Bundesgerichtshof Urteil, 01. Feb. 2010 - II ZR 209/08

bei uns veröffentlicht am01.02.2010
vorgehend
Landgericht Osnabrück, 8 O 2603/05, 18.12.2007
Oberlandesgericht Oldenburg, 13 U 16/08, 07.07.2008

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
VERSÄUMNISURTEIL
II ZR 209/08 Verkündet am:
1. Februar 2010
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
ZPO § 538 Abs. 2 Nr. 1; GenG a.F. § 99 Abs. 1 (InsO n.F. § 15 a Abs. 1)

a) Eine Zurückverweisung an das Erstgericht gemäß § 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO kommt nur dann in Betracht
, wenn das erstinstanzliche Verfahren an einem so wesentlichen Mangel leidet, dass es keine
Grundlage für eine die Instanz beendende Entscheidung sein kann. Ob ein wesentlicher Verfahrensfehler
vorliegt, ist allein aufgrund des materiell-rechtlichen Standpunkts des Erstgerichts zu beurteilen,
auch wenn das Berufungsgericht ihn für verfehlt erachtet.

b) Verweist das Berufungsgericht den Rechtsstreit wegen eines wesentlichen Verfahrensfehlers zurück,
müssen seine Ausführungen erkennen lassen, dass es das ihm in § 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO eingeräumte
Ermessen, eine eigene Sachentscheidung zu treffen oder ausnahmsweise den Rechtsstreit an das
Erstgericht zurück zu verweisen, pflichtgemäß ausgeübt hat. Dass nach Auffassung des Berufungsgerichts
ein Sachverständigengutachten einzuholen ist, dessen Einfluss auf den Prozessverlauf nicht abzuschätzen
ist, rechtfertigt für sich genommen die Zurückverweisung nicht.

c) Mitglieder einer in Insolvenz geratenen Genossenschaft sind vom Schutzzweck der Insolvenzverschleppungshaftung
nicht ausgenommen, wenn ein Anspruch gegen die insolvente Genossenschaft
betroffen ist, der seine Grundlage nicht in dem genossenschaftsrechtlichen Mitgliedschaftsrecht hat,
sondern auf einer Vereinbarung beruht, die das Mitglied wie ein außen stehender Dritter mit der Genossenschaft
geschlossen hat.
BGH, Urteil vom 1. Februar 2010 - II ZR 209/08 - OLG Oldenburg
LG Osnabrück
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 1. Februar 2010 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette
und die Richter Dr. Reichart, Dr. Drescher, Dr. Löffler und Bender

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten zu 1 bis 3 wird das Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 7. Juli 2008 aufgehoben, soweit zu ihrem Nachteil entschieden worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an den 1. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin, ein international tätiges Speditionsunternehmen, war Mitglied in der Genossenschaft "G. e.G." (im Folgenden: Schuldnerin). Die Beklagten zu 1 und 2 waren bis Juli 2003 bzw. von Januar 2003 bis September 2003 Vorstandsmitglieder der Schuldnerin, der Beklagte zu 3 war bis zu seinem Ausscheiden im Juli 2003 als Prokurist und Hauptabteilungsleiter mit dem Aufgabenbereich Finanzwesen und Buchhaltung bei der Schuldnerin tätig. Der von dem Beklagten zu 4 als Abschlussprüfer testierte Jahresabschluss der Schuldnerin für das Jahr 2002, in dem Forderungen aus Lieferung und Leistung in Höhe von 10.945.976,59 € bilanziert waren, wies bei einer Bilanzsumme von 20.919.000,00 € einen Gewinn von 413.000,00 € aus.
2
Die Klägerin führte im Auftrag der T. Spedition GmbH (im Folgenden : T. ) in der Zeit von Januar 2003 bis Ende August 2003 verschiedene Transporte aus, für die sie eine Vergütung in Höhe von insgesamt 141.904,69 € zu beanspruchen hatte. T. glich diese Forderung Ende August 2003 gegenüber der Schuldnerin aus, der die Klägerin in einem 1993 mit T. geschlossenen Grundvertrag ihre Ansprüche gegen T. zum Einzug abgetreten hatte. Ein von der Schuldnerin - unter Berücksichtigung von Gegenforderungen - über den Betrag von 140.708,19 € ausgestellter, von der Klägerin am 1. September 2003 eingereichter Scheck wurde von der bezogenen Sparkasse nicht eingelöst. Da diese trotz Nichtausschöpfens einer der Schuldnerin eingeräumten Kreditlinie ab dem 5. September 2003 keine Verfügungen über deren Konto mehr zuließ, stellte die Schuldnerin am 8. September 2003 Insolvenzantrag. Das Insolvenzverfahren über ihr Vermögen wurde am 29. Oktober 2003 eröffnet. Ein auf Veranlassung des Insolvenzverwalters neu erstellter Jahresabschluss für das Geschäftsjahr 2002 ergab einen Bilanzverlust von mehr als 7.000.000,00 €.
3
Die Klägerin hat die Beklagten - hinsichtlich der Beklagten zu 1 bis 3 gestützt auf § 823 Abs. 2 BGB, § 99 Abs. 1 GenG a.F. (§ 15 a Abs. 1 InsO n.F.), § 98 GenG - auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 140.708,19 € mit der Begründung in Anspruch genommen, die Schuldnerin sei spätestens zum 31. Dezember 2002 überschuldet und zahlungsunfähig gewesen; die Beklagten zu 1 bis 3, letzterer als faktisches Organ, hätten gegen ihre Verpflichtung zur rechtzeitigen Stellung des Insolvenzantrags verstoßen. Hinsichtlich des Beklagten zu 4 hat die Klägerin geltend gemacht, er habe den Jahresabschluss 2002 pflichtwidrig testiert, obwohl dieser nicht auf der Grundlage einer ordnungsgemäßen Buchführung erstellt worden sei.
4
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, hinsichtlich der Beklagten zu 1 bis 3 mit der Begründung, es lasse sich unter Zugrundelegung des Vortrags der Klägerin nicht feststellen, dass die Schuldnerin schon vor dem 8. September 2003 zahlungsunfähig oder überschuldet gewesen sei. Eine Überschuldung zu diesem Zeitpunkt habe selbst dann nicht bestanden, wenn - wovon allerdings auf der Grundlage des Vortrags der Klägerin nicht ausgegangen werden könne - die bilanzierten Forderungen in einer Größenordnung von 6,2 Millionen € nicht werthaltig gewesen seien, weil die Schuldnerin über stille Reserven in ausreichender Höhe verfügt habe. Eine Haftung des Beklagten zu 3 scheitere zudem daran, dass der Beklagte zu 3 nicht faktisches Vorstandsmitglied gewesen sei.
5
Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen das landgerichtliche Urteil aufgehoben, soweit die Klage gegen die Beklagten zu 1 bis 3 abgewiesen wurde und hat die Sache gemäß § 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO insoweit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen. Hiergegen wenden sich die Beklagten zu 1 bis 3 mit der - von dem erkennenden Senat zugelassenen - Revision , mit der sie ihren zweitinstanzlichen Antrag auf Zurückweisung der Berufung weiterverfolgen.

Entscheidungsgründe:


6
Da die Klägerin im Verhandlungstermin trotz dessen rechtzeitiger Bekanntgabe nicht vertreten war, ist über die Revisionen der Beklagten zu 1 bis 3 durch Versäumnisurteil zu entscheiden. Die Entscheidung beruht inhaltlich jedoch nicht auf der Säumnis, sondern auf einer Sachprüfung (BGHZ 37, 79, 82).
7
Die Revisionen der Beklagten zu 1 bis 3 haben Erfolg und führen - soweit zu ihrem Nachteil entschieden worden ist - zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
8
I. Das Berufungsgericht hat - soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung - zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt: Die Klägerin habe ihren Anspruch gegen die Beklagten zu 1 bis 3 darauf gestützt, dass es bei der Schuldnerin seit längerem eine wirtschaftliche Fehlentwicklung gegeben habe, die spätestens im Jahr 2002 Anlass für eine Insolvenzprüfung hätte sein müssen. Entscheidend sei daher, ob bei der Erstellung des Jahresabschlusses 2002 die Grundsätze einer ordnungsgemäßen Buchführung beachtet worden seien und alle für die Erstellung des Jahresabschlusses notwendigen Informationen vollständig und wahrheitsgemäß zur Verfügung gestanden hätten. Unter diesen Umständen habe das Landgericht die Anforderungen an den von der Klägerin zu erwartenden Sachvortrag überspannt, wenn es die Darlegung einzelner Buchungsvorgänge oder nähere Ausführungen zum Wert des Immobilienvermögens vermisst habe. Es habe insofern entscheidungserheblichen Sachvortrag der Klägerin verfahrensfehlerhaft übergangen. Weil das Verfahren aufwändige und umfangreiche Feststellungen durch Einholung eines Sachverständigengutachtens erfordere, dessen Auswirkungen auf den weiteren Prozessverlauf sich nicht abschätzen ließen, sei das Urteil hinsichtlich der Beklag- ten zu 1 bis 3 aufzuheben und die Sache an das erstinstanzliche Gericht zurückzuverweisen.
9
II. Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
10
Das Berufungsgericht hat die Sache verfahrensfehlerhaft gemäß § 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO an das Landgericht zurückverwiesen. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift für eine Zurückverweisung an das erstinstanzliche Gericht, durch die die Beklagten zu 1 bis 3 beschwert sind (Sen.Urt. v. 6. November 2000 - II ZR 67/99, ZIP 2001, 28, 29), sind in mehrfacher Hinsicht nicht erfüllt.
11
1. Eine Zurückverweisung nach § 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO kommt als Ausnahme von der in § 538 Abs. 1 ZPO statuierten Verpflichtung des Berufungsgerichts , die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache selbst zu entscheiden , nur in Betracht, wenn das erstinstanzliche Verfahren an einem so wesentlichen Mangel leidet, dass es keine Grundlage für eine instanzbeendende Entscheidung sein kann (Sen.Urt. v. 6. November 2000 aaO). Ob ein wesentlicher Verfahrensfehler vorliegt, ist allein aufgrund des materiell-rechtlichen Standpunkts des Erstgerichts zu beurteilen, auch wenn dieser verfehlt ist oder das Berufungsgericht ihn für verfehlt erachtet (Senat aaO).
12
Nach diesen - vom Berufungsgericht verkannten - Grundsätzen liegt kein Verfahrensfehler des Erstgerichts vor. Das Berufungsgericht hat dies zu Unrecht angenommen, weil es die Frage, ob dem Erstgericht ein wesentlicher Verfahrensfehler unterlaufen ist, rechtsfehlerhaft nicht aufgrund des allein maßgeblichen materiell-rechtlichen Standpunkts des Erstgerichts beantwortet hat, sondern dieser Beurteilung seinen eigenen materiell-rechtlichen Rechtsstandpunkt zugrunde gelegt hat.
13
Das Berufungsgericht hat seine Auffassung, dass das Landgericht verfahrensfehlerhaft die Anforderungen an den Sachvortrag der Klägerin überspannt und deshalb entscheidungserheblichen Vortrag übergangen habe, damit begründet, dass es für die Feststellung, ob die Schuldnerin vor dem 8. September 2003 überschuldet gewesen sei, sowohl hinsichtlich der Bewertung der Forderungen als auch der stillen Reserven maßgeblich darauf ankomme, ob bei der Erstellung des Jahresabschlusses für das Jahr 2002 die Grundsätze einer ordnungsgemäßen Buchführung beachtet worden seien und ob alle für dessen Erstellung notwendigen Informationen vollständig und wahrheitsgemäß zur Verfügung gestanden hätten, und dass es sich hierbei um interne Vorgänge handele , zu denen von der Klägerin kein weiterer Vortrag erwartet werden könne. Auf diesen Gesichtspunkt hat das Landgericht bei seiner Entscheidung jedoch nicht abgestellt. Es hat der Frage, ob die im Jahresabschluss ausgewiesenen Forderungen in der bilanzierten Höhe werthaltig oder - wie die Klägerin behauptet hat - um 6,2 Millionen € zu berichtigen waren, keine Streit entscheidende Bedeutung beigemessen, weil die Schuldnerin, ohne dass es nach seiner Meinung auf die Einhaltung der Grundsätze einer ordnungsgemäßen Buchführung ankam , über so erhebliche stille Reserven in ihrem Vermögen verfügt habe, dass selbst bei Wertberichtigung der Forderungen zum 31. Dezember 2002 keine Überschuldung bestanden habe.
14
Bewertet das Berufungsgericht das Parteivorbringen materiell-rechtlich anders als das Erstgericht, indem es z.B. an die Schlüssigkeit oder die Substantiierungslast andere Anforderungen als das Erstgericht stellt, liegt ein zur Aufhebung und Zurückverweisung berechtigender wesentlicher Verfahrensmangel auch dann nicht vor, wenn infolge der abweichenden Beurteilung eine Beweisaufnahme erforderlich wird (Sen.Urt. v. 3. April 2000 - II ZR 194/98, WM 2000, 1195, 1196 m.w.Nachw.; BGH, Urt. v. 16. Dezember 2004 - VII ZR 270/03, MDR 2005, 645).
15
Dass das Landgericht unter Verletzung des Anspruchs der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs den Kern ihres Vorbringens verkannt und deshalb eine entscheidungserhebliche Frage verfehlt hätte, was als schwerer Verfahrensfehler i.S.v. § 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO die Aufhebung und Zurückverweisung rechtfertigen könnte (Sen.Urt. v. 6. November 2000 - II ZR 67/99, ZIP 2001, 28, 29), hat das Berufungsgericht - zu Recht - nicht angenommen.
16
2. Wie die Revisionen außerdem mit Recht rügen, lassen die Ausführungen des Berufungsgerichts nicht erkennen, dass es das ihm in § 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO eingeräumte Ermessen, eine eigene Sachentscheidung zu treffen oder ausnahmsweise den Rechtsstreit an das Erstgericht zurück zu verweisen, pflichtgemäß ausgeübt hat. Das Berufungsgericht hat weder in Erwägung gezogen , dass eine Zurückverweisung der Sache in aller Regel zu einer Verteuerung und Verzögerung des Rechtsstreits führt, was den schützenswerten Interessen der Parteien entgegenstehen kann; noch hat es nachprüfbar dargelegt, dass die aus seiner Sicht durchzuführende Beweisaufnahme so aufwändig und umfangreich ist, dass eine Zurückverweisung an das Landgericht ausnahmsweise gerechtfertigt erscheint (BGH, Urt. v. 16. Dezember 2004 - VII ZR 270/03, MDR 2005, 645). Dass nach Auffassung des Berufungsgerichts ein Sachverständigengutachten einzuholen ist, genügt hierfür ebenso wenig wie der Hinweis , es sei nicht abzuschätzen, welchen Einfluss das Gutachten auf den Prozessverlauf haben werde. Diese mit einer Beweisaufnahme in einer Vielzahl von Fällen verbundene Unsicherheit rechtfertigt für sich genommen eine Zurückverweisung nicht.
17
III. Aufgrund der aufgezeigten Rechtsfehler unterliegt das angefochtene Urteil insoweit der Aufhebung, als das Berufungsgericht - auf die Berufung der Klägerin - das die Klage gegen die Beklagten zu 1 bis 3 abweisende landgerichtliche Urteil aufgehoben und den Rechtsstreit an das Landgericht zurückverwiesen hat (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da weitere tatrichterliche Feststellungen erforderlich sind und die Sache deshalb nicht zur Endentscheidung reif ist, muss sie zur neuen Verhandlung und Entscheidung - an einen anderen Senat des Berufungsgerichts - zurückverwiesen werden (§ 563 Abs. 1 Satz 1 und 2 ZPO).
18
Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
19
1. Das Berufungsgericht geht zwar noch zutreffend davon aus, dass es für die Feststellung, dass eine Gesellschaft insolvenzrechtlich überschuldet ist, grundsätzlich der Aufstellung einer Überschuldungsbilanz bedarf, in der die Vermögenswerte der Gesellschaft mit ihren aktuellen Verkehrs- oder Liquidationswerten auszuweisen sind, während einer Handelsbilanz lediglich indizielle Bedeutung zukommt (Sen.Urt. v. 27. April 2009 - II ZR 253/07, ZIP 2009, 1220 Tz. 9 m.w.Nachw.). Verfehlt und zum eigenen Ausgangspunkt im Widerspruch stehend ist jedoch die Auffassung des Berufungsgerichts, für die Frage, ob zum 31. Dezember 2002 eine Überschuldung vorgelegen habe, sei entscheidend, ob bei der Erstellung des Jahresabschlusses der Schuldnerin für das Jahr 2002 die Grundsätze einer ordnungsgemäßen Buchführung beachtet worden seien und alle für seine Erstellung notwendigen Informationen vollständig und wahrheitsgemäß zur Verfügung gestanden hätten. Hierauf kommt es nicht an.
20
Die Schuldnerin war zum 31. Dezember 2002 oder jedenfalls vor dem 8. September 2003 überschuldet, wenn zu diesem Zeitpunkt die bestehenden Verbindlichkeiten der Schuldnerin ihr Vermögen überstiegen haben. Dies war nach Auffassung des Landgerichts auch unter Zugrundelegung des von der Klägerin behaupteten Wertberichtigungsbedarfs hinsichtlich der bilanzierten Forderungen aus Lieferung und Leistung jedenfalls deshalb nicht der Fall, weil die Schuldnerin in ihrem Vermögen über ausreichend stille Reserven verfügte, um eine mögliche bilanzielle Überschuldung auszugleichen. Das Berufungsgericht hat sich - von seinem verfehlten Standpunkt aus folgerichtig - mit den Feststellungen des Landgerichts zu den stillen Reserven und den hiergegen gerichteten Berufungsangriffen der Klägerin nicht befasst. In welcher Höhe stille Reserven vorhanden waren, ist zwischen den Parteien streitig. Die Zurückverweisung gibt dem Berufungsgericht Gelegenheit, die hierzu erforderlichen Feststellungen (insbesondere Erbbaurecht S. Landstraße unter Berücksichtigung der Mieterträge aus der "G. -Halle" und aus der Vermietung an die Firmen E. und V. , Tankstellengrundstück K. ) und - sofern es darauf noch ankommen sollte - zum tatsächlichen Wert der in dem Jahresabschluss 2002 enthaltenen Forderungen aus Lieferung und Leistung und zu ihrer Erkennbarkeit für die Vorstandsmitglieder zu treffen.
21
2. Die Klägerin fällt mit ihrem Begehren in den Schutzbereich der Insolvenzverschleppungshaftung.
22
Nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. nur BGHZ 164, 50, 60; BGHZ 171, 46 Tz. 13; Beschl. v. 20. Oktober 2008 - II ZR 211/07, ZIP 2009, 366 Tz. 3) soll der Rechtsverkehr durch die in § 99 Abs. 1 GenG a.F., § 64 Abs. 1 GmbHG a.F. (§ 15 a Abs. 1 InsO n.F.) normierte Pflicht der Organe zur Stellung des Insolvenzantrags davor bewahrt werden, einer insolvenzreifen Gesellschaft eine Vorleistung, insbesondere einen Geld- oder Sachkredit zu gewähren, ohne hierfür einen werthaltigen Gegenanspruch zu erlangen. Die Klägerin ist als Mitglied der Genossenschaft vom Schutzzweck der Insolvenz- verschleppungshaftung nicht von vornherein ausgenommen (Beuthien, GenG 14. Aufl. § 99 Rdn. 5; Lang/Weidmüller, GenG 36. Aufl. § 99 Rdn. 13; Müller, GenG 2. Aufl. § 99 Rdn. 10; RG, Urt. v. 30. Januar 1914 - II 498/13, Leipziger Zeitschrift für Deutsches Recht 1914, 864 f.); denn sie ist hier durch eine verspätete Insolvenzantragstellung nicht in ihrem genossenschaftlichen Mitgliedschaftsrecht betroffen. Vielmehr verlangt sie aus Insolvenzverschleppungshaftung Ersatz für die - von der Schuldnerin vereinnahmte - Vergütung, die sie von T. zu beanspruchen hatte und die sie wie ein außen stehender Dritter an die Schuldnerin zur Einziehung abgetreten hatte (vgl. Habersack in Großkomm.z.AktG 4. Aufl. § 92 Rdn. 75). Bisher ist allerdings offen, auf welcher schuldvertraglichen Grundlage die Klägerin ihre Forderungen gegen T. an die Schuldnerin abgetreten hat. Die Zurückverweisung gibt dem Berufungsgericht Gelegenheit, die noch erforderlichen Feststellungen, ggf. nach ergänzendem Parteivortrag, zu der - der Forderungsabtretung zugrunde liegenden - Rechtsbeziehung der Klägerin zu der Schuldnerin zu treffen.
23
3. Das Landgericht hat die Abweisung der Klage gegen den Beklagten zu 3 ferner darauf gestützt, dass dieser weder dem Vorstand angehörte noch faktisches Vorstandsmitglied gewesen sei. Das Berufungsgericht hat sich mit dieser - die Klageabweisung hinsichtlich des Beklagten zu 3 für sich genommen rechtfertigenden - Begründung des Landgerichts und dem hierzu gehaltenen Vortrag der Parteien in der Berufungsinstanz nicht befasst. Dies wird in dem wiedereröffneten Berufungsverfahren unter Beachtung der vom Senat aufgestellten An- forderungen, die für die Annahme einer faktischen Organstellung erfüllt sein müssen (vgl. nur Sen.Urt. v. 27. Juni 2005 - II ZR 113/03, ZIP 2005, 1414; v. 11. Juli 2005 - II ZR 235/03, ZIP 2005, 1550), nachzuholen sein.

