Bundesgerichtshof Urteil, 30. Sept. 2010 - I ZR 39/09

bei uns veröffentlicht am30.09.2010
vorgehend
Landgericht Regensburg, 1 HKO 2449/06, 30.06.2008
Oberlandesgericht Nürnberg, 12 U 1445/08, 04.02.2009

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 39/09 Verkündet am:
30. September 2010
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
CMR Art. 23 Abs. 1 und 3, Art. 29 Abs. 1
Trifft den Frachtführer nach Art. 29 Abs. 1 CMR ein qualifiziertes Verschulden,
kann der Geschädigte ungeachtet der Beschränkungen des Art. 23 CMR Schadensersatz
nach den anwendbaren nationalen Bestimmungen verlangen. Auch
in diesem Fall bleibt es dem Geschädigten unbenommen, seinen Schaden auf
der Grundlage der Art. 17 bis 28 CMR zu berechnen. Wählt er diesen Weg,
bleibt das Haftungssystem der CMR vollständig, also insbesondere einschließlich
der Haftungsbeschränkung nach Art. 23 Abs. 3 CMR, anwendbar.
BGH, Urteil vom 30. September 2010 - I ZR 39/09 - OLG Nürnberg
LG Regensburg
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 15. Juli 2010 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und
die Richter Pokrant, Dr. Schaffert, Dr. Bergmann und Dr. Koch

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Oberlandesgerichts Nürnberg, 12. Zivilsenat, vom 4. Februar 2009 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als über einen Betrag von 77.563,40 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23. Februar 2007 hinaus zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin, Transportversicherer der T. Europe GmbH (im Weiteren : Versenderin), macht gegen das beklagte Transportunternehmen wegen des Verlusts von Transportgut aus abgetretenem und übergegangenem Recht der Versenderin Schadensersatz geltend.
2
Die Versenderin beauftragte die Beklagte im November 2006 zu festen Kosten mit dem Transport von 3.384 Notebooks, die ein Gewicht von 7.979 kg hatten, von ihrer Niederlassung in Regensburg zu einer in Cambiago bei Mailand /Italien ansässigen Empfängerin. Gegenstand des Beförderungsvertrags waren die von der Versenderin aufgestellten "Sicherheitsrichtlinien für den Straßentransport", die unter anderem folgende Regelungen enthielten: 2. Fahrtroute 2.1 Pausen dürfen nur auf gesicherten, beleuchteten und bewachten Parkplätzen durchgeführt werden. Es ist nicht erlaubt, auf "einfachen" Autobahnparkplätzen anzuhalten. 2.3 Das Fahrzeug darf zu keiner Zeit unbeaufsichtigt bleiben. 2.6 Im Falle eines Unfalls oder eines Diebstahls während des Transports ist unverzüglich die nächste Polizeidienststelle zu unterrichten. Der Spediteur informiert in diesen Fällen umgehend T. .
3
Darüber hinaus sagte die Beklagte der Versenderin folgende Sicherheitsmaßnahme zu: Um Ihren Sicherheitsanforderungen … zu entsprechen, fährt der Lkw-Fahrer von Ihrem Werk direkt bis zu uns nach Bozen, wo er auf einem bewachten Parkplatz die vorgeschriebenen Ruhepausen einhält und sodann ohne Unterbrechungen die Abladestelle anfährt.
4
Ein Fahrer der Beklagten übernahm das Gut am 17. November 2006 bei der Versenderin und fuhr zunächst bis zur Zentrale der Beklagten in Bozen. Der Weitertransport erfolgte am 20. November 2006 gegen 4.00 Uhr. Gegen 7.30 Uhr erreichte der Fahrer bei dichtem und daher erheblich verlangsamtem Verkehr die noch etwa zwölf Kilometer vom Zielort entfernte unbewachte Autobahnraststätte "Brembo-Nord", auf der er den beladenen Lkw abstellte. Nach dem Versperren des Führerhauses suchte der Fahrer zunächst die Toilette und anschließend die Bar auf, um dort Kaffee zu trinken. Als er gegen 8.30 Uhr die Fahrt fortsetzen wollte, bemerkte er, dass der Lkw samt Ladung entwendet worden war. Der Diebstahl wurde anschließend - der genaue Zeitpunkt ist streitig - bei der Polizei angezeigt.
5
Nach Ansicht der Klägerin schuldet die Beklagte ihr vollen Schadensersatz , da während der Beförderung des Gutes in mehrfacher Weise gegen die vereinbarten Sicherheitsrichtlinien verstoßen worden sei und der Beklagten zudem im Zusammenhang mit der Durchführung des Transports von ihrer Zentrale in Bozen zur Empfängerin schwerwiegende Organisationsmängel anzulasten seien.
6
Sie hat die Beklagte daher auf Zahlung von 990.929,56 € in Anspruch genommen.
7
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat geltend gemacht, der Fahrer habe wegen plötzlich aufgetretener Magen- und Darmprobleme anhalten und eine Toilette aufsuchen müssen. Anschließend habe er noch kurz einen Kaffee zu sich genommen. Der beladene Lkw sei ordnungsgemäß versperrt und mit einer elektronischen Wegfahrsperre gesichert gewesen. Ein qualifiziertes Verschulden könne ihr nicht vorgeworfen werden.
8
Das Landgericht hat der Klage im beantragten Umfang stattgegeben. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten ist nach Rücknahme der Klage in Höhe von 8.550 € erfolglos geblieben (OLG Nürnberg TranspR 2009, 256).
9
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, erstrebt die Beklagte die Abweisung der Klage, soweit über die Höchstbetragshaftung nach Art. 23 Abs. 3 CMR hinaus zu ihrem Nachteil erkannt worden ist.

Entscheidungsgründe:


10
I. Das Berufungsgericht hat in Übereinstimmung mit dem Landgericht angenommen , dass die Beklagte für den Verlust des Transportgutes gemäß Art. 17 Abs. 1, Art. 29 i.V. mit Art. 3 CMR vollen Schadensersatz schulde. Dazu hat es ausgeführt:
11
Nach Art. 17 Abs. 1 CMR hafte der Frachtführer für den Verlust des Gutes zwischen dem Zeitpunkt der Übernahme und der Ablieferung. Auf die Haftungsbeschränkung gemäß Art. 23 Abs. 3 CMR könne er sich nach Art. 29 Abs. 1 CMR nicht berufen, wenn er den Schaden vorsätzlich oder durch ein Verschulden verursacht habe, das nach deutschem Recht dem Vorsatz gleichstehe. Die Voraussetzungen für einen Wegfall der Haftungsbegrenzung seien im Streitfall erfüllt.
12
Der Fahrer der Beklagten, dessen Handeln sich die Beklagte gemäß Art. 3 i.V. mit Art. 29 Abs. 2 Satz 1 CMR zurechnen lassen müsse, habe mehrfach gegen die vereinbarten Sicherheitsrichtlinien der Versenderin verstoßen.
Die Unterbrechung der Fahrt habe nicht auf einem "gesicherten und bewachten" Parkplatz stattgefunden. Zudem sei das Fahrzeug für etwa eine Stunde unbeaufsichtigt geblieben. Schließlich sei der Diebstahl entgegen der Verpflichtung gemäß Nummer 2.6 der Sicherheitsrichtlinien nicht unverzüglich nach der Entdeckung, sondern erst um 11.57 Uhr - mithin mehr als drei Stunden nach seiner Wahrnehmung - bei der nächsten Polizeidienststelle angezeigt worden. Der Vortrag der Beklagten, die Unterbrechung der Fahrt und das Aufsuchen einer Toilette seien wegen der Magen- und Darmbeschwerden des Fahrers notwendig gewesen, könne die Verstöße gegen die Sicherheitsrichtlinien nicht rechtfertigen. Der Beklagten sei zudem vorzuwerfen, dass sie es versäumt habe , durch geeignete organisatorische Gestaltung des Transports (sei es durch die Einteilung von mehreren Fahrern oder das Mitführen einer Campingtoilette im Lkw) für die Einhaltung ihrer Vertragspflichten zu sorgen. Die bewusst begangenen Verstöße gegen die Vertragspflichten der Beklagten seien besonders schwerwiegend. Insbesondere habe sich der Fahrer der Beklagten mit seinem Verhalten in krasser Weise über die Sicherheitsinteressen der Versenderin hinweggesetzt. Dies rechtfertige - auch wenn die Wegfahrsperre aktiviert gewesen sei - die Annahme einer bewussten Leichtfertigkeit.
13
Da der Beklagten ein vorsatzgleiches Verschulden anzulasten sei, könne sie sich gemäß Art. 29 Abs. 1 CMR nicht auf Haftungsbeschränkungen berufen. Der Umfang des zu ersetzenden Schadens bestimme sich dann grundsätzlich nach den Vorschriften des anzuwendenden nationalen Rechts. Allerdings verliere nur der Frachtführer bei Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 29 Abs. 1 CMR das Recht, sich auf Haftungsbeschränkungen berufen zu können. Dem Geschädigten stehe bei einem qualifizierten Verschulden des Schädigers die Schadensberechnung nach Art. 23 Abs. 1 und 2 CMR offen. Die Haftungsbeschränkungen nach Art. 23 Abs. 3 und 7 CMR fänden dann keine Anwendung, da der in Art. 29 Abs. 1 CMR angeordnete Wegfall von Haftungsbegrenzungen und -befreiungen gerade eine Verbesserung der Position des Geschädigten bezwecke.
14
Auf der Grundlage von Art. 23 Abs. 1 und 2 CMR habe der Klägerin ursprünglich ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 990.929,56 € zugestanden. Allerdings seien 78 der entwendeten Notebooks wieder aufgefunden und an die Versenderin auf deren Verlangen abgeliefert worden. Dadurch habe sich der Schaden um 8.550 € verringert. Dem habe die Klägerin durch Rücknahme der Klage in Höhe des genannten Betrags Rechnung getragen mit der Folge, dass ihr noch ein Ersatzanspruch in Höhe von 982.379,56 € zustehe.
15
II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision der Beklagten führt zur Aufhebung des Berufungsurteils, soweit über einen Betrag von 77.563,40 € nebst Zinsen hinaus zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist.
16
Die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte schulde für den Verlust des Gutes vollen Schadensersatz, weil ihr ein dem Vorsatz gleichstehendes Verschulden (Art. 29 Abs. 1 CMR) anzulasten sei, wird von der Revision ohne Erfolg angegriffen. Die Angriffe der Revision gegen die vom Berufungsgericht vorgenommene Berechnung des der Versenderin entstandenen Schadens sind dagegen begründet.
17
1. Die Revision ist uneingeschränkt zulässig. Das Berufungsgericht hat die Revision zugelassen, ohne im Tenor des angegriffenen Urteils eine Einschränkung hinsichtlich des Umfangs der Zulassung vorzunehmen. In den Gründen hat es dazu ausgeführt, die Frage, ob bei qualifiziertem Verschulden des Frachtführers der Umfang des Schadensersatzanspruchs des Geschädigten auch allein nach den Regelungen in Art. 23 Abs. 1 und 2 CMR - ohne die Haftungsbeschränkung nach Art. 23 Abs. 3 CMR und ohne Rückgriff auf die Regelungen des im Einzelfall ergänzend anzuwendenden nationalen Rechts - bestimmt werden könne, sei in der obergerichtlichen Rechtsprechung zwar bereits erörtert, höchstrichterlich jedoch nicht explizit geklärt.
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Es entspricht zwar der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs , dass sich auch bei uneingeschränkter Zulassung des Rechtsmittels im Entscheidungssatz eine wirksame Beschränkung aus den Entscheidungsgründen ergeben kann (BGHZ 153, 358, 360 f.; BGH, Beschl. v. 14.5.2008 - XII ZB 78/07, NJW 2008, 2351 Tz. 15). Eine Zulassungsbeschränkung kann in solchen Fällen jedoch nur dann angenommen werden, wenn aus den Gründen mit hinreichender Klarheit hervorgeht, dass das Berufungsgericht die Möglichkeit einer Nachprüfung im Revisionsverfahren nur wegen eines abtrennbaren Teils seiner Entscheidung eröffnen wollte (BGH NJW 2008, 2351 Tz. 16; BGH, Urt. v. 26.3.2009 - I ZR 44/06, NJW-RR 2009, 1053 Tz. 21 - Resellervertrag, m.w.N.). Das ist hier nicht der Fall. Das Berufungsgericht hat in den Gründen seines Urteils lediglich das Motiv für seine Zulassungsentscheidung bezeichnet (vgl. BGHZ 90, 318, 320).
19
2. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Beklagte , die zu festen Kosten mit einem grenzüberschreitenden Straßengütertransport beauftragt war, als Frachtführerin der Haftung nach der CMR unterliegt. Danach hat sie für den Verlust von Transportgut während ihrer Obhutszeit gemäß Art. 17 Abs. 1 i.V. mit Art. 3 CMR grundsätzlich Schadensersatz zu leisten. Vollen Schadensersatz - über die Beschränkungen des Art. 23 CMR hinaus - schuldet die Beklagte aber nur dann, wenn die Voraussetzungen des Art. 29 Abs. 1 CMR erfüllt sind. Nach dieser Bestimmung kann sich der Frachtführer nicht auf Haftungsbeschränkungen berufen, wenn er den Schaden vorsätzlich oder durch ein ihm zur Last fallendes Verschulden verursacht hat, das nach dem Recht des angerufenen Gerichts dem Vorsatz gleichsteht. Entspre- chendes gilt, wenn der Schaden durch seine Bediensteten oder Verrichtungsgehilfen verursacht worden ist und diesen ein qualifiziertes Verschulden zur Last fällt (Art. 29 Abs. 2 Satz 1 CMR).
20
Ist der Gütertransportschaden - wie hier - nach dem Inkrafttreten des Transportrechtsreformgesetzes am 1. Juli 1998 eingetreten, so ist bei Anwendbarkeit deutschen Rechts als ein Verschulden, das zur Durchbrechung der Haftungsbegrenzungen der CMR führt, neben dem Vorsatz nicht mehr die grobe Fahrlässigkeit anzusehen, sondern ein leichtfertiges Verhalten erforderlich, zu dem das Bewusstsein hinzukommen muss, dass ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde (BGH, Urt. v. 20.1.2005 - I ZR 95/01, TranspR 2005, 311, 313 = VersR 2006, 814; Urt. v. 6.6.2007 - I ZR 121/04, TranspR 2007, 423 Tz. 15 = VersR 2008, 1134). Hiervon ist auch das Berufungsgericht zutreffend ausgegangen.
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3. Die Beklagte wendet sich nicht mehr gegen ihre grundsätzliche Schadensersatzverpflichtung nach Art. 17 Abs. 1 CMR in Höhe der Haftungsgrenze des Art. 23 Abs. 3 CMR. Danach schuldet die Beklagte für den streitgegenständlichen Verlust Schadensersatz in Höhe von 77.563,40 €.
22
Das abhanden gekommene Transportgut hatte unstreitig ein Rohgewicht von 7.979 kg. Nach Art. 23 Abs. 3 CMR darf die Entschädigung für jedes fehlende Kilogramm des Rohgewichts 8,33 Rechnungseinheiten nicht übersteigen. Gemäß Art. 23 Abs. 7 Satz 1 CMR ist die Rechnungseinheit das Sonderziehungsrecht des Internationalen Währungsfonds. Der geschuldete Schadensersatzbetrag ist nach Art. 23 Abs. 7 Satz 2 CMR in die Landeswährung des Staates des angerufenen Gerichts umzurechnen, wobei der Umrechnung der Wert der betreffenden Währung am Tag des Urteils - hier des Berufungsurteils - zugrunde zu legen ist. Dieses wurde am 4. Februar 2009 verkündet. An diesem Tag betrug der Wert eines Sonderziehungsrechts 1,16698 €. Somit beläuft sich die Höchsthaftung der Beklagten gemäß Art. 23 Abs. 3 CMR auf einen Betrag von 77.563,40 €.
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4. Ohne Erfolg wendet sich die Revision dagegen, dass das Berufungsgericht im Streitfall die Voraussetzungen für das Vorliegen einer bewussten Leichtfertigkeit und damit für eine unbeschränkte Haftung der Beklagten bejaht hat. Entgegen der Auffassung der Revision hat das Berufungsgericht jedenfalls mit Recht dem Fahrer, dessen Verhalten sich die Beklagte gemäß Art. 29 Abs. 2 Satz 1 i.V. mit Art. 3 CMR zurechnen lassen muss, ein bewusst leichtfertiges Handeln angelastet. Auf die zwischen den Parteien umstrittene - und vom Berufungsgericht bejahte - Frage, ob auch der Beklagten selbst ein qualifiziertes Verschulden vorzuwerfen ist, kommt es danach nicht an.
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a) Das Tatbestandsmerkmal der Leichtfertigkeit erfordert einen besonders schweren Pflichtenverstoß, bei dem sich der Frachtführer oder seine "Leute" in krasser Weise über die Sicherheitsinteressen des Vertragspartners hinwegsetzen. Das subjektive Erfordernis des Bewusstseins von der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts ist eine sich dem Handelnden aus seinem leichtfertigen Verhalten aufdrängende Erkenntnis, es werde wahrscheinlich ein Schaden entstehen. Eine solche Erkenntnis als innere Tatsache ist dann anzunehmen , wenn das leichtfertige Verhalten nach seinem Inhalt und nach den Umständen , unter denen es aufgetreten ist, diese Folgerung rechtfertigt (BGHZ 158, 322, 328 f.; BGH TranspR 2007, 423 Tz. 17 m.w.N.).
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b) Die tatrichterliche Beurteilung der Frage, ob eine bewusste Leichtfertigkeit vorliegt, kann das Revisionsgericht nur in eingeschränktem Maße nachprüfen. Die Prüfung muss sich darauf beschränken, ob der Tatrichter den Rechtsgriff der bewussten Leichtfertigkeit verkannt hat oder ob Verstöße gegen § 286 ZPO, gegen die Denkgesetze oder gegen Erfahrungssätze vorliegen (BGHZ 158, 322, 327; BGH TranspR 2007, 423 Tz. 18). Solche Rechtsfehler sind hier nicht gegeben. Das Berufungsgericht hat auf der Grundlage des unstreitigen Sachverhalts rechtsfehlerfrei einen besonders schweren Pflichtenverstoß des Fahrers der Beklagten angenommen, der den Schluss auf ein qualifiziertes Verschulden i.S. von Art. 29 Abs. 1 CMR i.V. mit § 435 HGB zulässt.
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aa) Die Revision rügt, das Berufungsgericht hätte berücksichtigen müssen , dass das Gut auf dem stark frequentierten und durch Kameras überwachten Gelände tagsüber allenfalls durch Entwendung des gesamten Lkws habe gestohlen werden können. Ein Fahrer, der eine sichere und ohne den Schlüsselcode nicht zu entriegelnde Wegfahrsperre aktiviere, handele zudem nicht in dem Bewusstsein, dass der Schaden wahrscheinlich eintreten werde, wenn er eine Pause von einer Stunde mache und hierbei die Toilette aufsuche und anschließend einen Kaffee trinke. Gerade die große Sicherheit, die das Sicherheitssystem des eingesetzten Lkw biete, spreche gegen ein bewusst leichtfertiges Verhalten des Fahrers. Ein bewusster Verstoß gegen eine der Sicherung des Transportgutes dienende vertragliche Verpflichtung rechtfertige für sich allein nicht die Annahme eines qualifizierten Verschuldens i.S. von Art. 29 Abs. 1 CMR i.V. mit § 435 HGB. Nur dann, wenn die Gefahr eines Diebstahls derart groß gewesen sein sollte, dass selbst angesichts der Erkrankung des Fahrers eine Unterbrechung der Fahrt von einer Stunde völlig unvernünftig erschienen wäre, hätte das Berufungsgericht ein bewusst leichtfertiges Handeln des Fahrers annehmen dürfen.
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bb) Dieses Vorbringen verhilft der Revision nicht zum Erfolg. Entgegen der Ansicht der Revision hat das Berufungsgericht den Begriff der bewussten Leichtfertigkeit nicht verkannt und auch nicht zu geringe Anforderungen an das Vorliegen eines qualifizierten Verschuldens gestellt.

