Bundesgerichtshof Urteil, 08. März 2004 - II ZR 165/02

bei uns veröffentlicht am08.03.2004

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 165/02 Verkündet am:
8. März 2004
Boppel
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Das grundsätzlich nicht anzuerkennende Recht, einen Mitgesellschafter ohne
Vorhandensein eines sachlichen Grundes aus einer Gesellschaft ausschließen
zu dürfen, kann ausnahmsweise dann als nicht sittenwidrig angesehen werden,
wenn ein neuer Gesellschafter in eine seit langer Zeit bestehende Sozietät von
Freiberuflern (hier: Gemeinschaftspraxis von Laborärzten) aufgenommen wird
und das Ausschließungsrecht allein dazu dient, den Altgesellschaftern binnen
einer angemessenen Frist die Prüfung zu ermöglichen, ob zu dem neuen Partner
das notwendige Vertrauen hergestellt werden kann und ob die Gesellschafter
auf Dauer in der für die gemeinsame Berufsausübung erforderlichen
Weise harmonieren können; eine Prüfungsfrist von zehn Jahren überschreitet
den anzuerkennenden Rahmen bei weitem.
BGH, Urteil vom 8. März 2004 - II ZR 165/02 - OLG Karlsruhe
LG Karlsruhe
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 8. März 2004 durch den Vorsitzenden Richter Dr. h.c. Röhricht
und die Richter Prof. Dr. Goette, Dr. Kurzwelly, Münke und Dr. Gehrlein

für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 3A. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 16. April 2002 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Beklagten zu 1 und 2 (im folgenden: Beklagte) gründeten im Jahr 1978 eine Gemeinschaftspraxis, deren Gegenstand die Ausübung laborärztlicher Tätigkeit ist. Der Kläger, Neffe der Beklagten zu 2, absolvierte in der Praxis zunächst eine Chemielaborantenlehre und war ab 1988 nach Abschluß seines Medizinstudiums zunächst als Arzt im Praktikum, später als Arzt und Facharzt in der Gemeinschaftspraxis tätig. Zum 1. Januar 1991 wurde er als Gesellschafter in die Gemeinschaftspraxis aufgenommen. Eine Einlageleistung hatte er nicht zu erbringen, er wurde auch nicht am Gesellschaftsvermögen beteiligt, sein Gesellschaftsanteil von zunächst 1,6 %, ab Oktober 1995 4 % bzw. 4,1 %, war vielmehr Grundlage für die Gewinn- und Verlustbeteiligung und für die Ermittlung des Stimmrechts. Von Altverbindlichkeiten der Gesellschaft wurde er freigestellt, für neue Verbindlichkeiten hatte er im Innenverhältnis - außer bei
grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz - nur nach Maßgabe seiner Beteiligungsquote einzustehen. Die Beklagten waren ab Oktober 1995 i.H.v. 42,196 % bzw. 46 % an der Gesellschaft beteiligt; die restlichen Gesellschaftsanteile entfielen auf andere Gesellschafter.
Nach §§ 7 und 9 des Gesellschaftsvertrages kann ein Gesellschafter das Gesellschaftsverhältnis mit sechsmonatiger Frist zum Jahresende kündigen und scheidet dann aus der zwischen den übrigen Mitgliedern fortgesetzten Gesellschaft aus. Unterbleibt eine Kündigung, wird die Gesellschaft um jeweils ein Jahr verlängert. Für den Kläger wie für die anderen Gesellschafter mit Ausnahme der Beklagten endete die Mitgliedschaft in jedem Fall mit dem Erreichen des 65. Lebensjahres. Nach § 11 Nr. 1 des Gesellschaftsvertrages haben die Gesellschafter , die wie der Kläger nicht am Gesellschaftsvermögen beteiligt sind, lediglich Anspruch auf Auszahlung ihres Gewinnanteils bis zum Ende ihrer Mitgliedschaft , weitergehende Ansprüche sind ausgeschlossen. Der Ausscheidende unterliegt keinem Wettbewerbsverbot, darf aber bestimmte, von den Beklagten entwickelte Analyseverfahren nicht verwenden (§ 16). Die Auflösung der Gesellschaft erfordert einen einstimmigen Beschluß (§ 13); im übrigen bedürfen Beschlüsse seit einer Änderung des Gesellschaftsvertrages vom 25. Oktober 1996 einer Dreiviertelmehrheit. Über die Ausschließung eines Gesellschafters trifft § 8 folgende Bestimmung:
"Ausschließung 1. Jeder Gesellschafter kann durch ihm gegenüber abzugebende Erklärung aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden, wenn er
a) berufsunfähig ist,
b) aufgrund Krankheit länger als ein Jahr seine Mitarbeit in der Gesellschaft eingestellt hat,
c) ein sonstiger wichtiger Grund in seiner Person vorliegt.

