Bundesgerichtshof Urteil, 04. Apr. 2019 - III ZR 35/18

bei uns veröffentlicht am04.04.2019
vorgehend
Landgericht Wiesbaden, 5 O 201/15, 30.11.2016

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 35/18
Verkündet am:
4. April 2019
P e l l o w s k i
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Bei pflichtwidrig unterlassenen Erste-Hilfe-Maßnahmen von Sportlehrern bei
einem Unglücksfall während des Sportunterrichts beschränkt sich die Haftung
(§ 839 BGB, Art. 34 Satz 1 GG) nicht auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit
, da das Haftungsprivileg für Nothelfer (§ 680 BGB) nicht eingreift.
Bei grober Fahrlässigkeit sind in einem solchen Fall die im Arzthaftungsrecht
entwickelten Beweisgrundsätze bei groben Behandlungsfehlern (Beweislastumkehr
), die nach der Senatsrechtsprechung entsprechend bei grober
Verletzung von spezifisch dem Schutz von Leben und Gesundheit dienenden
Berufs- oder Organisationspflichten (Kernpflichten) gelten, nicht anwendbar,
da es sich bei der Amtspflicht der Sportlehrer zur Ersten Hilfe nicht um eine
Haupt-, sondern nur eine Nebenpflicht der Lehrkräfte handelt.
BGH, Urteil vom 4. April 2019 - III ZR 35/18 - OLG Frankfurt am Main
LG Wiesbaden
ECLI:DE:BGH:2019:040419UIIIZR35.18.0

Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 21. März 2019 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Herrmann sowie die Richter Seiters, Tombrink, Dr. Remmert und Reiter

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 25. Januar 2018 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des dritten Rechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Der Kläger macht Amtshaftungsansprüche wegen behauptet unzureichender Erste-Hilfe-Maßnahmen durch das Lehrpersonal des beklagten Landes anlässlich eines im Sportunterricht erlittenen Zusammenbruchs geltend.
2
Der am 30. April 1994 geborene Kläger war Schüler der -Schule in W. . Am 16. Januar 2013 nahm er am Grundkurs im Fach Sport der Jahrgangsstufe 13 teil, der von der Sportlehrerin H. geleitet wurde. Etwa fünf Minuten nach Beginn des Aufwärmtrainings hörte der Kläger auf zu laufen, stellte sich an die rechte Seite eines Garagentores in der Sporthalle und erklärte, er habe Kopfschmerzen. Er fasste sich an den Kopf, sein Gesicht wurde blass. Er rutschte sodann an der Wand entlang in eine Sitzposition. Darauf wurden die Mitschülerinnen A. und K. aufmerksam, die zu dem Kläger eilten. Die Sportlehrerin H. befand sich zu diesem Zeitpunkt auf der linken Seite des Garagentores und der Sportlehrer Ko. , der später herbeigerufen wurde, mit seinem Kurs in einem anderen, mit einem Vorhang abgetrennten Hallensegment. Um 15.27 Uhr ging der von der Lehrerin H. ausgelöste Notruf bei der Rettungsleitstelle ein. Sie wurde gefragt, ob der Kläger noch atme. Sie befragte dazu ihre Schüler; die Antwort ist streitig. Sie erhielt sodann von der Leitstelle die Anweisung, den Kläger in die stabile Seitenlage zu verbringen. Der Rettungswagen traf um 15.32 Uhr, der Notarzt um 15.35 Uhr ein. Die Sanitäter und der Notarzt begannen sofort mit Wiederbelebungsmaßnahmen , die ungefähr 45 Minuten dauerten. Anschließend wurde der intubierte und beatmete Kläger in eine Klinik verbracht. Im dortigen Bericht vom 21. März 2013 ist unter anderem vermerkt: "Beim Eintreffen des Notarztes bereits 8-minütige Bewusstlosigkeit ohne jegliche Laienreanimation". Es wurde ein hypoxischer Hirnschaden nach Kammerflimmern diagnostiziert, wobei die Genese unklar war. Während der stationären Behandlung ergaben sich weitere - teils lebensgefährliche - Erkrankungen. Seit dem 24. Oktober 2013 ist der Kläger zu 100% als Schwerbehinderter anerkannt. Sein Antrag auf Gewährung von Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung wurde von der Unfallkasse Hessen mit der Begründung abgelehnt, es liege kein Versicherungsfall nach § 8 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Nr. 8b SGB VII vor. Der dagegen gerichtete Widerspruch des Klägers ist zurückgewiesen worden. Eine Klage wurde nicht erhoben. Der Beklagte hat erstinstanzlich den Verzicht auf die nochmalige Eröffnung eines sozialrechtlichen Verfahrens erklärt.
3
Der Kläger verlangt ein angemessenes Schmerzensgeld (mindestens 500.000 €), die Erstattung materieller Schäden (102.999,68 €), eine monatliche Mehrbedarfsrente von 3.078 € sowie die Feststellung der Ersatzpflicht des be- klagten Landes für künftige Schäden. Er behauptet, sein gesundheitlicher Zustand sei unmittelbare Folge des erlittenen hypoxischen Hirnschadens wegen mangelnder Sauerstoffversorgung des Gehirns infolge unterlassener Reanimationsmaßnahmen durch die beiden Sportlehrer. Hätten diese im Rahmen der notfallmäßigen Erste-Hilfe-Versorgung eine Atemkontrolle und - angesichts des dabei festgestellten Atemstillstands - anschließend eine Reanimation durch Herzdruckmassage und Atemspende durchgeführt, wäre es nicht zu dem Hirnschaden gekommen.
4
Das Landgericht hat die Klage nach Vernehmung der Zeugen A. , K. , H. und Ko. abgewiesen. Die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die vom Senat zugelassene Revision des Klägers.