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Nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts hat der Fahrer der Beklagten in mehrfacher Weise gegen die vertraglich vereinbarten und der Sicherung des Transportgutes dienenden Sicherheitsrichtlinien der Versenderin verstoßen. Unstreitig wurde die Fahrt nicht auf einem "gesicherten und bewachten" Parkplatz unterbrochen (Verstoß gegen Nummer 2.1 der Sicherheitsrichtlinien). Das Fahrzeug wurde zudem für etwa eine Stunde unbeaufsichtigt gelassen, was einen Verstoß gegen Nummer 2.3 der Sicherheitsrichtlinien darstellt. Schließlich hat der Fahrer den Diebstahl entgegen der Verpflichtung gemäß Nummer 2.6 der Richtlinien nicht unverzüglich nach dessen Wahrnehmung, sondern erst mehr als drei Stunden nach der Entdeckung bei der nächsten Polizeidienststelle angezeigt.
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Dieses der Beklagten zuzurechnende Verhalten des Fahrers hat das Berufungsgericht mit Recht für die Annahme eines qualifizierten Verschuldens ausreichen lassen. Es hat dabei entgegen der Ansicht der Revision den Vortrag der Beklagten als wahr unterstellt, dass der Fahrer die Fahrt wegen plötzlich aufgetretener Magen- und Darmbeschwerden habe unterbrechen müssen, dass er das Führerhaus ordnungsgemäß verschlossen und die elektronische Wegfahrsperre aktiviert habe.
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cc) Die vertragliche Vereinbarung der von der Versenderin aufgestellten "Sicherheitsrichtlinien für den Straßentransport" diente ersichtlich der Sicherung des besonders diebstahlgefährdeten Transportgutes (Notebooks), das zudem einen hohen Wert hatte. Dies war auch für die Beklagte und den von ihr eingesetzten Fahrer ohne weiteres erkennbar.
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Unter diesen Umständen rechtfertigt bereits der vorsätzliche Verstoß des Fahrers gegen die Nummern 2.1 und 2.3 der Sicherheitsrichtlinien für sich allein die Haftung aus Art. 29 Abs. 1 i.V. mit Art. 3 CMR (vgl. BGH TranspR 2005, 311, 314). Eine andere Beurteilung käme nur dann in Betracht, wenn der Fahrer nach dem Besuch der Toilette unverzüglich zu dem beladenen Lkw zurückgekehrt wäre und die Fahrt fortgesetzt hätte. Das Transportfahrzeug wäre dann wesentlich kürzer als eine Stunde unbeaufsichtigt geblieben. Die für das Aufsuchen der Toilette benötigte Zeit hätte kaum genügt, ein ordnungsgemäß verschlossenes und mit einer elektronischen Wegfahrsperre gesichertes Transportfahrzeug zu entwenden. Jedenfalls, hat sich die Gefahr eines Diebstahls dadurch, dass der Fahrer den beladenen Lkw entgegen der Nummer 2.3 der Sicherheitsrichtlinien ohne rechtfertigenden Grund etwa eine Stunde unbeaufsichtigt gelassen hat, wesentlich erhöht.
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dd) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass Art. 29 Abs. 1 CMR ein qualifiziertes Verschulden nur hinsichtlich des die Haftung begründenden Tatbestands voraussetzt (BGH TranspR 2005, 311, 314). Ist danach von einem qualifizierten Verschulden i.S. von Art. 29 Abs. 1 CMR auszugehen , das seiner Art nach als Schadensursache ernsthaft in Betracht kommt, so obliegt es dem beklagten Frachtführer, im Prozess solche Umstände vorzutragen und gegebenenfalls zu beweisen, die gegen die Kausalität des festgestellten Sorgfaltsverstoßes sprechen (vgl. BGH, Urt. v. 16.7.1998 - I ZR 44/96, TranspR 1999, 19, 22 f.; BGH TranspR 2005, 311, 314; Thume in Fremuth/Thume, Frachtrecht, Art. 29 CMR Rdn. 29; Koller, Transportrecht, 7. Aufl., Art. 29 CMR Rdn. 7 a.E.). Durch diese Verteilung der Darlegungs- und Beweislast wird der Frachtführer aufgrund seiner besonderen Sachnähe zum eingetretenen Schaden nicht in unzumutbarer Weise belastet (BGH TranspR 1999, 19, 23; TranspR 2005, 311, 314).
33
Diese Grundsätze hat das Berufungsgericht im Streitfall rechtsfehlerfrei angewandt. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hatte die aus- drückliche Vereinbarung der von der Versenderin aufgestellten "Sicherheitsrichtlinien für den Straßentransport" den auch für die Beklagte erkennbaren Sinn, den gerade im Italiengeschäft häufiger vorkommenden Ladungsverlusten infolge eines Diebstahls entgegenzuwirken. Mit Recht hat das Berufungsgericht in der etwa einstündigen Abwesenheit des Fahrers, die sich mit der Notwendigkeit , die Toilette aufzusuchen, nicht rechtfertigen lässt, einen Umstand gesehen , der als Ursache für den Diebstahl des Lkw und damit für den Transportgutverlust ernsthaft in Betracht kommt. Bei einem vorsätzlichen Verstoß gegen die ausdrückliche Vereinbarung, das Transportfahrzeug zu keiner Zeit unbeaufsichtigt zu lassen, spricht eine Vermutung dafür, dass diese Vertragsverletzung gefahrerhöhend und damit kausal für den eingetretenen Verlust gewesen ist und dass dem Frachtführer und dem eingesetzten Fahrer dies auch bewusst war. In einem solchen Fall obliegt es dem Frachtführer, Umstände vorzutragen und gegebenenfalls zu beweisen, die gegen die Kausalität des festgestellten Fehlverhaltens sprechen (BGH TranspR 1999, 19, 22 f.; TranspR 2005, 311, 314). Nach den ebenfalls unangegriffen gebliebenen Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Beklagte derartige Umstände nicht vorgetragen.
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c) Ohne Erfolg bleibt auch die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe das Verfahrensgrundrecht der Beklagten aus Art. 103 Abs. 1 GG verletzt, weil es die von der Beklagten benannten Zeugen V. (Fahrer des entwendeten Lkws) und R. (Mitarbeiter der Beklagten) nicht vernommen habe.
35
Nach dem Vorbringen der Revision hätte der Zeuge V. bestätigt, dass die Fahrtunterbrechung wegen einer plötzlich aufgetretenen Magen- und Darmerkrankung notwendig gewesen sei, dass er das Fahrzeug verschlossen, die Schlüssel abgezogen und die elektronische Wegfahrsperre eingeschaltet habe. Zu diesem Vortrag der Beklagten brauchte der Zeuge nicht vernommen zu werden. Entgegen der Ansicht der Revision hat das Berufungsgericht die unter Be- weis gestellten Behauptungen der Beklagten seiner Entscheidung als wahr zugrunde gelegt. Dies ergibt sich mit hinreichender Deutlichkeit aus dem Zusammenhang der Entscheidungsgründe unter B I 3 im angefochtenen Urteil.
36
Der Vernehmung des Zeugen R. bedurfte es ebenfalls nicht, weil die in sein Wissen gestellten Tatsachen - der Fahrer V. sei seit dem 1. September 2003 bei der Beklagten beschäftigt gewesen, während der gesamten Tätigkeit habe es keinerlei Anzeichen für seine Unzuverlässigkeit gegeben - aus der Sicht des Berufungsgerichts für die Entscheidung nicht erheblich waren. Der von der Revision gerügte Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG liegt danach nicht vor.
37
5. Mit Erfolg wendet sich die Revision aber gegen die Annahme des Berufungsgerichts , die Klägerin könne den der Versenderin entstandenen Schaden auf der Grundlage von Art. 23 Abs. 1 und 2 CMR berechnen, ohne dabei auf die Haftungshöchstsumme gemäß Art. 23 Abs. 3 und 7 CMR begrenzt zu sein.
38
a) Der Umfang des zu ersetzenden Schadens bestimmt sich im Fall des Art. 29 Abs. 1 CMR grundsätzlich nach dem jeweils anwendbaren nationalen Recht (BGH, Urt. v. 15.10.1998 - I ZR 111/96, TranspR 1999, 102, 105 = VersR 1999, 646; BGH TranspR 2005, 311, 314). Das Berufungsgericht hat keine Feststellungen zu der Frage getroffen, welchem nationalen Recht der streitgegenständliche Beförderungsvertrag unterliegt. Nach Ansicht der Revision kommt auf das Vertragsverhältnis zwischen der Versenderin und der Beklagten italienisches Recht zur Anwendung. Hierfür könnte - sofern die Versenderin und die Beklagte keine Rechtswahl nach Art. 27 Abs. 1 Satz 1 EGBGB a.F. getroffen haben - die Vorschrift des Art. 28 Abs. 4 EGBGB a.F. sprechen, wonach bei Güterbeförderungsverträgen vermutet wird, dass sie mit dem Staat die engsten Verbindungen aufweisen, in dem der Beförderer im Zeitpunkt des Vertragsschlusses seine Hauptniederlassung hat, sofern sich in diesem Staat auch der Entladeort befindet. Die Hauptniederlassung der Beklagten befindet sich in Bozen /Italien. Das Gut sollte auch in Italien (Cambiago) entladen werden. Die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 4 EGBGB a.F. sind danach grundsätzlich erfüllt. Es ist auch nicht ersichtlich, dass das Vertragsverhältnis zu einem anderen Staat eine engere Verbindung aufweist (Art. 28 Abs. 5 EGBGB a.F.).
39
Bei Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 29 Abs. 1 CMR ist es dem Geschädigten allerdings unbenommen, seinen Schaden auch auf der Grundlage der Art. 17 bis 28 CMR zu berechnen, da in einem solchen Fall allein der Frachtführer das Recht verliert, sich auf Bestimmungen zu berufen, die seine Haftung ausschließen oder begrenzen oder die Beweislast zu seinen Gunsten umkehren. Die Ansprüche des Geschädigten bleiben von der Regelung des Art. 29 Abs. 1 CMR unberührt. Er kann Schadensersatz immer auch in der Höhe verlangen, in der er ihn ohne ein qualifiziertes Verschulden des Frachtführers beanspruchen könnte (BGH, Urt. v. 3.3.2005 - I ZR 134/02, TranspR 2005, 253, 254 = VersR 2005, 1577).
40
b) Hiervon ist auch das Berufungsgericht ausgegangen. Es hat jedoch angenommen, der Geschädigte könne unter den Voraussetzungen des Art. 29 Abs. 1 CMR auch auf der Grundlage von Art. 23 Abs. 1 und 2 CMR Ersatz verlangen. Eine Beschränkung des Ersatzanspruchs durch Art. 23 Abs. 3 und 7 CMR hat das Berufungsgericht verneint, weil dies dem mit Art. 29 Abs. 1 CMR verfolgten Zweck, die Position des Geschädigten zu verbessern, widerspräche. Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
41
c) Die Frage, ob der Geschädigte seinen Ersatzanspruch wegen Verlustes von Transportgut bei Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 29 Abs. 1 CMR auf der Grundlage von Art. 23 Abs. 1 und 2 CMR berechnen kann, ohne dabei der Haftungsbegrenzung gemäß Art. 23 Abs. 3 CMR zu unterliegen, wird in der Rechtsprechung und im Schrifttum unterschiedlich beurteilt.
42
aa) Die Ansicht, die eine Beschränkung des Wertersatzanspruchs gemäß Art. 23 Abs. 1 und 2 CMR durch Art. 23 Abs. 3 und 7 CMR verneint, führt zur Begründung im Wesentlichen an, dass der in Art. 29 Abs. 1 CMR angeordnete Wegfall von Haftungsbeschränkungen und -befreiungen gerade eine Verbesserung der Position des Geschädigten bezwecke. Dieser Zielsetzung widerspräche es, wenn der Geschädigte gezwungen wäre, seinen Schaden auch dann nach den §§ 249 ff. BGB zu berechnen, wenn die Berechnung gemäß Art. 23 Abs. 1 und 2 CMR zu einem für ihn günstigeren Ergebnis führte (OLG Stuttgart TranspR 2002, 23, zu der dem Art. 23 Abs. 1 CMR nachgebildeten Vorschrift des § 429 Abs. 1 HGB; OLG Düsseldorf TranspR 2003, 343, 347; Koller aaO Art. 29 CMR Rdn. 10 a.E.; Harms in Thume, Kommentar zur CMR, 2. Aufl., Art. 29 Rdn. 71; wohl auch Bahnsen in Ebenroth/Boujong/Jost/Strohn, HGB, 2. Aufl., Art. 29 CMR Rdn. 51 i.V. mit Fn. 147; MünchKomm.HGB/Jesser-Huß, 2. Aufl., Art. 29 CMR Rdn. 35 i.V. mit Fn. 240).
43
bb) Die eine Beschränkung des Wertersatzanspruchs durch Art. 23 Abs. 3 und 7 CMR befürwortende Auffassung verweist demgegenüber hauptsächlich darauf, dass die CMR ein einheitliches, in sich geschlossenes Haftungsgefüge enthalte, das zwischen einer Haftung wegen qualifizierten Verschuldens und einer reinen Obhutshaftung unterscheide. Der Anspruchsberechtigte müsse, wenn er seinen Ersatzanspruch auf der Grundlage von Art. 23 Abs. 1 und 2 CMR berechne, auch die Haftungsbegrenzung des Art. 23 Abs. 3 CMR akzeptieren, die nicht durch Art. 29 Abs. 1 CMR überwunden werden könne (vgl. Thume, TranspR 2008, 78 ff.; P. Schmidt, TranspR 2009, 1, 2; MünchKomm.HGB/Herber aaO § 435 Rdn. 27, zu den Art. 23 Abs. 1 und 3 CMR nachgebildeten Vorschriften § 429 Abs. 1, § 431 Abs. 1 HGB; Oetker/ Paschke, HGB, § 435 Rdn. 12, ebenfalls zu § 429 Abs. 1 und § 431 Abs. 1 HGB; siehe auch MünchKomm.HGB/Freise aaO Art. 36 CIM Rdn. 6).
44
cc) Der Senat schließt sich der letzten Auffassung an.
45
(1) Nach Art. 29 Abs. 1 CMR kann sich der Frachtführer auf die Bestimmungen des Kapitels IV der CMR, "die seine Haftung ausschließen oder begrenzen oder die Beweislast umkehren", nicht berufen, wenn er den Schaden vorsätzlich oder durch ihm ein zur Last fallendes Verschulden verursacht hat, das nach dem Recht des angerufenen Gerichts dem Vorsatz gleichsteht. Damit sind alle Bestimmungen der Art. 17 bis 28 CMR, die einen Haftungsausschluss, eine Haftungsbegrenzung oder eine Umkehr der Beweislast anordnen, insbesondere Art. 17 Abs. 2 bis 5, Art. 18, 23 und 25 CMR, gemeint (Koller aaO Art. 29 CMR Rdn. 8; MünchKomm.HGB/Jesser-Huß aaO Art. 29 CMR Rdn. 32,