2. Im Hinblick auf die erheblichen Vorleistungen der Altgesellschafter kommen die Vertragsschließenden überein, daß die Ausschließung der Vertrags- schließenden Ziff. 4 (= Kläger) + 5 aus der Gesellschaft mit einer Frist von 6 Monaten zum Ende eines Kalenderjahres auch ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes, frühestens aber zum 31.12.1993 zulässig ist. 3. Die Ausschließung erfolgt durch Mehrheitsbeschluß der nicht betroffenen Gesellschafter ... 4. Die Ausschließung der Vertragsschließenden Ziff. 1 + 2 (= Beklagte) unterliegt nicht den vorstehenden Bestimmungen, sondern kann nur durch Gerichtsbeschluß erfolgen." Ferner ist in § 11 Nr. 7 folgendes geregelt: "7. Die Vertragsschließenden Ziff. 1 und 2 haben das Recht, die Gemein- schaftspraxis insgesamt an einen Dritten zu veräußern. Hierzu bedarf es eines Gesellschafterbeschlusses, der mit einfacher Mehrheit gefaßt werden kann. In diesem Fall scheiden die Vertragsschließenden Ziff. 3 - 5 mit Ablauf des dritten Monats nach dieser Beschlußfassung aus der Gesellschaft aus. In diesem Fall hat der Vertragsschließende Ziff. 3 abweichend von den vorstehenden Bestimmungen einen Vergütungsanspruch in Höhe des seiner Gewinnquote entsprechenden Anteils am Kaufpreis ... Gleiches gilt für die Vertragsschließenden Ziff. 4 (= Kläger) und 5 nach einer Zugehörigkeit zur Gesellschaft von 10 Jahren." Unter dem 20. Juni 2000 unterbreiteten die Beklagten aus Anlaß des Ausscheidens des bisherigen Mitgesellschafters Dr. S. dem Kläger ein Angebot auf Änderung des Gesellschaftsvertrages, die u.a. die Gewinn- und Verlustbeteiligung auch für den Wegfall der Kassenzulassung der Beklagten festschreiben sollte und die hinsichtlich § 11 Nr. 7 folgenden Text vorsah:
"Dem Gesellschafter ... (Kläger) stehen Ansprüche gemäß § 11 Ziff. 7 Abs. 2 nur zu, wenn bei Abschluß und/oder bei Erfüllung des in § 11 Ziff. 7 Abs. 1 vorgesehenen Veräußerungsgeschäfts das Gesellschaftsverhältnis ungekün-
digt - ... - fortbesteht und ein Beschluß über die Ausschließung des Gesell- schafters ... gemäß § 8 Ziff. 2 weder beantragt noch gefaßt worden ist." Da der Kläger hierauf nicht einging, beriefen die Beklagten am 24. Juni 2000 auf den 27. Juni 2000 eine Gesellschafterversammlung ein, in der sie einstimmig beschlossen, den Kläger "gemäß § 8 Abs. 2 und 3 des Gesellschaftsvertrages" zum 31. Dezember 2000 aus der Gesellschaft auszuschließen. Hiergegen hat sich der Kläger mit der negativen Feststellungsklage gewandt. Während des erstinstanzlichen Verfahrens hat die Gesellschafterversammlung gegen die Stimme des Klägers die Veräußerung der Gesellschaft beschlossen; die entsprechenden Vertragsverhandlungen sind später gescheitert. Die Gesellschaft wird von den Beklagten und zwei weiteren Gesellschaftern fortgeführt. Der Kläger ist aufgrund unstreitig wirksamer fristloser Kündigung vom 22. Februar 2001 aus der Gemeinschaftspraxis ausgeschieden.
Das Landgericht hat - soweit für das Revisionsverfahren noch von Interesse - der negativen Feststellungsklage entsprochen. Das Berufungsgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten zurückgewiesen und die Revision zugelassen.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist nicht begründet. Das Berufungsgericht hat - im Ergebnis - mit Recht entschieden, daß der Kläger nicht bereits zum 31. Dezember 2000 als Gesellschafter aus der Gemeinschaftspraxis ausgeschieden ist. Die am 27. Juni 2000 beschlossene Ausschließung des Klägers ist unwirksam.
1. Mit Recht haben Landgericht und Oberlandesgericht die negative Feststellungsklage für zulässig gehalten. Daß der Kläger am 22. Februar 2001
durch seine eigene Kündigung aus der Gesellschaft ausgeschieden ist, läßt das bei Klageerhebung bestehende Feststellungsinteresse nicht entfallen, auch wenn der Kläger nunmehr möglicherweise seinen Gewinnauszahlungsanspruch für die Zeit bis zum Ausscheiden beziffern könnte (vgl. BGH, Urt. v. 15. November 1977 - VI ZR 101/76, NJW 1978, 210, insofern in BGHZ 70, 39 nicht abgedruckt; Urt. v. 4. Juni 1996 - VI ZR 123/95, NJW 1996, 2725 f.) und nach dem Wortlaut und der systematischen Stellung des § 11 Nr. 7 des Vertrages der an sich ab 1. Januar 2001 gegebene Anspruch auf Teilhabe an dem Erlös eines etwaigen Verkaufs der Gemeinschaftspraxis mit der Beendigung der Gesellschafterstellung entfallen und ein davon unabhängiger Abfindungsanspruch hier vertraglich ausgeschlossen ist (vgl. dazu Sen.Urt. v. 8. Mai 2000 - II ZR 308/98, ZIP 2000, 1337, 1338 unter II. 1. m.w.N.).
2. a) Nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats (BGHZ 125, 74, 79 m.w.N.; vgl. ferner zum Meinungsstand im Schrifttum MünchKomm.z.BGB/ Ulmer, 4. Aufl. § 737 Rdn. 17) kann eine gesellschaftsvertragliche Regelung nicht anerkannt werden, die einem einzelnen Gesellschafter das Recht einräumt , Mitgesellschafter ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes aus einer Personengesellschaft oder einer GmbH (BGHZ 112, 103 ff.) auszuschließen. Tragende Erwägung hierfür ist, den von der Ausschließung oder Kündigung bedrohten Gesellschafter zu schützen. Denn das freie Kündigungsrecht des anderen Teils kann von ihm als Disziplinierungsmittel empfunden werden, so daß er aus Sorge, der Willkür des ausschließungsberechtigten Gesellschafters ausgeliefert zu sein, nicht frei von seinen Mitgliedschaftsrechten Gebrauch macht oder seinen Gesellschafterpflichten nicht nachkommt, sondern sich den Vorstellungen der anderen Seite beugt ("Damoklesschwert" vgl. BGHZ 81, 263, 268; BGHZ 105, 213, 217). Gerade das Vorgehen der Beklagten, die auf die Weigerung des Klägers, sich auf eine seine Position in der Gesellschaft ver-
schlechternde Vertragsänderung einzulassen, ihrer Ankündigung entsprechend mit der sofort ausgesprochenen Ausschließung reagiert haben, belegt diese Gefahr eindrucksvoll.