Entscheidungsgründe


5
Die zulässige Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz.

I.


6
Das Berufungsgericht (MDR 2018, 670) hat offen gelassen, ob die Sportlehrer des beklagten Landes nach dem Ergebnis der in erster Instanz durchgeführten Beweisaufnahme ihre Amtspflicht, erforderliche und zumutbare Erste- Hilfe-Maßnahmen zu leisten, verletzt haben. Zwar möge der Zeugin H. gegebenenfalls vorzuwerfen sein, dass sie, anstatt selbst die Vitalfunktionen des Klägers bis zum Eintreffen der Rettungskräfte zu kontrollieren beziehungsweise zu überwachen, dies zwei Schülerinnen überlassen habe. Auch habe der Zeuge Ko. keine Atemkontrolle durchgeführt, sondern sich darauf beschränkt, den Puls des Klägers zu fühlen. Dementsprechend hätten beide Zeugen keine Angaben dazu machen können, wann die Atmung des Klägers ausgesetzt habe. Die Frage etwaiger Pflichtverletzungen bedürfe letztlich aber keiner Entscheidung. Denn es lasse sich nicht feststellen, dass sich ein etwa pflichtwidriges Unterlassen einer ausreichenden Kontrolle der Vitalfunktionen und etwaiger bis zum Eintreffen der Rettungskräfte gebotener Reanimationsmaßnahmen kausal auf dessen Gesundheitszustand ausgewirkt habe beziehungsweise dass - wie vom Kläger behauptet - sein Zustand auf eine massive Sauerstoffunterversorgung bis zum Eintreffen der Rettungskräfte zurückzuführen sei. Denn es könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Atmung des Klägers erst kurz vor dem Eintreffen der Rettungskräfte ausgesetzt habe - an die diesbezügliche Feststellung des Landgerichts sei das Berufungsgericht gebunden (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) - oder dass selbst bei Durchführung einer bereits vorher gebotenen Reanimation der Kläger heute in gleicher Weise gesundheitlich beeinträchtigt wäre. Die Wertung des Landgerichts, wonach sich der Zeitpunkt, zu dem der Kläger aufgehört habe zu atmen, nicht verlässlich festlegen lasse, sodass auch nicht festgestellt werden könne, ab wann Wiederbelebungsmaßnahmen geboten gewesen wären, sei nicht zu beanstanden. Die klägerseits zur Kausalität beantragte Vernehmung des Notarztes als sachverständiger Zeuge scheide aus. Für die Einholung eines Sachverständigengutachtens fehle es an ausreichenden Anknüpfungstatsachen. Dieses Beweisergebnis gehe zu Lasten des Klägers. Die Voraussetzungen für eine Beweislastumkehr lägen nicht vor, insbesondere ließen sich die Beweislastregeln des Arzthaftungsrechts bei groben Behandlungsfehlern nicht auf die etwaige Verletzung der hier im Raum stehenden Amtspflicht übertragen.

