Bundesgerichtshof Urteil, 08. Feb. 2007 - I ZR 71/04

bei uns veröffentlicht am08.02.2007
vorgehend
Oberlandesgericht Hamm, 4 U 134/03, 01.06.2004
Landgericht Bochum, 13 O 100/03, 01.10.2003

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL UND VERSÄUMNISURTEIL
I ZR 71/04 Verkündet am:
8. Februar 2007
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
bodo Blue Night
Besteht eine Übung, zur Kennzeichnung einer Ware oder Dienstleistung mehrere
Marken zu verwenden - etwa eine auf das Unternehmen hinweisende
Hauptmarke und eine der Kennzeichnung der einzelnen Artikel dienende
Zweitmarke -, können beide Marken für sich genommen rechtserhaltend benutzt
werden.
BGH, Urt. u. Versäumnisurt. v. 8. Februar 2007 - I ZR 71/04 - OLG Hamm
LG Bochum
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 8. Februar 2007 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm
und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Pokrant, Dr. Schaffert und
Dr. Kirchhoff

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 1. Juni 2004 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin ist Inhaberin der am 25. Oktober 1996 angemeldeten und am 7. März 1997 unter anderem für "Parfümerien, Eau de Toilette, After Shave" eingetragenen Wortmarke "Blue Night". Sie geht aus dieser Marke gegen die Benutzung des Zeichens vor, das die Beklagte zu 2 für von der Beklagten zu 1 vertriebene Duftwässer (After Shave und Eau de Toilette) verwendet. Darüber hinaus ist die Klägerin Inhaberin der am 18. August 1998 für "Parfümerien, ätherische Öle, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Haarwässer" eingetragenen Wortmarke "Bodo".
2
Die Klägerin verwendet die Marke "Blue Night" wie nachstehend wiedergegeben in Verbindung mit ihrer Marke "Bodo":
3
Die Klägerin sieht in der oben wiedergegebenen Verwendung der Kennzeichnung "MAN BLUE NIGHT" eine Verletzung ihrer Marke "Blue Night". Das zusammengesetzte Zeichen "MAN BLUE NIGHT" werde durch den Bestandteil "Blue Night" geprägt. Dagegen sei der Bestandteil "MAN" ein rein beschreiben- der Gattungsbegriff, der lediglich darauf hinweise, dass es sich um einen Duft für Männer handele. Bei der von ihr verwendeten Marke stelle "bodo" den Oberbegriff für eine Vielzahl von Parfümartikeln dar, die sie vertreibe.
4
Die Klägerin macht Ansprüche auf Unterlassung, Auskunftserteilung und Feststellung der Schadensersatzpflicht gegen die Beklagten geltend.
5
Die Beklagten sind der Klage entgegengetreten. Sie haben eine rechtserhaltende Benutzung der Marke "Blue Night" durch die Klägerin in Abrede gestellt , da sie ausschließlich die Marke "bodo Blue Night" verwendet habe. Durch das Hinzufügen des ebenfalls prägenden Bestandteils "bodo" sei ein neues Gesamtzeichen entstanden, das der Verkehr nicht mehr mit der Marke "Blue Night" gleichsetze.
6
Das Landgericht hat der Klage im Wesentlichen stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen.
7
Mit der vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte zu 1 beantragt, erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Die Beklagte zu 2 war im Revisionsverfahren nicht vertreten.

Entscheidungsgründe:


8
I. Über den gegen die Beklagte zu 2 gerichteten Revisionsantrag ist - da die Beklagte zu 2 trotz ordnungsgemäßer Ladung im Revisionsverhandlungs- termin nicht vertreten war - auf Antrag der Klägerin durch Versäumnisurteil zu entscheiden.
9
II. Das Berufungsgericht hat eine rechtserhaltende Benutzung der Marke "Blue Night" durch die Klägerin verneint. Dazu hat es ausgeführt:
10
Die Klägerin habe die Wortmarke "Blue Night" nicht benutzt, sondern nur das - im Tatbestand wiedergegebene - Zeichen "bodo Blue Night". Gemäß § 26 Abs. 3 MarkenG gelte als Benutzung einer Marke zwar auch die Verwendung einer Form, die von der Eintragung abweiche, soweit der kennzeichnende Charakter der Marke durch die Abweichungen nicht verändert werde. Der Verkehr verstehe "bodo" als Hinweis auf eine bestimmte Duftserie der Klägerin und "Blue Night" als die Bezeichnung einer Duftnote aus dieser Serie, zumal bei Duftwässern eine derartige Kennzeichnungspraxis nicht unüblich sei. Mit "bodo" werde auf die gemeinsame Qualität der Produkte dieser Duftserie verwiesen und das Produkt gleichsam als Serienmitglied zusätzlich gekennzeichnet. Dem Bestandteil "bodo", der selbst als Wortmarke für die Klägerin eingetragen sei, messe der Verkehr eine eigene kennzeichnende Wirkung bei und sehe daher in der Eintragung ("Blue Night") und der tatsächlichen Benutzungsform ("bodo Blue Night") nicht mehr ein und dasselbe Zeichen. Der Bestandteil "bodo" trete auch nicht aus anderen Erwägungen in dem Maße in den Hintergrund, dass der Verkehr ihm keine eigene kennzeichnende Wirkung beimesse.
11
III. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben Erfolg. Sie führen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Das Berufungsgericht hätte in Betracht ziehen müssen, dass der Verkehr in der Verwendung des Zeichens "Blue Night" neben "bodo" möglicherweise eine zweite Marke erkennt.

12
1. Die rechtserhaltende Benutzung einer Marke i.S. von § 26 Abs. 1 MarkenG erfordert, dass die Marke in üblicher und sinnvoller Weise für die Ware verwendet wird, für die sie eingetragen ist (BGH, Urt. v. 13.6.2002 - I ZR 312/99, GRUR 2002, 1072, 1073 = WRP 2002, 1284 - SYLT-Kuh; Urt. v. 21.7.2005 - I ZR 293/02, GRUR 2005, 1047, 1049 = WRP 2005, 1527 - OTTO). Wird die Marke in einer von der Eintragung abweichenden Form benutzt, liegt eine rechtserhaltende Benutzung nach § 26 Abs. 3 MarkenG nur vor, wenn die Abweichungen den kennzeichnenden Charakter der Marke nicht verändern. Das ist dann der Fall, wenn der Verkehr das abweichend benutzte Zeichen gerade bei Wahrnehmung der Unterschiede dem Gesamteindruck nach noch mit der eingetragenen Marke gleichsetzt, d.h. in der benutzten Form noch dieselbe Marke sieht (BGH, Urt. v. 28.8.2003 - I ZR 293/00, GRUR 2003, 1047, 1048 = WRP 2003, 1439 - Kellogg's/Kelly's).
13
2. Werden zur Kennzeichnung einer Ware - wie im Streitfall - zwei Zeichen verwendet, liegt es in der Regel nahe, dass der Verkehr darin ein aus zwei Teilen bestehendes zusammengesetztes Zeichen erblickt. Denkbar ist aber auch, dass der Verkehr in der Kennzeichnung keinen einheitlichen Herkunftshinweis , sondern zwei voneinander zu unterscheidende Zeichen sieht (vgl. BGH, Urt. v. 5.4.2001 - I ZR 168/98, GRUR 2002, 171, 174 = WRP 2001, 1315 - Marlboro-Dach; Urt. v. 22.7.2004 - I ZR 204/01, GRUR 2004, 865, 866 = WRP 2004, 1281 - Mustang). Da zur rechtserhaltenden Benutzung einer Marke auch deren Verwendung als Zweitmarke ausreicht (vgl. BGH, Urt. v. 1.7.1993 - I ZR 194/91, GRUR 1993, 972, 974 - Sana/Schosana; Beschl. v. 10.11.1999 - I ZB 53/98, GRUR 2000, 510 = WRP 2000, 541 - Contura), muss diese Möglichkeit auch im Streitfall in die Betrachtung miteinbezogen werden (vgl. Hildebrandt , Marken und andere Kennzeichen, § 12 Rdn. 24 f.).

14
Der Verkehr ist vielfach an die Verwendung von Zweitkennzeichen gewöhnt (BGH GRUR 1993, 972, 974 - Sana/Schosana, m.w.N.; GRUR 2000, 510 f. - Contura; BGH, Beschl. v. 20.1.2005 - I ZB 31/03, GRUR 2005, 515, 516 = WRP 2005, 620 - FERROSIL). Ohne weiteres wird die Verwendung einer Zweitmarke dann deutlich, wenn es sich bei einem der beiden Zeichen um den dem Verkehr bekannten Namen des Unternehmens handelt. Die Verwendung einer Zweitmarke liegt aber auch bei Serienzeichen nahe, bei denen das eine Zeichen die Produktfamilie, das andere das konkrete Produkt benennt. Bei Duftwässern entspricht eine solche Kennzeichnungspraxis - wie auch das Berufungsgericht festgestellt hat - durchaus dem Üblichen.
15
Die Verwendung mehrerer Marken zur Kennzeichnung einer Ware oder Dienstleistung stellt eine weit verbreitete, wirtschaftlich sinnvolle Praxis dar. Insbesondere ist es üblich, neben einem auf das Unternehmen hinweisenden Hauptzeichen weitere Marken zur Identifizierung der speziellen einzelnen Artikel einzusetzen. In solchen Fällen können sowohl die Haupt- als auch die Zweitmarke auf die betriebliche Herkunft hinweisen mit der Folge, dass beide für sich genommen rechtserhaltend benutzt werden (vgl. BGH GRUR 1993, 972, 974 - Sana/Schosana; GRUR 2000, 510 f. - Contura; Ströbele in Ströbele/ Hacker, Markengesetz, 8. Aufl., § 26 Rdn. 81).
16
3. Das Berufungsgericht hat bislang keine Feststellungen dazu getroffen, ob das mit der Klagemarke "Blue Night" kombinierte Zeichen "bodo" vom Verkehr als eigenständiges Zeichen aufgefasst wird. Ist dies der Fall, kommt es bei der Prüfung der rechtserhaltenden Benutzung der Klagemarke nicht darauf an, dass die Produkte der Klägerin auch noch das Zeichen "bodo" tragen. Für die Annahme, dass der Verkehr in dem Zeichenbestandteil "bodo" eine selbständi- ge Zweitmarke erblickt, könnten im Streitfall etwa die häufige Verwendung von Zweitmarken auf dem hier in Rede stehenden Warengebiet (vgl. BGH GRUR 1993, 972, 974 - Sana/Schosana; GRUR 2002, 171, 174 - Marlboro-Dach) und insbesondere eine entsprechende Verwendung des Zeichens "bodo" im Zusammenhang mit anderen Duftnoten sprechen. Die Revision rügt mit Erfolg, dass das Berufungsgericht dem entsprechenden Vorbringen der Klägerin nicht nachgegangen ist. Hat die Klägerin - wie von ihr vorgetragen und vom Landgericht festgestellt - unter dem Zeichen "bodo" eine Vielzahl von Düften verschiedener , gesondert gekennzeichneter Duftserien vertrieben, liegt die Annahme nahe, dass der Verkehr in dem Zeichen "Blue Night" die eingetragene Wortmarke der Klägerin wiedererkennt. Diese Frage bedarf der Klärung.

17
IV. Danach ist das angefochtene Urteil auf die Revision der Klägerin aufzuheben. Die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Bornkamm v.Ungern-Sternber g Pokrant
Schaffert Kirchhoff
Vorinstanzen:
LG Bochum, Entscheidung vom 01.10.2003 - 13 O 100/03 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 01.06.2004 - 4 U 134/03 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 08. Feb. 2007 - I ZR 71/04

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 08. Feb. 2007 - I ZR 71/04

Referenzen - Gesetze

Markengesetz - MarkenG | § 26 Benutzung der Marke


(1) Soweit die Geltendmachung von Ansprüchen aus einer eingetragenen Marke oder die Aufrechterhaltung der Eintragung davon abhängig ist, daß die Marke benutzt worden ist, muß sie von ihrem Inhaber für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eing
Bundesgerichtshof Urteil, 08. Feb. 2007 - I ZR 71/04 zitiert 2 §§.

Markengesetz - MarkenG | § 26 Benutzung der Marke


(1) Soweit die Geltendmachung von Ansprüchen aus einer eingetragenen Marke oder die Aufrechterhaltung der Eintragung davon abhängig ist, daß die Marke benutzt worden ist, muß sie von ihrem Inhaber für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eing

Referenzen - Urteile

Bundesgerichtshof Urteil, 08. Feb. 2007 - I ZR 71/04 zitiert oder wird zitiert von 19 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Urteil, 08. Feb. 2007 - I ZR 71/04 zitiert 6 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 21. Juli 2005 - I ZR 293/02

bei uns veröffentlicht am 21.07.2005

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 293/02 Verkündet am: 21. Juli 2005 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Bundesgerichtshof Urteil, 13. Juni 2002 - I ZR 312/99

bei uns veröffentlicht am 13.06.2002

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 312/99 Verkündet am: 13. Juni 2002 Walz Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ : nein BGHR : ja

Bundesgerichtshof Urteil, 05. Apr. 2001 - I ZR 168/98

bei uns veröffentlicht am 05.04.2001

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 168/98 Verkündet am: 5. April 2001 Walz Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ : nein BGHR :

Bundesgerichtshof Urteil, 22. Juli 2004 - I ZR 204/01

bei uns veröffentlicht am 22.07.2004

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES VERSÄUMNISURTEIL I ZR 204/01 Verkündet am: 22. Juli 2004 Walz Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein B

Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Jan. 2005 - I ZB 31/03

bei uns veröffentlicht am 20.01.2005

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS I ZB 31/03 vom 20. Januar 2005 in der Rechtsbeschwerdesache betreffend die Marke Nr. 395 00 468 Nachschlagewerk: ja BGHZ : nein BGHR : ja FERROSIL MarkenG § 26 Abs. 1 und Abs. 3 Die Marke "FERROSIL" wir

Bundesgerichtshof Urteil, 28. Aug. 2003 - I ZR 293/00

bei uns veröffentlicht am 28.08.2003

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 293/00 Verkündet am: 28. August 2003 Walz Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:
13 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 08. Feb. 2007 - I ZR 71/04.

Bundesgerichtshof Urteil, 07. März 2019 - I ZR 195/17

bei uns veröffentlicht am 07.03.2019

Berichtigt durch Beschluss vom 11. April 2019 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 195/17 Verkündet am: 7. März 2019 Führinger Justizang

Bundesgerichtshof Urteil, 11. Apr. 2019 - I ZR 108/18

bei uns veröffentlicht am 11.04.2019

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 108/18 Verkündet am: 11. April 2019 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit ECLI:DE:BGH:2019:110419UIZR108.18.0 Der

Bundesgerichtshof Urteil, 14. Nov. 2019 - I ZR 217/18

bei uns veröffentlicht am 14.11.2019

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 217/18 Verkündet am: 14. November 2019 Uytterhaegen Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit ECLI:DE:BGH:2019:141119UIZR217.18.0

Bundesgerichtshof Urteil, 28. Juni 2007 - I ZR 132/04

bei uns veröffentlicht am 28.06.2007

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 132/04 Verkündet am: 28. Juni 2007 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ : nein BGHR

Referenzen

(1) Soweit die Geltendmachung von Ansprüchen aus einer eingetragenen Marke oder die Aufrechterhaltung der Eintragung davon abhängig ist, daß die Marke benutzt worden ist, muß sie von ihrem Inhaber für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, im Inland ernsthaft benutzt worden sein, es sei denn, daß berechtigte Gründe für die Nichtbenutzung vorliegen.

(2) Die Benutzung der Marke mit Zustimmung des Inhabers gilt als Benutzung durch den Inhaber.

(3) Als Benutzung einer eingetragenen Marke gilt, unabhängig davon, ob die Marke in der benutzten Form auch auf den Namen des Inhabers eingetragen ist, auch die Benutzung der Marke in einer Form, die von der Eintragung abweicht, soweit die Abweichung den kennzeichnenden Charakter der Marke nicht verändert.

(4) Als Benutzung im Inland gilt auch das Anbringen der Marke auf Waren oder deren Aufmachung oder Verpackung im Inland, wenn die Waren ausschließlich für die Ausfuhr bestimmt sind.

(5) Soweit die Benutzung innerhalb von fünf Jahren ab dem Zeitpunkt, ab dem kein Widerspruch mehr gegen die Marke möglich ist, erforderlich ist, tritt in den Fällen, in denen gegen die Eintragung Widerspruch erhoben worden ist, an die Stelle des Ablaufs der Widerspruchsfrist der Zeitpunkt, ab dem die das Widerspruchsverfahren beendende Entscheidung Rechtskraft erlangt hat oder der Widerspruch zurückgenommen wurde.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 312/99 Verkündet am:
13. Juni 2002
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
SYLT-Kuh
Sind die Marke und die Ware identisch (hier: schwarz-bunte Kuh mit dem
Schriftzug "SYLT" als Aufkleber und Schlüsselanhänger), setzt die rechtserhaltende
Benutzung der Marke i.S. von § 26 Abs. 1 MarkenG voraus, daß die
maßgeblichen Verkehrskreise in der Abbildung nicht nur die Ware selbst sehen,
sondern die Abbildung auch als Hinweis auf die Herkunft der Waren aus einem
bestimmten Unternehmen auffassen.
BGH, Urt. v. 13. Juni 2002 - I ZR 312/99 - OLG Schleswig
LG Flensburg
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 13. Juni 2002 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Erdmann
und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Prof. Dr. Bornkamm, Dr. Büscher und
Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des SchleswigHolsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig vom 14. Dezember 1999 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Beklagten sind Inhaber der u.a. für "Aufkleber aus Papier und Kunststoffolie , Anhänger aus Metall oder Kunststoff" am 10. November 1992 unter
Nr. 2 024 390 eingetragenen nachstehend abgebildeten Marke, die eine schwarz-bunte Kuh darstellt, deren weiße Flecken den Schriftzug "SYLT" bilden :

Die Beklagten vertreiben Kunststoffaufkleber, die sich von dem Papieruntergrund abziehen lassen, und (flächenhafte) Schlüsselanhänger aus Metall und Kunststoff in folgender Aufmachung:

Die Klägerin, eine Kommanditgesellschaft, die im Jahre 1998 dreidimensionale Aufkleber mit einer schwarz-bunten Kuh und dem Schriftzug "SYLT" hergestellt und danach auf Betreiben der Beklagten die weitere Herstellung
unterlassen hat, hält die Marke der Beklagten für löschungsreif, weil in dem Vertrieb der Kunststoffaufkleber und der Schlüsselanhänger keine rechtserhaltende Benutzung der eingetragenen Marke liege.
Die Klägerin hat vor dem Landgericht beantragt,
die Beklagten zu verurteilen, in die Löschung der im Markenregister beim Deutschen Patentamt unter der Nr. 2 024 390 eingetragenen Bildmarke für die Waren "Aufkleber aus Papier und Kunststoffolie" gegenüber dem Deutschen Patentamt einzuwilligen.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben.
Gegen dieses Urteil haben die Beklagten Berufung eingelegt. Im Berufungsverfahren hat die Klägerin ihre Klage erweitert und beantragt,
die Beklagten unter Zurückweisung ihrer Berufung zu verurteilen, auch in die Löschung der eingetragenen Bildmarke für die Ware "Anhänger aus Metall und Kunststoff" gegenüber dem Deutschen Patentamt einzuwilligen.
Das Berufungsgericht hat die Klage insgesamt abgewiesen.
Mit ihrer Revision, deren Zurückweisung die Beklagten beantragen, verfolgt die Klägerin ihren Antrag auf Einwilligung in die teilweise Löschung der Marke der Beklagten weiter.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat die Klage auf Löschung wegen Verfalls (§§ 55, 49 MarkenG) für unbegründet erachtet. Es hat eine rechtserhaltende Benutzung der Marke der Beklagten i.S. von § 26 MarkenG bejaht und hierzu ausgeführt:
Die Marke müsse von ihrem Inhaber für die Waren und Dienstleistungen, für die sie eingetragen sei, im Inland ernsthaft benutzt werden. Dazu sei die Verwendung der Marke zur kennzeichenmäßigen Unterscheidung der Waren und Dienstleistungen des Benutzers von den Produkten anderer Unternehmen erforderlich. Diese Funktion erfüllten die von den Beklagten vertriebenen Aufkleber und Schlüsselanhänger durch die Wiedergabe der eingetragenen Marke auch in unveränderter Form. Abzustellen sei auf die im Verkehr übliche und wirtschaftlich sinnvolle Verwendung der Marke. Bestimmte Marken könnten bei funktionsgemäßer Benutzung die Ware selbst darstellen. Dies sei bei der zugunsten der Beklagten eingetragenen Marke bei Warenaufklebern und Schlüsselanhängern der Fall. Der Verbraucher werde die Gegenstände, für die die Marke eingetragen sei, gerade wegen des originellen Motivs kaufen. Einer verkleinerten Wiedergabe der Marke auf den Waren bedürfe es zur Kennzeichnung nicht. Unter Geltung des Markengesetzes sei auch die Form der Ware markenfähig. Eine eigenartig und phantasievoll ausgestaltete Ware könne auf deren Herkunft aus einem Unternehmen hinweisen.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben keinen Erfolg.
1. Für die nach Inkrafttreten des Markengesetzes am 1. Januar 1995 erhobene Löschungsklage ist das Berufungsgericht zutreffend von den Vorschriften des Markengesetzes ausgegangen, auch wenn die Marke der Beklagten vor dem 1. Januar 1995 eingetragen worden ist (vgl. BGH, Urt. v. 17.5.2001 - I ZR 187/98, GRUR 2002, 59, 60 f. = WRP 2001, 1211 - ISCO).
2. Der Klägerin steht der mit der Klage nach § 55 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, § 49 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 MarkenG verfolgte Anspruch auf Einwilligung in die Löschung wegen Verfalls der Marke der Beklagten für die Waren "Aufkleber aus Papier und Kunststoffolie, Anhänger aus Metall und Kunststoff" nur zu, wenn die Beklagten die Marke nicht rechtserhaltend i.S. des § 26 MarkenG benutzt haben. Das Berufungsgericht hat eine rechtserhaltende Benutzung der Marke bejaht. Das hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.

a) Nach der Vorschrift des § 26 Abs. 1 MarkenG erfordert eine rechtserhaltende Benutzung der Marke regelmäßig, daß diese von ihrem Inhaber für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, im Inland ernsthaft verwendet worden ist. Als Benutzung im Sinne dieser Bestimmung kann grundsätzlich nur eine Verwendung als Marke angesehen werden, d.h. in einer Form, die der Verkehr aufgrund der ihm objektiv entgegentretenden Umstände als einen zeichenmäßigen Hinweis auf die Herkunft der Waren und Dienstleistungen ansieht (vgl. BGH, Urt. v. 18.5.1995 - I ZR 99/93, GRUR 1995, 583 = WRP 1995, 706 - MONTANA; Beschl. v. 24.11.1999 - I ZB 17/97, GRUR 2000, 890, 891 = WRP 2000, 743 - IMMUNINE/IMUKIN; Ingerl/Rohnke, Markengesetz, § 26 Rdn. 12; Althammer/Ströbele, Markengesetz, 6. Aufl., § 26 Rdn. 9; vgl. auch Fezer, Markenrecht, 3. Aufl., § 26 Rdn. 12).
Abzustellen ist dabei auf die übliche und wirtschaftlich sinnvolle Verwendung der Marke, ohne daß aus Gründen des Benutzungszwangs weitergehende Anforderungen zu stellen sind (vgl. BGH, Beschl. v. 6.5.1999 - I ZB 54/96, GRUR 1999, 995, 997 = WRP 1999, 936 - HONKA).

b) Ohne Erfolg macht die Revision geltend, die Aufkleber und die Schlüsselanhänger mit dem Motiv der schwarz-bunten Kuh und dem Schriftzug "SYLT" würden vom Verkehr nur als schmückendes Element oder - wegen der Anführung von Sylt in der Abbildung - als geographische Angabe und nicht als Hinweis auf die Herkunft der Aufkleber und der Anhänger aus einem bestimmten Unternehmen verstanden. Die Benutzung des Zeichens als Ware sei keine Benutzung der Marke für die Ware.
Da die rechtserhaltende Benutzung nach § 26 Abs. 1 MarkenG eine Verwendung der Marke für die Waren voraussetzt, kann allerdings die Feststellung der markenmäßigen Benutzung Probleme aufwerfen, wenn die Marke und die Ware identisch sind (vgl. Eichmann, GRUR Int. 2000, 483, 485; Althammer /Ströbele aaO § 26 Rdn. 28; vgl. auch Giefers, Festschrift für Vieregge, S. 267, 286). Denn die Marke muß gegenüber der zu kennzeichnenden Ware begrifflich selbständig sein (vgl. BGHZ 140, 193, 197 - Farbmarke gelb/ schwarz; BGH, Beschl. v. 23.11.2000 - I ZB 18/98, GRUR Int. 2001, 462, 463 = WRP 2001, 265 - Stabtaschenlampen; Fezer, Festschrift für Piper, S. 525, 526; Ingerl/Rohnke aaO § 3 Rdn. 6; Althammer/Ströbele aaO § 26 Rdn. 28 m.w.N.). Entscheidend ist in diesem Zusammenhang allein die Auffassung des Verkehrs. Erkennen die maßgeblichen Verkehrskreise in der Abbildung nicht nur die Ware selbst, sondern fassen sie die Abbildung auch als Hinweis auf die Herkunft der Waren aus einem Unternehmen auf, ist von einer rechtserhaltenden Benutzung der mit der Ware identischen Marke auszugehen.

Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei festgestellt, daß die naturgetreue Abbildung der Marke als Aufkleber und als Schlüsselanhänger eine im Verkehr übliche und wirtschaftlich sinnvolle Verwendung der Marke darstellt. In einem solchen Fall wird der Verkehr bei der naturgetreuen Wiedergabe der Bildmarke einen zeichenmäßigen Hinweis auf die Herkunft derartiger Ware aus einem bestimmten Unternehmen ansehen.
Ohne Erfolg beruft sich die Revision darauf, bei einer Anerkennung der Verwendung der Abbildung der schwarz-bunten Kuh mit dem Schriftzug "SYLT" für Aufkleber und Schlüsselanhänger als rechtserhaltende Markenbenutzung werde im Streitfall ein zeitlich unbegrenzter Schutz für die Waren selbst geschaffen. Der Markenschutz ist Folge des Entstehens des Markenrechts nach § 4 MarkenG und nicht der rechtserhaltenden Benutzung i.S. von § 26 MarkenG.
Im vorliegenden Fall spielt es auch keine Rolle, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen nach Öffnung des Registers für neue Markenformen durch das Markengesetz die Wiedergabe der Marke in einer anderen Markenform noch eine rechtserhaltende Benutzung der Marke i.S. des § 26 Abs. 1 MarkenG oder in abgewandelter Form nach § 26 Abs. 3 Satz 1 MarkenG darstellt (vgl. auch BGH, Urt. v. 18.12.1997 - I ZR 163/95, GRUR 1998, 934 = WRP 1998, 759 - Wunderbaum; Eichmann, GRUR Int. 2000, 483, 484 f., m.w.N.; Fezer aaO § 26 Rdn. 114; Ingerl/Rohnke aaO § 26 Rdn. 99; Althammer /Ströbele aaO § 26 Rdn. 27; Giefers aaO S. 267, 286). Von einer formwechselnden Wiedergabe der Marke der Beklagten (Benutzung einer zweidimensionalen Marke in dreidimensionaler Form) ist im Streitfall auch nicht bei den Schlüsselanhängern auszugehen. Die von den Beklagten vertriebenen
Schlüsselanhänger stellen - wie mit den Parteien im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat näher erörtert - ebenso wie die Aufkleber flächenhafte Abbildungen der Marke und nicht eine plastische Gestaltung der abgebildeten Kuh dar.
III. Danach war die Revision mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Erdmann RiBGH Dr. v. Ungern-Sternberg Bornkamm ist infolge Urlaubs an der Unterschriftsleistung verhindert. Erdmann
Büscher Schaffert

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 293/02 Verkündet am:
21. Juli 2005
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
OTTO
Ein Versandhändler, der eine Vielzahl unterschiedlicher Waren vertreibt, die
zum Teil von bekannten Markenherstellern und zum Teil von unbekannten Herstellern
stammen und als Gemeinsamkeit lediglich den Vertriebsweg aufweisen,
benutzt seine für entsprechende Waren eingetragenen Marken mit deren Verwendung
auf und in seinen Katalogen und auf den Versandtaschen nicht
rechtserhaltend.
BGH, Urt. v. 21. Juli 2005 - I ZR 293/02 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 21. Juli 2005 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die
Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Dr. Büscher, Dr. Schaffert und Dr. Bergmann

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, 5. Zivilsenat, vom 30. Oktober 2002 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger, ein Patentanwalt, nimmt die beklagte Otto-Versand GmbH & Co., die Inhaberin des weltgrößten Versandhandelsunternehmens ist und in ihren Katalogen ein umfangreiches Warensortiment mit rund 30.000 Artikeln anbietet, auf Einwilligung in die Löschung von 27 im Markenregister des deutschen Patent- und Markenamts eingetragenen Marken in Anspruch. Bei den im Streit befindlichen Marken handelt es sich um außerhalb der Benutzungsschonfrist befindliche Wortmarken und Wort-/Bildmarken mit dem Wortbestandteil "OTTO" für unterschiedliche und teilweise sehr umfangreiche Warenverzeichnisse.
Nach der Auffassung des Klägers sind die Streitmarken löschungsreif, weil die Beklagte sie auf ihren Briefbögen und Rechnungen sowie insbesondere auch in ihren Katalogen nicht i.S. des § 26 MarkenG als produktidentifizierende Unterscheidungszeichen für die von ihr angebotenen Waren, sondern lediglich als Geschäftszeichen benutzt habe. Die von der Beklagten vorgetragene Zeichenverwendung auf Mützen, Kugelschreibern, T-Shirts, Bonbons usw. habe allein Werbezwecken gedient und daher keine rechtserhaltende Benutzung für die Waren dargestellt, für die die Marken eingetragen seien.
Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, gegenüber dem Deutschen Patent- und Markenamt in die Löschung folgender Wort-/Bildmarken einzuwilligen:
DT 00887131 "OTTO" DT 00883855 "OTTO VERSAND" DD 647815 "OTTO VERSAND" DT 00735825 "OTTO Versand" DD 647791 "Otto … find' ich gut" DD 647810 "OTTO extra" DT 00945011 "OTTO extra" DD 647817 "OTTO >wohnen<" DT 00947443 "OTTO wohnen" DD 647913 "Schlag' nach bei OTTO" DD 648492 "YF OTTO VERSAND" DT 01017478 "YF OTTO VERSAND" DE 02007926 "Otto … find' ich gut!" DT 01097752 "Otto … find' ich gut." DE 02059479 "OTTO FOR YOU" DE 02908608 "OTTO NEWS" DT 00866753 "Wie Wir wohnen OTTO VERSAND"
DT 00869740 "panorama OTTO VERSAND" DT 00871260 "Schlag' nach bei OTTO" DT 00884706 "OTTO'S go in" DT 00892192 "inter tuch OTTO VERSAND" DT 00893657 "OTTO SICHERGEHN BEIM EINKAUF" DT 00897360 "TWEN CLUB OTTO VERSAND" DD 647914 "POST SHOP OTTO SHOPPING PER POST" DT 00902083 "OTTO POST SHOP" DT 00948956 "OTTO apart" DD 647813 "OTTO apart".
Die Beklagte hat geltend gemacht, die Klage sei rechtsmißbräuchlich; denn sie sei im Hinblick darauf erhoben worden, daß die Beklagte die in W. ansässige I. GmbH wegen der von dieser auf Empfehlung des Klägers erwirkten Eintragung der Wortmarke "OTTOMOBIL" vor dem Landgericht Frankfurt am Main erfolgreich auf Unterlassung in Anspruch genommen habe. Außerdem sei Dritten eine Verwendung der Streitmarken ohnehin nicht gestattet und auch kein Interesse der Öffentlichkeit zu erkennen, Marken, mit denen Milliardenumsätze erzielt würden, zukünftig nur noch durch eine Geschäftsbezeichnung , nicht aber als eingetragene Marken zu schützen. Die Klage sei im übrigen zumindest unbegründet, weil die Streitmarken rechtserhaltend benutzt worden seien.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben.
Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben (OLG Hamburg GRUR-RR 2003, 145).
Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung weiter. Der Kläger beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt:
Die erhobene Löschungsklage sei unabhängig davon, ob die Marken auch nach ihrer Löschung wegen anderweitiger Rechte ihres Inhabers von keinem Dritten verwendet werden könnten, nicht rechtsmißbräuchlich. Der Umstand allein, daß Anlaß für die Klage ein Prozeß der Beklagten gegen einen Mandanten des Klägers gewesen sei, genüge nicht. Die Beklagte habe für ihre im zweiten Rechtszug erhobene Behauptung, der Geschäftsführer der I. GmbH habe ihr die Rücknahme der Löschungsklage im Falle einer gütlichen Beilegung des Verfahrens in Frankfurt angeboten, keinen Beweis angetreten und auch nicht behauptet, die I. GmbH und der Kläger wirkten kollusiv zusammen, um die Beklagte über das vorliegende Verfahren zu einem Einlenken in dem Verfahren in Frankfurt zu bewegen. Der Umstand, daß der Kläger gemäß dem zweitinstanzlichen Vortrag der Beklagten weitere 100 Löschungsanträge gegen außerhalb der Benutzungsschonfrist befindliche Marken der Beklagten gestellt habe, sei ebenfalls nicht rechtsmißbräuchlich, sondern vor dem Hintergrund der Rechtsauffassung des Klägers nur konsequent. Es gebe auch keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, daß der Kläger nur einen möglichst großen Schaden bei der Beklagten anrichten wolle, zumal diese nach ihrem eigenen Vortrag aufgrund ihrer Firmenbezeichnung jedenfalls die Benut-
zung fremder Marken, die mit ihrem Zeichen "OTTO" kollidierten, jederzeit verhindern könne.
Das Landgericht habe zu Recht auch die Löschungsreife der angegriffenen Marken wegen Nichtbenutzung bejaht.
Die von der Beklagten vorgelegten Belege wiesen überhaupt nur für die Marken "OTTO", "OTTO VERSAND", "OTTO extra", "OTTO … find' ich gut", "OTTO wohnen", "OTTO POST SHOP" und "OTTO apart" Benutzungshandlungen aus, die allerdings hinter den sehr viel umfangreicheren Warenverzeichnissen für diese Marken zurückblieben. Jedoch seien auch diese Marken nicht auf der Ware angebracht worden, sondern nur in Katalogen, in der Werbung und auf dem für alle Produkte des Katalogs enthaltenen Verpackungsmaterial zu finden. Sie seien damit aus der Sicht des Verkehrs nicht produktbezogen, sondern nur - was für eine rechtserhaltende Benutzung nicht ausreiche - als Firmenkennzeichen verwandt worden. Ein solches Verkehrsverständnis liege schon deshalb nahe, weil die Beklagte nicht nur ganz bestimmte Waren, sondern eine große Vielzahl ganz unterschiedlicher Waren vertreibe, die zum Teil von bekannten Markenherstellern und zum Teil von unbekannten Herstellern stammten. Die Beklagte vertreibe auch innerhalb der einzelnen Warengattungen Waren der unterschiedlichsten Hersteller, weshalb eine Aussage zum Beispiel über "OTTO-Schuhe" nicht diese selbst näher individualisiere, sondern nur deren Vertriebsweg charakterisiere. Die Beurteilung des Verkehrsverständnisses werde zudem durch die Praxis der Beklagten bestätigt, technische Produkte mit der eigenen Handelsmarke "H. " zu versehen; dafür bestünde kein Bedürfnis, wenn "OTTO" bereits als Warenmarke verstanden würde. Der Vortrag der Beklagten, der Verkehr verbinde mit den bei ihr gekauften Waren bestimmte Qualitätsvorstellungen, führe zu keinem anderen Ergebnis; denn der Verkehr beziehe die dafür angeführten Gesichtspunkte auf die Dienstleistungen
der Beklagten im Versandhandel und allenfalls mittelbar auf die Ware selbst. Eine schlagwortartige "markenmäßige" Verwendung eines Zeichens wie "OTTO" auf den Katalogen und Versandpackungen sei auch bei Firmenkennzeichen gang und gäbe.
Die bisherige Praxis in Deutschland, den Einzelhandel nicht als Dienstleistung im markenrechtlichen Sinne anzuerkennen und daher dafür keinen Markenschutz zu gewähren, möge unbefriedigend sein, dürfte aber angesichts der nunmehr erfolgten Eintragung als Gemeinschaftsmarke demnächst überprüft werden. Unabhängig davon stehe die Beklagte auch gegenwärtig keineswegs schutzlos da, weil sie Kennzeichenverletzungen mit ihrem bekannten Unternehmenskennzeichen verhindern könne und beispielsweise auch ihr bekannter Werbeslogan "OTTO … find' ich gut" über § 1 UWG (a.F.) geschützt sei. Der Umstand, daß der Markenschutz und der Schutz der geschäftlichen Bezeichnung gewisse Unterschiede aufwiesen, folge aus der Systematik des Markengesetzes und belaste die Beklagte nicht in unbilliger Weise.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision der Beklagten ist nicht begründet. Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, daß die Klage nicht rechtsmißbräuchlich erhoben ist, und hat auch die Löschungsreife der im Streit befindlichen Marken ohne Rechtsfehler bejaht.
1. Die Klagebefugnis und Aktivlegitimation des Klägers folgt aus § 55 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Ein besonderes Interesse des Klägers an der Löschung der Streitmarken ist danach nicht erforderlich. Die Klagebefugnis hängt auch nicht von der Beurteilung ab, ob im jeweiligen Einzelfall ein Allgemeininteresse an der Löschung der betroffenen Marke festzustellen ist (vgl. - zu § 11 Abs. 1 Nr. 4 WZG - BGH, Urt. v. 24.10.1985 - I ZR 209/83, GRUR 1986, 315, 316 - COMBURTEST; Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 2. Aufl., § 55 Rdn. 5 f.; Hacker
in: Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl., § 55 Rdn. 26; Bous in: Ekey/Klippel, Markenrecht, § 55 MarkenG Rdn. 9; a.A. Fezer, Markenrecht, 3. Aufl., § 55 Rdn. 5g).
Es spielt daher keine Rolle, ob die Beklagte gegen die zeichenmäßige Verwendung der Streitmarken durch andere Personen auch nach deren Löschung noch aus anderen Gründen vorgehen könnte. Eine Löschungsklage wegen Verfalls der Marke ist nicht ausgeschlossen, wenn das Zeichen trotz Löschung als Marke wegen anderweitiger Kennzeichenrechte seines Inhabers von keinem Dritten verwendet werden könnte (BGH GRUR 1986, 315, 316 - COMBURTEST). Die Klage ist auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil sie möglicherweise dem Kläger keinen Vorteil bringt und damit nur die Beklagte in ihrer Rechtsstellung beeinträchtigt. Anhaltspunkte dafür, daß die Klage allein die Schädigung der Beklagten bezweckt (§§ 826, 226 BGB), sind nicht ersichtlich. Gegen den klagenden Patentanwalt kann der Vorwurf sittenwidriger Schädigung oder rechtsmißbräuchlichen Vorgehens nicht erhoben werden, auch wenn er sich zu der Löschungsklage erst nach einer erfolgreichen Klage der Beklagten gegen einen seiner Mandanten veranlaßt gesehen haben sollte.
2. Das Berufungsgericht hat ohne Rechtsfehler angenommen, daß der Kläger die Löschung der Streitmarken beanspruchen kann, weil die Beklagte diese nicht rechtserhaltend benutzt hat (§ 55 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, § 49 Abs. 1 Satz 1, § 26 MarkenG).

