Bundesgerichtshof Urteil, 16. Dez. 2004 - I ZR 222/02

bei uns veröffentlicht am16.12.2004

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 222/02 Verkündet am:
16. Dezember 2004
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Epson-Tinte

a) Bei der Beurteilung der Frage, ob eine Werbung im Internet irreführende
Angaben enthält, ist wie auch sonst auf das Verständnis eines durchschnittlich
informierten und verständigen Verbrauchers abzustellen, der der Werbung
die der Situation angemessene Aufmerksamkeit entgegenbringt. Die
besonderen Umstände der Werbung im Internet wie insbesondere der Umstand
, daß der interessierte Internet-Nutzer die benötigten Informationen
selbst nachfragen muß, sind bei der Bestimmung des Grades der Aufmerksamkeit
zu berücksichtigen.

b) Ob mehrere Angaben auf verschiedenen Seiten eines Internet-Auftritts eines
werbenden Unternehmens von den angesprochenen Verkehrskreisen
als für den maßgeblichen Gesamteindruck der Werbung zusammengehörig
aufgefaßt werden, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles.
BGH, Urt. v. 16. Dezember 2004 - I ZR 222/02 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 16. Dezember 2004 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann
und die Richter Pokrant, Dr. Büscher, Dr. Schaffert und Dr. Bergmann

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 9. Juli 2002 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin vertreibt als Tochterunternehmen eines weltweit tätigen Konzerns unter dem Namen "EPSON" neben verschiedenen Druckermodellen auch Druckerzubehör, insbesondere Tintenpatronen für Tintenstrahldrucker.
Die Beklagte zu 2, eine AG, deren Vorstand die Beklagte zu 1 ist, vertreibt unter dem Domain-Namen "www.toner-online.de" Verbrauchsmaterialien
für Drucker und Kopiergeräte verschiedener Hersteller, und zwar sowohl solche Verbrauchsmaterialien, die von den Herstellern der Drucker und Kopiergeräte selbst, als auch solche, die von anderen Unternehmen hergestellt werden.
Der Internet-Auftritt der Beklagten ist so gestaltet, daß sie im Internet mit der von der Klägerin als Anlage K 2 eingereichten "Titelseite" werben:
Bei einem Klick auf den in der oberen Leiste befindlichen Link "info" erscheint eine mit "Über toner-online" überschriebene Seite (Anlage K 3):

Klickt der Nutzer dagegen auf der "Titelseite" auf den Link "Tintenstrahldrucker" , so wird er zu einer "Herstellerliste" (Anlage K 4) geführt:

Durch einen weiteren Klick auf die Angabe "EPSON Tinte" wird er zu der Seite "Epson Tintenstrahldrucker" (Anlage K 5) weitergeleitet:

Wählt er sodann aus der auf dieser Seite enthaltenen Liste durch Anklikken ein Produkt aus, gelangt er zu einer Seite mit der Abbildung des entsprechenden Produkts. Beispiele solcher Produktseiten hat die Klägerin als Anlagen K 6 bis K 8 vorgelegt, wobei die Beklagte bestritten hat, zu dem von der Klägerin behaupteten Zeitpunkt (18.1.2001) noch in der Zeile "Geräte Ident. Nr.:" die Original-Artikelnummern der Firma Epson angegeben zu haben:

Die Klägerin hat den Internet-Auftritt der Beklagten - neben der Geltendmachung in der Revisionsinstanz nicht mehr anhängiger Ansprüche wegen der Nennung der Original-Artikelnummern - als irreführende Werbung beanstandet. Sie hat geltend gemacht, der Verkehr werde irregeführt, weil die Bezeichnung "Epson Tinte" in der "Herstellerliste" gemäß Anlage K 4 den unzutreffenden Eindruck erwecke, daß die nachfolgend angebotenen Tintenpatronen von der Klägerin stammten.
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagten zu verurteilen,
es zu unterlassen, im Internet Tintenpatronen für EPSON-Drucker, die nicht von der Seiko EPSON Corporation hergestellt worden sind, im Rahmen einer Bestelliste zu bewerben, die unter dem Link "EPSON Tinte" erreicht werden kann.
Ferner hat sie die Verurteilung der Beklagten zur Auskunftserteilung und die Feststellung ihrer Schadensersatzpflicht begehrt.
Das Landgericht hat die Beklagten antragsgemäß verurteilt.
In der Berufungsinstanz hat die Klägerin ihren Unterlassungsantrag weiterverfolgt , auf Anregung des Berufungsgerichts allerdings mit der Maßgabe,
"daß insbesondere eine Bestelliste in der Folge der Anlagen K 2 bis K 6 angegriffen werde."
Das Berufungsgericht hat die Klage auf die Berufung der Beklagten abgewiesen.
Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer vom Senat - hinsichtlich des oben wiedergegebenen Unterlassungsbegehrens sowie der hierauf zurückbezogenen Ansprüche auf Auskunftserteilung und Feststellung der Schadensersatzpflicht - zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagten beantragen.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Klägerin könne ein Verbot der Werbung mit der Bezeichnung "EPSON Tinte" auch nach Maßgabe des in der Berufungsinstanz an der konkreten Verletzungsform ausgerichteten Antrags nicht verlangen. Zur Begründung hat es ausgeführt:
Es lasse sich für den konkreten Zusammenhang, in dem der Begriff "EPSON Tinte" im Streitfall verwendet worden sei, nicht feststellen, der potentielle Kunde gehe aufgrund dieser Bezeichnung davon aus, daß ihm von den Beklagten Original-Tintenpatronen der Klägerin angeboten würden. Was zunächst die angesprochenen Verkehrskreise betreffe, so sei von zwei Voraussetzungen auszugehen. Zum einen komme es bei der Ermittlung des Verkehrsverständnisses auf einen situationsadäquat durchschnittlich aufmerksamen, informierten und verständigen Verbraucher an, wie es dem europäischen Verbraucherleitbild entspreche. Zum andere handele es sich vorliegend um Benutzer des Internets, von denen erwartet werden könne, daß sie insbesondere die Technik des "Anklickens" beherrschten, mit der man sich als Kaufinteressent die benötigten Informationen beschaffe. Der elektronische Geschäftsverkehr im Internet sei anders als der normale Geschäftsverkehr auf einen "aktiven" Kaufinteressenten ausgerichtet, der die benötigten Informationen nachfragen müsse. Auch Wertungen des Gesetzgebers legten es nahe, bei Internet-Nutzern mehr vorauszusetzen als beim Normalverbraucher. Nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 des im Jahre 2001 noch geltenden Fernabsatzgesetzes habe der Unternehmer dem Verbraucher rechtzeitig vor Abschluß eines Fernabsatzvertrags u.a. Informationen über wesentliche Merkmale der Waren zu geben gehabt. Dazu habe es aber schon nach den Gesetzesmaterialien ausgereicht, wenn die Informationen in Internet-Seiten enthalten gewesen seien, aufgrund deren sich der Verbrau-
cher zur Bestellung entschlossen habe. Vom Internet-Nutzer werde also grundsätzlich erwartet, daß er sich über die wesentlichen Merkmale des Kaufgegenstands , um die es auch hier gehe, anhand der gesamten Internet-Seiten des Unternehmers informiere.
Aber auch hinsichtlich des Verständnisses der angesprochenen Verkehrskreise gelte, daß es darauf ankomme, wie die Werbung "insgesamt" präsentiert werde. Diesem Grundsatz stimme die Klägerin zwar zu, sie orientiere diesen Gesamteindruck dann aber nur an einer Seite des Internet-Auftritts der Beklagten, auf der die Bezeichnung "EPSON Tinte" vorkomme (Anlage K 4). Ähnlich sei der - im Hinblick auf die Umstände unzulässig weit gefaßte - allgemeine Teil des Unterlassungsantrags, der allein gestellt gewesen sei, allein auf diesen Begriff fixiert, ohne Rücksicht darauf, in welchem Gesamtbild der Internet -Werbung er gestanden sei. Es sei nicht zulässig, über die Eingangsseite (Anlage K 2) oder die "info-Seite" (Anlage K 3) einfach mit der Begründung hinwegzugehen , der Interessent werde darüber "hinwegklicken". Diese Seiten seien für das gesamte Bild der Werbung genauso wichtig wie diejenige, auf der die Bezeichnung "EPSON Tinte" vorkomme.
Zum Gesamtbild der vorliegenden Internet-Werbung gehöre daher nicht nur die Seite, auf der die Bezeichnung "EPSON Tinte" für "Epson Tintenstrahldrucker" vorkomme. Zwar sei der Hinweis der Beklagten auf die Eingangsseite, wo von "Zubehör, kompatibel, original" die Rede sei, nicht sonderlich überzeugend. Denn dieser Hinweis werde wegen seines augenschädlichen Kleindrucks am Ende der Seite tatsächlich mit großer Wahrscheinlichkeit übersehen. Beachtlich sei aber die zweite Seite "Über toner-online" (Anlage K 2). Dort sei klar unterschieden zwischen "Original-Produkten", "die vom Druckerhersteller unter seinem Namen angeboten werden", und "kompatibel", was ein "nicht vom Druckerhersteller stammendes Produkt" kennzeichnen solle. Diese Hinweise
wiederholten sich dann auf den Seiten, auf denen einzelne "kompatible" Produkte angeboten würden (Anlagen K 6 bis K 8). Hinzu komme, daß die Klägerin nicht einmal alle Internet-Seiten vorgelegt habe, von denen der Interessent vor einer Bestellung Kenntnis habe nehmen müssen. So fehlte insbesondere die letzte eigentliche Bestellseite; auch auf ihr könne es noch Klarstellungen gegeben haben. Es sei gegenüber einem Internet-Nutzer, von dem angenommen werden könne, daß er beispielsweise die "info-Seite" aufrufe, weil er mit den Kopfzeilen "info, start, suchen, korb, zahlen" etwas anzufangen wisse, nicht zulässig, eine "klarstellende Wirkung" allein von einer Seite zu fordern und die übrigen Seiten des Gesamtauftritts außer Betracht zu lassen.
II. Diese Beurteilung hält den Angriffen der Revision nicht stand. Auf der Grundlage der bisherigen tatrichterlichen Feststellungen kann eine unlautere irreführende Werbung (§§ 3, 5 UWG n.F.; § 3 UWG a.F.) durch die Bewerbung von Tintenpatronen auf den unter dem Link "Epson Tinte" erreichbaren InternetSeiten der Beklagten nicht verneint werden.
1. Ob eine Werbung irreführende Angaben enthält, bestimmt sich, wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, nach der Auffassung der Verkehrskreise, an die sich die Werbung richtet (st. Rspr.; vgl. BGHZ 156, 250, 252 - Marktführerschaft). Dem Berufungsgericht ist weiter darin zu folgen, daß sich die Werbung der Beklagten für die von ihr angebotenen Tintenpatronen an den (privaten) Verbraucher richtet und demzufolge auf das Verständnis eines durchschnittlich informierten und verständigen Verbrauchers abzustellen ist, der der Werbung die der Situation angemessene Aufmerksamkeit entgegenbringt (st. Rspr.; vgl. BGHZ 156, 250, 252 f. - Marktführerschaft, m.w.N.).
Anders als das Berufungsgericht wohl meint, ist von diesem Leitbild des "Normalverbrauchers" auch bei einer Werbung im Internet auszugehen, wenn
diese wie hier Waren des Bedarfs des allgemeinen Publikums betrifft. Die vom Berufungsgericht angeführte Besonderheit des elektronischen Geschäftsverkehrs , daß es sich beim Internet um eine passive Darstellungsplattform handelt, bei der die angebotenen Informationen vom Nutzer "aktiv" abgerufen werden müssen (vgl. auch BVerfG GRUR 2003, 966, 968 - Internet-Werbung von Zahnärzten), rechtfertigt als solche nicht die Zugrundelegung eines anderen Verbraucherleitbildes. Dem Umstand, daß der an einem Kauf interessierte Internet -Nutzer die benötigten Informationen selbst nachfragen muß, wird vielmehr schon dadurch Rechnung getragen, daß nicht (mehr) auf den flüchtigen Betrachter, sondern auf denjenigen Verbraucher abzustellen ist, der sich der betreffenden Werbeangabe mit der situationsbedingten Aufmerksamkeit zuwendet. Bei der Bestimmung des Grades der Aufmerksamkeit sind die besonderen Umstände der Werbung und des Vertragsschlusses im Internet zu berücksichtigen.
2. Die Beurteilung, ob eine Werbung irreführend ist, richtet sich maßgeblich danach, wie der angesprochene Verkehr die beanstandete Werbung aufgrund ihres Gesamteindrucks versteht (vgl. BGHZ 151, 84, 91 - Kopplungsangebot I; BGH, Urt. v. 24.10.2002 - I ZR 100/00, GRUR 2003, 361, 362 = WRP 2003, 1224 - Sparvorwahl; Baumbach/Hefermehl/Bornkamm, Wettbewerbsrecht , 23. Aufl., § 5 UWG Rdn. 2.88; Harte/Henning/Dreyer, UWG, § 5 Rdn. 102, 118).

a) Handelt es sich bei der fraglichen Werbung um mehrere Äußerungen, so ist eine isolierte Beurteilung einer einzelnen Angabe geboten, wenn sie vom Verkehr ohne Zusammenhang mit den übrigen wahrgenommen und verwendet wird (Baumbach/Hefermehl/Bornkamm aaO § 5 UWG Rdn. 2.88). Dies kann auch der Fall sein, wenn sich einzelne Angaben in einer einheitlichen Werbeschrift (z.B. in einem Werbekatalog) befinden, aber weder sachlich noch äußer-
lich erkennbar miteinander verbunden oder aufeinander bezogen sind (vgl. BGH, Urt. v. 13.2.2003 - I ZR 41/00, GRUR 2003, 800, 803 = WRP 2003, 1111 - Schachcomputerkatalog; Urt. v. 2.10.2003 - I ZR 252/01, GRUR 2004, 162, 163 = WRP 2004, 225 - Mindestverzinsung). Stehen die einzelnen Angaben dagegen in einer in sich geschlossenen Darstellung, so dürfen sie nicht aus ihrem Zusammenhang gerissen werden (vgl. BGH, Urt. v. 14.12.1995 - I ZR 213/93, GRUR 1996, 367, 368 = WRP 1996, 290 - Umweltfreundliches Bauen). Ob mehrere Angaben innerhalb einer Werbeschrift oder einer sonstigen (äußerlich einheitlichen) Werbedarstellung selbst bei einer gewissen räumlichen Trennung (z.B. Abdruck auf verschiedenen Seiten eines umfangreichen Katalogs) gleichwohl, beispielsweise wegen eines inhaltlichen Bezugs oder wegen eines ausdrücklichen Verweises, als zusammengehörig aufgefaßt werden oder ob dies nicht der Fall ist, richtet sich nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalls.