34).


46
(2) Die Bestimmung des Art. 23 CMR enthält nicht nur in ihrem Absatz 3, sondern - mittelbar - auch in Absatz 1 und 2 eine Haftungsbegrenzung. Nach Art. 23 Abs. 1 CMR wird die zu leistende Entschädigung nach dem Wert des Gutes am Ort und zur Zeit der Übernahme zur Beförderung berechnet. Gemäß Art. 23 Abs. 2 CMR bestimmt sich der Wert des Gutes nach dem Börsenpreis, mangels eines solchen nach dem Marktpreis oder mangels beider nach dem gemeinen Wert von Gütern gleicher Art und Beschaffenheit. Der nach Art. 23 Abs. 1 und 2 CMR geschuldete Wertersatz hat eine abstrakte und pauschalierte Entschädigung für den eingetretenen Sachschaden zum Gegenstand. Er dient der vereinfachten Schadensabwicklung (Boesche in Ebenroth/Boujong/Jost/ Strohn aaO Art. 23 CMR Rdn. 3; Thume, TranspR 2008, 78, 80). Zwar kann der Anspruchsberechtigte den Schaden auf der einen Seite nach dem Börsen- oder Marktpreis oder nach dem gemeinen Wert des Gutes berechnen, der in der Regel über dem Preis liegen wird, den er für die Wiederbeschaffung der Ware aufwenden müsste. Auf der anderen Seite gewährt Art. 23 Abs. 1 CMR keinen Ersatz weiterer Vermögensschäden, insbesondere wegen entgangenen Gewinns oder weiterer Güterfolgeschäden. Die in Art. 23 Abs. 1 und 2 CMR enthaltenen Regelungen sind daher als - jedenfalls mittelbare - Haftungsbeschränkungen anzusehen (Koller aaO Art. 29 CMR Rdn. 8; MünchKomm.HGB/JesseHuß aaO Art. 29 CMR Rdn. 35).
47
Eine direkte Haftungsbegrenzung ist darüber hinaus in Art. 23 Abs. 3 CMR vorgesehen. Nach dieser Vorschrift darf die Entschädigung 8,33 Sonderziehungsrechte für jedes fehlende Kilogramm des Rohgewichts nicht überschreiten. Diese Haftungshöchstgrenze dient im Rahmen der Regelhaftung dem Schutz des Frachtführers vor wirtschaftlich unzumutbarer Inanspruchnahme (BGHZ 79, 302, 304).
48
(3) Macht der Anspruchsberechtigte von seinem Wahlrecht in der Weise Gebrauch, dass er nicht Schadensersatz wegen qualifizierten Verschuldens des Frachtführers nach Art. 29 Abs. 1 CMR i.V. mit den §§ 249 ff. BGB verlangt, sondern Wertersatz gemäß Art. 23 Abs. 1 und 2 CMR beansprucht, so muss er alle in Art. 23 CMR vorgesehenen Haftungsbegrenzungen gegen sich gelten lassen. Er kann sich nicht allein die Wertbestimmung zunutze machen und die zweite Haftungsbegrenzung wegfallen lassen. Denn der Wertersatz gemäß Art. 23 Abs. 1 und 2 CMR und die Haftungshöchstsumme nach Art. 23 Abs. 3 CMR bilden ein einheitliches Haftungsbegrenzungssystem (Thume, TranspR 2008, 78, 81; P. Schmidt, TranspR 2009, 1, 2).
49
6. Das Berufungsgericht kann danach keinen Bestand haben, soweit die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung eines über 77.563,40 € zuzüglich Zinsen hinausgehenden Betrages bestätigt worden ist.
50
III. Das Berufungsgericht hat - aus seiner Sicht folgerichtig - keine Feststellungen dazu getroffen, in welcher Höhe der Klägerin nach dem im Fall des Art. 29 Abs. 1 CMR ergänzend anwendbaren nationalen Recht wegen des streitgegenständlichen Verlusts von Transportgut ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte zusteht. Im Umfang der Aufhebung ist die Sache daher zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Bornkamm Pokrant Schaffert
Bergmann Koch
Vorinstanzen:
LG Regensburg, Entscheidung vom 30.06.2008 - 1 HKO 2449/06 -
OLG Nürnberg, Entscheidung vom 04.02.2009 - 12 U 1445/08 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 30. Sept. 2010 - I ZR 39/09

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Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Zivilprozessordnung - ZPO | § 286 Freie Beweiswürdigung


(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei.
Bundesgerichtshof Urteil, 30. Sept. 2010 - I ZR 39/09 zitiert 8 §§.

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Handelsgesetzbuch - HGB | § 435 Wegfall der Haftungsbefreiungen und -begrenzungen


Die in diesem Unterabschnitt und im Frachtvertrag vorgesehenen Haftungsbefreiungen und Haftungsbegrenzungen gelten nicht, wenn der Schaden auf eine Handlung oder Unterlassung zurückzuführen ist, die der Frachtführer oder eine in § 428 genannte Person

Handelsgesetzbuch - HGB | § 429 Wertersatz


(1) Hat der Frachtführer für gänzlichen oder teilweisen Verlust des Gutes Schadenersatz zu leisten, so ist der Wert am Ort und zur Zeit der Übernahme zur Beförderung zu ersetzen. (2) Bei Beschädigung des Gutes ist der Unterschied zwischen dem Wer

Handelsgesetzbuch - HGB | § 431 Haftungshöchstbetrag


(1) Die nach den §§ 429 und 430 zu leistende Entschädigung wegen Verlust oder Beschädigung ist auf einen Betrag von 8,33 Rechnungseinheiten für jedes Kilogramm des Rohgewichts des Gutes begrenzt. (2) Besteht das Gut aus mehreren Frachtstücken (Se

Referenzen - Urteile

Bundesgerichtshof Urteil, 30. Sept. 2010 - I ZR 39/09 zitiert oder wird zitiert von 11 Urteil(en).

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Bundesgerichtshof Urteil, 06. Juni 2007 - I ZR 121/04

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 121/04 Verkündet am: 6. Juni 2007 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ : nein BGHR

Bundesgerichtshof Beschluss, 14. Mai 2008 - XII ZB 78/07

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XII ZB 78/07 vom 14. Mai 2008 in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO §§ 621 e Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, 543 Abs. 2 Satz 1 Auch wenn der Tenor der angefochtenen Entscheidung keine Einschränk

Bundesgerichtshof Urteil, 20. Jan. 2005 - I ZR 95/01

bei uns veröffentlicht am 20.01.2005

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 95/01 Verkündet am: 20. Januar 2005 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Bundesgerichtshof Urteil, 03. März 2005 - I ZR 134/02

bei uns veröffentlicht am 03.03.2005

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 134/02 Verkündet am: 3. März 2005 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ : nein BGHR
7 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 30. Sept. 2010 - I ZR 39/09.

Bundesgerichtshof Urteil, 13. Dez. 2012 - I ZR 236/11

bei uns veröffentlicht am 13.12.2012

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 236/11 Verkündet am: 13. Dezember 2012 Bürk Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein B

Bundesgerichtshof Urteil, 13. Sept. 2012 - I ZR 14/11

bei uns veröffentlicht am 13.09.2012

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 14/11 Verkündet am: 13. September 2012 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein

Bundesgerichtshof Urteil, 08. März 2012 - III ZR 191/11

bei uns veröffentlicht am 08.03.2012

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL III ZR 191/11 Verkündet am: 8. März 2012 F r e i t a g Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja SGB VII § 104

Bundesgerichtshof Urteil, 13. Juni 2012 - I ZR 87/11

bei uns veröffentlicht am 13.06.2012

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 87/11 Verkündet am: 13. Juni 2012 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR

Referenzen

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 78/07
vom
14. Mai 2008
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
ZPO §§ 621 e Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, 543 Abs. 2 Satz 1
Auch wenn der Tenor der angefochtenen Entscheidung keine Einschränkung der
Zulassung des Rechtsmittels zum Bundesgerichtshof enthält, kann sich eine wirksame
Beschränkung der Zulassung aus den Gründen der Entscheidung ergeben (im
Anschluss an Senatsurteile BGHZ 153, 358, 360 f. = FamRZ 2003, 590 f. und vom
12. November 2003 - XII ZR 109/01 - FamRZ 2004, 612; BGH Urteile vom
12. November 2004 - V ZR 42/04 - NJW 2005, 894, 895, vom 17. Juni 2004 - VII ZR
226/04 - NJW 2004, 3264, 3265 und vom 9. März 2000 - III ZR 356/98 - NJW 2000,
1794, 1796).
BGH, Beschluss vom 14. Mai 2008 - XII ZB 78/07 - OLG Düsseldorf
AG Düsseldorf
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 14. Mai 2008 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, den Richter Sprick, die Richterinnen
Weber-Monecke und Dr. Vézina und den Richter Dose

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 2. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 16. April 2007 wird auf Kosten des Antragsgegners verworfen. Beschwerdewert: 2.000 €

Gründe:


I.

1
Die Parteien streiten um den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich.
2
Sie hatten am 8. Juli 1966 die Ehe geschlossen. Auf den Scheidungsantrag des Antragsgegners, der der Antragstellerin am 19. Juli 1989 zugestellt worden war, hatte das Amtsgericht durch rechtskräftiges Urteil vom 3. April 1990 die Ehe der Parteien geschieden und den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich durchgeführt. Zum Ausgleich der Wertdifferenz der Versorgungsanwartschaften der Parteien in der gesetzlichen Rentenversicherung hatte es vom Versicherungskonto des Antragsgegners monatliche Rentenanwartschaften in Höhe von 631,95 DM (vgl. insoweit Berichtigungsbeschluss des Amtsgerichts vom 8. Mai 1990), bezogen auf den 30. Juni 1989, auf das Versi- cherungskonto der Antragstellerin übertragen. Zusätzlich hatte es zum Ausgleich der IBM-Betriebsrente des Antragsgegners gemäß § 3 b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG im Wege des erweiterten Splittings bis zur Höchstgrenze von seinerzeit 63 DM weitere Versorgungsanwartschaften des Antragsgegners in der gesetzlichen Rentenversicherung auf das Versicherungskonto der Antragstellerin übertragen.
3
Die Parteien streiten nunmehr um den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich hinsichtlich des noch nicht ausgeglichenen Teils der Betriebsrente des Antragsgegners. Beide Parteien beziehen inzwischen Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung, der Antragsgegner zusätzlich seine Betriebsrente , die sich zur Zeit auf monatlich 1.919,47 € brutto beläuft. Die Betriebszugehörigkeit des Antragsgegners bei der IBM vom 15. August 1966 bis 31. Dezember 1993 fällt überwiegend in die Ehezeit vom 1. Juli 1966 bis zum 30. Juni 1989.
4
Das Amtsgericht hat den Antragsgegner verurteilt, an die Antragstellerin für die Zeit ab dem 29. März 2005 eine monatliche Ausgleichsrente in Höhe von 587,60 € zu zahlen und einen entsprechenden Teil seiner IBM-Betriebsrente an die Antragstellerin abzutreten. Die Beschwerde des Antragsgegners, mit der er eine Herabsetzung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs auf monatlich 65,35 € begehrte, hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Die unselbständige Anschlussbeschwerde der Antragstellerin, mit der sie beantragt hatte, "den Versorgungsausgleich neu durchzuführen", hat das Oberlandesgericht als unzulässig verworfen, weil sie nicht fristgerecht eingelegt worden sei.
5
Das Oberlandesgericht hat die Rechtsbeschwerde zugelassen, "da hinsichtlich der Frage, ob die Anschließung nach § 524 Abs. 2 Satz 3 ZPO eine nachträgliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse i.S. des § 323 ZPO er- fordert, die Voraussetzungen nach §§ 621 e Abs. 2, 543 Abs. 2 ZPO vorliegen". Mit seiner Rechtsbeschwerde beantragt der Antragsgegner weiterhin eine Herabsetzung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs.

II.