a) Die Benutzung der für Waren eingetragenen Marke wirkt nur dann rechtserhaltend, wenn sie deren Hauptfunktion entspricht, dem Verkehr die Ursprungsidentität der Ware zu garantieren, indem sie ihm ermöglicht, diese Ware von Waren anderer Herkunft zu unterscheiden (EuGH, Urt. v. 11.3.2003 - Rs. C-40/01, Slg. 2003, I-2439 Tz. 36 = GRUR 2003, 425 - Ansul/Ajax). Hierzu
ist es ausreichend, aber auch erforderlich, daß die Marke in üblicher und wirtschaftlich sinnvoller Weise für die Ware verwendet wird, für die sie eingetragen ist (vgl. BGH, Beschl. v. 6.5.1999 - I ZB 54/96, GRUR 1999, 995, 997 = WRP 1999, 936 - HONKA; Urt. v. 17.5.2001 - I ZR 187/98, GRUR 2002, 59, 63 = WRP 2001, 1211 - ISCO; Urt. v. 13.6.2002 - I ZR 312/99, GRUR 2002, 1072, 1073 = WRP 2002, 1284 - SYLT-Kuh). Eine rechtserhaltende Benutzung i.S. von § 26 MarkenG liegt dann nicht vor, wenn das Zeichen ausschließlich als Unternehmenskennzeichen Verwendung findet (BGH, Urt. v. 10.10.2002 - I ZR 235/00, GRUR 2003, 428, 430 = WRP 2003, 647 - BIG BERTHA; BPatGE 46, 108, 113, jeweils m.w.N.). Entscheidend ist, ob der angesprochene Verkehr die Benutzung des Kennzeichens zumindest auch als Unterscheidungszeichen für die Ware ansieht (vgl. BGH, Urt. v. 18.5.1995 - I ZR 99/93, GRUR 1995, 583, 584 = WRP 1995, 706 - MONTANA; Beschl. v. 24.11.1999 - I ZB 17/97, GRUR 2000, 890 = WRP 2000, 743 - IMMUNINE/IMUKIN). Das ist dann der Fall, wenn das Zeichen als Herkunftshinweis für das beworbene Produkt verstanden wird (vgl. Fezer aaO § 26 Rdn. 21; Ingerl/Rohnke aaO § 26 Rdn. 34). Unerheblich ist hierbei, ob die Marke für ein Herstellerunternehmen oder für ein Handelsunternehmen (als sogenannte Handelsmarke) eingetragen ist. Auch der für eine rechtserhaltende Benutzung maßgebliche Gegenstand einer sogenannten Handelsmarke wird durch die Ware(n) oder Dienstleistung (en) bestimmt, für die sie eingetragen ist (vgl. BPatGE 46, 108, 115 f.; Fezer aaO § 3 Rdn. 32 u. 154b; Ströbele in: Ströbele/Hacker aaO § 26 Rdn. 55).

b) Das Berufungsgericht ist von diesen Grundsätzen ausgegangen und hat sie ohne Rechtsfehler auf den Streitfall angewandt. Die von der Revision gegen seine Beurteilung erhobenen Rügen haben keinen Erfolg.
aa) Der dem Verkehr geläufige Umstand, daß Warenmarken in zahlreichen Fällen zugleich Unternehmenskennzeichen sind, sowie die Tatsache, daß
die Grenze zwischen firmen- und markenmäßigem Gebrauch nicht immer eindeutig gezogen werden kann (vgl. BGH, Urt. v. 5.10.2000 - I ZR 166/98, GRUR 2001, 344, 345 = WRP 2001, 273 - DB Immobilienfonds; Urt. v. 9.10.2003 - I ZR 65/00, GRUR 2004, 512, 513 f. = WRP 2004, 610 - Leysieffer), rechtfertigen es entgegen der Auffassung der Revision nicht, die Unterscheidung zwischen einem firmenmäßigen und einem markenmäßigen Gebrauch im Rahmen des § 26 MarkenG fallenzulassen oder mit einer firmenmäßigen Benutzung zugleich auch eine markenmäßige Benutzung als gegeben anzusehen. Dies stünde in Widerspruch zum Wortlaut des § 26 Abs. 1 MarkenG und des durch diese Bestimmung in das nationale Recht umgesetzten Art. 10 Abs. 1 MRRL, wonach die Marke für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, d.h. mit einem entsprechenden Produktbezug benutzt werden muß (vgl. auch EuGH GRUR 2003, 425 Tz. 36 f. - Ansul/Ajax).
bb) Die von der Beklagten vorgenommene Verwendung der Marken bzw. Markenbestandteile "OTTO" und "OTTO VERSAND" auf den Deckblättern ihrer Kataloge genügte nach den vom Berufungsgericht dazu getroffenen Feststellungen dafür nicht. Die Kataloge der Beklagten enthielten eine Vielzahl von Markenwaren. Der Verkehr hatte daher keinen Anlaß, die auf und auch in ihnen angebrachte Unternehmensbezeichnung "OTTO" als eine produktbezogene Bezeichnung zu verstehen. Auch der Umstand, daß diese Bezeichnung in den Katalogen und auf den Versandtaschen der Beklagten - wie die Revision meint - "graphisch in der Art einer Wort-Bild-Marke gestaltet" verwendet wurde, ändert an dieser Beurteilung nichts; denn dadurch wird kein konkreter Bezug zu den einzelnen darin enthaltenen unterschiedlichen Produkten hergestellt.
cc) Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, daß bei einem Unternehmen wie dem der Beklagten, bei dem eine Vielzahl gänzlich unterschiedlicher Waren, die zum Teil von bekannten Markenherstellern und zum
Teil von unbekannten Herstellern stammen und als Gemeinsamkeit lediglich den Vertriebsweg über die Beklagte aufweisen, für den angesprochenen Verkehr die Annahme naheliegt, das von dem anbietenden Unternehmen verwendete Kennzeichen stelle allein dessen Unternehmenskennzeichen dar. Dies gilt zumal dann, wenn - worauf das Berufungsgericht ebenfalls zutreffend abgestellt hat - sich die Werbung - wie bei der Beklagten - nicht auf einzelne Produkte oder immerhin Produktgattungen, sondern auf das gesamte Sortiment bezieht. Der Umstand, daß die Beklagte die vertriebenen Produkte in mit ihren Kennzeichen versehenen Versandtaschen ausliefert, rechtfertigt keine abweichende Beurteilung. Für den Verkehr liegt die Annahme fern, mit dem Aufdruck eines Zeichens auf einer Versandtasche werde jede darin enthaltene und als solche nicht erkennbare Ware zur Unterscheidung von Waren anderer Herkunft bezeichnet. Es fehlt auch insoweit der konkrete Bezug des Zeichens zum jeweiligen Produkt.
dd) Die vom Berufungsgericht vorgenommene Beurteilung stellt sich im übrigen auch nicht deshalb als rechtsfehlerhaft dar, weil - wie die Revision geltend macht - die von der Beklagten vertriebenen Produkte in vielen Fällen keine oder zumindest keine prominenten Produktnamen tragen. Dem Verkehr ist es nicht fremd, daß im stationären Handel wie auch im Versandhandel weder vom Hersteller noch vom Handel mit einer Marke versehene Waren vertrieben werden. Ob eine andere Beurteilung veranlaßt sein könnte, wenn ein Unternehmen das Kennzeichen ausschließlich für den Handel mit Produkten ohne Marke (No-name-Produkten) verwendete, steht nicht zur Entscheidung. Entsprechende Feststellungen hat das Berufungsgericht nicht getroffen. Dahingehend hat die Beklagte auch nichts vorgetragen.
3. Nicht zu entscheiden war danach die Frage, ob es, wie das Berufungsgericht gemeint hat, für die vorstehend unter I. nicht aufgeführten Streit-
marken schon deshalb keine Benutzungsnachweise gibt, weil diese in ihrem kennzeichnenden Charakter nicht allein durch den Bestandteil "OTTO" oder "OTTO VERSAND" bestimmt werden.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Ullmann v. Ungern-Sternberg Büscher
Schaffert Bergmann

(1) Soweit die Geltendmachung von Ansprüchen aus einer eingetragenen Marke oder die Aufrechterhaltung der Eintragung davon abhängig ist, daß die Marke benutzt worden ist, muß sie von ihrem Inhaber für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, im Inland ernsthaft benutzt worden sein, es sei denn, daß berechtigte Gründe für die Nichtbenutzung vorliegen.

(2) Die Benutzung der Marke mit Zustimmung des Inhabers gilt als Benutzung durch den Inhaber.

(3) Als Benutzung einer eingetragenen Marke gilt, unabhängig davon, ob die Marke in der benutzten Form auch auf den Namen des Inhabers eingetragen ist, auch die Benutzung der Marke in einer Form, die von der Eintragung abweicht, soweit die Abweichung den kennzeichnenden Charakter der Marke nicht verändert.

(4) Als Benutzung im Inland gilt auch das Anbringen der Marke auf Waren oder deren Aufmachung oder Verpackung im Inland, wenn die Waren ausschließlich für die Ausfuhr bestimmt sind.

(5) Soweit die Benutzung innerhalb von fünf Jahren ab dem Zeitpunkt, ab dem kein Widerspruch mehr gegen die Marke möglich ist, erforderlich ist, tritt in den Fällen, in denen gegen die Eintragung Widerspruch erhoben worden ist, an die Stelle des Ablaufs der Widerspruchsfrist der Zeitpunkt, ab dem die das Widerspruchsverfahren beendende Entscheidung Rechtskraft erlangt hat oder der Widerspruch zurückgenommen wurde.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 293/00 Verkündet am:
28. August 2003
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Kellogg's/Kelly's

a) Eine Benutzungshandlung ist nur dann als ernsthaft anzusehen, wenn sie
nach Art, Umfang und Dauer dem Zweck des Benutzungszwangs entspricht,
die Geltendmachung bloß formaler Markenrechte zu verhindern. Die Anforderungen
an Art, Umfang und Dauer der Benutzung sind dabei am Maßstab
des jeweils Verkehrsüblichen und wirtschaftlich Angebrachten zu messen.

b) Die Benutzung der Marke in einer Form, die von der Eintragung abweicht,
wirkt nach § 26 Abs. 3 MarkenG nur dann rechtserhaltend, wenn die Abweichungen
den kennzeichnenden Charakter der Marke nicht verändern. Das ist
dann der Fall, wenn der Verkehr das abweichend benutzte Zeichen gerade
bei Wahrnehmung der Unterschiede dem Gesamteindruck nach noch mit der
eingetragenen Marke gleichsetzt, d.h. in der benutzten Form noch dieselbe
Marke sieht.
BGH, Urteil vom 28. August 2003 - I ZR 293/00 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 5. Juni 2003 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann
und die Richter Prof. Dr. Bornkamm, Pokrant, Dr. Büscher und Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, 3. Zivilsenat, vom 23. November 2000 unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen aufgehoben, soweit die Berufung der Beklagten gegen Ziffer I. 2. und II. des Urteils des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 15, vom 17. Juni 1998 in Bezug auf vor dem 4. Oktober 1995 im Beitrittsgebiet (Art. 3 des Einigungsvertrags) vorgenommene Handlungen zurückgewiesen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird das genannte Urteil des Landgerichts Hamburg dahingehend abgeändert, daß die Klage auch insoweit abgewiesen wird.
Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin produziert und vertreibt in Deutschland Cerealien einschließlich Müsli-Riegel unter der Bezeichnung "Kellogg's". Unter den Anbietern von Cerealien in Deutschland ist sie Marktführerin.
Die Klägerin ist hinsichtlich der zugunsten ihrer amerikanischen Muttergesellschaft eingetragenen deutschen Marken Lizenznehmerin und zur Durchsetzung von Verletzungsansprüchen im eigenen Namen ermächtigt. Die Muttergesellschaft der Klägerin ist u.a. Inhaberin der mit Zeitrang vom 28. November 1949 für "aus Getreide hergestellte Frühstücksspeisen" eingetragenen Marke Nr. 611 710:

Die Beklagte vertreibt in Deutschland unter der Marke "Kelly's" vorwiegend salzige Knabberartikel wie Kartoffelchips, Kartoffelsticks, MaisErdnuß -Snacks und gesalzene Erdnüsse. Sie ist Inhaberin folgender IR-Marken: - mit Zeitrang vom 9. März 1972 unter der Nummer IR (DD) R 386 011 für "Arachides préparées, pommes chips, amandes saupoudrées, pop corn, arachides (confiserie), produits amylacés pour l’alimentation, aussi enrobés de beurre d’arachides" eingetragene Marke (weiße Schrift vor rotem Hintergrund):

- mit Zeitrang vom 12. Mai 1989 unter der Nummer IR (DD) 539 023 u.a. für "produits faits avec des pommes de terre; …, noix et pépins préparés ; ...céréales et préparations faites de céréales pour la consommation ; ..., préparations alimentaires à base de flocons de céréales mélangées avec des fruits secs et d’autres produits alimentaires, dites ," eingetragene Marke:

- mit Zeitrang vom 12. Mai 1989 unter der Nummer IR (DD) 539 022 u.a. für dieselben Waren wie die Marke 539 023 eingetragene Wortmarke "KELLY©S".
Den genannten Marken liegen internationale Registrierungen mit einer Schutzerstreckung auf das Gebiet der früheren DDR zugrunde. Sie sind nach der deutschen Wiedervereinigung aufgrund des Erstreckungsgesetzes (v. 23.4.1992, BGBl. I S. 938 = GRUR 1992, 749 - ErstrG) zum 1. Mai 1992 auch in der übrigen Bundesrepublik wirksam geworden.
Die Klägerin nimmt die Beklagte im vorliegenden Rechtsstreit wegen Verletzung ihrer Marken "Kellogg's" und ihrer geschäftlichen Bezeichnung "Kellogg" auf Unterlassung der Benutzung des Zeichens "Kelly's" für Kartoffelchips , Kartoffelsticks, Mais-Weizen-Kartoffel-Soja-Snacks, Mais-Erdnußsnacks und gesalzenen Erdnüssen sowie Popcorn und auf Auskunftserteilung und Schadensersatzfeststellung in Anspruch. Des weiteren begehrt sie von der Beklagten deren Einwilligung in die Schutzentziehung der genannten drei IR-Marken.
Das Landgericht hat unter Abweisung der Klage im übrigen
I. die Beklagte
1. unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel verurteilt, es zu unterlassen, in der Bundesrepublik Deutschland im geschäftlichen Verkehr mit Kartoffelchips, Kartoffelsticks, Mais-Weizen-Kartoffel-Soja-Snacks, Mais-Erdnußsnacks und gesalzenen Erdnüssen sowie Popcorn das Zeichen "Kelly's" zu benutzen, insbesondere das Zeichen auf solchen Waren oder ihrer Aufmachung oder Verpackung anzubringen, unter dem Zeichen Waren anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen, unter dem Zeichen Waren einzuführen oder auszuführen und/oder das Zeichen in Geschäftspapieren oder in der Werbung für solche bzw. mit solchen Waren zu benutzen;
2. verurteilt, der Klägerin Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg von gemäß Ziffer 1. widerrechtlich gekennzeich-
neten Gegenständen zu erteilen, und zwar unter Angabe von Namen und Anschrift des Herstellers, des Lieferanten und anderer Vorbesitzer, des gewerblichen Abnehmers oder des Auftraggebers sowie über die Menge der hergestellten, ausgelieferten , erhaltenen oder bestellten Gegenstände;
3. verurteilt, in die Entziehung des Schutzes der internationalen Marken Nr. R 386 011, 539 022 und 539 023 für die Bundesrepublik Deutschland einzuwilligen;
II. festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin den aus den unter Ziffer I.1. bezeichneten Handlungen entstandenen und künftig entstehenden Schaden zu ersetzen.
Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben (OLG Hamburg LRE 40, 45).
Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf vollständige Klageabweisung weiter. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat die Klage in dem vom Landgericht angenommenen Umfang ebenfalls für begründet erachtet und hierzu ausgeführt:
Bei der Verwendung des angegriffenen Zeichens "Kelly’s" für Kartoffel- chips, Kartoffelsticks, Mais-Weizen-Kartoffel-Soja-Snacks, Mais-Erdnußsnacks und gesalzene Erdnüsse sowie Popcorn bestehe Verwechslungsgefahr mit der für "aus Getreide hergestellte Frühstücksspeisen" eingetragenen Klagemarke. Dem Zeichen "Kellogg's" komme eine durch Benutzung erworbene, weit überdurchschnittliche Kennzeichnungskraft für Cornflakes-Produkte als Frühstückscerealien zu. Die Zeichen "Kellogg's" und "Kelly's" wiesen in Struktur und Klang eine Vielzahl von Gemeinsamkeiten auf. Die unterschiedlichen Endsilben würden nicht betont, so daß bei nicht aufmerksamem Hinhören Verwechslungen nicht auszuschließen seien. Auch bestehe Warenähnlichkeit zwischen den von der Beklagten mit der Bezeichnung "Kelly's" versehenen Waren und den mit der Klagemarke geschützten und von der Klägerin vertriebenen Frühstückscerealien. Im Hinblick auf den Prioritätsvorrang der Klagemarke sei die Beklagte verpflichtet , in die teilweise Entziehung des Schutzes ihrer drei IR-Marken für den Bereich der Bundesrepublik Deutschland einzuwilligen.
II. Die hiergegen gerichtete Revision der Beklagten hat zum weit überwiegenden Teil keinen Erfolg. Zu Recht hat das Berufungsgericht dem Antrag der Klägerin auf Einwilligung in die Entziehung des nationalen Schutzes der IR-Marken (DD) R 386 011, (DD) 539 023 und (DD) 539 022 für die Bundesrepublik Deutschland stattgegeben. Ebenfalls zutreffend ist seine Beurteilung, daß der Klägerin gegen die Beklagte die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung und - bis auf eine örtliche und zeitliche Einschränkung - auf Auskunft sowie auf Schadensersatz zustehen.
1. Die Bejahung des Schutzrechtsentziehungsanspruchs durch das Berufungsgericht hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.

a) Der Löschungsgrund der Verwechslungsgefahr nach §§ 55, 51 Abs. 1 i.V. mit § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG setzt eine eingetragene Marke mit älterem Zeitrang voraus. Im Streitfall ist dieser Vorrang des Rechts nach dem Zeitrang gemäß § 6 Abs. 2 MarkenG allerdings, wie das Berufungsgericht nicht berücksichtigt hat, durch § 30 ErstrG begrenzt (Fezer, Markenrecht, 3. Aufl., § 6 Rdn. 27).
Die IR-Marken (DD) R 386 011, (DD) 539 023 und (DD) 539 022 unterfallen dem Erstreckungsgesetz. Es handelt sich jeweils um internationale Marken mit einer ursprünglichen Schutzerstreckung auf das Gebiet der DDR. Diese Marken sind, nachdem sie vor dem 3. Oktober 1990 auf Grund internationaler Abkommen in den in Art. 3 des Einigungsvertrags genannten Ländern (Brandenburg , Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen) als geschützte Rechte bestanden haben, nach § 4 Abs. 1 und 2 ErstrG unter Beibehaltung ihres Zeitrangs mit Wirkung zum 1. Mai 1992 auf das übrige Bundesgebiet erstreckt worden. Zugleich sind nach § 1 Abs. 1 ErstrG die Klagemarken unter Beibehaltung ihres jeweiligen Zeitrangs auf das Gebiet dieser Länder erstreckt worden. Trifft eine nach § 1 ErstrG erstreckte Marke mit einer nach § 4 ErstrG erstreckten übereinstimmenden Marke zusammen, so darf nach § 30 Abs. 1 ErstrG jedes der Zeichen in dem Gebiet, auf das es erstreckt worden ist, grundsätzlich nur mit Zustimmung des Inhabers des anderen Zeichens benutzt werden. Der Tatbestand der Übereinstimmung der beiden Zeichen erfaßt dabei auch den Fall der Verwechslungsgefahr (Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drucks. 12/1399 S. 249, 257, 277 = GRUR 1992, 749, 786). Das Recht der Benutzung im früheren Erteilungsgebiet bleibt danach erhalten , und zwar auch bei der prioritätsjüngeren der beiden Marken. Dementsprechend kann der Inhaber der älteren Marke in bezug auf die jüngere Marke auch keine Löschungs- oder Schutzentziehungsansprüche geltend machen.