Goette Reichart Drescher
Löffler Bender
Vorinstanzen:
LG Osnabrück, Entscheidung vom 18.12.2007 - 8 O 2603/05 -
OLG Oldenburg, Entscheidung vom 07.07.2008 - 13 U 16/08 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 01. Feb. 2010 - II ZR 209/08

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 01. Feb. 2010 - II ZR 209/08

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(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen. (2) Das Berufungsgerich

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 823 Schadensersatzpflicht


(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. (2) Di

Zivilprozessordnung - ZPO | § 562 Aufhebung des angefochtenen Urteils


(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben. (2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen
Bundesgerichtshof Urteil, 01. Feb. 2010 - II ZR 209/08 zitiert 11 §§.

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(1) Das Berufungsgericht hat die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache selbst zu entscheiden.

(2) Das Berufungsgericht darf die Sache, soweit ihre weitere Verhandlung erforderlich ist, unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an das Gericht des ersten Rechtszuges nur zurückverweisen,

1.
soweit das Verfahren im ersten Rechtszuge an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist,
2.
wenn durch das angefochtene Urteil ein Einspruch als unzulässig verworfen ist,
3.
wenn durch das angefochtene Urteil nur über die Zulässigkeit der Klage entschieden ist,
4.
wenn im Falle eines nach Grund und Betrag streitigen Anspruchs durch das angefochtene Urteil über den Grund des Anspruchs vorab entschieden oder die Klage abgewiesen ist, es sei denn, dass der Streit über den Betrag des Anspruchs zur Entscheidung reif ist,
5.
wenn das angefochtene Urteil im Urkunden- oder Wechselprozess unter Vorbehalt der Rechte erlassen ist,
6.
wenn das angefochtene Urteil ein Versäumnisurteil ist oder
7.
wenn das angefochtene Urteil ein entgegen den Voraussetzungen des § 301 erlassenes Teilurteil ist
und eine Partei die Zurückverweisung beantragt. Im Fall der Nummer 3 hat das Berufungsgericht sämtliche Rügen zu erledigen. Im Fall der Nummer 7 bedarf es eines Antrags nicht.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

Abweichend von § 19 Abs. 1 der Insolvenzordnung ist bei einer Genossenschaft die Überschuldung nur dann Grund für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens, wenn

1.
die Mitglieder Nachschüsse bis zu einer Haftsumme zu leisten haben und die Überschuldung ein Viertel des Gesamtbetrags der Haftsummen aller Mitglieder übersteigt,
2.
die Mitglieder keine Nachschüsse zu leisten haben oder
3.
die Genossenschaft aufgelöst ist.

(1) Das Berufungsgericht hat die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache selbst zu entscheiden.

(2) Das Berufungsgericht darf die Sache, soweit ihre weitere Verhandlung erforderlich ist, unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an das Gericht des ersten Rechtszuges nur zurückverweisen,

1.
soweit das Verfahren im ersten Rechtszuge an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist,
2.
wenn durch das angefochtene Urteil ein Einspruch als unzulässig verworfen ist,
3.
wenn durch das angefochtene Urteil nur über die Zulässigkeit der Klage entschieden ist,
4.
wenn im Falle eines nach Grund und Betrag streitigen Anspruchs durch das angefochtene Urteil über den Grund des Anspruchs vorab entschieden oder die Klage abgewiesen ist, es sei denn, dass der Streit über den Betrag des Anspruchs zur Entscheidung reif ist,
5.
wenn das angefochtene Urteil im Urkunden- oder Wechselprozess unter Vorbehalt der Rechte erlassen ist,
6.
wenn das angefochtene Urteil ein Versäumnisurteil ist oder
7.
wenn das angefochtene Urteil ein entgegen den Voraussetzungen des § 301 erlassenes Teilurteil ist
und eine Partei die Zurückverweisung beantragt. Im Fall der Nummer 3 hat das Berufungsgericht sämtliche Rügen zu erledigen. Im Fall der Nummer 7 bedarf es eines Antrags nicht.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 67/99 Verkündet am:
6. November 2000
Boppel
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
ZPO §§ 138, 454, 539; KO § 106 Abs. 1 Satz 3

a) Eine Aufhebung und Zurückverweisung durch das Berufungsgericht
(§ 539 ZPO) kann nicht darauf gestützt werden, daß das erstinstanzliche Gericht
einen materiell-rechtlichen Gesichtspunkt verkannt oder eine verfahrensrechtliche
Entscheidung (hier: gemäß § 454 Abs. 1 ZPO) getroffen hat, die
sich noch in den Grenzen des ihm eingeräumten Ermessens hält.

b) Eine Verfügung, die gegen ein Veräußerungsverbot gemäß § 106 Abs. 1
Satz 3 KO verstieß, wird bei dessen Aufhebung zumindest von da an wirksam.

c) Zu den Anforderungen, die an die Schlüssigkeit und die Substantiierung eines
Parteivorbringens (hier: zur Darlehensgewährung eines Treuhandgesellschafters
an die Gesellschaft) zu stellen sind.
BGH, Urteil vom 6. November 2000 - II ZR 67/99 - OLG Frankfurt a.M.
LG Frankfurt a.M.
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 6. November 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. h.c. Röhricht und
die Richter Dr. Hesselberger, Prof. Dr. Goette, Dr. Kurzwelly und Kraemer

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 19. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 3. Februar 1999 aufgehoben, soweit zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Beklagte war ursprünglich geschäftsführende Alleingesellschafterin der von ihr im Jahre 1988 treuhänderisch für den Widerbeklagten zu 2 gegründeten P. GmbH mit einem Stammkapital von 100.000,-- DM. Im November 1989 bestellte sie den Widerbeklagten zu 2 zum weiteren Geschäftsführer und beschloß eine Stammkapitalerhöhung um weitere
100.000,-- DM, wovon sie und der Widerbeklagte zu 2 Anteile von je 50.000,-- DM übernehmen sollten. Die Kapitalerhöhung wurde zum Handelsregister angemeldet. Am 7. Dezember 1989 zahlte die Beklagte an die GmbH 50.000,-- DM, die im Jahresabschluß der GmbH als Darlehen bilanziert wurden. Durch Gesellschafterbeschluß vom Oktober 1991 berief die Beklagte den Widerbeklagten zu 2 aufgrund inzwischen entstandener Streitigkeiten mit ihm als Geschäftsführer ab. Es gelang ihm erst Ende 1994, die Verurteilung der Beklagten zu seiner Wiederbestellung als Geschäftsführer aufgrund des mit ihr geschlossenen Treuhandvertrages zu erwirken. Zuvor hatte sie im Juli 1994 zusammen mit zwei weiteren Kommanditisten und der GmbH als Komplementärin die P. GmbH & Co. KG gegründet. Anfang 1995 wurde sie zur Unterlassung weiterer Geschäftsführertätigkeit für die GmbH und die KG sowie zur Übertragung des von ihr treuhänderisch gehaltenen GmbH-Anteils von 100.000,-- DM auf den Widerbeklagten zu 2 verurteilt. Im Sommer 1995 schied die GmbH aus der KG aus, die deshalb aufgelöst und am 4. August 1995 im Handelsregister gelöscht wurde. Auf den Konkursantrag eines Gläubigers der GmbH wurde ihr gegenüber am 18. Dezember 1995 ein allgemeines Veräußerungsverbot erlassen und ein Sequester bestellt. Am 20. Juni 1996 wurde der Konkursantrag unter Aufhebung der angeordneten Sicherungsmaßnahmen mangels Masse abgewiesen.
Mit der Klage hat die Klägerin, deren Geschäftsführerin die Ehefrau des Widerbeklagten zu 2 ist, von der Beklagten aus abgetretenem Recht des Widerbeklagten zu 2 sowie der GmbH und der KG Schadensersatz in Höhe von 78.563,34 DM begehrt, weil die Beklagte die Gerichts- und Anwaltskosten für ihre Rechtsstreitigkeiten mit dem Widerbeklagten zu 2 unberechtigt aus Gesellschaftsmitteln bezahlt habe. Die Beklagte hat u.a. die Wirksamkeit der Ab-
tretungserklärungen der GmbH und der KG vom 1. März 1995 bestritten, weil diese rückdatiert und in Wahrheit während der Sequestration vorgenommen worden seien. Widerklagend verlangt sie von der Klägerin und dem Widerbeklagten zu 2 gesamtschuldnerisch Rückzahlung des angeblich von ihr in dessen Auftrag der GmbH gewährten Darlehens von 50.000,-- DM, dessen Rückzahlung auch die Klägerin gemäß § 419 a.F. BGB schulde, weil diese mit dem angeblichen Erwerb etwaiger Schadensersatzforderungen das gesamte noch vorhandene Gesellschaftsvermögen der GmbH und der KG übernommen habe.
Das Landgericht hat die Klage und die Widerklage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten in vollem Umfang und die Berufung der Klägerin in Höhe einer Teilforderung von 9.076,72 DM aus abgetretenem Recht des Widerbeklagten zu 2 zurückgewiesen. Im übrigen hat es das erstinstanzliche Urteil in Anwendung von § 539 ZPO aufgehoben und die Sache an das Landgericht zurückverwiesen. Dagegen richtet sich die Revision der Beklagten im Umfang ihrer Beschwer.

Entscheidungsgründe:


Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht, soweit es zum Nachteil der Beklagten erkannt hat.
A. Zur Klage:
I. Das Berufungsgericht hat - insoweit von der Revision nicht beanstandet - festgestellt, sämtliche Einzelpositionen der Klage mit Ausnahme des erstinstanzlich im Ergebnis zu Recht abgewiesenen Teils von 9.076,72 DM seien von der Klägerin allein auf abgetretenes Recht der GmbH und/oder der KG gestützt. Die erstinstanzliche Abweisung dieser verbleibenden Ansprüche - so meint das Berufungsgericht - beruhe auf einem doppelten Verfahrensfehler des Landgerichts, der zur Aufhebung und Zurückverweisung gemäß § 539 ZPO führen müsse. Zum einen habe das Landgericht, das die Abtretungserklärungen für rückdatiert und wegen des bei ihrer Abgabe bestehenden Veräußerungsverbots (§ 106 Abs. 1 Satz 2 KO) für unwirksam erachtet habe, die aktenkundige , unstreitige und für das Urteil entscheidende Tatsache übersehen bzw. übergangen, daß das Veräußerungsverbot durch den Beschluß des Konkursgerichts vom 20. Juni 1996 aufgehoben und die Zession dadurch rückwirkend wirksam geworden sei. Zum anderen sei das Landgericht in fehlerhafter Anwendung des § 454 ZPO von einer Rückdatierung der Abtretungsurkunde ausgegangen , indem es die Aussage der dazu als Partei zu vernehmenden - seinerzeit in den USA weilenden - Geschäftsführerin der Klägerin als verweigert angesehen habe, obwohl diese sich zu den verschiedenen vom Landgericht bestimmten Terminen jeweils - zum Teil aus Gesundheitsgründen - für verhindert erklärt und um Terminsverlegung gebeten habe. Zudem habe sie in der Vorinstanz die Beweisfrage zuletzt schriftlich beantwortet und ein ärztliches Attest angekündigt, das sie in zweiter Instanz nachgereicht habe.
II. Die Revision rügt zu Recht, daß die vom Berufungsgericht ausgesprochene Zurückverweisung der Sache, durch die die Beklagte beschwert ist (vgl. z.B. BGH, Urt. v. 5. November 1997 - XII ZR 290/95, NJW 1998, 613 f.), in § 539 ZPO keine Grundlage findet.

1. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind die Voraussetzungen des § 539 ZPO, der eine Ausnahme von der Verpflichtung des Berufungsgerichts zu erneuter vollständiger Verhandlung und Entscheidung der Sache (§ 537 ZPO) statuiert, vom Berufungsgericht anhand eines strengen Maßstabes zu prüfen (vgl. BGH, Urt. v. 3. November 1992 - VI ZR 361/91, NJW 1993, 538 m.w.N.). Ein Fehler im Sinne des § 539 ZPO ist nur dann gegeben , wenn das Verfahren des ersten Rechtszuges an einem so erheblichen Mangel leidet, daß es keine ordnungsgemäße Grundlage für eine instanzbeendende Entscheidung sein kann (Sen.Urt. v. 7. Juni 1993 - II ZR 141/92, NJW 1993, 2318 f.). Daraus folgt, daß es sich um einen eindeutigen Verfahrensfehler handeln muß. Ein Fehler in der Anwendung des materiellen Rechts genügt dafür ebensowenig wie eine verfahrensrechtliche Maßnahme, die sich (noch) im Rahmen des dem Tatrichter eingeräumten Ermessens hält (vgl. Senat aaO). Zwar kann es einen schweren Verfahrensfehler im Sinne des § 539 ZPO darstellen, wenn das erstinstanzliche Gericht den Anspruch der Partei auf rechtliches Gehör dadurch verletzt, daß es den Kern ihres Vorbringens verkennt und daher eine entscheidungserhebliche Frage verfehlt. Das ist hingegen nicht der Fall, wenn es die sachlich-rechtliche Relevanz eines Parteivorbringens verkennt und ihm deshalb keine Bedeutung beimißt (vgl. BGH, Urt. v. 3. November 1992 aaO; v. 19. März 1998 - VII ZR 116/97, NJW 1998, 1053). Ob ein Verfahrensfehler vorliegt, ist allein aufgrund des materiell-rechtlichen Standpunkts des Erstrichters zu beantworten, und zwar auch dann, wenn dieser Standpunkt verfehlt ist und das Berufungsgericht ihn nicht teilt (Senat aaO, m.w.N.).
2. Nach diesen Grundsätzen ist ein wesentlicher Mangel des erstinstanzlichen Verfahrens (§ 539 ZPO) hier nicht ersichtlich.

a) Im Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils ist ausdrücklich festgestellt , der Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der GmbH sei durch Beschluß des AmtsgerichtsW. (2 N 71/95) - nach vorangegangener Sequestrationsanordnung vom 18. Dezember 1995 - mangels Masse abgewiesen worden. Daß damit auch die Aufhebung der gemäß § 106 KO getroffenen Sicherungsmaßnahmen einherging, versteht sich von selbst (vgl. Kuhn/Uhlenbruck, KO 11. Aufl. § 107 Rdn. 31) und ergibt sich hier aus der von der Beklagten vorgelegten und vom Landgericht mit Aktenzeichen zitierten Beschlußkopie. Ob dadurch die nach der Beweiswürdigung des Landgerichts während der Dauer des Veräußerungsverbots vereinbarte Zession der Gesellschaftsforderungen wirksam geworden ist, wie das Berufungsgericht meint, ist eine materiell-rechtliche Frage, deren Verkennung durch das Landgericht keinen Verfahrensfehler darstellt.
Infolgedessen ist hier nicht über die von der Revision vorsorglich zur Überprüfung des Senates gestellten Rechtsfragen zu entscheiden, ob die gegen ein Veräußerungsverbot gemäß § 106 Abs. 1 Satz 3 KO bei gleichzeitiger Sequestration verstoßende Verfügung entsprechend § 7 KO zu behandeln ist (vgl. Gerhardt, ZIP 1982, 1 ff. ; offengelassen in BGHZ 135, 140, 143; 140, 54) und deshalb bei Aufhebung der Maßnahmen nur mit Wirkung ex nunc wirksam werden kann (vgl. Jaeger/Henckel, KO 9. Aufl. § 7 Rdn. 29; Kuhn/Uhlenbruck aaO, § 7 Rdn. 7; Eickmann in: Heidelberger Kommentar zur InsO, § 81 Rdn. 9), oder ob es sich um ein relatives Veräußerungsverbot i.S.v. §§ 135 f. BGB zugunsten der späteren Konkursgläubiger handelt, dessen endgültige Wirkung
erst eintritt, wenn es zur Konkurseröffnung kommt (so die h.M.; vgl. die Nachw. bei Kuhn/Uhlenbruck aaO, § 106 Rdn. 4). Da es hier nicht zur Konkurseröffnung kam, ist die Abtretung seitens der GmbH nach beiden Auffassungen spätestens mit Aufhebung der Sicherungsmaßnahmen wirksam geworden. Auf das Vermögen der KG bezog sich das Veräußerungsverbot ohnehin nicht.