b) Diese Grundsätze gelten für die Werbung im Internet in entsprechender Weise. Im Hinblick auf den mit dem Irreführungsverbot verfolgten Zweck, Werbung zu untersagen, die in irgendeiner Weise die Personen, an die sie sich richtet, täuscht oder zu täuschen geeignet ist und die infolge der ihr innewohnenden Täuschung deren wirtschaftliches Verhalten beeinflussen kann (vgl. Art. 2 Nr. 2 der Richtlinie des Rates vom 10.9.1984 über irreführende Werbung - 84/450/EWG, ABl. EG Nr. L 250 v. 19.9.1984, S. 17), ist auch bei der Verwendung des Mediums Internet darauf abzustellen, ob die einzelnen Inhalte von den angesprochenen Verkehrskreisen bei der Vornahme des in Rede stehenden wirtschaftlichen Verhaltens als zusammengehörig angesehen und verwendet werden. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts läßt sich weder aus den (tatsächlichen) Besonderheiten des elektronischen Geschäftsverkehrs noch aus den Wertungen des Gesetzgebers zum Fernabsatzgesetz allgemein herleiten, von Internet-Nutzern werde erwartet, daß sie bei der Information über
die wesentlichen Merkmale eines sie interessierenden Kaufgegenstands immer die gesamten Internet-Seiten des anbietenden Unternehmens zur Kenntnis nähmen. Ebensowenig wie dies für die Seiten einer gedruckten Werbeschrift oder eines Katalogs gesagt werden kann, ist für die Internet-Werbung generell die Annahme gerechtfertigt, daß alle Seiten des Internet-Auftritts eines im Internet werbenden Unternehmens vom Verkehr als eine in sich geschlossene Darstellung aufgefaßt und als zusammengehörig wahrgenommen werden.
aa) Der Umstand, daß der an einem Kauf im Internet interessierte Nutzer die benötigten Informationen von sich aus "aktiv" nachfragen muß, rechtfertigt nicht die Schlußfolgerung, er werde in jedem Falle sämtliche Seiten des Internet -Auftritts des anbietenden Unternehmens zur Kenntnis nehmen. Der Kaufinteressierte wird vielmehr erfahrungsgemäß nur diejenigen Seiten aufrufen, die er zur Information über die von ihm ins Auge gefaßte Ware benötigt oder zu denen er durch Links aufgrund einfacher elektronischer Verknüpfung oder durch klare und unmißverständliche Hinweise auf dem Weg bis hin zum Vertragsschluß geführt wird (vgl. BGH, Urt. v. 3.4.2003 - I ZR 222/00, GRUR 2003, 889, 890 = WRP 2003, 1222 - Internet-Reservierungssystem). Erhält er auf diese Weise die aus seiner Sicht erforderlichen Angaben, hat er keine Veranlassung , noch weitere Seiten des betreffenden Internet-Auftritts darauf zu untersuchen , ob sie für ihn zusätzliche brauchbare Informationen enthalten.
bb) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den vom Berufungsgericht angeführten Gesetzesmaterialien zur Regelung gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 2 des Fernabsatzgesetzes. Die in der Begründung des Gesetzesentwurfs der Bundesregierung zu § 2 Abs. 2 FernAbsG enthaltene Wendung, es werde in der Regel als rechtzeitig im Sinne dieser Vorschrift anzusehen sein, wenn die notwendigen Informationen in Werbeprospekten, Katalogen "oder auf Web-Seiten im Internet enthalten sind, aufgrund derer sich der Verbraucher zur Bestellung
entschließt" (BT-Drucks. 14/2658, S. 38), drückt entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht die Erwartung aus, der Internet-Benutzer werde sich anhand der gesamten Internet-Seiten des anbietenden Unternehmens informieren.

c) Nach diesen Grundsätzen kann die Feststellung des Berufungsgerichts , die beanstandete Werbung der Beklagten sei nicht irreführend, weil zu ihrem Gesamtbild die auf der Seite gemäß Anlage K 3 ("Über toner-online") enthaltenen Angaben gehörten, aus Rechtsgründen keinen Bestand haben.
aa) Soweit das Berufungsgericht seine Feststellungen darauf gestützt hat, zum Gesamtbild einer Internet-Werbung gehörten grundsätzlich sämtliche Seiten des Internet-Auftritts des werbenden Unternehmens, widerspricht diese Beurteilung, wie dargelegt wurde, der Lebenserfahrung.
bb) Das Berufungsgericht hat weiter darauf abgestellt, der Interessent werde über die "info-Seite" (Anlage K 3) nicht "hinwegklicken", weil diese für das Gesamtbild der Werbung genauso wichtig sei wie die Seite gemäß Anlage K 4, auf der sich die Bezeichnung "Epson Tinte" finde. Dem steht entgegen, daß nach dem nicht bestrittenen Vortrag der Klägerin die "info-Seite" gemäß Anlage K 3 nur dann aufgerufen wird, wenn der Interessent auf den auf der oberen Leiste jeder Seite enthaltenen Link "info" klickt. Wählt der Interessent dagegen auf der Eingangsseite (Anlage K 2) sogleich (und nur) den Link "Tintenstrahldrucker" , kann er über den Link "Epson Tinte" auf der Herstellerliste gemäß Anlage K 4 und über die Auswahl eines Produkts aus der auf der Seite gemäß Anlage K 5 abgebildeten Liste zu einer Seite gemäß den Anlagen K 6 bis K 8 gelangen. Diese Seiten enthalten neben der Angabe des Preises und der Lieferzeit für das abgebildete Produkt mit dem Link "in den Korb" die Aufforderung zu einer Kaufentscheidung. Einen Hinweis darauf, daß vor dem Ver-
tragsschluß über den Link "info" noch die Seite "Über toner-online" gemäß Anlage K 3 aufgerufen werden müßte, läßt sich den Seiten gemäß den Anlagen K 6 bis K 8 nicht entnehmen. Auch im übrigen läßt sich den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen nicht entnehmen, daß für den zum Kauf entschlossenen Verbraucher aus anderen Gründen eine Veranlassung besteht, die Seite "Über toner-online" aufzurufen.
cc) Zum Gesamteindruck der beanstandeten Werbung der Beklagten gehören folglich entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht die auf der Seite "Über toner-online" (Anlage K 2) enthaltenen Aussagen. Das Berufungsgericht durfte schon aus diesem Grund - ungeachtet der weiteren Frage, ob der angesprochene Verbraucher jedenfalls die Angaben auf den Seiten gemäß den Anlagen K 4 und K 5 als mit denjenigen der jeweiligen Seite gemäß den Anlagen K 6 bis K 8 als zusammengehörig versteht - die auf dieser Seite gegebenen Erläuterungen, was unter "original" und "kompatibel" zu verstehen sei, nicht bei der Feststellung berücksichtigen, wie die angesprochenen Verkehrskreise den Begriff "kompatibel" auf den Internet-Seiten gemäß den Anlagen K 6 bis K 8 verstehen. Seine Feststellung, der Verbraucher werde durch die beanstandete Werbung nicht irregeführt, beruht auf den aufgezeigten Verstößen gegen die Lebenserfahrung und kann somit keinen Bestand haben.
III. Das Berufungsurteil ist daher auf die Revision der Klägerin aufzuheben. Die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Das Berufungsgericht wird zunächst festzustellen haben, welche Angaben auf den einzelnen Seiten des beanstandeten Internet-Auftritts der Beklagten der angesprochene Verbraucher nach dem sachlichen Zusammenhang sowie aufgrund der technischen Möglichkeiten des Aufrufs (Links) als zusammengehörig auffaßt. Sodann wird es zu ermitteln haben , wie der situationsadäquat durchschnittlich aufmerksame, informierte und
verständige Verbraucher den so festgestellten Gesamteindruck der beanstandeten Werbung der Beklagten versteht.
Weiterhin wird im erneuten Berufungsverfahren die Auslegung des Unterlassungsantrags mit den Parteien zu erörtern sein. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts bringt der Unterlassungsantrag auch in seiner geänderten Fassung nicht zum Ausdruck, er richte sich nur gegen das konkret beanstandete Verhalten. Nach dem Wortlaut des Unterlassungsantrags begehrt die Klägerin nach wie vor ein allgemeines Verbot, im Internet Tintenpatronen für EpsonDrucker , die nicht von Epson hergestellt worden sind, im Rahmen einer Bestellliste zu bewerben, die unter dem Link "Epson Tinte" erreicht werden kann. Die konkret beanstandete Art und Weise der Werbung wird durch den mit "insbesondere" eingeleiteten Antragsteil lediglich als Minus zu diesem umfassenderen Unterlassungsantrag bezeichnet (vgl. BGH, Urt. v. 23.11.2000 - I ZR 195/98, GRUR 2001, 350, 351).
Ullmann Pokrant Büscher Schaffert Bergmann

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 16. Dez. 2004 - I ZR 222/02

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(1) Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig. (2) Geschäftliche Handlungen, die sich an Verbraucher richten oder diese erreichen, sind unlauter, wenn sie nicht der unternehmerischen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, das wirtscha

Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb - UWG 2004 | § 5 Irreführende geschäftliche Handlungen


(1) Unlauter handelt, wer eine irreführende geschäftliche Handlung vornimmt, die geeignet ist, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. (2) Eine
Bundesgerichtshof Urteil, 16. Dez. 2004 - I ZR 222/02 zitiert 4 §§.

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(1) Unlauter handelt, wer eine irreführende geschäftliche Handlung vornimmt, die geeignet ist, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.

(2) Eine geschäftliche Handlung ist irreführend, wenn sie unwahre Angaben enthält oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über folgende Umstände enthält:

1.
die wesentlichen Merkmale der Ware oder Dienstleistung wie Verfügbarkeit, Art, Ausführung, Vorteile, Risiken, Zusammensetzung, Zubehör, Verfahren oder Zeitpunkt der Herstellung, Lieferung oder Erbringung, Zwecktauglichkeit, Verwendungsmöglichkeit, Menge, Beschaffenheit, Kundendienst und Beschwerdeverfahren, geographische oder betriebliche Herkunft, von der Verwendung zu erwartende Ergebnisse oder die Ergebnisse oder wesentlichen Bestandteile von Tests der Waren oder Dienstleistungen;
2.
den Anlass des Verkaufs wie das Vorhandensein eines besonderen Preisvorteils, den Preis oder die Art und Weise, in der er berechnet wird, oder die Bedingungen, unter denen die Ware geliefert oder die Dienstleistung erbracht wird;
3.
die Person, Eigenschaften oder Rechte des Unternehmers wie Identität, Vermögen einschließlich der Rechte des geistigen Eigentums, den Umfang von Verpflichtungen, Befähigung, Status, Zulassung, Mitgliedschaften oder Beziehungen, Auszeichnungen oder Ehrungen, Beweggründe für die geschäftliche Handlung oder die Art des Vertriebs;
4.
Aussagen oder Symbole, die im Zusammenhang mit direktem oder indirektem Sponsoring stehen oder sich auf eine Zulassung des Unternehmers oder der Waren oder Dienstleistungen beziehen;
5.
die Notwendigkeit einer Leistung, eines Ersatzteils, eines Austauschs oder einer Reparatur;
6.
die Einhaltung eines Verhaltenskodexes, auf den sich der Unternehmer verbindlich verpflichtet hat, wenn er auf diese Bindung hinweist, oder
7.
Rechte des Verbrauchers, insbesondere solche auf Grund von Garantieversprechen oder Gewährleistungsrechte bei Leistungsstörungen.

(3) Eine geschäftliche Handlung ist auch irreführend, wenn

1.
sie im Zusammenhang mit der Vermarktung von Waren oder Dienstleistungen einschließlich vergleichender Werbung eine Verwechslungsgefahr mit einer anderen Ware oder Dienstleistung oder mit der Marke oder einem anderen Kennzeichen eines Mitbewerbers hervorruft oder
2.
mit ihr eine Ware in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union als identisch mit einer in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union auf dem Markt bereitgestellten Ware vermarktet wird, obwohl sich diese Waren in ihrer Zusammensetzung oder in ihren Merkmalen wesentlich voneinander unterscheiden, sofern dies nicht durch legitime und objektive Faktoren gerechtfertigt ist.

(4) Angaben im Sinne von Absatz 1 Satz 2 sind auch Angaben im Rahmen vergleichender Werbung sowie bildliche Darstellungen und sonstige Veranstaltungen, die darauf zielen und geeignet sind, solche Angaben zu ersetzen.

(5) Es wird vermutet, dass es irreführend ist, mit der Herabsetzung eines Preises zu werben, sofern der Preis nur für eine unangemessen kurze Zeit gefordert worden ist. Ist streitig, ob und in welchem Zeitraum der Preis gefordert worden ist, so trifft die Beweislast denjenigen, der mit der Preisherabsetzung geworben hat.

(1) Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig.

(2) Geschäftliche Handlungen, die sich an Verbraucher richten oder diese erreichen, sind unlauter, wenn sie nicht der unternehmerischen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers wesentlich zu beeinflussen.

(3) Die im Anhang dieses Gesetzes aufgeführten geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern sind stets unzulässig.

(4) Bei der Beurteilung von geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern ist auf den durchschnittlichen Verbraucher oder, wenn sich die geschäftliche Handlung an eine bestimmte Gruppe von Verbrauchern wendet, auf ein durchschnittliches Mitglied dieser Gruppe abzustellen. Geschäftliche Handlungen, die für den Unternehmer vorhersehbar das wirtschaftliche Verhalten nur einer eindeutig identifizierbaren Gruppe von Verbrauchern wesentlich beeinflussen, die auf Grund von geistigen oder körperlichen Beeinträchtigungen, Alter oder Leichtgläubigkeit im Hinblick auf diese geschäftlichen Handlungen oder die diesen zugrunde liegenden Waren oder Dienstleistungen besonders schutzbedürftig sind, sind aus der Sicht eines durchschnittlichen Mitglieds dieser Gruppe zu beurteilen.

(1) Unlauter handelt, wer eine irreführende geschäftliche Handlung vornimmt, die geeignet ist, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.

(2) Eine geschäftliche Handlung ist irreführend, wenn sie unwahre Angaben enthält oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über folgende Umstände enthält:

1.
die wesentlichen Merkmale der Ware oder Dienstleistung wie Verfügbarkeit, Art, Ausführung, Vorteile, Risiken, Zusammensetzung, Zubehör, Verfahren oder Zeitpunkt der Herstellung, Lieferung oder Erbringung, Zwecktauglichkeit, Verwendungsmöglichkeit, Menge, Beschaffenheit, Kundendienst und Beschwerdeverfahren, geographische oder betriebliche Herkunft, von der Verwendung zu erwartende Ergebnisse oder die Ergebnisse oder wesentlichen Bestandteile von Tests der Waren oder Dienstleistungen;
2.
den Anlass des Verkaufs wie das Vorhandensein eines besonderen Preisvorteils, den Preis oder die Art und Weise, in der er berechnet wird, oder die Bedingungen, unter denen die Ware geliefert oder die Dienstleistung erbracht wird;
3.
die Person, Eigenschaften oder Rechte des Unternehmers wie Identität, Vermögen einschließlich der Rechte des geistigen Eigentums, den Umfang von Verpflichtungen, Befähigung, Status, Zulassung, Mitgliedschaften oder Beziehungen, Auszeichnungen oder Ehrungen, Beweggründe für die geschäftliche Handlung oder die Art des Vertriebs;
4.
Aussagen oder Symbole, die im Zusammenhang mit direktem oder indirektem Sponsoring stehen oder sich auf eine Zulassung des Unternehmers oder der Waren oder Dienstleistungen beziehen;
5.
die Notwendigkeit einer Leistung, eines Ersatzteils, eines Austauschs oder einer Reparatur;
6.
die Einhaltung eines Verhaltenskodexes, auf den sich der Unternehmer verbindlich verpflichtet hat, wenn er auf diese Bindung hinweist, oder
7.
Rechte des Verbrauchers, insbesondere solche auf Grund von Garantieversprechen oder Gewährleistungsrechte bei Leistungsstörungen.

(3) Eine geschäftliche Handlung ist auch irreführend, wenn

1.
sie im Zusammenhang mit der Vermarktung von Waren oder Dienstleistungen einschließlich vergleichender Werbung eine Verwechslungsgefahr mit einer anderen Ware oder Dienstleistung oder mit der Marke oder einem anderen Kennzeichen eines Mitbewerbers hervorruft oder
2.
mit ihr eine Ware in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union als identisch mit einer in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union auf dem Markt bereitgestellten Ware vermarktet wird, obwohl sich diese Waren in ihrer Zusammensetzung oder in ihren Merkmalen wesentlich voneinander unterscheiden, sofern dies nicht durch legitime und objektive Faktoren gerechtfertigt ist.