b) Allerdings gilt dieser Grundsatz nicht ausnahmslos, wie auch das Berufungsgericht nicht verkannt hat. Durchbrechungen hat der Senat, auch wenn er zunächst keinen Anlaß hatte, deren Voraussetzungen im einzelnen festzulegen (vgl. BGHZ 68, 212, 215; BGHZ 81, 213, 269) als möglich erörtert, sie später für den Fall des Ausschlusses des Erben eines Mitgesellschafters (BGHZ 105, 213 ff.) und für den Fall ausdrücklich anerkannt, daß der ausschließungsberechtigte GmbH-Gesellschafter mit Rücksicht auf die enge persönliche Beziehung zu seiner Mitgesellschafterin die volle Finanzierung der Gesellschaft übernommen und der Partnerin die Mehrheitsbeteiligung und die Geschäftsführung eingeräumt hatte (BGHZ 112, 103 ff.).

c) Auch bei der Aufnahme eines neuen Gesellschafters in eine seit Jahren bestehende Sozietät von Freiberuflern können Gründe vorliegen, die es nach Abwägung der beiderseits beteiligten Interessen als gerechtfertigt erscheinen lassen, daß die Altgesellschafter auch ohne Vorhandensein eines in der Person des anderen Teils liegenden wichtigen Grundes dessen Gesellschafterstellung einseitig beenden. Das gilt erst recht, wenn es sich bei dieser Sozietät um einen Zusammenschluß von Ärzten handelt, die regelmäßig auf ihre Zulassung als Kassenärzte angewiesen und in dieser Eigenschaft besonderen öffentlich-rechtlichen Restriktionen bei der Gestaltung ihres beruflichen Zusammenwirkens ausgesetzt sind. Denn nach dem Zulassungsrecht bestehen für eine Tätigkeit als angestellter Arzt enge zeitliche Beschränkungen, und der jeweilige Zulassungsausschuß achtet darauf, daß die derzeit geltenden Regeln, nach denen Ärzte nur in Form einer BGB-Gesellschaft oder einer Partner-
schaftsgesellschaft ihren Beruf gemeinsam ausüben dürfen, nicht nur in einem formellen Sinn eingehalten werden. Für die bisherigen Gesellschafter, die einen ihnen u.U. weitgehend unbekannten Partner aufnehmen müssen, können daraus erhebliche Gefahren entstehen, weil sich im allgemeinen erst nach einer gewissen Zeit der Zusammenarbeit herausstellen wird, ob zwischen den Gesellschaftern das notwendige Vertrauen besteht, vor allem ob sie in ihrer besondere ethische Anforderungen stellenden Berufsauffassung harmonieren. Unter diesem Gesichtspunkt kann es nicht von vornherein als sittenwidrig angesehen werden, wenn den Altgesellschaftern - zumal wenn sie allein Träger des Gesellschaftsvermögens sind und der neue Partner ohne Leistung einer Einlage aufgenommen wird - für eine angemessene Prüfungszeit, die jedenfalls den hier für das Teilhaberecht des Klägers an einem etwaigen Veräußerungserlös bestimmten Zeitraum von zehn Jahren bei weitem nicht erreichen darf, das Recht eingeräumt wird, den Neugesellschafter auszuschließen, auch wenn keine Gründe vorliegen, die es den Altgesellschaftern unzumutbar machen, das Gesellschaftsverhältnis fortzusetzen. Anderenfalls bliebe den aufnehmenden Gesellschaftern allein die Auflösungskündigung der Gemeinschaftspraxis und damit u.U. die Zerschlagung des in Jahren Aufgebauten oder aber das eigene Ausscheiden.
3. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts bedarf es hier jedoch keiner abschließenden Festlegung der Grenzen eines solchen ausnahmsweise gerechtfertigten Hinauskündigungsrechts. Denn selbst wenn man zugunsten der Beklagten annehmen wollte, daß die Regelung in § 8 Nr. 2 des Gesellschaftsvertrages nicht sittenwidrig und nichtig ist, ist die Ausschließungsentscheidung unwirksam, weil die Beklagten von dieser Bestimmung in einer gegen § 242 BGB verstoßenden Weise Gebrauch gemacht haben (zur Ausübungskontrolle vgl. Schlegelberger/K.Schmidt, HGB 5. Aufl. § 140 Rdn. 79).


a) Mit der Ausschließung zielten die Beklagten nicht darauf ab, den ge- schilderten Besonderheiten einer Aufnahme eines jungen Partners in eine seit langer Zeit bestehende, von den Altgesellschaftern aufgebaute und durch ihren persönlichen Einsatz und ihr Ansehen geprägte Sozietät Rechnung zu tragen; sie wollten sich vielmehr - nachdem der Kläger die für ihn nachteilige Vertragsänderung nicht hinnehmen wollte - allein von den vor rund zehn Jahren eingegangenen und ihnen inzwischen lästig gewordenen vertraglichen Verpflichtungen lösen.

b) Nach dem im Jahre 1991 geschlossenen Gesellschaftsvertrag war selbstverständlich, daß im Falle eines Auslaufens der Kassenzulassung der beiden beklagten Altgesellschafter die bisher verabredete Gewinn- und Verlustverteilung nicht unverändert weitergeführt, sondern den neuen Verhältnissen angepaßt werden mußte. Durch die Ausnutzung des zu ihren Gunsten aus anderen Gründen eingeräumten - nur unterstellt wirksamen - Hinauskündigungsrechts sollte die angestrebte Befreiung aus den vertraglichen Bindungen auf anderem Wege erreicht werden.