6
Die Rechtsbeschwerde des Antragsgegners ist unzulässig.
7
1. Das Oberlandesgericht hat die Beschwerde des Antragsgegners zurückgewiesen , weil sich bei zutreffender Berechnung sogar ein höherer schuldrechtlicher Versorgungsausgleich ergebe.
8
Der schuldrechtliche Versorgungsausgleich sei auf Antrag der Antragstellerin durchzuführen, da beide Parteien bereits Altersversorgungen bezögen. Auszugleichen sei der Ehezeitanteil der tatsächlich gezahlten Betriebsrente. Dass ein Teil dieser Betriebsrente als freiwillige Leistung der IBM GmbH-Unterstützungskasse gezahlt werde, stehe der Einbeziehung nicht entgegen, da bei einer etwaigen Änderung eine Anpassung der Ausgleichsrente möglich sei. Unter Berücksichtigung der Beschäftigungszeit des Antragsgegners belaufe sich der Ehezeitanteil der Betriebsrente auf 83,5516 %, mithin auf 1.603,75 €. Auszugleichen seien somit insgesamt 801,88 €.
9
Der bereits im öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich ausgeglichene Teil von 63 DM sei nach dem Maßstab der Veränderung des allgemeinen Rentenwerts auf den heutigen Wert von 44,17 € hochzurechnen, so dass noch ein schuldrechtlich auszugleichender Teil der Betriebsrente von (801,88 € - 44,17 € =) 757,71 € verbleibe, der den vom Amtsgericht zugesprochenen Betrag sogar übersteige.
10
Die Anschlussbeschwerde der Antragstellerin hat das Oberlandesgericht als unzulässig verworfen. Sie sei zwar statthaft, wenngleich § 621 e Abs. 1 und 3 ZPO keinen ausdrücklichen Verweis auf die entsprechende Anwendung des § 524 ZPO enthielten. Es entspreche jedoch allgemeiner Auffassung, dass auch im Beschwerdeverfahren nach § 621 e ZPO und auch nach der Neufassung des § 621 e Abs. 3 Satz 2 ZPO ein Anschlussrechtsmittel statthaft sei.
11
Die Anschlussbeschwerde der Antragstellerin sei jedoch unzulässig, weil sie nicht fristgerecht eingelegt worden sei. Nach § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO habe die Anschließung bis zum Ablauf der Beschwerdeerwiderungsfrist zu erfolgen. Diese bis zum 20. April 2006 gesetzte Frist sei durch die am 22. Februar 2007 eingegangene Anschlussbeschwerde nicht gewahrt.
12
Eine spätere Anschließung sei auch nicht nach § 524 Abs. 2 Satz 3 ZPO möglich gewesen. Dabei könne dahinstehen, ob es sich bei der schuldrechtlichen Ausgleichsrente um wiederkehrende Leistungen im Sinne dieser Vorschrift handele. Denn die erweiterte Anschließungsmöglichkeit nach § 524 Abs. 2 Satz 3 ZPO diene allein dem Zweck, dem Rechtsmittelgegner die Möglichkeit zu geben, eine nach Erlass der angefochtenen Entscheidung sich ergebende Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen zur Vermeidung eines Abänderungsverfahrens in das laufende Verfahren einzuführen. Dies folge aus dem Zweck der Vorschrift und dem Hinweis auf § 323 ZPO.
13
Das Oberlandesgericht hat die Rechtsbeschwerde zugelassen, ohne in dem Entscheidungssatz des angegriffenen Beschlusses eine Einschränkung bezüglich des Umfangs der Zulassung zu vermerken. In den Gründen hat es dazu ausgeführt, es lasse die Rechtsbeschwerde zu, weil die Voraussetzungen dafür nach den §§ 621 e Abs. 2, 543 Abs. 2 ZPO hinsichtlich der Frage vorlä- gen, ob die Anschließung nach § 524 Abs. 2 Satz 3 ZPO eine nachträgliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse im Sinne des § 323 ZPO erfordere.
14
2. Die Antragstellerin, deren Anschlussbeschwerde verworfen wurde, hat hiergegen kein Rechtsmittel eingelegt. Die Rechtsbeschwerde des Antragsgegners , mit der er eine Herabsetzung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs begehrt, ist unzulässig.
15
a) Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass sich auch bei uneingeschränkter Zulassung des Rechtsmittels im Tenor eine wirksame Beschränkung aus den Entscheidungsgründen ergeben kann (Senatsurteile BGHZ 153, 358, 360 f. = FamRZ 2003, 590 f. und vom 12. November 2003 - XII ZR 109/01 - FamRZ 2004, 612; BGH Urteile vom 12. November 2004 - V ZR 42/04 - NJW 2005, 894, 895, vom 17. Juni 2004 - VII ZR 226/04 - NJW 2004, 3264, 3265 und vom 9. März 2000 - III ZR 356/98 - NJW 2000, 1794, 1796).
16
Das bedeutet allerdings nicht, dass stets allein aus der Begründung der Zulassung eine Beschränkung auf den Bereich der mitgeteilten Gründe entnommen werden kann. Eine Zulassungsbeschränkung kann in solchen Fällen vielmehr nur angenommen werden, wenn aus den Gründen mit ausreichender Klarheit hervorgeht, dass das Berufungsgericht die Möglichkeit einer Nachprüfung im Revisions- oder Rechtsbeschwerdeverfahren nur wegen eines abtrennbaren Teils seiner Entscheidung eröffnen wollte (Senatsurteil vom 12. Juli 2000 - XII ZR 159/98 - NJW-RR 2001, 485, 486). Das ist hier allerdings der Fall.
17
b) Den Gründen des angefochtenen Beschlusses ist eindeutig zu entnehmen , dass das Oberlandesgericht die Rechtsbeschwerde nur hinsichtlich der mit der Anschlussbeschwerde begehrten Abänderung des öffentlichrechtlichen Versorgungsausgleichs zugelassen hat. Denn die Zulassungsvor- aussetzungen der §§ 621 e Abs. 2, 543 Abs. 2 ZPO hat das Oberlandesgericht nur hinsichtlich der Frage bejaht, ob die Anschließung nach § 524 Abs. 2 Satz 3 ZPO eine nachträgliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse im Sinne des § 323 ZPO erfordert. Dabei geht es also nur um die rein prozessrechtliche Frage , ob die Anschlussbeschwerde der Antragstellerin zulässig war.
18
Einer Beschränkung der Zulassungsentscheidung des Oberlandesgerichts in diesem Sinne steht auch nicht entgegen, dass die Rechtsbeschwerde insoweit ohnehin statthaft gewesen wäre, weil das Oberlandesgericht die Anschlussbeschwerde der Antragstellerin als unzulässig verworfen hat (§ 621 e Abs. 1, 3 Satz 2 i.V.m. § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO). Der Bundesgerichtshof ist deswegen an die Zulassungsentscheidung nicht gebunden (vgl. Senatsbeschluss vom 7. April 2004 - XII ZR 51/02 - FamRZ 2004, 1023 f.). Zwar ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Rahmen einer Auslegung regelmäßig einem gesetzeskonformen Auslegungsergebnis der Vorzug einzuräumen, was gegen eine Zulassung der schon von Gesetzes wegen zulässigen Rechtsbeschwerde spricht. Dem steht hier aber die eindeutige Begrenzung der Zulassung in den Gründen des angefochtenen Beschlusses entgegen.
19
Hinzu kommt, dass die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung , der Fortbildung des Rechts und der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§§ 621 e Abs. 2 Satz 1 2. Halbs. i.V.m. § 543 Abs. 2 ZPO) hinsichtlich der Entscheidung zum schuldrechtlichen Versorgungsausgleich - auch aus Sicht des Oberlandesgerichts - zweifelsfrei nicht vorlagen. Denn das Oberlandesgericht ist in seiner Entscheidung im Einklang mit der Rechtsprechung des Senats von dem Nominalbetrag der tatsächlich gezahlten Betriebsrente des Antragsgegners ausgegangen (Senatsbeschlüsse BGHZ 172, 177 = FamRZ 2007, 1238, 1239 und vom 25. April 2007 - XII ZB 206/06 - FamRZ 2007, 1084, 1085). Ebenfalls zu Recht und im Einklang mit der Rechtsprechung des Senats hat das Oberlandesgericht den Ehezeitanteil der Betriebsrente unter Berücksichtigung des vorgezogenen Rentenbeginns ermittelt (Senatsbeschluss vom 14. März 2007 - XII ZB 142/06 - FamRZ 2007, 891, 892). Schließlich hat das Beschwerdegericht auch den bereits im Wege des erweiterten Splittings öffentlich -rechtlich ausgeglichenen Teil der Betriebsrente des Antragsgegners im Einklang mit der Rechtsprechung des Senats aktualisiert (Senatsbeschlüsse vom 11. September 2007 - XII ZB 177/04 - FamRZ 2007, 2055, 2056, vom 4. Juli 2007 - XII ZB 5/05 - FamRZ 2007, 1545, 1546 und vom 20. Juni 2007 - XII ZB 50/05 - FamRZ 2007, 1805, 1806 f.).
20
Während das Oberlandesgericht in seiner Beschwerdeentscheidung zum schuldrechtlichen Versorgungsausgleich also lediglich die ständige Rechtsprechung des Senats auf den Einzelfall angewandt hat, betrifft die in den Gründen näher bezeichnete Zulassungsfrage nur die Rechtzeitigkeit der Anschlussbeschwerde , die ihrerseits nur die Abänderung des öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleichs zum Gegenstand hat. Aus den Gründen des angefochtenen Beschlusses ergibt sich deswegen nicht nur eine Begründung der Zulassungsentscheidung , sondern eine eindeutige Beschränkung auf die Anschlussbeschwerde.
21
c) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs setzt eine Beschränkung der Rechtsmittelzulassung allerdings voraus, dass sie sich auf einen abtrennbaren Teil der Klagforderung bezieht, der einem Teilurteil zugänglich gewesen wäre oder auf den das Rechtsmittel hätte beschränkt werden können.
22
aa) Nach § 301 ZPO, an dessen Grundsätzen auch die Beschränkung der Zulassung des Rechtsmittels zu messen ist, ist ein Teilurteil nur zulässig, wenn es über einen aussonderbaren, einer selbständigen Entscheidung zugänglichen Teil des Verfahrensgegenstandes ergeht und der Ausspruch über diesen Teil unabhängig von demjenigen über den restlichen Verfahrensgegenstand getroffen werden kann, so dass die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen ausgeschlossen ist (BGHZ 111, 158, 166 f. = NJW 1990, 1910, 1912 und Senatsurteil vom 25. Oktober 2006 - XII ZR 141/04 - FamRZ 2007, 117 f.).
23
Unzulässig ist es danach, die Zulassung des Rechtsmittels auf einzelne von mehreren Anspruchsgrundlagen oder auf bestimmte Rechtsfragen zu beschränken (BGH Urteil vom 20. Mai 2003 - XI ZR 248/02 - NJW 2003, 2529). Enthält die Entscheidung eine auf eine Rechtsfrage beschränkte Zulassung des Rechtsmittels, ist allerdings zu prüfen, ob sie sich in eine Zulassung hinsichtlich eines Teils des Streitgegenstandes umdeuten lässt. Ist die Rechtsfrage nämlich nur für einen von mehreren Ansprüchen erheblich, kann auch in einem solchen Ausspruch eine Beschränkung des Rechtsmittels auf diesen Anspruch liegen (BGHZ 101, 276, 278 f. = NJW 1987, 2586 f.).
24
bb) Im vorliegenden Fall besteht kein Zweifel daran, dass die Rechtsfrage , wegen der das Oberlandesgericht die Rechtsbeschwerde zugelassen hat, für die Entscheidung über den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich und somit für das Rechtsmittel des Antragsgegners ohne Bedeutung ist.
25
Zwischen den Entscheidungen zum schuldrechtlichen Versorgungsausgleich und dem öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich besteht kein solcher Zusammenhang, der eine gemeinsame Behandlung zur Vermeidung widerstreitender Entscheidungen erfordern könnte. Vielmehr setzt der schuldrechtliche Versorgungsausgleich an dem grundsätzlich nicht öffentlich-rechtlich übertragbaren Nominalbetrag der IBM GmbH-Betriebsrente an und reduziert den Ausgleichsbetrag lediglich um den im Wege des erweiterten Splittings schon öffentlich-rechtlich ausgeglichenen Teil. Der schuldrechtliche Versorgungsausgleich ist deswegen gegenüber dem öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich grundsätzlich subsidiär (Johannsen/Henrich/Hahne Eherecht 4. Aufl. § 1587 f BGB Rdn. 7 f.; Wick Der Versorgungsausgleich 2. Aufl. Rdn. 314). Deswegen können auch etwaige Fehler bei der Durchführung des öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleichs lediglich im Wege der Abänderung nach § 10 a VAHRG und nicht im Rahmen des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs korrigiert werden (Senatsbeschluss vom 28. Oktober 1992 - XII ZB 114/91 - FamRZ 1993, 304, 305).
26
Über den öffentlich-rechtlichen und den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich wird deswegen regelmäßig in getrennten Verfahren entschieden. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde auf eines dieser Verfahren unterliegt somit keinen rechtlichen Bedenken.
27
d) Weil das Oberlandesgericht die Rechtsbeschwerde in zulässiger Weise nur für den von der Antragstellerin mit der - verworfenen - Anschlussbeschwerde verfolgten öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich und nicht für den vom Antragsgegner verfolgten Antrag auf Herabsetzung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs zugelassen hat, ist die Rechtsbeschwerde des Antragsgegners unzulässig.
Hahne Sprick Weber-Monecke Vézina Dose
Vorinstanzen:
AG Düsseldorf, Entscheidung vom 06.12.2005 - 256 F 373/04 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 16.04.2007 - II-2 UF 53/06 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 95/01 Verkündet am:
20. Januar 2005
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: nein
CMR Art. 17, 29;
Im Rahmen einer Haftung nach Art. 17, 29 CMR kann der Spediteur/Frachtführer
nach ergänzend anwendbarem deutschen Schuldrecht dem Absender
entgegenhalten, vor Vertragsschluß nicht auf die Gefahr eines außergewöhnlich
hohen Schadensrisikos hingewiesen worden zu sein.
BGH, Urt. v. 20. Januar 2005 - I ZR 95/01 - OLG Schleswig
LG Lübeck
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 20. Januar 2005 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann
und die Richter Pokrant, Dr. Büscher, Dr. Schaffert und Dr. Bergmann

