Bundesgerichtshof Urteil, 13. Okt. 2005 - III ZR 234/04

bei uns veröffentlicht am13.10.2005
vorgehend
Landgericht Mühlhausen, 3 O 391/02, 28.01.2003
Thüringer Oberlandesgericht, 3 U 132/03, 24.03.2004

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 234/04
Verkündet am:
13. Oktober 2005
K i e f e r
Justizangestellter
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Zur amtspflichtwidrigen Rücknahme und Versagung eines gemäß § 36
Abs. 2 Satz 2 BauGB durch Ablauf der Zwei-Monats-Frist fingierten gemeindlichen
Einvernehmens.

b) Zur Frage, ob eine anderweitige Ersatzmöglichkeit des geschädigten
Bauherrn in Gestalt eines Schadensersatzanspruchs gegen seinen im
Verwaltungsverfahren tätig gewordenen Rechtsanwalt in Betracht kommt,
wenn dieser es unterlassen hat, die Widerspruchsbehörde auf eine nachträglich
ergangene neue Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts
hinzuweisen.
BGH, Urteil vom 13. Oktober 2005 - III ZR 234/04 - OLG Jena
LG Mühlhausen
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 13. Oktober 2005 durch den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter
Dr. Wurm, Streck, Dr. Kapsa und Dörr

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Grundurteil des 3. Zivilsenats des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena vom 24. März 2004 aufgehoben, soweit zum Nachteil der Klägerin erkannt worden ist.
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Mühlhausen vom 28. Januar 2003 weiter abgeändert.
Die Klage ist insgesamt dem Grunde nach gerechtfertigt.
Die Anschlussrevision der Beklagten wird zurückgewiesen.
Die Sache wird zur Entscheidung über die Höhe des Anspruchs und über die Kosten des Berufungsverfahrens an das Landgericht zurückverwiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Revisionsrechtszuges einschließlich derjenigen des Streithelfers zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Die Rechtsvorgängerin der Klägerin (im folgenden durch gängig selbst als "Klägerin" bezeichnet) beabsichtigte, in den Jahren 1995/96 auf einem Gelände im unbeplanten Innenbereich der beklagten Stadt eine Tankstelle zu errichten. Zu diesem Zwecke reichte sie am 14. November 1995 einen entsprechenden Bauantrag beim Landratsamt E. als der zuständigen Bauaufsichtsbehörde ein. Diese forderte mit Schreiben vom 16. November 1995 die Beklagte zur Stellungnahme über die Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens nach § 36 BauGB auf. Dieses Ersuchen wiederholte die Bauaufsichtsbehörde mit Schreiben vom 19. Februar 1996. Daraufhin verweigerte die Beklagte mit Schreiben vom 1. März 1996 das Einvernehmen. Mit Schreiben vom 12. Juni 1996 an die Bauaufsichtsbehörde räumte die Beklagte ein, dass das Einvernehmen durch Versäumung der Zwei-Monats-Frist des § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB als erteilt gelte, erklärte jedoch zugleich, dass sie dieses Einvernehmen nunmehr zurückziehe. Die Bauaufsichtsbehörde hielt die Verweigerung des Einvernehmens zwar für rechtswidrig - worauf sie die Beklagte auch durch Schreiben vom 19. Dezember 1996 hinwies und um Stellungnahme bis zum 10. Januar 1997 bat, ob das gemeindliche Einvernehmen nicht doch erteilt werde -, fühlte sich aber gleichwohl daran gebunden. Mit Bescheid vom 4. März 1997 lehnte die Bauaufsichtsbehörde den Bauantrag der Klägerin ab. Die Entscheidung wurde ausschließlich auf die Bindungswirkung der Versagung des gemeindlichen Einvernehmens gestützt. Mit der gleichen Begründung wurde der Widerspruch der Klägerin durch Bescheid des Thüringer Landesverwaltungsamts vom 30. September 1998 zurückgewiesen. Auf die hiergegen gerichtete Klage verpflichtete das Verwaltungsgericht Weimar durch Urteil vom 21. Juli 1999, rechtskräftig seit dem 2. November 1999, die Bauaufsichtsbehörde , der Klägerin die Baugenehmigung zur Errichtung einer Tankstelle entsprechend ihrem Bauantrag vom 14. November 1995 zu erteilen. Dies geschah mit Bescheid vom 6. Januar 2000.
2
Die Klägerin nimmt nunmehr die beklagte Stadt aus Am tshaftung wegen der rechtswidrigen Versagung des Einvernehmens auf Ersatz des entstandenen Verzögerungsschadens, den sie auf 425.627,59 € beziffert, nebst Zinsen in Anspruch. Das Landgericht hat die Klage insgesamt abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht durch Grundurteil den Klageantrag für gerechtfertigt erklärt, soweit Schadensersatz für die Zeit vom 11. Januar bis 31. Oktober 1997 begehrt werde. Im übrigen wurde die Berufung zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die vom Senat zugelassene Revision der Klägerin, der sich die Beklagte angeschlossen hat.

