Bundesgerichtshof Urteil, 17. Juni 2004 - III ZR 230/03

bei uns veröffentlicht am17.06.2004

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 230/03
Verkündet am:
17. Juni 2004
F r e i t a g
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
StromkreuzungsRL 1956 § 9 Abs. 2

a) Die Ersetzung eines höhengleichen Bahnübergangs durch einen höhenverschiedenen
führt in der Regel zu einer Änderung von B ahnanlagen
im Sinne von § 9 Abs. 2 SKR 56 (Fortführung zum Senatsbeschluß vom
29. Januar 2004 - III ZR 194/03).

b) Die Bahn ist in diesen Fällen in der Regel auch dann Mitveranlasser der
Änderung von Stromleitungen, wenn die Herstellung ein er Straßenunterführung
vorwiegend den Interessen des Straßenverkehrs dient, da zugleich
die Sicherheit und Leichtigkeit des Bahnverkehrs verbessert wird.
BGH, Urteil vom 17. Juni 2004 - III ZR 230/03 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 17. Juni 2004 durch den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter
Dr. Wurm, Streck, Dörr und Dr. Herrmann

für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 1. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 4. Juli 2003 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Revisionsrechtszuges zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


Die Klägerin ist ein Stromversorgungsunternehmen. Die Beklagte betreibt das bundesweite Eisenbahnschienennetz. Die Parteien streiten über die Kosten, die der Klägerin im Zusammenhang mit dem Umbau der vormals höhengleichen Bahnübergänge in den Bereichen der L. Allee in H. - W. und der C. Straße in H. -B. entstanden.
In beiden Straßen verliefen Stromleitungen der Kläg erin, die an den Bahnübergängen die Schienentrassen querten. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten, die D. B. , schloß mit der Klägerin 1966 und 1972 zur
Regelung der Rechtsverhältnisse der beiden Stromkreuzungen Verträge, denen die Stromkreuzungsrichtlinien aus dem Jahr 1956 (fortan: SKR 56) zugrunde liegen. Diese lauten auszugsweise wie folgt:
"§ 1 Geltungsbereich (1) Die Richtlinien gelten für alle Kreuzungen von Starkstromleitungen eines Unternehmens der öffentlichen Elektrizitätsversorgung (EVU-Starkstromleitung) mit DB-Gelände oder DBStarkstromleitungen. (2) Als 'Kreuzung mit DB-Gelände' gilt jedes Führen von EVUStarkstromleitungen über oder in DB-Gelände, auch wenn die EVU-Starkstromleitung darin endet. (3) Als 'DB-Gelände' gelten alle Grundflächen, an denen der DB das Eigentum oder ein Nutzungsrecht zusteht. … § 9 Kosten der Änderung bei einer Kreuzung mit Bahnge lände (1) Ändert ein Partner seine Anlagen, so trägt er die Kosten hierfür , auch soweit sie infolge des Bestehens der Anlagen des anderen Partners, durch etwaige Schutzmaßnahmen zu dessen Gunsten und für einen Sicherheitsbeauftragten entstehen. (2) Macht die Änderung auch eine Änderung der Anlagen des anderen Partners notwendig, so sind die Kosten hierfür von den Partnern je zur Hälfte zu tragen. ...“
Die Berechtigung der Klägerin, öffentliche Wege in H . für den Betrieb von Anlagen zu nutzen, die der Versorgung mit elektrischer Energie die-
nen, beruht seit dem 1. Januar 1995 auf einem Konzessionsvertrag mit der Stadt H. (fortan: Stadt) vom 15. September 1994.
Die D. B. schloß mit der Stadt als Trägerin der Straßenbaulast am 15. Mai 1991 betreffend den Bahnübergang L. Allee einen Vertrag über die Beseitigung der höhengleichen Kreuzung und die Herstellung einer Unterführung für Fußgänger und Radfahrer. Dem lag eine Rahmenvereinbarung zwischen der B. und der Stadt zugrunde, die in der Drucksache 13/5583 der Bürgerschaft der Stadt erläutert ist.
Die Bahn plante weiterhin den Ausbau der Strecke zwische n Berlin und H. , an der der Bahnübergang C. Straße lag, von zwei auf vier Gleise. Aufgrund des damit ermöglichten erhöhten Zugaufkommens vereinbarten die Beklagte und die Stadt mit Vertrag vom 27. Dezember 1994 gleichfalls, den höhengleichen Bahnübergang durch eine Straßenunterführung zu ersetzen.
Die für die Umgestaltung der beiden Bahnübergänge e rforderlichen Baumaßnahmen wurden 1995 und 1996 ausführt. Im Zuge der Arbeiten mußten auch die Stromleitungen der Klägerin verlegt werden. Die hierfür erforderlichen Aufwendungen, deren Umfang zwischen den Parteien strittig ist, verlangt die Klägerin zur Hälfte von der Beklagten ersetzt.
Das Landgericht hat der Klägerin den geltend gemachte n Anspruch dem Grunde nach zuerkannt. Die gegen das Grundurteil gerichtete Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben. Mit ihrer Revision verfolgt sie ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe


Die zulässige Revision hat in der Sache keinen Erfolg.

I.


Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidu ng ausgeführt , der Anspruch der Klägerin auf hälftigen Ersatz ihrer Aufwendungen ergebe sich aus § 9 Abs. 2 SKR 56. Die Beklagte habe im Sinne dieser Bestimmung ihre Anlagen im Bereich der beiden Kreuzungen von Schienenwegen und Stromleitungen geändert. Die Elektroleitungen hätten in beiden Fällen verlegt und dem Verlauf der Tunnelführung angepaßt werden müssen. Die Beklagte habe die Baumaßnahmen mitveranlaßt. Die Beseitigung beider höhengleichen Bahnübergänge habe auch der Sicherheit und der besseren Abwicklung des Bahnverkehrs gedient. Daß die Änderungen auch im Intere sse der Stadt gewesen seien, stehe dem Anspruch der Klägerin auf Kostenerstattung nicht entgegen. Es handele sich infolge des gleichfalls bestehenden Eigeninteresses der Beklagten nicht um drittveranlaßte Folgekosten, für die sie nicht einzustehen habe.

II.