II.


7
Das angefochtene Urteil hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Auf der Grundlage des bisherigen Sach- und Streitstandes ist ein Schadensersatzanspruch des Klägers nicht auszuschließen.
8
1. Das Berufungsgericht hat die Frage, ob aufgrund der erstinstanzlichen Beweisaufnahme von einer schuldhaften Amtspflichtverletzung auszugehen ist, dahinstehen lassen. Drittinstanzlich ist deshalb zugunsten des Klägers zu unterstellen , dass die beteiligten Sportlehrer notwendige Erste-Hilfe-Maßnahmen pflichtwidrig unterlassen haben.
9
2. Die Annahme des Berufungsgerichts, es lasse sich nicht feststellen, dass sich ein (etwaiges) pflichtwidriges Unterlassen einer ausreichenden Kontrolle der Vitalfunktionen und etwaiger bis zum Eintreffen der Rettungskräfte gebotener Reanimationsmaßnahmen kausal auf den Gesundheitszustand des Klägers ausgewirkt habe, beruht auf einem Verfahrensfehler.
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a) Zu Unrecht rügt der Kläger allerdings, aufgrund der bisherigen Beweisaufnahme sei davon auszugehen, dass er spätestens um 15.28 Uhr im Gesicht blau angelaufen sei (Atemstillstand), weshalb das Berufungsgericht Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zu der aufgestellten Behauptung hätte erheben müssen, bei Einleitung von Wiederbelebungsmaßnahmen um 15.28 Uhr wäre der Hirnschaden verhindert worden.

