen mit Strafvorbehalt kann hierbei auf den zugelassenen Anklagesatz, auf die Anklage gemäß § 418 Abs. 3 Satz 2 oder den Strafbefehl sowie den Strafbefehlsantrag verwiesen werden. Absatz 3 Satz 5 gilt entsprechend. Den weiteren Inhalt der Urteilsgründe bestimmt das Gericht unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nach seinem Ermessen. Die Urteilsgründe können innerhalb der in § 275 Abs. 1 Satz 2 vorgesehenen Frist ergänzt werden, wenn gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt wird.

(5) Wird der Angeklagte freigesprochen, so müssen die Urteilsgründe ergeben, ob der Angeklagte für nicht überführt oder ob und aus welchen Gründen die für erwiesen angenommene Tat für nicht strafbar erachtet worden ist. Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so braucht nur angegeben zu werden, ob die dem Angeklagten zur Last gelegte Straftat aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht festgestellt worden ist. Absatz 4 Satz 4 ist anzuwenden.

(6) Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet, eine Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht angeordnet oder nicht vorbehalten worden ist. Ist die Fahrerlaubnis nicht entzogen oder eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches nicht angeordnet worden, obwohl dies nach der Art der Straftat in Betracht kam, so müssen die Urteilsgründe stets ergeben, weshalb die Maßregel nicht angeordnet worden ist.

5 StR 441/04

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 6. April 2005
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 6. April
2005, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin Harms,
Richterin Dr. Gerhardt,
Richter Dr. Raum,
Richter Dr. Brause,
Richter Schaal
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt H ,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof S
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwältin T
als Verteidigerin,
Justizangestellte W ,
Justizangestellte R
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 1. April 2004 wird verworfen.
Die Staatskasse trägt die Kosten des Rechtsmittels und die insoweit entstandenen notwendigen Auslagen des Angeklagten.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Betrugs zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen verurteilt; im übrigen hat es den Angeklagten in 37 Fällen vom Vorwurf des Betrugs, der Urkundenfälschung und der Fälschung von Zahlungskarten freigesprochen. Die Staatsanwaltschaft wendet sich mit ihrer Revision, die der Generalbundesanwalt teilweise vertritt , gegen die Freisprüche in den Fällen 21 bis 37 der Anklageschrift. Die Revision hat keinen Erfolg.

I.


Mit der Anklage wurde dem Angeklagten zur Last gelegt, im September und Oktober 2002 in 38 Fällen eine gefälschte Kreditkarte in verschiedenen Geschäften im Online-Lastschriftverfahren vorgelegt, den entsprechenden Zahlungsbeleg mit einem unleserlichen Namenszug unterschrieben und somit Waren im Gesamtwert von beinahe 7.900 Euro erlangt zu haben.
Das Landgericht hat nur im Fall 38 sichere Feststellungen zur Täterschaft des Angeklagten treffen können, weil die Kreditkarte als Fälschung erkannt und der Angeklagte vorläufig festgenommen wurde; insoweit wurde er wegen versuchten Betruges verurteilt.
In 20 Fällen sah es das Landgericht für erwiesen an, daß der Angeklagte zum Zeitpunkt der Vorlage der Kreditkarte im September 2002 nicht in Berlin, sondern in München war; dies greift die Beschwerdeführerin auch nicht an. Im übrigen hat sich das Landgericht keine sichere Überzeugung von der Täterschaft des Angeklagten bilden können. Zwar sei er einmal von einer Verkäuferin wiedererkannt worden (Fall 36); in einem anderen Fall befinde sich ein Fingerabdruck von ihm auf dem entsprechenden Zahlungsbeleg (Fall 27). Insoweit könne ihm aber seine Einlassung nicht widerlegt werden, er habe an diesen Tagen nur einen Landsmann begleitet und bei dessen Einkäufen als Dolmetscher fungiert.

II.