Dies hält den Angriffen der Revision stand.
Die Klägerin hat aus § 9 Abs. 2 SKR 56 dem Grunde na ch einen Anspruch auf hälftigen Ersatz ihrer Aufwendungen, die für die Verlegung der Stromleitungen aufgrund der Beseitigung der betroffenen Bahnübergänge und der Errichtung der Eisenbahnüberführungen notwendig waren.
1. Wer von den Teilnehmern einer Kreuzung zwischen einem Verkehrsweg und einer Versorgungsleitung die Folgekosten bei Baumaßnahmen im Kreuzungsbereich trägt, beurteilt sich grundsätzlich nach dem Vertrag, der die Rechtsbeziehungen zwischen dem Verkehrswegeträger und dem Versorgungsunternehmen regelt (zur Kreuzung zwischen Bahn und Stromleitungen: Senat, Beschluß vom 29. Januar 2004 - III ZR 194/03 - Umdruck S. 7, für eine Veröffentlichung vorgesehen; zur Kreuzung zwischen Bahn und anderen Versorgungsleitungen vgl. Senat, Beschluß vom 31. Januar 2002 - III ZR 136/01 - VIZ 2002, 303 f; für Kreuzungen zwischen Straßen und Versorgungsleitungen siehe BGHZ 123, 256, 257; 114, 30; vgl. auch § 5 Abs. 1 EKrG für Kreuzungen von Eisenbahnen und Straßen). Die Parteien haben über die betroffenen Kreuzungen Verträge geschlossen, denen nach den Vertragspräambeln die SKR 56 zugrunde liegen. Das Berufungsgericht hat daher für die Beurteilung, ob sich die Beklagte an den Kosten für die Verlegung der Stromleitungen der Klägerin beteiligen muß, zutreffend § 9 Abs. 2 SKR 56 herangezogen.
2. Die Revision meint, eine Änderung von Bahnanlagen h abe nicht stattgefunden. Es sei lediglich die Straße verändert worden. Sie ist der Auffassung, die Voraussetzungen von § 9 Abs. 2 SKR 56 seien deshalb nicht erfüllt.
Dem ist nicht zu folgen. Durch die Beseitigung der höhe ngleichen Bahnübergänge und die Herstellung von Überführungen sind Bahnanlagen im Sinne
des § 9 Abs. 1 und 2 SKR 56 geändert worden. Im Beschluß vom 29. Januar 2004 hat der Senat ausgeführt, daß der Begriff der Anlagen in § 9 SKR 56 die Gesamtheit der im räumlichen und betrieblichen Zusammenhang mit der Kreuzung stehenden technischen Bahn- und Strombetriebseinrichtungen unter Einschluß des Verkehrswegs und der dazugehörenden Grundflächen erfaßt (aaO S. 8 f). Dies schließt auch einen Bahnübergang ein, der sich notwendigerweise auf der Grundfläche des Bahnverkehrswegs befindet. Daß zu den Verkehrsund Betriebsanlagen der Bahn auch Bahnübergänge gehören, wird im übrigen auch durch § 1 Abs. 3 Buchstabe a) der Stromkreuzungsrichtlinien aus dem Jahr 2000, in dem der bereits in § 1 Abs. 4 Buchstabe a) SKR 56 definierte Begriff des Bahngeländes noch eingehender erläutert wird, ausdrücklich klargestellt. Wird dieser durch einen höhenverschiedenen Übergang ersetzt, werden der Grund des Verkehrswegs und damit Bahnanlagen verändert. Bei den hier zu beurteilenden Baumaßnahmen wurden durch die Errichtung der Eisenbahnbrücken , unter denen die neu angelegten Straßenunterführungen kreuzen, die Verkehrswegegrundstücke der Bahn verändert, da die Gleise nicht mehr auf Erdreich, sondern auf Brückenbauwerken verlaufen. Die Vorinstanzen haben es dabei zu Recht für unerheblich gehalten, daß der von den Gleisen in Anspruch genommene Grund nicht im Eigentum der Beklagten stand. Nach § 1 Abs. 3 SKR 56 gelten als "DB-Gelände" auch Grundflächen, an denen der Beklagten lediglich ein Nutzungsrecht zusteht. Für den Bahnübergang L. Allee ist im Übrigen in § 2 Abs. 1 Buchstabe e) des Vertrags zwischen der Rechtsvorgängerin der Beklagten und der Stadt vom 15. Mai 1991 ausdrücklich festgehalten, daß Gleisanpassungsmaßnahmen durchzuführen sind.
3. Weiterhin ist die Revision der Auffassung, daß die Klägerin nach § 9 Abs. 2 SKR 56 hälftigen Ersatz ihrer Aufwendungen deshalb nicht verlangen
kann, weil die Maßnahmen im Interesse des Straßenverkehrs gelegen hätten und daher in erster Linie durch die Stadt veranlaßt worden seien. Auch dem ist nicht zu folgen.

a) Ob und in welchem Umfang einer der Kreuzungspartne r für Veränderungen , die ein an dem Kreuzungsvertrag nicht beteiligter Dritter veranlaßt, dem anderen Kreuzungsteilnehmer Kosten zu erstatten hat, ist dem jeweiligen Vertrag zu entnehmen (Kodal/Krämer/Bauer, Straßenrecht, 6. Aufl., Kap. 27, Rn. 34.1 ff; vgl. auch Senat, BGHZ 148, 129, 134 f).
§ 9 Abs. 2 SKR 56 stellt seinem Wortlaut nach allein a uf die Tatsache ab, daß ein Kreuzungspartner seine Anlagen ändert. Ob dies auf einer Veranlassung beruht, die der Sphäre dieses Kreuzungsteilnehmers oder derjenigen eines Dritten entspringt, ist nach der Formulierung der Vertragsbestimmung für die Erstattungspflicht ohne Bedeutung. Es genügt danach, wenn die Veränderung der Bahnanlagen kausal ist für die Notwendigkeit, die Stromanlagen zu ändern.
In der Regel scheidet bei Gestattungs- und Kreuzungsvertr ägen allerdings eine Kostenerstattung bei Veränderungen aus, die ausschließlich auf die Veranlassung eines Dritten zurückzuführen sind. Eine solch weitgehende Belastung des erstattungspflichtigen Kreuzungspartners ist zumeist von dem Vertragswillen nicht gedeckt (vgl. Kodal/Krämer/Bauer aaO, Rn. 34.1.1; siehe auch Senatsurteil vom 3. Oktober 1985 - III ZR 103/84 - NVwZ 1986, 689).
Hiervon ist auch im vorliegenden Fall auszugehen. Nach Ab satz 4 der Einführungsbestimmungen der SKR 56, der unter anderem § 9 erläutert, trägt
der Partner, "der die Änderung veranlaßt", neben sein en eigenen Aufwendungen die Hälfte der dem anderen Partner entstehenden notwendigen Änderungskosten. Hieraus wird deutlich, daß über den Wortlaut von § 9 Abs. 2 SKR 56 hinaus Voraussetzung für einen Kostenerstattungsanspruch ist, daß der Kreuzungsteilnehmer, der die Folgeänderung seines Partners verursacht, die die Veränderungen auslösende Maßnahme wenigstens mitveranlaßt hat. Damit kommt im Verhältnis der Kreuzungsteilnehmer untereinander ein Anspruch auf Ersatz der Änderungskosten nicht in Betracht, wen n sie allein auf der Veranlassung eines Dritten beruhen.
Werden hingegen der Verkehrsweg oder die Versorgungsle itung auch aus Gründen, die in ihrer Benutzung liegen, verändert, besteht keine die Kostenerstattung ausschließende Drittveranlassung, sondern eine Mehrfachveranlassung , bei der die Kostenpflicht des Vertragspartners dem Grunde nach unberührt bleibt (vgl. Senat, Beschluß vom 26. April 1990 - III ZR 49/89 - VkBl. 1992, 464 = BGHR Verwaltungsrecht/Allgemeine Grundsätze - Gestattungsvertrag 1; BGH, Urteil vom 11. Juli 1980 - V ZR 54/79 - VkBl. 1981, 165, 166; Kodal /Krämer/Bauer aaO Rn. 34.1.2). Ihm sind allerdings bei der Zusammenstellung der Kostenmasse diejenigen Maßnahmen nicht zuzurechnen, die ausschließlich durch das Vorhaben des Dritten bedingt sind (vgl. Senat, Beschluß vom 26. April 1990 aaO; Kodal/Krämer/Bauer, aaO Rn. 40).
Die Revision befürwortet darüber hinaus die Reduzierun g des Erstattungsbetrages um den Verursachungsanteil des Dritten. Dies wird bisher nirgends erwogen. Ein solcher Ansatz wäre auch kaum praktikabel und würde schwierige Abgrenzungsprobleme aufwerfen. Ob die Erwägung der Revision generell nicht tragfähig ist, kann hier aber dahin gestellt bleiben. Jedenfalls
läßt sich dem hier maßgebenden § 9 Abs. 2 SKR 56 keine solche differenzierte Kostenregelung entnehmen. Der Bestimmung sind insbesondere keine Kriterien für die rechnerische Abgrenzung der jeweiligen Verursachungsanteile im Fall der Mehrfachveranlassung von Änderungen zu entnehmen .