Entscheidungsgründe


3
Die Revision der Klägerin ist begründet, die Anschlussrevi sion der Beklagten hingegen unbegründet.
4
1. Das Berufungsgericht bejaht eine schuldhafte Amtspflichtverletzung der zuständigen Amtsträger der beklagten Stadt durch die unberechtigte Verweigerung des Einvernehmens zu dem geplanten Bauvorhaben der Klägerin (§ 36 BauGB). Es lässt jedoch den Amtshaftungsanspruch zum weit überwiegenden Teil daran scheitern, dass der Klägerin für den Verzögerungszeitraum ab 1. November 1997 eine anderweitige Ersatzmöglichkeit in Gestalt eines Schadensersatzanspruchs gegen ihren Prozessbevollmächtigten zustehe, der sie auch im Verfahren des verwaltungsrechtlichen und verwaltungsgerichtlichen Primärrechtsschutzes vertreten hatte. Es lastet dem Anwalt als Pflichtverletzung an, dass er es unterlassen habe, die Widerspruchsbehörde rechtzeitig auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 12. Dezember 1996 (4 C 24/95 = NVwZ 1997, 900, 901 = BauR 1997, 444, 446) hinzuweisen, wo in einem obiter dictum ausgesprochen worden war, dass das durch Fristablauf fingierte Einvernehmen der Gemeinde nicht widerrufen werden könne. Die Revision der Klägerin wendet sich gegen diese Teilabweisung der Klage und betrifft dementsprechend die Anspruchshöhe. Hingegen macht die Beklagten mit ihrer Anschlussrevision geltend, es fehle an einem Ursachenzusammenhang zwischen dem Einvernehmenswiderruf und der behaupteten Verzögerung der Tankstellenerrichtung; ferner hätten die zuständigen Amtsträger bei der Entscheidung über das Einvernehmen nicht schuldhaft gehandelt. Außerdem verfolgt die Beklagte die vorinstanzlich erhobene Verjährungseinrede weiter. Dies bedeutet, dass durch die Anschlussrevision auch der Anspruchsgrund insgesamt zur Entscheidung des erkennenden Senats gestellt wird.
5
2. Die Angriffe der Beklagten gegen den Grund des zuerkannten Amtshaftungsanspruchs (§ 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG) können keinen Erfolg haben.
6
a) Bei dem von der Klägerin geplanten Bauvorhaben ha ndelte es sich um ein solches im unbeplanten Innenbereich der beklagten Gemeinde (§ 34 BauGB), das des gemeindlichen Einvernehmens nach § 36 Abs. 1 Satz 1 BauGB in der Ursprungsfassung vom 8. Dezember 1986 (BGBl. I S. 2253) bedurfte. Die Änderung des § 36 BauGB durch das Gesetz zur Änderung des Baugesetzbuchs und zur Neuregelung des Rechts der Raumordnung (Bauund Raumordnungsgesetz 1998 - BauROG) vom 18. August 1997 (BGBl. I S. 2081) ist dagegen - zumindest für das Verwaltungsverfahren vor dem Landratsamt als der zuständigen Bauaufsichtsbehörde - noch nicht einschlägig. Durch dieses Gesetz ist in § 36 Abs. 2 der neue Satz 3 eingefügt worden, durch den die nach Landesrecht zuständige Behörde unmittelbar durch Bundesrecht die Möglichkeit erhalten hat, ein rechtswidrig versagtes gemeindliches Einvernehmen zu einem genehmigungsbedürftigen Bauvorhaben zu ersetzen. Insoweit bedarf es einer Zuständigkeitsregelung durch den Landesgesetz- oder Verordnungsgeber. Von dieser Regelungsbefugnis hatte der Freistaat Thüringen während der Dauer des hier in Rede stehenden Verwaltungsverfahrens keinen Gebrauch gemacht; deswegen blieb es insoweit uneingeschränkt bei den bisherigen Haftungsgrundsätzen (vgl. zu diesen Fragen: Staudinger /Wurm, BGB 13. Bearb. [2002] § 839 Rn. 587-589).
7
b) Der auf der Planungshoheit beruhenden Beteiligun g der Gemeinde am Baugenehmigungsverfahren kann im Falle der Versagung des Einvernehmens eine für den Bauwilligen ausschlaggebende Bedeutung zukommen, weil die Baugenehmigungsbehörde nach der hier einschlägigen Rechtslage gehindert ist, eine Baugenehmigung auszusprechen, solange die Gemeinde ihr Einvernehmen nicht erklärt hat (übereinstimmende Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundesgerichtshofs; vgl. z.B. BVerwGE 22, 342; BVerwG UPR 1992, 234, 235; BGHZ 65, 182, 186; 99, 262, 273; 118, 263, 265). Vereitelt oder verzögert die Gemeinde im Geltungsbereich der bisherigen Regelung durch unberechtigte Verweigerung des Einvernehmens ein planungsrechtlich zulässiges Bauvorhaben, so berührt dies - sei es auch nur mittelbar - notwendig und bestimmungsgemäß die Rechtsstellung des Bauwilligen.
Dies genügt, um eine besondere Beziehung zwischen der verletzten Amtspflicht und dem Bauwilligen als einem geschützten "Dritten" im Sinne des § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB zu bejahen. Dessen Interessen werden durch die Amtspflicht , das Einvernehmen nicht zu verweigern, wenn das Bauvorhaben nach den §§ 31, 33, 34 oder 35 BauGB zulässig ist, in individualisierter und qualifizierter Weise geschützt (BGHZ 65, 182, 184 ff; seither st. Rspr., vgl. BGHZ 118, 263, 265 f m.w.N.; s. zum Ganzen auch Staudinger/Wurm aaO Rn. 581).
8
c) Der Grundsatz, dass eine rechtswidrige Versagung des Ein vernehmens unmittelbare Amtshaftungsansprüche des Bauherrn gegen die Gemeinde begründen kann, gilt - wie das Berufungsgericht eingehend und zutreffend ausgeführt hat - auch dann, wenn das Einvernehmen objektiv überhaupt nicht erforderlich gewesen war. Es genügt vielmehr, dass die Bauaufsichtsbehörde die Gemeinde am Verfahren beteiligt hat, weil sie deren Einvernehmen für erforderlich hielt. Die zuständigen Amtsträger der Gemeinde haben auch in einem solchen Fall die Amtspflicht gegenüber einem Bauwilligen, die Erteilung der von ihm begehrten Baugenehmigung, auf die er einen Anspruch hat, nicht durch ein Verhalten zu hindern, das die Bauaufsichtsbehörde als Verweigerung des für erforderlich gehaltenen Einvernehmens nach § 36 BauGB werten muss. In diesem Zusammenhang hat der Senat insbesondere bereits entschieden, dass es nicht darauf ankommt, aus welchem Rechtsgrund das Einvernehmen im konkreten Falle entbehrlich war (s. dazu vor allem den Senatsbeschluss vom 25. Oktober 1990 - III ZR 249/89 = BGHR BGB § 839 Abs. 1 Satz 1 Gemeinderat 4 = BRS 53 Nr. 40 sowie das Senatsurteil vom 21. November 2002 - III ZR 278/01 = NVwZ-RR 2003, 403).
9
d) Aufgrund der Rechtskraft des verwaltungsgerichtlichen U rteils steht auch für den vorliegenden Amtshaftungsprozess, d.h. im Verhältnis zwischen der Klägerin und der seinerzeit beigeladenen Beklagten, fest, dass die Verweigerung der Baugenehmigung rechtswidrig gewesen war (Senatsurteil vom 21. November 2002 aaO). Dies bedeutete, dass die von der Beklagten gegen die planungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens angeführten Gründe sich als nicht stichhaltig erwiesen hatten.
10
