Bundesgerichtshof Urteil, 02. Juni 2003 - II ZR 134/02

bei uns veröffentlicht am02.06.2003

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 134/02 Verkündet am:
2. Juni 2003
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
EuGVÜ Art. 1 Abs. 2 Nr. 2; Art. 5 Nr. 1; Art. 53; Protokoll v. 27. September 1968
zum EuGVÜ Art. I Abs. 1; HGB § 171

a) Für eine luxemburgische Kapitalgesellschaft, die ihren Satzungssitz in Luxemburg
hat, dort aber lediglich einen "Briefkasten" unterhält und sämtliche
Geschäfte von Deutschland aus führt, gilt die sog. "Luxemburg-Klausel"
(Protokoll v. 27. September 1968 zum EuGVÜ Art. I Abs. 1) nicht; eine solche
Gesellschaft kann vielmehr vor den deutschen Gerichten verklagt werden.

b) "Wohnsitz" in der "Luxemburg-Klausel" (Protokoll v. 27. September 1968 zum
EuGVÜ Art. I Abs. 1) bedeutet bei einer juristischen Person - wie in Art. 53
EuGVÜ - dasselbe wie "Sitz".
BGH, Urteil vom 2. Juni 2003 - II ZR 134/02 - OLG Koblenz
LG Mainz
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 2. Juni 2003 durch den Vorsitzenden Richter Dr. h.c. Röhricht und die
Richter Prof. Dr. Goette, Dr. Kurzwelly, Kraemer und Münke

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 7. März 2002 aufgehoben.
Die Berufung der Beklagten gegen das Zwischenurteil der 12. Zivilkammer - 2. Kammer für Handelssachen - des Landgerichts Mainz vom 26. Oktober 2000 wird zurückgewiesen.
Zur Fortsetzung des Verfahrens wird der Rechtsstreit an das Landgericht zurückverwiesen, das auch über die Kosten der Rechtsmittelverfahren in dem Zwischenstreit zu befinden hat.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger ist Konkursverwalter über das Vermögen der M. S. E. GmbH & Co. KG. Die Beklagte ist eine juristische Person luxemburgischen Rechts (S.A.) mit Satzungssitz in Luxemburg. Sie wird
- treuhänderisch für V. Mi. - von der ebenfalls in Luxemburg ansässigen F. S.A. verwaltet. Herr Mi. , der im Rechtsverkehr auch als "Direktor" für die Beklagte auftritt, ist Geschäftsführer der in Deutschland in B. ansässigen I. GmbH, deren sämtliche Geschäftsanteile seit 1994 die Beklagte hält. Aufgrund rechtsgeschäftlich erteilter Vollmacht hat Herr Mi. im Juli 1996 für die Beklagte eine Kommanditbeteiligung in Höhe von 300.000,00 DM an der Gemeinschuldnerin erworben.
Wegen angeblich nicht vollständig erfüllter Leistung der Kommanditeinlage nimmt der Kläger die Beklagte, die nach seiner im ersten Rechtszug nicht bestrittenen Behauptung ihre sämtlichen Geschäfte durch die deutsche I. GmbH in B. ausführen läßt, auf Zahlung von 260.000,00 DM in Anspruch. Diese hat die Einrede der fehlenden internationalen Zuständigkeit der deutschen Gerichte erhoben und in diesem Zusammenhang im zweiten Rechtszuge in Abrede gestellt, eine reine "Briefkastenfirma" zu sein und in Luxemburg keinerlei eigene Geschäftstätigkeit zu entfalten.
Durch Zwischenurteil hat das Landgericht sich für örtlich und international zuständig erklärt; das Berufungsgericht hat die Klage auf das Rechtsmittel der Beklagten als unzulässig abgewiesen und die Revision zugelassen. Mit der Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist begründet. Das Landgericht hat mit Recht seine internationale und örtliche Zuständigkeit bejaht.
I. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Kläger mache Ansprüche geltend, die nach Art. 5 Nr. 1 des auf den vorliegenden Fall noch anwendbaren EuGVÜ an sich vor deutschen Gerichten verfolgt werden könnten. Die Unzuständigkeit des Landgerichts Mainz ergebe sich aber daraus, daß sich die Beklagte , die ihren Satzungssitz in Luxemburg habe, mit Erfolg auf die im Verhältnis zwischen Luxemburg und den anderen Vertragsstaaten geltende Sondervorschrift des Art. I Abs. 1 des Protokolls vom 27. September 1968 zum EuGVÜ berufen habe, der die Anwendung des Art. 5 Abs. 1 EuGVÜ zu Lasten einer Partei, die ihren Wohnsitz in Luxemburg habe, ausschließe. Dies hält den Revisionsangriffen im Ergebnis nicht stand.
II. 1. Im Ausgangspunkt zutreffend - von dem Kläger in dritter Instanz auch nicht mehr in Zweifel gezogen - geht das Berufungsgericht allerdings davon aus, daß der Kläger nicht einen unter Art. 1 Abs. 2 Nr. 2 EuGVÜ fallenden, zur Unanwendbarkeit des EuGVÜ führenden konkursrechtlichen Anspruch verfolgt , sondern daß die geltend gemachte, auf § 171 HGB gestützte Klageforderung ein vertraglicher Erfüllungsanspruch im Sinne von Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ ist (vgl. Geimer/Schütze, EuGVÜ Art. 5 Rdn. 53; MK z. ZPO/Gottwald, 2. Aufl. Art. 5 EuGVÜ Rdn. 4 mit Fn. 23).
2. Der Senat kann - wie das Berufungsgericht - unterstellen, daß zu Lasten der Beklagten nicht die sog. "Sitztheorie" gilt (vgl. dazu zuletzt BGH, Urt. v. 29. Januar 2003 - VIII ZR 155/02, ZIP 2003, 720, 721 [unter II.1.]; Urt. v. 13. März 2003 - VII ZR 370/98, ZIP 2003, 718, 719 [unter III.1.]) und die Gesellschaft nach wie vor ihren Satzungssitz im Sinne der Art. 2 und Art. 5 i.V.m. Art. 53 EuGVÜ in dem Vertragsstaat Luxemburg hat. Denn auch dann ergibt sich die internationale und örtliche Zuständigkeit des angerufenen Landgerichts Mainz daraus, daß - entgegen der dem angefochtenen Urteil zugrundeliegen-
den Auffassung - die Beklagte der Anwendbarkeit des Art. 5 EuGVÜ nicht unter Berufung auf die sog. "Luxemburg-Klausel" (Art. I Abs. 1 des Protokolls vom 27. September 1968 zum EuGVÜ) entgehen kann.