b) Die Verlegung der Leitungen ist nicht ausschließlich von der Stadt (dritt-)veranlaßt worden, so daß die Erstattungspflicht der Beklagten nicht entfällt.
aa) Die Beklagte wäre zweifelsfrei als Veranlasser für d ie Beseitigung des höhengleichen Bahnübergangs und den Bau der Unterführung im Bereich der L. Allee anzusehen, wenn diese Maßnahmen im Vorgriff auf den Ausbau der Bahnstrecke erfolgt wären. Hiervon kann in der Revisionsinstanz jedoch nicht ausgegangen werden, weil das Berufungsgericht dies offen gelassen hat. Dessen ungeachtet ist die Beklagte Mitveranlasser der Baumaßnahme.
Die Beklagte hat auch diesen Bahnübergang betreffend einen Vertrag mit der Stadt über die Errichtung der Unterführung geschlossen. Sie ist diesen Vertrag nicht nur im Interesse der Stadt, die Umbauarbeiten des Straßenbaulastträgers gewissermaßen lediglich duldend, eingegangen. Die Beseitigung des höhengleichen Bahnübergangs lag, wie sich unter anderem aus Nr. 2.1 der Bürgerschafts-Drucksache 13/5583 ergibt, auch im Interesse der Beklagten. Zwar profitiert von der Anlage einer Eisenbahnüberführung in erster Linie der Straßenverkehr, da bei höhengleichen Übergängen der Bahnverkehr Vorrang genießt (vgl. auch Bürgerschafts-Drucksache aaO). Jedoch wird auch die Sicherheit und Leichtigkeit des Schienenverkehrs verbessert, da höhengleiche
Bahnübergänge immer Unfallrisiken bedeuten und eine bahnseitige Absicherung der Übergänge durch Schranken und Signale (vgl. § 14 Abs. 2 Nr. 1 EKrG) erforderlich ist, die ein Störpotential auch für den Bahnverkehr beinhalten. Dementsprechend hat sich die Beklagte mit einem Drittel an den Kosten des Umbaus beteiligt (§ 5 Abs. 3 des Vertrages vom 15. Mai 1991).
bb) Bei der Baumaßnahme C. Stra ße ist die Mitveranlassung durch die Beklagte noch deutlicher. Der Bau der Straßenunterführung beruhte auf der von ihr vorgenommenen Erweiterung des Verkehrsweges von zwei Schienenwegen auf vier Gleise im Zuge des Ausbaus der Strecke H. - Berlin. Auch wenn rechtlich keine Notwendigkeit bestanden haben mag, die Kreuzung zwischen Straße und Schiene als Überführung zu gestalten, weil durch die Anlage von zwei neuen Gleisen keine neue Kreuzung im Sinne von § 2 Abs. 1 EKrG entstand (vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Dezember 1981, 4 C 97.79, Buchholz 407.2 EKrG Nr. 8), ist die Verlegung des Straßenkörpers und damit die Verlagerung des Stromkabels durch die Änderun g der Anlagen der Beklagten veranlaßt. Daß die Stadt als Trägerin der Straßenbaulast mit dem Bau der Unterführung zugleich die Sicherheit und Leichtigkeit des Straßenverkehrs zu verbessern beabsichtigte, führt nur dazu, daß die Stadt Mitveranlasser der Baumaßnahme war, nicht aber deren Alleinveranlasser. Im übrigen gelten die Erwägungen in aa) zu den Vorteilen für die Sicherheit und Leichtigkeit des Bahnverkehrs auch hier.
4. Die Revision meint weiter, die Klägerin könne im Hinblick auf den zwischen ihr und der Stadt geschlossenen Konzessionsvertrag keinen hälftigen Aufwendungsersatz verlangen. Müßte die Beklagte Zahlungen erbringen, könne sie aufgrund der Verträge vom 15. Mai 1991 und 27. Dezember 1994 von
der Stadt ein Drittel dieser Kosten ersetzt verlangen. Damit werde § 4 Abs. 2 des Konzessionsvertrages umgangen, nach dem die Klägerin die Kosten von Leitungsverlegungen, die durch im Interesse der Stadt liegende Maßnahmen notwendig werden, selbst zu tragen habe.
Auch diese Überlegung geht fehl. Die Beklagte kann aus dem Konzessionsvertrag zwischen der Klägerin und der Stadt keine Einwendungen herleiten. Gestattungsverträge zwischen einem Versorgungsunternehmen und einem Verkehrswegeträger wirken, nicht anders als andere Verträge auch, grundsätzlich nur zwischen den jeweiligen Parteien; sie werden in aller Regel nicht als Verträge zugunsten Dritter geschlossen (Kodal/Krämer/Bauer, aaO, Rn. 34.3; vgl. auch Senat, BGHZ 148, 129, 135). Der Konzessionsvertrag der Klägerin mit der Stadt bildet keine Ausnahme. Aus einer etwaigen Äquivalenzstörung dieses Vertrages können sich dementsprechend für die Beklagte keine Rechte ergeben.
5. Die Revision hat ferner die Auffassung geäußert, der Beklagten könnten diejenigen baulichen Maßnahmen an den Straßen nicht zugerechnet werden, die an Stellen ausgeführt worden seien, die weit vor dem eigentlichen Bahnübergang lägen. Dieses Vorbringen ist gegenüber dem Anspruch aus § 9 Abs. 2 SKR 56 unerheblich. Die Kostenerstattungsansprüche aus Gestattungsund Kreuzungsverträgen erfassen zwar im Fall der Mehrfachveranlassung in der Regel diejenigen Einzelmaßnahmen nicht, die allein durch das Vorhaben des Dritten bedingt sind (Senat, Beschluß vom 26. April 1990 aaO; Kodal/Krämer /Bauer aaO). Mit ihrem Vorbringen behauptet die Beklagte aber nicht, daß die Arbeiten der Klägerin, die weiter entfernt von den Bahnübergängen vorgenommen wurden, nicht auf der Herstellung der Unterführung beruhten. Auf die
räumliche Entfernung der Arbeiten der Klägerin von den geänderten Anlagen der Beklagten kommt es indes nicht an, sondern auf die kausale Zurechnung.
6. Die Revision macht schließlich geltend, nicht der gesamte von der Klägerin betriebene Aufwand am Bahnübergang C. Straße sei aufgrund der Änderung der Bahnanlagen erforderlich gewesen; vie lmehr hätten die Leitungen an Ort und Stelle liegen bleiben können. Lediglich eine Verlängerung der Schutzrohre sei notwendig gewesen.
Diesem Vorbringen kann der Senat nicht nachgehen. Das B erufungsgericht hat in seinem Urteil festgestellt, daß es infolge des Umbaus des Bahnübergangs C. Straße notwendig wurde, die Stromleitungen der Klägerin zu verlegen. Diese Feststellung ist für das Revisionsverfahren bindend, da die Revision insoweit keine durchgreifende Verfahrensrüge erhoben hat.
Schlick Wurm Streck
Dörr Herrmann