b) Ebensowenig liegt ein die Zurückverweisung gemäß § 539 ZPO tragender Mangel des erstinstanzlichen Verfahrens darin, daß das Landgericht die nach seiner Ansicht entscheidungserhebliche, unter den Parteien streitige Rückdatierung der Abtretungserklärung bzw. deren Vornahme in der Zeit des Veräußerungsverbots in Anwendung der §§ 454 Abs. 1, 446 ZPO für erwiesen erachtet hat. Gemäß § 454 ZPO entscheidet der Tatrichter unter Berücksichtigung aller Umstände "nach freiem Ermessen", ob die Aussage einer im Vernehmungstermin ausgebliebenen Partei als verweigert anzusehen ist. Das Berufungsgericht läßt schon nicht erkennen, daß es diesen Ermessensspielraum berücksichtigt hat. Im übrigen ist dessen Überschreitung hier auch nicht ersichtlich. Das Landgericht hat die Geschäftsführerin der Klägerin in der Zeit vom Juni 1997 bis Februar 1998 zu insgesamt vier Terminen geladen. Sie hat sich nicht etwa generell wegen ihres Auslandsaufenthalts, sondern jeweils nur von Fall zu Fall mit Hinweis auf Geschäftsreisen oder gesundheitliche Gründe für verhindert erklärt. Selbst auf die Mitteilung des Landgerichts, es werde bei erneutem Ausbleiben im letzten Termin vom 2. Februar 1998 gemäß § 454 ZPO verfahren, hat sie mit Telefax vom 1. Februar 1998 lediglich ein ärztliches Attest angekündigt, dessen spätere Vorlegung in zweiter Instanz das Landgericht nicht vorhersehen mußte. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts mußte sich das Landgericht auch mit der schriftlichen Beantwortung der Beweisfrage nicht begnügen. § 454 Abs. 1 ZPO stellt auf das "Ausbleiben" der
Partei im Termin ab, weil es für die Parteivernehmung in besonderem Maße eines persönlichen Eindrucks des Gerichts bedarf. Eine schriftliche Stellungnahme gemäß § 377 Abs. 3 ZPO ist in § 451 ZPO nicht vorgesehen.
3. Die angefochtene Entscheidung gemäß § 539 ZPO kann daher nicht bestehen bleiben. Eine abschließende revisionsgerichtliche Entscheidung kommt bei einer kassatorischen Entscheidung des Berufungsgerichts nur ausnahmsweise dann in Betracht, wenn bereits feststeht, daß das Berufungsgericht im Falle einer Zurückverweisung nicht zu einem anderen Ergebnis gelangen könnte (vgl. BGH, Urt. v. 22. Januar 1997 - VIII ZR 339/95, WM 1997, 1713, 1716). Das ist hier nicht der Fall.
Die Sache ist daher insoweit an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
B. Zur Widerklage:
I. Das Berufungsgericht hat gemeint, die Beklagte habe in Anbetracht des Fehlens eines schriftlichen Darlehensvertrags schon nicht hinreichend dargetan und unter Beweis gestellt, daß sie der GmbH mit ihrer Zahlung von 50.000,-- DM am 7. Dezember 1989 ein Darlehen gewährt habe. Vielmehr sei davon auszugehen, daß die Beklagte die Zahlung auf den von ihr übernommenen Anteil von 50.000,-- DM des erhöhten Kapitals gemäß notariellem Kapitalerhöhungsbeschluß vom 28. November 1989 geleistet habe. Darauf deute auch eine Rangrücktrittserklärung der Beklagten vom 28. Februar 1990 hin. Die Bilanzierung als Darlehen ändere an der wahren Rechtsnatur der Zuwendung nichts. Die fragliche Haftung der Klägerin aus Vermögensübernahme
(§ 419 BGB) könne daher dahinstehen. Auch einen Erstattungsanspruch gegenüber dem Widerbeklagten zu 2 aus dem Treuhandverhältnis habe die Beklagte nicht schlüssig dargelegt, weil sie mit der Übernahme des neuen Geschäftsanteils auf eigene Rechnung gehandelt habe, nachdem der Beklagte es nach ihrem Vortrag abgelehnt habe, der GmbH die 50.000,-- DM zur Verfügung zu stellen.
II. Das hält den Angriffen der Revision ebenfalls nicht stand.
1. Zu Recht rügt die Revision, das Berufungsgericht sei verfahrensfehlerhaft von einem Vollzug der Kapitalerhöhung auf 200.000,-- DM ausgegangen , den keine der Parteien behauptet habe. Das Berufungsgericht hat zwar unter Bezugnahme auf die von der Beklagten vorgelegte, notariell beglaubigte Anmeldungsurkunde vom 28. November 1989 tatbestandlich (§ 314 ZPO) festgestellt , die Kapitalerhöhung sei zum Handelsregister angemeldet worden. Vollzogen wird diese aber erst mit Eintragung (§§ 54 Abs. 3, 57 GmbHG). Bis dahin können der Kapitalerhöhungsbeschluß jederzeit aufgehoben und der Eintragungsantrag zurückgezogen werden (vgl. Senat BGHZ 140, 258, 260).
2. Zu Recht rügt die Revision weiter, das Berufungsgericht habe die Anforderungen an die Darlegungslast der Beklagten zu dem Darlehenscharakter der Zuwendung überspannt (§ 138 ZPO). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs genügt für die Schlüssigkeit der Vortrag von Tatsachen, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als entstanden erscheinen zu lassen. Die Angabe näherer Einzelheiten ist nur im Fall ihrer Relevanz für die Rechtsfolgen erforderlich.
Die Beklagte hat vorgetragen, sie habe den Betrag als Darlehen einbezahlt , weil die Hausbank der GmbH im Dezember 1998 eine Erweiterung des Kreditrahmens der GmbH von einem Gesellschafterzuschuß abhängig gemacht habe. Der Widerbeklagte zu 2 habe sich dazu zwar nicht bereit erklärt, er habe an diesem Gespräch aber teilgenommen und einer Darlehensgewährung zugestimmt. Zum Beweis dafür hat die Beklagte zwei Mitarbeiter der Bank als Zeugen benannt und die Parteivernehmung des Beklagten zu 2 beantragt. Weiter
hat sie ihre Mutter als Zeugin dafür benannt, daß diese ihr den Betrag zu dem verabredeten Zweck einer Darlehensgewährung an die GmbH zur Verfügung gestellt habe. Außerdem hat die Beklagte auf die Bilanzierung als Darlehen verwiesen.
Dieser Vortrag ist schlüssig. Das Fehlen eines schriftlichen Darlehensvertrages steht dem nicht entgegen, sondern hätte erst nach Ausschöpfen der angetretenen Beweise ergänzend verwertet werden dürfen. Unverständlich ist im übrigen der Hinweis des Berufungsgerichts auf die Rangrücktrittserklärung der Beklagten vom 28. Februar 1990, weil diese gerade für das behauptete Darlehen spricht.
3. Schlüssig dargelegt ist entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts auch der Anspruch gegen den Widerbeklagten zu 2. Nach Ziff. 9 des vorgelegten Treuhandvertrages hat der Treugeber der Treuhänderin alle in seinem Interesse gemachten Aufwendungen zu ersetzen. Soweit das Berufungsgericht darauf abstellt, daß der Widerbeklagte zu 2 eine liquiditätserhöhende Zahlung aus eigenen Mitteln abgelehnt habe, verkürzt es den Vortrag der Beklagten, wonach der Widerbeklagte zu 2 bei dem Gespräch mit der Bank sich damit einverstanden erklärt habe, daß die Beklagte "in die Bresche sprang", um die wirtschaftliche Stabilität der GmbH nicht zu gefährden. Nach diesem Vortrag durfte die Beklagte das Verhalten des Widerbeklagten zu 2 auf der Grundlage des Treuhandvertrages durchaus so verstehen, daß sie das Darlehen auch in seinem Interesse und Auftrag gewähren solle. Ob dies hier so war, ist erst nach Ausschöpfung der Beweise durch den Tatrichter abschließend zu beurteilen.
4. Zur etwaigen Haftung der Klägerin aus Vermögensübernahme gemäß § 419 BGB i.d.F. bis zum 31. Dezember 1998 (Art. 223 a EGBGB) wegen des Erwerbs der Schadensersatzforderungen der GmbH und der KG gegen die Beklagte hat das Berufungsgericht - von seinem Standpunkt aus konsequent - keine Feststellungen getroffen. Das wird nachzuholen sein.
Röhricht Hesselberger Goette
Kurzwelly Kraemer

(1) Das Berufungsgericht hat die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache selbst zu entscheiden.

(2) Das Berufungsgericht darf die Sache, soweit ihre weitere Verhandlung erforderlich ist, unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an das Gericht des ersten Rechtszuges nur zurückverweisen,

1.
soweit das Verfahren im ersten Rechtszuge an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist,
2.
wenn durch das angefochtene Urteil ein Einspruch als unzulässig verworfen ist,
3.
wenn durch das angefochtene Urteil nur über die Zulässigkeit der Klage entschieden ist,
4.
wenn im Falle eines nach Grund und Betrag streitigen Anspruchs durch das angefochtene Urteil über den Grund des Anspruchs vorab entschieden oder die Klage abgewiesen ist, es sei denn, dass der Streit über den Betrag des Anspruchs zur Entscheidung reif ist,
5.
wenn das angefochtene Urteil im Urkunden- oder Wechselprozess unter Vorbehalt der Rechte erlassen ist,
6.
wenn das angefochtene Urteil ein Versäumnisurteil ist oder
7.
wenn das angefochtene Urteil ein entgegen den Voraussetzungen des § 301 erlassenes Teilurteil ist
und eine Partei die Zurückverweisung beantragt. Im Fall der Nummer 3 hat das Berufungsgericht sämtliche Rügen zu erledigen. Im Fall der Nummer 7 bedarf es eines Antrags nicht.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
VERSÄ UMNIS-URTEIL
II ZR 194/98 Verkündet am:
3. April 2000
Boppel
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: nein
Zur Frage

a) der interessengerechten Auslegung eines Individualvertrages,

b) eines wesentlichen Verfahrensmangels.
BGH, Urteil vom 3. April 2000 - II ZR 194/98 - Saarländisches OLG
LG Saarbrücken
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 3. April 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. h.c. Röhricht und die
Richter Dr. Hesselberger, Prof. Dr. Goette, Dr. Kurzwelly und Kraemer

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Saarländischen Oberlandesgerichts vom 20. November 1997 im Kostenpunkt und in Nr. 1 b, 1 c und 1 d sowie Nr. 2 des Tenors aufgehoben. Die Berufung des Beklagten gegen das Grundurteil des Landgerichts in Saarbrücken vom 17. Februar 1997 wird auch insoweit zurückgewiesen. Der Beklagte trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Beklagte, Eigentümer des Grundstücks I. ring 1 in B. , führte unter verschiedenen Firmen eine Aluminiumgießerei. Am 15. Juli 1991 schloß er mit der Klägerin eine Vereinbarung, mit der diese sich verpflichtete, die ausdrücklich so bezeichnete "A. & Co." zu
gründen und anzumelden. Festgelegt wurde, daß "eine persönliche Haftung" der Klägerin für alle bestehenden und künftigen Verbindlichkeiten ausgeschlossen war und die Geschäftsführung bei dem Beklagten "in Zusammenarbeit und Abstimmung mit Herrn L. C. als Vertreter der S. E. C. " liegen sollte. Die Klägerin sollte ein monatliches Entgelt von 2.000,-- DM brutto erhalten. Die Klägerin macht geltend, es seien Verbindlichkeiten in Höhe von 123.919,36 DM und "Treuhandgebühren" in Höhe von 21.817,-- DM entstanden. Das Landgericht hat zunächst ein Versäumnisurteil erlassen, es auf den Einspruch des Beklagten aber aufgehoben und durch "Grundurteil" erkannt, daß der Beklagte verpflichtet sei, die Klägerin von allen Verbindlichkeiten, die durch die Geschäftstätigkeit der A. & Co. begründet wurden, freizustellen (Tenor 2), ferner festgestellt, daß der Beklagte verpflichtet sei, der Klägerin die weiteren, aufgrund der bestehenden Verbindlichkeiten anfallenden Kosten zu erstatten (Tenor 3), und den Beklagten außerdem verpflichtet, der Klägerin ein monatliches Entgelt für die Zusammenarbeit zu zahlen (Tenor 4). Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht dieses Urteil abgeändert, es als "Grund- und Teilurteil" bezeichnet (Tenor 1 a), es in Nr. 2 des Tenors dahingehend abgeändert, daß die Klage hinsichtlich der in der mit dem Versäumnisurteil fest verbundenen Anlage genannten Verbindlichkeiten dem Grunde nach gerechtfertigt ist, soweit diese durch die Geschäftstätigkeit der A. & Co. und mit Zustimmung des Beklagten begründet wurden (Tenor 1 b), Nr. 3 des Tenors dahingehend abgeändert, daß festgestellt wird, daß der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin bei den unter Nr. 1 b des Tenors genannten Verbindlichkeiten auch die zukünftig anfallenden Kosten zu erstatten (Tenor 1 c), Nr. 4 des Tenors einschließlich des ihm insoweit zugrundeliegenden Verfahrens
aufgehoben und die Sache insoweit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen (Tenor 1 d). Im übrigen hat es die Berufung des Beklagten zurückverwiesen. Mit der Revision beantragt die Klägerin , das angefochtene Urteil aufzuheben, soweit es in Nr. 1 b des Tenors die Klage nur insoweit für dem Grunde nach gerechtfertigt erklärt als die Verbindlichkeiten mit Zustimmung des Beklagten begründet wurden, soweit es in Nr. 1 c des Tenors den Feststellungsausspruch in gleicher Weise beschränkt und soweit es in Nr. 1 d des Tenors ein kassotorisches Urteil erlassen hat.

Entscheidungsgründe:

A.

Da der Beklagte im Verhandlungstermin trotz dessen rechtzeitiger Bekanntgabe nicht vertreten war, ist über die Revision der Klägerin durch Versäumnisurteil zu entscheiden (§§ 557, 331 ZPO). Das Urteil beruht jedoch nicht auf der Säumnis, sondern auf einer Sachprüfung (BGHZ 37, 79, 82).

B.

Die zulässige Revision der Klägerin führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils. I. Das Berufungsgericht beschränkt in Nr. 1 b und 1 c s eines Urteilstenors die Haftung des Beklagten auf Verbindlichkeiten, die mit dessen Zustimmung begründet wurden. Dies ergebe die Auslegung der Vereinbarung vom 15. Juli 1991. Schon der Wortlaut dieser Vereinbarung lege nahe, daß die Vereinbarung für ausschließlich durch die Klägerin oder durch C. als deren
Vertreter begründete Verbindlichkeiten keine Geltung beanspruche. Hierfür spreche auch Sinn und Zweck der Abrede. Die Klägerin habe des Schutzes weder vor sich noch vor dem Zeugen C. , der "als Vertreter der S. E. C. " erkennbar ihr Vertrauen genossen habe, bedurft. Umgekehrt gebe es keine Anhaltspunkte dafür, daß und warum sich der Beklagte verpflichtet haben sollte, die Klägerin von allen, auch ohne sein Wissen begründeten Verbindlichkeiten freizustellen und ihr und dem Zeugen C. damit gestattet haben sollte, ohne jedes wirtschaftliche Risiko frei "zu schalten und zu walten". Die hiergegen gerichteten Angriffe der Revision haben Erfolg. 1. Zutreffend weist die Revision darauf hin, der Beklagte habe nicht substantiiert behauptet, daß der Vater der Klägerin als ihr Vertreter Geschäftsführungsmaßnahmen für das Unternehmen der Klägerin vorgenommen habe, die zu den streitgegenständlichen Verbindlichkeiten der Klägerin geführt hätten. Soweit der Vater der Klägerin Verbindlichkeiten zu Lasten der Klägerin begründet hat, die in keiner Beziehung zu dem von ihr als Strohfrau geführten Betrieb standen, wären diese von dem Grundurteil des Landgerichts ohnehin nicht erfaßt. 2. Unterstellt man einen substantiierten Vortrag des Beklagten, würde für die von dem Berufungsgericht vorgenommene Einschränkung des Grundurteils trotzdem kein Anlaß bestehen.
a) Die Auslegung eines Individualvertrages wie der Vereinbarung vom 15. Juli 1991 ist zwar grundsätzlich Sache des Tatrichters; das Revisionsgericht prüft nur nach, ob gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln , Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt sind oder wesentlicher Auslegungsstoff außer acht gelassen wurde (st. Rspr., vgl. BGH, Urt. v. 6. Mai
1997 - KZR 43/95, WM 1998, 879, 882; v. 23. April 1998 - III ZR 7/97, WM 1998, 1493, 1494).
b) Diese Prüfung ergibt, daß die Auslegung des Oberlandesgerichts keinen Bestand haben kann. aa) Nach der Vereinbarung vom 15. Juli 1991 haben die Parteien vereinbart , der Vater der Klägerin werde zur Unterstützung des Beklagten in der Geschäftsführung mitwirken. Die Parteien sind also davon ausgegangen, der Vater der Klägerin könne zur Unterstützung des Beklagten als Vertreter Geschäftsführungsmaßnahmen treffen. Trotzdem hat der Beklagte mit der Klägerin vereinbart, daß sie keinerlei persönliche Haftung aus der Unternehmensgründung und -fortführung treffen sollte, sondern er im Innenverhältnis allein hafte, ohne daß nach dem für den Betrieb Handelnden differenziert wird. Damit hat das Berufungsgericht den Grundsatz verletzt, daß in erster Linie der von den Parteien gewählte Wortlaut und der dem Wortlaut zu entnehmende objektiv erklärte Parteiwillen zu berücksichtigen ist (vgl. etwa BGH, Urt. v. 27. November 1997 - IX ZR 141/96, NJW 1998, 900, 901 m.w.N.). bb) Die von dem Landgericht vorgenommene Auslegung der Vereinbarung vom 15. Juli 1991 entspricht - im Gegensatz zu der von dem Berufungsgericht getroffenen Auslegung - auch dem Grundsatz der beiderseits interessengerechten Auslegung (vgl. BGHZ 137, 69, 72; Sen.Urt. v. 26. Januar 1998 - II ZR 243/96, WM 1998, 714, 715; v. 16. März 1998 - II ZR 323/96, WM 1998, 1131, 1132). Aus der in dem Vertrag enthaltenen Vergütungsregelung sowie aus der Bestimmung, die Geschäftsführung verbleibe wie bisher bei dem Beklagten, folgt, daß der Vater der Klägerin im Interesse des Beklagten bei der Fortfüh-
rung des Betriebes durch die Klägerin tätig werden sollte. Deshalb entsprach es auch dem wohlverstandenen Interesse des Beklagten - und nicht nur dem der Klägerin -, daß der Beklagte die Klägerin von Verbindlichkeiten freizustellen hatte, die der Vater der Klägerin für die Einzelfirma in Zusammenarbeit mit dem Beklagten begründet hat. Soweit der Beklagte durch Maßnahmen des Vaters der Klägerin einen Schaden erlitten haben will, muß er sich an diesen halten. Soweit das Berufungsgericht auf von der Klägerin selber begründete Verbindlichkeiten abstellt, übersieht es, daß es unstreitig ist, daß die Klägerin in keiner Weise für das Unternehmen tätig geworden ist.
c) Da keine weiteren Tatsachenfeststellungen zu treffen sind, kann der erkennende Senat die Vereinbarung vom 15. Juli 1991 selber auslegen und das landgerichtliche Urteil wiederherstellen. II. Mit Erfolg rügt die Revision weiterhin, daß das Berufungsgericht das Grundurteil des Landgerichts hinsichtlich des geltend gemachten Gehaltsanspruchs aufgehoben und die Sache gemäß § 539 ZPO an das Landgericht zurückverwiesen hat. 1. Die Vorschrift des § 539 ZPO, die eine Ausnahme von der Verpflichtung zu der dem Berufungsgericht in § 537 ZPO aufgegebenen erneuten vollständigen Verhandlung und Entscheidung der Sache enthält, ist eng auszulegen. Deshalb ist anhand eines strengen Maßstabes zu prüfen, ob ein Verfahrensmangel vorliegt, bevor die Sache zurückverwiesen wird (vgl. etwa BGH, Urt. v. 10. Dezember 1996 - VI ZR 314/95, NJW 1997, 1447 m.w.N.). Beurteilt das Berufungsgericht Parteivorbringen materiell-rechtlich anders als das Erstgericht , etwa indem es abweichende Anforderungen an die Schlüssigkeit und Substantiierungslast stellt, und wird infolgedessen eine Beweisaufnahme erforderlich , liegt kein zur Aufhebung des Urteils und zur Zurückverweisung der Sa-
che berechtigender wesentlicher Verfahrensfehler vor (Sen.Urt. v. 7. Juni 1993 - II ZR 141/92, NJW 1993, 2318, 2319; BGH, Urt. v. 10. Dezember 1996 - VI ZR 314/95, NJW 1997, 1447 f. m.w.N.). 2. Danach liegt kein Verfahrensfehler vor. Das Berufungsgericht beurteilt allein die Wahrscheinlichkeit des Parteivortrags des Beklagten anders als das Landgericht und meint deshalb, der Beklagte habe als Partei vernommen werden müssen. 3. Der Senat kann auch hier in der Sache selber entscheiden und das landgerichtliche Urteil wiederherstellen.
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (vgl. Urt. v. 31. Januar 1996 - VIII ZR 324/94, WM 1996, 882, 823) kann dem Revisionsgericht schon aus Gründen der Prozeßökonomie eine eigene Sachentscheidung nicht verwehrt sein, wenn die im Rahmen des § 539 ZPO anzustellende Prüfung ergibt, daß die materiell-rechtliche Untersuchung der Beziehungen der Parteien zu einem endgültigen und abschließenden Ergebnis führt.
b) So liegt der Fall hier. Die Voraussetzungen für eine Parteivernehmung des Beklagten von Amts wegen nach § 448 ZPO sind nicht gegeben. Auch das Berufungsgericht geht davon aus, daß die Gehaltsabsprache zwischen den Parteien ernst gemeint war. Dies ergibt sich schon im Gegenschluß zu der Vereinbarung eines Pachtzinses, die ausdrücklich als lediglich "pro forma" erfolgt bezeichnet wird. Damit oblag dem Beklagten die Darlegungs- und Beweislast für die Erfüllung der Gehaltsforderungen der Klägerin. Hierzu hat der Beklagte substantiiert nichts vorgetragen. Soweit er darlegt, er habe dem Vater der Klägerin immer wieder in die neuen Bundesländer Bargeld bringen müssen,
der Vater der Klägerin habe sich "weidlich bedient", besagt dies über die Erfüllung der Gehaltsforderungen der Klägerin nichts.
Röhricht Hesselberger Goette Kurzwelly Kraemer

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
VERSÄUMNISURTEIL
VII ZR 270/03 Verkündet am:
16. Dezember 2004
Heinzelmann,
Justizangestellte
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein

a) Das Berufungsgericht ist gehalten, nachprüfbar darzulegen, inwieweit eine noch
ausstehende Beweisaufnahme so aufwendig oder umfangreich ist, daß es gerechtfertigt
ist, die Sache an das erstinstanzliche Gericht zurückzuverweisen.