a) "Wohnsitz" in der genannten Klausel bedeutet, anders als der Kläger gemeint hat, bei einer juristischen Person dasselbe wie "Sitz". Dieses Verständnis der "Luxemburg-Klausel" wird nicht nur durch Art. 53 EuGVÜ (vgl. jetzt Art. 60 und 63 EuGVVO) nahegelegt, weil nach dem Aufbau des Abkommens und seiner Entstehungsgeschichte (vgl. dazu Schlosser EuGVÜ, Einl., Rdn. 5) schwerlich angenommen werden kann, daß dessen für das gesamte EuGVÜ geltende Begriffsbestimmung für den in den Anhang verwiesenen wortgleichen Begriff keine Geltung beanspruchen soll, sondern folgt vor allem aus dem mit der genannten Sonderregelung verfolgten Zweck. Denn die durch die genannte Klausel eingeführte Ausnahme von der Anwendbarkeit des Art. 5 EuGVÜ zielt darauf ab zu verhindern, daß in einer zu großen Zahl von Fällen Verfahren der Luxemburgischen Justiz entzogen werden, obwohl die beklagte Partei besondere Beziehungen zu diesem Vertragsstaat unterhält (vgl. Geimer/Schütze, Europäisches Zivilverfahrensrecht Art. I Protokoll Rdn. 1, 3). Dieses Ziel kann angesichts der engen und breitflächigen Handelsbeziehungen Luxemburgs mit seinen Nachbarstaaten nur dann erreicht werden, wenn das genannte Protokoll insbesondere auf Handelsgesellschaften, die die bedeutendsten Träger des grenzüberschreitenden Wirtschaftsverkehrs sind, angewandt wird (vgl. auch Jenard-Bericht in Bülow/Böckstiegel/Geimer/Schütze, Internationaler Rechtsverkehr B I 1 a; auch Kropholler, Europäisches Zivilprozeßrecht 7. Aufl. Art. 5 Rdn. 3 m.w.N.).