e) Das Berufungsgericht hat zutreffend festgestellt, dass die zuständigen Amtsträger der Gemeinde bei der Verweigerung des Einvernehmens schuldhaft gehandelt haben. Dabei bedarf es keiner Entscheidung, ob sie bereits vor dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 12. Dezember 1996 (aaO) hätten erkennen können und müssen, dass ein durch Ablauf der Zwei-Monats-Frist des § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB fingiertes Einvernehmen nicht mehr frei widerruflich gewesen war. Jedenfalls liegt ein Verschulden darin, dass sie die planungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens materiell unrichtig beurteilt hatten. Dies ergibt sich aus den Feststellungen des Verwaltungsgerichts zu den topografischen und baulichen Gegebenheiten, nach denen es sich um ein Mischgebiet gehandelt hatte, in dem die geplante Tankstelle zulässig war. Nach dem objektivierten Sorgfaltsmaßstab, der im Amtshaftungsrecht gilt, mussten die Amtsträger der Gemeinde die für eine so weittragende Entscheidung wie die Versagung des Einvernehmens erforderlichen Rechts- und Verwaltungskenntnisse besitzen oder sich verschaffen (Senatsurteil vom 21. November 2002 aaO). Dies gilt hier um so mehr, als sie - im Unterschied zu dem dem Senatsurteil vom 21. November 2002 zugrunde liegenden Fall - von der Bauaufsichtsbehörde auf die Zulässigkeit des Vorhabens hingewiesen worden waren. Auch die "Kollegialgerichts-Richtlinie", die in diesem Zusammenhang von der An- schlussrevision angesprochen wird, hilft der Beklagten hier nicht, da das Landgericht sich zur Frage der materiellen Rechtmäßigkeit der der Versagung des Einvernehmens zugrunde liegenden planungsrechtlichen Erwägungen nicht geäußert hat.
11
f) Entgegen der Auffassung der Beklagten lässt sich hier nicht feststellen , dass das Bauvorhaben auch bei einer rechtzeitigen Erteilung des Einvernehmens und einer entsprechend früheren Erteilung der Baugenehmigung undurchführbar gewesen wäre. Es mag zwar zutreffen, dass die Verwirklichung des Bauvorhabens noch von weiteren Voraussetzungen, insbesondere der Erschließung und des dafür erforderlichen Abschlusses straßenbaurechtlicher Verträge sowohl mit der Beklagten (Grunderwerb) als auch mit dem Freistaat Thüringen abhängig gewesen war. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass diese Verträge bei früherer Erteilung der Baugenehmigung nicht auch früher hätten abgeschlossen werden können, sind indessen weder substantiiert vorgetragen noch sonst ersichtlich. Es ist deshalb nicht erkennbar, dass etwaige hierdurch verursachte Verzögerungen das Bauvorhaben insgesamt in Frage gestellt hätten. Die genaue Feststellung des hypothetischen Zeitablaufs kann daher dem Betragsverfahren vorbehalten werden und schließt eine Feststellung der Ersatzpflicht dem Grunde nach nicht aus.
12
g) Entgegen der Auffassung der Beklagten ist der gegen sie gerichtete Amtshaftungsanspruch auch nicht verjährt. Die Verjährung beurteilt sich noch nach § 852 Abs. 1 BGB a.F. Sie ist hier durch die Inanspruchnahme verwaltungsrechtlichen und verwaltungsgerichtlichen Primärrechtsschutzes analog § 209 Abs. 1 BGB a.F. auch im Verhältnis zwischen der Klägerin und der damals beigeladenen Beklagten unterbrochen worden (vgl. Wurm, Festschrift Boujong [1996], 687, 699 f; s. aus der Rechtsprechung insbesondere Senatsurteil BGHZ 118, 253, 263 betreffend die Unterbrechung der Frist des Art. 71 Abs. 1 BayAGBG, die sich nach den gleichen Grundsätzen beurteilt wie die Verjährungsunterbrechung).
13
3. Zu Recht wenden sich sowohl die Klägerin mit ihrer Revision als auch der Anwalt, der ihr im Revisionsrechtszug auf Streitverkündung beigetreten ist, mit seiner Stellungnahme gegen die Auffassung des Berufungsgerichts, der geltend gemachte Amtshaftungsanspruch scheitere zum weitaus größten Teil an dem Verweisungsprivileg des § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB. Außerdem ist der Revision darin beizupflichten, dass auch die Festlegung des Beginns des vom Berufungsgericht angenommenen Schadenszeitraums auf den 11. Januar 1997 keinen Bestand haben kann.
14
a) Insoweit weist die Revision zutreffend darauf hin, d ass die Beklagte verpflichtet war, schon bei ihren in der ersten Hälfte des Jahres 1996 getroffenen Entscheidungen, betreffend das Einvernehmen, den oben skizzierten objektivierten Sorgfaltsmaßstab einzuhalten. Ihre Amtsträger hätten danach schon vor Ablauf der von der Bauaufsichtsbehörde bis zum 10. Januar 1997 gesetzten Frist zur Nachholung des Einvernehmens erkennen können und müssen, dass das Vorhaben der Klägerin bauplanungsrechtlich zulässig war. Auch die vorangegangenen abschlägigen Entscheidungen stellten daher Amtspflichtverletzungen dar, die die Beklagte zum Schadensersatz gegenüber der Klägerin verpflichten konnten.
15
b) Eine anderweitige Ersatzmöglichkeit in Form eines en tsprechenden Anspruchs gegen den vorinstanzlichen Prozessbevollmächtigten der Klägerin, der diese auch im Verwaltungsverfahren vertreten hatte, lässt sich hier nicht feststellen. Der Anwalt hatte in seiner Widerspruchsbegründung - noch bevor ihm, auch nach Auffassung des Berufungsgerichts, die neue Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts hatte bekannt sein können - die Sach- und Rechtslage nach dem seinerzeitigen Stand in Rechtsprechung und Schrifttum zutreffend dargelegt und dabei insbesondere auch das Problem angesprochen, dass ein durch Fristablauf fingiertes Einvernehmen nicht hatte widerrufen werden können. Damit hatte er das seinerseits Erforderliche getan, um die Interessen der Klägerin ordnungsgemäß und sachgerecht wahrzunehmen. Die Parteien und ihre Anwälte tragen im Wesentlichen Verantwortung hinsichtlich des unterbreiteten Sachverhalts und der Antragstellung. Der weitere Gang des Verfahrens lag nunmehr in der Hand der Widerspruchsbehörde. Diese war verpflichtet , die Entwicklung der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im Auge zu behalten. Deshalb sieht der Senat keine Rechtfertigung dafür, dem Anwalt auch noch das Risiko aufzuladen, dass die Widerspruchsbehörde als mit besonderer Sachkunde ausgestattete zuständige Fachbehörde die einschlägige nachträglich ergehende Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Kenntnis nahm und sich danach ausrichtete. Solches ist auch nicht Sinn der Subsidiaritätsklausel des § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB.
16
4. Auf der Grundlage des von den Vorinstanzen festgestellten Sachverhalts ist der Rechtsstreit entscheidungsreif, soweit er den gesamten Anspruchsgrund betrifft. Der Senat hat den Amtshaftungsanspruch daher insgesamt dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Die Anschlussrevision der Beklagten war zurückzuweisen.
Schlick Wurm Streck
Kapsa Dörr