b) Eine umfangreiche oder aufwendige Beweisaufnahme liegt regelmäßig nicht vor,
wenn das Berufungsgericht ein Sachverständigengutachten dazu einholen muß,
inwieweit ein Mangel eines Bauwerks durch den Unternehmer verursacht worden
ist.
BGH, Versäumnisurteil vom 16. Dezember 2004 - VII ZR 270/03 - KG Berlin
LG Berlin
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 16. Dezember 2004 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Dressler und die
Richter Hausmann, Dr. Wiebel, Prof. Dr. Kniffka und Bauner

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 26. Zivilsenats des Kammergerichts vom 9. Juli 2003 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin verlangt die Beseitigung von Mängeln am Fassadenputz eines Bauwerks. Sie klagt aus abgetretenem Recht der Firma R.. Diese hatte die Beklagte zu 1, deren persönlich haftender Gesellschafter die Beklagte zu 2 ist, mit der Errichtung eines Seniorenzentrums beauftragt. Der Vertrag sieht eine Gewährleistungsfrist von fünf Jahren und zwei Monaten, beginnend mit der Abnahme , vor. Die Bauleistung wurde am 6. Mai 1999 abgenommen. Das Abnahmeprotokoll enthielt die Regelung:
"5. Gewährleistung Gewährleistung im Sinne des § 13 VOB/B Die Gewährleistung beträgt 2 Jahre/5 Jahre und 1 Monat und beginnt mit der Abnahme der Leistung." Nach der Abnahme zeigten sich Putzrisse an zuvor ausgebesserten Stellen. Diese wurden erstmals am 25. Mai 2001 gerügt. Die Klägerin hat mit der im Dezember 2001 erhobenen Klage die Putzrisse auf fehlerhafte, nicht den anerkannten Regeln der Technik entsprechende Leistungen der Beklagten zu 1 zurückgeführt. Die Beklagten haben sich gegen ihre Verantwortlichkeit für die Mängel gewandt und nach dem berichtigten Tatbestand des Berufungsurteils in erster Instanz durch ihre Streithelfer die Einrede der Verjährung erhoben. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, weil die Klägerin keine konkreten Angaben zur Fehlerhaftigkeit der Leistung der Beklagten zu 1 gemacht habe. Es bedürfe eines Minimums an konkreter Darlegung der behaupteten Ursachenzusammenhänge. Darauf hätten schon die Beklagten hingewiesen. Das Gericht habe also nicht noch einmal darauf hinweisen oder eine Erklärungsfrist geben müssen. Die Berufung führte auf den Hilfsantrag der Klägerin zur Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an das Landgericht. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgen die Beklagten ihren Klageabweisungsantrag weiter. Hilfsweise beantragen sie, den Rechtsstreit an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat im Hilfsantrag Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Auf das Schuldverhältnis finden die Gesetze in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung Anwendung (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB). Auf das Verfahren der Berufung und der Revision sind die Vorschriften nach Maßgabe des Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses vom 27. Juli 2001 anzuwenden (§ 26 Nr. 5 und 7 EGZPO).

I.

Das Berufungsgericht führt aus, bereits der erstinstanzliche Vortrag der Klägerin begründe schlüssig einen Anspruch auf Beseitigung der Mängel am Fassadenputz, weil die Mängelerscheinung hinreichend beschrieben worden sei. Die Frage, ob die Ursache der Mängelerscheinung auf einem Ausführungsfehler des in Anspruch genommenen Unternehmers beruhe, sei Gegenstand des Beweises. Es wäre deshalb Aufgabe des Landgerichts gewesen, über die Ursachen der Mängelerscheinung durch ein Sachverständigengutachten Beweis zu erheben. Die Nichterhebung des Beweises stelle sich als ein wesentlicher Verfahrensmangel dar. Deshalb sei die Sache an das Landgericht zurückzuverweisen. Eine eigene Sachentscheidung sei dem Berufungsgericht verwehrt. Zwar sei die Einrede der Verjährung begründet, weil nach dem Protokoll die zweijährige Frist gelte, die abgelaufen sei. Jedoch sei die erstmals in der Berufung erhobene Einrede gemäß § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO nicht zuzulassen.

II.

Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. 1. Zutreffend hat das Berufungsgericht erkannt, daß die Klage bereits in der ersten Instanz schlüssig war. Der Besteller genügt seiner Darlegungslast mit der hinreichend genauen Bezeichnung der Mangelerscheinungen, die er der fehlerhaften Leistung des Unternehmers zuordnet. Ob die Ursachen der Mangelerscheinung tatsächlich in einer vertragswidrigen Beschaffenheit der Leistung des Unternehmers zu suchen sind, ist Gegenstand des Beweises und nicht Erfordernis des Sachvortrags (BGH, Urteil vom 21. Dezember 2000 - VII ZR 192/98, BauR 2001, 630 = NZBau 2001, 195 = ZfBR 2001, 175; Urteil vom 17. Januar 2002 - VII ZR 488/00, BauR 2002, 784 = NZBau 2002, 335 = ZfBR 2002, 357). 2. Die Sache war entgegen der Auffassung der Revision nach dem in der Revisionsinstanz unterbreiteten, für das Berufungsgericht maßgeblichen Sachverhalt nicht entscheidungsreif. Die Einrede der Verjährung ist danach nicht begründet.
a) Das Berufungsgericht ist allerdings in seinem Urteil fehlerhaft davon ausgegangen, daß die Einrede der Verjährung deshalb nicht zu berücksichtigen sei, weil sie erstmals in der Berufungsinstanz erhoben worden sei. Es hätte die Einrede der Verjährung schon deshalb berücksichtigen müssen, weil die Beklagten sie bereits in erster Instanz erhoben haben. Das ist nach Berichtigung des Tatbestandes festgestellt. Auf die Frage, ob die Einrede gemäß § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO nicht zuzulassen war, kommt es nicht an.
b) Die Einrede der Verjährung ist jedoch nicht begründet.
Die Dauer der Gewährleistungsfrist bestimmt sich nach der vertraglichen Vereinbarung. Nach dem durch das Berufungsgericht in Bezug genommenen Tatbestand des Urteils des Landgerichts haben die Firma R. und die Beklagte eine Gewährleistungsfrist von fünf Jahren und zwei Monaten vereinbart. Diese Vereinbarung ist nicht dadurch abgeändert worden, daß die Vertragsparteien im Abnahmeprotokoll als Gewährleistungsfrist "zwei Jahre/fünf Jahre und einen Monat" ausgewiesen haben. Das Berufungsgericht stellt fest, daß konkrete Vereinbarungen zu einer neuen Gewährleistungsfrist nicht getroffen worden sind. Damit scheidet die Möglichkeit aus, nach der sich die Vertragsparteien auf eine Frist von zwei Jahre geeinigt haben und es lediglich unterlassen haben, die weitere im Protokoll erwähnte Frist von fünf Jahren und ein Monat zu streichen. Allein aus dem Wortlaut des Protokolls kann ein Wille zur Abänderung der vereinbarten Gewährleistungsfrist von fünf Jahren und zwei Monaten entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht entnommen werden. Das Protokoll sieht die Möglichkeit vor, abweichend von der vertraglichen Vereinbarung , zwischen einer Gewährleistungsfrist von zwei Jahren und einer Gewährleistungsfrist von fünf Jahren und einem Monat zu wählen. Diese Wahlmöglichkeit ist dadurch eingeräumt worden, daß eine der beiden Fristen gestrichen werden konnte. Die Wahl ist nicht ausgeübt worden. Keine der Fristen ist gestrichen. Damit bleibt es bei der vertraglich vereinbarten Gewährleistungsfrist. Der Vortrag der Revision in der mündlichen Verhandlung, 1994 habe eine Abnahme der Putzarbeiten stattgefunden, findet in den getroffenen Feststellungen keine Grundlage und ist deshalb nicht zu berücksichtigen. Eine Verfahrensrüge hat die Revision nicht erhoben.
3. Das Berufungsgericht hat die Sache verfahrensfehlerhaft gemäß § 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO an das Landgericht zurückverwiesen.
a) Eine Zurückverweisung nach § 538 Abs. 2 Nr.1 ZPO kommt nur in Betracht , soweit das Verfahren im ersten Rechtszug an einem wesentlichen Mangel leidet. Einen wesentlichen Verfahrensfehler des Landgerichts hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Allein der Umstand, daß das Landgericht den Vortrag der Klägerin nicht als schlüssig angesehen und deshalb keinen Beweis erhoben hat, begründet keinen wesentlichen Verfahrensfehler (BGH, Urteil vom 3. April 2000 - II ZR 194/98, NJW 2000, 2099 m. w. N.).
b) Das Berufungsgericht hat sich darüber hinaus nicht damit auseinandergesetzt , daß es nach § 538 Abs. 1 ZPO die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache selbst zu entscheiden hat. Danach muß das Berufungsgericht grundsätzlich auch ein notwendiges Sachverständigengutachten einholen. § 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO ist eine Ausnahmeregelung, die den Grundsatz der Prozeßbeschleunigung durchbricht, wenn die Aufhebung des angefochtenen Urteils wegen eines wesentlichen Verfahrensfehlers erfolgt und noch eine umfangreiche oder aufwendige Beweisaufnahme notwendig ist. Das Berufungsgericht ist gehalten, nachprüfbar darzulegen, inwieweit eine noch ausstehende Beweisaufnahme so aufwendig oder umfangreich ist, daß es gerechtfertigt ist, die Sache an das erstinstanzliche Gericht zurückzuverweisen. Dabei hat es in Erwägung zu ziehen, daß eine Zurückverweisung der Sache in aller Regel zu einer weiteren Verteuerung und Verzögerung des Rechtsstreits und zu weiteren Nachteilen führt und dies den schützenswerten Interessen der Parteien entgegenstehen kann (vgl. BGH, Urteil vom 8. Juli 2004 - VII ZR 231/03, BauR 2004, 1611, 1613 = NZBau 2004, 613 = ZfBR 2004, 790). Die Aufhebung und Zurückverweisung wegen einer noch durchzuführenden Beweisaufnahme wird deshalb auf wenige Ausnahmefälle beschränkt sein, in denen die Durchführung des Ver-
fahrens in der Berufungsinstanz zu noch größeren Nachteilen führen würde als die Zurückverweisung der Sache an das erstinstanzliche Gericht (MünchKommZPO /Aktualisierungsbd. - Rimmelspacher § 538 Rdn. 45). Steht ein Gutachten zu einer lediglich einen Mangel eines Bauwerks betreffenden Beweisfrage aus, liegen die Voraussetzungen eines Ausnahmefalls regelmäßig nicht vor. Dressler Hausmann Wiebel Kniffka Bauner

(1) Das Berufungsgericht hat die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache selbst zu entscheiden.

(2) Das Berufungsgericht darf die Sache, soweit ihre weitere Verhandlung erforderlich ist, unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an das Gericht des ersten Rechtszuges nur zurückverweisen,

1.
soweit das Verfahren im ersten Rechtszuge an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist,
2.
wenn durch das angefochtene Urteil ein Einspruch als unzulässig verworfen ist,
3.
wenn durch das angefochtene Urteil nur über die Zulässigkeit der Klage entschieden ist,
4.
wenn im Falle eines nach Grund und Betrag streitigen Anspruchs durch das angefochtene Urteil über den Grund des Anspruchs vorab entschieden oder die Klage abgewiesen ist, es sei denn, dass der Streit über den Betrag des Anspruchs zur Entscheidung reif ist,
5.
wenn das angefochtene Urteil im Urkunden- oder Wechselprozess unter Vorbehalt der Rechte erlassen ist,
6.
wenn das angefochtene Urteil ein Versäumnisurteil ist oder
7.
wenn das angefochtene Urteil ein entgegen den Voraussetzungen des § 301 erlassenes Teilurteil ist
und eine Partei die Zurückverweisung beantragt. Im Fall der Nummer 3 hat das Berufungsgericht sämtliche Rügen zu erledigen. Im Fall der Nummer 7 bedarf es eines Antrags nicht.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 67/99 Verkündet am:
6. November 2000
Boppel
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
ZPO §§ 138, 454, 539; KO § 106 Abs. 1 Satz 3

a) Eine Aufhebung und Zurückverweisung durch das Berufungsgericht
(§ 539 ZPO) kann nicht darauf gestützt werden, daß das erstinstanzliche Gericht
einen materiell-rechtlichen Gesichtspunkt verkannt oder eine verfahrensrechtliche
Entscheidung (hier: gemäß § 454 Abs. 1 ZPO) getroffen hat, die
sich noch in den Grenzen des ihm eingeräumten Ermessens hält.

b) Eine Verfügung, die gegen ein Veräußerungsverbot gemäß § 106 Abs. 1
Satz 3 KO verstieß, wird bei dessen Aufhebung zumindest von da an wirksam.

c) Zu den Anforderungen, die an die Schlüssigkeit und die Substantiierung eines
Parteivorbringens (hier: zur Darlehensgewährung eines Treuhandgesellschafters
an die Gesellschaft) zu stellen sind.
BGH, Urteil vom 6. November 2000 - II ZR 67/99 - OLG Frankfurt a.M.
LG Frankfurt a.M.
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 6. November 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. h.c. Röhricht und
die Richter Dr. Hesselberger, Prof. Dr. Goette, Dr. Kurzwelly und Kraemer

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 19. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 3. Februar 1999 aufgehoben, soweit zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Beklagte war ursprünglich geschäftsführende Alleingesellschafterin der von ihr im Jahre 1988 treuhänderisch für den Widerbeklagten zu 2 gegründeten P. GmbH mit einem Stammkapital von 100.000,-- DM. Im November 1989 bestellte sie den Widerbeklagten zu 2 zum weiteren Geschäftsführer und beschloß eine Stammkapitalerhöhung um weitere
100.000,-- DM, wovon sie und der Widerbeklagte zu 2 Anteile von je 50.000,-- DM übernehmen sollten. Die Kapitalerhöhung wurde zum Handelsregister angemeldet. Am 7. Dezember 1989 zahlte die Beklagte an die GmbH 50.000,-- DM, die im Jahresabschluß der GmbH als Darlehen bilanziert wurden. Durch Gesellschafterbeschluß vom Oktober 1991 berief die Beklagte den Widerbeklagten zu 2 aufgrund inzwischen entstandener Streitigkeiten mit ihm als Geschäftsführer ab. Es gelang ihm erst Ende 1994, die Verurteilung der Beklagten zu seiner Wiederbestellung als Geschäftsführer aufgrund des mit ihr geschlossenen Treuhandvertrages zu erwirken. Zuvor hatte sie im Juli 1994 zusammen mit zwei weiteren Kommanditisten und der GmbH als Komplementärin die P. GmbH & Co. KG gegründet. Anfang 1995 wurde sie zur Unterlassung weiterer Geschäftsführertätigkeit für die GmbH und die KG sowie zur Übertragung des von ihr treuhänderisch gehaltenen GmbH-Anteils von 100.000,-- DM auf den Widerbeklagten zu 2 verurteilt. Im Sommer 1995 schied die GmbH aus der KG aus, die deshalb aufgelöst und am 4. August 1995 im Handelsregister gelöscht wurde. Auf den Konkursantrag eines Gläubigers der GmbH wurde ihr gegenüber am 18. Dezember 1995 ein allgemeines Veräußerungsverbot erlassen und ein Sequester bestellt. Am 20. Juni 1996 wurde der Konkursantrag unter Aufhebung der angeordneten Sicherungsmaßnahmen mangels Masse abgewiesen.
Mit der Klage hat die Klägerin, deren Geschäftsführerin die Ehefrau des Widerbeklagten zu 2 ist, von der Beklagten aus abgetretenem Recht des Widerbeklagten zu 2 sowie der GmbH und der KG Schadensersatz in Höhe von 78.563,34 DM begehrt, weil die Beklagte die Gerichts- und Anwaltskosten für ihre Rechtsstreitigkeiten mit dem Widerbeklagten zu 2 unberechtigt aus Gesellschaftsmitteln bezahlt habe. Die Beklagte hat u.a. die Wirksamkeit der Ab-
tretungserklärungen der GmbH und der KG vom 1. März 1995 bestritten, weil diese rückdatiert und in Wahrheit während der Sequestration vorgenommen worden seien. Widerklagend verlangt sie von der Klägerin und dem Widerbeklagten zu 2 gesamtschuldnerisch Rückzahlung des angeblich von ihr in dessen Auftrag der GmbH gewährten Darlehens von 50.000,-- DM, dessen Rückzahlung auch die Klägerin gemäß § 419 a.F. BGB schulde, weil diese mit dem angeblichen Erwerb etwaiger Schadensersatzforderungen das gesamte noch vorhandene Gesellschaftsvermögen der GmbH und der KG übernommen habe.
Das Landgericht hat die Klage und die Widerklage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten in vollem Umfang und die Berufung der Klägerin in Höhe einer Teilforderung von 9.076,72 DM aus abgetretenem Recht des Widerbeklagten zu 2 zurückgewiesen. Im übrigen hat es das erstinstanzliche Urteil in Anwendung von § 539 ZPO aufgehoben und die Sache an das Landgericht zurückverwiesen. Dagegen richtet sich die Revision der Beklagten im Umfang ihrer Beschwer.

Entscheidungsgründe:


Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht, soweit es zum Nachteil der Beklagten erkannt hat.
A. Zur Klage:
I. Das Berufungsgericht hat - insoweit von der Revision nicht beanstandet - festgestellt, sämtliche Einzelpositionen der Klage mit Ausnahme des erstinstanzlich im Ergebnis zu Recht abgewiesenen Teils von 9.076,72 DM seien von der Klägerin allein auf abgetretenes Recht der GmbH und/oder der KG gestützt. Die erstinstanzliche Abweisung dieser verbleibenden Ansprüche - so meint das Berufungsgericht - beruhe auf einem doppelten Verfahrensfehler des Landgerichts, der zur Aufhebung und Zurückverweisung gemäß § 539 ZPO führen müsse. Zum einen habe das Landgericht, das die Abtretungserklärungen für rückdatiert und wegen des bei ihrer Abgabe bestehenden Veräußerungsverbots (§ 106 Abs. 1 Satz 2 KO) für unwirksam erachtet habe, die aktenkundige , unstreitige und für das Urteil entscheidende Tatsache übersehen bzw. übergangen, daß das Veräußerungsverbot durch den Beschluß des Konkursgerichts vom 20. Juni 1996 aufgehoben und die Zession dadurch rückwirkend wirksam geworden sei. Zum anderen sei das Landgericht in fehlerhafter Anwendung des § 454 ZPO von einer Rückdatierung der Abtretungsurkunde ausgegangen , indem es die Aussage der dazu als Partei zu vernehmenden - seinerzeit in den USA weilenden - Geschäftsführerin der Klägerin als verweigert angesehen habe, obwohl diese sich zu den verschiedenen vom Landgericht bestimmten Terminen jeweils - zum Teil aus Gesundheitsgründen - für verhindert erklärt und um Terminsverlegung gebeten habe. Zudem habe sie in der Vorinstanz die Beweisfrage zuletzt schriftlich beantwortet und ein ärztliches Attest angekündigt, das sie in zweiter Instanz nachgereicht habe.
II. Die Revision rügt zu Recht, daß die vom Berufungsgericht ausgesprochene Zurückverweisung der Sache, durch die die Beklagte beschwert ist (vgl. z.B. BGH, Urt. v. 5. November 1997 - XII ZR 290/95, NJW 1998, 613 f.), in § 539 ZPO keine Grundlage findet.

1. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind die Voraussetzungen des § 539 ZPO, der eine Ausnahme von der Verpflichtung des Berufungsgerichts zu erneuter vollständiger Verhandlung und Entscheidung der Sache (§ 537 ZPO) statuiert, vom Berufungsgericht anhand eines strengen Maßstabes zu prüfen (vgl. BGH, Urt. v. 3. November 1992 - VI ZR 361/91, NJW 1993, 538 m.w.N.). Ein Fehler im Sinne des § 539 ZPO ist nur dann gegeben , wenn das Verfahren des ersten Rechtszuges an einem so erheblichen Mangel leidet, daß es keine ordnungsgemäße Grundlage für eine instanzbeendende Entscheidung sein kann (Sen.Urt. v. 7. Juni 1993 - II ZR 141/92, NJW 1993, 2318 f.). Daraus folgt, daß es sich um einen eindeutigen Verfahrensfehler handeln muß. Ein Fehler in der Anwendung des materiellen Rechts genügt dafür ebensowenig wie eine verfahrensrechtliche Maßnahme, die sich (noch) im Rahmen des dem Tatrichter eingeräumten Ermessens hält (vgl. Senat aaO). Zwar kann es einen schweren Verfahrensfehler im Sinne des § 539 ZPO darstellen, wenn das erstinstanzliche Gericht den Anspruch der Partei auf rechtliches Gehör dadurch verletzt, daß es den Kern ihres Vorbringens verkennt und daher eine entscheidungserhebliche Frage verfehlt. Das ist hingegen nicht der Fall, wenn es die sachlich-rechtliche Relevanz eines Parteivorbringens verkennt und ihm deshalb keine Bedeutung beimißt (vgl. BGH, Urt. v. 3. November 1992 aaO; v. 19. März 1998 - VII ZR 116/97, NJW 1998, 1053). Ob ein Verfahrensfehler vorliegt, ist allein aufgrund des materiell-rechtlichen Standpunkts des Erstrichters zu beantworten, und zwar auch dann, wenn dieser Standpunkt verfehlt ist und das Berufungsgericht ihn nicht teilt (Senat aaO, m.w.N.).
2. Nach diesen Grundsätzen ist ein wesentlicher Mangel des erstinstanzlichen Verfahrens (§ 539 ZPO) hier nicht ersichtlich.

a) Im Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils ist ausdrücklich festgestellt , der Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der GmbH sei durch Beschluß des AmtsgerichtsW. (2 N 71/95) - nach vorangegangener Sequestrationsanordnung vom 18. Dezember 1995 - mangels Masse abgewiesen worden. Daß damit auch die Aufhebung der gemäß § 106 KO getroffenen Sicherungsmaßnahmen einherging, versteht sich von selbst (vgl. Kuhn/Uhlenbruck, KO 11. Aufl. § 107 Rdn. 31) und ergibt sich hier aus der von der Beklagten vorgelegten und vom Landgericht mit Aktenzeichen zitierten Beschlußkopie. Ob dadurch die nach der Beweiswürdigung des Landgerichts während der Dauer des Veräußerungsverbots vereinbarte Zession der Gesellschaftsforderungen wirksam geworden ist, wie das Berufungsgericht meint, ist eine materiell-rechtliche Frage, deren Verkennung durch das Landgericht keinen Verfahrensfehler darstellt.
Infolgedessen ist hier nicht über die von der Revision vorsorglich zur Überprüfung des Senates gestellten Rechtsfragen zu entscheiden, ob die gegen ein Veräußerungsverbot gemäß § 106 Abs. 1 Satz 3 KO bei gleichzeitiger Sequestration verstoßende Verfügung entsprechend § 7 KO zu behandeln ist (vgl. Gerhardt, ZIP 1982, 1 ff. ; offengelassen in BGHZ 135, 140, 143; 140, 54) und deshalb bei Aufhebung der Maßnahmen nur mit Wirkung ex nunc wirksam werden kann (vgl. Jaeger/Henckel, KO 9. Aufl. § 7 Rdn. 29; Kuhn/Uhlenbruck aaO, § 7 Rdn. 7; Eickmann in: Heidelberger Kommentar zur InsO, § 81 Rdn. 9), oder ob es sich um ein relatives Veräußerungsverbot i.S.v. §§ 135 f. BGB zugunsten der späteren Konkursgläubiger handelt, dessen endgültige Wirkung
erst eintritt, wenn es zur Konkurseröffnung kommt (so die h.M.; vgl. die Nachw. bei Kuhn/Uhlenbruck aaO, § 106 Rdn. 4). Da es hier nicht zur Konkurseröffnung kam, ist die Abtretung seitens der GmbH nach beiden Auffassungen spätestens mit Aufhebung der Sicherungsmaßnahmen wirksam geworden. Auf das Vermögen der KG bezog sich das Veräußerungsverbot ohnehin nicht.

b) Ebensowenig liegt ein die Zurückverweisung gemäß § 539 ZPO tragender Mangel des erstinstanzlichen Verfahrens darin, daß das Landgericht die nach seiner Ansicht entscheidungserhebliche, unter den Parteien streitige Rückdatierung der Abtretungserklärung bzw. deren Vornahme in der Zeit des Veräußerungsverbots in Anwendung der §§ 454 Abs. 1, 446 ZPO für erwiesen erachtet hat. Gemäß § 454 ZPO entscheidet der Tatrichter unter Berücksichtigung aller Umstände "nach freiem Ermessen", ob die Aussage einer im Vernehmungstermin ausgebliebenen Partei als verweigert anzusehen ist. Das Berufungsgericht läßt schon nicht erkennen, daß es diesen Ermessensspielraum berücksichtigt hat. Im übrigen ist dessen Überschreitung hier auch nicht ersichtlich. Das Landgericht hat die Geschäftsführerin der Klägerin in der Zeit vom Juni 1997 bis Februar 1998 zu insgesamt vier Terminen geladen. Sie hat sich nicht etwa generell wegen ihres Auslandsaufenthalts, sondern jeweils nur von Fall zu Fall mit Hinweis auf Geschäftsreisen oder gesundheitliche Gründe für verhindert erklärt. Selbst auf die Mitteilung des Landgerichts, es werde bei erneutem Ausbleiben im letzten Termin vom 2. Februar 1998 gemäß § 454 ZPO verfahren, hat sie mit Telefax vom 1. Februar 1998 lediglich ein ärztliches Attest angekündigt, dessen spätere Vorlegung in zweiter Instanz das Landgericht nicht vorhersehen mußte. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts mußte sich das Landgericht auch mit der schriftlichen Beantwortung der Beweisfrage nicht begnügen. § 454 Abs. 1 ZPO stellt auf das "Ausbleiben" der
Partei im Termin ab, weil es für die Parteivernehmung in besonderem Maße eines persönlichen Eindrucks des Gerichts bedarf. Eine schriftliche Stellungnahme gemäß § 377 Abs. 3 ZPO ist in § 451 ZPO nicht vorgesehen.
3. Die angefochtene Entscheidung gemäß § 539 ZPO kann daher nicht bestehen bleiben. Eine abschließende revisionsgerichtliche Entscheidung kommt bei einer kassatorischen Entscheidung des Berufungsgerichts nur ausnahmsweise dann in Betracht, wenn bereits feststeht, daß das Berufungsgericht im Falle einer Zurückverweisung nicht zu einem anderen Ergebnis gelangen könnte (vgl. BGH, Urt. v. 22. Januar 1997 - VIII ZR 339/95, WM 1997, 1713, 1716). Das ist hier nicht der Fall.
Die Sache ist daher insoweit an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
B. Zur Widerklage:
I. Das Berufungsgericht hat gemeint, die Beklagte habe in Anbetracht des Fehlens eines schriftlichen Darlehensvertrags schon nicht hinreichend dargetan und unter Beweis gestellt, daß sie der GmbH mit ihrer Zahlung von 50.000,-- DM am 7. Dezember 1989 ein Darlehen gewährt habe. Vielmehr sei davon auszugehen, daß die Beklagte die Zahlung auf den von ihr übernommenen Anteil von 50.000,-- DM des erhöhten Kapitals gemäß notariellem Kapitalerhöhungsbeschluß vom 28. November 1989 geleistet habe. Darauf deute auch eine Rangrücktrittserklärung der Beklagten vom 28. Februar 1990 hin. Die Bilanzierung als Darlehen ändere an der wahren Rechtsnatur der Zuwendung nichts. Die fragliche Haftung der Klägerin aus Vermögensübernahme
(§ 419 BGB) könne daher dahinstehen. Auch einen Erstattungsanspruch gegenüber dem Widerbeklagten zu 2 aus dem Treuhandverhältnis habe die Beklagte nicht schlüssig dargelegt, weil sie mit der Übernahme des neuen Geschäftsanteils auf eigene Rechnung gehandelt habe, nachdem der Beklagte es nach ihrem Vortrag abgelehnt habe, der GmbH die 50.000,-- DM zur Verfügung zu stellen.
II. Das hält den Angriffen der Revision ebenfalls nicht stand.
1. Zu Recht rügt die Revision, das Berufungsgericht sei verfahrensfehlerhaft von einem Vollzug der Kapitalerhöhung auf 200.000,-- DM ausgegangen , den keine der Parteien behauptet habe. Das Berufungsgericht hat zwar unter Bezugnahme auf die von der Beklagten vorgelegte, notariell beglaubigte Anmeldungsurkunde vom 28. November 1989 tatbestandlich (§ 314 ZPO) festgestellt , die Kapitalerhöhung sei zum Handelsregister angemeldet worden. Vollzogen wird diese aber erst mit Eintragung (§§ 54 Abs. 3, 57 GmbHG). Bis dahin können der Kapitalerhöhungsbeschluß jederzeit aufgehoben und der Eintragungsantrag zurückgezogen werden (vgl. Senat BGHZ 140, 258, 260).
2. Zu Recht rügt die Revision weiter, das Berufungsgericht habe die Anforderungen an die Darlegungslast der Beklagten zu dem Darlehenscharakter der Zuwendung überspannt (§ 138 ZPO). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs genügt für die Schlüssigkeit der Vortrag von Tatsachen, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als entstanden erscheinen zu lassen. Die Angabe näherer Einzelheiten ist nur im Fall ihrer Relevanz für die Rechtsfolgen erforderlich.
Die Beklagte hat vorgetragen, sie habe den Betrag als Darlehen einbezahlt , weil die Hausbank der GmbH im Dezember 1998 eine Erweiterung des Kreditrahmens der GmbH von einem Gesellschafterzuschuß abhängig gemacht habe. Der Widerbeklagte zu 2 habe sich dazu zwar nicht bereit erklärt, er habe an diesem Gespräch aber teilgenommen und einer Darlehensgewährung zugestimmt. Zum Beweis dafür hat die Beklagte zwei Mitarbeiter der Bank als Zeugen benannt und die Parteivernehmung des Beklagten zu 2 beantragt. Weiter
hat sie ihre Mutter als Zeugin dafür benannt, daß diese ihr den Betrag zu dem verabredeten Zweck einer Darlehensgewährung an die GmbH zur Verfügung gestellt habe. Außerdem hat die Beklagte auf die Bilanzierung als Darlehen verwiesen.
Dieser Vortrag ist schlüssig. Das Fehlen eines schriftlichen Darlehensvertrages steht dem nicht entgegen, sondern hätte erst nach Ausschöpfen der angetretenen Beweise ergänzend verwertet werden dürfen. Unverständlich ist im übrigen der Hinweis des Berufungsgerichts auf die Rangrücktrittserklärung der Beklagten vom 28. Februar 1990, weil diese gerade für das behauptete Darlehen spricht.
3. Schlüssig dargelegt ist entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts auch der Anspruch gegen den Widerbeklagten zu 2. Nach Ziff. 9 des vorgelegten Treuhandvertrages hat der Treugeber der Treuhänderin alle in seinem Interesse gemachten Aufwendungen zu ersetzen. Soweit das Berufungsgericht darauf abstellt, daß der Widerbeklagte zu 2 eine liquiditätserhöhende Zahlung aus eigenen Mitteln abgelehnt habe, verkürzt es den Vortrag der Beklagten, wonach der Widerbeklagte zu 2 bei dem Gespräch mit der Bank sich damit einverstanden erklärt habe, daß die Beklagte "in die Bresche sprang", um die wirtschaftliche Stabilität der GmbH nicht zu gefährden. Nach diesem Vortrag durfte die Beklagte das Verhalten des Widerbeklagten zu 2 auf der Grundlage des Treuhandvertrages durchaus so verstehen, daß sie das Darlehen auch in seinem Interesse und Auftrag gewähren solle. Ob dies hier so war, ist erst nach Ausschöpfung der Beweise durch den Tatrichter abschließend zu beurteilen.
4. Zur etwaigen Haftung der Klägerin aus Vermögensübernahme gemäß § 419 BGB i.d.F. bis zum 31. Dezember 1998 (Art. 223 a EGBGB) wegen des Erwerbs der Schadensersatzforderungen der GmbH und der KG gegen die Beklagte hat das Berufungsgericht - von seinem Standpunkt aus konsequent - keine Feststellungen getroffen. Das wird nachzuholen sein.
Röhricht Hesselberger Goette
Kurzwelly Kraemer

(1) Das Berufungsgericht hat die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache selbst zu entscheiden.

(2) Das Berufungsgericht darf die Sache, soweit ihre weitere Verhandlung erforderlich ist, unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an das Gericht des ersten Rechtszuges nur zurückverweisen,

1.
soweit das Verfahren im ersten Rechtszuge an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist,
2.
wenn durch das angefochtene Urteil ein Einspruch als unzulässig verworfen ist,
3.
wenn durch das angefochtene Urteil nur über die Zulässigkeit der Klage entschieden ist,
4.
wenn im Falle eines nach Grund und Betrag streitigen Anspruchs durch das angefochtene Urteil über den Grund des Anspruchs vorab entschieden oder die Klage abgewiesen ist, es sei denn, dass der Streit über den Betrag des Anspruchs zur Entscheidung reif ist,
5.
wenn das angefochtene Urteil im Urkunden- oder Wechselprozess unter Vorbehalt der Rechte erlassen ist,
6.
wenn das angefochtene Urteil ein Versäumnisurteil ist oder
7.
wenn das angefochtene Urteil ein entgegen den Voraussetzungen des § 301 erlassenes Teilurteil ist
und eine Partei die Zurückverweisung beantragt. Im Fall der Nummer 3 hat das Berufungsgericht sämtliche Rügen zu erledigen. Im Fall der Nummer 7 bedarf es eines Antrags nicht.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
VERSÄUMNISURTEIL
VII ZR 270/03 Verkündet am:
16. Dezember 2004
Heinzelmann,
Justizangestellte
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein

a) Das Berufungsgericht ist gehalten, nachprüfbar darzulegen, inwieweit eine noch
ausstehende Beweisaufnahme so aufwendig oder umfangreich ist, daß es gerechtfertigt
ist, die Sache an das erstinstanzliche Gericht zurückzuverweisen.

b) Eine umfangreiche oder aufwendige Beweisaufnahme liegt regelmäßig nicht vor,
wenn das Berufungsgericht ein Sachverständigengutachten dazu einholen muß,
inwieweit ein Mangel eines Bauwerks durch den Unternehmer verursacht worden
ist.
BGH, Versäumnisurteil vom 16. Dezember 2004 - VII ZR 270/03 - KG Berlin
LG Berlin
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 16. Dezember 2004 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Dressler und die
Richter Hausmann, Dr. Wiebel, Prof. Dr. Kniffka und Bauner

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 26. Zivilsenats des Kammergerichts vom 9. Juli 2003 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin verlangt die Beseitigung von Mängeln am Fassadenputz eines Bauwerks. Sie klagt aus abgetretenem Recht der Firma R.. Diese hatte die Beklagte zu 1, deren persönlich haftender Gesellschafter die Beklagte zu 2 ist, mit der Errichtung eines Seniorenzentrums beauftragt. Der Vertrag sieht eine Gewährleistungsfrist von fünf Jahren und zwei Monaten, beginnend mit der Abnahme , vor. Die Bauleistung wurde am 6. Mai 1999 abgenommen. Das Abnahmeprotokoll enthielt die Regelung:
"5. Gewährleistung Gewährleistung im Sinne des § 13 VOB/B Die Gewährleistung beträgt 2 Jahre/5 Jahre und 1 Monat und beginnt mit der Abnahme der Leistung." Nach der Abnahme zeigten sich Putzrisse an zuvor ausgebesserten Stellen. Diese wurden erstmals am 25. Mai 2001 gerügt. Die Klägerin hat mit der im Dezember 2001 erhobenen Klage die Putzrisse auf fehlerhafte, nicht den anerkannten Regeln der Technik entsprechende Leistungen der Beklagten zu 1 zurückgeführt. Die Beklagten haben sich gegen ihre Verantwortlichkeit für die Mängel gewandt und nach dem berichtigten Tatbestand des Berufungsurteils in erster Instanz durch ihre Streithelfer die Einrede der Verjährung erhoben. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, weil die Klägerin keine konkreten Angaben zur Fehlerhaftigkeit der Leistung der Beklagten zu 1 gemacht habe. Es bedürfe eines Minimums an konkreter Darlegung der behaupteten Ursachenzusammenhänge. Darauf hätten schon die Beklagten hingewiesen. Das Gericht habe also nicht noch einmal darauf hinweisen oder eine Erklärungsfrist geben müssen. Die Berufung führte auf den Hilfsantrag der Klägerin zur Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an das Landgericht. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgen die Beklagten ihren Klageabweisungsantrag weiter. Hilfsweise beantragen sie, den Rechtsstreit an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat im Hilfsantrag Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Auf das Schuldverhältnis finden die Gesetze in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung Anwendung (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB). Auf das Verfahren der Berufung und der Revision sind die Vorschriften nach Maßgabe des Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses vom 27. Juli 2001 anzuwenden (§ 26 Nr. 5 und 7 EGZPO).

I.

Das Berufungsgericht führt aus, bereits der erstinstanzliche Vortrag der Klägerin begründe schlüssig einen Anspruch auf Beseitigung der Mängel am Fassadenputz, weil die Mängelerscheinung hinreichend beschrieben worden sei. Die Frage, ob die Ursache der Mängelerscheinung auf einem Ausführungsfehler des in Anspruch genommenen Unternehmers beruhe, sei Gegenstand des Beweises. Es wäre deshalb Aufgabe des Landgerichts gewesen, über die Ursachen der Mängelerscheinung durch ein Sachverständigengutachten Beweis zu erheben. Die Nichterhebung des Beweises stelle sich als ein wesentlicher Verfahrensmangel dar. Deshalb sei die Sache an das Landgericht zurückzuverweisen. Eine eigene Sachentscheidung sei dem Berufungsgericht verwehrt. Zwar sei die Einrede der Verjährung begründet, weil nach dem Protokoll die zweijährige Frist gelte, die abgelaufen sei. Jedoch sei die erstmals in der Berufung erhobene Einrede gemäß § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO nicht zuzulassen.

II.

Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. 1. Zutreffend hat das Berufungsgericht erkannt, daß die Klage bereits in der ersten Instanz schlüssig war. Der Besteller genügt seiner Darlegungslast mit der hinreichend genauen Bezeichnung der Mangelerscheinungen, die er der fehlerhaften Leistung des Unternehmers zuordnet. Ob die Ursachen der Mangelerscheinung tatsächlich in einer vertragswidrigen Beschaffenheit der Leistung des Unternehmers zu suchen sind, ist Gegenstand des Beweises und nicht Erfordernis des Sachvortrags (BGH, Urteil vom 21. Dezember 2000 - VII ZR 192/98, BauR 2001, 630 = NZBau 2001, 195 = ZfBR 2001, 175; Urteil vom 17. Januar 2002 - VII ZR 488/00, BauR 2002, 784 = NZBau 2002, 335 = ZfBR 2002, 357). 2. Die Sache war entgegen der Auffassung der Revision nach dem in der Revisionsinstanz unterbreiteten, für das Berufungsgericht maßgeblichen Sachverhalt nicht entscheidungsreif. Die Einrede der Verjährung ist danach nicht begründet.
a) Das Berufungsgericht ist allerdings in seinem Urteil fehlerhaft davon ausgegangen, daß die Einrede der Verjährung deshalb nicht zu berücksichtigen sei, weil sie erstmals in der Berufungsinstanz erhoben worden sei. Es hätte die Einrede der Verjährung schon deshalb berücksichtigen müssen, weil die Beklagten sie bereits in erster Instanz erhoben haben. Das ist nach Berichtigung des Tatbestandes festgestellt. Auf die Frage, ob die Einrede gemäß § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO nicht zuzulassen war, kommt es nicht an.
b) Die Einrede der Verjährung ist jedoch nicht begründet.
Die Dauer der Gewährleistungsfrist bestimmt sich nach der vertraglichen Vereinbarung. Nach dem durch das Berufungsgericht in Bezug genommenen Tatbestand des Urteils des Landgerichts haben die Firma R. und die Beklagte eine Gewährleistungsfrist von fünf Jahren und zwei Monaten vereinbart. Diese Vereinbarung ist nicht dadurch abgeändert worden, daß die Vertragsparteien im Abnahmeprotokoll als Gewährleistungsfrist "zwei Jahre/fünf Jahre und einen Monat" ausgewiesen haben. Das Berufungsgericht stellt fest, daß konkrete Vereinbarungen zu einer neuen Gewährleistungsfrist nicht getroffen worden sind. Damit scheidet die Möglichkeit aus, nach der sich die Vertragsparteien auf eine Frist von zwei Jahre geeinigt haben und es lediglich unterlassen haben, die weitere im Protokoll erwähnte Frist von fünf Jahren und ein Monat zu streichen. Allein aus dem Wortlaut des Protokolls kann ein Wille zur Abänderung der vereinbarten Gewährleistungsfrist von fünf Jahren und zwei Monaten entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht entnommen werden. Das Protokoll sieht die Möglichkeit vor, abweichend von der vertraglichen Vereinbarung , zwischen einer Gewährleistungsfrist von zwei Jahren und einer Gewährleistungsfrist von fünf Jahren und einem Monat zu wählen. Diese Wahlmöglichkeit ist dadurch eingeräumt worden, daß eine der beiden Fristen gestrichen werden konnte. Die Wahl ist nicht ausgeübt worden. Keine der Fristen ist gestrichen. Damit bleibt es bei der vertraglich vereinbarten Gewährleistungsfrist. Der Vortrag der Revision in der mündlichen Verhandlung, 1994 habe eine Abnahme der Putzarbeiten stattgefunden, findet in den getroffenen Feststellungen keine Grundlage und ist deshalb nicht zu berücksichtigen. Eine Verfahrensrüge hat die Revision nicht erhoben.
3. Das Berufungsgericht hat die Sache verfahrensfehlerhaft gemäß § 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO an das Landgericht zurückverwiesen.
a) Eine Zurückverweisung nach § 538 Abs. 2 Nr.1 ZPO kommt nur in Betracht , soweit das Verfahren im ersten Rechtszug an einem wesentlichen Mangel leidet. Einen wesentlichen Verfahrensfehler des Landgerichts hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Allein der Umstand, daß das Landgericht den Vortrag der Klägerin nicht als schlüssig angesehen und deshalb keinen Beweis erhoben hat, begründet keinen wesentlichen Verfahrensfehler (BGH, Urteil vom 3. April 2000 - II ZR 194/98, NJW 2000, 2099 m. w. N.).
b) Das Berufungsgericht hat sich darüber hinaus nicht damit auseinandergesetzt , daß es nach § 538 Abs. 1 ZPO die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache selbst zu entscheiden hat. Danach muß das Berufungsgericht grundsätzlich auch ein notwendiges Sachverständigengutachten einholen. § 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO ist eine Ausnahmeregelung, die den Grundsatz der Prozeßbeschleunigung durchbricht, wenn die Aufhebung des angefochtenen Urteils wegen eines wesentlichen Verfahrensfehlers erfolgt und noch eine umfangreiche oder aufwendige Beweisaufnahme notwendig ist. Das Berufungsgericht ist gehalten, nachprüfbar darzulegen, inwieweit eine noch ausstehende Beweisaufnahme so aufwendig oder umfangreich ist, daß es gerechtfertigt ist, die Sache an das erstinstanzliche Gericht zurückzuverweisen. Dabei hat es in Erwägung zu ziehen, daß eine Zurückverweisung der Sache in aller Regel zu einer weiteren Verteuerung und Verzögerung des Rechtsstreits und zu weiteren Nachteilen führt und dies den schützenswerten Interessen der Parteien entgegenstehen kann (vgl. BGH, Urteil vom 8. Juli 2004 - VII ZR 231/03, BauR 2004, 1611, 1613 = NZBau 2004, 613 = ZfBR 2004, 790). Die Aufhebung und Zurückverweisung wegen einer noch durchzuführenden Beweisaufnahme wird deshalb auf wenige Ausnahmefälle beschränkt sein, in denen die Durchführung des Ver-
fahrens in der Berufungsinstanz zu noch größeren Nachteilen führen würde als die Zurückverweisung der Sache an das erstinstanzliche Gericht (MünchKommZPO /Aktualisierungsbd. - Rimmelspacher § 538 Rdn. 45). Steht ein Gutachten zu einer lediglich einen Mangel eines Bauwerks betreffenden Beweisfrage aus, liegen die Voraussetzungen eines Ausnahmefalls regelmäßig nicht vor. Dressler Hausmann Wiebel Kniffka Bauner

(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen wird.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 253/07 Verkündet am:
27. April 2009
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
GmbHG § 64 Abs. 1 (i. d. bis zum 31.10.2008 geltenden Fassung); BGB § 252

a) Beruft sich der für den objektiven Tatbestand der Insolvenzverschleppung
darlegungs- und beweispflichtige Gläubiger für die behauptete insolvenzrechtliche
Überschuldung der Gesellschaft auf eine Handelsbilanz, die einen
nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag ausweist, und trägt er
außerdem vor, ob und in welchem Umfang stille Reserven oder sonstige
aus der Handelsbilanz nicht ersichtliche Vermögenswerte vorhanden sind,
ist es Sache des beklagten Geschäftsführers, im Rahmen seiner sekundären
Darlegungslast im Einzelnen vorzutragen, welche stillen Reserven oder
sonstige für eine Überschuldungsbilanz maßgeblichen Werte in der Handelsbilanz
nicht abgebildet sind.

b) Der auf Ersatz des negativen Interesses gerichtete Schadensersatzanspruch
eines Neugläubigers wegen Insolvenzverschleppung umfasst den in
einem Kaufpreis enthaltenen Gewinnanteil grundsätzlich nicht. Ein Anspruch
auf Ersatz entgangenen Gewinns kann dem Neugläubiger jedoch
dann zustehen, wenn ihm wegen des Vertragsschlusses mit der insolventen
Gesellschaft ein Gewinn entgangen ist, den er ohne diesen anderweitig hätte
erzielen können.

c) Rechtsverfolgungskosten, die einem Neugläubiger durch die Geltendmachung
seiner Ansprüche gegen die insolvente Gesellschaft entstanden sind,
stellen einen nach dem Schutzzweck der Norm des § 64 Abs. 1 GmbHG
a.F. erstattungsfähigen Insolvenzverschleppungsschaden dar.
BGH, Urt. v. 27. April 2009 - II ZR 253/07 - OLG Rostock
LG Schwerin
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche
Verhandlung vom 27. April 2009 durch die Richter Dr. Kurzwelly, Dr. Strohn,
Caliebe, Dr. Reichart und Dr. Drescher

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Rostock vom 9. November 2007 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als in Höhe von 16.217,25 € nebst Zinsen zu seinem Nachteil erkannt worden ist.
Die weitergehende Revision wird mit der Maßgabe zurückgewiesen , dass der Beklagte zur Zahlung von 1.553,60 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen Abtretung der entsprechenden Insolvenzforderung der Klägerin gegen die B. GmbH verurteilt ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Beklagte war alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der B. B. GmbH (im Folgenden: Schuldnerin), über deren Vermögen auf Antrag des Beklagten vom 8. April 2004 am 1. Juli 2004 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Die Schuldnerin stand in ständiger Geschäftsbeziehung zu der Klägerin, die einen Baustoffhandel betreibt. In der Zeit vom 30. September 2003 bis zum 12. Januar 2004 bestellte die Schuldnerin bei der Klägerin Baumaterialien, die ihr von der Klägerin geliefert und in Rechnung gestellt wurden. Den Kaufpreis in Höhe von insgesamt 18.468,15 € beglich die Schuldnerin nicht. Die Klägerin erwirkte gegen die Schuldnerin über diesen Betrag am 26. Mai 2004 ein Versäumnisurteil , wodurch ihr Kosten in Höhe von 1.553,60 € entstanden.
2
Die Klägerin verlangt von dem Beklagten Zahlung des offenen Kaufpreises und der ihr entstandenen Rechtsverfolgungskosten in Höhe von insgesamt 20.021,75 € nebst Zinsen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Berufungsgericht hat ihr - unter Abweisung der auf den Rechnungsbetrag entfallenden Umsatzsteuer - in Höhe von 17.770,85 € nebst Zinsen stattgegeben. Hiergegen wendet sich der Beklagte mit der von dem Berufungsgericht zugelassenen Revision.

Entscheidungsgründe:


3
Die Revision des Beklagten hat teilweise Erfolg.
4
Sie führt in Höhe von 16.217,25 € nebst Zinsen zur Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Im Übrigen (Rechtsverfolgungskosten von 1.553,60 € nebst Zinsen) ist die Revision mit der Maßgabe unbegründet, dass die Verurteilung des Beklagten Zug um Zug gegen Abtretung der entsprechenden Insolvenzforderung der Klägerin gegen die B. GmbH auszusprechen war.
5
I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt :
6
Der Beklagte schulde der Klägerin nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 64 Abs. 1 GmbHG a.F. wegen Insolvenzverschleppung Schadensersatz in Höhe des von der Schuldnerin nicht bezahlten Kaufpreises, jedoch ohne Mehrwertsteuer , und der ihr entstandenen Prozesskosten. Der Beklagte habe es entgegen seiner Verpflichtung aus § 64 Abs. 1 GmbHG unterlassen, ohne schuldhaftes Zögern Insolvenzantrag zu stellen. Hierzu sei er spätestens bis Ende April 2003 verpflichtet gewesen. Die Schuldnerin sei - wie die Klägerin vorgetragen habe - zum 31. Dezember 2001 ebenso wie zum 31. Dezember 2002, zum 31. Dezember 2003 und zum 31. Januar 2004 bilanziell überschuldet gewesen. Der Beklagte sei seiner Darlegungslast dafür, dass trotz bilanzieller Überschuldung eine insolvenzrechtliche Überschuldung gemäß § 19 Abs. 2 Satz 2 InsO nicht vorgelegen habe, nicht nachgekommen. Da der Beklagte auch schuldhaft gehandelt habe, sei er der Klägerin zum Ersatz des Vertrauensschadens verpflichtet, der ihr dadurch entstanden sei, dass sie infolge der unterbliebenen Insolvenzantragstellung und in Unkenntnis der - zum Zeitpunkt der Bestellungen fortbestehenden - Insolvenz der Schuldnerin mit den Warenlieferungen in Vorleistung getreten sei. Im Rahmen von Verträgen entspreche das negative Interesse dem nicht durchsetzbaren Zahlungsanspruch für die erbrachte Leistung und umfasse auch den entgangenen Gewinn. Ebenso habe der Beklagte die Rechtsverfolgungskosten zu ersetzen, weil es sich um einen Folgeschaden handele, der unter den Schutzzweck der Insolvenzverschleppungshaftung falle.
7
II. Diese Beurteilung hält, soweit der Beklagte das Berufungsurteil wegen der Verurteilung zur Zahlung von 16.217,25 € nebst Zinsen angefochten hat, revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.
8
1. Entgegen der Auffassung der Revision hat das Berufungsgericht allerdings im Ergebnis ohne Rechtsfehler festgestellt, dass die Schuldnerin jedenfalls seit April 2003 und auch noch zum Zeitpunkt der Bestellungen bei der Klägerin überschuldet und damit insolvenzreif war und - da auch die sonstigen Voraussetzungen einer Insolvenzverschleppungshaftung vorliegen - der Beklagte dem Grunde nach der Klägerin zum Ersatz ihres Neugläubigerschadens verpflichtet ist.
9
a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats trägt der Gläubiger die Darlegungs- und Beweislast für den objektiven Tatbestand einer haftungsbegründenden Insolvenzverschleppung und damit auch für die Überschuldung der Gesellschaft (BGHZ 126, 181, 200; 164, 50, 57; 171, 46 Tz. 16; Urt. v. 12. März 2007 - II ZR 315/05, ZIP 2007, 1060 Tz. 12). Für die Feststellung, dass die Gesellschaft insolvenzrechtlich überschuldet ist, bedarf es nach der Rechtsprechung des Senats grundsätzlich der Aufstellung einer Überschuldungsbilanz , in der die Vermögenswerte der Gesellschaft mit ihren aktuellen Verkehrs- oder Liquidationswerten auszuweisen sind. Hingegen kommt einer Handelsbilanz für die Frage, ob die Gesellschaft überschuldet ist, lediglich indizielle Bedeutung zu. Legt der Anspruchsteller für seine Behauptung, die Gesellschaft sei überschuldet gewesen, nur eine Handelsbilanz vor, aus der sich ein nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag ergibt, hat er jedenfalls die Ansätze dieser Bilanz daraufhin zu überprüfen und zu erläutern, ob und ggf. in welchem Umfang stille Reserven oder sonstige aus ihr nicht ersichtliche Vermögenswerte vorhanden sind (BGHZ 146, 264, 267 f.; Sen.Urt. v. 7. März 2005 - II ZR 138/03, ZIP 2005, 807; v. 16. März 2009 - II ZR 280/07 Tz. 10 z.V.b.). Ist der Anspruchsteller diesen Anforderungen nachgekommen, ist es Sache des beklagten Geschäftsführers, im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast im Einzelnen vorzutragen, welche stillen Reserven oder sonstigen für eine Überschuldungsbilanz maßgeblichen Werte in der Handelsbilanz nicht abgebildet sind (Sen.Urt. v. 16. März 2009 aaO).
10
b) Nach diesen Maßstäben hat das Berufungsgericht im Ergebnis mit Recht angenommen, dass die Schuldnerin schon geraume Zeit vor den hier zu beurteilenden Materialbestellungen im Sinn von § 19 Abs. 2 InsO - in der bis zum Inkrafttreten des Finanzmarktstabilisierungsgesetzes vom 17. Oktober 2008 (BGBl. I S. 1982) geltenden Fassung - überschuldet war. Die Klägerin hat die Überschuldung der Schuldnerin ausreichend dargelegt. Nach den - von der Revision nicht angegriffenen - Feststellungen des Berufungsgerichts war in den Handelsbilanzen der Schuldnerin zum 31. Dezember 2001 und zum 31. Dezember 2002 ein nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag von 109.000,00 € bzw. von rund 274.000,00 € ausgewiesen, der sich nach dem Jahresabschluss zum 31. Dezember 2003 auf 321.000,00 € und - unter Zugrundelegung der zum 31. Januar 2004 fortgeschriebenen BWA - auf 351.000,00 € erhöhte und sich - nach dem Bericht des Insolvenzverwalters an das Insolvenzgericht vom September 2004 - bis März 2004 weiter vergrößerte. Die Klägerin hat sich für ihren Vortrag, dass die Schuldnerin zum Zeitpunkt ihrer Bestellungen bei der Klägerin insolvenzreif war, auf den Beratungsbericht der N. GmbH vom März 2003 und auf den Bericht des Insolvenzverwalters bezogen. Aus diesen Unterlagen geht zweifelsfrei hervor, dass die Schuldnerin weder im März 2003 noch bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens über wesentliche stille Reserven oder sonstige in der Handelbilanz nicht ausgewiesene Vermögenswerte verfügte. Die inhaltliche Richtigkeit der Berichte der N. GmbH oder des Insolvenzverwalters zweifelt die Revision nicht an. Sie zeigt auch nicht auf, dass der Beklagte konkreten Vortrag zum Vorhandensein stiller Reserven oder sonstiger nicht bilanzierter Vermögenswerte der Schuldnerin gehalten hätte.
11
c) Anders als die Revision meint, ist das Berufungsgericht ebenso zu Recht davon ausgegangen, dass im Haftungsprozess wegen Insolvenzverschleppung der Geschäftsführer, der sich abweichend vom gesetzlichen Regelfall des § 19 Abs. 2 InsO in der bis zum 17. Oktober 2008 geltenden Fassung, der eine Überschuldungsprüfung nach Liquidationswerten vorsieht, darauf beruft , die Prüfung der Überschuldung sei nach Fortführungswerten vorzunehmen, die Umstände darzulegen und notfalls auch zu beweisen hat, aus denen sich eine günstige Prognose für den fraglichen Zeitraum ergibt (Sen.Beschl. v. 9. Oktober 2006 - II ZR 303/05, ZIP 2006, 2171 Tz. 3, zu § 64 Abs. 2 GmbHG a.F.). Solches hat der Beklagte nach den Feststellungen des Berufungsgerichts indessen nicht vorgetragen.
12
Im Übrigen kommt es auf die Frage, ob eine positive Fortführungsprognose für die Schuldnerin bestand, die für sich allein nach § 19 Abs. 2 InsO in der hier maßgeblichen Fassung einer Insolvenzreife der Gesellschaft nicht entgegen stünde, sondern lediglich für die Bewertung ihres Vermögens nach Liquidations - oder Fortführungswerten von Bedeutung sein könnte (BGHZ 171, 46 Tz. 19), nicht entscheidungserheblich an, weil das Berufungsgericht die Überschuldung unter Zugrundelegung der Handelsbilanzen festgestellt hat und diese von Fortführungswerten ausgehen (§ 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB).
13
2. Nicht frei von Rechtsfehlern sind jedoch die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Schadenshöhe.
14
Durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet insoweit die Annahme des Berufungsgerichts, der auf Ersatz des negativen Interesses gerichtete Anspruch des Neugläubigers wegen Insolvenzverschleppung umfasse regelmäßig auch den entgangenen Gewinn.
15
a) Wie das Berufungsgericht noch zutreffend erkennt, hat der Neugläubiger , der in Unkenntnis der Insolvenzreife einer Gesellschaft noch in Rechtsbeziehung zu ihr getreten ist, Anspruch auf Ersatz des Vertrauensschadens, der ihm dadurch entstanden ist, dass er einer solchen Gesellschaft, z.B. durch eine Vorleistung, Kredit gewährt hat, ohne einen werthaltigen Gegenanspruch zu erlangen (BGHZ 126, 181, 192; 164, 50, 60). Er ist deshalb vom Geschäftsführer so zu stellen, wie wenn er mit der insolvenzreifen Gesellschaft keinen Vertrag geschlossen hätte. Der danach zu ersetzende Schaden besteht nicht in dem wegen Insolvenz der Schuldnerin "entwerteten" Erfüllungsanspruch und umfasst deshalb den in dem Kaufpreis der gelieferten Waren enthaltenen Gewinnanteil grundsätzlich nicht. Auszugleichen ist vielmehr in der Regel lediglich das negative Interesse, z.B. in Form von Aufwendungen für Waren- und Lohnkosten , die der Neugläubiger wegen des Vertragsschlusses mit der Schuldnerin erbracht hat (Sen.Urt. v. 12. März 2007 - II ZR 315/05, ZIP 2007, 1060 Tz. 23; v. 8. März 1999 - II ZR 159/98, ZIP 1999, 967).
16
b) Ein Anspruch auf Ersatz entgangenen Gewinns (§ 252 BGB) kann einem Neugläubiger allerdings dann zustehen, wenn ihm wegen des Vertragsschlusses mit der insolventen Gesellschaft ein Gewinn entgangen ist, den er ohne diesen anderweitig hätte erzielen können (vgl. BGHZ 171, 46 Tz. 21; BGH, Urt. v. 22. September 2005 - VII ZR 34/04, NJW 2006, 60, 62 f.; v. 2. März 1988 - VIII ZR 380/86, NJW 1988, 2234, 2236; v. 17. April 1984 - VI ZR 191/82, NJW 1984, 1950 f.). Eine solche Konstellation läge dann vor, wenn der Klägerin wegen der Lieferungen an die insolvenzreife Schuldnerin ein - in gleicher Höhe gewinnbringender - Verkauf derartiger Baustoffe an dritte Interessenten nicht möglich war. Auch wenn dies, da die Klägerin mit Baustoffen handelt, die sie anderweitig bezieht, nicht regelmäßig der Fall sein wird, ist eine solche Konstellation nicht von vornherein ausgeschlossen; insbesondere könnte die Klägerin noch geltend machen, ein - ersatzfähiger - Gewinnentgang liege vor, weil die ihr zur Verfügung stehenden Lieferkapazitäten nicht ausreichend waren, um eine etwa bestehende Nachfrage zu befriedigen. Derartige Voraussetzungen sind vom Berufungsgericht bisher - auf der Grundlage seines fehlerhaften Rechtsstandpunkts allerdings folgerichtig - nicht festgestellt.
17
c) Zu einem diesbezüglichen schlüssigen Vortrag hinsichtlich eines möglichen entgangenen Gewinns ist der Klägerin unter dem Blickwinkel der Gewährung des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) ebenso Gelegenheit zu geben wie - insbesondere - zur spezifizierten rechnerischen Darlegung des ihr mindestens entstandenen Vertrauensschadens in Form des für das gelieferte Baumaterial aufgebrachten Wareneinstandspreises.
18
III. Demgegenüber hat das Berufungsgericht - im Ergebnis zu Recht - die der Klägerin durch die gerichtliche Geltendmachung ihrer Zahlungsansprüche gegen die Schuldnerin entstandenen Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 1.553,60 € nebst Zinsen als vom Beklagten im Rahmen der Insolvenzverschleppungshaftung zu erstattenden Neugläubigerschaden angesehen.
19
1. Der Schutzzweck der Norm des § 64 Abs. 1 GmbHG a.F. (§ 15 a Abs. 1 InsO n.F.), potentielle Neugläubiger davor zu bewahren, einer unerkannt insolvenzreifen Gesellschaft noch Kredit zu gewähren oder sonstige Vorleistungen an sie zu erbringen und dadurch einen Schaden zu erleiden (BGHZ 164, 50, 60; 171, 46 Tz. 13; Beschl. v. 20. Oktober 2008 - II ZR 211/07, ZIP 2009, 366 Tz. 3), umfasst auch den Ersatz solcher Kosten, die dem Neugläubiger wegen der Verfolgung seiner Zahlungsansprüche gegen die insolvenzreife Gesellschaft entstanden sind (vgl. OLG Celle, NZG 1999, 1160; OLG Jena, ZIP 2002, 631, 632; Schulze-Osterloh in Baumbach/Hueck, GmbHG 18. Aufl. § 64 Rdn. 96).
20
2. Insoweit war das Berufungsurteil allerdings einschränkend dahingehend zu ergänzen, dass die Verurteilung des Beklagten Zug um Zug gegen Abtretung der entsprechenden Insolvenzforderung der Klägerin gegen die Schuldnerin auszusprechen war.
21
Nach der Rechtsprechung des Senats (BGHZ 171, 46 Tz. 20) ist zwar der Anspruch des Neugläubigers nicht um die - erst nach Abschluss des Insolvenzverfahrens feststehende - Insolvenzquote zu kürzen. Um dem schadensersatzrechtlichen Bereicherungsverbot Rechnung zu tragen, ist jedoch dem in voller Höhe ersatzpflichtigen Geschäftsführer entsprechend § 255 BGB - Zug um Zug gegen Zahlung des geschuldeten Schadensersatzes - ein Anspruch auf Abtretung der Insolvenzforderung des Neugläubigers gegen die Schuldnerin zuzubilligen (BGHZ 171 aaO).
22
IV. Wegen des dem Berufungsgericht im Zusammenhang mit der Verurteilung des Beklagten zum Schadensersatz in Höhe des Kaufpreises von 16.217,25 € im Hinblick auf die Ermittlung des negativen Interesses unterlaufenen Rechtsfehlers (siehe oben II. 2.) unterliegt das angefochtene Urteil der Aufhebung (§ 562 ZPO). Mangels Endentscheidungsreife ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO), damit es - nach ergänzendem Vortrag der Parteien - die noch fehlenden Feststellungen zum Umfang des der Klägerin vom Beklagten zu erstattenden Vertrauensschadens (siehe oben II 2 b, c) treffen kann.
23
Im Rahmen des danach zuzuerkennenden Schadensersatzes - bei dessen Ermittlung ggf. von § 287 ZPO Gebrauch gemacht werden kann - wird das Berufungsgericht erneut die Grundsätze des schadensersatzrechtlichen Bereicherungsverbots analog § 255 BGB zu beachten haben (siehe oben III 2).