b) Der Klägerin steht der in Rede stehende Schutzentziehungsanspruch unabhängig davon jedoch aus § 115 Abs. 2 i.V. mit §§ 55, 49 Abs. 1 Satz 1 i.V. mit § 26 MarkenG wegen Verfalls der drei angegriffenen IR-Marken zu. Auch wenn es sich bei diesen um ursprünglich in der DDR erteilte und erst später auf das Gebiet der alten Ländern erstreckte Marken handelt, sind auf sie nach § 5 Satz 2 ErstrG insoweit die mit dem Einigungsvertrag übergeleiteten Vorschriften des Bundesrechts anzuwenden. Denn der nachträgliche Verfall wegen fehlender Benutzung stellt keine auch weiterhin nach den Vorschriften der DDR zu beurteilende Frage der Schutzfähigkeit i.S. des § 5 Satz 1 ErstrG dar, sondern betrifft allein die absoluten Voraussetzungen der Schutzfähigkeit sowie die aus älteren Rechten folgenden Schutzhindernisse (Begründung des Regierungsentwurfs , BT-Drucks. 12/1399, S. 34).
Nach § 49 Abs. 1 Satz 1 MarkenG wird die Eintragung einer Marke auf Antrag wegen Verfalls gelöscht, wenn die Marke nach dem Tag der Eintragung innerhalb eines ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren nicht gemäß § 26 MarkenG benutzt worden ist. Im vorliegenden Fall unterlagen die Marken nach dem in der DDR geltenden Recht keinem Benutzungszwang. Die Benutzungsschonfrist des § 49 Abs. 1 MarkenG begann für sie daher gemäß Anlage I Kap. III Sachgebiet E Abschn. II Nr. 1 § 10 Satz 1 Einigungsvertrag erst am Tag des Wirksamwerdens des Beitritts, also am 3. Oktober 1990 (vgl. BGHZ 139, 147, 149 - DRIBECK's LIGHT) und endete damit am 3. Oktober 1995. In diesem Zeitraum hat die Beklagte das mit ihren drei IR-Marken geschützte Zeichen "Kelly's" nicht ernsthaft benutzt.
aa) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Beklagte die Marken vor der deutschen Wiedervereinigung (3. Oktober 1990) nicht in Benutzung genommen.
bb) Soweit die Beklagte unter Hinweis auf Warenverkehrsbescheinigungen vorgetragen hat, sie habe die Marken zwischen 1990 und 1992 in den neu- en Bundesländern durch umfangreiche Lieferungen benutzt, war dies, da die Klägerin die fehlende Benutzung konkret behauptet hat und die Beklagte nach ihrem Vortrag auch über die Marke "Kelly" verfügt, unsubstantiiert, weshalb es auch nicht der Erhebung des von der Beklagten insoweit angebotenen Zeugenbeweises bedurfte. Bereits im Urteil des Landgerichts ist ausgeführt worden, daß die Beklagte in dieser Hinsicht keine Umsätze genannt habe.
cc) Soweit die Beklagte ab November 1995 mit "Kelly's" gekennzeichnete Artikel wie Erdnuß-Snips, Chips, Mini-Frittes, Knusper-Gitter, Erdnüsse und Popcorn an Abnehmer im Münchner Olympiastadion verkauft hat, stellte dies eine Benutzung nach Ablauf der Benutzungsschonfrist dar. Sie wäre zwar, da sie nicht erst innerhalb der letzten drei Monate vor der Anbringung der vom 2. Dezember 1996 datierenden Schutzentziehungsanträge erfolgt ist, nach § 49 Abs. 1 Satz 2 MarkenG grundsätzlich zu berücksichtigen. Sie stellte jedoch keine ernsthafte Benutzung dar. Eine Benutzungshandlung ist nur dann als ernsthaft anzusehen, wenn sie nach Art, Umfang und Dauer dem Zweck des Benutzungszwangs entspricht, die Geltendmachung bloß formaler Markenrechte zu verhindern (BGH, Urt. v. 13.5.1977 - I ZR 177/75, GRUR 1978, 46, 47 - Doppelkamp I; Beschl. v. 25.5.1979 - I ZB 13/76, GRUR 1979, 707, 708 - Haller; Beschl. v. 19.12.1979 - I ZB 4/78, GRUR 1980, 289, 290 - Trend). Die Anforderungen an Art, Umfang und Dauer der Benutzung sind dabei am Maßstab des jeweils Verkehrsüblichen und wirtschaftlich Angebrachten zu messen
(BGHZ 70, 143, 149 f. - Orbicin; BGH GRUR 1980, 289, 290 - Trend; BGH, Urt. v. 17.1.1985 - I ZR 107/83, GRUR 1985, 926, 927 - topfitz/topfit; Urt. v. 10.10.2002 - I ZR 235/00, GRUR 2003, 428, 430 = WRP 2003, 647 - BIG BER- THA). Die Belieferung allein des Münchner Olympiastadions mit Knabberartikeln genügt diesen Anforderungen nicht. Auch die in der Anlage B 8 genannten Umsätze von wöchentlich durchschnittlich rund 1.100 ssen , daß es sich bei der Beklagten um ein mit ihrer Marke "Kelly's" in Österreich bekanntes Unternehmen handelt, eine solche Benutzungsform nicht als wirtschaftlich vernünftig und nachvollziehbar erscheinen. Zwar können auch geringe Umsätze als wirtschaftlich sinnvoll angesehen werden, etwa wenn Kunden bei einem nur vorübergehenden Aufenthalt im Schutzland bei einer bestimmten Marke gehalten werden sollen (BGH, Urt. v. 5.6.1985 - I ZR 151/83, GRUR 1986, 168, 169 - Darcy). Solche Gründe sind im Streitfall jedoch nicht ersichtlich. Die dortige Benutzung stellt daher mangels Ernsthaftigkeit keine zu berücksichtigende Benutzung der Marke dar.
dd) Der Vertrieb von Popcorn unter der Bezeichnung "Kelly" durch die Beklagte oder einen Lizenznehmer stellte ebenfalls keine rechtserhaltende Benutzung der IR-Marken "Kelly's" dar. Die Benutzung der Marke in einer Form, die von der Eintragung abweicht, wirkt nach § 26 Abs. 3 MarkenG nur dann rechtserhaltend, wenn die Abweichungen den kennzeichnenden Charakter der Marke nicht verändern. Das ist dann der Fall, wenn der Verkehr das abweichend benutzte Zeichen gerade bei Wahrnehmung der Unterschiede dem Gesamteindruck nach noch mit der eingetragenen Marke gleichsetzt, d.h. in der benutzten Form noch dieselbe Marke sieht (BGH, Urt. v. 13.4.2000 - I ZR 220/97, GRUR 2001, 54, 56 = WRP 2000, 1296 - SUBWAY/Subwear). Diese Voraussetzung ist im Streitfall nicht erfüllt. Der Verkehr erkennt bei einem Vergleich der beiden Zeichen deren Unterschied und hat keinen Anlaß, das ab-
gewandelte Zeichen als dieselbe Marke anzusehen. Die Beklagte hat daher ihre drei angegriffenen IR-Marken auch nach Ablauf der Benutzungsschonfrist zumindest nicht ernsthaft benutzt.
2. Das Berufungsgericht hat - abgesehen von einer in örtlicher und zeitli- cher Hinsicht vorzunehmenden Einschränkung - wie schon das Landgericht zutreffend entschieden, daß die Unterlassungs-, Auskunfts- und Schadensersatzansprüche begründet sind, die die Klägerin wegen der Verletzung der Klagemarke mit Ermächtigung ihrer Inhaberin geltend gemacht hat. Die Revision wendet sich ohne Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, zwischen der Klagemarke und der angegriffenen Bezeichnung "Kelly's" bestehe Verwechslungsgefahr im Sinne von § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG, weil sowohl die kollidierenden Marken als auch die unter diesen Zeichen geschützten Waren in erheblichem Umfang verwechselbar seien.

a) Bei der Prüfung der Kennzeichnungskraft der Klagemarke hat das Berufungsgericht angenommen, daß "Kellogg's" von Haus aus eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft für aus Getreide hergestellte Frühstücksspeisen besitzt. Es ist des weiteren davon ausgegangen, daß der Klagemarke aufgrund ihrer erheblichen Bekanntheit für Cornflakes-Produkte eine weit überdurchschnittliche Kennzeichnungskraft zukommt. Diese Beurteilung wird von den Parteien nicht beanstandet und läßt auch keinen Rechtsfehler erkennen. Im Streitfall bedarf es keiner weiteren Ausführungen, zu welchem Zeitpunkt die kraft Benutzung gesteigerte Kennzeichnungskraft der Klagemarke vorgelegen hat. Schon bei der Annahme normaler Kennzeichnungskraft erweist sich die Beurteilung der Verwechslungsgefahr durch das Berufungsgericht als rechtsfehlerfrei.

b) Das Berufungsgericht hat Warenähnlichkeit zwischen den von der Klägerin aus dem Warenverzeichnis der Klagemarke benutzten Waren "Cornflakes" und "Müsli-Riegel" und den von der Beklagten für das angegriffene Zeichen "Kelly's" in Anspruch genommenen Waren "salzige Knabberartikel" angenommen. Es hat zwar keinen Grad der Ähnlichkeit der Waren zueinander benannt , ist aber ausdrücklich von Warennähe ausgegangen. Seine Feststellungen , wonach insbesondere Tankstellen und Bahnhofskioske verpackte Trokkenprodukte wie Erdnüsse und Cornflakes im selben Verkaufsregal anbieten und süße Backwaren und salzige Knabberartikel teilweise vom selben Hersteller gefertigt werden, sind von der Revision nicht angegriffen worden und lassen keinen Rechtsfehler erkennen.

c) Ohne Erfolg tritt die Revision der Annahme des Berufungsgerichts entgegen, die Marken "Kellogg's" und "Kelly's" wiesen eine die Verwechslungsgefahr begründende Zeichenähnlichkeit auf. Sie stützt sich dabei maßgeblich darauf, daß der Verkehr dem in beiden Zeichen übereinstimmenden Genitiv-"S" keine Bedeutung beimesse, daher lediglich die Wortstämme "Kellogg" und "Kelly" vergleiche und bei einem Vergleich der Zeichen deren deutliche Unterschiede in der Aussprache, insbesondere der Vokalfolge wahrnehme. Darüber hinaus erkenne der Verkehr in dem Zeichen "Kelly" den bekannten irischen Familiennamen, so daß es schon aus diesem Grund nicht zu Verwechslungen komme.
aa) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß die Ähnlichkeit von Wortzeichen anhand des klanglichen und des schriftbildlichen Eindrucks sowie des Sinngehalts zu ermitteln ist, wobei für die Annahme einer Verwechslungsgefahr in der Regel bereits die hinreichende Übereinstimmung in einer Hinsicht genügt (BGHZ 139, 340, 347 - Lions, m.w.N.). Es hat auch be-
rücksichtigt, daß bei der Prüfung der Markenähnlichkeit von dem das Kennzeichenrecht beherrschenden Grundsatz auszugehen ist, daß es auf den jeweiligen Gesamteindruck der sich gegenüberstehenden Zeichen ankommt (st. Rspr.; vgl. BGH, Urt. v. 26.4.2001 - I ZR 212/98, GRUR 2002, 167, 169 = WRP 2001, 1320 - Bit/Bud; Beschl. v. 8.5.2002 - I ZB 4/00, GRUR 2002, 1067, 1069 = WRP 2002, 1152 - DKV/OKV).
bb) Das Berufungsgericht hat bei seiner Beurteilung auch nicht den Erfahrungssatz unberücksichtigt gelassen, daß der Verkehr die jeweiligen Bezeichnungen regelmäßig nicht gleichzeitig wahrnimmt und miteinander vergleicht , weshalb die übereinstimmenden Merkmale in einem undeutlichen Erinnerungseindruck stärker ins Gewicht fallen als die Unterschiede (BGH, Urt. v. 29.10.1998 - I ZR 125/96, GRUR 1999, 587, 589 = WRP 1999, 530 - Cefallone ). Es hat ferner nicht übersehen, daß dementsprechend grundsätzlich nicht die gegebenen Unterschiede den Beurteilungsmaßstab bilden, sondern das Maß an Übereinstimmungen. In dieser Hinsicht ist im Streitfall festzustellen, daß bei der Klagemarke "Kellogg's" und dem angegriffenen Zeichen "Kelly's" die Silbenzahl übereinstimmt und sowohl der Wortanfang als auch das Abschluß -"S" identisch sind. Des weiteren beginnt bei beiden Zeichen die zweite Silbe mit dem Buchstaben "l". In der Fortführung dieser zweiten Silbe ("logg's" und "ly's"), die zugleich jeweils das Wortende bildet, weichen die Zeichen zwar nicht unerheblich voneinander ab. Insgesamt gesehen überwiegen aber die Gemeinsamkeiten zwischen den beiden Zeichen. Die in den Endsilben bestehenden klanglichen Abweichungen treten im undeutlichen Erinnerungseindruck eher in den Hintergrund, zumal wenn man berücksichtigt, daß der Verkehr Wortanfänge in der Regel stärker beachtet als nachfolgende Wortteile (BGHZ 131, 122, 125 - Innovadiclophlont; BGH GRUR 1999, 587, 589 - Cefallone; BGH, Urt. v. 16.11.2000 - I ZR 34/98, GRUR 2001, 507, 508 = WRP 2001, 694
- EVIAN/REVIAN). Das Berufungsgericht stellt bei seinen Erwägungen zur Ver- wechslungsgefahr auf den auffallend übereinstimmenden zischenden "S"-Laut der beiden Bezeichnungen und deren Identität im Wortanfang ab. Soweit das Berufungsgericht hieraus das Bestehen einer Verwechslungsgefahr ableitet, läßt dies keinen Rechtsfehler erkennen. Aus diesem Grund kann der Angriff der Revision, das Berufungsgericht hätte dem Wortbestandteil "logg's" bei der zeichenrechtlichen Beurteilung mehr Bedeutung beimessen müssen, keinen Erfolg haben. Das Berufungsgericht hat sich mit diesem Argument der Beklagten im übrigen mit der zutreffenden Erwägung auseinandergesetzt, daß damit eine unzulässige zergliedernde Betrachtung des Wortzeichens erfolgte.
cc) Ohne Erfolg bezieht sich die Revision zur Begründung eines weiten Abstands der sich gegenüberstehenden Zeichen auf den Bedeutungsgehalt des angegriffenen Zeichens als irischer Familienname, indem sie geltend macht, eine Verwechslungsgefahr sei zu verneinen, weil die klangliche Ähnlichkeit durch diesen Bedeutungsgehalt aufgehoben werde.
Eine nach dem Bild und/oder nach dem Klang an sich zu bejahende Verwechslungsgefahr der zu vergleichenden Zeichen kann allerdings ausnahmsweise deshalb ausscheiden, weil dem einen oder auch beiden Zeichen ein klar erkennbarer eindeutiger Sinngehalt zukommt. Dies setzt jedoch einen die Zeichen unterscheidenden ohne weiteres erkennbaren konkreten Begriffsinhalt voraus (vgl. BGH, Urt. v. 10.10.1991 - I ZR 136/89, GRUR 1992, 130, 132 = WRP 1992, 96 - Bally/BALL; Urt. v. 10.12.1992 - I ZR 19/91, WRP 1993, 694, 697 - apetito/apitta; Urt. v. 14.10.1999 - I ZR 90/97, GRUR 2000, 605, 607 = WRP 2000, 525 - comtes/ComTel). An einem solchen eindeutigen Begriffsinhalt aber fehlt es im Streitfall. Denn der Verbraucher hat keine Hilfe, die ihn zu einem Auseinanderhalten von klanglich ähnlichen Zeichen hinreichend zuverläs-
sig veranlassen würde, wenn der Begriffsinhalt in einem Personennamen besteht , der keinen sachlichen Bezug zu dem mit ihm bezeichneten Produkt besitzt (vgl. BGH, Beschl. v. 16.3.1966 - Ib ZB 11/64, GRUR 1966, 493, 494 - Lili).

d) Der Auskunftsanspruch sowie der Schadensersatzanspruch unterliegen allerdings einer vom Berufungsgericht nicht berücksichtigten örtlichen und zeitlichen Begrenzung. Denn die Klägerin kann aus ihrer auf das Beitrittsgebiet erstreckten Marke nach § 30 ErstrG bis zur Löschungsreife der drei IR-Marken mit Ablauf des 3. Oktober 1995 im Beitrittsgebiet keine Rechte geltend machen (vgl. vorstehend zu Ziffer II. 1. a)).
III. Danach war das angefochtene Urteil auf die Revision der Beklagten insoweit aufzuheben und die Klage in diesem Umfang unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils abzuweisen, als sich die Verurteilung zur Auskunftserteilung und die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten zur Schadensersatzleistung auch auf Handlungen im Beitrittsgebiet vor Ablauf des 3. Oktober 1995 beziehen. Im übrigen war die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1, § 92 Abs. 2 ZPO.
Ullmann Bornkamm Pokrant
Büscher Schaffert

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 168/98 Verkündet am:
5. April 2001
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Marlboro-Dach
Bei der Beurteilung des Gesamteindrucks einer angegriffenen konkreten Ausstattung
ist nicht auszuschließen, daß die Erscheinung eines Zeichens durch
die Verwendung eines weiteren Zeichens überlagert wird, was zur Folge haben
kann, daß ungeachtet einer bestehenden Identität oder Ähnlichkeit des einen
Bestandteils mit der Klagemarke aufgrund der zusätzlichen Kennzeichnung das
auf diese Weise entstandene zusammengesetzte Zeichen vom Schutzbereich
des Klagezeichens nicht mehr erfaßt wird. In derartigen Fällen kommt es maßgeblich
darauf an, ob die Gestaltung vom angesprochenen Verkehr wie bei einem
Gesamtzeichen im Zusammenhang wahrgenommen wird oder ob der Verkehr
daran gewöhnt ist, in einer Gesamtaufmachung einzelnen Elementen eine
eigenständige, von der Kennzeichnungsfunktion anderer Bestandteile unabhängige
Kennzeichnungsfunktion zuzuerkennen.
BGH, Urt. v. 5. April 2001 - I ZR 168/98 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 5. April 2001 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Erdmann
und die Richter Starck, Prof. Dr. Bornkamm, Dr. Büscher und Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerinnen wird das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, 3. Zivilsenat, vom 18. Juni 1998 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien sind Wettbewerber bei der Herstellung und dem Vertrieb von Zigaretten. Die in den USA ansässige Klägerin zu 1 hat der Klägerin zu 2 ausschlieûliche Lizenzrechte zur Herstellung und zum Vertrieb von Zigaretten der Marke Marlboro erteilt und sie ermächtigt, sämtliche sich aus Markenverletzungen ergebenden Rechte im eigenen Namen geltend zu machen.
Die Zigarettenpackungen der Marlboro-Markenfamilie sind so gestaltet, daû der gröûere untere Teil der Schauseite weiû gehalten und der kleinere obere Teil farblich abgesetzt ist, wobei diese beiden Farbfelder winkelförmig voneinander abgegrenzt sind, so daû eine Art "Dach", das sogenannte "Marlboro -Dach", entsteht. Bei der Marlboro-Kingsize-Zigarette, der mit Abstand umsatzstärksten Zigarette in der Bundesrepublik Deutschland, ist der obere Teil der Verpackung rot. Der Schriftzug "Marlboro" befindet sich jeweils im weiûen Feld.
Am 6. Dezember 1989 erwirkte die Klägerin zu 1 aufgrund nachgewiesener Verkehrsgeltung die Eintragung des - nachstehend verkleinert wiedergegebenen - farbigen (rot/weiû) Bildzeichens Nr. 1 150 900:

Darüber hinaus ist sie Inhaberin dreier verschiedener Wort-/Bildzeichen aus den Jahren 1956 (Nr. 618 241), 1977 (Nr. 641 686) und 1993 (Nr. 652 151).
Die Beklagte ist die Muttergesellschaft des R.-Konzerns. Sie ist Rechtsnachfolgerin des VEB Tabak N., der zum VEB Kombinat Tabak D. gehörte. Die Beklagte produziert und vertreibt - wie schon ihre Rechtsvorgänger - Zigaretten unter der Marke "CABINET" im Beitrittsgebiet.
Die seit 1972 vertriebenen Zigarettenpackungen hatten ursprünglich eine Schauseite, deren oberer gröûerer Teil hell-cremefarben und deren unterer winkelförmig abgegrenzter kleinerer Teil braun und mit einem Hahnentrittmuster versehen war. Auf dem oberen hellen Teil befand sich der Schriftzug "CABINET" und im Scheitelpunkt des Winkels war ein Wappen angebracht.
Ab 1990 änderte die Beklagte die Packungsgestaltung mehrfach. Für den oberen Teil wurde die Farbe weiû und für den unteren, winkelförmig abgegrenzten Teil ein dunkler Braunton mit Hahnentrittmuster (für die "CABINET würzig") bzw. ein Rotton mit Hahnentrittmuster (für die "CABINET mild") gewählt. Ab Mitte 1993 entfiel das Hahnentrittmuster.
Die Klägerinnen haben behauptet, die aufgrund von Verkehrsgeltung eingetragene Bildmarke ("Marlboro-Dach") sei überragend bekannt. Sie haben geltend gemacht, die Beklagte habe sich bei der Gestaltung der Verpackung der "CABINET mild" immer mehr an die der "Marlboro-Kingsize" angenähert und verletze durch die seit Mitte 1993 benutzte Verpackung Marken- und Ausstattungsrechte der Klägerinnen. Darüber hinaus sei dieses Verhalten unlauter i.S. von § 1 UWG.
Die Klägerinnen haben beantragt,
I. die Beklagte unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen , es zu unterlassen, 1. Zigaretten in Kleinverkaufspackungen herzustellen und/oder in den Verkehr zu bringen oder in den Verkehr bringen zu lassen und/oder feilzuhalten oder feilhalten zu lassen, die dadurch gekennzeichnet sind, daû der gröûere obere Teil der Vorder- und Rückseite in weiûer Farbe und der kleinere untere Teil in roter Farbe ausgeführt ist, wobei diese beiden Farbfelder winkelförmig abgegrenzt sind, insbesondere wenn die Kleinverkaufspackungen gemäû nachfolgender Abbildung

gestaltet sind; 2. Zigaretten in Gebindeverpackungen herzustellen und/oder in den Verkehr zu bringen oder in den Verkehr bringen zu lassen und/oder feilzuhalten oder feilhalten zu lassen, die dadurch gekennzeichnet sind, daû der gröûere obere Teil der Vorder- und Rückseite sowie der beiden Schmalseiten in weiûer Farbe und der untere Teil in roter Farbe ausgeführt ist, wobei diese beiden Farbfelder winkelförmig abgegrenzt sind,
insbesondere wenn die Gebindeverpackungen gemäû nachfolgender (verkleinerten) Abbildung

gestaltet sind; 3. auf Gebindeverpackungen und/oder in der Werbung ein Logo zu verwenden und/oder verwenden zu lassen, das dadurch gekennzeichnet ist, daû unterhalb des in schwarzer Farbe auf weiûem Feld dargestellten Markennamens "CABINET" bzw. "CABINET mild" ein flaches Fünfeck in roter Farbe dargestellt ist, dessen obere Begrenzungslinie winkelförmig gegenüber dem weiûen Feld abgegrenzt ist, insbesondere wenn dieses Logo gemäû nachfolgender Abbildung

gestaltet ist; II. festzustellen, daû die Beklagte verpflichtet ist, den Klägerinnen den Schaden zu ersetzen, der diesen aus Handlungen gemäû Ziffer I entstanden ist und noch entstehen wird; III. die Beklagte zu verurteilen, den Klägerinnen Auskunft darüber zu erteilen, in welchem Umfang sie Handlungen gemäû Ziffer I vorgenommen hat, und zwar durch Vorlage eines Verzeichnisses , aus dem die Umsätze sowie Art und Umfang der Werbemaûnahmen hervorgehen.

Die Beklagte ist dem entgegengetreten. Sie hat die Ansicht vertreten, für die Beurteilung sei allein die Situation in den neuen Bundesländern maûgebend. Auf dieses Gebiet sei das vor der Wiedervereinigung beider deutscher Staaten aufgrund von Verkehrsgeltung eingetragene Bildzeichen der Klägerin zu 1 ("Marlboro-Dach") nicht erstreckt worden. Durch Benutzung entstandene Rechte würden von den Wirkungen des Erstreckungsgesetzes nicht erfaût, weil sich dieses nach seinem Wortlaut nur auf eingetragene Rechte beziehe; durch Benutzung entstandene Rechte könnten dort nicht bestehen, wo eine Benutzung nicht stattgefunden habe. Darüber hinaus fehle es auch an einer Verwechslungsgefahr.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen (OLG Hamburg GRUR 1999, 172).
Mit der Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgen die Klägerinnen die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Auskunftserteilung und Feststellung der Schadensersatzpflicht weiter.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat die Klageansprüche für unbegründet erachtet. Hierzu hat es ausgeführt:
Die Klageansprüche seien nicht aus § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG gerechtfertigt. Zwar könne die Klägerin zu 1 für ihr aufgrund Verkehrsdurchsetzung eingetragenes Bildzeichen seit Inkrafttreten des Erstreckungsgesetzes am 1. Mai 1992 auch im Beitrittsgebiet Schutz beanspruchen. Es fehle aber an einer markenrechtlichen Verwechslungsgefahr.
Eine Verwechslungsgefahr im engeren Sinne scheide aus, weil bei aus Wort- und Bildelementen zusammengesetzten Zeichen erfahrungsgemäû dem Wortbestandteil (bei der angegriffenen Packungsgestaltung: "CABINET") eine höhere Kennzeichnungskraft zukomme. Dies führe im Ergebnis dazu, daû trotz Warenidentität und Zugrundelegung einer - unterstellt - hohen Kennzeichnungskraft des Klagebildzeichens nicht von einer Verwechslungsgefahr (im engeren Sinne) ausgegangen werden könne.
Ebensowenig sei eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne anzunehmen. Darunter fielen nicht nur eine unrichtige Vorstellung von wirtschaftlichen oder organisatorischen Verbindungen zwischen den Parteien, sondern auch ein gedankliches In-Verbindung-Bringen, d.h. auch sonstige Fehlvorstellungen , z.B. die unzutreffende Zurechnung von Produkteigenschaften und bestimmten Gütevorstellungen. Unter Berücksichtigung der groûen Bekanntheit der Marke "CABINET" auf dem Gebiet der ehemaligen DDR einerseits und der gegenüber der überragenden Bekanntheit der (Wort-)Marke "Marlboro" deutlich reduzierten Bekanntheit der Bildmarke ("Marlboro-Dach") andererseits erscheine es zwingend, daû der Verkehr die angegriffene Gestaltung ungeachtet der leichten, vor allem farblichen Veränderungen der Verpackung ohne weiteres der CABINET-Markenfamilie zuordne und keinen Zusammenhang mit der - weiter entfernt liegenden - Marke "Marlboro" herstelle. Die Verwendung der Farben rot/weiû sei nicht in besonderem Maûe kennzeichnend; kennzeichnen-
de Wirkung komme vielmehr im wesentlichen der graphischen Verteilung der Farben zu, was nicht zuletzt dadurch verdeutlicht werde, daû die Kombination rot/weiû von vielen Zigarettenherstellern verwendet werde. Die beteiligten Verkehrskreise seien damit vertraut, daû die unterschiedliche Stärke von Zigaretten im Rahmen einer Markenfamilie durch eine abweichende Farbgebung bei gleichbleibender Verpackungsgestaltung ausgedrückt werde. Daû der Verkehr eine bekannte, ihm vertraute Marke aufgrund einer farblichen Veränderung einem anderen Unternehmen zurechne bzw. fehlerhaft Gütevorstellungen oder Produkteigenschaften der Marlboro auf die ihm bekannte und vertraute Marke "CABINET" übertrage, sei nicht anzunehmen. Eine mögliche Assoziation zu "Marlboro" oder "Philip Morris" müsse ferner nicht auf der Packungsgestaltung beruhen, sondern könne auch damit zusammenhängen, daû alle Zigaretten vor der Wiedervereinigung beider deutscher Staaten den Aufdruck "VEB Kombinat Tabak D." getragen hätten.
Ansprüche aus § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG scheiterten bereits daran, daû diese Bestimmung im Streitfall wegen der gegebenen Warenidentität nicht anwendbar sei.
Die geltend gemachten Ansprüche könnten auch nicht mit Erfolg auf § 1 UWG gestützt werden. Eine - unterstellte - Schwächung der Kennzeichnungskraft der Klagemarke beruhe darauf, daû die Beklagte zur Kenntlichmachung verschiedener Geschmacksrichtungen - bei ansonsten gleichbleibender Verpackungsgestaltung - auch auf die Farbe Rot zurückgreife. Darin könne aber nichts Unlauteres erblickt werden. Für die behauptete Rufausbeutung fehle es an der insoweit erforderlichen Rufübertragung, weil "CABINET" hinreichend bekannt sei und selbst über ein positives Markenimage verfüge. Eine planmäûige Annäherung an die "Marlboro"-Bildmarke sei nicht zu erkennen, da die
markante Gestaltung der beiden Farbflächen schon immer Grundlage der Pakkungsgestaltung der "CABINET" gewesen sei.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben Erfolg. Sie führen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
1. Die geltend gemachten Ansprüche sind, da sich das am 6. Dezember 1989 eingetragene Bildzeichen der Klägerin zu 1 ("Marlboro-Dach") und die angegriffene Gestaltung der "CABINET mild" bereits seit Mitte 1993 im Verkehr begegnen, zum Teil ausschlieûlich nach der vor Inkrafttreten des Markengesetzes am 1. Januar 1995 geltenden Rechtslage (§§ 15, 24, 25, 31 WZG) zu beurteilen, soweit sie auf zeichenrechtliche Vorschriften gestützt sind. Dies gilt für die Schadensersatzfeststellungs- und Auskunftserteilungsansprüche, soweit Benutzungshandlungen bis zum 31. Dezember 1994 in Rede stehen (vgl. BGHZ 131, 308, 315 - Gefärbte Jeans; BGH, Urt. v. 18.6.1998 - I ZR 25/96, GRUR 1999, 238, 239 = WRP 1999, 189 - Tour de culture). Im übrigen - soweit es sich um Benutzungshandlungen seit dem 1. Januar 1995 handelt sowie hinsichtlich der Unterlassungsansprüche - hängt ein Erfolg der auf die eingetragenen und durch Benutzung entstandenen Marken gestützten Klage davon ab, daû die Ansprüche sowohl nach den Vorschriften des Warenzeichengesetzes als auch nach den Bestimmungen des Markengesetzes gerechtfertigt sind (§§ 152, 153 Abs. 1 MarkenG).
2. Erfolgreich wendet sich die Revision dagegen, daû das Berufungsgericht den Klägerinnen markenrechtliche Ansprüche aus § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG wegen fehlender Verwechslungsgefahr versagt hat.

a) Im rechtlichen Ansatz zutreffend ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, daû dem eingetragenen (reinen) Bildzeichen ("MarlboroDach" ) der Klägerin zu 1, auf das die Klage in erster Linie gestützt ist, ein selbständiger zeichenrechtlicher Schutz zukommt, der im gesamten Bundesgebiet in Kraft steht.
Das genannte Bildzeichen ist seit dem 6. Dezember 1989 aufgrund nachgewiesener Verkehrsdurchsetzung gemäû § 4 Abs. 3 WZG eingetragen. Den sich daraus ergebenden räumlichen Schutzumfang des Zeichens hat das Berufungsgericht zutreffend und von der Revision unbeanstandet als mit Wirkung vom 1. Mai 1992 auf das gesamte Bundesgebiet erstreckt angesehen. Nach den rechtsfehlerfreien Ausführungen des Berufungsgerichts knüpft § 1 Abs. 1 ErstrG, der den Schutzbereich der zum 1. Mai 1992 in den sogenannten Altbundesländern bestehenden gewerblichen Schutzrechte, u.a. der Warenzeichen, auf das Beitrittsgebiet erweitert, nicht an deren Entstehungsgrund , sondern lediglich an deren Bestehen an. Danach kommt es für die Erstreckung der Klagemarke allein darauf an, ob diese im genannten Zeitpunkt bestanden hat, nicht darauf, ob sie sich auch im Beitrittsgebiet im Verkehr durchgesetzt hat. Gegen diese Beurteilung hat auch die Revisionserwiderung nichts erinnert.
Auf die weitere, vom Berufungsgericht gegenteilig beantwortete Frage, ob bei infolge Benutzung entstandenen Rechten (Ausstattungsrecht) ein gesonderter Nachweis der Verkehrsgeltung auch im Beitrittsgebiet erforderlich ist (vgl. hierzu Knaak, GRUR Int. 1993, 18, 22, 24; Fezer, Markenrecht, 2. Aufl., Einl. Rdn. 45a), kommt es nicht an, weil beim gegenwärtigen Sach- und Streitstand nichts dafür ersichtlich ist, daû Ansprüche aus einem derartigen Recht weiterführen könnten.


b) In rechtlich nicht zu beanstandender Weise ist das Berufungsgericht - wenn auch nur stillschweigend - von einer markenmäûigen Benutzung des angegriffenen Bildelements auf der beanstandeten Verpackung der "CABINET mild" ausgegangen. Hierfür ist ausreichend, daû das an der Basis der Zigarettenschachtel in roter Farbe ausgeführte, symmetrische Winkelelement vom Verkehr nicht lediglich als schmückendes Beiwerk oder als Zierat, sondern herkunftskennzeichnend verstanden wird (vgl. BGH, Urt. v. 13.1.2000 - I ZR 223/97, GRUR 2000, 506, 508 = WRP 2000, 535 - ATTACHÉ/ TISSERAND; EuGH, Urt. v. 23.2.1999 - Rs. C-63/97, GRUR Int. 1999, 438, 440 Tz. 31 ff. = WRP 1999, 407 - BMW). Dies ist hier der Fall. Die angesprochenen Verkehrskreise (Raucher) sind nach der allgemeinen Lebenserfahrung daran gewöhnt, daû bildliche Gestaltungselemente einschlieûlich geometrischer Formen und Farben auf Zigarettenpackungen im wesentlichen gleichbleibend, d.h. nicht willkürlich und beliebig variierend, sondern bewuût zur Unterscheidung von Zigaretten anderer Herkunft eingesetzt werden. Soweit das Berufungsgericht in einem anderen Zusammenhang davon ausgegangen ist, daû die farbliche Gestaltung der Winkelform für den Verkehr - gleichsam beschreibend - lediglich eine Unterscheidungshilfe für die verschiedenen Geschmacksnoten von Zigaretten bedeute, fehlt es an konkreten Feststellungen dazu, daû es auf dem einschlägigen Warengebiet der Fertigzigaretten oder Tabakwaren üblich ist, eine bestimmte Geschmacksrichtung unabhängig vom Hersteller und einer etwaigen Marke mit einer bestimmten Farbe (rot) und/oder einer roten Winkelform kenntlich zu machen. Damit kommt (auch) der bildlichen Gestaltung der "CABINET mild"-Packung eine warenidentifizierende Wirkung zu.

c) Die weitere Annahme des Berufungsgerichts, zwischen dem eingetragenen Bildzeichen der Klägerin zu 1 und der angegriffenen Bildgestaltung der
"CABINET mild" fehle es an einer Verwechslungsgefahr, ist jedoch auf der Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen nicht frei von Rechtsfehlern.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften und des Bundesgerichtshofes ist die Frage der markenrechtlichen Verwechslungsgefahr unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen (EuGH, Urt. v. 11.11.1997 - Rs. C-251/95, GRUR 1998, 387, 389 Tz. 22 = WRP 1998, 39 - Sabèl/Puma; Urt. v. 29.9.1998 - Rs. C-39/97, GRUR 1998, 922, 923 Tz. 16 f. = WRP 1998, 1165 - Canon; BGH, Urt. v. 6.7.2000 - I ZR 21/98, GRUR 2001, 158, 159 = WRP 2001, 41 - Drei-Streifen-Kennzeichnung, m.w.N.). Dazu gehören insbesondere - wie das Berufungsgericht im Ausgangspunkt nicht verkannt hat - die zueinander in einer Wechselbeziehung stehenden drei Beurteilungselemente der Identität oder Ähnlichkeit der in Frage stehenden Waren, der Identität oder Ähnlichkeit der Marken sowie der Kennzeichnungskraft der Klagemarke. Dabei kann ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Marken durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Waren und/oder eine besondere Bekanntheit der prioritätsälteren Kennzeichnung ausgeglichen werden und umgekehrt (vgl. BGH GRUR 2000, 506, 508 - ATTACHÉ/TISSERAND; GRUR 2001, 158, 160 - Drei-StreifenKennzeichnung ; Urt. v. 16.11.2000 - I ZR 34/98, GRUR 2001, 507, 508 = WRP 2001, 694 - EVIAN/REVIAN, jeweils m.w.N.).
aa) Das Berufungsgericht hat ohne Rechtsverstoû Identität zwischen den unter dem Klagezeichen und den unter der angegriffenen Bezeichnung vertriebenen Waren angenommen; in beiden Fällen handelt es sich um Fertigzigaretten.
bb) Hinsichtlich der Kennzeichnungskraft des zugunsten der Klägerin zu 1 eingetragenen Bildzeichens hat das Berufungsgericht keine näheren Feststellungen getroffen. Im Hinblick darauf, daû es sich um ein gemäû § 4 Abs. 3 WZG aufgrund von Verkehrsdurchsetzung eingetragenes Bildzeichen handelt, ist - von Hause aus - von normaler Unterscheidungskraft auszugehen (vgl. BGHZ 113, 115, 118 - SL, m.w.N.). Für die Frage der (aktuellen) Kennzeichnungskraft ist im Streitfall allerdings in Betracht zu ziehen, daû diese - worauf sich die Klägerinnen bezogen haben - aufgrund einer erhöhten Bekanntheit des Bildzeichens möglicherweise erheblich gesteigert ist. Die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Kennzeichnungskraft sind nicht frei von Widersprüchen. So hat das Berufungsgericht für die Klagemarke eine hohe Bekanntheit , und zwar auch im Beitrittsgebiet, unterstellt und ist dementsprechend von einer hohen Kennzeichnungskraft ausgegangen. Zum Teil unterscheidet es allerdings zwischen einer (unterstellt überragenden) Bekanntheit der "geschützten Marke" bzw. der "Wortmarke Marlboro" und der demgegenüber deutlich reduzierten Bekanntheit der "hier allein maûgeblichen Bildmarke". Diese Ausführungen lassen nicht eindeutig erkennen, ob das Berufungsgericht die von den Klägerinnen behauptete und unter Beweis gestellte auûerordentliche Bekanntheit der Klage-Bildmarke unterstellt hat und dementsprechend von einer deutlich erhöhten Kennzeichnungskraft ausgegangen ist. Der für die Bestimmung des Maûes der Kennzeichnungskraft bedeutsamen Frage, ob die Klage-Bildmarke auûerordentlich bekannt oder sogar berühmt ist, kann aber unter Umständen streitentscheidende Bedeutung zukommen, weil das hierzu in Beziehung zu setzende Ergebnis der Beurteilung der Markenähnlichkeit (vgl. unten cc) entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht von vornherein gegen das Bestehen einer Verwechslungsgefahr spricht, zumal auch die in Frage stehenden Waren - was ebenfalls in die Beurteilung einzubeziehen ist - identisch sind.