Vorinstanzen:
LG Mühlhausen, Entscheidung vom 28.01.2003 - 3 O 391/02 -
OLG Jena, Entscheidung vom 24.03.2004 - 3 U 132/03 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 13. Okt. 2005 - III ZR 234/04

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Verletzt jemand in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so trifft die Verantwortlichkeit grundsätzlich den Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst er steht. Bei Vorsatz oder g

Baugesetzbuch - BBauG | § 36 Beteiligung der Gemeinde und der höheren Verwaltungsbehörde


(1) Über die Zulässigkeit von Vorhaben nach den §§ 31, 33 bis 35 wird im bauaufsichtlichen Verfahren von der Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde entschieden. Das Einvernehmen der Gemeinde ist auch erforderlich, wenn in einem ander

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Hat der Ersatzpflichtige durch eine unerlaubte Handlung auf Kosten des Verletzten etwas erlangt, so ist er auch nach Eintritt der Verjährung des Anspruchs auf Ersatz des aus einer unerlaubten Handlung entstandenen Schadens zur Herausgabe nach den Vor

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 209 Wirkung der Hemmung


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(1) In Gebieten, für die ein Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans gefasst ist, ist ein Vorhaben zulässig, wenn1.die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 3 Absatz 2, § 4 Absatz 2 und § 4a Absatz 2 bis 4 durchgeführt worden is

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bei uns veröffentlicht am 01.06.2018

Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. 3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Referenzen

(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.

(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.

(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.