(4) Angaben im Sinne von Absatz 1 Satz 2 sind auch Angaben im Rahmen vergleichender Werbung sowie bildliche Darstellungen und sonstige Veranstaltungen, die darauf zielen und geeignet sind, solche Angaben zu ersetzen.

(5) Es wird vermutet, dass es irreführend ist, mit der Herabsetzung eines Preises zu werben, sofern der Preis nur für eine unangemessen kurze Zeit gefordert worden ist. Ist streitig, ob und in welchem Zeitraum der Preis gefordert worden ist, so trifft die Beweislast denjenigen, der mit der Preisherabsetzung geworben hat.

(1) Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig.

(2) Geschäftliche Handlungen, die sich an Verbraucher richten oder diese erreichen, sind unlauter, wenn sie nicht der unternehmerischen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers wesentlich zu beeinflussen.

(3) Die im Anhang dieses Gesetzes aufgeführten geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern sind stets unzulässig.

(4) Bei der Beurteilung von geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern ist auf den durchschnittlichen Verbraucher oder, wenn sich die geschäftliche Handlung an eine bestimmte Gruppe von Verbrauchern wendet, auf ein durchschnittliches Mitglied dieser Gruppe abzustellen. Geschäftliche Handlungen, die für den Unternehmer vorhersehbar das wirtschaftliche Verhalten nur einer eindeutig identifizierbaren Gruppe von Verbrauchern wesentlich beeinflussen, die auf Grund von geistigen oder körperlichen Beeinträchtigungen, Alter oder Leichtgläubigkeit im Hinblick auf diese geschäftlichen Handlungen oder die diesen zugrunde liegenden Waren oder Dienstleistungen besonders schutzbedürftig sind, sind aus der Sicht eines durchschnittlichen Mitglieds dieser Gruppe zu beurteilen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 100/00 Verkündet am:
24. Oktober 2002
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Sparvorwahl
Der Bezeichnung "Sparvorwahl" für die Netzvorwahl eines Anbieters von Telefongesprächen
im Festnetz im Call-by-Call-Verfahren entnimmt der durchschnittlich
aufmerksame, informierte, verständige Verbraucher erfahrungsgemäß nur,
daß er bei Inanspruchnahme dieser Dienstleistung Geld sparen kann, weil es
sich um einen im Verhältnis zu dem Preisniveau auf dem Markt niedrigen Preis
handelt. Ohne eine Bezugnahme auf sämtliche Wettbewerber wird der Verbraucher
den Begriff "Sparvorwahl" nicht dahin verstehen, der Anbieter wolle zum
Ausdruck bringen, preisgünstiger als die gesamte Konkurrenz zu sein. Bei diesem
Verständnis der Werbung fehlt es an einer Irreführung der Verbraucher,
wenn das beworbene Angebot günstiger ist als der Tarif des Marktführers.
BGH, Urt. v. 24. Oktober 2002 - I ZR 100/00 - OLG Köln
LG Köln
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 24. Oktober 2002 durch den Vorsitzenden Richter Prof.
Dr. Ullmann und die Richter Prof. Dr. Bornkamm, Pokrant, Dr. Büscher und
Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 24. März 2000 aufgehoben.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 31. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 5. August 1999 abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin, die Deutsche Telekom AG, ist das größte deutsche Unternehmen im Telekommunikationsbereich. Die Beklagte ist die MobilCom Communikationstechnik GmbH. Diese bietet als Verbindungsnetzbetreiberin zu einem Einheitspreis pro Minute Telefongespräche im Festnetz an. Zur Nutzung
des Angebots muß der Kunde die Netzvorwahl der Beklagten vor jedem Telefongespräch wählen (sogenanntes Call-by-Call-Verfahren).
In der Zeitschrift "Der Spiegel" vom 5. Oktober 1998 warb die Beklagte - wie nachstehend im Klageantrag verkleinert und schwarz-weiß wiedergegeben - für ihre Netzvorwahl "01019" unter anderem wie folgt:
"3,3 Mio telefonieren schon mit 01019 rund um die Uhr für 19 Pf/Min.
Und Sie? Was haben Sie in letzter Zeit gewählt? Hoffentlich die 01019. Dann telefonieren und sparen Sie nämlich mit dem einfach- sten Tarif Deutschlands. Einfach die 01019 Sparvorwahl vor jedem Ferngespräch wählen. Ohne Anmeldung, gleich lostelefonieren. Oder noch besser, Ihren Anschluß von der Telekom für 01019 freischalten lassen. Dann telefonieren sie noch günstiger. ..."
Die Klägerin hat die Werbung als irreführend beanstandet. Sie hat geltend gemacht, die Beklagte erwecke mit der Bezeichnung "Sparvorwahl" den Eindruck, der Kunde könne bei ihr stets und in jedem Fall günstiger telefonieren als bei der Konkurrenz. Dies sei jedoch nicht der Fall.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs ihre Verbindungsnetzbetreiberkennzahl 01019 als "Sparvorwahl" zu bezeichnen und/oder bezeichnen zu lassen, wie nachstehend wiedergegeben:
Die Beklagte ist dem entgegengetreten. Sie hat eine Irreführung des Verkehrs in Abrede gestellt und vorgetragen, die Angabe "Sparvorwahl" bezeichne nur die Preisgünstigkeit ihres Angebots. Bei dessen Nutzung könnten die Kunden im Verhältnis zur Klägerin und auch zu weiteren Anbietern Gebühren sparen. Die Bezeichnung "Sparvorwahl" besage dagegen nicht, die Kunden könnten bei Inanspruchnahme ihrer Netzvorwahl immer kostengünstiger als bei den Wettbewerbern telefonieren.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung ist erfolglos geblieben (OLG Köln CR 2001, 26).
Hiergegen richtet sich die Revision der Beklagten, mit der sie ihren Klageabweisungsantrag weiterverfolgt. Die Klägerin tritt der Revision entgegen.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat die Klage für begründet erachtet. Hierzu hat es ausgeführt:
Der Unterlassungsanspruch sei wegen Irreführung aus § 3 UWG gerechtfertigt. Ein beachtlicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise werde den Hinweis "einfach die 01019 Sparvorwahl vor jedem Ferngespräch wählen" so verstehen, daß die Beklagte über ihre Netzvorwahl 01019 durchweg oder jedenfalls überwiegend günstigere Tarife als die gesamte Konkurrenz anbiete und der Kunde Geld spare, wenn er die Dienstleistung der Beklagten statt ihrer Wettbewerber in Anspruch nehme. Das Angebot der Beklagten möge zwar
günstiger sein als die Tarife der Klägerin. Andere Wettbewerber böten jedoch bei Ferngesprächen (deutlich) günstigere Tarife als die Beklagte an. Die beanstandete Werbung sei geeignet, die angesprochenen Verbraucher in ihrer Entscheidung für die Inanspruchnahme der Telekommunikationsdienstleistungen der Beklagten zu beeinflussen. Die Beklagte habe auch ohne weiteres die Möglichkeit , den Verbraucher zutreffend über ihre Tarife zu informieren und eine Irreführung des Verkehrs zu vermeiden.
II. Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage. Der Klägerin steht der Unterlassungsanspruch nach § 3 UWG nicht zu.
1. Die Annahme des Berufungsgerichts, die Verbraucher würden die Bezeichnung der Netzvorwahl der Beklagten als "Sparvorwahl" dahin verstehen, die Beklagte biete durchweg oder jedenfalls überwiegend günstigere Tarife als die gesamte Konkurrenz an, widerspricht der Lebenserfahrung. Das Berufungsgericht hat zu hohe Anforderungen an die Günstigkeit eines Preises bei der Werbung mit der Bezeichnung "Sparvorwahl" gestellt.
Bei dem Verständnis des Begriffs "Sparvorwahl" geht das Berufungsgericht davon aus, mit ihrer Werbung nehme die Beklagte bezogen auf die Preisgünstigkeit ihres Tarifs für sich eine Sonderstellung gegenüber allen am Markt befindlichen Mitbewerbern in Anspruch. Der Bezeichnung der Netzvorwahl der Beklagten als "Sparvorwahl" ist diese Behauptung jedoch nicht zu entnehmen. Maßgebend für die Beurteilung einer Werbeaussage nach § 3 UWG ist, wie der angesprochene Verkehr die beanstandete Werbung aufgrund des Gesamteindrucks der Anzeige versteht. Bei der Ermittlung des Verkehrsverständnisses ist auf einen situationsadäquat durchschnittlich aufmerksamen, informierten und
verständigen Verbraucher abzustellen (vgl. BGH, Urt. v. 18.10.2001 - I ZR 193/99, GRUR 2002, 550, 552 = WRP 2002, 527 - Elternbriefe; Urt. v. 20.12.2001 - I ZR 215/98, GRUR 2002, 715, 716 = WRP 2002, 977 - ScannerWerbung ). Da es um Dienstleistungen des täglichen Bedarfs geht, hat das Berufungsgericht das Verständnis der Werbung ersichtlich aufgrund der Lebenserfahrung ermittelt. Die Beurteilung des Verkehrsverständnisses der Werbung durch das Berufungsgericht kann das Revisionsgericht darauf überprüfen, ob die Feststellung des Verkehrsverständnisses mit der Lebenserfahrung vereinbar ist (vgl. BGH, Urt. v. 3.5.2001 - I ZR 318/98, GRUR 2002, 182, 184 = WRP 2002, 74 - Das Beste jeden Morgen).
Der Bezeichnung "Sparvorwahl" ist nach dem Wortsinn nur zu entnehmen , daß der Verbraucher bei Inanspruchnahme der Dienstleistung der Beklagten Geld sparen kann, weil es sich um einen im Verhältnis zu dem Preisniveau auf dem Markt niedrigen Preis handelt. Der Begriff "Sparvorwahl", der keinen Superlativ enthält, besagt dagegen nicht, daß es sich um den (annähernd) niedrigsten Preis schlechthin handelt (vgl. auch BGH, Urt. v. 25.10.1984 - I ZR 129/82, GRUR 1985, 392, 393 = WRP 1985, 74 - Sparpackung; Großkomm.UWG /Lindacher, § 3 Rdn. 871; Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht , 22. Aufl., § 3 UWG Rdn. 275; enger: Köhler/Piper, UWG, 3. Aufl., § 3 Rdn. 385).
Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts weiß der angesprochene Verbraucher, daß es auf dem Telekommunikationssektor zahlreiche weitere Anbieter gibt und diese in hartem Wettbewerb stehen, die Preise in den Medien ständig verglichen werden und dies auch schon zum Zeitpunkt des Erscheinens der Anzeige der Beklagten im Oktober 1998 der Fall war. Ohne ausdrückliche oder schlüssige Bezugnahme auf sämtliche Wettbewerber - woran es in der
vorliegenden Werbung fehlt - wird der Verkehr die Bezeichnung "Sparvorwahl" somit nicht dahin verstehen, die Beklagte wolle zum Ausdruck bringen, preis- günstiger als die gesamte Konkurrenz zu sein. Dem Kunden wird vermittelt, daß er bei Einsatz der genannten Vorwahl Geld sparen kann, das er mehr aufbieten muß, wenn er sich bei Ferngesprächen beispielsweise allein des Festnetzes der Klägerin bedient. Das wird durch die Empfehlung verdeutlicht, daß er sich den Anschluß am besten von der Telekom für die beworbene Nummer freischalten lassen solle. Auf einen Sparvergleich mit anderen Verbindungsnetzbetreibern , die ebenfalls das Call-by-Call-Verfahren anbieten, stellt die angegriffene Werbung nicht ab.
2. Erschöpft sich der Begriff "Sparvorwahl" in der angegriffenen Werbung der Beklagten in dieser Aussage, ist die Werbung nicht irreführend i.S. von § 3 UWG. Bei diesem Verständnis fehlt es an einer Irreführung der Verbraucher, weil das beworbene Angebot der Beklagten günstiger ist als der Tarif der Klägerin , die Marktführerin ist. Das Berufungsgericht hat von seinem Standpunkt aus folgerichtig hierzu keine Feststellungen getroffen, sondern lediglich ausgeführt, die Tarife der Beklagten mögen gegenüber denen der Klägerin derzeit günstiger sein. Eine Zurückverweisung der Sache ist gleichwohl nicht erforderlich. Der Senat kann die notwendigen Feststellungen anhand des unstreitigen Sachverhalts und des Vortrags der Klägerin selbst treffen.
Nach dem Akteninhalt und der von der Klägerin im Verfahren der einstweiligen Verfügung der Parteien vorgelegten Tarifübersicht waren die Tarife der Klägerin zum Zeitpunkt des Erscheinens der in Rede stehenden Anzeige bei "RegioCall"-Verbindungen - das waren Inlandsgespräche im Bereich bis 50 km, die nicht zum Tarifbereich "CityCall" der Klägerin gehörten - werktags in der Zeit zwischen 9.00 und 18.00 Uhr mit 0,24 DM bis 0,276 DM/Minute teurer als die
Telefongespräche mit der Netzvorwahl der Beklagten, die zu diesem Zeitpunkt 0,19 DM/Minute kosteten. Bei Ferngesprächen über diesen Tarifbereich hinaus ("GermanCall") lag der Preis der Klägerin werktags mit Ausnahme des Zeitraums von 2.00 bis 5.00 Uhr und an Samstagen und Sonntagen insgesamt über dem von der Beklagten geforderten Preis. Das von der Klägerin verlangte Entgelt betrug werktags in der Zeit von 21.00 bis 2.00 Uhr 0,20 DM/Minute, in der Zeit zwischen 5.00 und 9.00 Uhr sowie 18.00 und 21.00 Uhr 0,32 DM/Minute und in der Zeit von 9.00 bis 18.00 Uhr zwischen 0,51 DM und 0,55 DM/Minute. An Samstagen und Sonntagen forderte die Klägerin für Telefongespräche in der Zeit zwischen 21.00 und 5.00 Uhr 0,20 DM/Minute und in der Zeit zwischen 5.00 und 21.00 Uhr 0,24 DM/Minute. In Anbetracht dieser Differenzen zwischen den Preisen der Parteien zum Zeitpunkt des Erscheinens der Anzeige der Beklagten - die Beklagte forderte 0,19 DM/Minute - war die Beklagte bei Ferngesprächen nahezu durchgängig preisgünstiger als die Klägerin.
Daran änderte sich - soweit die Klägerin hierzu vorgetragen hat - Entscheidendes auch nicht in der Folgezeit. Nach den ab 1. Januar 1999 gültigen Tarifen waren Ferngespräche bei der Klägerin bei Regionalverbindungen werktags in der Zeit von 9.00 bis 18.00 Uhr mit 0,24 DM/Minute und bei Deutschlandverbindungen im selben Zeitraum mit 0,36 DM/Minute und bei ISDN-Anschlüssen mit 0,24 DM/Minute teurer als bei der Beklagten unter Benutzung der beworbenen Netzvorwahl.
Ein Tarifvergleich ab April 1999 erübrigt sich. Die Beklagte berechnete seit Anfang April 1999 für Ferngespräche bundesweit je Minute in der Zeit von 7.00 bis 19.00 Uhr 0,12 DM, von 19.00 bis 22.00 Uhr 0,08 DM und von 22.00 bis 7.00 Uhr 0,04 DM. Gegenstand des Antrags ist allein die Verwendung des
Begriffs "Sparvorwahl" für die 01019 Vorwahl bei einem einheitlichen Tarif der Beklagten von 19 Pf/Min.
III. Danach war das angefochtene Urteil aufzuheben, auf die Berufung der Beklagten das landgerichtliche Urteil abzuändern und die Klage mit der Kostenfolge des § 91 Abs. 1 ZPO abzuweisen.
Ullmann Bornkamm Pokrant
Büscher Schaffert

(1) Unlauter handelt, wer eine irreführende geschäftliche Handlung vornimmt, die geeignet ist, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.