c) Noch deutlicher wird der Fehlgebrauch des Ausschließungsrechts im Hinblick auf das Recht des Klägers, an dem Erlös aus einem etwaigen Verkauf der Gemeinschaftspraxis beteiligt zu werden. Nach dem Vertrag erwarb er den entsprechenden Anspruch nach Ablauf von zehn Jahren Zugehörigkeit zu der Gesellschaft, also am 1. Januar 2001. Der letzte Zeitpunkt, zu dem die Beklagten erreichen konnten, daß der Kläger keinesfalls in den Genuß dieser bei seinem Eintritt in die Gemeinschaftspraxis versprochenen und seine langjährige Tätigkeit für die Praxis honorierenden Rechtsstellung kam, war der 30. Juni 2000, weil eine Ausschließungskündigung nach § 8 Nr. 2 des Gesellschaftsver-
trages nur zum Jahresende und mit einer Auslauffrist von sechs Monaten ausgesprochen werden konnte. Wenn die Beklagten erst zehn Tage vor diesem Kündigungszeitpunkt ihr Vertragsänderungsangebot - unter Hinweis auf das ihnen zustehende Ausschließungsrecht - abgegeben und dann, nachdem der Kläger sich ihren Wünschen nicht unterworfen hatte, mit außerordentlich kurzer Einladungsfrist drei Tage vor dem genannten letzt möglichen Zeitpunkt den Ausschließungsbeschluß gefaßt haben, dann zeigt dies deutlich, daß es den Beklagten nur um die Durchsetzung ihres sachlich nicht gerechtfertigten Wunsches nach Lösung aus den früher übernommenen vertraglichen Verpflichtungen gegangen ist. Ihrem berechtigten Interesse, sich als die allein am Gesellschaftsvermögen beteiligten Gründungsgesellschafter der Gemeinschaftspraxis die Ergebnisse ihrer jahrelangen Aufbauarbeit auch bei oder im Vorfeld des Endes ihrer Kassenarzttätigkeit zunutze zu machen, war durch das ihnen allein zustehende Recht, auch gegen den Willen ihrer Mitgesellschafter die Praxis zu veräußern und den dabei erzielten Erlös weitgehend für sich vereinnahmen zu dürfen, hinreichend Rechnung getragen.
Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 766.937,82 esetzt.
Röhricht Goette Kurzwelly
Münke Gehrlein

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 08. März 2004 - II ZR 165/02

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 08. März 2004 - II ZR 165/02

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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 737 Ausschluss eines Gesellschafters


Ist im Gesellschaftsvertrag bestimmt, dass, wenn ein Gesellschafter kündigt, die Gesellschaft unter den übrigen Gesellschaftern fortbestehen soll, so kann ein Gesellschafter, in dessen Person ein die übrigen Gesellschafter nach § 723 Abs. 1 Satz 2 zu
Bundesgerichtshof Urteil, 08. März 2004 - II ZR 165/02 zitiert 4 §§.

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Referenzen

Ist im Gesellschaftsvertrag bestimmt, dass, wenn ein Gesellschafter kündigt, die Gesellschaft unter den übrigen Gesellschaftern fortbestehen soll, so kann ein Gesellschafter, in dessen Person ein die übrigen Gesellschafter nach § 723 Abs. 1 Satz 2 zur Kündigung berechtigender Umstand eintritt, aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden. Das Ausschließungsrecht steht den übrigen Gesellschaftern gemeinschaftlich zu. Die Ausschließung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem auszuschließenden Gesellschafter.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 308/98 Verkündet am:
8. Mai 2000
Boppel
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein

a) Scheidet ein Gesellschafter aus einer Freiberuflersozietät gegen Zahlung
einer Abfindung aus, welche auch den Wert des Mandantenstammes abgelten
soll, hat dies mangels abweichender Abreden zur Folge, daß der
ausscheidende Gesellschafter die Mandanten der Sozietät nicht mitnehmen
darf, sondern sie - längstens für zwei Jahre - seinen bisherigen
Partnern belassen muß.

b) Mandantenschutzklauseln, die für den Fall des Ausscheidens eines Gesellschafters
aus einer Freiberuflersozietät vereinbart werden, enthalten
ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot, das räumlich und gegenständlich
hinreichend bestimmt ist. Soweit eine solche Klausel das zeitlich
tolerable Maß von zwei Jahren überschreitet, führt dies nicht zur
Nichtigkeit der Abrede, sondern hat lediglich die zeitliche Begrenzung
des Mandantenschutzes auf längstens zwei Jahre zur Folge.
BGH, Urteil vom 8. Mai 2000 - II ZR 308/98 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 8. Mai 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. h.c. Röhricht und die
Richter Prof. Dr. Henze, Prof. Dr. Goette, Dr. Kurzwelly und die Richterin
Münke