cc) Nach den Ausführungen des Berufungsgerichts besteht zwischen der angegriffenen Benutzungsform und der Bildmarke der Klägerin zu 1 nur eine geringe Ähnlichkeit, weil bei kombinierten Wort-/Bildmarken erfahrungsgemäû dem Wortbestandteil eine höhere Kennzeichnungskraft zukomme. Dieser Erfahrungssatz , wonach in derartigen Fällen eine Orientierung in erster Linie anhand des Wortbestandteils erfolge, werde im Streitfall durch die besondere Markentreue der für die Beurteilung maûgebenden Verkehrskreise (Raucher) noch untermauert, die eine sehr genaue Kenntnis von "ihrer" Marke hätten.
Dieser Beurteilung kann nicht beigetreten werden. Sie vernachlässigt die Besonderheiten der Fallgestaltung, indem sie einseitig auf einen - an sich zutreffenden, aber nicht uneingeschränkt verallgemeinerungsfähigen (vgl. BGH, Urt. v. 2.2.1989 - I ZR 150/86, GRUR 1989, 425, 427 - Herzsymbol) - Erfahrungssatz abstellt.
Ohne Rechtsverstoû ist das Berufungsgericht allerdings für die Beurteilung der Markenähnlichkeit vom jeweiligen Gesamteindruck der einander gegenüberstehenden Bezeichnungen ausgegangen (st. Rspr.; vgl. BGH GRUR 2001, 158, 159 - Drei-Streifen-Kennzeichnung, m.w.N.). Es hat diesen für die angegriffenen Ausführungsformen aber nicht rechtsfehlerfrei bestimmt, weil es einzelne Gegebenheiten des Streitfalls nicht hinreichend berücksichtigt hat.
Das in den Klageanträgen abstrakt formulierte Begehren, der Beklagten die Verwendung von im einzelnen beschriebenen, rot/weiû gehaltenen winkelförmigen bildlichen Bezeichnungen zu verbieten, entbindet den Tatrichter nicht davon zu prüfen, in welchem markenmäûig bedeutsamen Gesamtzusammenhang die als verwechselbar beanstandete Kennzeichnung benutzt wird (BGH
GRUR 1989, 425, 426 - Herzsymbol). Dieser Gesamtzusammenhang ergibt sich vorliegend aus den in den "insbesondere-Zusätzen" wiedergegebenen konkreten Verletzungsformen, die jeweils aus Wort- und Bildbestandteilen bestehen. Demnach stehen einander im Streitfall die farbig eingetragene Bildmarke der Klägerin zu 1 und die konkreten, aus Wort- und (farbigen) Bildbestandteilen bestehenden Gestaltungen der Einzelpackungen und Gebindeverpackungen sowie des sogenannten Logos der "CABINET mild" der Beklagten gegenüber. Dies hat das Berufungsgericht nicht verkannt.
Ist auf den Gesamteindruck einer aus mehreren Bestandteilen bestehenden Kennzeichnung abzustellen, so wird dies in vielen Fällen dazu führen, daû der Ähnlichkeitsgrad geringer zu bemessen sein wird als in einer Situation, in der sich lediglich die übereinstimmenden bzw. ähnlichen Einzelbestandteile gegenüberstehen. Wäre im Streitfall der Ähnlichkeitsgrad lediglich anhand der Bildbestandteile der angegriffenen Ausstattungen zu bestimmen, würde dies zur Annahme eines verhältnismäûig hohen Ähnlichkeitsgrades führen, weil - wie das Berufungsgericht beanstandungsfrei festgestellt hat - die Bildmarke der Klägerin zu 1 und der Bildbestandteil der angegriffenen Ausstattungen übereinstimmend einen gröûeren weiûen Teil aufweisen, der winkelförmig von einem kleineren roten Teil abgegrenzt ist, wobei das Winkelmaû ähnlich und der Rotton im helleren Bereich der fast unmerklich ineinander übergehenden Farbabstufungen mit der Klage-Bildmarke fast identisch ist. Diese ausgeprägte Ähnlichkeit wird in dem in Rede stehenden Kennzeichnungselement, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, nicht allein deshalb maûgeblich gemindert, weil sich der rote Teil bei den Ausstattungen der Beklagten am unteren Ende, gleichsam als "Rinne", bei der Klagemarke dagegen oben, sozusagen als "Dach", findet. Diesem Gesichtspunkt kann keine ausschlaggebende Bedeutung beigemessen werden, weil die angegriffenen Ausführungsformen
nach der Lebenserfahrung im geschäftlichen Verkehr den angesprochenen Verkehrskreisen nicht immer in ein und derselben Ausrichtung gegenübertreten.
Bei der Beurteilung des Gesamteindrucks der angegriffenen konkreten Ausstattungen ist nicht auszuschlieûen, daû die Erscheinung eines Zeichens durch die Verwendung eines weiteren Zeichens überlagert wird, was zur Folge haben kann, daû ungeachtet einer bestehenden Identität oder Ähnlichkeit des einen Bestandteils mit der Klagemarke aufgrund der zusätzlichen Kennzeichnung das auf diese Weise entstandene zusammengesetzte Zeichen vom Schutzbereich des Klagezeichens nicht mehr erfaût wird. Diese Überlegung hat auch im Zusammenhang mit der Erweiterung des Markenschutzes auf weitere Zeichenformen, etwa die Form- oder die konturlose Farbmarke, an Bedeutung gewonnen und ist infolgedessen im neueren Schrifttum Gegenstand von Erörterungen geworden (vgl. Völker/Semmler, GRUR 1998, 93, 98; v. Schultz, GRUR 1997, 714, 716; Ullmann, GRUR 1996, 712, 714; Tilmann, GRUR 1996, 701, 703; Fuchs-Wissemann, GRUR 1995, 470, 471; Kunz-Hallstein, MarkenR 2000, 389, 395).
In derartigen Fällen kommt es maûgeblich darauf an, ob die angegriffene Gestaltung vom angesprochenen Verkehr wie bei einem Gesamtzeichen im Zusammenhang wahrgenommen wird oder ob - möglicherweise aufgrund bestimmter Werbemaûnahmen oder aufgrund bestimmter Kennzeichnungsgewohnheiten , z.B. der häufigen Verwendung von Zweitmarken (vgl. BGH, Urt. v. 1.7.1993 - I ZR 194/91, GRUR 1993, 972, 974 - Sana/Schosana) allgemein oder insbesondere auf dem in Frage stehenden Warengebiet - der Verkehr daran gewöhnt ist, in einer Gesamtaufmachung wie den angegriffenen Verpakkungen einzelnen Elementen eine eigenständige, von der Kennzeichnungs-
funktion anderer Bestandteile unabhängige Kennzeichnungsfunktion zuzuerkennen. Für eine derartige Verkehrsanschauung könnte im Streitfall etwa eine Übung der Verwendung von Zweitmarken bei Fertigzigaretten, insbesondere aber auch die von den Klägerinnen behauptete besondere Bekanntheit der Klagemarke sprechen. Diese wird im wesentlichen zusammen mit der "Marlboro" -Wortmarke verwendet, vom Verkehr nach deren Behauptung aber in erheblichem Umfang als auf die Klägerinnen hinweisend und nicht gegenüber der Wortmarke zurücktretend verstanden, so daû auch sonst, insbesondere bei den angegriffenen Verpackungen, ein entsprechendes Verständnis des Verkehrs naheliegen könnte.
Wäre im Streitfall der Beurteilung ein derartiges Verständnis des Verkehrs zugrunde zu legen, könnte nicht davon ausgegangen werden, daû die angegriffene Gesamtausstattung vom Verkehr als Ganzes wahrgenommen und deren Gesamteindruck nach den zuvor schon erwähnten Erfahrungssätzen wie bei einer aus mehreren Bestandteilen bestehenden Marke möglicherweise durch (nur) einen prägenden Bestandteil, nämlich ihren Wortbestandteil, bestimmt wird. Diese Beurteilung liegt im wesentlichen auf tatrichterlichem Gebiet , so daû sie das Berufungsgericht - gegebenenfalls nach Feststellung der tatsächlichen Gegebenheiten auf dem hier in Frage stehenden Warengebiet - im neueröffneten Berufungsverfahren vorzunehmen hat.
Es wird dabei auch zu berücksichtigen haben, daû Bildzeichen, aber auch konturlose Farben und konkrete Farbzusammenstellungen grundsätzlich geeignet sind, kennzeichnend zu wirken, indem sie dem Publikum die Herkunft der Ware anzeigen (§ 3 Abs. 1 MarkenG; BGHZ 140, 193, 195 - Farbmarke gelb/schwarz; BGH, Beschl. v. 1.3.2001 - I ZB 57/98, Umdr. S. 6 - Farbmarke violettfarben, m.w.N.; vgl. auch Völker/Semmler, GRUR 1998, 93, 98;
v. Schultz, GRUR 1997, 714, 719; Fuchs-Wissemann, GRUR 1995, 470, 471; Kunz-Hallstein, MarkenR 2000, 389, 395).
Es gehört darüber hinaus zum allgemeinen Erfahrungswissen, daû Farben , wie z.B. jedem Autofahrer aufgrund der bekannten Hausfarben der Mineralölgesellschaften bekannt ist, jedenfalls in bestimmten Fällen deutlich schneller wahrgenommen werden als Text und Bild, sich dabei auch nicht als minder einprägsam erweisen als letztere und vor allem in besonderer Weise geeignet sind, die Aufmerksamkeit des Verbrauchers zu erregen (vgl. v. Schultz, GRUR 1997, 714, 716; Beier, GRUR 1980, 600, 604; Schulze zur Wiesche, GRUR 1965, 129).
Soweit das Berufungsgericht davon ausgegangen ist, die farbliche Gestaltung der Winkelform bedeute für den Verkehr - gleichsam beschreibend - lediglich eine Unterscheidungshilfe für die verschiedenen Geschmacksnoten der Zigaretten, fehlt es, wie schon zuvor ausgeführt (oben zu Ziff. 2. b), an konkreten Feststellungen dazu, daû es auf dem einschlägigen Gebiet des Vertriebs von Fertigzigaretten oder Tabakwaren üblich ist, eine bestimmte Geschmacksrichtung hersteller- und markenübergreifend mit einer bestimmten Farbe oder konkret einer roten Winkelform kenntlich zu machen.
Ebenso kann, was das Berufungsgericht bisher unberücksichtigt gelassen hat, für die Frage, ob der angesprochene Verkehr einem Bestandteil innerhalb einer Gesamtaufmachung eine selbständig kennzeichnende Funktion beimiût, auch die Art und Weise eine Rolle spielen, in der die Bestandteile verwendet werden, insbesondere ihre räumliche Anordnung. So liegt die Annahme einer selbständigen Kennzeichnungsfunktion bei einem von mehreren Bestandteilen einer Aufmachung näher, wenn sie nicht ineinander verwoben
oder eng miteinander verbunden, sondern - wie hier - deutlich voneinander abgesetzt sind (vgl. BGH, Urt. v. 8.11.1989 - I ZR 102/88, GRUR 1990, 367, 370 - alpi/Alba Moda; Tilmann, GRUR 1996, 701, 703).
dd) Das Berufungsgericht wird bei seiner erneuten Beurteilung demnach das Maû der Kennzeichnungskraft der Klagemarke festzulegen und einen Grad der Ähnlichkeit der Marken festzustellen haben. Bei der Beurteilung einer Verwechslungsgefahr wird es schlieûlich zu beachten haben, daû diese grundsätzlich um so gröûer ist, je stärker sich die Kennzeichnungskraft der geschützten Kennzeichnung darstellt. Mag auch die Gefahr tatsächlicher Verwechslungen mit zunehmendem Bekanntheitsgrad des Zeichens sinken, weil das Zeichen dem Verkehr so häufig begegnet, daû er Fehlvorstellungen über sein tatsächliches Aussehen weniger unterliegen wird, werden doch erfahrungsgemäû dem Verkehr besonders kennzeichnungskräftige, insbesondere bekannte oder sogar berühmte Kennzeichnungen eher in Erinnerung bleiben. Solche ihm bekannte Kennzeichnungen wird der angesprochene Verkehr deshalb auch eher in einer anderen Kennzeichnung wiederzuerkennen glauben. Demgemäû genieûen derart besonders kennzeichnungskräftige oder sogar bekannte Marken grundsätzlich einen umfassenderen Schutz als Marken, deren Kennzeichnungskraft geringer ist (BGH GRUR 2001, 158, 159 - DreiStreifen -Kennzeichnung, m.w.N.).

d) Sollte das Berufungsgericht erneut zu der Beurteilung gelangen, daû eine unmittelbare Verwechslungsgefahr im engeren Sinne, daû die eine Marke für die andere gehalten wird, nicht gegeben ist, wird es bei der Prüfung, ob eine Verwechslungsgefahr im Sinne eines gedanklichen In-Verbindung-Bringens (Verwechslungsgefahr unter dem Aspekt eines Serienzeichens oder unmittelbare Verwechslungsgefahr im weiteren Sinn) anzunehmen ist, zu beachten
haben, daû für das Vorliegen eines Serienzeichens (Stammbestandteil "Marlboro -Dach") auf der Grundlage des bisherigen Sachvortrags der Klägerinnen nichts spricht.
Die angegriffene Gestaltung der Frontseite der "CABINET mild" rechtfertigt auch die Annahme einer Verwechslungsgefahr im weiteren Sinn (Annahme organisatorischer oder wirtschaftlicher Verbindungen) auf der Grundlage der bisherigen Tatsachenfeststellungen nicht. Es fehlt an Feststellungen dafür, daû sich die Klagemarke - was Voraussetzung für diese Art der Verwechslungsgefahr ist (BGH, Urt. v. 2.7.1998 - I ZR 273/95, GRUR 1999, 155, 156 = WRP 1998, 1006 - DRIBECK's LIGHT, m.w.N, insoweit in BGHZ 139, 147 nicht abgedruckt) - allgemein zu einem Hinweis auf die Unternehmen der Klägerinnen entwickelt hat. Auch bei weitem Verständnis des Begriffs der unmittelbaren Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne (vgl. EuGH, Urt. v. 30.11.1993 - Rs. C-317/91, GRUR 1994, 286, 287 f. - Quattro/Quadra; EuGH GRUR 1998, 922, 923 Tz. 16 f. - Canon) kann diese nicht bejaht werden, so daû sich insoweit auch die - von der Revision angeregte - Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften zur Vorabentscheidung erübrigt.
3. Schlieûlich wird das Berufungsgericht, sofern es zur Annahme einer Markenverletzung nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG kommt, im oben (Ziff. II. 1.) genannten Umfang eine Prüfung der geltend gemachten Ansprüche nach dem Warenzeichengesetz nachzuholen haben.
Nur wenn das Berufungsgericht Ansprüche wegen Markenrechtsverletzung aufgrund gegebener Verwechslungsgefahr nach dem Markengesetz oder dem Warenzeichengesetz verneinen sollte, hätte es der Frage nachzugehen,
ob die geltend gemachten Ansprüche den Klägerinnen aus § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG oder § 1 UWG unter dem Gesichtspunkt einer unlauteren Ausnutzung oder Beeinträchtigung der Unterscheidungskraft oder des Rufes der Klagemarke zustehen. Soweit Ansprüche aus der markenrechtlichen und solche aus der wettbewerbsrechtlichen Anspruchsgrundlage nicht zum selben Ergebnis führen würden, müûte das Vorabentscheidungsersuchen des Senats an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (Beschl. v. 27.4.2000 - I ZR 236/97, GRUR 2000, 875 = WRP 2000, 1142 - Davidoff) berücksichtigt und gegebenenfalls die Vorabentscheidung zur Frage der Anwendung von Art. 5 Abs. 2 MarkenRL (§ 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG) auûerhalb des Warenunähnlichkeitsbereichs , d.h. im - hier gegebenen - Falle von identischen oder ähnlichen Waren, abgewartet werden.
III. Danach war das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision , an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Erdmann Starck Bornkamm
Büscher Schaffert

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
VERSÄUMNISURTEIL
I ZR 204/01 Verkündet am:
22. Juli 2004
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Mustang

a) Der Verkehr kann in besonders gelagerten Fällen einen Bestandteil eines
angegriffenen zusammengesetzten Zeichens auch im Sinne eines sonst
selbständig verwendeten Zweitkennzeichens auffassen. In einem solchen
Fall kann eine Verwechslungsgefahr zwischen der Klagemarke und dem angegriffenen
Zeichen auch durch eine Ähnlichkeit der K lagemarke mit diesem
Zeichenbestandteil begründet sein.

b) Für den Warensektor "Schuhe und Schuhwaren" ist im Regelfall nicht davon
auszugehen, daß bei einem zusammengesetzten Wortzeichen die Herstellerangabe
in der Sicht des Verkehrs nicht ins Gewicht fällt und den Gesamteindruck
der Marke nicht mitprägt.

c) Zur Verwechslungsgefahr im weiteren Sinn, wenn in einem angegriffenen
Zeichen ein mit dem Unternehmenskennzeichen und der Marke der Klägerin
identischer Wortbestandteil aufgeführt ist.
BGH, Vers.-Urt. v. 22. Juli 2004 - I ZR 204/01 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 13. Mai 2004 durch die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Prof.
Dr. Bornkamm, Dr. Büscher, Dr. Schaffert und Dr. Bergmann

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 19. Juni 2001 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Klägerin erkannt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird auf die Berufung der Klägerin das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 31. August 2000 wie folgt abgeändert: I. Die Beklagte wird weiter verurteilt, 1. c) es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr die Wort-/ Bildmarke Nr. 398 19 751 "Sixtyseven by Mustang Inter" entsprechend der nachstehend wiedergegebenen Abbildung zu gebrauchen; 2. in die Löschung der vorstehend wiedergegebenen Wort-/ Bildmarke Nr. 398 19 751 "Sixtyseven by Mustang Inter" einzuwilligen; 3. der Klägerin über den Umfang der vorstehend zu I 1 c) bezeichneten Handlungen Auskunft zu erteilen und zwar unter Angabe
a) der Mengen der ausgelieferten Schuhe und Stiefel,
b) des mit den Schuhen und Stiefeln erzielten Gesamtumsatzes ,
c) der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer vorstehend bezeichneter Schuhe und Stiefel,
d) des Umfangs der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
e) des mit den Schuhen und Stiefeln erzielten Gewinns unter Angabe sämtlicher Kostenfaktoren, soweit hierbei die Wort-/Bildmarke Nr. 398 19 751 ge - braucht wurde. 4. Für den Fall der Zuwiderhandlung gegen die Verurteilung zur Unterlassung gemäß Ausspruch zu I 1 c) wird der Beklagten Ordnungsgeld bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten angedroht.
II. Es wird festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser aus den vorstehend unter I 1 c) bezeichneten Handlungen entstanden ist und künftig entstehen wird. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin firmiert seit 1965 unter "Mustang Bekleidungswerke GmbH & Co.". Sie gehört zu den größten Jeansherstellern in Deutschland. Spätestens seit 1996 vertreibt sie auch Schuhe.
Die Klägerin ist Inhaberin der am 2. März 1959 für "Bekleidungsstücke, ausgenommen gewirkte und gestrickte" eingetragenen Wortmarke Nr. 722 702 "MUSTANG", der mit Priorität vom 25. April 1981 für "Schuhe" eingetragenen Wortmarke Nr. 1 058 413 "MUSTANG" und der u.a. für "Bekleidungsstücke, Sportbekleidung, Bekleidungsstücke aus Leder, Gürtel für Bekleidung, Schuhwaren , Sportschuhe" am 4. September 1995 angemeldeten und am 9. Januar 1996 eingetragenen nachfolgenden Wort-/Bildmarke Nr. 395 36 135

Die am 18. September 1995 gegründete, in Spanien ansässige Beklagte stellt Schuhwaren her und firmiert unter "Mustang Inter S.L.". Sie ist Inhaberin der für "Schuhe und Schuhwaren" am 7. April 1998 angemeldeten und am 13. Mai 1998 eingetragenen Wort-/Bildmarke Nr. 398 19 751, wie sie im Klageantrag zu I 1 c) wiedergegeben ist.
Während der vom 6. bis 8. Februar 1998 dauernden Fachmesse "Interjeans" in Köln stellte die Beklagte mit dem Zeichen "MUSTANG" versehene Schuhe aus. Auf der Fachmesse "G.D.S.", die in der Zeit vom 17. bis 20. September 1998 in Düsseldorf stattfand, verwandte sie auf ihrem Messestand einen ihrer Wort-/Bildmarke Nr. 398 19 751 entsprechenden Aufsteller.
Die Klägerin sieht darin eine Verletzung ihrer Firmen- und Markenrechte durch die Beklagte. Sie hat behauptet, ihre Firma und ihre Marken verfügten über eine außerordentlich hohe Bekanntheit.
Mit einem nicht in die Revisionsinstanz gelangten Teil der Klage hat die Klägerin von der Beklagten verlangt, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zur Kennzeichnung ihres auf den Vertrieb von Schuhen und Stiefeln gerichteten Geschäftsbetriebs die Bezeichnung "MUSTANG BOOTS & SHOES" und/oder "MUSTANG INTER S.L." zu benutzen sowie Schuhe und Stiefel unter dem Zeichen "MUSTANG" anzubieten (Klageanträge zu I 1 a und b).
Darüber hinaus hat die Klägerin beantragt,
I. die Beklagte unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen , 1. c) es zu unterlassen, die Wort-/Bildmarke Nr. 398 19 751 "Sixtyseven by Mustang Inter" entsprechend der nachstehend wiedergegebenen Abbildung

zu gebrauchen;
I. 2. in die Löschung der vorstehend wiedergegebenen Wort-/ Bildmarke Nr. 398 19 751 "Sixtyseven by Mustang Inter" einzuwilligen ; I. 3. der Klägerin über den Umfang der vorstehend zu I 1 c) bezeichneten Handlungen Auskunft zu erteilen und zwar unter Angabe
a) der Mengen der ausgelieferten Schuhe und Stiefel,
b) des mit den Schuhen und Stiefeln erzielten Gesamtumsatzes,
c) der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer vorstehend bezeichneter Schuhe und Stiefel,
d) des Umfangs der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
e) des mit den Schuhen und Stiefeln erzielten Gewinns unter Angabe sämtlicher Kostenfaktoren, soweit hierbei die Wort-/Bildmarke Nr. 398 19 751 ge braucht wurde. II. festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser aus den vorstehend unter Ziffer I 1 bezeichneten Handlungen entstanden ist und künftig entstehen wird. Die Beklagte ist dem entgegengetreten.
Das Landgericht hat den Klageanträgen zu I 1 a) und b) und den darauf gerichteten Anträgen auf Auskunft und Schadensersatzfeststellung stattgegeben und die Klageanträge zu I 1 c) und I 2 und die darauf bezogenen Anträge zu I 3 (Auskunftsantrag) und II (Schadensersatzfeststellungsantrag) abgewiesen (LG Düsseldorf Mitt. 2001, 456). Die dagegen gerichteten Berufungen der Parteien hat das Berufungsgericht zurückgewiesen.
Dagegen richtet sich die Revision der Klägerin, mit der sie weiterhin eine Verurteilung der Beklagten nach den Klageanträgen zu I 1 c) und I 2 sowie nach dem darauf bezogenen Auskunfts- und dem Feststellungsantrag erstrebt.