(2) Eine geschäftliche Handlung ist irreführend, wenn sie unwahre Angaben enthält oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über folgende Umstände enthält:

1.
die wesentlichen Merkmale der Ware oder Dienstleistung wie Verfügbarkeit, Art, Ausführung, Vorteile, Risiken, Zusammensetzung, Zubehör, Verfahren oder Zeitpunkt der Herstellung, Lieferung oder Erbringung, Zwecktauglichkeit, Verwendungsmöglichkeit, Menge, Beschaffenheit, Kundendienst und Beschwerdeverfahren, geographische oder betriebliche Herkunft, von der Verwendung zu erwartende Ergebnisse oder die Ergebnisse oder wesentlichen Bestandteile von Tests der Waren oder Dienstleistungen;
2.
den Anlass des Verkaufs wie das Vorhandensein eines besonderen Preisvorteils, den Preis oder die Art und Weise, in der er berechnet wird, oder die Bedingungen, unter denen die Ware geliefert oder die Dienstleistung erbracht wird;
3.
die Person, Eigenschaften oder Rechte des Unternehmers wie Identität, Vermögen einschließlich der Rechte des geistigen Eigentums, den Umfang von Verpflichtungen, Befähigung, Status, Zulassung, Mitgliedschaften oder Beziehungen, Auszeichnungen oder Ehrungen, Beweggründe für die geschäftliche Handlung oder die Art des Vertriebs;
4.
Aussagen oder Symbole, die im Zusammenhang mit direktem oder indirektem Sponsoring stehen oder sich auf eine Zulassung des Unternehmers oder der Waren oder Dienstleistungen beziehen;
5.
die Notwendigkeit einer Leistung, eines Ersatzteils, eines Austauschs oder einer Reparatur;
6.
die Einhaltung eines Verhaltenskodexes, auf den sich der Unternehmer verbindlich verpflichtet hat, wenn er auf diese Bindung hinweist, oder
7.
Rechte des Verbrauchers, insbesondere solche auf Grund von Garantieversprechen oder Gewährleistungsrechte bei Leistungsstörungen.

(3) Eine geschäftliche Handlung ist auch irreführend, wenn

1.
sie im Zusammenhang mit der Vermarktung von Waren oder Dienstleistungen einschließlich vergleichender Werbung eine Verwechslungsgefahr mit einer anderen Ware oder Dienstleistung oder mit der Marke oder einem anderen Kennzeichen eines Mitbewerbers hervorruft oder
2.
mit ihr eine Ware in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union als identisch mit einer in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union auf dem Markt bereitgestellten Ware vermarktet wird, obwohl sich diese Waren in ihrer Zusammensetzung oder in ihren Merkmalen wesentlich voneinander unterscheiden, sofern dies nicht durch legitime und objektive Faktoren gerechtfertigt ist.

(4) Angaben im Sinne von Absatz 1 Satz 2 sind auch Angaben im Rahmen vergleichender Werbung sowie bildliche Darstellungen und sonstige Veranstaltungen, die darauf zielen und geeignet sind, solche Angaben zu ersetzen.

(5) Es wird vermutet, dass es irreführend ist, mit der Herabsetzung eines Preises zu werben, sofern der Preis nur für eine unangemessen kurze Zeit gefordert worden ist. Ist streitig, ob und in welchem Zeitraum der Preis gefordert worden ist, so trifft die Beweislast denjenigen, der mit der Preisherabsetzung geworben hat.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 41/00 Verkündet am:
13. Februar 2003
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Schachcomputerkatalog

a) Ein Händler, der über die auf dem Markt befindlichen, teilweise auch von
ihm vertriebenen Produkte einen Katalog erstellt, in dem deren Eigenschaften
beschrieben und bewertet werden, handelt zu Zwecken des Wettbewerbs. Das
gleichzeitig mit dem Katalog verfolgte Ziel, das interessierte Publikum sachlich
über Vor- und Nachteile der verschiedenen Produkte zu informieren, ist im
Rahmen des wettbewerbsrechtlichen Tatbestands – hier: der irreführenden
Werbung – zu berücksichtigen.

b) Werden in einem solchen Katalog Tatsachen unter Berufung auf „unbestätigte
Meldungen“ berichtet, die ein Produkt in günstigem, die Konkurrenzprodukte
dagegen in weniger günstigem Licht erscheinen lassen (hier: Weigerung eines
Schachweltmeisters, gegen ein bestimmtes Schachprogramm anzutreten), muß
der Werbende belegen, worauf sich seine Angabe stützt. Andernfalls ist ihm die
Wiederholung der Aussage als irreführende Werbung zu untersagen.
BGH, Urt. v. 13. Februar 2003 – I ZR 41/00 – OLG München
LG München I
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 13. Februar 2003 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die
Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Prof. Dr. Bornkamm, Pokrant und Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Die Revision des Beklagten gegen das Teilurteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 23. Dezember 1999 wird zurückgewiesen , soweit sie sich dagegen wendet, daß die Verurteilung des Beklagten hinsichtlich der Aussage 1 Satz 2 sowie der Aussagen 4, 5 und 16 bestätigt worden ist (Ziffer IV und V des Tenors des Berufungsurteils i.V. mit Ziffern I 1 Satz 2, I 4, I 5 und I 16 des landgerichtlichen Urteils).
Im übrigen wird das genannte Teilurteil auf die Revision des Beklagten aufgehoben, soweit zu dessen Nachteil erkannt worden ist.
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Landgerichts München I, 4. Kammer für Handelssachen, vom 18. September 1997 auch im Umfang der Aufhebung abgeändert: Die Klage wird auch insoweit abgewiesen.
Von den Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin 3/4 und der Beklagte 1/4 zu tragen. Im übrigen bleibt die Kostenentscheidung dem Schlußurteil des Berufungsgerichts vorbehalten.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien streiten um die wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit von Aussagen in einem vom Beklagten herausgegebenen Schachcomputerkatalog.
Die Klägerin ist im Groß- und Einzelhandel mit Schachcomputern und entsprechender Software tätig. Sie vertreibt das Computerschachprogramm „Chess Genius 4.0“ als Alleinvertriebsberechtigte und darüber hinaus die Programme „Genius 3.0“ und „MChess Pro 5.0“. Der Beklagte ist Alleinvertriebsberechtigter unter anderem für die Programme „MChess Pro 5.0“ bzw. „MChess Professional 5.0“. Die Alleinvertriebsrechte der Parteien beziehen sich auf die Großhandelsstufe ; dies bedeutet, daß die Wettbewerber die entsprechenden Programme ebenfalls anbieten können, aber mit einer geringeren Gewinnspanne. Der Beklagte brachte Ende 1995 einen 256 Seiten umfassenden „Schachcomputerkatalog 1996“ heraus, der auch eine Preisliste und eine Bestellkarte für die von ihm vertriebenen Produkte enthielt und dessen Vorwort („Editorial“) von ihm unterschrieben war. Autoren waren in dem Katalog nicht angegeben; als Inhaberin der Rechte war die Firma genannt, unter der der Beklagte im Geschäftsverkehr auftritt.
Die Klägerin hat zahlreiche Aussagen in dem Katalog als wettbewerbswidrig beanstandet. Gegenstand des Revisionsverfahrens sind – nachdem die Klägerin ihre Klage zu einem geringen Teil zurückgenommen, das Berufungsgericht über einen Teil des Rechtsstreits bislang noch nicht entschieden und der Senat die Revision der Klägerin nicht zur Entscheidung angenommen hat – nur noch die zehn nachfolgend wiedergegebenen Aussagen, von denen sich fünf im „Editorial“ (Katalog S. 4 und 5), zwei im Beitrag über das Programm „MChess Professional 5.0“ (S. 23 und 29), eine in einer Anzeige für dieses Programm (S. 226), eine im Bei-
trag über den Autor des Programms „Gideon“ (S. 246) und eine in der Preisliste (S. 250) finden (die ursprüngliche Numerierung wurde beibehalten):
1. Das Programm MChess Pro konnte erstmals in der Geschichte der Schachpro- grammierung gleich drei Internationale Schachgroßmeister – darunter auch Zsuzsa POLGAR – besiegen. Am Ende rettete nur Großmeister John van der Wiel mit einem halben Punkt vor MChess Pro die menschliche Ehre. 2. Kasparov erhielt von mir MChess Pro 4.0 und hatte im Frühjahr 1995 ganz sicher noch keine Angst. Immerhin räumte er in einem Pressehintergrundgespräch die Möglichkeit ein, der letzte menschliche Schach-Weltmeister zu werden. 3. Der pausenlose Einsatz hat sich gelohnt: Gesamtsieger und neuer absoluter ICCA-Weltmeister wurde Marty HIRSCHS neueste Version MChess Pro 5.0. 4. Nach noch unbestätigten Informationen wollte der Weltmeister gegen jedes Schachprogramm der Welt antreten, nur nicht gegen den Weltmeister MChess Pro 5.0! 5. So ist es nur allzu verständlich, daß Garry KASPAROV auch weiterhin nicht öffentlich gegen MChess spielen will: schließlich will er noch möglichst lange Weltmeister bleiben. 6. Über die Jahre hinweg konnte MChess seine dominante Position gegenüber der immer zahlreicher werdenden Konkurrenz behaupten. 10. Dieses einmalige Feature nennt sich „Book Learning“ und ermöglicht es dem Programm, ungünstige Eröffnungsvarianten eigenständig zu revidieren. 15. „Software-Weltmeister 1991 in Vancouver“ und „Siege beim AEGON MenschComputer Turnier gegen drei internationale Großmeister“ 16. Das neue Programm wurde Gideon getauft und konnte 1991 souverän die Computerweltmeisterschaft in Vancouver gewinnen, Ed Schröder wurde Weltmeister. 18. MChess Professional 5.0 Der absolute Weltmeister 95
Die Klägerin verlangt vom Beklagten Unterlassung dieser Aussagen und Auskunftserteilung; ferner begehrt sie Feststellung der Schadensersatzpflicht des Beklagten.
Das Landgericht hat der Klage hinsichtlich der aufgeführten Aussagen stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die dagegen gerichtete Berufung des Beklagten im wesentlichen zurückgewiesen. Es hat lediglich die Verpflichtung zur Auskunftserteilung und die Schadensersatzpflicht auf Handlungen nach dem 30. No-
vember 1995 beschränkt. Mit der Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat angenommen, daß die in dem Schachcomputerkatalog 1996 enthaltenen Aussagen zu Wettbewerbszwecken gemacht worden seien. Es hat die oben angeführten Aussagen für irreführend erachtet und der Klägerin dementsprechend Ansprüche aus §§ 3, 13 Abs. 6 UWG, § 242 BGB zuerkannt.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben überwiegend Erfolg. Sie führen – soweit das Berufungsgericht hinsichtlich der Aussagen 1 Satz 1, 2, 3, 6, 10, 15 und 18 zum Nachteil des Beklagten erkannt hat – zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage. Hinsichtlich der Aussagen 1 Satz 2, 4, 5 und 16 bleibt die Revision des Beklagten ohne Erfolg; insoweit stehen der Klägerin die geltend gemachten Ansprüche zu, weil in den entsprechenden Aussagen eine irreführende Werbung zu sehen ist.
1. Rechtsfehlerfrei und von der Revision unbeanstandet ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, daß der Beklagte für den Inhalt des von ihm vertriebenen Katalogs, dessen Beiträge er selbst verfaßt oder in Auftrag gegeben hat, wettbewerbsrechtlich haftet.
2. Das Berufungsgericht hat darüber hinaus zutreffend angenommen, daß der Beklagte bei der Verwendung der beanstandeten Aussagen im Schachcomputerkatalog 1996 zu Zwecken des Wettbewerbs handelt.
Das Berufungsgericht ist mit Recht davon ausgegangen, daß die beanstandeten Angaben objektiv geeignet sind, den eigenen Wettbewerb des Beklagten zu fördern. Es spricht daher eine Vermutung für eine entsprechende Absicht des Beklagten (st. Rspr.; BGH, Urt. v. 27.6.2002 – I ZR 86/00, GRUR 2002, 1093, 1094 – Kontostandsauskunft, m.w.N.). Diese Vermutung wird im Streitfall nicht dadurch widerlegt, daß der Beklagte mit dem fraglichen Katalog auch das Ziel einer sachlichen Information des interessierten Publikums verfolgt. Denn die auf Förderung des eigenen oder fremden Wettbewerbs gerichtete Absicht braucht nicht der alleinige und auch nicht der wesentliche Beweggrund der Handlung zu sein, solange sie nicht hinter anderen Beweggründen völlig zurücktritt (st. Rspr.; BGH, Urt. v. 15.5.1997 – I ZR 10/95, GRUR 1997, 761, 763 = WRP 1997, 940 = NJW 1998, 604 – Politikerschelte; Urt. v. 6.12.2001 – I ZR 14/99, GRUR 2002, 987, 993 = WRP 2002, 956 – Wir Schuldenmacher, m.w.N.). Auch die Revision stellt nicht in Abrede, daß der Beklagte den Katalog zu Wettbewerbszwecken verbreitet hat. Sie beansprucht lediglich eine verstärkte Berücksichtigung des berechtigten Interesses des Beklagten an einer sachlichen Unterrichtung und Meinungsbildung. Dieser Gesichtspunkt ist im Rahmen der Anwendung des § 3 UWG zu würdigen (vgl. unten II.4.a) und d)).
3. Für die rechtliche Beurteilung des Streitfalls ist nicht auf die Bestimmung über die vergleichende Werbung (§ 2 UWG), sondern allein auf § 3 UWG abzustellen. Denn das Verbot der irreführenden vergleichenden Werbung ergibt sich aus dem allgemeinen Irreführungsverbot (vgl. § 3 Satz 2 UWG). Ob die Voraussetzungen einer vergleichenden Werbung i.S. des § 2 Abs. 1 UWG im Streitfall vorliegen, bedarf keiner Entscheidung. Irreführende Angaben sind im geschäftlichen Verkehr unabhängig davon verboten, ob sie im Rahmen einer vergleichenden Werbung gemacht werden.
4. Das Berufungsgericht hat die oben wiedergegebenen Aussagen als irre- führend erachtet. Dies rügt die Revision teilweise mit Erfolg.