Kurzwelly Strohn Caliebe
Reichart Drescher
Vorinstanzen:
LG Schwerin, Entscheidung vom 23.06.2006 - 4 O 240/06 -
OLG Rostock, Entscheidung vom 09.11.2007 - 8 U 65/06 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZR 211/07
vom
20. Oktober 2008
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB § 823 Abs. 2 Bf; EFZG § 3; GmbHG § 64 Abs. 1; HGB § 130a Abs. 1
Der Schutzzweck der Insolvenzverschleppungshaftung gemäß § 823 Abs. 2 BGB
i.V.m. § 64 Abs. 1 GmbHG, § 130a Abs. 1 HGB erstreckt sich nicht auf den Schaden,
der einem Arbeitnehmer in Gestalt der Uneinbringlichkeit eines Anspruchs auf Entgeltfortzahlung
für die Zeit krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit (§ 3 EFZG) entsteht.
BGH, Beschluss vom 20. Oktober 2008 - II ZR 211/07 - HansOLG Hamburg
LG Hamburg
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 20. Oktober 2008
durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette und die Richter Dr. Kurzwelly,
Kraemer, Caliebe und Dr. Drescher
einstimmig beschlossen:
Die Parteien werden darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt , die Revision des Klägers gegen das Urteil des 14. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 31. Juli 2007 durch Beschluss gemäß § 552 a ZPO zurückzuweisen.

Gründe:

1
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 ZPO) liegen - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts - nicht vor; die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg (§ 552 a ZPO).
2
Für den vorliegenden Rechtsstreit nicht entscheidungserheblich ist die von dem Berufungsgericht (ZIP 2007, 2318) für klärungsbedürftig erachtete Rechtsfrage, ob der Arbeitnehmer einer GmbH oder einer GmbH & Co. KG i.S. des § 130 a Abs. 1 Satz 1 HGB, der nach Eintritt ihrer Insolvenzreife Einzelansprüche aus dem vor deren Eintritt begründeten Arbeitsverhältnis erwirbt, als Alt- oder als Neugläubiger i.S. der Rechtsprechung des erkennenden Senats zum Schadensersatz wegen Insolvenzverschleppung gemäß §§ 823 Abs. 2 BGB, 64 Abs. 1 GmbHG, 130 a Abs. 1 HGB zu qualifizieren ist (vgl. dazu BGHZ 126, 181; 164, 50, 60; 171, 46, 51 f. Tz. 13; Sen.Urt. v. 12. März 2007 - II ZR 315/05, ZIP 2007, 1060, 1062 Tz. 16). Denn der von dem Kläger geltend gemachte Schaden in Gestalt der ihm durch Insolvenz seiner Arbeitgeberin entgangenen Entgeltfortzahlung für die Zeit krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit wird jedenfalls vom Schutzzweck der genannten Haftungsnormen nicht erfasst, wie das Berufungsgericht in seiner Alternativbegründung im Ergebnis zutreffend ausführt.
3
Wie der Senat in seiner neueren Rechtsprechung klargestellt hat, erfasst der Schutzzweck des § 64 Abs. 1 GmbHG ebenso wie derjenige des § 130 a Abs. 1 HGB - neben dem Quotenschaden der Altgläubiger - lediglich den Vertrauensschaden , der einem (Neu-)Gläubiger dadurch entsteht, dass er der (unerkannt ) insolvenzreifen Gesellschaft Kredit gewährt oder eine sonstige Vorleistung an sie erbringt, der kein werthaltiger Gegenanspruch gegenübersteht (BGHZ 164, 50, 60; 171, 46, 51 f. Tz. 13). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Denn bei der Entgeltfortzahlung gemäß §§ 3, 4 EFZG handelt es sich um einen gesetzlichen, aus sozialen Gründen gewährten Anspruch, der gemäß § 3 Abs. 3 EFZG bereits nach vierwöchiger Dauer eines Arbeitsverhältnisses für die Zeit von bis zu sechs Wochen gewährt wird und keinen Bezug zu auf diesen Zeitraum entfallenden Vorleistungen des Arbeitnehmers hat. Lediglich die Höhe der Entgeltfortzahlung orientiert sich gemäß § 4 Abs. 1 EFZG an dem regelmäßigen Arbeitsentgelt des betreffenden Arbeitnehmers. Die steuer- und abgabenrechtliche Behandlung der Entgeltfortzahlung spielt im Zusammenhang mit dem Schutzzweck des § 130 a Abs. 1 HGB keine Rolle.
4
Gegenüber dem dargelegten beschränkten Schutzzweck der genannten Haftungsnormen sind die hypothetischen Kausalitätserwägungen des Klägers unerheblich.
Goette Kurzwelly Kraemer Caliebe Drescher
Hinweis: Das Revisionsverfahren ist durch Revisionsrücknahme erledigt worden.
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 09.03.2007 - 332 O 271/06 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 31.07.2007 - 14 U 71/07 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 113/03 Verkündet am:
27. Juni 2005
Boppel
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
In dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Für die deliktische Haftung (hier: § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 StGB) einer
Person als faktischer Geschäftsführer einer GmbH ist es erforderlich, daß der
Betreffende nach dem Gesamterscheinungsbild seines Auftretens die Geschikke
der Gesellschaft - über die interne Einwirkung auf die satzungsmäßige Geschäftsführung
hinaus - durch eigenes Handeln im Außenverhältnis, das die
Tätigkeit des rechtlichen Geschäftsführungsorgans nachhaltig prägt, maßgeblich
in die Hand genommen hat (i. Anschl. an Senat, BGHZ 150, 61).
BGH, Urteil vom 27. Juni 2005 - II ZR 113/03 - OLG Frankfurt a. Main
LG Frankfurt a. Main
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche
Verhandlung vom 27. Juni 2005 durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Goette und die Richter Dr. Kurzwelly, Münke, Prof. Dr. Gehrlein und
Dr. Reichart

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten zu 1 wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 6. März 2003 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als dieser verurteilt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger führt im Auftrag der I. in Deutschland den sog. Banksettlement Plan (BSP) durch; im Rahmen dieses vereinheitlichten Systems zur Vereinfachung von Verkauf, Abrechnung und Verwaltung von Flugpassagen zwischen den der I. angehörenden Luftverkehrsgesellschaften und den Verkaufsagenturen oblag dem Kläger u.a. der turnusmäßig einmal im Monat stattfindende Einzug der von den Agenturen aus den Ticketverkäufen vereinnahmten Gelder. Nach den Agenturverträgen waren sämtliche derartigen Einnahmen
"Eigentum und Besitz der Fluggesellschaft" und "dem Agenten für oder im Namen der Fluggesellschaft solange zur Verwahrung anvertraut, bis über sie eine zufriedenstellende Rechenschaft abgelegt worden ist und eine Abrechnung stattgefunden hat". Die I. hatte einen solchen Agenturvertrag über den Verkauf von Flugtickets auch mit der B. GmbH (nachfolgend: B. GmbH) abgeschlossen. Deren Geschäftsführer und zugleich Minderheitsgesellschafter mit einer Beteiligung von 24,5 % war der Beklagte zu 2; ihre Mehrheitsgesellschafterin mit einem Geschäftsanteil von 51 % war die F. GmbH (nachfolgend: F. GmbH), deren Geschäftsführer und Mehrheitsgesellschafter der Beklagte zu 1 war.
Im Herbst 1993 geriet die B. GmbH in finanzielle Schwierigkeiten, die dazu führten, daß sie abredewidrig die für die I. und deren Mitglieder vereinnahmten Gelder aus Ticketverkäufen zur Deckung ihrer laufenden - die Einnahmen übersteigenden - Ausgaben verwendete; dies verdeckte sie dadurch, daß sie jeweils im Abrechnungszeitpunkt am 15. des Monats anstelle der verbrauchten Einnahmen der abzurechnenden Periode auf ihrem Konto bereits vereinnahmte Gelder des folgenden Abrechnungszeitraums für die turnusmäßige Abbuchung des Klägers bereitstellte. Nach einem Krisengespräch vom 14. Oktober 1993 zwischen den beiden Beklagten und weiteren Hinweisen des Steuerberaters über die immer prekärer werdende finanzielle Lage der B. GmbH erklärte der Beklagte zu 2 zwar zunächst dem Beklagten zu 1 gegenüber die Niederlegung seines Amtes, wurde jedoch in der Folgezeit weiterhin als Geschäftsführer für die B. GmbH tätig. Trotz einer vom Beklagten zu 1 Ende Dezember 1993 zum Zwecke der Abwendung der Überschuldung abgegebenen Rangrücktrittserklärung für Forderungen gegen die B. GmbH sah sich der Beklagte zu 2 am 21. Januar 1994 gezwungen, für die Gesellschaft Konkursan-
trag zu stellen. Daraufhin stellte die I. unter dem 24. Januar 1994 bei der B. GmbH ihre Tickets sicher und entzog ihr die I.-Verkaufslizenz. Auf Betreiben des Beklagten zu 1 wurde auf einer Gesellschafterversammlung der B. GmbH am 26. Januar 1994 die - später von der Mitgesellschafterin Y. mit Erfolg angefochtene - Abberufung des Beklagten zu 2 als Geschäftsführer und die Bestellung des Beklagten zu 1 zum neuen Geschäftsführer beschlossen. Nachdem der Beklagte zu 1 Ende Januar 1994 die Schließung des Büros der B. GmbH veranlaßt hatte, nahm er am 1. Februar 1994 den Konkursantrag zurück. Am 14. Februar 1994 buchte der Kläger die Forderung aus den Ticketverkäufen für den letzten Abrechnungszeitraum (Januar 1994) in Höhe von 330.295,92 DM vom Konto der B. GmbH ab, jedoch erfolgte bereits eine Woche später die Rückbuchung mangels Deckung des Kontos. Am 21. Februar 1994 wurde schließlich der Beklagte zu 2 wirksam als Geschäftsführer der B. GmbH abberufen und der Beklagte zu 1 zu ihrem neuen Geschäftsführer bestellt.
Der Kläger nimmt wegen der - bislang unbeglichen gebliebenen - Forderung für Januar 1994 beide Beklagten als Gesamtschuldner aus dem Gesichtspunkt einer - angeblich nebentäterschaftlich begangenen - Untreue gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 Abs. 1 StGB auf Schadensersatz in Anspruch; dabei macht er in bezug auf den Beklagten zu 1 geltend, dieser sei als faktischer Geschäftsführer der B. GmbH - neben dem Beklagten zu 2 als ihrem satzungsmäßigen Vertreter - für die Veruntreuung der vereinnahmten Treuhandgelder verantwortlich. Das Landgericht hat der Klage gegen den Beklagten zu 2 stattgegeben, sie jedoch hinsichtlich des Beklagten zu 1 abgewiesen, weil die Voraussetzungen einer faktischen Geschäftsführung nicht vorgelegen hätten. Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Beklagten zu 2 zurückgewiesen , hingegen auf die Berufung des Klägers auch den Beklagten zu 1 antrags-
gemäß verurteilt und im übrigen die Revision insgesamt nicht zugelassen. Ein dagegen gerichtetes Prozeßkostenhilfegesuch des Beklagten zu 2 hat der Senat - bestandskräftig - zurückgewiesen, während er auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten zu 1 dessen Revision zugelassen hat.

Entscheidungsgründe:


Die Revision des Beklagten zu 1 ist begründet und führt - soweit dieser verurteilt worden ist - zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I. Das Berufungsgericht hat in bezug auf die Verurteilung des Beklagten zu 1 ausgeführt:
Der Beklagte zu 1 hafte dem Kläger gesamtschuldnerisch mit dem Beklagten zu 2 auf Schadensersatz aus unerlaubter Handlung, weil er spätestens seit Oktober 1993 bis zu seiner Bestellung am 21. Februar 1994 als faktischer Geschäftsführer der B. GmbH anzusehen sei und daher als Nebentäter i.S. des § 266 StGB für die Veruntreuung der der Gesellschaft treuhänderisch anvertrauten Einnahmen aus dem Verkauf der I.-Tickets verantwortlich sei. Seine Stellung als faktischer Geschäftsführer ergebe sich daraus, daß er als Geschäftsführer und Mehrheitsgesellschafter der F. GmbH, die als Mehrheitsgesellschafterin die B. GmbH beherrscht habe, selbst dominierenden Einfluß auf die Geschäftsführung der B. GmbH ausgeübt habe; denn er habe "letztlich das Sagen" im Gesamtkonzern gehabt. Faktisch habe er als Geschäftsführer der Mehrheitsgesellschafterin den Beklagten zu 2 als den satzungsmäßig bestellten Vertreter der B. GmbH entmachtet, weil dieser ihn nach dem Krisengespräch vom 14. Oktober 1993 bei allen wesentlichen Geschäftsmaßnahmen , insbesondere Geldbewegungen über 5.000,00 DM, habe
informieren müssen; darüber hinaus habe der Beklagte zu 1 später sogar eine andere Person als kommissarischen Geschäftsführer in der B. GmbH eingesetzt. Im übrigen habe sich die B.er Gesellschaft bei den zentralen wirtschaftlichen Entscheidungen wie Preiskalkulation, Werbung und Abrechnung nach den Vorgaben der vom Beklagten zu 1 beherrschten F.er Muttergesellschaft richten müssen, die auch Abbuchungsvollmachten für die Konten der B. GmbH gehabt habe und daher ihre Forderungen intern leicht habe durchsetzen können.
II. Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand, weil die vom Berufungsgericht aufgeführten Einzelheiten bezüglich des Verhaltens und der Stellung des Beklagten zu 1 nicht die Voraussetzungen erfüllen, unter denen von einem "faktischen Organ" gesprochen werden kann.
1. Nach der ständigen Senatsrechtsprechung kommt es für die Beurteilung der Frage, ob jemand faktisch wie ein Organmitglied gehandelt und als Konsequenz seines Verhaltens sich wie ein nach dem Gesetz bestelltes Organmitglied zu verantworten hat, auf das Gesamterscheinungsbild seines Auftretens an. Danach ist es allerdings nicht erforderlich, daß der Handelnde die gesetzliche Geschäftsführung völlig verdrängt. Entscheidend ist vielmehr, daß der Betreffende die Geschicke der Gesellschaft - über die interne Einwirkung auf die satzungsmäßige Geschäftsführung hinaus - durch eigenes Handeln im Außenverhältnis, das die Tätigkeit des rechtlichen Geschäftsführungsorgans nachhaltig prägt, maßgeblich in die Hand genommen hat (BGHZ 150, 61, 69 f.; BGHZ 104, 44, 48).
Das hat das Berufungsgericht verkannt. Denn seinen Feststellungen lassen sich lediglich (interne) Einwirkungen und Weisungen des Beklagten zu 1 als Konzernherr "auf" die Geschäftsführung der - von der F. GmbH be-
herrschten - B. GmbH, nicht hingegen ein - darüber hinaus erforderliches - maßgebliches eigenes Handeln des Beklagten zu 1 mit Außenwirkung für die B. GmbH entnehmen.
So stellen die vom Berufungsgericht besonders hervorgehobenen Maßnahmen , wie die dem Beklagten zu 2 auferlegte Pflicht zur Berichterstattung bei wesentlichen Geschäftsmaßnahmen und Geldbewegungen, die angebliche spätere Entmachtung des Beklagten zu 2 als Geschäftsführer der B. GmbH, ferner die zentrale Steuerung der Werbung, der Preiskalkulation und -festsetzung sowie des Abrechnungssystems der B. GmbH und der weiteren abhängigen Gesellschaften durch die F. GmbH, lediglich gesellschaftsoder konzerninterne Einwirkungen des als Geschäftsführer der Konzernspitze handelnden Beklagten zu 1 dar, die nicht zugleich auch dessen Stellung als faktischer Geschäftsführer bei der Tochtergesellschaft begründen; das gilt selbst dann, wenn durch die Intensität der Einwirkungen der Beklagte zu 2 als deren satzungsmäßiger Geschäftsleiter zu einem "reinen" Befehlsempfänger "degradiert" worden sein sollte (vgl. Senat, BGHZ 150, 61, 69).
Nichts anderes gilt für die Feststellung des Berufungsgerichts, die F. GmbH habe für die Konten der B. GmbH Abbuchungsvollmachten gehabt und habe daher ihre Forderungen intern leicht durchsetzen können. Auch eine solche Abrechnungsmöglichkeit verdeutlicht schon nach der eigenen Wertung des Berufungsgerichts allenfalls, "daß es sich bei der B. GmbH um eine von der F. GmbH und damit - mittelbar - vom Beklagten zu 1 abhängige Tochterfiliale gehandelt hat". Zwar mag es sein, daß - wie die Revisionserwiderung geltend macht - das Gebrauchmachen von solchen Abbuchungsvollmachten auch bestimmte Außenwirkungen im Verhältnis zur kontoführenden Bank zeitigt; indessen hat das Berufungsgericht nach dem Ergebnis
der von ihm durchgeführten Beweisaufnahme keine sicheren Feststellungen dazu treffen können, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die F. GmbH (ungerechtfertigt) zu Lasten der B. GmbH Abbuchungen von deren Konten vorgenommen hat. Daß etwa gerade der Beklagte zu 1 persönlich derartige Abbuchungen "per Hand" - noch dazu in einem die Tätigkeit des rechtlichen Geschäftsführungsorgans der B.er GmbH nachhaltig prägenden Maße - getätigt hat, steht ebensowenig fest.
2. Da mithin ein täterschaftliches Verhalten des Beklagten zu 1 i.S. des § 266 StGB bereits deshalb ausscheidet, weil er auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen kein faktischer Geschäftsführer der B. GmbH war, kommt es für den Erfolg der Revision nicht mehr darauf an, ob zudem - wie der Kläger rügt - eine selbständige Tathandlung oder Unterlassung des Beklagten zu 1 im Sinne des Untreuetatbestandes sowie der für § 266 StGB mindestens erforderliche bedingte Vorsatz nicht hinreichend festgestellt worden sind.
III. Das Berufungsurteil stellt sich auch nicht im Endergebnis aus anderen Gründen als richtig dar (vgl. § 561 ZPO).
Zwar ist nach dem Zusammenhang der bisherigen Feststellungen anstelle einer selbständigen nebentäterschaftlichen Untreuehandlung des Beklagten zu 1 dessen Teilnahme als Anstifter oder Gehilfe an der vom Beklagten zu 2 als satzungsmäßigem Geschäftsführer der B. GmbH täterschaftlich begangenen Untreue und damit seine gesamtschuldnerische Verantwortlichkeit für den daraus resultierenden Schaden gemäß § 830 BGB ernsthaft zu erwägen. Jedoch fehlen derzeit ausreichende Feststellungen, um die Verurteilung des Beklagten zu 1 aus diesem - offensichtlich weder von den Parteien noch vom Tatrichter in Betracht gezogenen - anderen rechtlichen Gesichtspunkt aufrechterhalten zu können.
IV. Die Sache ist daher an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit es unter dem Aspekt einer etwaigen Teilnahme des Beklagten zu 1 an der vom Beklagten zu 2 täterschaftlich begangenen unerlaubten Handlung (§ 830 BGB i.V.m. § 823 Abs. 2 BGB, § 266 StGB) - ggf. nach ergänzendem Sachvortrag der Parteien - die erforderlichen, evtl. auch die den Einwänden der Revision nachgehenden, weiteren Feststellungen treffen kann.
Goette Kurzwelly Münke
Gehrlein Reichart