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten und Widerkläger wird das Urteil des 13. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 7. Oktober 1998 aufgehoben. Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der klagende Rechtsanwalt war seit 1992 mit den beiden Beklagten in einer Sozietät verbunden, zu welcher drei Tochter-Steuerberatungsgesellschaften gehörten. Aufgrund eines gerichtlichen Vergleichs steht fest, daß der Kläger zum 31. Dezember 1994 aus der Sozietät ausgeschieden ist. § 9 des Sozietätsvertrages bestimmt über die Auseinandersetzung beim Ausscheiden eines Partners u.a. folgendes:
"1. Der ausgeschiedene Partner erhält als Auseinandersetzungsguthaben den seiner Gewinnbeteiligung {beim Kläger waren dies 9 %} entsprechenden Anteil am Jahresumsatz, zuzüglich des Saldos auf seinem Verrechnungskonto. Maßgeblich ist der Umsatz des letzten Geschäftsjahres der Sozietät; Umsätze von Tochterunternehmen sind entsprechend der Beteiligungsquote der Sozietät einzubeziehen. Damit ist auch sein entsprechender Anteil an den stillen Reserven und am "good will" der Praxis abgegolten. 2. Wird die Praxis beim Ausscheiden eines Partners von keinem der verbleibenden Partner fortgeführt, tritt an die Stelle des Jahresumsatzes i.S.v. Abs. 1 der Verwertungserlös. 3. Das Auseinandersetzungsguthaben ist ... in halbjährlichen Raten auszuzahlen ... ."
Das nach diesen Berechnungsregeln zugunsten des Klägers ermittelte Guthaben beläuft sich auf 181.332,78 DM. Unter Bezugnahme auf § 9 Abs. 3 des Sozietätsvertrages hat der Kläger, der sich zunächst einer höheren Abfindung berühmt hatte, von den Beklagten die Zahlung dieses Betrages nebst Zinsen verlangt. Die Beklagten haben geltend gemacht, ihnen stünden die Abfindungsforderung weit übersteigende Schadenersatzansprüche zu, weil der Kläger unter Verstoß gegen das in § 10 des Partnerschaftsvertrages ("Es besteht grundsätzlich Mandantenschutz für die Sozietät") niedergelegte Verbot Mandanten abgeworben habe und diese in der im Dezember 1994 mit einem anderen Partner gegründeten Steuerberatungs-GmbH unter Einsatz einer früheren Mitarbeiterin einer der drei Tochtergesellschaften der früheren Sozietät betreue. Sie haben deswegen gegenüber der Auseinandersetzungsforderung die Aufrechnung erklärt und mit der Widerklage Zahlung des überschießenden Betrages von 248.536,-- DM nebst Zinsen gefordert.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und der Widerklage in Höhe von 193.726,62 DM entsprochen. Auf die Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht die Widerklage abgewiesen und der Klage stattgegeben.

Entscheidungsgründe:


Die Revision der Beklagten führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


Das Oberlandesgericht hat angenommen, § 10 des Sozietätsvertrages begründe keine Pflichten, deren Verletzung die von den Beklagten erhobenen Schadenersatzansprüche auslösen könnten. § 10 enthalte nämlich, wie sich aus dem Wort "grundsätzlich" und der mangelnden Bestimmtheit der Aussage ergebe, lediglich einen Programmsatz; im übrigen wäre die Klausel aber auch wegen ihrer fehlenden zeitlichen, räumlichen und gegenständlichen Begrenzung nichtig, wenn man ihr Regelungsgehalt beilegen wollte. Dies hält in mehrfacher Hinsicht der revisionsrechtlichen Kontrolle nicht stand.

II.