b) Dem genannten Zweck der "Luxemburg-Klausel" widerspräche es indessen - auch insofern ist dem Berufungsgericht im Ansatz zu folgen -, wenn
man bei der Frage ihres Anwendungsbereichs allein auf den formalen Satzungssitz abstellen und die Partei, die eine luxemburgische Gesellschaft verklagen will, selbst dann daran hindern wollte, vor den Gerichten ihres eigenen Staates den vertraglichen Anspruch geltend zu machen, wenn die Beklagte in ihrem Gründungsstaat keinerlei geschäftliche Aktivitäten entfaltet, sondern ausschließlich über einen "Briefkasten" verfügt. Eine solche Auslegung der "Luxemburg -Klausel" hätte zur Folge, daß für Beklagte aus diesem Vertragsstaat Art. 5 EuGVÜ schlechthin unanwendbar würde.

c) Von Rechtsirrtum beeinflußt ist dagegen die dem Berufungsurteil zugrundeliegende Annahme, das genannte Protokoll greife nach seinem Sinn und Zweck nicht ein. Das Berufungsgericht setzt sich darüber hinweg, daß zwischen den Parteien schon in erster Instanz unstreitig war, daß die Beklagte in Luxemburg - neben ihrem satzungsmäßigen Sitz - lediglich über einen von 63 weiteren Gesellschaften mitbenutzen Briefkasten verfügt und alle ihre geschäftlichen Aktivitäten durch die in Deutschland ansässige I. GmbH und deren Geschäftsführer V. Mi. betreibt. Dieser ist nicht allein als Treugeber einer als Treuhänderin zwischengeschalteten luxemburgischen Gesellschaft wirtschaftlicher Eigentümer der Aktien der Beklagten, er hat in Ausübung seines umfassenden Weisungsrechts auch veranlaßt, daß die Beklagte sämtliche Geschäftsanteile der I. GmbH übernommen hat und sich selbst die Vollmacht der Beklagten erteilen lassen, die Kommanditanteile an der Gemeinschuldnerin für die Beklagte zu erwerben. Er allein war es, der sämtliche Geschäfte der Beklagten , die im Geschäftsverkehr neben der I. GmbH als Teil der "I. Group" auftrat, - wie das von dem Kläger beispielhaft vorgelegte Telefax-Schreiben zeigt - von dem in B. liegenden Büro aus führte.

d) Gegenüber diesen im ersten Rechtszug unstreitigen und übereinstimmend zutreffend gewürdigten Umständen, daß die Beklagte ihre sämtlichen Geschäfte in Deutschland führt bzw. führen läßt, reichte es - ohne daß der Senat zu der von der Revision aufgeworfenen Frage Stellung nehmen müßte, ob das Berufungsgericht die Darlegungs- und Beweislast zu Unrecht dem Kläger auferlegt hat - nicht aus, daß die Beklagte im Berufungsverfahren lediglich in Abrede stellte, allein in Deutschland geschäftlich aktiv zu sein. Es wäre vielmehr ihre Aufgabe gewesen, substantiiert darzulegen, daß sie über den formellen Satzungssitz und einen Briefkasten hinaus eine inhaltliche, die Anwendung des genannten Protokolls rechtfertigende Beziehung zu Luxemburg hat. Dem wird das schlichte Bestreiten der Beklagten nicht gerecht; ihr Beweisantritt , Herrn Mi. als ihren Treugeber-Aktionär als Zeugen zu vernehmen, ersetzt einen solchen notwendigen Tatsachenvortrag nicht.
III. Da eine weitere Entscheidung des Berufungsgerichts in dem Zwischenstreit nicht veranlaßt ist, der Senat vielmehr insofern abschließend durch Zurückweisung der Berufung der Beklagten entscheiden kann, ist die Sache an
das Landgericht zurückzuverweisen, das in seinem Schlußurteil auch über die Kosten der Rechtsmittelverfahren des Zwischenstreits zu befinden haben wird (Zöller/Greger, ZPO 23. Aufl. § 280 Rdn. 8).
Röhricht Goette Kurzwelly
Kraemer Münke

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 02. Juni 2003 - II ZR 134/02

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 02. Juni 2003 - II ZR 134/02

Referenzen - Gesetze

Handelsgesetzbuch - HGB | § 171


(1) Der Kommanditist haftet den Gläubigern der Gesellschaft bis zur Höhe seiner Einlage unmittelbar; die Haftung ist ausgeschlossen, soweit die Einlage geleistet ist. (2) Ist über das Vermögen der Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet, so
Bundesgerichtshof Urteil, 02. Juni 2003 - II ZR 134/02 zitiert 3 §§.