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 16. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig vom 22. Februar 2001 aufgehoben, soweit zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die frühere Klägerin, über deren Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist (im folgenden: die Klägerin), nimmt durch ihren Insolvenzverwalter die Beklagte wegen des Verlustes von Transportgut auf Schadensersatz in Anspruch.
Die Klägerin beauftragte die Beklagte im Mai 1999 zu einem Festpreis von 5.800 DM damit, ca. zwölf Tonnen Nähmaschinen und anderes technisches Gerät per Lkw von Hamburg zur in Moskau ansässigen Streithelferin der Klägerin zu transportieren. Die Parteien vereinbarten, daß die Beförderung durch einen deutschen Fahrer und mit einem in Deutschland zugelassenen Lkw mit Satellitenüberwachungsanlage erfolgen sollte. Eine gleichlautende Vereinbarung traf die Beklagte auch mit der Firma K. aus L. die , sie mit der Durchführung des Transports beauftragte.
Nach Abschluß des Vertrags übersandte die Klägerin der Beklagten eine als "PROFORMA INVOICE" bezeichnete Rechnung einer H. International Inc. über 38.077 DM; diese Rechnung war an die auch in dem internationalen Frachtbrief als Empfängerin der Ware angegebene Streithelferin der Klägerin gerichtet. Darüber hinaus wies die Klägerin die Beklagte an, die Auslieferung nur gegen Vorlage der Fotokopie einer bestimmten mit ihrem Stempel und einer Unterschrift versehenen Banknote vorzunehmen. Eine entsprechende Weisung war auch Inhalt des Frachtvertrags zwischen der Beklagten und der Firma K. . Ferner übersandte die Klägerin der Frachtführerin eine Skizze mit einem Treffpunkt in Moskau und mehrere Telefonnummern, die der Fahrer nach seiner Ankunft in Moskau anrufen sollte.
Die Firma K. ließ die Ware in Hamburg von einem deutschen Fahrer abholen, der später aber durch einen Fahrer mit litauischer Staatsangehörigkeit ersetzt wurde. Kurz nachdem dieser Fahrer den vereinbarten Treffpunkt in Moskau erreicht hatte, stellten sich ihm, noch bevor er den beabsichtigten Kontakt unter den angegebenen Telefonnummern aufnehmen konnte, zwei Personen als Mitarbeiter der Streithelferin vor und fragten ihn, ob er Näh- und Strickmaschinen geladen habe. In einer später gegenüber den Moskauer Ermittlungsbehörden abgegebenen schriftlichen Einlassung erklärte der Fahrer, auf seine Frage nach der zur Legitimation der Empfängerin dienenden Banknote hätten die beiden Personen ihm erklärt, daß sich diese im Büro befinde und nach der Deklarierung und Zollabwicklung dem Fahrer vorgelegt werde. Entsprechend den Anweisungen der beiden Personen folgte der Fahrer anschließend deren Pkw durch Moskau, bis er aufgefordert wurde anzuhalten und 15 Minuten in seinem Lkw zu warten. Eine der beiden Personen kehrte nach etwa 25 Minuten zurück und forderte den Fahrer auf, alle die Ladung betreffenden Dokumente an sich zu nehmen, den Lkw abzuschließen und zu ihm in den Pkw zu steigen. Dieser Aufforderung kam der Fahrer nach, da er glaubte, erkannt zu haben, daß eine der beiden Personen eine Waffe bei sich trug. Nach einer mehrstündigen Fahrt durch Moskau, während der er den ihm unbekannten Personen zwei Ausfertigungen des Frachtbriefes und eine Kopie der Pro-forma-Rechnung übergab, wurde der Fahrer schließlich abgesetzt. Er ließ sich mit einem Taxi zu seinem Lkw zurückbringen. Dort stellte er fest, daß die Ladung verschwunden war.
Die Klägerin hat behauptet, der Wert der Ladung habe tatsächlich 225.580 US-Dollar (umgerechnet 416.916,95 DM) betragen. Dieser Wert sei bei den Vertragsverhandlungen nicht Gegenstand der Erörterungen gewesen. Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte hafte unbeschränkt, da sie durch den Einsatz des litauischen Fahrers vorsätzlich gegen ihre vertraglichen Pflichten ver-
stoßen habe. Die Beklagte müsse sich zudem das leichtfertige Verhalten des Fahrers zurechnen lassen. Beide Pflichtverstöße seien für den Schadenseintritt ursächlich geworden.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 416.916,95 DM nebst Zinsen zu zahlen.
Die Beklagte ist dem Vorbringen der Klägerin zum Umfang und Wert des übernommenen Gutes entgegengetreten. Darüber hinaus hat sie die Anfechtung des mit der Klägerin geschlossenen Vertrags wegen arglistiger Täuschung über den tatsächlichen Wert der Ladung erklärt. Ein Mitarbeiter der Klägerin habe bei einem Telefonat vor der Auftragserteilung den Wert des zu transportierenden Gutes mit ca. 39.000 DM beziffert. Bei Kenntnis des tatsächlichen Werts der Sendung hätte sie den Vertrag nur gegen eine höhere Vergütung geschlossen, da Transporte in die GUS mit einem 100.000 US-Dollar übersteigenden Warenwert bei ihr bis zur Ankunft am Bestimmungsort mit einem bewaffneten Begleitfahrzeug eskortiert würden. Zumindest sei der Klägerin wegen des unterlassenen Hinweises auf die Gefahr eines besonders hohen Schadens ein Mitverschulden anzulasten.
Das Landgericht hat der Klage nur in Höhe von 38.077 DM nebst Zinsen stattgegeben. Das Berufungsgericht hat dem Klagebegehren in Höhe weiterer 338.360,65 DM nebst Zinsen entsprochen und die von der Beklagten eingelegte Anschlußberufung - mit Ausnahme eines Teils der angefochtenen Zinsentscheidung - zurückgewiesen.
Mit ihrer Revision, deren Zurückweisung die Streithelferin beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf vollständige Abweisung der Klage weiter.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat der Klägerin einen Schadensersatzanspruch in Höhe von 376.437,65 DM nebst Zinsen aus Art. 17 Abs. 1 i.V. mit Art. 29 CMR zuerkannt. Zur Begründung hat es ausgeführt:
Die von der Beklagten erklärte Anfechtung ihrer Vertragserklärung führe nicht zur Nichtigkeit des zwischen den Parteien zu festen Kosten geschlossenen Speditionsvertrags. Es fehle an einer arglistigen Täuschung seitens der Klägerin oder ihrer Streithelferin.
Das für die Streithelferin bestimmt gewesene Transportgut sei nicht an die berechtigte Empfängerin abgeliefert worden. Es stehe nicht fest, daß es sich bei den unbekannten Personen, die dem Fahrer in Moskau Anweisungen gegeben hätten, um Mitarbeiter der Streithelferin gehandelt habe. Die Behauptung der Beklagten, diese Personen hätten dem Fahrer auch die in den Auslieferungsanweisungen genannte Banknote und weitere Unterlagen präsentiert, widerspreche ihrem vorangegangenen Sachvortrag und dem Inhalt der schriftlichen Aussage des Fahrers.
Die Voraussetzungen für eine Haftungsbefreiung nach Art. 17 Abs. 2 CMR lägen nicht vor, da die Beklagte die Unvermeidbarkeit des Warenverlustes nicht nachgewiesen habe. Der Fahrer habe nicht nur die vereinbarte Identitätsprüfung anhand der Banknote, sondern auch eine naheliegende telefonische
Nachfrage bei der Streithelferin unterlassen. Die Beklagte habe zudem einen litauischen Fahrer eingesetzt und im übrigen nicht nachgewiesen, daß es auch bei Befolgung der Auslieferungsanweisungen zum Verlust der Ladung gekommen wäre.
Die Beklagte hafte für den Warenverlust nach Art. 29 CMR unbeschränkt. Zwar könne ein qualifiziertes Verschulden des Fahrers nicht festgestellt werden. Die Beklagte müsse sich jedoch den vorsätzlichen Verstoß der Firma K. gegen die vertragliche Verpflichtung, einen deutschen Fahrer einzusetzen , zurechnen lassen. Der Vorsatz müsse sich - wie allgemein im Haftungsrecht - im Rahmen des Art. 29 CMR nur auf den haftungsbegründenden Tatbestand erstrecken und nicht auch auf den konkret eingetretenen Schaden. Da der vorsätzliche Vertragsverstoß als Ursache für den nachfolgenden Ladungsverlust ernsthaft in Betracht komme, spreche eine von der Beklagten nicht erschütterte Vermutung dafür, daß er für den konkreten Schadenseintritt ursächlich gewesen sei.
Der eingetretene Schaden belaufe sich auf 376.437,65 DM. Die geladenen Güter seien - mit Ausnahme der in der Schadensaufstellung der Klägerin aufgeführten Zubehör- und Ersatzteile - durch die von dem übernehmenden Fahrer unterzeichnete Verladeliste nachgewiesen. Der Wert des abhanden gekommenen Gutes ergebe sich aus den vorgelegten Einkaufsrechnungen.
Ein Mitverschulden wegen der unterlassenen Aufklärung über den tatsächlichen Warenwert sei der Klägerin nicht anzulasten.
II. Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
1. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß die Beklagte als Fixkostenspediteurin i.S. des § 459 HGB der Haftung nach der CMR unterliegt (vgl. BGH, Urt. v. 16.7.1998 - I ZR 44/96, TranspR 1999, 19, 20 f. = VersR 1999, 254 m.w.N.).
2. Ohne Erfolg wendet sich die Revision dagegen, daß das Berufungsgericht eine wirksame Anfechtung des Speditionsvertrages seitens der Beklagten wegen arglistiger Täuschung über den Wert der transportierten Waren verneint hat.

a) Das Berufungsgericht hat angenommen, die Beklagte habe für eine arglistige Täuschung durch Mitarbeiter der Klägerin nicht genügend vorgetragen. Selbst wenn ein Mitarbeiter der Klägerin vor der Auftragserteilung gegenüber der Beklagten einen Warenwert von 39.000 DM genannt oder den Inhalt der Pro-forma-Rechnung gekannt hätte, ergebe sich aus dem Vortrag der Beklagten nicht, daß der Mitarbeiter den tatsächlich höheren Warenwert oder die Unrichtigkeit der Rechnung gekannt habe. Diese von der Revision nicht beanstandete Beurteilung läßt einen Rechtsfehler nicht erkennen.

b) Vergeblich wendet sich die Revision gegen die weitere Annahme des Berufungsgerichts, es fehle auch an einer der Klägerin zuzurechnenden arglistigen Täuschungshandlung ihrer Streithelferin, da diese als "Dritte" i.S. des § 123 Abs. 2 Satz 1 BGB anzusehen sei.
aa) Die Revision meint, die Klägerin müsse sich die unzutreffende Wertangabe ihrer Streithelferin aufgrund hier vorliegender besonderer Umstände billigerweise zurechnen lassen. In einem Fall wie dem vorliegenden bestehe die Besonderheit, daß der Spediteur den tatsächlichen Wert der Ladung regelmäßig nicht beurteilen könne. Mache der Auftraggeber des Spediteurs (hier: die
Streithelferin) unter diesen Umständen gegenüber dem Auftragnehmer falsche Angaben zum Warenwert, täusche er arglistig und benutze den so getäuschten Spediteur (hier: die Klägerin) in mittelbarer Täterschaft als argloses Werkzeug zur weiteren arglistigen Täuschung seiner Geschäftspartner (hier: der Beklagten

).


bb) Dieses Vorbringen rechtfertigt es nicht, die Streithelferin im Verhältnis zur Klägerin nicht als "Dritte" i.S. von § 123 Abs. 2 Satz 1 BGB anzusehen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein am Zustandekommen eines Vertrages Beteiligter dann nicht "Dritter" i.S. der genannten Vorschrift , wenn sein Verhalten dem des Anfechtungsgegners gleichzusetzen ist (vgl. BGH, Urt. v. 9.4.1992 - IX ZR 145/91, NJW-RR 1992, 1005, 1006; Urt. v. 20.11.1995 - II ZR 209/94, NJW 1996, 1051). Dies ist über den Bereich der gesetzlichen oder rechtsgeschäftlichen Vertretung hinaus auch bejaht worden bei einem vom Erklärungsempfänger beauftragten Verhandlungsführer oder -gehilfen (BGHZ 47, 224, 230 f.) sowie bei einem Beteiligten, dessen Verhalten sich der Erklärungsempfänger wegen besonders enger Beziehungen zwischen beiden oder wegen sonstiger besonderer Umstände billigerweise zurechnen lassen muß (vgl. BGH, Urt. v. 1.6.1989 - III ZR 261/87, NJW 1989, 2879, 2880; BGH NJW 1996, 1051).
Auf der Grundlage der unangegriffen gebliebenen Feststellungen des Berufungsgerichts muß sich die Klägerin die unrichtige Wertangabe ihrer Streithelferin nicht zurechnen lassen. Zwischen der Klägerin und ihrer Streithelferin bestand im Zeitpunkt der Vertragsverhandlungen mit der Beklagten keine enge Beziehung. Die Streithelferin ist bei den Verhandlungen im Verhältnis zur Beklagten weder als Verhandlungsführerin noch als Gehilfin der Klägerin tätig geworden. Die Streithelferin war lediglich Auftraggeberin der Klägerin und berechtigte Empfängerin der Ware. Solche gewöhnlichen vertraglichen Beziehungen
zwischen dem Auftraggeber und seinem Auftragnehmer heben den Auftraggeber im Verhältnis des Auftragnehmers zu einem weiteren Auftragnehmer nicht über die Position eines "Dritten" i.S. von § 123 Abs. 2 Satz 1 BGB hinaus.
3. Danach hat die Beklagte gemäß Art. 17 Abs. 1 i.V. mit Art. 3 CMR grundsätzlich Schadensersatz für den Verlust des Transportguts während der Obhutszeit des von ihr beauftragten Frachtführers zu leisten. Eine Haftungsbefreiung gemäß Art. 17 Abs. 2 CMR kommt im Streitfall nicht in Betracht. Unbegrenzten Schadensersatz über die Beschränkung des Art. 23 Abs. 3 CMR hinaus schuldet die Beklagte aber nur dann, wenn die Voraussetzungen des Art. 29 CMR vorliegen. Nach dieser Bestimmung kann sich der Frachtführer nicht auf Haftungsbeschränkungen berufen, wenn er den Schaden vorsätzlich oder durch ein dem Vorsatz gleichstehendes Verschulden verursacht hat. Das Gleiche gilt, wenn seinen Bediensteten oder Verrichtungsgehilfen ein solches qualifiziertes Verschulden zur Last fällt (Art. 29 Abs. 2 Satz 1 CMR). Hiervon ist auch das Berufungsgericht zutreffend ausgegangen.

a) Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Annahme des Berufungsgerichts , im Streitfall seien die Voraussetzungen für eine unbeschränkte Haftung der Beklagten nach Art. 29 CMR gegeben.
Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß für Gütertransportschäden , die - wie hier - nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Neuregelung des Fracht-, Speditions- und Lagerrechts (Transportrechtsreformgesetz - TRG) vom 25. Juni 1998 (BGBl. I S. 1588 ff.) am 1. Juli 1998 eingetreten sind, bei Anwendbarkeit deutschen Rechts als ein Verschulden, das zur Durchbrechung der Haftungsbegrenzungen der CMR führt, neben dem Vorsatz nicht mehr die grobe Fahrlässigkeit anzusehen ist, sondern die Leichtfertigkeit, zu der das Bewußtsein hinzukommen muß, daß ein Schaden mit Wahrscheinlich-
keit eintreten werde (vgl. BGH TranspR 1999, 19, 21; MünchKomm.HGB/ Dubischar, Aktualisierungsband Transportrecht, § 435 HGB Rdn. 1; Thume in: Fremuth/Thume, Transportrecht, Art. 29 CMR Rdn. 4, 19a; Gass in: Ebenroth/ Boujong/Joost, HGB, Art. 29 CMR Rdn. 8; Koller, Transportrecht, 5. Aufl., Art. 29 CMR Rdn. 3a). Die tatrichterliche Beurteilung der Frage, ob ein qualifiziertes Verschulden vorliegt, kann vom Revisionsgericht nur darauf überprüft werden, ob das Berufungsgericht den Rechtsbegriff der bewußten Leichtfertigkeit verkannt hat und ob Verstöße gegen § 286 ZPO, gegen die Denkgesetze oder gegen Erfahrungssätze vorliegen (vgl. BGHZ 145, 170, 186 zu Art. 25 WA 1955; 149, 337, 345; BGH, Urt. v. 13.2.2003 - I ZR 128/00, TranspR 2003, 255, 257 = VersR 2003, 1017 zur groben Fahrlässigkeit).

b) Das Berufungsgericht hat angenommen, hinsichtlich des von der Frachtführerin eingesetzten Fahrers mit litauischer Staatsangehörigkeit sei der Vorwurf eines qualifizierten Verschuldens i.S. des Art. 29 CMR nicht gerechtfertigt , da nicht festgestellt werden könne, daß er das Bewußtsein gehabt habe, ein Schaden werde mit Wahrscheinlichkeit eintreten. Denn der Fahrer dürfte angenommen haben, daß es sich bei den ihm unbekannten Personen, denen er gefolgt sei, um Mitarbeiter der Streithelferin gehandelt habe. Diese ihr günstige Beurteilung nimmt die Revision hin. Rechtsfehler sind insoweit auch nicht ersichtlich.