Entscheidungsgründe:


I. Über den Revisionsantrag ist, da die Revisionsbeklagte trotz ordnungsgemäßer Ladung im Revisionsverhandlungstermin nicht vertreten war, auf Antrag der Revisionsklägerin durch Versäumnisurteil zu entscheiden.
II. Das Berufungsgericht hat die gegen den Gebrauch und auf die Löschung der Marke der Beklagten gerichteten Ansprüche der Klägerin nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 3, Abs. 5 und Abs. 6, § 15 Abs. 2 und Abs. 3 i.V. mit Abs. 4 MarkenG und den darauf bezogenen Auskunfts- und den Schadensersatzanspruch verneint. Dazu hat es ausgeführt:
Die Wort-/Bildmarke der Beklagten sei mit den Zeichen der Klägerin nicht verwechselbar. Es fehle an der erforderlichen Zeichenähnlichkeit. Die Marke der Beklagten werde in ihrem Gesamteindruck nicht durch den Bestandteil "MUSTANG" in einer Weise geprägt, daß ihre weiteren Bestandteile für den Verkehr zurückträten und vernachlässigt werden könnten. Dies gelte selbst dann, wenn zugunsten der Klägerin von einer überdurchschnittlichen Kennzeichnungskraft der angeblich bekannten "MUSTANG"-Zeichen auszugehen sei. Die Schrift "by Mustang Inter Sl Spain" sei das unauffälligste und kleinste Element der Marke der Beklagten, die nach ihrer grafischen Gestaltung durch das fünffach wiederholte Element "Sixtyseven" und die Zahl "67" beherrscht werde. Selbst eine Gleichgewichtigkeit des Bestandteils "by Mustang Inter Sl
Spain" mit dem Element "Sixtyseven" sei nicht ausreichend, um von der Prägung des Gesamteindrucks des Kollisionszeichens durch den Wortbestandteil "Mustang" auszugehen. Endgültig entfalle die Eignung des Bestandteils "by Mustang Inter Sl Spain", weil es sich eindeutig um eine Herstellerangabe handele. Für den Produktbereich "Schuhe" habe die Klägerin aber nicht vorgetragen , daß der Verkehr die Ware nach dem Namen des Herstellers unterscheide, wie dies bei Bekleidung der Fall sei. Dagegen spreche auch die fehlende Warenähnlichkeit zwischen Schuhen und Bekleidungsstücken.
III. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Verurteilung nach den von der Klägerin in der Revisionsinstanz weiterverfolgten Klageanträgen.
1. Der Klägerin steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gegen die Benutzung der Wort-/Bildmarke Nr. 398 19 751 der Beklagten aufgrund ihrer prioritätsälteren Marken Nr. 1 058 413 und Nr. 395 36 135 nach § 14 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 5 MarkenG zu.

a) Nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ist es Dritten untersagt, ohne Zustimmung des Markeninhabers im geschäftlichen Verkehr ein Zeichen zu benutzen , wenn wegen der Ähnlichkeit des Zeichens mit der Marke und der Ähnlichkeit der durch die Marke und das Zeichen erfaßten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht. Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr i.S. des § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmen. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht zu ziehenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Zeichen und der Ähnlichkeit der mit ihnen gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der älteren Marke, so daß ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der W aren oder Dienstlei-
stungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Z eichen oder durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (vgl. BGH, Urt. v. 15.1.2004 - I ZR 121/01, WRP 2004, 763, 764 - d-c-fix/CD-FIX; Urt. v. 19.2.2004 - I ZR 172/01, WRP 2004, 909, 912 - FerrariPferd

).



b) Zwischen den Waren, für die die Klagemarken Nr. 1 058 413 und Nr. 395 36 135 eingetragen sind (Schuhe und Schuhwaren), und den Waren, für die die Kollisionsmarke Schutz beansprucht, besteht Warenidentität.

c) Das Berufungsgericht hat zugunsten der Klägerin eine überdurchschnittliche Kennzeichnungskraft ihrer Marken unterstellt. Die Beklagte ist dem Vortrag der Klägerin zur Bekanntheit ihrer Kennzeichenrechte entgegengetreten. Im Revisionsverfahren ist daher der Entscheidung nur eine normale Kennzeichnungskraft der Klagemarken von Hause aus zugrunde zu legen.

d) Mit Erfolg wendet sich die Revision gegen die Annahme des Berufungsgerichts , zwischen den Marken der Klägerin und der Wort-/Bildmarke Nr. 398 19 751 der Beklagten bestehe keine Zeichenähnlichkeit.
aa) Bei der Beurteilung der Zeichenähnlichkeit ist, wie das Berufungsgericht nicht verkannt hat, von dem das Kennzeichenrecht beherrschenden Grundsatz auszugehen, daß es auf den jeweiligen Gesamteindruck der einander gegenüberstehenden Zeichen ankommt (vgl. BGH, Urt. v. 30.10.2003 - I ZR 236/97, GRUR 2004, 235, 237 = WRP 2004, 360 - Davidoff II; Urt. v. 13.11.2003 - I ZR 184/01, GRUR 2004, 240 = WRP 2004, 355 - MIDAS/ medAS). Das schließt es aber nicht aus, daß einem einzelnen Zeichenbestandteil unter Umständen eine besondere, das gesamte Zeichen prägende Kenn-
zeichnungskraft beizumessen und deshalb bei Übereinstimmung von Zeichen in dem jeweils prägenden Bestandteil die Gefahr einer Verwechslung der beiden Gesamtbezeichnungen zu bejahen ist. Dies setzt voraus, daß die anderen Bestandteile im Rahmen des Gesamteindrucks weitgehend in den Hintergrund treten. Nicht ausreichend ist es danach, daß der übereinstimmende Bestandteil für den Gesamteindruck des Zeichens lediglich mitbestimmend ist. Dies gilt unabhängig davon, ob die prioritätsältere Marke oder das angegriffene Zeichen die zusätzlichen Bestandteile aufweist (vgl. BGH, Urt. v. 13.3.2003 - I ZR 122/00, GRUR 2003, 880, 881 = WRP 2003, 1228 - City Plus, m.w.N.). Davon ist auch das Berufungsgericht ausgegangen.
bb) Bei einer angegriffenen Gestaltung kann der Verkehr unter Umständen aufgrund der Aufmachung, bestimmter Werbemaßnahmen oder Kennzeichnungsgewohnheiten allgemein oder auf dem betreffenden Warengebiet einzelnen Elementen eine eigenständige, von der Kennzeichnungsfunktion anderer Bestandteile unabhängige Kennzeichnungsfunktion zuerkennen (vgl. BGH, Urt. v. 5.4.2001 - I ZR 168/98, GRUR 2002, 171, 174 = WRP 2001, 1315 - Marlboro-Dach). In entsprechender Weise kann der Verkehr in besonders gelagerten Fällen bei einem zusammengesetzten Zeichen einen Zeichenbestandteil auch im Sinne eines sonst selbständig verwendeten Zweitkennzeichens auffassen. Wäre davon im Streitfall für den Wortbestandteil "by Mustang Inter Sl Spain" auszugehen, könnte eine Verwechslungsgefahr zwischen den Klagemarken und dem angegriffenen Zeichen auch durch eine Äh nlichkeit mit diesem Zeichenbestandteil begründet sein.
Ob dem Bestandteil "by Mustang Inter Sl Spain" in der Kollisionsmarke der Beklagten eine solche selbständige kennzeichnende Funktion zukommt, ist eine Tatfrage. Entsprechende Feststellungen hat das Berufungsgericht nicht
getroffen, obwohl ein entsprechendes Verständnis des Verkehrs gerade wegen des auf einen Hersteller hinweisenden Zusatzes "by" in der Kollisionsmarke naheliegend ist. Dies nötigt jedoch nicht zu einer Zurückverweisung der Sache in die Berufungsinstanz zur Nachholung der entsprechenden Feststellungen.
cc) Im Streitfall ist, auch wenn auf den Eindruck der Kollisionsmarke der Beklagten in ihrer Gesamtheit abgestellt wird, nicht von (vollständiger) Zeichenunähnlichkeit auszugehen.
Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts kann der Wortbestandteil "by Mustang Inter Sl Spain" bei der Beurteilung des Gesamteindrucks der Marke der Beklagten nicht deshalb vernachlässigt werden, weil es sich erkennbar um den Herstellerhinweis handelt. Allerdings kommt dem Bestandteil eines Zeichens , der für den Verkehr erkennbar nicht das Produkt, sondern das dahinterstehende Unternehmen bezeichnet, regelmäßig keine prägende Bedeutung zu. Denn der Verkehr wird bei zusammengesetzten Zeichen, insbesondere bei der Kombination mehrerer Wortbestandteile, zu denen eine dem Verkehr bekannte oder als solche erkennbare Unternehmenskennzeichnung gehört, die eigentliche Produktkennzeichnung nicht in der Unternehmenskennzeichnung, sondern in den anderen Bestandteilen erblicken (BGH, Beschl. v. 14.3.1996 - I ZB 36/93, GRUR 1996, 404, 405 = WRP 1996, 739 - Blendax Pep; Urt. v. 21.9.2000 - I ZR 143/98, GRUR 2001, 164, 166 = WRP 2001, 165 - Wintergarten ). In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist jedoch anerkannt, daß einer Herstellerangabe als Bezeichnungsbestandteil nicht stets eine (mit-)prägende Bedeutung für den Gesamteindruck der Marke abzusprechen ist. Vielmehr kommt es letztlich auf die Beurteilung des Einzelfalls an, ob die Herstellerangabe aus Sicht des Verkehrs in den Hintergrund tritt oder nicht (vgl. BGH, Beschl. v. 14.3.1996 - I ZB 37/93, GRUR 1996, 406, 407 = WRP 1997,
567 - JUWEL; Urt. v. 26.4.2001 - I ZR 212/98, GRUR 2002, 167, 169 = WRP 2001, 1320 - Bit/Bud; Urt. v. 20.12.2001 - I ZR 78/99, GRUR 2002, 342, 344 = WRP 2002, 326 - ASTRA/ESTRA-PUREN). Insoweit sind die besonderen Gegebenheiten der Zeichengestaltung und der üblichen Bezeichnungsgewohnheiten auf dem jeweiligen Warensektor von Bedeutung.
Für den Modebereich hat der Senat aufgrund der dort üblichen Kennzeichnungsgewohnheiten wiederholt angenommen, daß der Verkehr daran gewöhnt ist, den Herkunftshinweis in der Herstellerangabe zu sehen (BGH GRUR 1996, 406, 407 - JUWEL; BGH, Beschl. v. 18.4.1996 - I ZB 3/94, GRUR 1996, 774 - falke-run/LE RUN; Beschl. v. 2.7.1998 - I ZB 36/95, GRUR 1998, 1014, 1015 = WRP 1998, 988 - ECCO II). Anders als das Berufungsgericht meint, sind die für den Modesektor maßgeblichen Kennzeichnungsgewohnheiten auch bei Schuhen und Schuhwaren üblich, die ebenfalls zum Modesektor zählen (vgl. auch den der Entscheidung BGH GRUR 1998, 1014 f. - ECCO II - zugrundeliegenden Sachverhalt, in dem die Zeichen Schutz ebenfalls für Schuhwaren beanspruchten). Es entspricht der Lebenserfahrung, daß eine Vielzahl von Unternehmen ihre Schuhe mit der Herstellerangabe kennzeichnet.
Bei der Beurteilung des Gesamteindrucks der Kollisionsmarke der Beklagten kann danach die Herstellerangabe nicht außer Betracht bleiben.
dd) Zu Recht macht die Revision geltend, daß die Herstellerbezeichnung "Mustang" in der Marke der Beklagten deren Gesamteindruck mitprägt.
Das Landgericht, auf dessen Entscheidung das Berufungsgericht Bezug genommen hat, hat angenommen, bei der von der Beklagten benutzten Bezeichnung "MUSTANG INTER S.L." sei allein die Bezeichnung "MUSTANG"
prägend, während die Bestandteile "INTER" als Abkürzung für "International" und "S.L." als Angabe der Rechtsform (Sociedad Limitada) nur beschreibend seien. Das ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Auch die weitere Angabe "Spain" hat als geographische Angabe beschreibenden Charakter und wird vom Verkehr in der Regel nur als Sachhinweis zur Unterrichtung des Publikums und nicht als Teil der Herstellerangabe verstanden (vgl. BGH GRUR 2002, 167, 170 - Bit/Bud, m.w.N.). Von den Wortbestandteilen "Mustang Inter Sl Spain" der Kollisionsmarke hat danach allein "Mustang" eine herkunftshinweisende Funktion.
Der Gesamteindruck der Marke der Beklagten wird auch durch diese in ihr enthaltene Herstellerangabe mitbestimmt. Der Verkehr wird in ihr entsprechend der Funktion der Marke den Hinweis auf die Ursprungsidentität der Ware sehen, die ihm die Gewähr bietet, daß alle Waren, die derart gekennzeichnet sind, unter der Kontrolle eines einzigen Unternehmens hergestellt worden sind, das für die Qualität verantwortlich gemacht werden kann (vgl. hierzu EuGH, Urt. v. 12.11.2002 - Rs. C-206/01, Slg. 2002, I-10273 Tz. 48 = GRUR 2003, 55 = WRP 2002, 1415 - Arsenal). An diesem Ergebnis ändert auch der Umstand nichts, daß die Marke der Beklagten neben den Wortbestandteilen weitere Bildbestandteile enthält. Zu Recht macht die Revision in diesem Zusammenhang geltend, daß diese Bildbestandteile eine Mitprägung des Gesamteindrucks der Marke der Beklagten durch die Herstellerangabe nicht ausschließen.
Wird die Marke der Beklagten durch die Herstellerangabe aber mitgeprägt , kann von einer vollständigen Zeichenunähnlichkeit zwischen den Klagemarken und der Kollisionsmarke der Beklagten nicht ausgegangen werden.

e) Die Zeichenähnlichkeit zwischen den "Mustang"-Marken der Klägerin und der Wort-/Bildmarke der Beklagten in ihrer Gesamtheit ist trotz Warenidentität bei normaler Kennzeichnungskraft allerdings zu gering, um eine unmittelbare Verwechslungsgefahr zu begründen.

f) Im Streitfall ist jedoch von einer Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne auszugehen.
Ist eine Marke zugleich Unternehmenskennzeichen, so kann eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne zu bejahen sein, wenn der Verkehr die Unterschiede zwischen den Zeichen erkennt, wegen ihrer teilweisen Übereinstimmung aber von wirtschaftlichen oder organisatorischen Zusammenhängen zwischen den Markeninhabern ausgeht (vgl. EuGH, Urt. v. 30.11.1993 - Rs. C-317/91, Slg. 1993, I-6260 Tz. 36 und 37 = GRUR 1994, 286 = WRP 1994, 294 - quattro/Quadra; BGH, Urt. v. 25.3.2004 - I ZR 289/01, WRP 2004, 907, 909 - Kleiner Feigling, m.w.N.). So liegen die Dinge im vorliegenden Fall. Die Klägerin benutzt "Mustang" auch als Unternehmenskennzeichen. Die angesprochenen Verkehrskreise erkennen in der Kollisionsmarke den mit dem Unternehmenskennzeichen der Klägerin identischen Wortbestandteil infolge der Herausstellung durch das vorangestellte "by" ohne weiteres als Herstellerangabe. Unter Berücksichtigung der Identität der Waren, für die die Klagemarken Nr. 1 058 413 und Nr. 395 36 135 und die Marke der Beklagten Schutz beanspruchen , wird der Verkehr bei der mit dem Unternehmenskennzeichen der Klägerin identischen Herstellerangabe in der Kollisionsmarke von wirtschaftlichen Zusammenhängen zwischen den Markeninhabern ausgehen.
2. Der auf Einwilligung in die Löschung der Wort-/Bildmarke der Beklagten gerichtete Klageantrag zu I 2 ist nach § 55 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2, § 51, § 9
Abs. 1 Nr. 2 MarkenG begründet. Die Klagemarken Nr. 1 058 413 und Nr. 395 36 135 sind ältere Rechte, bei denen die Gefahr von Verwechslungen mit der Marke der Beklagten i.S. von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG besteht (vgl. vorstehend Abschn. II 1).
3. Der Schadensersatzanspruch (Klageantrag zu II) folgt aus § 14 Abs. 6 MarkenG. Die Beklagte hat die Markenrechte der Klägerin schuldhaft verletzt. Ein etwaiger Rechtsirrtum vermag die Beklagte nicht zu entlasten. Denn sie mußte eine von ihrer eigenen Einschätzung abweichende Beurteilung der rechtlichen Zulässigkeit des fraglichen Verhaltens in Betracht ziehen (vgl. BGH, Urt. v. 11.4.2002 - I ZR 317/99, GRUR 2002, 706, 708 = WRP 2002, 691 - vossius.de). Die Verurteilung zur Auskunftserteilung (Klageantrag zu I 3) beruht auf § 19 MarkenG, § 242 BGB.
4. Die in der Revisionsinstanz weiterverfolgten Klageanträge zu I 1 c), 2 und 3 sowie II sind weiterhin wegen Verletzung der Firma der Klägerin nach § 15 Abs. 2, Abs. 4 und Abs. 5, § 19 MarkenG, § 242 BGB begründet.