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BESCHLUSS
III ZR 194/03
vom
29. Januar 2004
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
StromkreuzungsRL 1956 § 9 Abs. 1 und 2
Der Begriff der Anlagen in § 9 Abs. 1 SKR 56 erfaßt die Gesamtheit der im
räumlichen und betrieblichen Zusammenhang mit einer Bahn-Strom-Kreuzung
stehenden technischen Bahn- und Strombetriebseinrichtungen unter Einschluß
des Verkehrswegs und der dazugehörenden Grundflächen.
Aufwendungen für das Verlegen einer Stromleitung, die notwendig werden,
weil innerhalb einer mit Bahngleisen bereits bebauten Grundfläche zusätzliche
Gleise angelegt werden, sind Folgekosten einer Veränderung der Bahnanlagen
(§ 9 Abs. 2 SKR 56) und nicht Kosten für die Herstellung einer neuen Kreuzung
(§ 5 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Buchstabe a SKR 56).
BGH, Beschluß vom 29. Januar 2004 - III ZR 194/03 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 29. Januar 2004 durch den
Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter Streck, Dörr, Galke und Dr. Herrmann

beschlossen:
Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 14. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 9. Mai 2003 – 14 U 4/03 – wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens (§ 97 Abs. 1 ZPO).
Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren beträgt 170.296,37

Gründe:


I.


Die Klägerin ist Eigentümerin des bundesweiten Eisenbahnschienennetzes. Die Beklagte ist ein Energieversorgungsunternehmen.
Die Parteien streiten über die Höhe der Kosten, die die Klägerin der Beklagten für die Verlegung eines Starkstromkabels zu erstatten hat. Die betroffene Stromleitung wurde 1982 in Betrieb genommen. Sie kreuzte das Betriebs-
gelände der Rechtsvorgängerin der Klägerin im Bereich des Bahnhofs T. unterirdisch. Über die Kreuzung zwischen dem Stromkabel und dem Gelände schlossen die Rechtsvorgänger der Parteien am 18. Oktober 1982 einen Vertrag, in den die "Richtlinien über Kreuzungen von Starkstromleitungen eines Unternehmens der öffentlichen Elektrizitätsversorgung (EVU) mit DB-Gelände oder DB-Starkstromleitungen (StromkrRichtl)" aus dem Jahr 1956 einbezogen sind (nachfolgend SKR 56).
Diese enthalten unter anderem folgende Bestimmungen:
"§ 1 Geltungsbereich (1) Die Richtlinien gelten für alle Kreuzungen von Starkstromleitungen eines Unternehmens der öffentlichen Elektrizitätsversorgung (EVU-Starkstromleitung) mit DB-Gelände oder DBStarkstromleitungen. (2) Als 'Kreuzung mit DB-Gelände' gilt jedes Führen von EVUStarkstromleitungen über oder in DB-Gelände, auch wenn die EVU-Starkstromleitung darin endet. (3) Als 'DB-Gelände' gelten alle Grundflächen, an denen der DB das Eigentum oder ein Nutzungsrecht zusteht. (4) Beim DB-Gelände wird unterschieden
a) 'Bahngelände', das sind die Grundflächen, die Verkehrsoder Betriebsanlagen der DB einschließlich der Bahnbetriebswerke und Bahnbetriebswagenwerke tragen, nebst den Zubehörflächen,
b) 'sonstiges DB-Gelände', das sind die Grundflächen außerhalb des Bahngeländes und unter Eisenbahnüberführungen. …
§ 2 Rechtsgrundlage einer Kreuzung Die Herstellung einer Kreuzung setzt voraus, daß
a) die örtlich zuständige BD und das EVU über die Anwendung dieser Richtlinien und die Lage der Kreuzung sowie im grundsätzlichen über deren technische Ausführung einig sind oder
b) eine Entscheidung nach § 36 (Planfeststellung) des Bundesbahngesetzes vorliegt. …
§ 5 Herstellungskosten (1) Die bei der Herstellung einer Kreuzung erwachsenden Kosten sind von dem Hinzukommenden zu tragen. (2) Zu den Herstellungskosten gehören auch die Aufwendungen für
a) eine notwendige Änderung der bestehenden Anlage,
b) Schutzmaßnahmen zur Aufrechterhaltung des Betriebes der bestehenden Anlage während der Bauausführung, …
§ 8 Änderung einer Kreuzung (1) Bei geringfügigen Änderungen einer Kreuzung genügt die Berichtigung der Kreuzungsunterlagen. (2) Bei wesentlichen Änderungen einer Kreuzung nach Lage, Art oder Ausführung gilt § 2 entsprechend. Eine solche Änderung liegt stets dann vor, wenn die Bahnstrecke elektrifiziert wird.
(3) Änderungen nach Abs. 2 sind durch Nachträge zum Kreuzungsvertrag festzuhalten.
§ 9 Kosten der Änderung bei einer Kreuzung mit Bahngelände (1) Ändert ein Partner seine Anlagen, so trägt er die Kosten hierfür, auch soweit sie infolge des Bestehens der Anlagen des anderen Partners, durch etwaige Schutzmaßnahmen zu dessen Gunsten und für einen Sicherheitsbeauftragten entstehen. (2) Macht die Änderung auch eine Änderung der Anlagen des anderen Partners notwendig, so sind die Kosten hierfür von den Partnern je zur Hälfte zu tragen. …
§ 10 Kosten der Änderung bei einer sonstigen Kreuzung (1) Ändert bei einer sonstigen Kreuzung ein Partner den bestehenden Zustand, so hat er neben seinen eigenen (entsprechend § 9 Abs. 1) auch die gesamten dem anderen Partner dadurch notwendigerweise entstehenden Kosten zu tragen. ..."
Mitte der neunziger Jahre baute die Klägerin eine neue ICE-Trasse zwischen Köln und dem Rhein-Main-Gebiet. Im Bereich des Bahnhofs T. wurde die Neubaustrecke aus Platzgründen in einen Tunnel verlegt, wo sie mit dem unterirdisch geführten Kabel der Beklagten zusammentraf. Diese setzte die Leitung auf Bitten der Klägerin um. Das Stromkabel quert das Bahngelände nunmehr etwa 550 m von dem ursprünglichen Kreuzungspunkt entfernt.
Die Klägerin ist der Ansicht, der Tunnelbau und die dadurch verursachte Verlegung der Starkstromleitung sei als Änderung der bestehenden Kreuzung
anzusehen. Deshalb sei sie gemäß § 9 Abs. 2 SKR 56 nur verpflichtet, die Hälfte der der Beklagten für die Verlagerung entstandenen Kosten zu ersetzen. Demgegenüber ist die Beklagte der Auffassung, durch die Anlage des Tunnels und sein Zusammentreffen mit dem unterirdisch verlaufenden Kabel sei eine neue Kreuzung hergestellt worden, weshalb die Klägerin die Verlegungskosten gemäß § 5 SKR 56 zur Gänze tragen müsse.
Die Klägerin überwies irrtümlich den vollen Betrag, den die Beklagte ihr für die Umbaumaßnahme in Rechnung gestellt hatte, und verlangt nunmehr den die Hälfte der Aufwendungen übersteigenden Betrag zurück. Ihre insoweit erhobene Teilklage hatte in den Vorinstanzen Erfolg. Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten.