c) Die weitere Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte hafte jedoch unbeschränkt wegen eines ihr zuzurechnenden vorsätzlichen Verstoßes der Frachtführerin K. gegen die vertragliche Verpflichtung, einen deutschen Fahrer einzusetzen, ist ebenfalls frei von Rechtsfehlern.
aa) Das Berufungsgericht hat im Ausgangspunkt zutreffend einen vorsätzlichen Verstoß der Frachtführerin gegen ihre vertragliche Verpflichtung, ei-
nen deutschen Fahrer einzusetzen, bejaht. Zwischen den Parteien war vereinbart , daß die Beförderung durch einen deutschen Fahrer erfolgen sollte. Eine entsprechende Vereinbarung hat die Beklagte auch mit der von ihr beauftragten Frachtführerin getroffen. Nach den unangegriffen gebliebenen Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Frachtführerin in Kenntnis dieser Vereinbarung den ursprünglich eingesetzten deutschen Fahrer durch einen litauischen Fahrer ersetzt. Das reicht entgegen der Auffassung der Revision für die Annahme eines bewußten Verstoßes gegen die vertragliche Verpflichtung aus. Die Parteien haben damit eine die Sicherung des Transportguts dienende Vereinbarung getroffen. Die Haftung wegen des vorsätzlichen Verstoßes gegen die vertragliche Verpflichtung, einen deutschen Fahrer einzusetzen, hängt nicht davon ab, ob sich durch die Auswahl und den Einsatz des Fahrers mit litauischer Staatsangehörigkeit die Gefahr des Transportgutverlusts erhöht hat. Die vorsätzliche Vertragsverletzung der Frachtführerin muß sich die Beklagte gemäß Art. 3 i.V. mit Art. 29 Abs. 2 CMR zurechnen lassen.
bb) Das Berufungsgericht hat auch mit Recht angenommen, daß dieser vorsätzliche Verstoß schon für sich allein die Haftung aus Art. 29 Abs. 1 CMR rechtfertigt.
Es ist zutreffend davon ausgegangen, daß Art. 29 CMR ein qualifiziertes Verschulden nur in bezug auf den die Haftung begründenden Tatbestand voraussetzt (vgl. BGH, Urt. v. 27.6.1985 - I ZR 40/83, TranspR 1985, 338, 340 = VersR 1985, 1060; BGH TranspR 1999, 19, 22). Ist danach von einem qualifizierten Verschulden i.S. von Art. 29 Abs. 1 CMR auszugehen, das seiner Art nach als Schadensursache ernsthaft in Betracht kommt, so obliegt es der Beklagten , im Prozeß solche Umstände vorzutragen und zu beweisen, die gegen die Kausalität des festgestellten Sorgfaltsverstoßes sprechen (vgl. BGH, Urt. v. 13.4.1989 - I ZR 28/87, TranspR 1989, 327, 328 = VersR 1989, 1066; BGH
TranspR 1999, 19, 22 f.; Fremuth/Thume, Frachtrecht, CMR, Art. 29 Rdn. 29; Koller, Transportrecht, 5. Aufl., Art. 29 CMR Rdn. 7 a.E.). Durch diese Verteilung der Darlegungs- und Beweislast wird der Frachtführer aufgrund seiner besonderen Sachnähe zum eingetretenen Schaden nicht in unzumutbarer Weise belastet (BGH TranspR 1999, 19, 23).
Diese Grundsätze hat das Berufungsgericht im Streitfall rechtsfehlerfrei angewandt. Nach den unangegriffen gebliebenen Feststellungen des Berufungsgerichts hatte die ausdrückliche Vereinbarung, den Transport von einem deutschen Fahrer durchführen zu lassen, den auch für die Frachtführerin erkennbaren Sinn, zusammen mit weiteren Sicherheitsvorkehrungen - Satellitenüberwachung , Anweisung, die Auslieferung des Gutes nur gegen Vorlage einer bestimmten Geldnote mit Stempel und Signatur vorzunehmen, telefonische Kontaktaufnahme mit der Empfängerin - den im Rußlandgeschäft häufiger vorkommenden Ladungsverlusten infolge von "Falschauslieferungen" entgegenzuwirken. Bei einer solchen Fallgestaltung hat das Berufungsgericht mit Recht angenommen, daß es sich bei dem bewußt vorgenommenen Austausch des deutschen gegen einen litauischen Fahrer um einen Sorgfaltsverstoß handelt , der als Ursache für den streitgegenständlichen Transportgutverlust ernsthaft in Betracht kommt. Denn bei einem vorsätzlichen Verstoß gegen die ausdrückliche Vereinbarung, einen deutschen Fahrer für den Transport einzusetzen , spricht eine Vermutung dafür, daß der Austausch des Fahrers gefahrerhöhend und damit kausal für den eingetretenen Verlust gewesen ist und daß dem Frachtführer dies auch bewußt sein mußte. In einem solchen Fall obliegt es dem Frachtführer, Umstände vorzutragen und gegebenenfalls zu beweisen, die gegen die Kausalität seines Fehlverhaltens sprechen (vgl. BGH TranspR 1999, 19, 22 f.). Nach den ebenfalls nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Beklagte derartige Umstände weder vorgetragen noch unter Beweis gestellt.

4. Der Umfang des zu ersetzenden Schadens bestimmt sich im Fall des Art. 29 CMR nach dem jeweils anwendbaren nationalen Recht (BGH, Urt. v. 15.10.1998 - I ZR 111/96, TranspR 1999, 102, 105 = VersR 1999, 646, insoweit in BGHZ 140, 84 nicht abgedruckt; Urt. v. 3.3.2005 - I ZR 134/02, Umdruck S. 6). Danach kommt im Streitfall deutsches Recht zur Anwendung. Insoweit ist in erster Hinsicht an sich die frachtvertragliche Regelung in § 429 Abs. 2 und 3 HGB einschlägig. Da diese hier aber gemäß § 435 HGB nicht anwendbar ist, beurteilt sich der Umfang der Haftung der Beklagten nach den allgemeinen schuldrechtlichen Bestimmungen der §§ 249 ff. BGB (BGH, Urt. v. 3.3.2005 - I ZR 134/02, Umdruck S. 6). Der durch den Verlust des Gutes entstandene Schaden beträgt nach den unbeanstandet gebliebenen Feststellungen des Berufungsgerichts 376.437,65 DM (= 192.469,51 €).
5. Die Revision wendet sich aber mit Erfolg gegen die Annahme des Berufungsgerichts , die Haftung der Beklagten sei nicht durch ein Mitverschulden der Klägerin wegen der unterlassenen Aufklärung über den tatsächlichen Warenwert eingeschränkt.

a) Das Berufungsgericht hat ein Mitverschulden verneint, weil es an einem Verschulden der Klägerin gegen sich selbst fehle. Diese habe davon ausgehen können, daß sich die Beklagte und deren Erfüllungsgehilfen an ihre umfangreichen und aus damaliger Sicht auch ausreichenden Auslieferungsanweisungen halten würden. Aus ihrer Sicht habe daher keine Veranlassung bestanden , zusätzlich auf den von der Pro-forma-Rechnung abweichenden Wert der Ladung hinzuweisen. Die Klägerin habe die Angabe eines niedrigen Warenwerts zudem nachvollziehbar damit begründet, daß die Ladung nur auf diese Weise wirksam vor kriminellen Begehrlichkeiten habe geschützt werden können. Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.


b) Ein der Klägerin gemäß Art. 17 Abs. 5 CMR zuzurechnender Mitverursachungsanteil an dem Verlust des Transportgutes ergibt sich allerdings nicht allein schon daraus, daß diese eine Wertdeklaration unterlassen hat. Es besteht nicht ohne weiteres eine Verpflichtung des Versenders, den Frachtführer, dessen Vergütung sich - jedenfalls in der Regel - nicht nach dem Wert der Sendung , sondern nach deren Gewicht, Umfang und gegebenenfalls nach der Beschaffenheit des Gutes richtet (vgl. BGH, Urt. v. 6.2.1997 - I ZR 202/94, TranspR 1997, 335, 336 = VersR 1997, 1298), auf den tatsächlichen Warenwert hinzuweisen.

c) Das anspruchsmindernde Mitverschulden kann sich aber gemäß § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB daraus ergeben, daß der Geschädigte es unterlassen hat, den Schädiger im Hinblick auf den Wert des Gutes auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die dieser weder kannte noch kennen mußte (vgl. BGHZ 149, 337, 353; BGH, Urt. v. 8.5.2003 - I ZR 234/02, TranspR 2003, 317, 318 = VersR 2003, 1596). Die Obliegenheit zur Warnung hat den Zweck, dem Schädiger Gelegenheit zu geben, geeignete Schadensabwendungsmaßnahmen zu ergreifen (vgl. MünchKomm.BGB /Oetker, 4. Aufl., § 254 Rdn. 73). Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Auftraggeber Kenntnis davon hatte, daß der Frachtführer das Gut mit größerer Sorgfalt behandelt hätte, wenn er den tatsächlichen Wert der Sendung gekannt hätte. Den Auftraggeber trifft vielmehr eine allgemeine Obliegenheit, auf einen außergewöhnlich hohen Schaden hinzuweisen, um seinem Vertragspartner die Möglichkeit zu geben, geeignete Maßnahmen zur Verhinderung eines drohenden Schadens zu ergreifen. Daran wird der Schädiger jedoch gehindert , wenn er über die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens im Unklaren gelassen wird. Da das Unterlassen geeigneter Schadensabwendungsmaßnahmen durch eine Obliegenheitsverletzung des Geschädigten zumindest mit-
verursacht worden sein kann, ist es gerechtfertigt, die Haftung des Schädigers nach § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB einzuschränken.

d) Die Anwendung des § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB ist im Streitfall nicht ausgeschlossen. Unabhängig davon, ob das Haftungssystem des Art. 17 Abs. 1 CMR den Mitverschuldenseinwand nach § 254 BGB wegen unterlassener Angabe des tatsächlichen Warenwerts ausschließt, kann jedenfalls im Rahmen der Haftung nach Art. 29 CMR eingewandt werden, daß der Ersatzberechtigte nicht vor Vertragsschluß auf die Gefahr eines außergewöhnlich hohen Schadens hingewiesen und der Frachtführer deshalb keinen Anlaß sah, besondere Vorsorgemaßnahmen zur Schadensverhinderung zu treffen. Insoweit ist lückenfüllend nationales Recht heranzuziehen (vgl. Koller aaO Art. 29 CMR Rdn. 8). So liegt der Fall hier.
Die Beklagte hat unter Beweisantritt vorgetragen, der die Vertragsverhandlungen auf seiten der Klägerin führende Mitarbeiter habe bei einem Telefonat vor der Auftragserteilung auf Nachfrage der Beklagten ausdrücklich einen Warenwert von 39.000 DM genannt. Transporte in die GUS mit einem - wie von der Klägerin behauptet - 100.000 US-Dollar übersteigenden Warenwert würden bei ihr (gegen Zahlung einer höheren Vergütung) bis zur Ankunft am Bestimmungsort mit einem bewaffneten Begleitfahrzeug eskortiert. Diesem - von der Klägerin bestrittenen - Sachvortrag wird das Berufungsgericht im wiedereröffneten Berufungsverfahren nachzugehen haben. Denn es erscheint nicht von vornherein ausgeschlossen, daß die erheblich zu niedrige Wertangabe die Beklagte von der Ergreifung der von ihr genannten zusätzlichen Sicherungsmaßnahmen abgehalten hat und diese die Gefahr des Verlustes des Transportgutes verringert hätten (vgl. BGH, Urt. v. 21.5.1987 - III ZR 25/86, NJW 1988, 129, 130; Urt. v. 18.1.2001 - I ZR 256/98, TranspR 2001, 369, 372 = VersR 2001, 1134).
Die Klägerin begehrt im Wege der Drittschadensliquidation den Ersatz des ihrer Streithelferin entstandenen Schadens. In einem solchen Fall muß sich der den Schaden des Dritten geltend machende Vertragspartner des Schädigers das Verschulden des Dritten zurechnen lassen (vgl. BGH, Urt. v. 25.11.1971 - VII ZR 37/70, NJW 1972, 289; MünchKomm.BGB/Oetker aaO § 254 Rdn. 132; Staudinger/Schiemann, BGB, Neubearb. 2005, § 254 Rdn. 110). Die Streithelferin der Klägerin kannte den tatsächlichen Warenwert und hätte deshalb darüber aufklären müssen, daß dieser um etwa das Zehnfache höher war als der in der Pro-forma-Rechnung angegebene Betrag von ca. 39.000 DM.
III. Danach war das Berufungsurteil auf die Revision der Beklagten aufzuheben , soweit zu ihrem Nachteil erkannt worden ist. In diesem Umfang war die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Ullmann Pokrant Büscher
Schaffert Bergmann

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 121/04 Verkündet am:
6. Juni 2007
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
CMR Art. 29 Abs. 1
Hat der Frachtführer von der Art des Transportgutes und dessen erheblichem
Wert keine konkrete Kenntnis, so braucht er grundsätzlich nicht von einer besonderen
Diebstahlsgefahr für das Gut auszugehen, die es ausnahmsweise
erforderlich macht, für den Transport anstelle eines Planen-Lkws einen Kastenwagen
einzusetzen.
BGH, Urt. v. 6. Juni 2007 - I ZR 121/04 - OLG München
LG Landshut
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 6. Juni 2007 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und
die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Pokrant, Prof. Dr. Büscher und Dr. Kirchhoff

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 23. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 29. Juli 2004 aufgehoben.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Landshut vom 22. Oktober 2003 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren und die der Streithelferin im Berufungsverfahren entstandenen Kosten.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin ist Transportversicherer der I. GmbH in Olching (im Folgenden: Versicherungsnehmerin). Sie macht gegen die Beklagte aus abgetretenem Recht der T. GmbH in Ohu (im Folgenden: Streithelferin) Schadensersatz wegen des Verlustes von Transportgut geltend.

2
Die Versicherungsnehmerin beauftragte die Streithelferin mit der Organisation des Transports einer Palette mit 800 Computerfestplatten von Olching nach La Courneuve in Frankreich. Mit der Durchführung des Transports betraute die Streithelferin die Beklagte, die das Gut am 30. oder 31. Juli 2001 am Sitz der Streithelferin in Ohu übernahm. Die Beförderung nach Frankreich erfolgte auf einem Planen-Lkw. In der Nacht vom 31. Juli auf den 1. August 2001 wurde die Ware auf dem Autobahnrasthof St. Avold (Lothringen) in Frankreich gestohlen , während der Fahrer in der Führerhauskabine schlief. Dabei wurde die Plane des Lkw aufgeschnitten.
3
Die Klägerin, die ihre Versicherungsnehmerin für den Verlust des Transportguts entschädigt hat, nimmt die Beklagte auf Ersatz des Warenwerts, der Frachtkosten und der Kosten für einen Sachverständigen in Höhe von insgesamt 69.331,06 € in Anspruch. Die Versicherung der Beklagten hat auf den entstandenen Schaden unter Berufung auf Art. 23 Abs. 3 CMR einen Betrag in Höhe von 7.182,18 € bezahlt.
4
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Beklagte schulde ihr nach Art. 17 Abs. 1, Art. 29 i.V. mit Art. 3 CMR, § 398 BGB vollen Schadensersatz, weil sie und ihr Fahrer den Verlust der Ware durch ein dem Vorsatz gleichstehendes Verschulden herbeigeführt hätten. Sie hätten notwendige Sicherheitsvorkehrungen , insbesondere den Einsatz eines Koffer-Lkws und die Übernachtung auf einem bewachten Parkplatz, unterlassen.
5
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 62.148,88 € nebst Zinsen zu zahlen.

6
Die Beklagte und ihre Streithelferin sind dem entgegengetreten. Sie haben die Ansicht vertreten, der Verlust des Gutes sei nicht auf ein qualifiziertes Verschulden der Beklagten und/oder ihres Fahrers zurückzuführen. Die Beklagte habe weder den Wert noch den Gegenstand der zu transportierenden Ware gekannt. Die Bezeichnung in den Frachtpapieren sei für die Beklagte nicht aussagekräftig gewesen. Die Beklagte habe eine übliche Transportart gewählt und die gängigen Sorgfaltsmaßstäbe eingehalten.
7
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht dem geltend gemachten Schadensersatzantrag in Höhe von 59.667,82 € nebst Zinsen entsprochen und die Klage hinsichtlich der beanspruchten Sachverständigenkosten in Höhe von 2.481,06 € abgewiesen.
8
Mit ihrer (vom Senat zugelassenen) Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf vollständige Abweisung der Klage weiter.