Das Berufungsgericht mißdeutet das in § 10 des Sozietätsvertrages verwandte Wort "grundsätzlich", verletzt den Grundsatz der beiderseits interessengerechten Auslegung (Sen.Urt. v. 26. Januar 1998 - II ZR 243/96, ZIP 1998, 605, 606 m.w.N.), indem es die genannte Bestimmung isoliert und ohne ihren Zusammenhang mit § 9 des Sozietätsvertrages betrachtet, und wird bei
seiner Hilfserwägung zur Nichtigkeit der Mandantenschutzklausel von einem Fehlverständnis der Bedeutung und Tragweite einer solchen Vereinbarung geleitet.
1. Der Sozietätsvertrag der Parteien enthält in den §§ 9 und 10 aufeinander abgestimmte, der Annahme des Berufungsgerichts, der Mandantenschutz solle keinen rechtsverbindlichen Charakter haben, entgegenstehende Regelungen. Nach § 9 aaO ist das Auseinandersetzungsguthaben eines ausscheidenden Gesellschafters als gewinnproportionaler Anteil am letzten Jahresumsatz der Sozietät einschließlich ihrer Töchter zu ermitteln. Damit erhält der Betroffene - wie in § 9 Abs. 1 Satz 3 aaO ausdrücklich bestimmt wird - zugleich seinen Anteil an den stillen Reserven und am "good will" der Sozietät. Diese Regelung tritt an die Stelle der in früheren Entscheidungen des Senats als angemessene Auseinandersetzung einer Freiberuflersozietät bezeichneten Regelung, daß die Sachwerte geteilt werden und jeder Partner die rechtlich nicht beschränkte Möglichkeit erhält, um Mandanten der bisherigen Praxis zu werben (Sen.Urt. v. 6. Dezember 1993 - II ZR 242/92, ZIP 1994, 378, 380; Sen.Urt. v. 6. März 1995 - II ZR 97/94, ZIP 1995, 833, 834). Da bei einer Sozietät von Freiberuflern der in den Beziehungen zu den Mandanten bestehende "good will" in aller Regel den entscheidenden Wert der Gesellschaft ausmacht, hat eine diesen Wert - wie hier verabredet - einbeziehende Abfindungsklausel grundsätzlich zur Voraussetzung, daß der ausscheidende Gesellschafter den Mandantenstamm seinen bisherigen Partnern belassen muß. Anderenfalls erhielte er eine überhöhte Abfindung, weil die übernommenen Mandate dann doppelt - einmal durch die Beteiligung an dem in der Zahlung des Auseinandersetzungsguthabens einbezogenen "good will", zum anderen durch die Übernahme der Mandate selbst - berücksichtigt würden.