a) Aussage 1. Die im „Editorial“ wiedergegebene Aussage Das Programm MChess Pro konnte erstmals in der Geschichte der Schachprogram- mierung gleich drei Internationale Schachgroßmeister – darunter auch Zsuzsa POLGAR – besiegen. Am Ende rettete nur Großmeister John van der Wiel mit einem halben Punkt vor MChess Pro die menschliche Ehre. hat das Berufungsgericht in beiden Teilen als irreführend angesehen. Dem kann nur hinsichtlich des zweiten Teils beigetreten werden.
aa) Das Berufungsgericht hat die Ansicht vertreten, der erste Teil dieser Behauptung werde vom Verkehr in der Weise verstanden, daß es sich um den ersten derartigen Sieg überhaupt – nicht nur bei Turnieren mit normaler Zeitbegrenzung, sondern auch bei Blitz- oder Schnellturnieren – gehandelt habe; dies sei unzutreffend. Damit hat das Berufungsgericht auf den Umstand abgestellt, daß ein anderes Programm („fritz3“) bereits 1994 in einem Blitzturnier sechs Großmeister geschlagen hat.
Bei dieser Beurteilung hat das Berufungsgericht nicht hinreichend in Rechnung gestellt, daß die beanstandete Aussage nicht unwahr ist. Ist von einem Schachturnier ohne nähere Angaben wie „Blitzturnier“ oder „Schnellturnier“ die Rede, handelt es sich nach dem üblichen Sprachgebrauch um ein Standardturnier , bei dem zwar mit zeitlicher Begrenzung, nicht aber mit den besonders kurzen Fristen eines Blitz- oder Schnellturniers gespielt wird. Hiervon ist auch das Berufungsgericht ausgegangen. Es hat jedoch darauf abgestellt, daß sich der Katalog auch an Teile der Verbraucher richte, die zwischen den verschiedenen Turnierarten , also insbesondere zwischen einem Turnier mit normaler zeitlicher Begrenzung und einem Blitzturnier, nicht unterschieden. Für diesen Teil der Verbraucher
sei eine Aufklärung erforderlich. Damit hat das Berufungsgericht die Aufklärungspflicht des Beklagten überspannt. Selbst wenn sich der Katalog auch an Verbraucher richten mag, die mit dem Schachspiel und mit den verschiedenen Turniertypen nicht vertraut sind, so ist doch die beanstandete Aussage erkennbar für diejenigen Verbraucher von Bedeutung, die mit den Grundregeln des Schachspiels vertraut sind und daher beispielsweise beurteilen können, was ein Internationaler Großmeister ist und was es bedeutet, einen solchen Großmeister zu schlagen. Bei dieser Sachlage ist es dem Beklagten nicht zuzumuten, die (zutreffende) Aussage noch dadurch zu ergänzen, daß für einen anderen Turniertyp, nämlich das Blitzturnier , etwas anderes gelte. Dabei ist auch zu berücksichtigen, daß ein Computer im allgemeinen für die Rechenvorgänge deutlich weniger Zeit benötigt als ein Mensch, so daß der Vorteil des Schachcomputerprogramms je größer ist, desto weniger Zeit zum Überlegen zur Verfügung steht. Auch aus diesem Grund rechnet der mit dem Schachspiel nur einigermaßen vertraute Verbraucher nicht damit, daß die Ergebnisse eines Turniers zwischen Mensch und Computer ohne weiteres mit denen eines Blitzturniers verglichen oder gar gleichgesetzt werden könnten.
bb) Ohne Erfolg wendet sich die Revision dagegen, daß das Berufungsgericht den zweiten Teil der Aussage als irreführend beanstandet hat. Allerdings hat das Berufungsgericht sein Urteil in diesem Punkt unzureichend und widersprüchlich begründet, nämlich mit dem Satz, die Aussage im Katalog spiegele zu Unrecht vor, „das Programm sei vor Großmeister John van der Wiel Zweiter geworden“. Diese Begründung enthält zum einen eine offensichtliche Unrichtigkeit, als nach dem Sinnzusammenhang nur gemeint sein kann, „das Programm sei nach dem Großmeister van der Wiel Zweiter geworden“. Sie ist zum anderen unzureichend, weil sich dem Berufungsurteil nicht entnehmen läßt, weshalb diese Aussage unrichtig ist.
Dem Berufungsgericht ist jedoch – wenn man es richtig versteht – darin zuzustimmen , daß die beanstandete Aussage vom Verkehr nur so aufgefaßt werden kann, daß das Programm MChess Pro bei dem fraglichen Turnier nach dem Großmeister van der Wiel Zweiter geworden ist. Dies ist indessen – wie sich dem Urteil des Landgerichts und dem unstreitigen Parteivorbringen entnehmen läßt – unrichtig. Bei dem Turnier erreichte das Programm MChess Pro nicht den zweiten, sondern lediglich den sechsten Platz.
Entgegen der Ansicht der Revision besteht kein Anlaß, diese Unrichtigkeit hinzunehmen. Das Interesse an sachlicher Information, auf das sich die Revision beruft, rechtfertigt nicht eine unwahre Aussage. Es ist auch nicht unverhältnismäßig , dem Beklagten diese unrichtige Aussage zu verbieten.

b) Aussage 2. Die ebenfalls im „Editorial“ wiedergegebene Aussage Kasparov erhielt von mir MChess Pro 4.0 und hatte im Frühjahr 1995 ganz sicher noch keine Angst. Immerhin räumte er in einem Pressehintergrundgespräch die Möglichkeit ein, der letzte menschliche Schach-Weltmeister zu werden. hat das Berufungsgericht zu Unrecht als irreführend beanstandet. Es hat gemeint, die Aussage Kasparovs sei vom Beklagten unzutreffenderweise in einen Zusammenhang mit der Überlassung des Schachcomputerprogramms „MChess Pro 4.0“ gebracht worden. Das ist indessen – wie die Revision mit Recht rügt – nicht der Fall. Vielmehr soll die Äußerung bei einem „Pressehintergrundgespräch“ gefallen sein. Auch in diesem Punkt gilt, daß die beanstandete Aussage richtig ist. Es besteht allenfalls die Gefahr, daß ein Teil des Verkehrs aufgrund der räumlichen Nähe der beiden Sätze eine gedankliche Verbindung zwischen den beiden Sätzen herstellt. Es handelt sich dabei aber um eine Überinterpretation der Aussage des Beklagten, die ein Verbot nicht zu rechtfertigen vermag.

c) Aussage 3. Das Berufungsgericht hat hinsichtlich der ebenfalls im „Edito- rial“ enthaltenen Aussage Der pausenlose Einsatz hat sich gelohnt. Gesamtsieger und neuer absoluter ICCAWeltmeister wurde Marty HIRSCHS neueste Version MChess Pro 5.0. angenommen, sie sei irreführend, „weil das Schachcomputerprogramm MChess Pro 5.0 nicht diese absolute Gewinnerspitzenstellung einnimmt, die in der Aussage behauptet wird“. Mit dieser unzureichenden Begründung läßt sich das ausgesprochene Verbot indessen nicht rechtfertigen. Denn dem angefochtenen Urteil ist nicht zu entnehmen, daß die beanstandete Aussage falsch wäre; insbesondere sagt das Berufungsurteil nicht, wie sich das in Rede stehende Produkt zu den Produkten der Wettbewerber verhält. Eine Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht ist in diesem Punkt indessen nicht erforderlich. Denn dem unstreitigen Parteivorbringen läßt sich entnehmen, daß ein Verbot der beanstandeten Aussage nicht in Betracht kommt.
Das Berufungsgericht hat offenbar auf die Rechtsprechung zur Zulässigkeit einer Spitzen- oder Alleinstellungsbehauptung abstellen wollen. Eine solche Behauptung ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wegen der anderenfalls bestehenden Gefahr einer Irreführung nur zulässig, wenn die Werbebehauptung wahr ist, der Werbende einen deutlichen Vorsprung gegenüber seinen Mitbewerbern vorzuweisen hat und der Vorsprung die Aussicht auf eine gewisse Stetigkeit bietet (vgl. BGH, Urt. v. 3.5.2001 – I ZR 318/98, GRUR 2002, 182, 184 = WRP 2002, 74 – Das Beste jeden Morgen, m.w.N.). Diesen Fällen liegt meist eine Werbeaussage zugrunde, die eine Selbsteinschätzung des werbenden Unternehmens enthält. Hiervon zu unterscheiden ist die Werbung mit Testergebnissen oder mit von dritter Seite vergebenen Prädikaten und Auszeichnungen, wie sie im Streitfall in Rede steht. Zwar enthalten letztere ebenfalls eine Qualitätsberühmung. Der Werbende braucht jedoch keinen eigenen Qualitätsnachweis zu
führen, sondern darf sich – wenn das Prädikat nicht erschlichen und in einem seriösen Verfahren vergeben worden ist – mit der Auszeichnung schmücken (vgl. Großkomm.UWG/Lindacher, § 3 Rdn. 977; Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht , 22. Aufl., § 3 UWG Rdn. 355; Piper in Köhler/Piper, UWG, 3. Aufl., § 3 Rdn. 413 ff.). Insbesondere braucht er bei der Angabe eines auf den Spitzenplatz hinweisenden Titels wie „Testsieger“, „1. Platz“ oder „Weltmeister“ grundsätzlich nicht noch darüber zu informieren, ob er sich das Prädikat mit Wettbewerbern teilen mußte oder wie groß der Abstand zu den Produkten der Wettbewerber ist.
Aus dem unstreitigen Parteivorbringen ergibt sich, daß die in Rede stehenden Auszeichnungen dem beschriebenen Produkt tatsächlich verliehen worden sind. Dabei geht es – wie in dem „Editorial“ im einzelnen dargestellt ist – um einen Wettbewerb im Rahmen der von der International Computer Chess Association (ICCA) ausgerichteten 13. Computerschachweltmeisterschaft im Oktober 1995 in Paderborn. Danach könnte es nach § 3 UWG allenfalls Bedenken begegnen, daß der beanstandete Text nicht ausdrücklich erwähnt, daß sich die fraglichen Auszeichnungen auf Schachprogramme für Mikrocomputer (also sog. PCs) beziehen und damit für Schachprogramme, die für den Einsatz auf Großrechnern bestimmt sind, nicht gelten. Ein solcher Hinweis war indessen mit Blick darauf entbehrlich, daß sich der fragliche Schachkatalog ausschließlich auf derartige Computerprogramme bezog. Der verständige Verbraucher, der darüber in Kenntnis gesetzt wurde, daß das Programm die prämierten Leistungen auf einem von der Firma ESCOM gestifteten „Pentium 133 MHz“ erbracht hatte, war sich unter diesen Umständen darüber im klaren, auf welche Kategorie von Schachprogrammen sich die genannten Auszeichnungen bezogen.

d) Aussage 4 und 5. Ohne Erfolg wendet sich die Revision dagegen, daß das Berufungsgericht die ebenfalls im „Editorial“ enthaltenen Aussagen Nach noch unbestätigten Informationen wollte der Weltmeister gegen jedes Schachprogramm der Welt antreten, nur nicht gegen den Weltmeister MChess Pro 5.0! und So ist es nur allzu verständlich, daß Garry KASPAROV auch weiterhin nicht öffentlich gegen MChess spielen will: schließlich will er noch möglichst lange Weltmeister bleiben. als irreführend angesehen hat. Die Annahme des Berufungsgerichts, der Verkehr verstehe diese Aussage in der Weise, daß Kasparov das Programm MChess Pro 5.0 wegen seiner besonderen Qualitäten meide und gegen dieses Programm nur deswegen nicht antreten wolle, weil er befürchte, von ihm geschlagen zu werden , ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Das Berufungsgericht hat hierzu festgestellt, daß die Weigerung Kasparovs andere Gründe habe, und hat sich damit den Vortrag der Klägerin zu eigen gemacht. Die hiergegen gerichtete Rüge der Revision ist nicht begründet. Dabei kann offenbleiben, ob den Beklagten – wie das Landgericht angenommen und das Berufungsgericht möglicherweise unterstellt hat – die volle Beweislast dafür trifft, daß die beanstandeten Behauptungen zutreffen. Denn auch wenn die Klägerin grundsätzlich die Darlegungs- und Beweislast dafür trifft, daß die beanstandeten Angaben geeignet sind, die angesprochenen Verkehrskreise irrezuführen, können ihr doch Darlegungs- und Beweiserleichterungen zugute kommen, wenn es um die Aufklärung von Tatsachen geht, die in den Verantwortungsbereich des Beklagten fallen und diesen deshalb nach dem Gebot redlicher Prozeßführung (§ 242 BGB) eine prozessuale Erklärungspflicht trifft (st. Rspr.; BGH, Urt. v. 19.9.1996 – I ZR 124/94, GRUR 1997, 229, 230 = WRP 1997, 183 – Beratungskompetenz, m.w.N.). Unter diesen Umständen hätte der Beklagte im einzelnen dartun müssen, auf welche konkret zu belegenden Hinweise sich seine Annahme stützt, Kasparov sei bereit, gegen die Produkte der
Konkurrenz anzutreten, scheue aber das Programm „MChess Pro 5.0“ wegen seiner Spielstärke.
Diese Anforderungen an den Vortrag des Beklagten sind auch nicht im Hinblick darauf zu beanstanden, daß der Beklagte mit seinen – Werbezwecken dienenden – Äußerungen zugleich ein Informationsbedürfnis der angesprochenen Interessenten befriedigen möchte (Art. 5 Abs. 1 GG). Den Wettbewerbern ist es nicht zuzumuten, mit für sie nachteiligen und von ihnen kaum zu widerlegenden Werbebehauptungen konfrontiert zu werden, die der Werbende als unbestätigte Meldung in den Raum stellt, ohne sie zu belegen und ohne auch nur anzugeben, worauf er sich bei diesen Behauptungen stützt.

e) Aussage 6. Das Berufungsgericht hat die Aussage Über die Jahre hinweg konnte MChess seine dominante Position gegenüber der immer zahlreicher werdenden Konkurrenz behaupten. zu Unrecht als irreführend angesehen. Mit Recht rügt die Revision, die Beurteilung des Berufungsgerichts, es handele sich hierbei um eine nicht belegte Spitzenstellungsbehauptung , sei allenfalls bei einer isolierten, nicht dagegen bei der gebotenen Gesamtbetrachtung (vgl. Piper in Köhler/Piper aaO § 3 Rdn. 121) zu rechtfertigen. Dabei ist zu berücksichtigen, daß es sich um eine Aussage im Fließtext im Rahmen der Beschreibung des fraglichen Programms handelt, die durch zahlreiche Hinweise auf die Qualität des Produkts belegt und relativiert wird. So heißt es unmittelbar vor der beanstandeten Textstelle: Schon seit seinem ersten öffentlichen Auftritt begeisterte MChess Pro die Fachwelt mit seinem dynamischen, aber auf solidem Fundament ruhenden Spielstil. Die Erfolgsbilanz der Software gerade im Jahr 1995 ist schon beeindruckend. In der schwedischen Liste für Schachcomputer wird das Programm zur Zeit mit über 2400 Elopunkten aufgelistet und nimmt damit den Spitzenplatz ein.
Der Leser erkennt, daß sich die Behauptung einer dominanten Position gegenüber der Konkurrenz auf die im selben Absatz, aber auch in den nachfolgenden Absätzen geschilderten Erfolge des Programms im Jahre 1995 bezieht.

f) Aussage 10. Das Berufungsgericht hat die Aussage Dieses einmalige Feature nennt sich „Book Learning“ und ermöglicht es dem Programm , ungünstige Eröffnungsvarianten eigenständig zu revidieren. ebenfalls für irreführend gehalten; denn der Durchschnittsverbraucher verstehe diese Aussage so, daß das Programm eine ungünstige Eröffnungsvariante schon während des Spiels eigenständig revidieren könne. Auch diese Beurteilung ist nur nachzuvollziehen, wenn die beanstandete Aussage aus dem Zusammenhang der Darstellung gerissen wird. Dort ist im einzelnen erläutert, daß das Programm aufgrund der integrierten Lernfunktion ähnlich wie der Mensch in der Lage sei, aus früheren Fehlern zu lernen; weiter heißt es dort (S. 30 oben): MChess Pro 5.0 kann diese Methode simulieren. Wenn die Funktion aktiviert ist, speichert das Programm negativ verlaufene Zugfolgen ab und wird einen besseren Zug ausspielen, falls sich die entsprechende Stellung wiederholt.