Handelsgesetzbuch - HGB | § 171


(1) Der Kommanditist haftet den Gläubigern der Gesellschaft bis zur Höhe seiner Einlage unmittelbar; die Haftung ist ausgeschlossen, soweit die Einlage geleistet ist. (2) Ist über das Vermögen der Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet, so

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Bundesgerichtshof Urteil, 13. März 2003 - VII ZR 370/98

bei uns veröffentlicht am 13.03.2003

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VII ZR 370/98 Verkündet am: 13. März 2003 Fahrner, Justizangestellte als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja ZPO § 50; EG-V

Referenzen

(1) Der Kommanditist haftet den Gläubigern der Gesellschaft bis zur Höhe seiner Einlage unmittelbar; die Haftung ist ausgeschlossen, soweit die Einlage geleistet ist.

(2) Ist über das Vermögen der Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet, so wird während der Dauer des Verfahrens das den Gesellschaftsgläubigern nach Absatz 1 zustehende Recht durch den Insolvenzverwalter oder den Sachwalter ausgeübt.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VII ZR 370/98 Verkündet am:
13. März 2003
Fahrner,
Justizangestellte
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
ZPO § 50; EG-Vertrag Art. 43, Art. 48
Eine Gesellschaft, die unter dem Schutz der im EG-Vertrag garantierten Niederlassungsfreiheit
steht, ist berechtigt, ihre vertraglichen Rechte in jedem Mitgliedsstaat
geltend zu machen, wenn sie nach der Rechtsordnung des Staates, in dem sie gegründet
worden ist und in dem sie nach einer eventuellen Verlegung ihres Verwaltungssitzes
in einen anderen Mitgliedsstaat weiterhin ihren satzungsmäßigen Sitz
hat, hinsichtlich des geltend gemachten Rechts rechtsfähig ist.
BGH, Urteil vom 13. März 2003 - VII ZR 370/98 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 13. März 2003 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Dressler und die Richter
Hausmann, Dr. Wiebel, Prof. Dr. Kniffka und Bauner

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 10. September 1998 aufgehoben. Die Sache wird zur anderweiten Entscheidung und Verhandlung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin macht gegen die Beklagte Ansprüche wegen behaupteter Mängel von Malerarbeiten geltend. Die Klägerin ist eine seit 1990 im Handelsregister für A. und H. als "Besloten Vennootschap" (BV) eingetragene Gesellschaft niederländischen Rechts. Sie beauftragte die Beklagte 1992 mit der Sanierung eines Garagengebäudes und des dazu gehörigen Motels. Die Leistungen sind erbracht. Die Klägerin behauptet Mängel der Malerarbeiten. Nach erfolgloser
Mängelbeseitigungsaufforderung hat sie mit der Klage 1.163.657,77 DM nebst Zinsen als Kostenaufwand für die Beseitigung der Mängel und daraus entstandener Schäden verlangt. Hilfsweise hat sie beantragt festzustellen, daß in gewillkürter Prozeßstandschaft ihr Mehrheitsgesellschafter in den Rechtsstreit eingetreten ist und die Beklagte zu verurteilen, an diesen die Klagesumme zu zahlen. Die Parteien streiten u.a. darüber, ob die Klägerin 1994/1995 ihren Verwaltungssitz in die Bundesrepublik Deutschland verlegt hat und ob sie in diesem Fall rechts- und parteifähig ist. Das Landgericht hat die Klage als unzulässig abgewiesen. Die Berufung ist erfolglos geblieben. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihre Anträge weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

Das Berufungsgericht ist der Auffassung, die Klägerin sei nicht rechtsund damit auch nicht parteifähig. Für die Frage der Rechtsfähigkeit einer juristischen Person sei deren Personalstatut entscheidend. Das Personalstatut knüpfe nach deutschem internationalen Privatrecht an den tatsächlichen Sitz der Hauptverwaltung an. Das gelte auch in den Fällen, in denen eine nach dem Recht des Gründungsstaates gegründete Gesellschaft ihren Verwaltungssitz auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland verlege. Diese Anknüpfungs-
regel (Sitztheorie) werde durch die im EG-Vertrag geregelte Niederlassungs- freiheit nicht verdrängt. Die Klägerin habe ihren Verwaltungssitz in die Bundesrepublik Deutschland verlegt. 1994/95 hätten ihre jetzigen, in D. wohnenden Gesellschafter alle Geschäftsanteile erworben. Von diesem Zeitpunkt an sei die Verwaltung und Geschäftsführung der Gesellschaft faktisch von der Bundesrepublik aus erfolgt. Die Hilfsanträge hätten keinen Erfolg. Sie seien abzuweisen, weil der Prozeßstandschafter nur für eine rechts- und parteifähige Person auftreten könne.