2. Dieser schon in § 9 aaO angelegte Gedanke wird durch die Mandantenschutzklausel in § 10 aaO zweifelsfrei zum Ausdruck gebracht und steht der Annahme entgegen, die Parteien hätten, was grundsätzlich möglich ist (Sen.Urt. v. 6. März 1995 aaO), eine Kumulation von einer den "good will" einbeziehenden Abfindungszahlung und des Rechts des Zugriffs auf den Mandantenstamm vereinbart. Bei der gebotenen den Wortlaut, die Systematik, den Sinn und die Interessen beider Teile berücksichtigenden Auslegung kann dem in § 10 aaO verwendeten Wort "grundsätzlich" nicht ein fehlender Rechtsbindungswille der Parteien entnommen werden. Vielmehr ist der Vertrag dahin zu verstehen, daß der ausgeschiedene Gesellschafter, welcher die in § 9 aaO definierte Abfindung beansprucht, keine Mandanten der Sozietät betreuen darf, sofern nicht im Einzelfall etwas von diesem Grundsatz Abweichendes vereinbart wird oder - wie noch unten auszuführen sein wird - die Zeit abgelaufen ist, während deren der Anspruch auf Wahrung von Mandantenschutz längstens gerechtfertigt ist.
3. Die danach von Rechtsbindungswillen getragene Mandantenschutzklausel ist entgegen der Hilfserwägung des Berufungsgerichts nicht wegen "Unbestimmtheit und Unkonkretheit" nichtig. Vielmehr ist die Vereinbarung räumlich und gegenständlich hinreichend bestimmt. Die fehlende zeitliche Begrenzung der den ausgeschiedenen Kläger treffenden Unterlassungspflicht führt nicht zur Sittenwidrigkeit und Nichtigkeit.
Nach der zu nachvertraglichen Wettbewerbsverboten ergangenen ständigen Rechtsprechung des Senats sind derartige Beschränkungen der Berufsausübungsfreiheit nur dann wirksam, wenn sie räumlich, zeitlich und gegenständlich das notwendige Maß nicht überschreiten (Sen.Urt. v. 14. Juli 1997 - II
ZR 238/96, WM 1997, 1707 m.w.N.). Ihre Rechtfertigung finden sie allein darin, die Partner des ausgeschiedenen Gesellschafters vor einer illoyalen Verwertung der Erfolge der gemeinsamen Arbeit oder vor einem Mißbrauch der Ausübung der Berufsfreiheit zu schützen. Dagegen darf ein solches Wettbewerbsverbot rechtlich nicht dazu eingesetzt werden, den ehemaligen Partner als potentiellen Wettbewerber auszuschalten. Soweit sich dieser in hinreichender räumlicher Entfernung niederläßt und seinen Beruf ausübt, ist das berechtigte Anliegen der verbleibenden Gesellschafter, vor illoyalem Wettbewerb geschützt zu sein, ebenso wenig berührt, wie wenn der ehemalige Partner auf einem nicht von der Sozietät gewählten anderen Berufsfeld tätig wird. Entsprechendes gilt, wenn sich durch Zeitablauf - der Senat legt hier einen Zeitraum von nicht mehr als zwei Jahren zugrunde - die während der Zugehörigkeit zur Gesellschaft geknüpften Verbindungen typischerweise so gelockert haben, daß der ausgeschiedene Partner wie jeder andere Wettbewerber behandelt werden kann. Verstößt eine solche Wettbewerbsklausel allein gegen diese zeitliche Grenze, ohne daß weitere Gründe vorliegen, deretwegen die Beschränkungen der Berufsausübungsfreiheit als sittenwidrig zu qualifizieren sind, läßt der Senat (Sen.Urt. v. 14. Juli 1997 aaO unter 3. m.w.N.) eine geltungserhaltende Reduktion auf das zeitlich tolerable Maß zu.