(1) Über die Zulässigkeit von Vorhaben nach den §§ 31, 33 bis 35 wird im bauaufsichtlichen Verfahren von der Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde entschieden. Das Einvernehmen der Gemeinde ist auch erforderlich, wenn in einem anderen Verfahren über die Zulässigkeit nach den in Satz 1 bezeichneten Vorschriften entschieden wird; dies gilt nicht für Vorhaben der in § 29 Absatz 1 bezeichneten Art, die der Bergaufsicht unterliegen. Richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben nach § 30 Absatz 1, stellen die Länder sicher, dass die Gemeinde rechtzeitig vor Ausführung des Vorhabens über Maßnahmen zur Sicherung der Bauleitplanung nach den §§ 14 und 15 entscheiden kann. In den Fällen des § 35 Absatz 2 und 4 kann die Landesregierung durch Rechtsverordnung allgemein oder für bestimmte Fälle festlegen, dass die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde erforderlich ist.

(2) Das Einvernehmen der Gemeinde und die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde dürfen nur aus den sich aus den §§ 31, 33, 34 und 35 ergebenden Gründen versagt werden. Das Einvernehmen der Gemeinde und die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde gelten als erteilt, wenn sie nicht binnen zwei Monaten nach Eingang des Ersuchens der Genehmigungsbehörde verweigert werden; dem Ersuchen gegenüber der Gemeinde steht die Einreichung des Antrags bei der Gemeinde gleich, wenn sie nach Landesrecht vorgeschrieben ist. Die nach Landesrecht zuständige Behörde kann ein rechtswidrig versagtes Einvernehmen der Gemeinde ersetzen.

(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.

(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.

(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.

Verletzt jemand in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so trifft die Verantwortlichkeit grundsätzlich den Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst er steht. Bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit bleibt der Rückgriff vorbehalten. Für den Anspruch auf Schadensersatz und für den Rückgriff darf der ordentliche Rechtsweg nicht ausgeschlossen werden.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Über die Zulässigkeit von Vorhaben nach den §§ 31, 33 bis 35 wird im bauaufsichtlichen Verfahren von der Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde entschieden. Das Einvernehmen der Gemeinde ist auch erforderlich, wenn in einem anderen Verfahren über die Zulässigkeit nach den in Satz 1 bezeichneten Vorschriften entschieden wird; dies gilt nicht für Vorhaben der in § 29 Absatz 1 bezeichneten Art, die der Bergaufsicht unterliegen. Richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben nach § 30 Absatz 1, stellen die Länder sicher, dass die Gemeinde rechtzeitig vor Ausführung des Vorhabens über Maßnahmen zur Sicherung der Bauleitplanung nach den §§ 14 und 15 entscheiden kann. In den Fällen des § 35 Absatz 2 und 4 kann die Landesregierung durch Rechtsverordnung allgemein oder für bestimmte Fälle festlegen, dass die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde erforderlich ist.

(2) Das Einvernehmen der Gemeinde und die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde dürfen nur aus den sich aus den §§ 31, 33, 34 und 35 ergebenden Gründen versagt werden. Das Einvernehmen der Gemeinde und die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde gelten als erteilt, wenn sie nicht binnen zwei Monaten nach Eingang des Ersuchens der Genehmigungsbehörde verweigert werden; dem Ersuchen gegenüber der Gemeinde steht die Einreichung des Antrags bei der Gemeinde gleich, wenn sie nach Landesrecht vorgeschrieben ist. Die nach Landesrecht zuständige Behörde kann ein rechtswidrig versagtes Einvernehmen der Gemeinde ersetzen.

(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.

(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.

(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

(1) In Gebieten, für die ein Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans gefasst ist, ist ein Vorhaben zulässig, wenn

1.
die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 3 Absatz 2, § 4 Absatz 2 und § 4a Absatz 2 bis 4 durchgeführt worden ist,
2.
anzunehmen ist, dass das Vorhaben den künftigen Festsetzungen des Bebauungsplans nicht entgegensteht,
3.
der Antragsteller diese Festsetzungen für sich und seine Rechtsnachfolger schriftlich anerkennt und
4.
die Erschließung gesichert ist.

(2) In Fällen des § 4a Absatz 3 Satz 1 kann vor der erneuten Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung ein Vorhaben zugelassen werden, wenn sich die vorgenommene Änderung oder Ergänzung des Bebauungsplanentwurfs nicht auf das Vorhaben auswirkt und die in Absatz 1 Nummer 2 bis 4 bezeichneten Voraussetzungen erfüllt sind.

(3) Wird ein Verfahren nach § 13 oder § 13a durchgeführt, kann ein Vorhaben vor Durchführung der Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung zugelassen werden, wenn die in Absatz 1 Nummer 2 bis 4 bezeichneten Voraussetzungen erfüllt sind. Der betroffenen Öffentlichkeit und den berührten Behörden und sonstigen Trägern öffentlicher Belange ist vor Erteilung der Genehmigung Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb angemessener Frist zu geben, soweit sie dazu nicht bereits zuvor Gelegenheit hatten.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es

1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt,
2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient,
3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient,
4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind,
5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient,
6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb,
b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt,
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und
d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität,
8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient
a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder
b)
auf einer Fläche längs von
aa)
Autobahnen oder
bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
und in einer Entfernung zu diesen von bis zu 200 Metern, gemessen vom äußeren Rand der Fahrbahn, oder
9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2,
b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.

(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.