II.


Die Beschwerde ist nach § 544 Abs. 1 und 2 ZPO zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg; insbesondere hat die Rechtssache entgegen der Ansicht der Beschwerde keine grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO).
Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine entscheidungserhebliche , klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann (z.B. BGHZ 151, 221, 223; BGH, Beschluß vom 27. März 2003 - V ZR 291/02 - NJW 2003, 1943, 1944; Zöller/Gummer, ZPO, 24. Aufl., § 543 Rn. 11, jeweils m.w.N.). Die Klärungsbedürftigkeit setzt voraus, daß die Beantwortung der
Rechtsfrage zweifelhaft oder umstritten ist (Musielak/Ball, ZPO, 3. Aufl., § 543 Rn. 5; Münchener Kommentar/Wenzel, ZPO, 2. Aufl., Aktualisierungsband, § 543 Rn. 7).
Die Frage, ob die Aufwendungen für das Verlegen einer Stromleitung, die notwendig werden, weil innerhalb einer mit Bahngleisen bereits bebauten Grundfläche im Rahmen eines Streckenneubaus zusätzliche Gleise angelegt werden, Kosten für die Herstellung einer neuen Kreuzung darstellen (§ 5 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Buchst. a SKR 56) oder Folgekosten einer Veränderung der Bahnanlagen (§ 9 Abs. 2 SKR 56) sind, ist zwar entscheidungserheblich, jedoch nicht klärungsbedürftig.
1. Wer von den Teilnehmern einer Kreuzung zwischen einem Verkehrsweg und einer Versorgungsleitung die Folgekosten bei Baumaßnahmen im Kreuzungsbereich trägt, beurteilt sich grundsätzlich nach dem Vertrag, der die Rechtsbeziehungen zwischen dem Verkehrswegeträger und dem Versorgungsunternehmen regelt (zur Kreuzung zwischen Bahn und Versorgungsleitungen vgl. Senat, Beschluß vom 31. Januar 2002 - III ZR 136/01 - VIZ 2002, 303; für Kreuzungen zwischen Straßen und Versorgungsleitungen siehe BGHZ 123, 256, 257; 114, 30; vgl. auch § 5 Abs. 1 EKrG für Kreuzungen von Eisenbahnen und Straßen).
Die Parteien haben über die betroffene Kreuzung am 18. Oktober 1982 einen Vertrag geschlossen, dem nach der Vertragspräambel die SKR 56 zugrunde liegen.
Ob darüber hinaus im Zusammenhang mit der Durchführung der konkreten Baumaßnahme eine besondere (vorrangige) Vereinbarung im Sinne der Klägerin über die Kostenteilung geschlossen wurde, hat das Berufungsgericht erörtert, aber letztlich offen gelassen. Für die Nachprüfung durch das Revisionsgericht entscheidend ist daher allein die Auslegung von § 9 Abs. 1 und 2 SKR 56.
2. Die eingangs dargestellte Rechtsfrage ist nicht klärungsbedürftig, da sie bislang nicht umstritten ist und, zumindest bei näherer Betrachtung, eindeutig zu beantworten ist.
Die Nichtzulassungsbeschwerde meint, die Voraussetzungen von § 9 Abs. 2 SKR 56 seien nicht erfüllt, weil die Verlegung des Kabels nicht durch eine Veränderung der Anlagen der Klägerin notwendig geworden sei, wie es diese Bestimmung voraussetze. Vielmehr hätten sich im Erdreich, in dem die frühere Leitung verlegt gewesen sei, bisher keine Anlagen befunden. Durch den Bau des Tunneltrogs für die ICE-Strecke sei erst eine neue Anlage hinzugekommen , die mit dem Kabelverlauf zusammengetroffen sei und so zu einer neuen Kreuzung geführt habe.
Die Beschwerde geht damit von einem zu eng gefaßten Begriff der Anlagen in § 9 Abs. 1 SKR 56 aus. Sie setzt Anlagen unzutreffend mit einer einzelnen technischen Einrichtung, wie z.B. einem Gleis, einem Signal oder einem Fahrdraht, gleich, ohne die Grundfläche des Verkehrswegs als Bestandteil der Anlage zu berücksichtigen. Richtigerweise erfaßt der Begriff der Anlagen in § 9 Abs. 1 SKR 56 die Gesamtheit der im räumlichen und betrieblichen Zusam-
menhang mit der Kreuzung stehenden Bahn- und Strombetriebseinrichtungen unter Einschluß des Verkehrswegs und der dazugehörenden Grundflächen.
Dies folgt zwar nicht unmittelbar aus dem Wortsinn des in § 9 Abs. 1 SKR 56 verwendeten Begriffs "Anlagen", ergibt sich jedoch aus dem Gesamtzusammenhang der Regelungen der Stromkreuzungsrichtlinien 1956.
Bei der an Treu und Glauben sowie der Verkehrssitte ausgerichteten Auslegung von Verträgen, insbesondere auch von solchen, die die Rechtsbeziehungen zwischen Verkehrsträgern und Versorgungsunternehmen regeln, sind der gesamte Inhalt und der Zusammenhang der einzelnen Regelungen vor dem Hintergrund der Interessenlage zu berücksichtigen (BGHZ 114, 30).

a) § 9 Abs. 1 und 2 SKR 56 knüpft an die Definitionen des § 1 SKR 56 an. Absatz 4 dieser Bestimmung spricht dafür, den Begriff der Anlagen in § 9 Abs. 1 SKR 56 weit auszulegen. Anlagen selbst werden dort zwar nicht definiert. Jedoch ist Buchstabe a) für die Interpretation heranzuziehen. Dort wird "Bahngelände" näher bestimmt. Dies sind die Grundflächen, die Verkehrs- oder Betriebsanlagen "einschließlich der Bahnbetriebswerke und Bahnbetriebswagenwerke" tragen. Zwar können im Wortsinn als Verkehrs- oder Betriebsanlagen auch einzelne technische Einrichtungen verstanden werden. Jedoch zeigt die Einbeziehung von Bahnbetriebs- und Bahnbetriebswagenwerken in den Anlagenbegriff, daß die SKR 56 hierunter auch die Zusammenfassung einer Mehrzahl von Einzeleinrichtungen zu einer betrieblichen Einheit verstehen. Die Betriebs- und Betriebswagenwerke bilden Funktionseinheiten, die sich aus einer Vielzahl einzelner technischer Einrichtungen, wie Gleisen, Fahrdrähten,
Weichen, ortsfesten Reparatureinrichtungen, Gebäuden, etc. zusammensetzen.