11
Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang auf die Aussagen der Zeuginnen A. und K. verweist, setzt er nur in revisionsrechtlich nicht erheblicher Weise seine Würdigung an die Stelle der tatrichterlichen Wertung des Berufungsgerichts. Bei seiner Argumentation übersieht der Kläger im Übrigen, dass zwar die Zeugin A. angegeben hat, der Kläger sei blau angelaufen gewesen , als er aufgrund der Anweisung der Rettungsleitstelle in die stabile Seitenlage gelegt worden sei. Dies hat die Zeugin K. so aber nicht bestätigt. Diese hat angegeben, der Kläger sei erst blau angelaufen, als später der Sportlehrer Ko. dazu gekommen sei. Es ist deshalb revisionsrechtlich nicht zu beanstanden , wenn das Berufungsgericht aufgrund dieser unterschiedlichen Angaben nicht davon ausgegangen ist, ein Atemstillstand sei bereits spätestens um 15.28 Uhr eingetreten.
12
Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang auf den Bericht der Klinik Bezug nimmt, wonach beim Eintreffen des Notarztes (15.35 Uhr) eine bereits achtminütige Bewusstlosigkeit (15.27 Uhr; Zeitpunkt des Notrufs) ohne jegliche Laienreanimation vorgelegen habe, lässt sich hieraus nichts für die Frage des Zeitpunktes des Atemstillstands ableiten, da Bewusstlosigkeit nicht automatisch mit Atemstillstand einhergeht.
13
b) Zu Recht beanstandet der Kläger aber, dass das Berufungsgericht - wie bereits das Landgericht - es abgelehnt hat, ein Sachverständigengutachten zum Zeitpunkt des Atemstillstandes beziehungsweise zur Dauer der Sauerstoffunterversorgung sowie den Folgen unterlassener Reanimationsmaßnahmen einzuholen. Einer Vernehmung des vom Kläger benannten Notarztes als Zeu- gen bedurfte es nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand in diesem Zusammenhang allerdings - entgegen der Auffassung der Revision - nicht.
14
Das Landgericht hat eine Vernehmung des Notarztes als nicht geboten abgelehnt. Soweit dieser vom Kläger zum Nachweis seiner Behauptung benannt worden sei, dass der Zustand des Klägers und die Dauer der Wiederbelebungsmaßnahmen von 45 Minuten bewiesen, dass er seit mindestens sechs Minuten keinen Sauerstoff mehr bekommen habe, handele es sich nicht um eine dem Zeugenbeweis zugängliche Tatsachenbehauptung, sondern um eine Schlussfolgerung, die zu ziehen Aufgabe eines Sachverständigen sei. Für die Einholung eines Sachverständigengutachtens fehle es jedoch an Anknüpfungstatsachen , da nicht mit hinreichender Gewissheit festgestellt werden könne, ob und gegebenenfalls wie lange der Kläger geatmet habe. Dieser Bewertung ist das Berufungsgericht gefolgt und ist im Ergebnis in Übereinstimmung mit dem Landgericht davon ausgegangen, es lasse sich nicht ausschließen, dass die Atmung des Klägers - wie vom beklagten Land behauptet - erst unmittelbar vor dem Eintreffen der Rettungskräfte ausgesetzt habe. Diese Feststellung ist nicht verfahrensfehlerfrei getroffen.
15
Zwar sind die Instanzgerichte zu Recht davon ausgegangen, dass es für die Beantwortung der Frage, inwieweit aus dem Zustand des Klägers und dem Zeitraum der Wiederbelebungsmaßnahmen Rückschlüsse auf die Dauer und damit den Zeitpunkt des Eintritts des Atemstillstands möglich sind, und damit letztlich für die Beurteilung der Kausalität unterlassener Erste-Hilfe-Maßnahmen nicht auf die Aussagen von (ggfs. auch sachverständigen) Zeugen ankommen kann. Diese Beurteilung obliegt vielmehr einem Sachverständigen (siehe auch BGH, Urteile vom 16. November 1999 - VI ZR 257/98, NJW 2000, 862, 863; vom 20. März 2007 - VI ZR 254/05, NJW 2007, 2122 Rn. 21 und vom 3. Juni 2008 - VI ZR 235/07, NJW-RR 2008, 1380 Rn. 11). Zwar kann die Vernehmung von Zeugen eine wichtige Erkenntnisquelle für Anknüpfungstatsachen eines Sachverständigengutachtens sein. Die Revision zeigt aber keinen Sachvortrag in den Vorinstanzen auf, nach dem von einer Vernehmung des Notarztes über die in dem ausführlichen Protokoll des Notarzteinsatzes (Anlage K 3) und die im Bericht der Klinik (Anlage K 4) dokumentierten und von der Beklagten auch nicht bestrittenen Angaben hinaus weitere - tatsächliche - Erkenntnisse über die vor Ort erhobenen Befunde und die Art und Dauer der von den Rettungskräften getroffenen (Wiederbelebungs-)Maßnahmen zu erwarten sein könnten.