g) Aussage 15. Das Berufungsgericht hat die beiden in einer Werbeanzeige im Katalog enthaltenen Anpreisungen Software-Weltmeister 1991 in Vancouver Siege beim AEGON Mensch-Computer Turnier gegen drei internationale Großmeister als irreführend beanstandet, weil diese Erfolge nicht von der beworbenen Programmversion „5.0“, sondern von Vorgängerversionen erzielt worden seien. Auch dieser Beurteilung ist nicht beizutreten. Denn der Verkehr, der möglicherweise annimmt , die genannten Erfolge bezögen sich auf die aktuelle Version „5.0“, würde dadurch nur dann irregeführt, wenn die neue Version in ihren Leistungen und
Möglichkeiten hinter den Vorgängerversionen zurückgeblieben wäre. Dies ist aber weder behauptet noch sonst ersichtlich.

h) Aussage 16. Das Berufungsgericht hat die – nicht besonders hervorge- hobene, sondern in den Fließtext eingebundene – Aussage Das neue Programm wurde Gideon getauft und konnte 1991 souverän die Compu- terweltmeisterschaft in Vancouver gewinnen, Ed Schröder wurde Weltmeister. als irreführend erachtet, weil sich das Programm „Gideon“ den Weltmeisterschaftstitel mit einem Konkurrenzprogramm habe teilen müssen. Diese Beurteilung ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
Es ist unstreitig, daß das Programm „Gideon“ des Programmierers Ed Schröder 1991 die Computerweltmeisterschaft in Vancouver gewonnen hat. Insoweit ist die beanstandete Aussage zutreffend. Sie vermittelt jedoch aufgrund der Verwendung des Adverbs „souverän“ den Eindruck, das Programm „Gideon“ habe den Erfolg bei der Weltmeisterschaft mit einem nicht unerheblichen Vorsprung vor der Konkurrenz erzielt. Dieser durch die Aussage vermittelte Eindruck ist unzutreffend ; das Programm „Gideon“ mußte sich den Sieg mit einem Programm des Programmierers Richard Lang teilen; von einem „souveränen Sieg“ konnte also nicht die Rede sein. Zwar wird – wie auch das Berufungsgericht erkennt – der Sachverhalt an anderer Stelle des Katalogs (S. 242) zutreffend erläutert. Der Leser mag bei Lektüre dieser anderen Textstelle auch erkennen, was den Verfasser veranlaßt haben mag, den Sieg des Programms „Gideon“ mit dem Adverb „souverän“ zu schmücken. Dies vermag indessen die Irreführung an der hier beanstandeten Textstelle nicht zu rechtfertigen.

i) Aussage 18. Das Berufungsgericht hat schließlich die im Preisverzeich- nis des Katalogs enthaltene Aussage MChess Professional 5.0 Der absolute Weltmeister 95 als irreführend beanstandet, weil das Programm zwar absoluter MikrocomputerSchachweltmeister 1995, nicht aber Weltmeister in der offenen Klasse und damit Weltmeister aller Klassen geworden sei. Auch dieser Beurteilung kann nicht beigetreten werden. Zur Begründung wird auf die Ausführungen zur Aussage 3 (oben unter II.4.c)) verwiesen.
III. Danach ist die Revision des Beklagten teilweise – und zwar insoweit, als der Beklagte zur Unterlassung des zweiten Satzes der Aussage 1 sowie der Aussagen 4, 5 und 16 verurteilt worden ist – zurückzuweisen. Soweit im übrigen zum Nachteil des Beklagten erkannt worden ist, ist das Berufungsurteil aufzuheben. In diesem Umfang ist die Klage ebenfalls abzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf § 92 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die Kosten des erst- und zweitinstanzlichen Verfahrens bleibt dem Schlußurteil vorbehalten.
Ullmann v. Ungern-Sternberg Bornkamm
Pokrant Schaffert

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 252/01 Verkündet am:
2. Oktober 2003
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Mindestverzinsung
Eine an mögliche Kapitalanleger gerichtete Werbeaussage über die Mindestverzinsung
des eingesetzten Kapitals ist auch dann im Sinne des § 3 UWG zur
Irreführung geeignet, wenn sie zwar keine unrichtigen Tatsachenbehauptungen
enthält, aber gerade darauf angelegt ist, die irrige Vorstellung zu wecken, es sei
eine sichere Rendite zu erwarten. Dabei genügt es jedenfalls für das Eingreifen
des § 3 UWG, wenn die Werbeaussage geeignet ist, einen erheblichen Teil der
durchschnittlich informierten und verständigen Verbraucher irrezuführen.
BGH, Urt. v. 2. Oktober 2003 - I ZR 252/01 - OLG Bamberg
LG Würzburg
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 2. Oktober 2003 durch die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Prof.
Starck, Prof. Dr. Bornkamm, Dr. Büscher und Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Bamberg vom 1. August 2001 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Beklagte, eine u.a. im Immobiliengeschäft tätige Aktiengesellschaft, bietet interessierten Anlegern an, sich an ihrem Unternehmen als atypische stille Gesellschafter mit Einmaleinlagen ab 5.000 DM oder Rateneinlagen ab 50 DM pro Monat zu beteiligen. In ihrem dafür 1999 und Anfang 2000 verwendeten Emissionsprospekt stellte sie ihr Beteiligungsangebot auf der ersten Seite anhand von insgesamt elf Stichwörtern vor, wobei sie diese jeweils kurz erläuterte. Zu dem Stichwort "Mindestverzinsung" machte sie folgende Angabe:
"6 % der zur Zeit erbrachten Einlage jahresdurchschnittlich ergebnisunabhängig vertraglich zugesichert (anrechenbar auf höheren Gewinn)". Auf der Seite 8 des Prospekts führte die Beklagte unter der Überschrift "Ergebnisbeteiligung, Entnahmen, Mindestverzinsung" im laufenden Text aus:
"Eine Mindestverzinsung der zur Zeit erbrachten Einlage im Jahresdurchschnitt von 6 % p.a. gilt für die Vertragslaufzeit als zugesichert. Sie wird auf höhere Gewinne angerechnet." Kläger ist der in die Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 13 Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 UWG, § 4 UKlaG eingetragene Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände - Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. Er hat die Angaben in dem Emissionsprospekt der Beklagten als irreführend beanstandet. Diese erweckten den unzutreffenden Eindruck, die angegebene "Verzinsung" der Einlage von 6 % sei unabhängig von der Entwicklung der Ertragslage des Unternehmens sicher zu erreichen.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs wie folgt zu werben:
"Mindestverzinsung: 6 % der zur Zeit erbrachten Einlage jahresdurchschnittlich ergebnisunabhängig vertraglich zugesichert ..."
und/oder
"Eine Mindestverzinsung der zur Zeit erbrachten Einlage im Jahresdurchschnitt von 6 % p.a. gilt für die Vertragslaufzeit als zu- gesichert ...".
Die Beklagte hat demgegenüber vorgebracht, mit den beanstandeten Angaben werde nicht unabhängig von der wirtschaftlichen Entwicklung des Unternehmens eine Verzinsung der Einlage in Höhe von 6 % garantiert, sondern den stillen Gesellschaftern lediglich ein entsprechender schuldrechtlicher Anspruch zugesagt. Im Emissionsprospekt werde ausdrücklich auf das unternehmerische Risiko des Anlegers, einschließlich des Risikos des Totalverlusts der Anlage, hingewiesen. Dieses Risiko sei allerdings gering und die vertragliche Zusicherung der Mindestverzinsung von 6 % durchaus realistisch.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg.
Mit der (zugelassenen) Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung weiter. Der Kläger beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat die beanstandeten Angaben des Emissionsprospekts der Beklagten als irreführend i.S. des § 3 UWG angesehen. Hierzu hat es ausgeführt:
Die Werbeangaben erweckten bei einem nicht geringen Teil der ange- sprochenen Verkehrskreise, zu denen die Mitglieder des Senats gehörten, den Eindruck, es handele sich bei der beworbenen Kapitalanlage um eine Anlage mit fester Verzinsung von (mindestens) 6 % in Form eines festverzinslichen Wertpapiers oder um eine ähnlich sichere Anlage. Dies ergebe sich daraus, daß die Beklagte nicht nur behaupte, es bestehe ein vertraglicher Anspruch auf die "Mindestverzinsung", sondern bekräftige, die 6 %ige Verzinsung sei "ergebnisunabhängig" , sie sei "vertraglich zugesichert" bzw. gelte "für die Vertragslaufzeit als zugesichert". Da die Beklagte, wie sie unter Hinweis auf die verhältnismäßig geringe Mindesteinzahlung selbst betone, auch viele Kleinanleger anspreche, die auf dem Kapitalmarkt nicht selten nur geringe Erfahrung hätten, werde dieser Eindruck bei mindestens 15 bis 20 % der angesprochenen Verkehrskreise entstehen.
In Wirklichkeit erreiche eine Geldanlage bei der Beklagten die Sicherheit festverzinslicher Wertpapiere bei weitem nicht. Die Beklagte gehöre nach ihrem Emissionsprospekt eher zu der Art von Anlagegesellschaften, von denen im Lauf der Jahre schon viele in Konkurs gegangen seien, so daß bei den Anlegern nicht nur Gewinneinbußen, sondern sehr häufig auch hohe Kapitalverluste entstanden seien. Die uneingeschränkte vertragliche Zusicherung einer ergebnisunabhängigen Verzinsung von mindestens 6 % vertrage sich damit nicht. Die warnenden Hinweise im Inneren des Prospekts rechtfertigten keine andere Beurteilung. Die beanstandete Werbung stehe auf der ersten Seite des Prospekts und sei auch sonst optisch hervorgehoben. Ihre sinngemäße Wiederholung auf der Seite 8 des Prospekts werde deshalb ebenfalls auf besondere Beachtung stoßen.
Die wettbewerbliche Relevanz der irreführenden Werbung folge schon daraus, daß die durchschnittliche Rendite bei Lebensversicherungen und Bausparkassen seinerzeit bei lediglich 3 bis 4 % p.a. gelegen habe.
Die Gefahr, daß die Beklagte künftig ebenso werben werde, bestehe unabhängig davon, wie diese zur Zeit werbe.
II. Die Revisionsangriffe gegen diese Beurteilung bleiben ohne Erfolg. Das Berufungsgericht hat zu Recht entschieden, daß die beanstandeten Angaben über die Zusicherung einer Mindestverzinsung als irreführende Werbung gegen § 3 UWG verstoßen.
1. Für die Beurteilung, ob Werbeangaben irreführend sind, ist die Sicht eines durchschnittlich informierten und verständigen Verbrauchers maßgebend, der die Werbung mit einer der Situation entsprechend angemessenen Aufmerksamkeit zur Kenntnis nimmt (vgl. BGH, Urt. v. 20.10.1999 - I ZR 167/97, GRUR 2000, 619, 621 = WRP 2000, 517 - Orient-Teppichmuster; Urt. v. 28.11.2002 - I ZR 110/00, GRUR 2003, 249 = WRP 2003, 379 - Preis ohne Monitor, m.w.N.). Der Emissionsprospekt der Beklagten richtete sich an mögliche Kapitalanleger , darunter unstreitig viele Kleinanleger.
2. Die Beklagte hat die Zusicherung einer Mindestverzinsung von 6 % p.a. auf der ersten Seite ihres Emissionsprospekts in die - nach Stichpunkten gegliederte - zusammenfassende Darstellung ihres Angebots, sich an ihrem Unternehmen als stiller Gesellschafter zu beteiligen, aufgenommen und damit in besonderer Weise herausgestellt. Auf Seite 8 des Prospekts wird diese Zusicherung inhaltsgleich wiederholt.
Die dabei gewählten Formulierungen sind geeignet, die Vorstellung hervorzurufen , es handele sich um eine Kapitalanlage mit sicherer Rendite; die Beklagte sei bereit und vor allem auch in der Lage, ihren stillen Gesellschaftern unabhängig vom wirtschaftlichen Erfolg ihrer Geschäfte neben der Rückzahlung der Einlage eine Mindestverzinsung des eingesetzten Kapitals in Höhe von 6 % p.a. zuzusichern. Es wird in der Werbung nicht nur - für die Beteiligung eines stillen Gesellschafters ungewöhnlich - von einer "Mindestverzinsung" gesprochen , sondern auch davon, daß diese "ergebnisunabhängig vertraglich zugesichert" werde und "anrechenbar auf höheren Gewinn" sei.
Die Werbeaussage ist nach diesem Verständnis irreführend, weil die Beklagte die danach in Aussicht gestellte Sicherheit nicht bieten kann. Die Beklagte hat selbst dargelegt, es sei ihr nicht möglich, bereits aus eigenem Vermögen einer Vielzahl von Anlegern unabhängig von der Geschäftsentwicklung Zinsleistungen in der zugesagten Höhe zu erbringen. Es sei gerade der Zweck ihres Kapitalanlagemodells, mit dem vorhandenen Eigenkapital und den Einlagen der stillen Gesellschafter durch Investitionen Renditen zu erwirtschaften, um den angegebenen Zins als vertraglich eingeräumte Rendite zu bezahlen. Das bedeutet, daß die Zinsen in Höhe von 6 % p.a. bei einem unzureichenden Gewinn und erst recht bei Verlusten der Beklagten - zumindest im wesentlichen - aus den eigenen Einlagen der stillen Gesellschafter aufgebracht werden müssen. Ein solches Vorgehen gefährdet nicht nur den weiteren Geschäftserfolg , sondern auch die spätere Auszahlung eines Abfindungsguthabens in Höhe des als Einlage eingesetzten Kapitals.
Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts sind die beanstandeten Werbeaussagen allerdings nicht geeignet, sämtliche angesprochenen Anlageinteressenten irrezuführen. Wirtschaftlich denkende Kapitalanleger werden bei
einiger Überlegung erkennen, daß die Zusicherung einer "Mindestverzinsung" bei Verlusten oder zu niedrigen Gewinnen nur durch den Rückgriff auf die von den stillen Gesellschaftern erbrachten Einlagen und damit zu Lasten des für Investitionen zur Verfügung stehenden Kapitals erfüllt werden kann. Dies schließt jedoch die Annahme einer Irreführung im Sinne des § 3 UWG nicht aus. Die beanstandeten Werbeaussagen enthalten zwar nicht ausdrücklich eine unrichtige Tatsachenbehauptung. Sie sind aber aufgrund der Wortwahl gerade darauf angelegt, dahin zu wirken, daß Kapitalanleger eine sichere Rendite erwarten und durch diese irrige Vorstellung von dem Beteiligungsangebot angezogen werden.
Es würde allerdings unter den gegebenen Umständen für das Eingreifen des § 3 UWG nicht genügen, wenn die Werbung nur geeignet wäre, 15 bis 20 % aller angesprochenen Anlageinteressenten irrezuführen. Das Berufungsgericht hat diese Zahlen jedoch nur im Sinne einer Untergrenze genannt. Nach dem feststehenden Sachverhalt kann auch im Revisionsverfahren ohne weiteres davon ausgegangen werden, daß verständige, durchschnittlich vorsichtige Anleger zumindest zu einem erheblichen Teil ebenfalls in dem dargelegten Sinn irregeführt werden können. Dies genügt, um eine Irreführung anzunehmen. Bei der Beurteilung, ob eine Irreführung im Sinne des § 3 UWG vorliegt, ist zwar auf die Sicht eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Verbrauchers abzustellen. Das bedeutet jedoch nicht, daß die genannte Vorschrift nur dann eingreift, wenn die Angabe geeignet ist, jeden durchschnittlich informierten und verständigen Werbeadressat irrezuführen. Denn auch durchschnittlich informierte und verständige Verbraucher können eine Werbeangabe unterschiedlich auffassen.
Die Annahme des Berufungsgerichts, ein Teil der Anlageinteressenten werde aufgrund der Werbung mit einer Mindestverzinsung annehmen, es werde der Erwerb eines festverzinslichen Wertpapiers angeboten, ist dagegen kaum vereinbar mit den weiteren Angaben über das Beteiligungsangebot. Im Hinblick darauf, daß jedenfalls die dargelegte Irreführung gegeben ist, kommt es darauf jedoch nicht mehr an.
Entgegen der Auffassung der Revision wird die Beurteilung der Angaben über die "Mindestverzinsung" als irreführend auch nicht durch den sonstigen Inhalt des Emissionsprospekts ausgeschlossen. Die Werbung mit der Zusicherung eines festen Mindestzinses ist - wie dargelegt - gerade darauf angelegt, den Eindruck zu vermitteln, daß eine entsprechende Mindestrendite sicher sei, um damit das Interesse für die angebotene Kapitalanlage zu wecken. Bereits die Eignung, in dieser Weise auf mögliche Kapitalanleger zu wirken, macht die Werbeaussage zu einer irreführenden Angabe im Sinne des § 3 UWG. Ein verständiger Durchschnittsanleger wird im übrigen nicht annehmen, daß ein durch die Wortwahl besonders nahegelegtes Verständnis relevanter Angaben über ein Beteiligungsangebot in einem Prospekt durch davon abweichende Angaben an anderer Stelle korrigiert wird.
3. Das vom Berufungsgericht ausgesprochene Verbot ist auch nicht unverhältnismäßig. Die Beklagte kann die Irreführungsgefahr, die sie mit ihren Werbeangaben hervorruft, durch eine entsprechende Fassung ihrer Werbung ohne weiteres vermeiden.
4. Das Berufungsgericht hat weiter zu Recht angenommen, daß die Wiederholungsgefahr nicht dadurch entfallen ist, daß die Beklagte in ihrem neuen Emissionsprospekt nicht mehr mit den beanstandeten Angaben wirbt. An den
Wegfall der nach einem begangenen Wettbewerbsverstoß grundsätzlich zu vermutenden Wiederholungsgefahr sind strenge Anforderungen zu stellen (st. Rspr.; vgl. BGH, Urt. v. 10.7.1997 - I ZR 62/95, GRUR 1998, 483, 485 = WRP 1998, 296 - Der M.-Markt packt aus; Urt. v. 31.5.2001 - I ZR 82/99, GRUR 2002, 180 = WRP 2001, 1179 - Weit-Vor-Winter-Schluß-Verkauf). Die bloße Änderung der Verhältnisse reicht nur dann aus, wenn im Hinblick darauf jede Wahrscheinlichkeit für die erneute Begehung eines gleichartigen Wettbewerbsverstoßes beseitigt ist (st. Rspr.; vgl. BGH, Urt. v. 16.1.1992 - I ZR 84/90, GRUR 1992, 318, 320 = WRP 1992, 314 - Jubiläumsverkauf; Urt. v. 26.10.2000 - I ZR 180/98, GRUR 2001, 453, 455 = WRP 2001, 400 - TCM-Zentrum). Die bloße Einstellung der beanstandeten Werbung genügt diesem Erfordernis zumal dann nicht, wenn die Werbung - wie im Streitfall - jederzeit ohne größeren Aufwand wiederaufgenommen werden kann (vgl. BGH GRUR 1992, 318, 320 - Jubiläumsverkauf).
III. Die Revision der Beklagten war danach mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
v. Ungern-Sternberg Starck Bornkamm
Büscher Schaffert