b) In die gleiche Richtung führt eine Gesamtschau der §§ 8-10 i.V.m. § 1 SKR 56. Diese Vorschriften regeln die Rechtsfolgen einer Kreuzungsänderung. Die Überschriften der Bestimmungen enthalten jeweils die Worte "Änderung ... einer Kreuzung". Sie knüpfen damit an die Definition der Kreuzung in § 1 Abs. 2 SKR 56 an. Danach ist eine Kreuzung mit DB-Gelände im Sinne des § 1 Abs. 1 SKR 56 jedes Führen von Starkstromleitungen der Elektrizitätsversorgungsunternehmen in oder über Gelände der Deutschen Bundesbahn. Unter Gelände werden, wie sich weiter aus § 1 Abs. 4 SKR 56 ergibt, Grundflächen verstanden. Der Kreuzungsbegriff wird in den SKR 56 damit grundstücksbezogen verstanden. Dies legt es nahe, eine Kreuzungsänderung im Sinne der §§ 8-10 SKR 56 auch anzunehmen, wenn an dem Grund, auf dem sich die Kreuzung befindet, Veränderungen vorgenommen werden.

c) Gestützt wird diese Erwägung durch § 10 Abs. 1 SKR 56. Diese Bestimmung regelt die Kostenfolgen bei der Änderung einer Kreuzung mit sonstigem DB-Gelände. Auf der Tatbestandsseite wird im Gegensatz zu § 9 Abs. 1 SKR 56 nicht auf die Änderung von Anlagen abgestellt, sondern auf die des "bestehenden Zustandes". Dieser Begriff ist sprachlich klarer als der der "Anlage". Sein Wortsinn reicht weiter und erfaßt ohne weiteres Veränderungen des Kreuzungsgrunds. Änderungen von Anlagen (§ 9 Abs. 1 SKR 56) und Änderung des bestehenden Zustandes (§ 10 Abs. 1 SKR 56) müssen trotz der verschiedenen Begriffe dieselbe inhaltliche Bedeutung haben. Würde die Änderung von Anlagen in § 9 Abs. 1 SKR 56 nämlich nicht in der weiten Bedeutung von Änderung des bestehenden Zustandes im Sinne von § 10 Abs. 1 SKR 56
zu verstehen sein, enthielte § 9 SKR 56 im Vergleich zu § 10 SKR 56 eine Regelungslücke. Für die Fälle, in denen auf Bahngelände Veränderungen des bestehenden Zustandes vorgenommen würden, die nicht eine - im engen Sinn verstandene - Anlagenänderung darstellten, gäbe es keine Regelung über die Kostentragungspflicht. Es ist nicht zu unterstellen, daß die Vertragsparteien eine solche lückenhafte Regelung treffen wollten. Die Auslegung hat sich nach dem Grundsatz zu richten, daß im Zweifel gewollt ist, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der recht verstandenen Interessenlage entspricht (z.B. BGH, Urteil vom 10. März 1994 - IX ZR 152/93 - NJW 1994, 1537, 1538 m.w.N.). §§ 9 und 10 SKR 56 sollten bei vernünftiger Betrachtungsweise die Kostenfolgen von Kreuzungsänderungen vollständig regeln. Zwischen beiden Bestimmungen sollte auf der Tatbestandsseite nur danach differenziert werden, ob Bahngelände oder sonstiges DB-Gelände betroffen ist.

d) Allein diese Auslegung der Stromkreuzungsrichtlinien 1956 steht im Einklang mit dem Anlagenbegriff, der den bei Abschluß des Kreuzungsvertrags geltenden eisenbahnrechtlichen Vorschriften zugrunde lag.
Zu den Betriebsanlagen der Eisenbahn im Sinne des § 18 Abs. 1 AEG in der Fassung vom 27. Dezember 1993 (BGBl. I 2378, 2396) gehörten alle Grundstücke, Bauwerke und sonstigen Einrichtungen der Eisenbahn, die unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse zur Abwicklung oder Sicherung des Reise- oder Güterverkehrs erforderlich sind. Kriterium für die objektive Zugehörigkeit zur Bahnanlage ist unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse die Eisenbahnbetriebsbezogenheit, das heißt die Verkehrsfunktion und der räumliche Zusammenhang mit dem Eisenbahnbetrieb (BVerwGE 102, 269, 273 f m.w.N.; OVG Münster NVwZ-RR 1999, 12, 13). Dieses weite Begriffsverständ-
nis lag bereits dem zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kreuzungsvertrags geltenden § 36 Abs. 1 BBahnG zugrunde (BVerwGE aaO S. 273). Unter Anwendung dieser Kriterien fällt der Grund, auf dem sich der Schienenverkehrsweg befindet, unter den Anlagenbegriff, da er in unmittelbarem räumlichen und betrieblichen Zusammenhang mit dem Eisenbahnverkehr steht.
Dementsprechend wird in § 4 der Eisenbahn- Bau- und Betriebsordnung (EBO) der Begriff Bahnanlage erklärt. Zwar enthält § 4 Abs. 1 Satz 1 EBO erst seit der Neufassung vom 8. Mai 1991 (BGBl. I S. 1098) die ausdrückliche Klarstellung , daß auch die Grundstücke, auf denen sich dem Bahnbetrieb dienende Bauwerke und Einrichtungen befinden, Teil der Bahnanlagen sind. Jedoch war bereits zu § 4 Abs. 1 EBO in der zum Zeitpunkt des Kreuzungsvertrags geltenden Fassung vom 8. Mai 1967 (BGBl. II S. 1563) anerkannt, daß der Begriff der Bahnanlage als Gesamtheit von einzelnen ortsfesten technischen Einrichtungen des Bahnbetriebs unter Einschluß der dafür genutzten Grundstücke zu verstehen war (vgl. Thoma, Kommentar zur EBO, 1969, S. 25, Erläuterungen zu § 4 Abs. 1 EBO 1967).

e) Eine neue Kreuzung ist auch nicht allein aufgrund der Tatsache entstanden , daß der Kreuzungsort um 550 m verlegt wurde.
Dies ergibt sich aus § 8 Abs. 2 SKR 56. Diese Bestimmung setzt voraus, daß die örtliche Verlagerung des Kreuzungspunktes eine Änderung der Kreuzung und nicht die Herstellung einer neuen darstellt. Dies folgt zum einen unmittelbar aus dem Wortlaut der Vorschrift und zum anderen aus ihrer Rechtsfolgeanordnung. Die Veränderung der Lage des Kreuzungspunktes wird ausdrücklich als ein Fall der Änderung der Kreuzung bezeichnet. Die Norm be-
stimmt ferner als Rechtsfolge der Lageveränderung die entsprechende Geltung von § 2 SKR 56, der die rechtlichen Voraussetzungen für das Herstellen einer
neuen Kreuzung regelt. Wäre die Verlagerung stets das Herstellen einer neuen Kreuzung, würde diese Bestimmung unmittelbar gelten und bedürfte nicht der entsprechenden Anwendung.
Schlick Streck Dörr Galke Herrmann

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZR 136/01
vom
31. Januar 2002
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
GBBerG § 9; SachenR-DV § 1; DDR:WasserG § 40 F: 2. Juli 1982

a) Zugunsten des Betreibers einer Abwasserleitung, die eine im Beitrittsgebiet
gelegene Bahnlinie kreuzt, konnte an dem Trassengrundstück keine beschränkte
persönliche Dienstbarkeit nach § 9 Abs. 1 Satz 1 GBBerG i.V.m.
§§ 1 und 4 SachenR-DV entstehen, da zu den öffentlichen Verkehrswegen
und Verkehrsflächen, bei denen diese Bestimmungen nach § 9 Abs. 2
GBBerG keine Anwendung finden, auch Bahnlinien (Schienenwege i.S.d.