(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben

1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht,
2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht,
3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird,
4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert,
5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet,
6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet,
7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder
8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
Raumbedeutsame Vorhaben dürfen den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen; öffentliche Belange stehen raumbedeutsamen Vorhaben nach Absatz 1 nicht entgegen, soweit die Belange bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raumordnung abgewogen worden sind. Öffentliche Belange stehen einem Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.

(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:

1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz,
b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt,
c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück,
d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden,
e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs,
f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und
g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf,
c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und
d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle,
4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient,
5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und
c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
In begründeten Einzelfällen gilt die Rechtsfolge des Satzes 1 auch für die Neuerrichtung eines Gebäudes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1, dem eine andere Nutzung zugewiesen werden soll, wenn das ursprüngliche Gebäude vom äußeren Erscheinungsbild auch zur Wahrung der Kulturlandschaft erhaltenswert ist, keine stärkere Belastung des Außenbereichs zu erwarten ist als in Fällen des Satzes 1 und die Neuerrichtung auch mit nachbarlichen Interessen vereinbar ist; Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis g gilt entsprechend. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sowie des Satzes 2 sind geringfügige Erweiterungen des neuen Gebäudes gegenüber dem beseitigten oder zerstörten Gebäude sowie geringfügige Abweichungen vom bisherigen Standort des Gebäudes zulässig.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.

(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
Bei Aufstellung der Satzung sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. § 10 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Von der Satzung bleibt die Anwendung des Absatzes 4 unberührt.

(1) Über die Zulässigkeit von Vorhaben nach den §§ 31, 33 bis 35 wird im bauaufsichtlichen Verfahren von der Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde entschieden. Das Einvernehmen der Gemeinde ist auch erforderlich, wenn in einem anderen Verfahren über die Zulässigkeit nach den in Satz 1 bezeichneten Vorschriften entschieden wird; dies gilt nicht für Vorhaben der in § 29 Absatz 1 bezeichneten Art, die der Bergaufsicht unterliegen. Richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben nach § 30 Absatz 1, stellen die Länder sicher, dass die Gemeinde rechtzeitig vor Ausführung des Vorhabens über Maßnahmen zur Sicherung der Bauleitplanung nach den §§ 14 und 15 entscheiden kann. In den Fällen des § 35 Absatz 2 und 4 kann die Landesregierung durch Rechtsverordnung allgemein oder für bestimmte Fälle festlegen, dass die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde erforderlich ist.

(2) Das Einvernehmen der Gemeinde und die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde dürfen nur aus den sich aus den §§ 31, 33, 34 und 35 ergebenden Gründen versagt werden. Das Einvernehmen der Gemeinde und die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde gelten als erteilt, wenn sie nicht binnen zwei Monaten nach Eingang des Ersuchens der Genehmigungsbehörde verweigert werden; dem Ersuchen gegenüber der Gemeinde steht die Einreichung des Antrags bei der Gemeinde gleich, wenn sie nach Landesrecht vorgeschrieben ist. Die nach Landesrecht zuständige Behörde kann ein rechtswidrig versagtes Einvernehmen der Gemeinde ersetzen.

(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.

(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.

(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 278/01
Verkündet am:
21. November 2002
F r e i t a g
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Amtshaftung der Gemeinde wegen rechtswidriger Versagung des
- objektiv nicht erforderlichen - Einvernehmens.
BGH, Urteil vom 21. November 2002 - III ZR 278/01 - OLG Karlsruhe
LG Karlsruhe
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 21. November 2002 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Rinne und die
Richter Dr. Wurm, Dr. Kapsa, Dörr und Galke

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 4. Oktober 2001 aufgehoben.
Die Berufung der Beklagten gegen das Grundurteil der III. Zivilkammer des Landgerichts Karlsruhe vom 3. März 2000 wird zurückgewiesen.
Die Sache wird zur Verhandlung über die Höhe des Anspruchs an das Landgericht zurückverwiesen.
Die Beklagte hat die Kosten der Rechtsmittelzüge zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


Die Klägerin beabsichtigte im Jahre 1994, im Wintergartenanbau ihres in der beklagten Gemeinde belegenen Wohnhauses Terrakotta-Ware auszustel-
len und zu verkaufen. Am 3. März 1994 stellte sie den Antrag, eine entspre- chende Nutzungsänderung des Wintergartens als Ausstellungs- und Verkaufsraum zu genehmigen. Der Ausschuß Technik und Umwelt der Beklagten beschloß am 28. April 1994, ihr das gemeindliche Einvernehmen für die Nutzungsänderung zu versagen. Daraufhin lehnte das Landratsamt Enzkreis als untere Baurechtsbehörde des streitverkündeten Landes mit Bescheid vom 31. August 1994 den Antrag auf Erteilung einer entsprechenden Genehmigung ab und führte zur Begründung aus, daß die Beklagte das gemäß § 36 Abs. 1 i.V.m. § 31 Abs. 2 BauGB erforderliche Einvernehmen zu einer Ausnahmeregelung nach § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO versagt habe. Der Widerspruch der Klägerin gegen diesen Bescheid wurde vom Regierungspräsidium Karlsruhe zurückgewiesen. Die hiergegen erhobene verwaltungsgerichtliche Klage führte zur Aufhebung der vorgenannten Bescheide und zur Verpflichtung des durch das Landratsamt vertretenen Landes, die beantragte Nutzung des an das Wohnhaus angebauten Teils des Wintergartens als Ausstellungs- und Verkaufsraum für Terrakotta-Waren zu genehmigen. Zur Begründung führte das Verwaltungsgericht aus, ein Anspruch der Klägerin auf Erteilung einer Baugenehmigung bzw. einer Genehmigung zur Nutzungsänderung ergebe sich bereits unmittelbar aus dem Bebauungsplan in Verbindung mit § 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO, da auch eine Verkaufsstelle für Terrakotta-Waren unter den konkret gegebenen Umständen der Versorgung des Baugebietes im Sinne der genannten Bestimmungen diene. Dieses Urteil ist rechtskräftig geworden; im verwaltungsgerichtlichen Verfahren war die Beklagte beigeladen gewesen.
Die Klägerin nimmt nunmehr die Beklagte nach Amtshaftungsgrundsätzen auf Ersatz des Schadens in Anspruch, der ihr, der Klägerin, durch die Versagung der Nutzungsänderungsgenehmigung entstanden sei. Ihre auf Zahlung
von 94.036,48 DM nebst Zinsen gerichtete Klage wurde vom Landgericht dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht das erstinstanzliche Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin, die ihre Forderung weiterverfolgt.