16
Rechtsfehlerhaft ist aber die Annahme der Instanzgerichte, es fehle an ausreichenden Anknüpfungstatsachen für ein Sachverständigengutachten, da die Kausalitätsfrage nur geklärt werden könne, wenn - wie nicht - bekannt sei, ob und gegebenenfalls wie lange der Kläger bis zum Eintreffen der Rettungskräfte mangels Atmung unter Sauerstoffmangel gelitten habe. Die vom Kläger beantragte Einholung eines Sachverständigengutachtens zielte gerade darauf ab, den Zeitpunkt des Atemstillstands festzustellen und insoweit auch die Behauptung des beklagten Landes zu widerlegen, wonach die Atmung erst unmittelbar vor dem Eintreffen der Rettungskräfte ausgesetzt habe, mithin der dennoch eingetretene Hirnschaden nicht auf das Verhalten der Lehrkräfte zurückzuführen sei. Bekannt (und unstreitig) waren insoweit die Art und die Dauer der durchgeführten Wiederbelebungsmaßnahmen. Auch geht aus dem vorgelegten Einsatzprotokoll detailliert hervor, welche Befunde vor Ort bei dem Kläger erhoben wurden. Das Ausmaß des Hirnschadens ist ebenfalls dokumentiert. Eine Einholung eines medizinischen Gutachtens wäre nur dann nicht erforderlich gewesen, wenn auszuschließen wäre, dass der Kläger damit den Kausalitätsbeweis führen kann (vgl. nur Senat, Urteil vom 23. Oktober 2014 - III ZR 82/13, WM 2014, 2212 Rn. 17; BGH, Urteil vom 3. Juni 2008, aaO Rn. 16), wobei größte Zurückhaltung bei einer solchen Annahme geboten ist (vgl. nur BGH, Beschluss vom 10. April 2018 - VI ZR 378/17, BeckRS 2018, 14012 Rn. 9). Im vorliegenden Fall kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass ein Sachverständiger anhand der oben angesprochenen Anknüpfungstatsachen - so enthält zum Beispiel das Notfalleinsatzprotokoll (Anlage K 3) unter "3. Erstbefund", "3.2 Messwerte" unter anderem einen "SpO2"-Wert (pulsoxymetrisch gemessene Sauerstoffkonzentration im Blut) von "000", was gegebenenfalls für einen Sachverständigen Rückschlüsse auf die Dauer des Atemstillstands erlaubt - in der Lage sein wird, weitere Aufklärung hinsichtlich der tatsächlichen Geschehensabläufe und damit letztlich in Bezug auf die zwischen den Parteien streitige Frage nach der Ursächlichkeit der (vom Berufungsgericht unterstellten) Versäumnisse der Lehrkräfte für den eingetretenen Hirnschaden zu leisten. Sollte das Berufungsgericht dies anders gesehen haben, läge hierin eine unzulässige vorweggenommene Beweiswürdigung. Die Ablehnung eines Beweisantrags als ungeeignet scheidet aus, wenn dadurch ein noch nicht erhobener Beweis vorab gewürdigt wird (vgl. nur Senat aaO; BGH, Beschluss vom 10. April 2018 aaO). Dies ist auch der Fall, wenn der Tatrichter, ohne seine eigene ausreichende (medizinische) Sachkunde darzulegen, im Wege der vorweggenommenen Beweiswürdigung prüft, ob ein Sachverständiger in der Lage wäre, aus den vorhandenen Anknüpfungstatsachen Befundtatsachen zu ermitteln (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Dezember 2009 - II ZR 229/08, NJW-RR 2010, 246 Rn. 4).
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3. Unbegründet ist allerdings der Einwand des Klägers, entsprechend den im Arzthaftungsrecht entwickelten Beweisgrundsätzen bei groben Behandlungsfehlern hätte das Berufungsgericht wegen der Vergleichbarkeit der Interessenlage eine Umkehr der Beweislast annehmen müssen. Zwar hat das Berufungsgericht auch offen gelassen, ob nach dem Ergebnis der erstinstanzlichen Beweisaufnahme eine grobe Pflichtverletzung vorliegt, sodass revisionsrechtlich hiervon auszugehen ist. Aber es fehlt an der Vergleichbarkeit der Interessenlage.