b) Auf der Grundlage der Verwaltungsvorschrift für die Kreuzung und Näherung
fremder Versorgungs-, Informations- und Verkehrsanlagen mit Bahnanlagen
der Deutschen Reichsbahn und Anschlußbahnen vom 29. Dezember 1967
hat ein Wasserversorgungsunternehmen ohne den Nachweis einer ihm gün-
stigen (gestattungs-)vertraglichen Folgekostenregelung die Kosten zu tragen
, die dadurch entstehen, daß durch den Ausbau der Bahnlinie eine die
Trasse querende Abwasserleitung verlegt werden muß. Es kann insbesondere
nicht davon ausgegangen werden, daß vor dem 3. Oktober 1990 zugunsten
des Versorgungsunternehmens ein wasserrechtliches Mitnutzungsoder
Mitbenutzungsrecht i.S.d. § 40 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c DDR-WasserG
1982 begründet worden war.
BGH, Beschluß vom 31. Januar 2002 - III ZR 136/01 - OLG Dresden
LG Leipzig
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 31. Januar 2002 durch den
Vorsitzenden Richter Dr. Rinne und die Richter Dr. Wurm, Streck, Schlick und
Dörr

beschlossen:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 21. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 26. April 2001 - 21 U 2400/00 - wird nicht angenommen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens (§ 97 Abs. 1 ZPO).
Streitwert: 240.000 DM (= 122.710,05 ?).

Gründe


Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 554 b ZPO a.F.). Die Revision hat im Ergebnis auch keine Aussicht auf Erfolg (BVerfGE 54, 277).

I.


Im Auftrag der Klägerin, der Betreiberin der Infrastruktur der Bundeseisenbahnen , wird im Rahmen der Verkehrsprojekte Deutsche Einheit die Eisenbahnverbindung Leipzig-Dresden ausgebaut. Im Zuge der Ausbaumaû-
nahme muûte die im Bereich der T.-Straûe in Leipzig die Bahnlinie kreuzende, bereits vor dem 3. Oktober 1990 errichtete Abwasserleitung der Beklagten verlegt werden. Da zwischen den Parteien unterschiedliche Auffassungen darüber bestanden, wer die Kosten der Umverlegung der Abwasserleitung zu tragen hat, vereinbarten sie im Frühjahr 1999, daû die Klägerin die Baukosten vorfinanzieren und die endgültige Abrechnung gegebenenfalls nach einer gerichtlichen Klärung der Kostenfrage erfolgen solle.
Die Klägerin begehrt festzustellen, daû die Beklagte die anläûlich der Umverlegung der Abwasserleitung entstandenen notwendigen Kosten nebst Zinsen zu tragen habe. Landgericht und Oberlandesgericht haben der Klage stattgegeben. Mit der Revision erstrebt die Beklagte weiterhin Abweisung der Klage.

II.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, die die Vorinstanzen ihrer Entscheidung zutreffend zugrunde gelegt haben, ist der Streit zwischen dem Träger des Verkehrswegs - hier der Klägerin - und dem von der Ausbaumaûnahme nachteilig betroffenen Versorgungsunternehmen - hier der Beklagten - darüber, wer die Kosten der infolge des Verkehrswegeausbaus notwendig gewordenen Verlegung oder Umgestaltung einer kreuzenden Versorgungsleitung zu tragen hat, danach zu beantworten, ob der Träger des Verkehrswegeausbaus, wenn sich das Versorgungsunternehmen mit der erforderlichen Verlegung der Leitung nicht einverstanden erklärt hätte, dieses Ziel nur unter Übernahme der Kosten oder gegen Entschädigung hätte durchsetzen können. Dabei ist die Frage der Kostentragungspflicht dann, wenn die Nutzung des Verkehrswegs für Versorgungszwecke durch eine Dienstbar-
keit (§§ 1018, 1090 BGB) dinglich gesichert (vgl. § 1023 BGB) ist oder aufgrund eines entgeltlichen Nutzungsverhältnisses wie Miete oder Pacht erfolgt, grundsätzlich zugunsten, bei (jederzeit kündbaren) Leih- oder ähnlichen Verträgen , die keine nach Art. 14 GG geschützte Rechtsposition vermitteln, grundsätzlich zum Nachteil des Versorgungsunternehmens zu beantworten (Senatsurteile BGHZ 144, 29, 50 f; 138, 266, 268 m.w.RsprNachw.).
1. In den Tatsacheninstanzen stand im Zentrum des Rechtsstreits die Frage , ob zugunsten der Beklagten an dem von der Abwasserleitung in Anspruch genommenen Bahntrassengrundstück kraft Gesetzes eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit nach §§ 1 und 4 der SachenrechtsDurchführungsverordnung vom 20. Dezember 1994 (BGBl. I S. 3900) i.V.m. § 9 Abs. 1 des Grundbuchbereinigungsgesetzes (GBBerG) vom 20. Dezember 1993 (Art. 2 des Registerverfahrenbeschleunigungsgesetzes, BGBl. I S. 2182, 2192) entstanden ist. Dies haben die Vorinstanzen zu Recht verneint.
Aufgrund der durch die Bestimmungen der Sachenrechts-Durchführungsverordnung auf wasserwirtschaftliche Anlagen wie Abwasserleitungen erweiterten Regelung des § 9 Abs. 1 GBBerG entstand an den im Beitrittsgebiet gelegenen Grundstücken, die am 3. Oktober 1990 für Zwecke der Energieversorgung genutzt worden waren, eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit an den von den vorhandenen Energieanlagen in Anspruch genommenen Grundstücken. Begünstigt ist das Versorgungsunternehmen, das die jeweilige Anlage bei Inkrafttreten der das dingliche Recht begründenden Bestimmung betrieben hatte.
Nach § 9 Abs. 2 GBBerG ist jedoch das Entstehen einer Dienstbarkeit bei solchen Leitungen ausgeschlossen, die sich über oder in öffentlichen Verkehrswegen und Verkehrsflächen befinden. Um eine derartige Leitung geht es hier.
Entgegen der Meinung der Beklagten sind Verkehrsflächen im Sinne dieser Bestimmung insbesondere auch Bahnlinien. Die in etwa zeitgleich mit dem Erlaû des Registerverfahrenbeschleunigungsgesetzes einhergehende Organisationsprivatisierung der Deutschen Bundesbahn steht dem schon deshalb nicht entgegen, weil der Gemeinwohlauftrag der Bahn zur Erbringung öffentlicher Verkehrsdienstleistungen von dieser Umstrukturierung unberührt geblieben ist (Art. 87 e Abs. 4 GG; vgl. dazu BVerwGE 102, 269, 271 f). Die Richtigkeit dieser auch in der Literatur, soweit ersichtlich einhellig, für zutreffend befundenen Auffassung (Seeliger, DtZ 1995, 34, 35; Möller, RdE 1997, 101, 103; Schulze, RPfleger 1999, 167, 168) wird bestätigt durch § 2 Abs. 2 Nr. 3 des Verkehrsflächenbereinigungsgesetzes vom 26. Oktober 2001 (Art. 1 des Grundstücksrechtsbereinigungsgesetzes, BGBl. I S. 2716), der ausdrücklich klarstellt, daû Verkehrsflächen im Sinne dieses Gesetzes (unter anderem) auch Flächen mit Eisenbahninfrastruktur im Sinne des § 2 Abs. 3 Satz 1 (Schienenwege ) und 2 des Allgemeinen Eisenbahngesetzes sind.
2. Eine vertragliche Regelung der Benutzung der Bahnlinie für die Abwasserleitung , insbesondere darüber, welche Vertragspartei im Falle einer notwendig werdenden Veränderung der Leitung die Kosten hierfür zu tragen hat, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Entgegen der Auffassung der Revision läût sich ein derartiger Vertragsschluû dem Vorbringen der Parteien nicht entnehmen. In dem von der Revision angeführten Schriftsatz der Klägerin sind
nur allgemeine Ausführungen dazu enthalten, welche Abreden nach den jeweils gültigen Richtlinien und Verwaltungsvorschriften in der Bundesrepublik Deutschland, vor und nach der Herstellung der deutschen Einheit, und in der früheren DDR üblicherweise anläûlich der Verlegung von Versorgungsleitungen in oder über Bahntrassen getroffen wurden bzw. werden. Dessen ungeachtet ist in den Tatsacheninstanzen von keiner Partei ein konkreter Vertragsschluû bezüglich der streitgegenständlichen Abwasserleitung behauptet worden.