Entscheidungsgründe:


9
I. Das Berufungsgericht hat die Voraussetzungen für eine unbeschränkte Haftung der Beklagten gemäß Art. 29 CMR bejaht. Es hat angenommen, der Fahrer der Beklagten und die Beklagte selbst hätten den Verlust des Transportgutes leichtfertig und in dem Bewusstsein eines wahrscheinlichen Schadenseintritts herbeigeführt, so dass sich die Beklagte nicht auf die Haftungsbeschränkung gemäß Art. 23 Abs. 3 CMR berufen könne. Dazu hat es ausgeführt:
10
Den Fahrer der Beklagten treffe ein qualifiziertes Verschulden, weil er mit einem Planen-Lkw ohne Alarmanlage auf einem unbewachten Autobahnparkplatz in Frankreich übernachtet habe. Dies komme - auch wenn der Fahrer im Lkw genächtigt habe - einem unbewachten Abstellen des beladenen Lkws die Nacht über gleich. Darüber hinaus sei dem Fahrer vorzuwerfen, dass er den Lkw am Morgen nach dem Diebstahl keiner eingehenden Untersuchung auf Diebstahlsspuren unterzogen habe. Auch wenn eine sofortige Reaktion die Aussicht auf eine Rückerlangung des gestohlenen Gutes möglicherweise nicht wesentlich verbessert hätte, zeige das Vorgehen doch, dass der Fahrer keinerlei Verantwortung für das ihm anvertraute Transportgut empfunden habe.
11
Der Beklagten sei ein eigenes grobes Organisationsverschulden anzulasten. Sie habe die seit längerem geübte Praxis ihrer Fahrer geduldet, bei Transporten nach Paris den völlig ungesicherten Parkplatz St. Avold zur Nachtruhe anzufahren. Sie habe nicht vorgetragen, ihren Fahrern spezielle Anweisungen in Bezug auf einzuhaltende Sicherheitsvorkehrungen erteilt zu haben. Auch wenn die Beklagte über den genauen Gegenstand und den Wert des Transportgutes keine Kenntnis gehabt haben sollte, habe sie doch dem ihr zur Verfügung stehenden Lieferschein entnehmen können, dass die übernommene Europalette mit 800 Einzelteilen beladen gewesen sei, die allein aufgrund ihrer Dimensionierung diebstahlsgefährdet gewesen seien.
12
Ein Mitverschulden der Versenderin wegen der unterlassenen Angabe des Wertes der Sendung liege nicht vor. Ein Hinweis auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens sei ebenfalls nicht geboten gewesen.
13
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben Erfolg. Sie führen zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Wiederherstellung der die Klage abweisenden erstinstanzlichen Entscheidung.

14
1. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Beklagte als Frachtführerin, die mit einem grenzüberschreitenden Straßengütertransport beauftragt war, der Haftung nach der CMR unterliegt. Danach hat die Beklagte gemäß Art. 17 Abs. 1 i.V. mit Art. 3 CMR grundsätzlich Schadensersatz für den Verlust des Transportguts während ihrer Obhutszeit zu leisten. Vollen Schadensersatz - über die Beschränkung des Art. 23 Abs. 3 CMR hinaus - schuldet die Beklagte aber nur dann, wenn die Voraussetzungen des Art. 29 CMR vorliegen. Nach dieser Bestimmung kann sich der Frachtführer nicht auf Haftungsbeschränkungen berufen, wenn er den Schaden vorsätzlich oder durch ein dem Vorsatz gleichstehendes Verschulden verursacht hat. Das Gleiche gilt, wenn seinen Bediensteten oder Verrichtungsgehilfen ein solches qualifiziertes Verschulden zur Last fällt (Art. 29 Abs. 2 Satz 1 CMR).
15
2. Das Berufungsgericht hat auch zutreffend angenommen, dass für Gütertransportschäden , die - wie hier - nach dem Inkrafttreten des Transportrechtsreformgesetzes am 1. Juli 1998 eingetreten sind, bei Anwendbarkeit deutschen Rechts als ein Verschulden, das zur Durchbrechung der Haftungsbegrenzungen der CMR führt, neben dem Vorsatz nicht mehr die grobe Fahrlässigkeit anzusehen ist, sondern die Leichtfertigkeit, zu der das Bewusstsein hinzukommen muss, dass ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde (BGH, Urt. v. 20.1.2005 - I ZR 95/01, TranspR 2005, 311, 313 = VersR 2006, 814, m.w.N.).
16
3. Die Revision wendet sich mit Erfolg dagegen, dass das Berufungsgericht im Streitfall die Voraussetzungen für das Vorliegen einer bewussten Leichtfertigkeit bejaht hat.
17
a) Das Tatbestandsmerkmal der Leichtfertigkeit erfordert einen besonders schweren Pflichtenverstoß, bei dem sich der Frachtführer oder seine "Leute" in krasser Weise über die Sicherheitsinteressen der Vertragspartner hinwegsetzen. Das subjektive Erfordernis des Bewusstseins von der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts ist eine sich dem Handelnden aus seinem leichtfertigen Verhalten aufdrängende Erkenntnis, es werde wahrscheinlich ein Schaden entstehen. Dabei reicht die Erfüllung des Tatbestandsmerkmals der Leichtfertigkeit für sich allein nicht aus, um auf das Bewusstsein von der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts schließen zu können. Eine solche Erkenntnis als innere Tatsache ist vielmehr erst dann anzunehmen, wenn das leichtfertige Verhalten nach seinem Inhalt und nach den Umständen, unter denen es aufgetreten ist, diese Folgerung rechtfertigt (BGHZ 158, 322, 328 f.; BGH, Urt. v. 17.6.2004 - I ZR 263/01, TranspR 2004, 399, 401 = VersR 2006, 570).
18
b) Die tatrichterliche Beurteilung der Frage, ob eine bewusste Leichtfertigkeit vorliegt, ist durch das Revisionsgericht nur in eingeschränktem Maße nachprüfbar. Die Prüfung muss sich darauf beschränken, ob das Berufungsgericht den Rechtsbegriff der bewussten Leichtfertigkeit verkannt hat oder ob Verstöße gegen § 286 ZPO, gegen die Denkgesetze oder gegen die Erfahrungssätze vorliegen (BGHZ 158, 322, 327; BGH TranspR 2005, 311, 313). Solche Rechtsfehler sind hier gegeben. Das Berufungsgericht ist zwar von einem zutreffenden Maßstab der Leichtfertigkeit ausgegangen; es hat aber zu geringe Anforderungen an das Vorliegen eines qualifizierten Verschuldens gestellt. Nach den getroffenen Feststellungen kann weder ein besonders schwerer Pflichtenverstoß der Beklagten selbst noch des von ihr eingesetzten Fahrers angenommen werden.
19
aa) Welche Sicherheitsvorkehrungen der Transportunternehmer zur Erfüllung seiner vertraglichen Verpflichtung, das ihm anvertraute Transportgut während der Beförderung vor Diebstahl oder Raub zu bewahren, ergreifen muss, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Es kommt entscheidend darauf an, ob die getroffenen Maßnahmen den aktuell erforderlichen Sorgfaltsanforderungen genügen. Je größer die mit der Güterbeförderung verbundenen Risiken sind, desto höhere Anforderungen sind an die zu treffenden Sicherheitsmaßnahmen zu stellen. Von erheblicher Bedeutung ist in diesem Zusammenhang , ob das transportierte Gut leicht verwertbar und damit besonders diebstahlsgefährdet ist, welchen Wert es hat, ob dem Frachtführer die besondere Gefahrenlage bekannt sein musste und welche konkreten Möglichkeiten einer gesicherten Fahrtunterbrechung es gab, um vorgeschriebene Pausen einzuhalten (BGH, Urt. v. 16.7.1998 - I ZR 44/96, TranspR 1999, 19, 21 = VersR 1999, 254; Urt. v. 13.4.2000 - I ZR 290/97, TranspR 2000, 407, 408 = VersR 2000, 1437, m.w.N.).
20
bb) Danach kann der Beklagten im Streitfall nicht vorgeworfen werden, dass sie für den Transport einen Planen-Lkw und nicht einen Koffer-Lkw eingesetzt hat.
21
Ohne entsprechenden Auftrag bestand für die Beklagte keine generelle Pflicht, eine derartige Sicherheitsvorkehrung zu ergreifen. Nach den Feststellungen des Landgerichts, auf die das Berufungsgericht Bezug genommen hat, ist der Einsatz eines Kastenwagens keine übliche Maßnahme im Transportgewerbe , sondern kommt nur bei ungefähr 10% aller Transporte vor.
22
Zwar handelte es sich bei den transportierten Computerfestplatten um leicht verwertbares und damit besonders diebstahlsgefährdetes Gut, das zudem einen nicht unerheblichen Wert hatte. Die Beklagte hatte aber nach den Feststellungen des Berufungsgerichts keine Kenntnis von der objektiv gegebenen Gefahrenlage. Ihr musste sich eine derartige Kenntnis auch nicht aufdrängen.
Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts war für die Beklagte nur erkennbar , dass sie mit dem Transport von 800 Stück Computerteilen beauftragt worden war. Eine weitergehende Kenntnis von der Art der Ware und deren erheblichem Wert hatte die Beklagte hingegen nicht. Sie musste diese auch nicht aufgrund der sonstigen Umstände haben. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts folgt aus der bloßen Tatsache, dass es sich für die Beklagte erkennbar um 800 Einzelteile handelte, noch nichts über deren besondere Diebstahlsgefährdung. Es kommt hinzu, dass der Autobahnparkplatz in Frankreich, auf dem sich der Diebstahl ereignete, nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht als besonders diebstahlsgefährdet galt.
23
Es bestand demnach für die Beklagte kein Anlass, im Hinblick auf das Transportgut eine besondere Gefahrenlage anzunehmen, die ausnahmsweise den Einsatz eines Kastenwagens anstelle eines Planen-Lkws erforderlich machte. Entsprechendes gilt für den Umstand, dass der Lkw nicht mit einer Alarmanlage ausgerüstet war (vgl. auch OLG Saarbrücken TranspR 2001, 169 ff.).
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cc) Die Beklagte trifft auch insofern kein qualifiziertes Organisationsverschulden , als sie keine Anweisung erteilt hat, nur einen bewachten Parkplatz anzufahren. Da für die Beklagte kein Anlass bestand, von einer besonderen Gefahrenlage für das Transportgut auszugehen, ist die Übernachtung auf dem unbewachten Autobahnrasthof St. Avold in Lothringen unter den vom Berufungsgericht festgestellten Umständen nicht als grober Pflichtenverstoß anzusehen.
25
Danach musste nicht davon ausgegangen werden, dass auf diesem Parkplatz ein erhöhtes Diebstahlsrisiko bestand. Der Rastplatz war beleuchtet. Der Fahrer übernachtete im Fahrzeug. Zudem stand ein weiterer Lkw der Be- klagten, dessen Fahrer ebenfalls im Fahrzeug verblieb, daneben. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts waren diese Umstände geeignet, einen Diebstahl zumindest zu erschweren, weil sie in ihrer Gesamtheit dazu führten, dass potentielle Diebe mit einem erhöhten Risiko rechnen mussten, entdeckt zu werden.
26
dd) Aus den vorangegangenen Darlegungen ergibt sich, dass unter den gegebenen Umständen auch dem Fahrer der Beklagten, für dessen Handeln die Beklagte gemäß Art. 3 CMR einzustehen hat, wegen der Wahl des Parkplatzes kein qualifiziertes Verschulden zum Vorwurf gemacht werden kann, weil auch ihm nach den Feststellungen des Berufungsgerichts die besondere Gefahrenlage im Hinblick auf das Transportgut weder bekannt war noch bekannt sein musste. Dass der Fahrer den Lkw am Morgen des 1. August 2001 keiner eingehenden Untersuchung auf Diebstahlsspuren unterzogen hat, kommt nach den Feststellungen des Berufungsgerichts als Schadensursache nicht ernsthaft in Betracht (vgl. dazu BGH TranspR 1999, 19, 22).
27
c) Da es an einem besonders schweren Pflichtenverstoß sowohl der Beklagten als auch ihres Fahrers fehlt, besteht bereits aus diesem Grund kein über die unstreitig gezahlte Entschädigung nach Art. 23 Abs. 3 CMR hinausgehender Anspruch gegen die Beklagte. Ob die Beklagte im Bewusstsein gehandelt hat, dass ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde, kann daher ebenso offenbleiben wie die Frage, ob ein Mitverschulden der Versenderin anzunehmen ist.
28
III. Danach ist das Berufungsurteil aufzuheben. Die Berufung der Klägerin gegen das klageabweisende Urteil des Landgerichts ist zurückzuweisen.
29
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1, § 101 Abs. 1 ZPO.
Bornkamm v.Ungern-Sternberg Pokrant
Büscher RiBGH Dr. Kirchhoff ist in Urlaub und kann daher nicht unterschreiben. Bornkamm
Vorinstanzen:
LG Landshut, Entscheidung vom 22.10.2003 - 1 HKO 1145/03 -
OLG München, Entscheidung vom 29.07.2004 - 23 U 5315/03 -

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

Die in diesem Unterabschnitt und im Frachtvertrag vorgesehenen Haftungsbefreiungen und Haftungsbegrenzungen gelten nicht, wenn der Schaden auf eine Handlung oder Unterlassung zurückzuführen ist, die der Frachtführer oder eine in § 428 genannte Person vorsätzlich oder leichtfertig und in dem Bewußtsein, daß ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde, begangen hat.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 134/02 Verkündet am:
3. März 2005
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
CMR Art. 29 und 17 bis 28; HGB § 429 Abs. 2 und 3, § 435; BGB §§ 249 ff. A
Im Fall des Art. 29 CMR bestimmt sich der Umfang des zu ersetzenden Schadens
nach dem jeweils anwendbaren nationalen Recht (Bestätigung von BGH
TranspR 1999, 102, 105) und daher, wenn deutsches Recht zur Anwendung
kommt, nach den Vorschriften der §§ 249 ff. BGB. Dem Geschädigten ist es
jedoch unbenommen, seinen Schaden statt dessen auf der Grundlage der
Art. 17 bis 28 CMR zu berechnen.
BGH, Urt. v. 3. März 2005 - I ZR 134/02 - OLG Bamberg
LG Hof
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 20. Januar 2005 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann
und die Richter Pokrant, Dr. Büscher, Dr. Schaffert und Dr. Bergmann

für Recht erkannt:
Die Revision der Streithelfer der Klägerin gegen das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Bamberg vom 10. April 2002 wird zurückgewiesen.
Von den Kosten der Revision hat die Streithelferin zu 1 4/11 und hat der Streithelfer zu 2 7/11 zu tragen. Die im Revisionsverfahren angefallenen Kosten der Streithilfe haben die Streithelfer jeweils selbst zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin, die ebenso wie die Beklagte ein Speditionsunternehmen betreibt, nimmt diese aus einem Beförderungsvertrag wegen der Beschädigung des Transportguts auf Schadensersatz in Anspruch.