II.

Der Senat hat das Verfahren ausgesetzt und eine Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs gemäß Art. 234 Abs. 1a, Abs. 3 EG eingeholt. Der Europäische Gerichtshof hat mit Urteil vom 5. November 2002 - Rs. C-208/00 (Überseering) (NJW 2002, 3614 = NZG 2002, 1164 = EuZW 2002, 754) die vorgelegten Fragen wie folgt beschieden: 1. Es verstößt gegen die Artikel 43 EG und 48 EG, wenn einer Gesellschaft , die nach dem Recht des Mitgliedstaats, in dessen Hoheitsgebiet sie ihren satzungsgemäßen Sitz hat, gegründet worden ist und von der nach dem Recht eines anderen Mitgliedstaates angenommen wird, daß sie ihren tatsächlichen Verwaltungssitz dorthin verlegt hat, in diesem Mitgliedstaat die Rechtsfähigkeit und damit die Parteifähigkeit vor seinen nationalen Gerichten für das Geltendmachen von Ansprüchen aus einem Vertrag mit einer in diesem Mitgliedstaat ansässigen Gesellschaft abgesprochen wird.
2. Macht eine Gesellschaft, die nach dem Recht des Mitgliedstaats ge- gründet worden ist, in dessen Hoheitsgebiet sie ihren satzungsmäßigen Sitz hat, in einem anderen Mitgliedstaat von ihrer Niederlassungsfreiheit Gebrauch, so ist dieser andere Mitgliedstaat nach den Artikeln 43 EG und 48 EG verpflichtet , die Rechtsfähigkeit und damit die Parteifähigkeit zu achten, die diese Gesellschaft nach dem Recht ihres Gründungsstaats besitzt.

III.