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 222/00 Verkündet am:
3. April 2003
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Internet-Reservierungssystem
Der Anbieter eines Reservierungssystems für Linienflüge im Internet verstößt
nicht deshalb gegen § 1 Abs. 1 Satz 1, Abs. 6 PAngV, weil das System bei der
erstmaligen Bezeichnung von Preisen nicht bereits den Endpreis angibt, sondern
dieser erst bei der fortlaufenden Eingabe in das Reservierungssystem ermittelt
wird, wenn der Nutzer hierauf zuvor klar und unmißverständlich hingewiesen
wird.
BGH, Urteil vom 3. April 2003 - I ZR 222/00 - OLG München
LG München I
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 3. April 2003 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann
und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Prof. Starck, Dr. Büscher und
Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 29. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 13. Juli 2000 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin, die ein Reisebüro betreibt, bietet im Internet ein Reservierungssystem für Linienflüge und Pauschalreisen an, das sie auch anderen Reisebüros zur Verfügung stellt.
Nach fortlaufender Eingabe von Reisedaten (u.a. Abflughafen, Reiseziel und Reisezeit) über mehrere Internet-Seiten kann der Nutzer die gewünschte Reise mit dem abschließend kalkulierten Reisepreis auswählen. Die Angaben
umfassen den Tarif und die Steuern pro Person und graphisch hervorgehoben den Gesamtpreis.
Vor der erstmaligen Anzeige von Flugtarifen erscheint auf einer der Internet -Seiten des Systems der Hinweis:
"Alle ausgewiesenen Tarife verstehen sich zuzüglich Steuern und Flughafengebühren. Da die anfallenden Steuern und Gebühren vom jeweiligen Flugziel und vom Routing abhängig sind, wird der endgültige Flugpreis erst nach Auswahl der gewünschten Flugverbindung angezeigt." Auf der folgenden Internet-Seite werden die in Betracht kommenden Flüge mit den Flugtarifen ohne Steuern und Flughafengebühren angeführt. In weiteren Schritten ermittelt das System die Verfügbarkeit freier Plätze auf den vom Nutzer ausgewählten Flügen und weist den kalkulierten Gesamtpreis hierfür aus. Anschließend besteht die Möglichkeit zur Buchung.
Die Beklagte ist die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs. Sie hat das Reservierungssystem der Klägerin wegen eines Verstoßes gegen die Preisangabenverordnung beanstandet und Reisebüros, die das System der Klägerin nutzen, abgemahnt, weil vor Angabe des Endpreises auf den InternetSeiten bereits Flugtarife ohne Steuern und Flughafengebühren angegeben werden.
Die Beklagte ist zudem der Auffassung, die Klägerin sei aufgrund einer strafbewehrten Unterlassungserklärung vom 12. November 1997 verpflichtet, die beanstandete Werbung zu unterlassen und wegen des Verstoßes gegen das Unterlassungsgebot durch das Reservierungssystem die vereinbarte Vertragsstrafe von 7.000 DM zu zahlen. Mit der Unterwerfungserklärung hatte die
Klägerin sich verpflichtet, es ab dem 26. November 1997 zu unterlassen, in der an den letzten Verbraucher gerichteten Werbung für Flugreisen unter Angabe von Preisen zu werben, ohne gleichzeitig in bezifferter Form darauf hinzuweisen , daß zusätzlich Kosten für Sicherheitsgebühren/örtliche Steuern anfallen, es sei denn, daß diese Sicherheitsgebühren und Steuern bereits in den Preis eingerechnet sind.
Die Klägerin hat sich mit einer Feststellungsklage gegen die Abmahnung ihrer Vertragspartner gewandt.
Die Beklagte hat gegen die Klägerin Widerklage erhoben und beantragt,
die Klägerin zu verurteilen,
I. an die Beklagte 7.000 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 12. August 1999 zu zahlen und
II. es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs mit Flugreisen Dritten ein Informations- und Einbuchungssystem im Internet zur Verfügung zu stellen und/oder es selbst gegenüber dem Letztverbraucher zu benutzen, bei welchem für Flugreisen mit Flugtarifen geworben wird, ohne gleichzeitig entweder die zusätzlich zu entrichtenden Passagierund Sicherheitsgebühren und/oder Flughafensteuern auszuweisen oder die Passagier- und Sicherheitsgebühren und/oder Flughafensteuern in den Gesamtpreis einzubeziehen.
Die Klägerin ist der Widerklage entgegengetreten und hat einen Verstoß gegen die Preisangabenverordnung und das vertragliche Unterlassungsgebot in Abrede gestellt.
Das Landgericht hat die Feststellungsklage als unzulässig abgewiesen und der Widerklage stattgegeben. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels die Widerklage abgewiesen.
Mit ihrer Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte ihre Widerklageanträge weiter.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat die Widerklage für unbegründet erachtet und hierzu ausgeführt:
Weder aufgrund der Unterlassungserklärung vom 12. November 1997 noch nach § 1 UWG i.V. mit § 1 PAngV könne die Beklagte die begehrte Unterlassung verlangen, weil die Klägerin in der Werbung gleichzeitig mit der Angabe der Tarife auch anfallende Steuern und Gebühren nenne und den Gesamtpreis für einen ausgewählten Flug hervorhebe. Die erforderlichen Angaben seien im Reservierungsprogramm der Klägerin am Ende des Systems deutlich erkennbar. Die vorherige Nennung nur des Preisbestandteils "Flugtarif" sei unschädlich , weil sich das Reservierungsprogramm als einheitliches Informationsund Buchungssystem darstelle, in dem alle erforderlichen Angaben enthalten
seien. Der durchschnittlich informierte Verbraucher werde die Einheit des Reservierungssystems erkennen und nicht davon ausgehen, es handele sich bei den vor der Auswahl eines von ihm gewünschten Fluges angegebenen Tarifen um den Gesamtpreis.
II. Die Revision hat keinen Erfolg. Der Beklagten steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch weder aus Vertrag aufgrund der von ihr angenommenen strafbewehrten Unterlassungserklärung der Klägerin vom 12. November 1997 noch nach § 1 UWG i.V. mit § 1 Abs. 1 und Abs. 6 PAngV zu. Auch ein Anspruch auf Zahlung der Vertragsstrafe nach § 339 BGB ist nicht gegeben.
1. Mit Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, daß die Klägerin in der Erklärung vom 12. November 1997, soweit die Unterlassungsverpflichtung in Rede steht, das an Verpflichtungen übernommen hat, was sich bei der Werbung für Flugreisen ohnehin aus § 1 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 6 Satz 1 PAngV ergibt.
Die Abgabe der strafbewehrten Unterlassungserklärung diente der Ausräumung der Wiederholungsgefahr, die aus einem Verstoß gegen § 1 Abs. 1 PAngV aufgrund einer Zeitungswerbung der Klägerin folgte. Mit der Unterlassungserklärung wollte sich die Klägerin ersichtlich nicht weitergehend binden, als es ihrer Verpflichtung nach der Preisangabenverordnung zur Werbung für Flugreisen entsprach. Durch die in der Unterwerfungserklärung enthaltene Verpflichtung zur gleichzeitigen Angabe der bezifferten Sicherheitsgebühren und örtlichen Steuern hat die Klägerin der Beklagten keine zusätzlichen Rechte eingeräumt. Danach steht der Beklagten aus der strafbewehrten Unterlassungser-
klärung kein weitergehender Anspruch zu, als er sich ohnehin aus § 1 Abs. 1 Satz 1, Abs. 6 PAngV ergibt.
Davon ist auch das Landgericht ausgegangen. Die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht daher zutreffend auch insoweit als zulässig angesehen , als sie sich gegen die Verurteilung zur Zahlung der Vertragsstrafe richtete. Eine ordnungsgemäße Berufungsbegründung muß nach § 519 Abs. 3 Nr. 2 ZPO a.F. die bestimmte Bezeichnung der im einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe) sowie der neuen Tatsachen, Beweismittel und Beweiseinreden enthalten, die die Partei zur Rechtfertigung ihrer Berufung anzuführen hat. Betrifft die Berufung mehrere prozessuale Ansprüche, muß die Begründung sich auf alle Teile des Urteils beziehen, deren Abänderung beantragt ist (vgl. BGH, Urt. v. 15.6.1993 - XI ZR 111/92, NJW 1993, 3073, 3074). Das ist vorliegend der Fall. Denn in der Berufungsbegründung hat sich die Klägerin mit den Anforderungen der Preisangabenverordnung auseinandergesetzt und sich gegen die Annahme gewandt, ihr Internet-Auftritt verstoße gegen die Verpflichtung, Flugtarife nicht ohne Sicherheitsgebühren und Steuern zu beziffern. Dies reichte aus, weil diese Begründung für sich genommen geeignet war, die landgerichtliche Entscheidung auch hinsichtlich der Verurteilung der Klägerin zur Zahlung der Vertragsstrafe in Frage zu stellen.
2. Die Klägerin verstößt mit der beanstandeten Art der Preisangabe in ihrem Reservierungssystem nicht gegen die Preisangabenverordnung.

a) Ohne Erfolg macht die Revision geltend, die von der Klägerin angegebenen Endpreise entsprächen nicht den Anforderungen des § 1 Abs. 1 Satz 1 PAngV, da nicht zu erkennen sei, daß in den Preisen auch Flughafengebühren einbezogen seien.

aa) Endpreise sind nach der Legaldefinition des § 1 Abs. 1 Satz 1 PAngV die Preise, die einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile unabhängig von einer Rabattgewährung zu zahlen sind. Dazu gehören bei einer Flugreise neben dem Flugtarif auch diejenigen Leistungen Dritter, die bei jeder Flugreise in Anspruch genommen werden müssen, wie Flughafen- und Sicherheitsgebühren sowie die bei der Flugreise anfallenden Steuern (vgl. BGH, Urt. v. 5.7.2001 - I ZR 104/99, GRUR 2001, 1166, 1168 = WRP 2001, 1301 - Fernflugpreise

).


Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts gibt die Klägerin auf der die abschließende Kalkulation enthaltenden Internet-Seite in hervorgehobener Form den Gesamtpreis an. Mit ihrem gegenteiligen, in der Revisionsinstanz erstmals erfolgten Vortrag, dieser Gesamtpreis enthalte neben dem Flugpreis nur die anfallenden Steuern, nicht aber auch Sicherheits- und Flughafengebühren , kann die Beklagte nicht gehört werden (§ 561 ZPO a.F.). In den Tatsacheninstanzen war zwischen den Parteien unstreitig, daß der in der abschließenden Kalkulation angegebene Preis sämtliche anfallenden Steuern und Gebühren umfaßt, auch wenn die Klägerin in der Kalkulation des Endpreises nur die Positionen "Tarif pro Person" und "Steuern pro Person" gesondert anführt. Darauf beruhen die Feststellungen des Berufungsgerichts.
bb) Anders als die Revision meint, verstößt die abschließende Kalkulation nicht gegen die Grundsätze der Preisklarheit und Preiswahrheit (§ 1 Abs. 6 Satz 1 PAngV). Der durchschnittlich informierte und verständige Verbraucher wird nach dem Hinweis, daß die anfallenden Steuern und Gebühren vom jeweiligen Flugziel und der Flugroute abhängen und der endgültige Flugpreis nach der Auswahl der gewünschten Flugverbindung angezeigt wird, den dort ange-
gebenen Preis als Endpreis auffassen. Entsprechend ist die Beklagte in den Tatsacheninstanzen selbst davon ausgegangen, daß diese Angabe der Preisangabenverordnung entspricht.

b) Dem Berufungsgericht ist auch bei der Prüfung, ob die Angabe von Flugtarifen ohne Gebühren und Steuern vor der abschließenden Kalkulation des Endpreises auf den Internet-Seiten des Reservierungssystems der Klägerin gegen § 1 PAngV verstößt, kein Rechtsfehler unterlaufen. Die Angaben genügen dem Gebot eindeutiger Zuordnung und leichter Erkennbarkeit nach § 1 Abs. 6 Satz 2 PAngV. Denn auch wenn bereits vor der Kalkulation des Endpreises Flugtarife ohne Steuern und Gebühren angegeben werden, ist diese Angabe erkennbar vorläufig. Der Endpreis läßt sich durch Auswahl des gewünschten Fluges einschließlich Steuern und Gebühren eindeutig, leicht erkennbar und gut wahrnehmbar bestimmen. Die Angabe der einzelnen Flüge erfordert auf den der Kalkulation des Endpreises vorausgehenden Seiten dagegen noch keine Anführung der Endpreise, auch wenn dort bereits Flugtarife angegeben werden. Vielmehr reicht es aus, wenn die Endpreise aufgrund einfacher elektronischer Verknüpfung, etwa durch einen Wechsel in ein Preisverzeichnis (vgl. OLG Frankfurt NJW-RR 2001, 1696; Völker, Preisangabenrecht, 2. Aufl., § 4 PAngV Rdn. 34 und § 5 PAngV Rdn. 20; vgl. auch Köhler/Piper, UWG, 3. Aufl., § 4 PAngV Rdn. 11; a.A. Landmann/Rohmer/Gelberg, Gewerbeordnung, § 4 PAngV Rdn. 23) oder durch weitere fortlaufende Eingabe in das Reservierungssystem der Klägerin festgestellt werden können und die Nutzer - wie im Streitfall - klar und unmißverständlich hierauf hingewiesen werden.
3. Die Vertragsstrafe hat die Klägerin nicht verwirkt, weil sie mit ihrem Reservierungssystem nicht gegen den vertraglich vereinbarten Unterlassungsanspruch verstoßen hat (vgl. Abschn. II 1 und 2).