Entscheidungsgründe


Die Revision ist begründet. Sie führt zur Wiederherstellung des landgerichtlichen Grundurteils.
1. Aufgrund der Rechtskraft des verwaltungsgerichtlichen Urteils steht auch für den vorliegenden Amtshaftungsprozeß, d.h. im Verhältnis zwischen der Klägerin und der seinerzeit beigeladenen Beklagten, fest, daß die Verweigerung der Bau- bzw. Nutzungsänderungsgenehmigung rechtswidrig gewesen ist (BGHZ 146, 153, 156, st. Rspr.).
2. Beide Baurechtsbehörden, also sowohl das Landratsamt als auch das Regierungspräsidium, hatten die Ablehnung des Antrags der Klägerin ausschließlich darauf gestützt, daß die Beklagte das Einvernehmen nach § 36 BauGB bindend verweigert habe. In der Senatsrechtsprechung ist anerkannt, daß eine rechtswidrige Versagung des Einvernehmens unmittelbare Amtshaftungsansprüche des Bauherrn gegen die Gemeinde begründen kann (BGHZ 118, 263, 265 m.w.N.; s. zur Entwicklung dieser Rechtsprechung im einzelnen: Wurm, Festschrift Boujong [1996] S. 687 ff). Dabei ist es - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - unerheblich, ob das Einvernehmen der Ge-
meinde objektiv überhaupt erforderlich gewesen war; es genügt vielmehr, daß die Bauaufsichtsbehörde die Gemeinde am Baugenehmigungsverfahren beteiligt hat, weil sie deren Einvernehmen für erforderlich hielt. Die zuständigen Amtsträger der Gemeinde haben auch in einem solchen Fall die Amtspflicht gegenüber einem Bauwilligen, die Erteilung der von ihm begehrten Baugenehmigung , auf die er einen Anspruch hat, nicht durch ein Verhalten zu hindern, das die Bauaufsichtsbehörde als Verweigerung des für erforderlich gehaltenen Einvernehmens nach § 36 BauGB werten muß. In diesem Zusammenhang hat der Senat insbesondere bereits entschieden, daß es nicht darauf ankommt, aus welchem Rechtsgrund das Einvernehmen der Gemeinde im konkreten Falle entbehrlich war (s. dazu vor allem den Senatsbeschluß vom 25. Oktober 1990 - III ZR 249/89 = BGHR BGB § 839 Abs. 1 Satz 1 Gemeinderat 4 = BRS 53 Nr. 40).
3. Im vorliegenden Fall haben Gemeinde, Baurechtsbehörde und Widerspruchsbehörde übereinstimmend das Vorhaben der Klägerin als ein solches nach § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO beurteilt und geprüft, ob es sich um einen sonstigen nicht störenden Gewerbebetrieb gehandelt hat. Deshalb haben sie das Einvernehmen der Beklagten nach § 31 BauGB für erforderlich gehalten. Die unberechtigte Verweigerung konnte daher einen Amtshaftungsanspruch (§ 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG) der Klägerin gegen die Beklagte begründen. Zwar war das Vorhaben in Wirklichkeit ein der Versorgung des Gebiets dienender Laden im Sinne des § 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO, dessen planungsrechtliche Zulässigkeit sich unmittelbar aus § 30 BauGB ergab und bei dem es deshalb des gemeindlichen Einvernehmens nicht bedurfte. Deswegen war die Bauaufsichtsbehörde an die Versagung nicht gebunden und hätte sich darüber hinwegsetzen können und müssen. Indem sie dies unterlassen hat, hat sie möglicherweise eine eige-
ne, Amtspflichtverletzung gegenüber der Klägerin begangen. An der Haftung der Beklagten im Außenverhältnis zur Klägerin ändert dies jedoch nichts; vielmehr kommt insoweit eine deliktsrechtliche Gesamtschuldnerschaft zwischen der Beklagten und der Bauaufsichtsbehörde in Betracht (§ 840 BGB; Senatsurteil BGHZ 118, 263, 265 ff).
4. Die Hilfserwägungen, mit denen das Berufungsgericht ein Verschulden der für die Beklagten handelnden Amtsträger verneint, sind ebenfalls nicht tragfähig. Insbesondere trifft es nicht zu, daß sich aus dem rechtskräftigen Urteil des Verwaltungsgerichts keine Hinweise auf ein derartiges Verschulden der Amtsträger der Beklagten ergäben. Das Verwaltungsgericht hat in seinem Urteil unter umfassender Auswertung der Rechtsprechung und der einschlägigen Fachliteratur im einzelnen dargelegt, daß und aus welchen Gründen das Vorhaben der Klägerin nach § 4 Abs. 2 Nr. 2 und gerade nicht nach Abs. 3 Nr. 2 BauNVO zu beurteilen war. Aus dem Ausschußprotokoll der Beklagten vom 28. April 1994 ist nicht erkennbar, daß diese eine entsprechende Prüfung und Abgrenzung auch nur ansatzweise vorgenommen hat. Nach dem vom Berufungsgericht an sich zutreffend wiedergegebenen objektiven Sorgfaltsmaßstab würde es die Beklagte auch nicht entlasten, wenn ihr die rechtliche Beurteilung durch die Anfrage des Landratsamts nahegelegt worden sein sollte. Denn die Amtsträger der Gemeinde mußten die für eine so weittragende Entscheidung wie die Versagung des Einvernehmens erforderlichen Rechts- und Verwaltungskenntnisse besitzen oder sich verschaffen. In diesem Bereich nahm das Landratsamt gegenüber der Gemeinde nicht etwa die Stellung einer spezialisierten Fachbehörde (vgl. dazu Senatsurteile BGHZ 139, 200, 214 und 146, 365, 370) ein, auf deren Rechtsauffassung die Beklagte hätte unbesehen vertrauen dürfen. Die Planungshoheit der Gemeinde hat insoweit ihren haftungs-
rechtlichen Preis (Boujong, WiVerw 2/91, 61, 106). Deshalb kann die Beklagte die haftungsrechtliche Verantwortlichkeit für ein Fehlverhalten, das in den Kernbereich ihrer Selbstverwaltungskompetenz fällt, nicht auf das Landratsamt abwälzen.
5. Im übrigen könnte auch die Ablehnung eines (verschuldensunabhängigen ) Entschädigungsanspruchs aus enteignungsgleichem Eingriff mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung keinen Bestand haben. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann die Beklagte diesem Anspruch insbesondere nicht entgegenhalten, sie sei nicht "begünstigt". Liegt ein entschädigungspflichtiger Eingriff in der Versagung des erforderlichen Einvernehmens (Senatsurteil BGHZ 134, 316, 322 f), so kann für einen Eingriff, der darin besteht, daß die Gemeinde ein Bauvorhaben durch Versagung des objektiv nicht erforderlichen Einvernehmens verhindert oder verzögert, nichts anderes gelten. Die Opferlage des Geschädigten ist unter dem Blickwinkel des Eigentumsschutzes in beiden Fällen dieselbe. Ebenso dient auch aus der Sicht der Gemeinde die Versagung den Zielen der gemeindlichen Planungshoheit.
6. Nach den tatrichterlichen Feststellungen ist der Sachverhalt, soweit er den Anspruchsgrund betrifft, hinreichend geklärt. Die Sache ist daher im Sinne
einer Bestätigung des landgerichtlichen Grundurteils entscheidungsreif. Gemäß § 538 Abs. 1 Nr. 3 ZPO a.F. war die Sache zur Entscheidung über die Anspruchshöhe an das Landgericht zurückzuverweisen.
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(1) Über die Zulässigkeit von Vorhaben nach den §§ 31, 33 bis 35 wird im bauaufsichtlichen Verfahren von der Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde entschieden. Das Einvernehmen der Gemeinde ist auch erforderlich, wenn in einem anderen Verfahren über die Zulässigkeit nach den in Satz 1 bezeichneten Vorschriften entschieden wird; dies gilt nicht für Vorhaben der in § 29 Absatz 1 bezeichneten Art, die der Bergaufsicht unterliegen. Richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben nach § 30 Absatz 1, stellen die Länder sicher, dass die Gemeinde rechtzeitig vor Ausführung des Vorhabens über Maßnahmen zur Sicherung der Bauleitplanung nach den §§ 14 und 15 entscheiden kann. In den Fällen des § 35 Absatz 2 und 4 kann die Landesregierung durch Rechtsverordnung allgemein oder für bestimmte Fälle festlegen, dass die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde erforderlich ist.