Das Berufungsurteil hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Die Klage ist zulässig. Die Klägerin ist als niederländische Gesellschaft (BV) fähig, die durch den Generalübernehmervertrag mit der Beklagten erworbenen Rechte vor den deutschen Gerichten geltend zu machen. 1. Nach der bisherigen Rechtsprechung zum deutschen internationalen Gesellschaftsrecht beurteilt sich die Rechtsfähigkeit einer Gesellschaft nach dem Recht am Ort ihres tatsächlichen Verwaltungssitzes. Das gilt auch dann, wenn eine Gesellschaft in einem anderen Staat wirksam gegründet worden ist und anschließend ihren Verwaltungssitz in die Bundesrepublik Deutschland verlegt. Daraus hat das Berufungsgericht konsequent abgeleitet, daß eine wirksam gegründete und nach niederländischem Recht fortbestehende BV nach Verlegung ihres Verwaltungssitzes in die Bundesrepublik Deutschland ihre vertraglichen Rechte vor deutschen Gerichten nicht durchsetzen kann, solange sie sich nicht nach den Regeln des deutschen Gesellschaftsrechts neu gegründet hat (vgl. Beschluß des Senats vom 30. März 2000 - VII ZR 370/98, m.w.N., EuZW 2000, 412 = IPRax 2000, 423 = NZG 2000, 926 = BauR 2000, 1222 = ZfBR 2000, 404).
2. Dieses Ergebnis ist mit der in Art. 43 und 48 EG garantierten Nieder- lassungsfreiheit nicht vereinbar. Der Europäische Gerichtshof hat entschieden, daß das Erfordernis, die Gesellschaft in der Bundesrepublik Deutschland neu zu gründen, der Negierung der Niederlassungsfreiheit gleich kommt (EuGH, aaO, Tz. 81). Es stellt eine mit den Art. 43 und 48 EG grundsätzlich nicht vereinbare Beschränkung der Niederlassungsfreiheit dar, wenn ein Mitgliedstaat sich u.a. deshalb weigert, die Rechtsfähigkeit einer Gesellschaft, die nach dem Recht eines anderen Mitgliedstaats gegründet worden ist und dort ihren satzungsmäßigen Sitz hat, anzuerkennen, weil die Gesellschaft im Anschluß an den Erwerb sämtlicher Geschäftsanteile durch in seinem Hoheitsgebiet wohnende eigene Staatsangehörige ihren tatsächlichen Verwaltungssitz in sein Hoheitsgebiet verlegt haben soll, mit der Folge, daß die Gesellschaft im Aufnahmemitgliedstaat nicht zu dem Zweck parteifähig ist, ihre Ansprüche aus einem Vertrag geltend zu machen, es sei denn, daß sie sich nach dem Recht dieses Aufnahmestaats neu gründet (EuGH, aaO, Tz.82). 3. Diese Auslegung der Art. 43 und 48 EG ist für den Senat bindend. Sie verpflichtet zu einer Rechtsanwendung, die nicht zu der beanstandeten Beschränkung der Niederlassungsfreiheit führt (Forsthoff, DB 2002, 2471, 2474).
a) Diese Rechtsanwendung läßt sich nicht damit erreichen, daß die Klägerin nach deutschem Recht nach Verlegung des Verwaltungssitzes jedenfalls eine rechtsfähige Personengesellschaft und damit als solche vor den deutschen Gerichten aktiv und passiv parteifähig ist (vgl. BGH, Urteil vom 1. Juli 2000 - II ZR 380/00, BGHZ 151, 204 = NJW 2002, 3539). Denn die Klägerin hat nicht als Personengesellschaft ihre Rechte geltend gemacht und geklagt, sondern als niederländische BV. Sie hat damit von ihrer durch den EG-Vertrag garantierten Niederlassungsfreiheit Gebrauch gemacht. Das zwingt dazu, die Rechtsfähigkeit der Klägerin als niederländische BV zu achten (EuGH, aaO, Tz. 80, 95). Sie
kann nicht auf ihre Möglichkeiten als nach deutschem Recht anerkannte Personengesellschaft verwiesen werden, weil sie damit in eine andere Gesellschaftsform mit besonderen Risiken, wie z.B. Haftungsrisiken, gedrängt wird. Eine derartige Verweisung würde sich ebenfalls als Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit darstellen, wie der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes unmißverständlich entnommen werden kann (vgl. Forsthoff, DB 2002, 2471, 2476; Leible/Hofmann, RIW 2002, 925, 929; Zimmer, BB 2003, 1, 5; Lutter , BB 2003, 7, 9; Eidenmüller, ZIP 2002, 2233, 2238; Heidenhain, NZG 2002, 1141, 1142; Großerichter, DStR 2003, 1, 15; Wernicke, EuZW 2002, 758, 761; Buck, WuB II N. § 14 BGB 1.03).
b) Die Klägerin muß in die Lage versetzt werden, nach einer Verlegung ihres Verwaltungssitzes in die Bundesrepublik Deutschland ihre vertraglichen Rechte als niederländische BV geltend machen zu können. Das erfordert es, die Klägerin nach deutschem internationalen Gesellschaftsrecht hinsichtlich ihrer Rechtsfähigkeit dem Recht des Staates zu unterstellen, in dem sie gegründet worden ist. Eine Gesellschaft, die unter dem Schutz der im EG-Vertrag garantierten Niederlassungsfreiheit steht, ist berechtigt, ihre vertraglichen Rechte in jedem Mitgliedstaat geltend zu machen, wenn sie nach der Rechtsordnung des Staates, in dem sie gegründet worden ist und in dem sie nach einer Verlegung ihres Verwaltungssitzes in einen anderen Mitgliedstaat weiterhin ihren satzungsmäßigen Sitz hat, hinsichtlich des geltend gemachten Rechts rechtsfähig ist.
c) Die Parteifähigkeit der Klägerin beurteilt sich nach der lex fori, also nach deutschem Prozeßrecht. Gemäß § 50 Abs. 1 ZPO ist eine Gesellschaft parteifähig, wenn sie rechtsfähig ist. Auch insoweit ist das dargestellte Personalstatut maßgebend.
4. Im Rechtsstreit steht nicht in Zweifel, daß die Klägerin nach niederländischem Recht wirksam gegründet ist, ihren satzungsmäßigen Sitz in den Niederlanden hat und dort rechtsfähig ist. Sie ist deshalb auch befugt, ihre vertraglichen Rechte in der Bundesrepublik Deutschland geltend zu machen und gerichtlich durchzusetzen.

IV.

Das Urteil ist demnach aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Zum Anspruch fehlen im angefochtenen Urteil jegliche Feststellungen. Dressler Hausmann Wiebel Bauner Kniffka