III. Die Revision der Beklagten war danach mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Ullmann RiBGH Dr. v. Ungern-Sternberg Starck ist in Urlaub und an der Unterschrift verhindert. Ullmann Büscher Schaffert

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 195/98 Verkündet am:
23. November 2000
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 23. November 2000 durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Erdmann und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Starck, Dr. Büscher
und Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 14. Mai 1998 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin ist auf dem Gebiet der Entwicklung, der Herstellung und des Vertriebs von Operationsleuchten (OP-Leuchten) tätig und seit Jahrzehnten in diesem Bereich führend. Sie entwickelt auch die für diese Leuchten notwendigen Halogenlampen, läßt sie von Dritten für sich herstellen und vertreibt sie ausschließlich über ihre Vertriebsorganisation. Zu ihren Erzeugnissen gehören seit Anfang der 90er Jahre OP-Leuchten der Serie "H. 2000", deren jeweilige Ausführungen mit Halogenlampen vom Typ "H. C. " bestückt sind. In vielen Krankenhäusern sind noch OP-Leuchten der Vorgängerserie, der sog.
"H. "-S. serie, vorhanden; für diese liefert die Klägerin weiterhin die entsprechenden Halogenlampen.
Der Beklagte, der zunächst Originallampen der Klägerin vertrieben hatte , vertreibt seit Frühjahr 1994 als Händler Halogenlampen, die für die OPLeuchten der Klägerin verwendet werden können, jedoch von anderen Unternehmen hergestellt wurden. Er bewirbt diese Lampen in seinem "Speziallampenkatalog" in der im Klageantrag wiedergegebenen Weise.
Die Klägerin beanstandet diese Werbung als irreführend und als wettbewerbswidrige Anlehnung an den guten Ruf ihrer Ware. Der Beklagte erwekke den Eindruck, er vertreibe ihre Originalhalogenlampen, indem er in seiner Katalogauflistung ihre Originalbestellnummern seinen eigenen gegenüberstelle. Diesen Eindruck verstärke er noch dadurch, daß er ihre Marke "H. " blickfangmäßig - in Fettdruck und in der geschützten Schreibweise - hervorhebe.
Die Klägerin hat beantragt,
1. den Beklagten zu verurteilen, es zu unterlassen, in Preislisten , Prospektmaterial und/oder ähnlichen Druckschriften Halogenlampen für H. -OP-Leuchten in der Weise zu bezeichnen, daß den Bestellnummern von He. für die Originallampen für H. -OP-Leuchten die Bestellnummern von K. gegenübergestellt werden, insbesondere wenn dies in der nachfolgend wiedergegebenen Art geschieht :
2. den Beklagten zu verurteilen, der Klägerin Auskunft zu erteilen über den Umfang der unter 1. bezeichneten Handlungen unter Angabe der einzelnen Werbeträger, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet sowie unter Angabe der Adressen der Empfänger von schriftlichen Werbemitteln, die die unter Ziffer 1 bezeichneten Handlungen enthalten; 3. festzustellen, daß der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die unter Ziffer 1 bezeichneten Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird. Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Er hat unter anderem ausgeführt , die Angabe der Bestellnummern der Klägerin in seinem Katalog sei zwingend geboten. Verwechslungen bei der Auswahl der Ersatzlampen für die OP-Leuchten der Klägerin könnten nur bei Verwendung ihrer OriginalBestellnummern sicher ausgeschlossen werden. Die Verwendung falscher OPLampen könne zu Schäden am Leuchtensystem führen, die Schattenbildungen oder einen gänzlichen Ausfall einzelner Lampen zur Folge haben könnten. Beides könne eine erhebliche Gefahr für Gesundheit und Leben des Patienten sein.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.
Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht den Beklagten nach den Klageanträgen verurteilt.
Mit seiner Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat angenommen, daß der Unterlassungsantrag lediglich gegen das Verbot der konkreten Verletzungsform gerichtet sei. Die Antragsformulierung solle nur zum Ausdruck bringen, daß ein Verbot auch ein Verhalten erfassen solle, in dem sich das Charakteristische der Verletzungsform wiederfinde.
Der so verstandene Unterlassungsantrag sei begründet, weil sich der Beklagte ohne sachlich rechtfertigenden Grund und damit in unlauterer Weise an den guten Ruf der Klägerin anlehne, wenn er in seinem Katalog in der aus dem Klageantrag ersichtlichen Weise Speziallampen anderer Hersteller für die OP-Leuchten der Klägerin anbiete. Die Frage, ob es beim Vertrieb von ErsatzLampen für die OP-Leuchten der Klägerin aus Sicherheitsgründen geboten sei, auf die Bestellnummern der Original-Lampen der Klägerin hinzuweisen, könne offenbleiben, da es hier nur um die wettbewerbliche Zulässigkeit der konkret beanstandeten Form der Werbung gehe.
Der Beklagte setze in seinem Katalog seine Ersatzlampen unmittelbar in Beziehung zu den "Originalprodukten" der Klägerin, die seit Jahrzehnten in diesem Bereich führend sei, indem er seine Bestellnummern unmittelbar denen der Klägerin gegenüberstelle. Die damit verbundene Gleichstellung werde durch die Verwendung des Begriffs "Vergleichs-Nr." über der Bestellnummer der Klägerin noch verdeutlicht, weil dadurch der Eindruck erweckt werde, die Produkte seien identisch. Diese Anlehnung verstärke der Beklagte noch dadurch , daß er seine Bestellnummern in der Weise gebildet habe, daß er jeweils die letzten drei Ziffern der Bestellnummern der Klägerin übernommen habe und diesen einen Punkt sowie die Ziffern "05" angefügt habe. Diese Kennzeichnung
vermittle den Eindruck, es handele sich lediglich um eine andere Charge desselben Herstellers.
Neben dem Unterlassungsanspruch seien auch die Ansprüche auf Auskunftserteilung und Feststellung der Schadensersatzpflicht als Folgeansprüche begründet.
II. Die gegen diese Entscheidung gerichtete Revision des Beklagten führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.
1. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, daß der Beklagte den guten Ruf der Klägerin unlauter ausnutze, wenn er wie in seinem "Speziallampenkatalog" die Bestellnummern der Klägerin seinen eigenen gegenüberstelle, kann auf der Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen im Licht der Entwicklung des europäischen Gemeinschaftsrecht nicht aufrechterhalten werden.

a) Der Senat hat inzwischen die Rechtsgrundsätze zur vergleichenden Werbung, auf die sich das Berufungsgericht bei seiner Entscheidung gestützt hat, aufgegeben, soweit diese nicht mit der Richtlinie 97/55/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Oktober 1997 zur Ä nderung der Richtlinie 84/450/EWG über irreführende Werbung zwecks Einbeziehung der vergleichenden Werbung (ABl. Nr. L 290 v . 23.10.1997, S. 18 = GRUR 1998, 117 = WRP 1998, 798) in Einklang stehen. Nach der inzwischen geänderten Rechtsprechung ist vergleichende Werbung zulässig, sofern die in Art. 3a Abs. 1 lit. a bis h der Richtlinie 97/55/EG genannten Voraussetzungen erfüllt sind (BGHZ 138, 55 ff. - Testpreis-Angebot; 139, 378 ff. - Vergleichen Sie; BGH, Urt. v. 23.4.1998 - I ZR 2/96, GRUR 1999, 69 ff. = WRP 1998, 1065 - Preisvergleichsliste II; Urt. v. 25.3.1999 - I ZR 77/97, GRUR 1999, 1100, 1101
= WRP 1999, 1141 - Generika-Werbung). Die genannte Richtlinie ist allerdings bei der Beurteilung der Frage, ob die beanstandete Werbung zum damaligen Zeitpunkt wettbewerbswidrig war, noch nicht unmittelbar anzuwenden. Die Richtlinie war bis zum Ablauf des 23. April 2000 umzusetzen (Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 97/55/EG); dies ist durch das Gesetz zur vergleichenden Werbung und zur Ä nderung wettbewerbsrechtlicher Vorschriften vom 1. September 2000 mit Wirkung vom 14. September 2000 geschehen (Art. 1 Nr. 1 bis 3 und Art. 4 des Gesetzes, BGBl. I S. 1374).

b) Wird unterstellt, daß die angesprochenen Verkehrskreise erkennen, daß die Lampen des Beklagten keine "Originalprodukte" sind (vgl. dazu auch unter 2.), fällt die konkret angegriffene Werbung des Beklagten in seinem "Speziallampenkatalog" unter den Begriff der vergleichenden Werbung (vgl. Art. 2 Nr. 2a der Richtlinie 97/55/EG; BGHZ 138, 55, 59 - Testpreis-Angebot), weil die jeweiligen Bestellnummern einander gegenübergestellt werden und zugleich auf die betreffenden OP-Lampen der Klägerin mit den Bezeichnungen "Vergleichs-Typ" und "Vergleichs-Nr." hingewiesen wird.
Die hier beanstandete Werbung für die OP-Lampen des Beklagten unter Gegenüberstellung seiner eigenen Bestellnummern mit den Original-Bestellnummern der Klägerin kann danach - in Abweichung von der früheren Rechtsprechung (vgl. BGH, Urt. v. 28.3.1996 - I ZR 39/94, GRUR 1996, 781, 784 = WRP 1996, 713 - Verbrauchsmaterialien) - nicht schon mit der Begründung als wettbewerbswidrig angesehen werden, daß für eine Gegenüberstellung der eigenen Bestellnummern des Beklagten mit denen der Klägerin ein sachlich rechtfertigender Anlaß gefehlt habe. Entscheidend ist vielmehr, ob die Voraussetzungen , unter denen bei Anwendung des Art. 3a Abs. 1 der Richtlinie 97/55/EG (vgl. § 2 Abs. 2 UWG n. F.) eine vergleichende Werbung zulässig ist, nicht gegeben waren. Die Frage, ob dies hier der Fall war, kann der Senat auf
der Sachverhaltsgrundlage, von der im Revisionsverfahren auszugehen ist, nicht selbst beurteilen. Den Parteien ist zudem Gelegenheit zu geben, im Hinblick auf die Veränderung der rechtlichen Beurteilung einer vergleichenden Werbung in einem erneuten Berufungsverfahren ergänzend vorzutragen (vgl. auch BGH GRUR 1999, 69, 71 - Preisvergleichsliste II).
2. Die Verurteilung des Beklagten kann auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen auch nicht unter einem anderen rechtlichen Gesichtspunkt, insbesondere als ein Verbot irreführender Werbung (§ 3 UWG a. F.; vgl. § 3 Satz 1 UWG n. F.), Bestand haben.
Das Berufungsgericht hat ausgeführt, daß die konkrete Form der Katalogwerbung des Beklagten die von ihm angebotenen OP-Lampen mit den "Originalprodukten" der Klägerin gleichstelle und den Eindruck erwecke, die Produkte seien identisch, also gleichsam "Originalprodukte". Im gegenwärtigen Verfahrensstand kann offenbleiben, ob diese Feststellung nach den gegebenen Umständen erfahrungswidrig ist, wie die Revision geltend macht. Wird von den Feststellungen des Berufungsgerichts ausgegangen, wäre die angegriffene Werbung jedenfalls eine Irreführung über die Herkunft der angebotenen Produkte. Eine solche Beurteilung ließe sich allerdings mit der vom Berufungsgericht ebenfalls angenommenen Rufanlehnung, die begrifflich voraussetzt, daß der Verkehr die unterschiedliche Herkunft der angebotenen Waren erkennt , nur dann vereinbaren, wenn von einer gespalteten Verkehrsauffassung ausgegangen wird. Dazu hat das Berufungsgericht jedoch keine Feststellungen getroffen.
Eine Irreführung der angesprochenen Verkehrskreise (§ 3 UWG a.F.; vgl. § 3 Satz 1 UWG n. F.) käme auch dann in Betracht, wenn die weitere Annahme des Berufungsgerichts zutreffen sollte, daß die konkrete Art der Wer-
bung geeignet ist, jedenfalls einem relevanten Teil der angesprochenen Verkehrskreise den Eindruck zu vermitteln, es würden Zweitprodukte desselben Herstellers angeboten. Auch diese Beurteilung, die ebenfalls die Annahme einer Irreführung über die Herkunft der beworbenen Waren beinhaltet, ist jedoch mit den weiteren Feststellungen des Berufungsgerichts, insbesondere der Annahme einer anlehnenden Werbung, nicht ohne weiteres in Einklang zu bringen.
Der Senat kann danach die Frage, ob eine Irreführung vorliegt, nicht selbst beurteilen. Bisher fehlen auch Feststellungen dazu, an welche Verkehrskreise sich die beanstandete Werbung gewandt hat; auch ist der "Speziallampenkatalog" des Beklagten, in dem die angegriffene Werbung enthalten war, noch nicht zu den Akten gereicht worden. Im erneuten Berufungsverfahren wird den Parteien zudem Gelegenheit zu geben sein, zum Sachverhalt ergänzend vorzutragen.
3. Weiterhin wird im erneuten Berufungsverfahren die Auslegung des Klageantrags mit den Parteien zu erörtern sein. Abweichend von der Ansicht des Berufungsgerichts spricht der Wortlaut des Unterlassungsantrags nicht für, sondern gegen seine Auslegung, der Antrag richte sich im wesentlichen gegen das konkret beanstandete Verhalten, die Antragsfassung bringe lediglich zum Ausdruck, daß von dem Verbot auch ein Verhalten erfaßt sein solle, in dem sich das Charakteristische der Verletzungsform wiederfinde, auch wenn nicht alle Einzelmerkmale übereinstimmten. Nach dem Wortlaut ihres Unterlassungsantrags hat die Klägerin ein allgemeines Verbot, ihre Bestellnummern eigenen Bestellnummern des Beklagten gegenüberzustellen, verlangt und die konkret beanstandete Art und Weise der Gegenüberstellung der Bestellnummern durch den mit "insbesondere" eingeleiteten Antragsteil lediglich als Minus zu diesem umfassenderen Unterlassungsantrag bezeichnet.
III. Auf die Revision des Beklagten war danach das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Erdmann v. Ungern-Sternberg Starck
Büscher Schaffert