(2) Das Einvernehmen der Gemeinde und die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde dürfen nur aus den sich aus den §§ 31, 33, 34 und 35 ergebenden Gründen versagt werden. Das Einvernehmen der Gemeinde und die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde gelten als erteilt, wenn sie nicht binnen zwei Monaten nach Eingang des Ersuchens der Genehmigungsbehörde verweigert werden; dem Ersuchen gegenüber der Gemeinde steht die Einreichung des Antrags bei der Gemeinde gleich, wenn sie nach Landesrecht vorgeschrieben ist. Die nach Landesrecht zuständige Behörde kann ein rechtswidrig versagtes Einvernehmen der Gemeinde ersetzen.

Hat der Ersatzpflichtige durch eine unerlaubte Handlung auf Kosten des Verletzten etwas erlangt, so ist er auch nach Eintritt der Verjährung des Anspruchs auf Ersatz des aus einer unerlaubten Handlung entstandenen Schadens zur Herausgabe nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung verpflichtet. Dieser Anspruch verjährt in zehn Jahren von seiner Entstehung an, ohne Rücksicht auf die Entstehung in 30 Jahren von der Begehung der Verletzungshandlung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.

Der Zeitraum, während dessen die Verjährung gehemmt ist, wird in die Verjährungsfrist nicht eingerechnet.

(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.

(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.

(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.