a) Der Firmenbestandteil "Mustang" ist originär schutzfähig. Für einen Teil einer Firmenbezeichnung kann der vom Schutz des vollständigen Firmennamens abgeleitete Schutz als Unternehmenskennzeichen i.S. von § 5 Abs. 2 MarkenG beansprucht werden, sofern es sich um einen unterscheidungsfähigen Firmenbestandteil handelt, der seiner Art nach im Vergleich zu den übrigen Firmenbestandteilen geeignet erscheint, sich im Verkehr als schlagwortartiger Hinweis auf das Unternehmen durchzusetzen. Ist dies zu bejahen, kommt es nicht mehr darauf an, ob die fragliche Kurzbezeichnung tatsächlich als Firmenbestandteil in Alleinstellung verwendet worden ist, und ob sie sich im Verkehr
durchgesetzt hat (BGH, Urt. v. 21.2.2002 - I ZR 230/99, GRUR 2002, 898 = WRP 2002, 1066 - defacto, m.w.N.).

b) Zu Recht macht die Revision geltend, daß zwischen dem Unternehmenskennzeichen "Mustang" der Klägerin und der Kollisionsmarke der Beklagten Verwechslungsgefahr i.S. von § 15 Abs. 2 MarkenG besteht. Bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr, die unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände vorzunehmen ist, besteht eine Wechselwirkung zwischen dem Ähnlichkeitsgrad der einander gegenüberstehenden Bezeichn ungen, der Kennzeichnungskraft des Kennzeichens der Klägerin und der Nähe der Unternehmensbereiche (BGH GRUR 2002, 898 - defacto; BGH, Urt. v. 27.11.2003 - I ZR 79/01, WRP 2004, 758, 759 = MarkenR 2004, 189 - Telekom).
Zwischen den Tätigkeitsbereichen der Parteien, die beide Schuhe vertreiben , besteht Branchenidentität. Der Firmenbestandteil "Mustang" verfügt von Hause aus über durchschnittliche Kennzeichnungskraft. Diese ist im Revisionsverfahren der Prüfung der Verwechslungsgefahr zugrunde zu legen, weil das Berufungsgericht eine gesteigerte Kennzeichnungskraft nicht festgestellt hat. Zwischen dem Unternehmenskennzeichen der Klägerin und der Marke der Beklagten besteht Zeichenähnlichkeit (vgl. Abschn. II 1 d). Diese begründet im Streitfall zwar keine unmittelbare Verwechslungsgefahr, sondern aus den unter II 1 f angegebenen Gründen eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne (zur Anwendung der Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne bei § 15 Abs. 2 MarkenG : BGHZ 130, 134, 138 - Altenburger Spielkartenfabrik; BGH, Urt. v. 28.1.1999 - I ZR 178/96, GRUR 1999, 492, 494 = WRP 1999, 523 - Altberliner; GRUR 2002, 898, 900 - defacto).

c) Der Klageantrag auf Einwilligung in die Markenlöschung ist nach § 55 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2, § 51 i.V. mit § 12 MarkenG begründet. Der Schadensersatz - und der Auskunftsanspruch folgen aus § 15 Abs. 5, § 19 MarkenG und § 242 BGB.
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr. 2 ZPO.
v. Ungern-Sternberg Bornkamm Büscher
Schaffert Bergmann

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZB 31/03
vom
20. Januar 2005
in der Rechtsbeschwerdesache
betreffend die Marke Nr. 395 00 468
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
FERROSIL
Die Marke "FERROSIL" wird durch das Zeichen "P3-ferrosil" rechtserhaltend i.S.
von § 26 MarkenG benutzt, wenn der Verkehr "P3-ferrosil" nicht als einheitliches
Zeichen, sondern "P3" und "ferrosil" als zwei Kennzeichen auffaßt. Dies liegt
nahe, wenn den Fachkreisen "P3" als eine Art Unternehmenskennzeichen und
als Stamm von Serienzeichen und die vielfältigen Produktnamen der "P3-Serie"
bekannt sind.
BGH, Beschl. v. 20. Januar 2005 - I ZB 31/03 - Bundespatentgericht
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. Januar 2005 durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die Richter Pokrant,
Dr. Büscher, Dr. Schaffert und Dr. Bergmann

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Widersprechenden wird der Beschluß des 24. Senats (Marken-Beschwerdesenats) des Bundespatentgerichts vom 17. Juni 2003 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Bundespatentgericht zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 50.000 € festgesetzt.

Gründe:


I. Gegen die am 5. Januar 1995 angemeldete, für "Reinigungs- und Pflegeprodukt für Edelstahl, Chrom und Metallflächen insbesondere zur Verwendung in gewerblichen Groß- und Industrieküchen sowie im privaten Haushalt" eingetragene Wortmarke Nr. 395 00 468
"FERROSOL"

hat die Widersprechende Widerspruch erhoben aus ihren prioritätsälteren Wortmarken Nr. 354 828
"FERROSIL"
und Nr. 735 220
"Ferisol".
Die Marke "FERROSIL" ist eingetragen für "chemische Produkte für industrielle Zwecke; Kesselsteinmittel, soweit in Klasse 1 enthalten; Imprägniermittel , soweit in Klasse 1 enthalten; Wasserglas, Klärmittel, Enthärtungsmittel für Wasser" und die Marke "Ferisol" für "chemische Erzeugnisse für gewerbliche Zwecke (ausgenommen solche als Textil- und Lederhilfsmittel); ansatzverhindernde und ansatzlösende Mittel zur Verwendung in Rohren und Apparaturen ; chemische Mittel zum Entfetten, Entölen und Reinigen von Maschinen, Metallen , Holz, Stein, Porzellan, Glas, Kunststoff und Textilien".
Die Markeninhaberin hat die Benutzung der Widerspruchsmarken bestritten. Die Widersprechende hat hierzu geltend gemacht, die Widerspruchsmarke "FERROSIL" sei zur Kennzeichnung eines mit "P3-ferrosil" bezeichneten Steinund Korrosionsschutzmittels für Trinkwassersysteme und die weitere Widerspruchsmarke "Ferisol" für ein mit "P3-ferisol" bezeichnetes flüssiges Wirkstoffkonzentrat für alkalische Reinigungslösungen in der Brau- und Getränkeindustrie rechtserhaltend benutzt worden.
Das Deutsche Patent- und Markenamt hat die Widersprüche - im Erinnerungsverfahren - wegen fehlender Glaubhaftmachung der rechtserhaltenden Benutzung zurückgewiesen.
Die dagegen gerichtete Beschwerde der Widersprechenden hat das Bundespatentgericht zurückgewiesen (GRUR 2004, 340).
Hiergegen wendet sich die Widersprechende mit der (zugelassenen) Rechtsbeschwerde. Die Markeninhaberin beantragt, die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
II. Das Bundespatentgericht hat die Voraussetzungen einer rechtserhaltenden Benutzung der Widerspruchsmarken nach § 43 Abs. 1 i.V. mit § 26 MarkenG verneint. Dazu hat es ausgeführt:
Die Widersprechende habe zwar den Einsatz ihrer Marke "FERROSIL" für ein Kesselsteinmittel und ihrer weiteren Marke "Ferisol" für "chemische Mittel zum Reinigen von Maschinen, Metallen, Steinen, Porzellan, Glas, Kunststoff" in zusammengesetzten Zeichen glaubhaft gemacht. Die Widerspruchsmarken seien jedoch nicht in der eingetragenen Form, sondern jeweils mit dem vorangestellten Bestandteil "P3-" verwandt worden. Durch die von der Eintragung abweichende Form der Benutzung sei der kennzeichnende Charakter der Marken i.S. von § 26 Abs. 3 Satz 1 MarkenG verändert worden. Die Bezeichnung "P3" sei nach dem Vortrag der Widersprechenden eine von ihr seit Ende der zwanziger Jahre benutzte und seit dem 3. November 1939 eingetragene Marke, die als gleichbleibender Stammbestandteil einer umfangreichen Markenserie eingesetzt und von den Verkehrskreisen als Hinweis auf Industriereiniger aus dem Konzern der Widersprechenden aufgefaßt werde.
Bei einer Markenserie werde einem gleichbleibenden Stammbestandteil zur näheren Kennzeichnung der einzelnen Produkte ein wechselnder Abwandlungsbestandteil hinzugefügt. Die Serienmarke bilde ein einheitliches Zeichen, das gleichermaßen durch den Stammbestandteil und den Abwandlungszusatz auf die Herkunft hinweise. Das Produkt werde im Verkehr daher durch die Serienmarke und nicht allein durch den Abwandlungsbestandteil benannt. Dies werde durch die von der Widersprechenden vorgelegten Unterlagen bestätigt. Die Zeichen "P3-ferrosil" und "P3-ferisol" seien neue Zeichen, bei denen die Widerspruchsmarken dem Verkehr nicht mehr als eigenständige Zeichen entgegenträten. Darin liege auch bei durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarken eine Veränderung ihres kennzeichnenden Charakters. Eine andere Sichtweise sei nicht deshalb geboten, weil "P3" dem Verkehr auch als Firmenkennzeichen nahegebracht werde. Es komme für die Beurteilung einer Änderung des kennzeichnenden Charakters der benutz ten Markenform auch nicht darauf an, ob von einer (fiktiven) Verwechslungsgefahr zwischen der eingetragenen und der benutzten Markenform auszugehen sei. Entscheidend sei vielmehr, ob der Verkehr in den beiden Formen noch dieselbe Marke erblikke.
Für das hier maßgebliche Warengebiet lasse sich nicht die Gewohnheit feststellen, Erst- und Zweitmarken zu verwenden. Gegen eine Verwendung von "P3" und "ferrosil" und "ferisol" als Haupt- und Zweitmarken sprächen auch die Verwendung einheitlicher Schrifttypen und die Verbindung durch einen Bindestrich. Entsprechend fasse der Verkehr die Widerspruchsmarken auch nur als unselbständige Bestandteile eines neuen (Serien-)Zeichens auf.
III. Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Die Annahme des Bundespatentgerichts , die Widersprechende habe die rechtserhaltende Benutzung der
Marken Nr. 354 828 "FERROSIL" und Nr. 735 220 "Ferisol" nach § 43 Abs. 1, § 26 MarkenG nicht glaubhaft gemacht, ist nicht rechtsfehlerfrei.
1. Ohne Erfolg macht die Rechtsbeschwerde allerdings geltend, die Verwendung von "P3-ferrosil" und "P3-ferisol" stelle auch dann eine Benutzung der Widerspruchsmarken nach § 26 Abs. 3 Satz 1 MarkenG dar, wenn die angesprochenen Verkehrskreise die Kombination von "P3-" mit den Widerspruchsmarken als einheitliche (zusammengesetzte) Zeichen ansähen.

a) Die Benutzung der Marke in einer Form, die von der Eintragung abweicht , ist nach § 26 Abs. 3 Satz 1 MarkenG rechtserhaltend, wenn die Abweichungen den kennzeichnenden Charakter der Marke nicht verändern. Davon ist auszugehen, wenn der Verkehr das abweichend benutzte Zeichen gerade bei Wahrnehmung der Unterschiede dem Gesamteindruck nach noch mit der eingetragenen Marke gleichsetzt, d.h. in der benutzten Form noch dieselbe Marke sieht (vgl. BGH, Urt. v. 13.4.2000 - I ZR 220/97, GRUR 2001, 54, 56 = WRP 2000, 1296 - SUBWAY/Subwear; Urt. v. 28.8.2003 - I ZR 293/00, GRUR 2003, 1047, 1048 = WRP 2003, 1439 - Kellogg's/Kelly's; zu Art. 5 Abschn. C Abs. 2 PVÜ: BGH, Beschl. v. 11.7.2002 - I ZB 24/99, GRUR 2002, 1077, 1078 = WRP 2002, 1290 - BWC). Maßgeblich ist, ob der Verkehr dem hinzugefügten Bestandteil "P3-" keine eigene maßgebende kennzeichnende Wirkung beimißt (vgl. BGH, Beschl. v. 9.7.1998 - I ZB 37/96, GRUR 1999, 54, 55 = WRP 1998, 1081 - Holtkamp; Urt. v. 26.4.2001 - I ZR 212/98, GRUR 2002, 167, 168 = WRP 2001, 1320 - Bit/Bud) und trotz der - hier durch Zusätze begründeten - Unterschiede die benutzte Bezeichnung der eingetragenen Marke gleichsetzt (vgl. auch Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 2. Aufl., § 26 Rdn. 105).

b) Das Bundespatentgericht hat eine eigene kennzeichnende Funktion von "P3-" in den Bezeichnungen "P3-ferrosil" und "P3-ferisol" dagegen bejaht.
Dies ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Die Beurteilung, ob durch die Benutzung einer Marke in einer von der Eintragung abweichenden Form ihr kennzeichnender Charakter verändert wird, ist grundsätzlich dem Tatrichter vorbehalten und im Rechtsbeschwerdeverfahren nur eingeschränkt überprüfbar (vgl. BGH GRUR 1999, 54, 55 - Holtkamp).
Das Bundespatentgericht ist - anders als die Rechtsbeschwerde meint - in seiner Entscheidung nicht von einem unzutreffenden rechtlichen Maßstab ausgegangen. Auf den Schutzumfang der Widerspruchsmarken im Rahmen des § 9 Abs. 1 Nr. 2, § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG und auf die Frage, ob die Zeichen "P3-ferrosil" und "P3-ferisol" bei der Beurteilung einer (fiktiven) Zeichenähnlichkeit mit den Widerspruchsmarken nicht durch den Zusatz "P3-" mitgeprägt werden, kommt es für die Prüfung der Voraussetzungen des § 26 Abs. 3 Satz 1 MarkenG nicht an (vgl. BGH, Beschl. v. 6.5.1999 - I ZB 54/96, GRUR 1999, 995, 996 f. = WRP 1999, 936 - HONKA; Beschl. v. 30.3.2000 - I ZB 41/97, GRUR 2000, 1038, 1039 = WRP 2000, 1161 - Kornkammer).
Zu Unrecht macht die Rechtsbeschwerde weiter geltend, das Bundespatentgericht habe in Widerspruch zu seinen übrigen Ausführungen in der Entscheidung die Widerspruchsmarken "FERROSIL" und "Ferisol" auch als Abwandlungsbestandteile der Serienmarke "P3" aufgefaßt. Das Bundespatentgericht hat vielmehr seiner Entscheidung durchgängig die Frage zugrunde gelegt, ob durch die Abwandlung der Widerspruchsmarken gegenüber ihrer eingetragenen Form der kennzeichnende Charakter verändert wird und nicht umgekehrt "FERROSIL" und "Ferisol" Abwandlungsbestandteile des Zeichens "P3" sind.
2. Mit Recht wendet sich die Rechtsbeschwerde aber dagegen, daß das Bundespatentgericht "P3-ferrosil" und "P3-ferisol" als einheitliche Zeichen auf-
gefaßt hat. Die bisherigen Feststellungen des Bundespatentgerichts hierzu vermögen diese Annahme nicht zu rechtfertigen.

a) In einem zusammengesetzten Zeichen kann der Verkehr im Einzelfall einen Zeichenbestandteil als ein selbständig verwendetes Zweitkennzeichen auffassen (vgl. BGHZ 113, 115, 123 - SL; vgl. auch: BGH, Urt. v. 5.4.2001 - I ZR 168/98, GRUR 2002, 171, 174 = WRP 2001, 1315 - Marlboro-Dach; Urt. v. 22.7.2004 - I ZR 204/01, GRUR 2004, 865, 866 = WRP 2004, 1281 - Mustang). Denn der Verkehr ist vielfach an die Verwendung von Zweitkennzeichen gewöhnt (BGH, Urt. v. 1.7.1993 - I ZR 194/91, GRUR 1993, 972, 974 - Sana/Schosana; Beschl. v. 10.11.1999 - I ZB 53/98, GRUR 2000, 510 = WRP 2000, 541 - Contura).

b) Davon ist auch das Bundespatentgericht ausgegangen. Bei der Feststellung , ob die maßgebenden Verkehrskreise in "P3-ferrosil" und "P3-ferisol" jeweils nur ein (neues) Zeichen oder die Verwendung von "P3" als Erstkennzeichen und "ferrosil" und "ferisol" als weitere (Zweit-)Marke auffassen, hat das Bundespatentgericht jedoch den Vortrag der Widersprechenden nur unvollständig berücksichtigt.
aa) Die Widersprechende hat eine Entscheidung des Deutschen Patentund Markenamts vom 25. September 2001 (IR 706795/1) zur rechtserhaltenden Benutzung der Marke "CIDE" durch die Bezeichnung "P3-cide" vorgelegt, nach der es sich bei "P3-cide" nach der Verkehrsauffassung um eine Mehrfachkennzeichnung handelt, bei der - wie es nach der Feststellung des Deutschen Patent - und Markenamts weit verbreiteter und wirtschaftlich sinnvoller Praxis entspricht - neben einem Hauptkennzeichen eine weitere Marke zur Identifizierung des speziellen Produkts verwandt wird. Unter Hinweis auf diese Entscheidung des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Widersprechende u.a. geltend
gemacht, "P3" werde als eine Art Firmenkennzeichnung verwendet. Es entsprach daher nicht - anders als das Bundespatentgericht angenommen hat - dem Vortrag der Widersprechenden, die Widerspruchsmarken würden als unselbständige Bestandteile neuer einheitlicher Zeichen eingesetzt und vom Verkehr als solche aufgefaßt.
bb) Die Verwendung einheitlicher Schrifttypen und die Verbindung der Marke "P3" mit den Widerspruchsmarken jeweils mit einem Bindestrich sind für sich genommen ebenfalls nicht geeignet, im Streitfall die Annahme zu begründen , der Verkehr fasse "P3-ferrosil" nicht als zwei Marken auf. Entsprechendes gilt für "P3-ferisol". Denn nach dem im Rechtsbeschwerdeverfahren zugrundezulegenden Vortrag der Widersprechenden handelt es sich bei "P3" um ein im Verkehr durchgesetztes Zeichen (vgl. zur Verkehrsdurchsetzung von "P3" auch: BGH, Beschl. v. 4.7.1996 - I ZB 6/94, GRUR 1996, 977 = WRP 1997, 571 - DRANO/P3-drano). Ist "P3" aber als Kennzeichen in den angesprochenen Verkehrskreisen durchgesetzt, kann nicht ausgeschlossen werden, daß der Verkehr es auch bei einem einheitlichen Schriftbild und der Verwendung eines Bindestrichs zwischen den Zeichen weiterhin als eigenständiges Kennzeichen auffaßt. Die Ausführungen des Bundespatentgerichts dazu, daß der Verkehr "P3-ferrosil" nicht als zwei Kennzeichen, sondern als einheitliches Zeichen versteht - gleiches gilt für "P3-ferisol" -, können danach keinen Bestand haben.

c) Nimmt der Verkehr die Bezeichnungen aber als zwei getrennte Kennzeichen wahr, benutzt die Widersprechende die Marken "FERROSIL" und "Ferisol" nach den Ausführungen des Bundespatentgerichts in der eingetragenen Form rechtserhaltend (§ 26 Abs. 1 MarkenG). Ein solches Verständnis liegt um so näher, als es sich bei dem angesprochenen Verkehr nach dem Vortrag der Widersprechenden um Fachkreise handelt, denen sowohl "P3" als eine Art Unternehmenskennzeichnung und als Stamm von Serienzeichen wie auch die viel-
fältigen Produktnamen in der "P3-Serie" bekannt sind. In einem solchen Fall liegt es nahe, daß der Verkehr in den Bezeichnungen "FERROSIL" und "Ferisol" eine eigenständige Marke neben der Produktkennzeichnung "P3" sieht.
IV. Das Bundespatentgericht wird daher im neu eröffneten Beschwerdeverfahren die Feststellungen dazu, ob die angesprochenen Verkehrskreise "P3ferrosil" und "P3-ferisol" als einheitliche Zeichen oder Mehrfachkennzeichnungen auffassen, erneut zu treffen haben.
Ullmann Pokrant Büscher
Schaffert Bergmann