Die Revision der Staatsanwaltschaft deckt keinen Rechtsfehler auf.
1. In den Fällen 27 und 36, in denen die Revision vom Generalbundesanwalt nicht vertreten wird, hält die Beweiswürdigung rechtlicher Nachprüfung stand. Zwar lagen hier besondere Anhaltspunkte für eine Täterschaft des Angeklagten vor. Indessen hält sich das Landgericht bei der Würdigung dieser Beweisanzeichen im Rahmen tatrichterlichen Ermessens. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin hat das Landgericht dabei auch nicht die Anforderungen an die richterliche Überzeugungsbildung überspannt. Die Einlassung des Angeklagten widerspricht nicht der Aussage der Zeugin B , weil diese sich weder daran erinnern konnte, ob der Angeklagte in Begleitung war, noch konnte sie Angaben zu dem Bezahlvorgang an sich machen. Seinen Fingerabdruck auf dem Zahlungsbeleg durfte das Landgericht sich damit erklären, daß der Angeklagte seinem sprachunkundigen Begleiter den
Beleg, auf dem dieser unterschreiben sollte, erläutert hat. Darüber hinaus finden andererseits die Zweifel des Tatrichters eine weitere Stütze darin, daß nach den Feststellungen des insoweit sachverständig beratenen Landgerichts die Unterschriften auf den Kartenbelegen nicht mit den Vergleichsunterschriften des Angeklagten übereinstimmen. Wenn das Landgericht bei dieser Beweislage unter Bedacht auf den Zweifelssatz sich keine ausreichende Überzeugung von der Täterschaft des Angeklagten oder einer Teilnahme hat bilden können, so ist dies aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
Es fehlt auch nicht an der gebotenen Gesamtschau. Dagegen spricht schon der Aufbau der Urteilsgründe, in denen jeweils die be- und entlastenden Gesichtspunkte gegenübergestellt werden. Dabei hat das Landgericht ersichtlich die Verbindung der belastenden Umstände gewürdigt, zu denen auch der Verurteilungsfall zählt.
2. Hinsichtlich der übrigen Fälle, zu denen das Landgericht keine näheren Feststellungen getroffen hat (Fälle 21 bis 26, 28 bis 35 und 37), hält das Urteil gleichfalls rechtlicher Überprüfung stand. Entgegen der Auffassung der Revision, die insoweit vom Generalbundesanwalt vertreten wird, bedurfte es hier keiner zusätzlichen Feststellungen zu den jeweiligen Einzeltaten. Zwar gilt der Grundsatz, daß das Landgericht bei freisprechenden Urteilen zunächst die Umstände feststellen muß, die es für erwiesen hält und dazu die Begründung so abzufassen hat, daß dem Revisionsgericht eine Überprüfung ermöglicht wird (BGHR StPO § 267 Abs. 5 Freispruch 5). Diese Maßstäbe dürfen jedoch nicht schematisch angewandt werden. Dies gilt insbesondere , wenn weitere Feststellungen zum eigentlichen Tatgeschehen nicht möglich sind (BGHR StPO § 267 Abs. 5 Freispruch 12).
So liegen die Dinge hier. Hinsichtlich der übrigen nicht im einzelnen dargestellten 15 Einkaufsfälle stützt sich die Staatsanwaltschaft allein auf den Umstand, daß dieselbe total gefälschte Karte in allen 38 Fällen verwandt
worden ist. Wenn sich eine Überzeugung des Landgerichts indes schon in den Fällen nicht hat bilden lassen, in denen weitere Umstände auf den Angeklagten als Täter hindeuteten, gilt das erst recht für die Taten, hinsichtlich derer solche Beweismittel fehlen. Das Landgericht stellt fest, daß „für die verbleibenden Oktoberfälle“ keine weiteren Beweismittel zur Verfügung standen (UA S. 13). Da die Staatsanwaltschaft diesbezüglich keine Verfahrensrüge erhoben hat, ist für die sachlichrechtliche Überprüfung hiervon auszugehen. Der Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe läßt eine ausreichende revisionsgerichtliche Nachprüfung zu. Diesem ist neben dem Fehlen belastender Indizien auch der den Angeklagten entlastende Umstand zu entnehmen , daß hinsichtlich der im September vorgenommenen Einkäufe mit derselben verfälschten Karte die damaligen Taten ohne Beteiligung des Angeklagten begangen worden sind, es mithin einen zweiten Verwender der Karte gegeben haben muß. Auf dieser Grundlage hat das Landgericht eine Überführung des Angeklagten auch hinsichtlich der ihm zusätzlich vorgeworfenen Taten ohne Rechtsverstoß für nicht möglich erachtet. Weitere Feststellungen zu Taten, bei denen keine tragfähige Verbindung zur Person des Angeklagten hergestellt werden kann, sind entbehrlich.
Harms Gerhardt Raum Brause Schaal

Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

5 StR 564/07

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 20. Februar 2008
in der Strafsache
gegen
wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 20. Februar
2008, an der teilgenommen haben:
Richterin Dr. Gerhardt
alsVorsitzende,
Richter Dr. Raum,
Richter Dr. Brause,
Richter Schaal,
Richter Prof. Dr. Jäger
alsbeisitzendeRichter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
alsVertreterderBundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt St.
alsVerteidiger,
Rechtsanwältin H.
alsVertreterinderNebenklägerin,
Justizhauptsekretärin
alsUrkundsbeamtinderGeschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revisionen der Staatsanwaltschaft und der Nebenklägerin gegen das Urteil des Landgerichts Zwickau vom 3. Juli 2007 werden verworfen.
Die Staatskasse hat die Kosten des Rechtsmittels der Staatsanwaltschaft zu tragen, die Nebenklägerin trägt die Kosten ihres Rechtsmittels. Die im Revisionsverfahren entstandenen gerichtlichen Auslagen tragen die Staatskasse und die Nebenklägerin je zur Hälfte. Die notwendigen Auslagen des Angeklagten in der Revisionsinstanz fallen der Staatskasse zur Last.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten vom Vorwurf des schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes in fünf Fällen aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. Hiergegen wenden sich die Staatsanwaltschaft und die Nebenklägerin mit ihren jeweils auf die Verletzung formellen und sachlichen Rechts gestützten Revisionen. Die Revision der Staatsanwaltschaft wird vom Generalbundesanwalt nicht vertreten. Beide Rechtsmittel haben keinen Erfolg.
2
1. Dem Angeklagten liegt zur Last, in dem Zeitraum um Juni 2005 in fünf Fällen Geschlechtsverkehr mit der damals 13 Jahre alten Nebenklägerin gehabt zu haben. Er soll bei Autofahrten mit der Nebenklägerin einsame Waldgebiete aufgesucht und dort in bzw. an seinem Fahrzeug ungeschützten Vaginalverkehr mit ihr ausgeübt haben.
3
Der Angeklagte hat die Tatvorwürfe bestritten. Den belastenden Angaben der Nebenklägerin ist das Landgericht nicht gefolgt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen darauf abgestellt, dass sich die Schilderungen der Nebenklägerin zum Tatablauf in einem Fall als unmöglich erwiesen hätten und ihre Aussage auch zum Kernbereich der Taten widersprüchlich und „farblos“ gewesen sei. Überdies hätten sich die Angaben der Nebenklägerin zur Aussagegenese als falsch erwiesen, sie habe vielmehr gegenüber der damaligen Freundin des Angeklagten erklärt, dass die Vorwürfe unzutreffend seien. Aufgrund dieses Aussageverhaltens und in Ermangelung weiterer Beweismittel hat die Kammer wegen durchgreifender Zweifel am Wahrheitsgehalt der Angaben der Nebenklägerin den Angeklagten freigesprochen.
4
1. Die von den Revisionsführerinnen erhobene Verfahrensrüge, das Landgericht habe seine Aufklärungspflicht verletzt, da es keinen aussagepsychologischen Gutachter hinzugezogen habe, ist jedenfalls unbegründet. Angesichts der Vielzahl der vom Landgericht aufgeführten Auffälligkeiten in der Aussage der Nebenklägerin drängte sich die Einholung eines aussagepsychologischen Gutachtens nicht auf.
5
2. Die von der Nebenklägerin erhobene Rüge der Verletzung der Fürsorgepflicht versagt. Unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ist das Gericht verpflichtet, die Prozessbeteiligten über die vorläufige Bewertung von Beweismitteln zu informieren (vgl. BGHSt 43, 212, 214).
6
3. Der Freispruch hält auch der sachlich-rechtlichen Nachprüfung stand.
7
Die Beweiswürdigung ist dem Tatrichter vorbehalten (§ 261 StPO). Spricht das Gericht einen Angeklagten frei, weil es Zweifel an seiner Täter- schaft nicht zu überwinden vermag, so ist dies vom Revisionsgericht grundsätzlich hinzunehmen, da die Beweiswürdigung Sache des Tatrichters ist (BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 16). Der Beurteilung durch das Revisionsgericht unterliegt nur, ob dem Tatrichter Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist dann der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist. Ebenso wenn sie gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt oder das Gericht überspannte Anforderungen an die zur Verurteilung erforderliche Überzeugungsbildung gestellt hat (BGH NJW 2006, 925, 928). Nach diesen Maßstäben ist das Urteil des Landgerichts nicht zu beanstanden.
8
Das Landgericht hat sich bei der Würdigung der Glaubhaftigkeit der Aussage der Nebenklägerin davon leiten lassen, dass diese im Zusammenhang mit den gegen den Angeklagten erhobenen Vorwürfen bewusst unwahre Angaben gemacht hat. Es hat nachvollziehbar und tatsachenfundiert dargelegt , aus welchen Gründen es die Schilderung der Nebenklägerin hinsichtlich der Tatbegehung bei dem ersten Vorwurf für widerlegt erachtet hat. Die damit festgestellte Unwahrheit eines Aussageteils zum Kerngeschehen hat es rechtlich beanstandungsfrei als ein die Glaubhaftigkeit der übrigen Angaben in schwerwiegender Weise in Zweifel ziehenden Umstand gewertet (vgl. hierzu BGHSt 44, 153, 159). Auch durfte es die Glaubwürdigkeit der Nebenklägerin dadurch weiter erschüttert sehen, dass sie entgegen ihren Angaben in der Hauptverhandlung Dritten nichts über die vom Angeklagten zu ihren Lasten begangenen Taten bzw. nur von einer von einem anderen Täter – einem Freund ihres Bruders, obwohl sie keinen Bruder hat – begangenen Vergewaltigung berichtet hat. Dass die Nebenklägerin diesbezüglich missverstanden worden ist, lag nach den Umständen nicht nahe und musste entgegen der Ansicht der Staatsanwaltschaft nicht erörtert werden.
9
Der Schluss des Landgerichts, sich aufgrund dieser Umstände, der ausreichend dargelegten Widersprüche in ihren Aussagen und der von fehlendem emotionalen Nachhall geprägten Schilderungsweise – mag dies auch persönlichkeitsbedingt sein – nicht von einer Tatbegehung durch den Angeklagten überzeugen zu können, war möglich und ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
Gerhardt Raum Brause Schaal Jäger