Der dem Rechtsstreit auf Seiten der Klägerin beigetretene Streithelfer zu 2, dessen Transportversicherer die dem Rechtsstreit ebenfalls auf Seiten der Klägerin beigetretene Streithelferin zu 1 ist, beauftragte die Klägerin mit dem Transport von Teilen eines Holzhauses von Rußland nach Deutschland. Die Klägerin beauftragte ihrerseits die Beklagte am 17. März 1999 mit der Durchführung dieses Transports zu festen Kosten. Bei dem Transport, den ein von der Beklagten beauftragter Unternehmer ausgeführt hat, kam es am 24. März 1999 in Rußland zu einem Verkehrsunfall, bei dem ein Großteil der Ladung beschädigt wurde.
Die Klägerin beziffert den hierdurch entstandenen Schaden auf (mindestens ) 125.127,46 DM. Abzüglich bereits ausgeurteilter 13.600 DM seien ein Teilbetrag in Höhe von 40.000 DM an die Streithelferin zu 1 und der Restbetrag in Höhe von 71.527,46 DM an den Streithelfer zu 2 zu bezahlen.
Das Landgericht hat der auf Zahlung der genannten Beträge an die Streithelfer gerichteten Klage im vollen Umfang stattgegeben. Das Berufungsgericht hat demgegenüber die Auffassung vertreten, ein Schadensersatzanspruch bestehe nur in Höhe von (umgerechnet) 32.767,60 €. Abzüglich des bereits ausgeurteilten Betrages verblieben daher noch 25.814,03 €, die entsprechend dem gewünschten Verhältnis an die Streithelfer zu zahlen seien.
Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision verfolgen die beiden Streithelfer den Klageanspruch in der vom Berufungsgericht abgewiesenen Höhe von 31.209,05 € weiter. Die Beklagte ist in der Revisionsverhandlung trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht vertreten gewesen.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat zur Frage der Aktivlegitimation der Klägerin wie auch zur Frage der Anwendbarkeit der CMR auf die Ausführungen im Urteil des Landgerichts Bezug genommen. Danach war die Klägerin, soweit sie Leistung an den Streithelfer zu 2 begehrte, unter dem Gesichtspunkt der Drittschadensliquidation anspruchsberechtigt; soweit sie Zahlung an die Streithelferin zu 1 verlange, werde sie von dieser selbst in Anspruch genommen. Die Aktivlegitimation der Klägerin sei zudem deshalb unproblematisch, weil beide Streithelfer diese mit der klageweisen Geltendmachung ihrer Schadensersatzansprüche beauftragt hätten. Die CMR sei gemäß ihrem Art. 1 Abs. 1 anwendbar , weil es sich um eine entgeltliche Güterbeförderung auf der Straße mittels Fahrzeugen gehandelt habe, der Ort der Übernahme des Gutes und der für die Ablieferung vorgesehene Ort in verschiedenen Staaten gelegen hätten und einer von diesen ein Vertragsstaat der CMR sei.
In der Sache hat das Berufungsgericht angenommen, daß die Bestimmung des Art. 29 CMR eingreife, weil dem Frachtführer bzw. dessen Bediensteten ein vorsatzgleiches Fehlverhalten vorzuwerfen sei, das sich die Beklagte gegenüber der Klägerin zurechnen lassen müsse. Diese habe, insbesondere was die fehlende Sicherung der Ladung durch Gurte betreffe, plausible Anhaltspunkte für ein qualifiziert leichtfertiges Verhalten dargelegt. Die Beklagte habe sich demgegenüber für die Schilderung des zum Schaden führenden Sachverhalts allein auf die nicht unterschriebene und lediglich in Übersetzung vorliegende Erklärung des Fahrers berufen, in der die Rede davon sei, daß der Lkw wegen Glatteises auf die Seite gekippt und noch gerutscht sei, was aber den Ermittlungen des SachverständigenG. konträr gegenüberstehe. Die Beklagte hätte unter diesen Umständen substantiiert vortragen müssen, welche
Sorgfalt der Frachtführer aufgewendet habe, und habe, da sie dieser Obliegenheit nicht nachgekommen sei, die nicht widerlegte Vermutung für ein qualifiziert leichtfertiges Verhalten gegen sich. Dementsprechend betrage die Verjährungsfrist für den Klageanspruch nicht ein Jahr, sondern drei Jahre und greife damit die von der Beklagten erhobene Einrede der Verjährung nicht durch. Die Klägerin habe daher nach Art. 25 Abs. 1 CMR einen Anspruch auf Ersatz der Wertminderung. Diese bestehe in der Differenz zwischen dem Wert des Hauses am Ort und zur Zeit der Übernahme in unbeschädigtem Zustand und seinem Wert in beschädigtem Zustand.
II. Die Revision hat keinen Erfolg.
1. Die Ausführungen, mit denen das Berufungsgericht die Aktivlegitimation der Klägerin, die Anwendbarkeit der CMR sowie das Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 29 CMR bejaht hat, lassen keinen Rechtsfehler erkennen. Der Klägerin steht demnach ein Schadensersatzanspruch gemäß Art. 17 Abs. 1 CMR im durch Art. 29 CMR bestimmten Umfang zu.
2. Gegen den rechtlichen Ansatz des Berufungsgerichts, den der Klägerin danach wegen der Beschädigung des Gutes zu leistenden Schadensersatz vorrangig nach Art. 25 Abs. 1 CMR zu berechnen, wendet sich die Revision mit Erfolg. Der Senat hat - in Übereinstimmung mit der sowohl in der Rechtsprechung (vgl. Cour de Cassation Paris BullT 2000, 718 f.; OLG Innsbruck TranspR 1991, 12, 21; a.A. Cour d'appel de Paris BullT 1992, 362) als auch in der Literatur (vgl. Koller, VersR 1994, 384 ff. und in Transportrecht, 5. Aufl., Art. 29 CMR Rdn. 10; Gass in Ebenroth/Boujong/Joost, HGB, Art. 29 CMR Rdn. 22; Thume, VersR 1993, 930, 937 und in Fremuth/Thume, Transportrecht, Art. 29 CMR Rdn. 24; GroßKomm.HGB/Helm, 4. Aufl., Anh. VI nach § 452: Art. 29 CMR Rdn. 27; a.A. MünchKomm.HGB/Basedow, Art. 29 CMR Rdn. 31)
herrschenden Meinung - bereits entschieden, daß sich der Umfang des zu ersetzenden Schadens im Fall des Art. 29 CMR nach dem jeweils anwendbaren nationalen Recht bestimmt (BGH, Urt. v. 15.10.1998 - I ZR 111/96, TranspR 1999, 102, 105 = VersR 1999, 646, insoweit in BGHZ 140, 84 nicht abgedruckt ). Danach kommt im Streitfall deutsches Recht zur Anwendung. Insoweit ist in erster Hinsicht an sich die frachtrechtliche Regelung in § 429 Abs. 2 und 3 HGB einschlägig (vgl. Großkomm.HGB/Helm aaO Art. 29 CMR Rdn. 27). Da diese hier aber gemäß § 435 HGB nicht anwendbar ist, beurteilt sich der Umfang der Haftung der Beklagten nach den allgemeinen schuldrechtlichen Bestimmungen der §§ 249 ff. BGB.
3. Die vom Berufungsgericht vorgenommene Schadensberechnung erweist sich auf dieser Grundlage als verfahrensfehlerfrei.

a) Das Berufungsgericht hat festgestellt, daß das bei dem Transport beschädigte Haus, da es mit deutscher Technologie hergestellt worden und für den Export nach Mitteleuropa bestimmt gewesen sei, in Rußland keinen Marktwert habe. Es hat deshalb gemeint, daß der zu ersetzende Schadensbetrag gemäß § 287 Abs. 1 Satz 1 ZPO unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung zu ermitteln sei, für die die zur Behebung der entstandenen Schäden erforderlichen Reparaturkosten ein wesentliches Indiz für den Umfang der Wertminderung und eine brauchbare Grundlage für die Schätzung des Minderwerts darstellten. Angesichts des fehlenden Marktwerts des Hauses in Rußland, seiner Bestimmung zum Verkauf in Mitteleuropa, der Anwendung deutscher Technologie bei seiner Erstellung und seiner in Deutschland durchgeführten Reparatur sei bei den Reparaturkosten auch kein Abschlag wegen der Verhältnisse in Rußland vorzunehmen. Im Hinblick auf die auf 32.767,60 € zu veranschlagenden Kosten einer Reparatur in Deutschland und die bereits im Vorprozeß zugesprochenen 6.953,57 € sei die Klage daher nur in Höhe von
25.814,03 € begründet und in Höhe der überschießenden 31.209,05 € unbegründet.

b) Die Revision hat gegen diese der Sache nach und daher gemäß den Ausführungen zu vorstehend II. 2. im Ergebnis zutreffend auf der Grundlage des deutschen Schadensrechts (vgl. § 249 Satz 2 BGB a.F., Art. 229 § 8 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB) durchgeführte Schadensermittlung Verfahrensrügen erhoben. Der Senat hat die Rügen geprüft und für nicht durchgreifend erachtet; von einer Begründung wird abgesehen (§ 564 Satz 1 ZPO).
4. Der Klageanspruch ist in dem Umfang, in dem er noch streitig ist, entgegen der von der Revision in der mündlichen Verhandlung vertretenen Auffassung auch nicht auf der Grundlage einer Berechnung nach Art. 23, 25 CMR begründet.

a) Die Revision weist allerdings mit Recht darauf hin, daß beim Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 29 CMR allein der Frachtführer das Recht verliert , sich auf die Bestimmungen in den Art. 17 bis 28 CMR zu berufen, die seine Haftung ausschließen oder begrenzen oder die Beweislast zu seinen Gunsten umkehren. Die in den genannten Bestimmungen begründeten Ansprüche des Geschädigten bleiben dagegen unberührt. Dieser kann daher im Fall des Art. 29 CMR Schadensersatz immer auch in der Höhe verlangen, in der er ihn nach diesen Bestimmungen beim Fehlen eines qualifizierten Verschuldens des Frachtführers beanspruchen könnte.

b) Das Berufungsgericht ist aber, soweit es bei der Schadensberechnung die Bestimmungen der Art. 25 Abs. 1, 23 Abs. 2 CMR herangezogen hat, mit Recht davon ausgegangen, daß in Fällen, in denen sich ein danach zu ersetzender Wert nicht feststellen läßt, die Wiederherstellungskosten als Anhalts-
punkt für die auszugleichende Wertminderung in Betracht kommen (vgl. OLG Hamburg TranspR 1998, 290, 292 f. m.w.N. und dazu Nichtannahmebeschluß des Senats v. 8.10.1998 - I ZR 53/98; Koller, Transportrecht, 5. Aufl., Art. 25 CMR Rdn. 3 m.w.N. in Fn. 7; vgl. auch § 429 Abs. 2 Satz 2 HGB und dazu die Begründung der Beschlußempfehlung des Rechtsausschusses zum Transportrechtsreformgesetz , BT-Drucks. 13/10014, S. 48). Seine Entscheidung hält daher auch insoweit der rechtlichen Nachprüfung stand.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1, § 101 Abs. 1 Halbs. 2 ZPO, § 100 Abs. 2 ZPO analog.
Ullmann Pokrant Büscher
Schaffert Bergmann

(1) Hat der Frachtführer für gänzlichen oder teilweisen Verlust des Gutes Schadenersatz zu leisten, so ist der Wert am Ort und zur Zeit der Übernahme zur Beförderung zu ersetzen.

(2) Bei Beschädigung des Gutes ist der Unterschied zwischen dem Wert des unbeschädigten Gutes am Ort und zur Zeit der Übernahme zur Beförderung und dem Wert zu ersetzen, den das beschädigte Gut am Ort und zur Zeit der Übernahme gehabt hätte. Es wird vermutet, daß die zur Schadensminderung und Schadensbehebung aufzuwendenden Kosten dem nach Satz 1 zu ermittelnden Unterschiedsbetrag entsprechen.

(3) Der Wert des Gutes bestimmt sich nach dem Marktpreis, sonst nach dem gemeinen Wert von Gütern gleicher Art und Beschaffenheit. Ist das Gut unmittelbar vor Übernahme zur Beförderung verkauft worden, so wird vermutet, daß der in der Rechnung des Verkäufers ausgewiesene Kaufpreis abzüglich darin enthaltener Beförderungskosten der Marktpreis ist.

(1) Die nach den §§ 429 und 430 zu leistende Entschädigung wegen Verlust oder Beschädigung ist auf einen Betrag von 8,33 Rechnungseinheiten für jedes Kilogramm des Rohgewichts des Gutes begrenzt.

(2) Besteht das Gut aus mehreren Frachtstücken (Sendung) und sind nur einzelne Frachtstücke verloren oder beschädigt worden, so ist der Berechnung nach Absatz 1

1.
die gesamte Sendung zu Grunde zu legen, wenn die gesamte Sendung entwertet ist, oder
2.
der entwertete Teil der Sendung zu Grunde zu legen, wenn nur ein Teil der Sendung entwertet ist.

(3) Die Haftung des Frachtführers wegen Überschreitung der Lieferfrist ist auf den dreifachen Betrag der Fracht begrenzt.

(4) Die in den Absätzen 1 und 2 genannte Rechnungseinheit ist das Sonderziehungsrecht des Internationalen Währungsfonds. Der Betrag wird in Euro entsprechend dem Wert des Euro gegenüber dem Sonderziehungsrecht am Tag der Übernahme des Gutes zur Beförderung oder an dem von den Parteien vereinbarten Tag umgerechnet. Der Wert des Euro gegenüber dem Sonderziehungsrecht wird nach der Berechnungsmethode ermittelt, die der Internationale Währungsfonds an dem betreffenden Tag für seine Operationen und Transaktionen anwendet.

(1) Hat der Frachtführer für gänzlichen oder teilweisen Verlust des Gutes Schadenersatz zu leisten, so ist der Wert am Ort und zur Zeit der Übernahme zur Beförderung zu ersetzen.

(2) Bei Beschädigung des Gutes ist der Unterschied zwischen dem Wert des unbeschädigten Gutes am Ort und zur Zeit der Übernahme zur Beförderung und dem Wert zu ersetzen, den das beschädigte Gut am Ort und zur Zeit der Übernahme gehabt hätte. Es wird vermutet, daß die zur Schadensminderung und Schadensbehebung aufzuwendenden Kosten dem nach Satz 1 zu ermittelnden Unterschiedsbetrag entsprechen.

(3) Der Wert des Gutes bestimmt sich nach dem Marktpreis, sonst nach dem gemeinen Wert von Gütern gleicher Art und Beschaffenheit. Ist das Gut unmittelbar vor Übernahme zur Beförderung verkauft worden, so wird vermutet, daß der in der Rechnung des Verkäufers ausgewiesene Kaufpreis abzüglich darin enthaltener Beförderungskosten der Marktpreis ist.

(1) Die nach den §§ 429 und 430 zu leistende Entschädigung wegen Verlust oder Beschädigung ist auf einen Betrag von 8,33 Rechnungseinheiten für jedes Kilogramm des Rohgewichts des Gutes begrenzt.

(2) Besteht das Gut aus mehreren Frachtstücken (Sendung) und sind nur einzelne Frachtstücke verloren oder beschädigt worden, so ist der Berechnung nach Absatz 1

1.
die gesamte Sendung zu Grunde zu legen, wenn die gesamte Sendung entwertet ist, oder
2.
der entwertete Teil der Sendung zu Grunde zu legen, wenn nur ein Teil der Sendung entwertet ist.

(3) Die Haftung des Frachtführers wegen Überschreitung der Lieferfrist ist auf den dreifachen Betrag der Fracht begrenzt.

(4) Die in den Absätzen 1 und 2 genannte Rechnungseinheit ist das Sonderziehungsrecht des Internationalen Währungsfonds. Der Betrag wird in Euro entsprechend dem Wert des Euro gegenüber dem Sonderziehungsrecht am Tag der Übernahme des Gutes zur Beförderung oder an dem von den Parteien vereinbarten Tag umgerechnet. Der Wert des Euro gegenüber dem Sonderziehungsrecht wird nach der Berechnungsmethode ermittelt, die der Internationale Währungsfonds an dem betreffenden Tag für seine Operationen und Transaktionen anwendet.