a) Danach kann nach dem der revisionsrechtlichen Nachprüfung unterliegenden Sach- und Streitstand insbesondere nicht davon ausgegangen werden , daû - wie die Revision erstmals geltend macht - vor dem 3. Oktober 1990 im Zusammenhang mit der Errichtung und dem Betrieb der Abwasserleitung zugunsten des Rechtsvorgängers der Beklagten an dem für diesen wasserwirtschaftlichen Zweck in Anspruch genommenen Trassengrundstück ein Mitnutzungs - oder Mitbenutzungsrecht nach § 27 Abs. 1 des Wassergesetzes (WasserG 1963) vom 17. April 1963 (DDR-GBl. I S. 77) i.V.m. § 46 des Wassergesetzes (WasserG 1982) vom 2. Juli 1982 (DDR-GBl. I S. 467) oder nach § 40 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c WasserG 1982 begründet worden war.
Zwar konnte ein Versorgungsträger bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen die Einräumung eines solchen Rechts verlangen. Für das Entstehen des Rechts war aber - nicht anders als bei den energierechtlichen Mitbenutzungsrechten (vgl. eingehend dazu Senatsurteil BGHZ 144, 29, 31 ff) - grundsätzlich eine Vereinbarung des Versorgungsträgers mit dem Eigentümer oder Rechtsträger des Grundstücks erforderlich. Nur dann, wenn ein solcher Vertrag nicht zustande gekommen war, konnte das Mitnutzungs- oder Mitbe-
nutzungsrecht durch eine Entscheidung des zuständigen Staatsorgans geschaffen werden (§ 27 Abs. 3 WasserG 1963; § 40 Abs. 4 WasserG 1982).

b) Im übrigen legt die von der Klägerin zu den Akten gereichte Verwaltungsvorschrift für die Kreuzung und Näherung fremder Versorgungs-, Informations - und Verkehrsanlagen mit Bahnanlagen der Deutschen Reichsbahn und Anschluûbahnen - VKN-DR - vom 29. Dezember 1967 (VuM/Ministerium für Verkehrswesen 1968 S. 1) den Schluû nahe, daû in der Rechts- und Verwaltungspraxis der DDR bei der Inanspruchnahme von Bahnanlagen für Zwecke der Energie- oder Wasser-/Abwasserversorgung keine Mitbenutzungsrechte im Sinne der jeweils geltenden Wassergesetze oder Energieverordnungen, die ihrerseits nur spezialgesetzliche Unterfälle des allgemeinen (privatrechtlichen) Rechts zur vorübergehenden oder dauernden Mitbenutzung eines Grundstücks in bestimmter Weise (vgl. § 321 Abs. 1 ZGB) darstellten (Senatsurteil aaO), begründet, sondern - nicht anders als im Bereich des Straûenwesens - typischerweise "verkehrsrechtliche" Nutzungsbefugnisse eingeräumt wurden. Ausweislich der vorgelegten Verwaltungsvorschrift wurde jedoch zur Begründung dieses Nutzungsrechts bei Bahnanlagen, im Unterschied zu den öffentlichen Straûen, nicht eine (öffentlich-rechtliche) Sondernutzungsgenehmigung (vgl. § 13 Abs. 1 Satz 1 der Straûenverordnung vom 22. August 1974, DDRGBl. I S. 525) erteilt, sondern ein besonderer "Gestattungsvertrag" abgeschlossen (8.2.8 und 10.1 VKN-DR). Dies mag als Beleg dafür dienen, daû in der DDR im Bereich der Bahnanlagen an dem herkömmlichen, in den alten Bundesländern von Anfang an auch bei öffentlichen Straûen beibehaltenen System der freien Vereinbarung zwischen Verkehrsträger und Versorgungsunternehmen festgehalten wurde.
Auch wenn nach 3.7 VKN-DR in den jeweiligen Gestattungsverträgen nicht von vornherein die Verteilung der Folgekosten festzulegen waren, sondern insoweit die Vertragsparteien im Bedarfsfalle die zur "Aufhebung der Anlage" erforderlichen Maûnahmen und den Zeitpunkt ihrer Realisierung zu vereinbaren hatten, so ergibt doch eine Gesamtschau dieser Regelungen, daû - insoweit vergleichbar der Rechtslage im Straûenbereich (Senatsurteil aaO S. 38 f) und im Unterschied zu den Regelungen im Wasser- und Energierecht - die verkehrliche Nutzung im Vordergrund stand und demgegenüber die Interessen der Versorgungsträger zurückzutreten hatten.
Weiterhin ist festzuhalten, daû nach 8.2.10 und 8.2.11 VKN-DR das Versorgungsunternehmen der Deutschen Reichsbahn lediglich für die Prüfung der Bauunterlagen eine Verwaltungsgebühr zu entrichten und darüber hinaus für alle im Zusammenhang mit der Errichtung, Unterhaltung oder dem Betrieb der kreuzenden Energieversorgungs- oder Wasser-/Abwasseranlage auftretenden Erschwernisse Aufwendungsersatz zu leisten hatte. Für die Überlassung des durch die Leitung beanspruchten Grund und Bodens war jedoch - anders als dies etwa in den im Bundesgebiet (früher) geltenden Gas- und Wasserleitungskreuzungsrichtlinien der Deutschen Bundesbahn aus dem Jahre 1980 und (später) der Deutschen Bahn AG aus dem Jahr 2000 vorgesehen ist - ein Entgelt nicht zu entrichten.

c) Danach kann auch unter Berücksichtigung der VKN-DR nicht davon gesprochen werden, daû der Beklagten eine enteignungsrechtlich geschützte
Rechtsposition zustand, aufgrund derer sie eine Geldentschädigung für die ihr durch die schienenbaubedingte Änderung der Abwasserleitung entstandenen Nachteile hätte verlangen können (vgl. Senatsurteil BGHZ 125, 293, 297 ff).
Rinne Wurm Streck Schlick Dörr