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 235/03 Verkündet am:
11. Juli 2005
Boppel
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Der faktische Geschäftsführer einer GmbH ist nicht nur zur rechtzeitigen
Stellung des Insolvenzantrages nach § 64 Abs. 1 GmbHG verpflichtet, sondern
hat auch die haftungsrechtlichen Folgen einer Versäumung dieser
Pflicht (hier: Ersatz von Zahlungen nach § 64 Abs. 2 GmbHG) zu tragen (i.
Anschl. an Senat, BGHZ 104, 44; 150, 61).

b) Für die Stellung und Verantwortlichkeit einer Person als faktischer Geschäftsführer
einer GmbH ist es erforderlich, daß der Betreffende nach dem
Gesamterscheinungsbild seines Auftretens die Geschicke der Gesellschaft
- über die interne Einwirkung auf die satzungsmäßige Geschäftsführung
hinaus - durch eigenes Handeln im Außenverhältnis, das die Tätigkeit des
rechtlichen Geschäftsführungsorgans nachhaltig prägt, maßgeblich in die
Hand genommen hat.

c) In die Entscheidung, durch die der (faktische) Geschäftsführer zum Ersatz
von Zahlungen i. S. von § 64 Abs. 2 GmbHG verurteilt wird, ist der Vorbehalt
hinsichtlich seines Verfolgungsrechts gegen den Insolvenzverwalter
bezüglich seiner Gegenansprüche nach Erstattung an die Masse von Amts
wegen aufzunehmen (Ergänzung zu BGHZ 146, 264).
BGH, Urteil vom 11. Juli 2005 - II ZR 235/03 - OLG Stuttgart
LG Ellwangen
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche
Verhandlung vom 11. Juli 2005 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette
und die Richter Dr. Kurzwelly, Prof. Dr. Gehrlein, Dr. Strohn und Caliebe

für Recht erkannt:
I. Auf die Revision des Beklagten wird - unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels - das Urteil des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 8. Juli 2003 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als der Beklagte ohne Vorbehalt der Verfolgung seiner Rechte gegen den Kläger nach Erstattung an die Masse verurteilt worden ist.
II. Auf die Berufung des Beklagten wird - unter Zurückweisung seines weitergehenden Rechtsmittels - das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Ellwangen vom 20. Dezember 2002 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefaßt: Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 147.944, 98 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 10. Juli 2001 zu zahlen.
Dem Beklagten wird vorbehalten, nach Erstattung des Ver urteilungsbetrages an die Masse seine Gegenansprüche, die sich nach Rang und Höhe mit den Beträgen decken, welche die durch die verbotswidrigen Zahlungen begünstigten Gesellschaftsgläubiger im Insolvenzverfahren erhalten hätten, gegen den Kläger als Insolvenzverwalter zu verfolgen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
III. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger zu 5 % und dem Beklagten zu 95 % auferlegt.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger nimmt als Insolvenzverwalter über das Vermögen der H. GmbH (im folgenden: Schuldnerin) den Beklagten als faktischen (Mit-)Geschäftsführer der Schuldnerin gemäß § 64 Abs. 2 GmbHG auf Ersatz von nach Eintritt der Insolvenzreife geleisteten Zahlungen in Anspruch.
Die Schuldnerin erwarb Anfang 1998 von dem Gesamtvollstreckungsverwalter der in die Insolvenz geratenen G. GmbH in B., an der u.a. der Beklagte als Gesellschafter beteiligt gewesen war, deren Auftragsbestand und führte seit dem 1. März 1998 deren Geschäftsbetrieb weiter. Für die Nutzung des Betriebsgrundstücks in B. und das betriebsnotwendige Anlagevermögen hatte die Schuldnerin - wie zuvor die G. GmbH - an die Gr. GbR, an der der Beklagte zur Hälfte beteiligt war, einen monatlichen Mietzins in Höhe von 40.600,00 DM zu entrichten; außerdem hatte sie an die Gr. GmbH, deren Geschäftsführer und Mitgesellschafter zu 1/ 2 ebenfalls der Beklagte war, für ein Darlehen über 100.000,00 DM monatliche Zins- und Tilgungsraten von 6.878,00 DM zu erbringen. Für diese Gesellschaft führte die Schuldnerin außerdem aufgrund laufender Geschäftsbeziehung Aufträge aus und bezog Material von ihr.
Der Beklagte war aufgrund einer Vollmacht des Alleingesellschafters der Schuldnerin, Gru., vom 1. April 1998 berechtigt, diesen umfassend bei der Schuldnerin zu vertreten, und zwar insbesondere bei Gesellschafterversammlungen und allen anderen Tätigkeiten, Aufgaben und Überwachungen als Gesellschafter. Zudem war der Beklagte gegen eine monatliche Vergütung von 5.000,00 DM für den gesamten finanziellen Bereich der Schuldnerin - unter Ausschluß des satzungsmäßigen Geschäftsführers Ga. - allein zuständig und hatte auch allein Bank- und Zeichnungsvollmacht über das einzige Geschäftskonto der Schuldnerin bei der Kreissparkasse He.. Daher nahm auch nur der Beklagte die Überweisung sämtlicher Zahlungen für den laufenden Geschäftsbetrieb der Schuldnerin von diesem Konto vor und veranlaßte die Übersendung der Kontoauszüge an seine Geschäftsadresse bei der Gr. GmbH in He., die spätestens ab Januar 2000 die Buchhaltung der Schuldnerin gegen ein Honorar von 7.600,00 DM monatlich führte. Etwa einmal monatlich suchte der Beklagte den Betriebssitz der Schuldnerin in B. auf, um die Tätigkeit des satzungsmäßigen Geschäftsführers Ga. vor Ort zu kontrollieren und diesem Weisungen und Anleitungen zu erteilen. Dieser hatte faktisch die Stellung eines für die Akquisition von Aufträgen zuständigen Außendienstmitarbeiters der Schuldnerin und eines Kontrolleurs der Durchführung ihrer Auftragsarbeiten vor Ort. In finanzieller Hinsicht verfügte Ga. lediglich über eine Bargeldkasse bis maximal 5.000,00 DM, von der er in B. anfallende Unkosten begleichen durfte, deren Auffüllung aber von der Bewilligung und Überweisung durch den Beklagten abhing ; größere Anschaffungen durfte Ga. ohne Rücksprache mit dem Beklagten ebensowenig tätigen wie Einstellungen und Entlassungen von Arbeitnehmern oder Lohnerhöhungen.
Die Schuldnerin, die sich seit der Übernahme des Geschäftsbetriebs der G. GmbH in beengten finanziellen Verhältnissen befand und
über keine stillen Reserven oder Sachanlagen verfügte, geriet zunehmend in wirtschaftliche Schwierigkeiten und war schließlich bereits zum 31. Dezember 1999 mit einem nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag in Höhe von 436.885,96 DM nicht nur rechnerisch überschuldet, sondern insolvenzreif. Gleichwohl stellte der Geschäftsführer Ga. erst unter dem 7. August 2000 Insolvenzantrag , aufgrund dessen das Insolvenzverfahren am 9. Oktober 2000 eröffnet wurde. In der Zeit von Anfang Januar bis Mitte Juli 2000 leistete die Schuldnerin auf Veranlassung des Beklagten Mietzinszahlungen an die Gr. GbR und Darlehensraten sowie Zahlungen für Lieferungen und Leistungen an die Gr. GmbH in einem Gesamtumfang von 289.355,24 DM (= 147.944,98 €).
Das Landgericht hat der auf Erstattung dieser Zahlungen gerichteten Klage in vollem Umfang stattgegeben, das Oberlandesgericht hat die dagegen gerichtete Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Mit der - vom Senat zugelassenen - Revision verfolgt der Beklagte sein Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision des Beklagten bleibt überwiegend erfolglos (I.); sie ist nur insoweit begründet, als die Vorinstanzen es versäumt haben, in das Urteil den gebotenen (BGHZ 146, 264) Vorbehalt hinsichtlich des Verfolgungsrechts des Beklagten gegen den Insolvenzverwalter bezüglich seiner Gegenansprüche nach Erstattung der Klageforderung an die Masse aufzunehmen (II.).
I. Ohne Erfolg wendet sich der Beklagte dagegen, daß die Vorinstanzen ihn als faktischen Geschäftsführer der Schuldnerin und in dieser Eigenschaft als erstattungspflichtig i.S. des § 64 Abs. 2 GmbHG für die von ihm nach Insolvenz-
reife veranlaßten Zahlungen an die Gr. GbR sowie die Gr. GmbH im Umfang der Klageforderung angesehen haben.
1. Nach der ständigen Senatsrechtsprechung kommt es für die Beurteilung der Frage, ob jemand faktisch wie ein Organmitglied gehandelt und als Konsequenz seines Verhaltens sich wie ein nach dem Gesetz bestelltes Organmitglied zu verantworten hat, auf das Gesamterscheinungsbild seines Auftretens an. Danach ist es allerdings nicht erforderlich, daß der Handelnde die gesetzliche Geschäftsführung völlig verdrängt. Entscheidend ist vielmehr, daß der Betreffende die Geschicke der Gesellschaft - über die interne Einwirkung auf die satzungsmäßige Geschäftsführung hinaus - durch eigenes Handeln im Außenverhältnis, das die Tätigkeit des rechtlichen Geschäftsführungsorgans nachhaltig prägt, maßgeblich in die Hand genommen hat (BGHZ 150, 61, 69 f.; BGHZ 104, 44, 48; vgl. ferner Sen.Urt. v. 27. Juni 2005 - II ZR 113/03, Umdr. S. 6, z.V.b.).
2. Von diesen Rechtsprechungsgrundsätzen des Senats ist das Berufungsgericht - in Übereinstimmung mit dem Landgericht - zutreffend ausgegangen und hat auf dieser Grundlage in tatrichterlicher Würdigung die Überzeugung gewonnen, daß der Beklagte faktischer (Mit-)Geschäftsführer der Schuldnerin war; revisible Rechtsfehler sind ihm dabei - entgegen der Ansicht des Beklagten - nicht unterlaufen.

a) Das gilt im Rahmen des Gesamterscheinungsbildes des Auftretens des Beklagten zweifellos für dessen maßgeblich die Geschicke der Schuldnerin lenkende Tätigkeit im internen Geschäftsführungsbereich. Die Vorinstanzen haben insoweit aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme unter sorgfältiger Würdigung insbesondere der bedeutsamen Aussage des Zeugen Ga. umfangreiche Feststellungen dazu getroffen, daß der Beklagte im Innenverhältnis in
nahezu sämtlichen Bereichen der Schuldnerin - Führung des wesentlichen kaufmännischen und finanziellen Geschäftsbereichs einschließlich der laufenden alleinigen Verfügung über das einzige Geschäftskonto, der Buchhaltung, der Personalentscheidungen sowie der Erteilung von Weisungen gegenüber dem satzungsmäßigen Geschäftsführer Ga. auf dem Gebiet der Unternehmenspolitik und -organisation - die Geschicke der Schuldnerin wesentlich bestimmt hat; dagegen vermag die Revision - wie sie selbst einräumen muß - nichts zu erinnern.

b) Entgegen der Ansicht der Revision hat das Oberlandesgericht - im Anschluß an das Landgericht - auch hinreichende Feststellungen zu einem eigenen maßgeblichen Handeln des Beklagten mit Außenwirkung im Sinne einer faktischen Geschäftsführung für die Schuldnerin getroffen. So war es dem Beklagten vorbehalten, aufgrund der ihm vom Alleingesellschafter erteilten weitreichenden Vollmacht allein die Bankgeschäfte der Schuldnerin, die typischerweise in die Kompetenz der Geschäftsführung einer GmbH fallen, zu führen. Dabei kommt besondere Bedeutung dem ungewöhnlichen Umstand zu, daß nur der Beklagte Bankvollmacht über das einzige Gesellschaftskonto im Außenverhältnis zur Kreissparkasse hatte, während der satzungsmäßige Geschäftsführer Ga. - was auch der Sparkasse gegenüber zur Sprache gekommen ist - offenbar bewußt von jeglicher Verfügungsbefugnis ausgeschlossen worden ist. Dementsprechend ist auch in diesem Zusammenhang die Feststellung des Berufungsgerichts nicht zu beanstanden, daß gerade die Tatsache, daß der Beklagte es war, der darüber entschied, welche Gläubiger vorrangig bedient werden sollten - nämlich nahezu ausschließlich die von ihm selbst geführten beiden Gr.-Gesellschaften -, durchaus erhebliche "Außenwirkung" hatte. Hinzu kommt, daß nach den vom Berufungsgericht gebilligten Feststellungen des Landgerichts der Beklagte auch - in einem Fall urkundlich belegt - maßgeb-
liche Verhandlungen mit der Kreissparkasse über die Bedienung bestimmter Außenstände geführt hat; dabei ist der Umstand, daß der Beklagte den Schriftverkehr auch auf Geschäftsbögen der Gr. GmbH geführt hat, unerheblich, weil zum einen das Handeln nicht für jene Gesellschaft, sondern für die Schuldnerin aus dem Kontext klar hervorging und zum anderen der Geschäftspartnerin aus der laufenden Geschäftsverbindung bekannt war, daß der Beklagte insoweit für die Schuldnerin handelte und sich im übrigen standardmäßig die Geschäftsunterlagen , wie Kontoauszüge und dergleichen, an die Adresse jener Gr. GmbH senden ließ. Schließlich hat sich der Tatrichter auch revisionsrechtlich einwandfrei davon überzeugt, daß der Beklagte in gewissem Umfang auch im sonstigen Geschäftsverkehr mit Geschäftspartnern wie ein Geschäftsführer der Schuldnerin aufgetreten ist, und zwar sowohl vor der Berufung des Zeugen Ga. zum satzungsmäßigen Geschäftsführer als auch danach, so u.a. aus Anlaß der Vereinbarung von Zahlungsbedingungen mit der R. GmbH, der Hauptlieferantin der Schuldnerin; der dagegen gerichtete Einwand der Revision, der Beklagte habe lediglich vergessen, den Zusatz "Geschäftsführer" auf dem Bestätigungsschreiben für die R. GmbH zu streichen, ist unerheblich, weil es entscheidend auf die objektive Außenwirkung seines Handelns ankommt und dieses dokumentierte Verhalten im Gesamtzusammenhang ein aussagekräftiges Indiz für sein Auftreten als faktischer Geschäftsführer auch im übrigen darstellt.

c) Soweit die Revision die einzelnen Elemente der Würdigung des Gesamterscheinungsbildes des Auftretens des Beklagten für die Schuldnerin anders als das Oberlandesgericht gewichten möchte, handelt es sich um den revisionsrechtlich unzulässigen Versuch, die maßgebliche tatrichterliche Würdigung durch eine eigene zu ersetzen. Jedenfalls im vorliegenden Fall der Aufteilung der Geschäftsführungszuständigkeiten zwischen dem namentlich für Akquisiti-
on, Außenwerbung und Ausführungskontrolle zuständigen eigentlichen Geschäftsführer Ga. und dem für den wesentlichen kaufmännischen und finanziellen Bereich faktisch verantwortlichen Beklagten reichen die von den Vorinstanzen getroffenen Feststellungen zur Tätigkeit des Beklagten in seinem Ressort auch bezüglich seines Handelns im Außenverhältnis aus, um sein gesamtes Auftreten für die Beklagte als faktische Geschäftsführung einzustufen.
II. Demgegenüber kann die vorbehaltlose Verurteilung des Beklagten keinen Bestand haben.
Die Vorinstanzen haben zwar unter ausdrücklicher Bezugnahme auf das Senatsurteil BGHZ 146, 264 zutreffend den Einwand des Beklagten hinsichtlich einer Kürzung des Ersatzanspruchs der Schuldnerin um die fiktiv auf die vom Beklagten unzulässig beglichenen Forderungen entfallende Insolvenzquote zurückgewiesen , weil nach der neueren Senatsrechtsprechung der nach § 64 Abs. 2 GmbHG als faktischer Geschäftsführer in Anspruch genommene Beklagte die verbotswidrigen Zahlungen der Insolvenzmasse ungekürzt zu erstatten hat. Dabei haben beide Tatgerichte aber übersehen, daß der Senat in demselben Urteil entschieden hat, daß zur Vermeidung einer Bereicherung der Masse dem erstattungspflichtigen Geschäftsführer im Urteil vorzubehalten ist, seinen Gegenanspruch, der sich nach Rang und Höhe mit dem Betrag deckt, den der begünstigte Gesellschaftsgläubiger im Insolvenzverfahren erhalten hätte, nach Erstattung an die Masse gegen den Insolvenzverwalter zu verfolgen (BGHZ 146, 264, 279 sowie Leitsatz c).
Die insoweit erforderliche Korrektur der vorinstanzlichen Urteile durch Einfügung des gebotenen Vorbehalts kann der Senat selbst vornehmen, da die Sache endentscheidungsreif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Eines ausdrücklichen Antrags des Beklagten auf Vorbehalt seiner Rechte bedurfte es schon deshalb
nicht, weil § 64 Abs. 2 GmbHG stets die Konstellation zugrunde liegt, daß das auch für diesen Ersatzanspruch eigener Art sinngemäß geltende schadensrechtliche Bereicherungsverbot letztendlich eine Reduzierung der Haftung um die sich am Schluß des Insolvenzverfahrens etwa ergebende Insolvenzquote erfordert.
Goette Kurzwelly Gehrlein
Strohn Caliebe