Diesen Maßstäben entspricht die in § 10 aaO niedergelegte Regelung. Als Mandantenschutzklausel ist sie gegenüber einem allgemeinen nachvertraglichen Wettbewerbsverbot bereits insofern eingeschränkt, als sich die Vereinbarung nur auf die bisherigen Mandanten der Sozietät beschränkt, die der ausscheidende Partner nicht mitnehmen darf. Hierin liegt die gebotene gegenständliche und räumliche Begrenzung, denn der Kläger darf alle anderen denkbaren Mandanten am Ort der Sozietät wie auch anderenorts betreuen, die sich mit Anliegen der Steuerberatung, der Wirtschaftsprüfung oder Rechtsbe-
sorgung an ihn wenden, ohne seine nachvertraglichen Verpflichtungen gegenüber seinen früheren Mitgesellschaftern zu verletzen. Daß dieses Gebot, Mandantenschutz zu gewähren, zeitlich nicht befristet ist, macht die Bestimmung nicht sittenwidrig und nichtig, sondern führt - wie oben ausgeführt - lediglich dazu, daß der Kläger für eine zweijährige Frist wettbewerblich in der Weise gebunden wird, daß er ehemalige Mandanten der Sozietät nicht betreuen durfte. Dabei ist unerheblich, ob er sie, wie die Beklagten behauptet haben, abgeworben hat oder ob sie sich aus freien Stücken an ihn gewandt haben, weil eine Abfindungsklausel, die, wie die hier geltende, auch den "good will" erfaßt, nur dann ungestört wirken kann, wenn der ausgeschiedene Partner nicht neben der Abfindungssumme das Mandat selbst und die mit ihm verbundenen Vorteile an sich zieht. Soweit Mandanten die verbliebenen Partner nicht weiter beauftragen, sondern zu Dritten abwandern, geht dies zu Lasten der fortgeführten Sozietät, deren Risiko es ist, die - im Verhältnis zu dem ausgeschiedenen Gesellschafter - ihnen zustehenden Mandanten an sich binden zu können.
4. Da unstreitig der Kläger jenem bindenden Verbot zuwider in dem fraglichen Zeitraum Mandanten der früheren Sozietät in seiner neuen Gesellschaft betreut hat, kann auf der Grundlage der bisherigen tatrichterlichen Feststellungen über den geltend gemachten Abfindungsanspruch nicht befunden werden. Ob er überhaupt noch und ggfs. in welcher Höhe er besteht, ist von der von dem Berufungsgericht von seinem abweichenden Standpunkt aus folgerichtig nicht geprüften Frage abhängig, welche Mandate der Kläger in seine neue Gesellschaft mitgenommen hat, welcher Wert damit den Beklagten entzogen und ihm zugeflossen ist und ob dies nur zu einer Anrechnung auf den der Höhe nach rechnerisch im Ausgangspunkt übereinstimmend mit 181.332,78 DM bezifferten Auseinandersetzungsanspruch oder sogar zu einer Verurteilung des
Klägers auf die Widerklage hin führt. Damit das Berufungsgericht - ggfs. nach Ergänzung des Sachvortrags der Parteien - die dafür erforderlichen Feststellungen treffen kann, ist die Sache an die Vorinstanz zurückzuverweisen.

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Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.