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a) Im Arzthaftungsrecht führt ein grober Behandlungsfehler, der geeignet ist, einen Schaden der tatsächlich eingetretenen Art herbeizuführen, regelmäßig zur Umkehr der objektiven Beweislast für den ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Fehler und dem Gesundheitsschaden (vgl. nur BGH, Urteil vom 10. Mai 2016 - VI ZR 247/15, BGHZ 210, 197 Rn. 11 mwN; siehe auch § 630h Abs. 5 BGB). Diese beweisrechtlichen Konsequenzen knüpfen daran an, dass die nachträgliche Aufklärbarkeit des tatsächlichen Behandlungsgeschehens wegen des besonderen Gewichts des ärztlichen Fehlers und seiner Bedeutung für die Behandlung in einer Weise erschwert ist, dass der Arzt nach Treu und Glauben - also aus Billigkeitsgründen - dem Patienten den vollen Kausalitätsnachweis nicht zumuten kann. Die Beweislastumkehr soll einen Ausgleich dafür bieten, dass das Spektrum der für die Schädigung in Betracht kommenden Ursachen wegen der elementaren Bedeutung des Fehlers besonders verbreitert oder verschoben worden ist (BGH, Urteil vom 10. Mai 2016 aaO mwN).
19
b) Diese Grundsätze gelten nach der Senatsrechtsprechung wegen der Vergleichbarkeit der Interessenlage entsprechend bei grober Verletzung von Berufs- oder Organisationspflichten, sofern diese, ähnlich wie beim Arztberuf, spezifisch dem Schutz von Leben und Gesundheit anderer dienen. Wer eine solche besondere Berufs- oder Organisationspflicht, andere vor Gefahren für Leben und Gesundheit zu bewahren, grob vernachlässigt hat, kann nach Treu und Glauben die Folgen der Ungewissheit, ob der Schaden abwendbar war, nicht dem Geschädigten aufbürden. Auch in derartigen Fällen kann die regelmäßige Beweislastverteilung dem Geschädigten nicht zugemutet werden. Der seine Pflichten grob Vernachlässigende muss daher die Nichtursächlichkeit festgestellter Fehler beweisen, die allgemein als geeignet anzusehen sind, einen Schaden nach Art des eingetretenen herbeizuführen (zB Senat, Urteile vom 11. Mai 2017 - III ZR 92/16, BGHZ 215, 44 Rn. 24 und vom 23. November 2017 - III ZR 60/16, BGHZ 217, 50 Rn. 24).
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c) Zutreffend hat das Berufungsgericht jedoch im vorliegenden Fall eine Vergleichbarkeit verneint.
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aa) Zwar oblag den Sportlehrern H. und Ko. die Amtspflicht, erforderliche und zumutbare Erste Hilfe rechtzeitig und in ordnungsgemäßer Weise zu leisten. Insoweit spielt es keine Rolle, dass die Hessische Verordnung über die Aufsicht über Schülerinnen und Schüler vom 11. Dezember 2013 (ABl. 2014, 682) - diese sieht in § 5 Abs. 1 Satz 1 vor, dass Erste Hilfe zu leisten ist, wenn eine Schülerin oder ein Schüler verletzt wird oder spontan erkrankt; § 5 Abs. 4 bestimmt unter anderem, dass zur Aufsicht verpflichtete Personen, die Sportunterricht erteilen, als Ersthelferin oder Ersthelfer ausgebildet sein müssen - erst nach dem Schadensereignis in Kraft getreten ist. Denn nach der bereits lange vor dem in Rede stehenden Ereignis entwickelten, ständigen Senatsrechtsprechung obliegt Lehrkräften auch ohne ausdrückliche Regelung die Amtspflicht, für die geistige, körperliche und charakterliche Erziehung der Schüler zu sorgen und sie in rechtlich und tatsächlich möglichem und zumutbarem Umfang im Schulbetrieb und während der Schulveranstaltungen vor Schäden an Gesundheit und Vermögen zu bewahren (vgl. nur Urteile vom 9. November 1959 - III ZR 136/58, BGHZ 31, 148, 149; vom 27. Juni 1963 - III ZR 5/62, NJW 1963, 1828 f und vom 16. April 1964 - III ZR 83/63, NJW 1964, 1670). Dies umfasst sowohl die Pflicht, Schüler nicht in einer die Gesundheit gefährdenden Weise zu belasten, als auch, etwa erforderliche und zumutbare Erste-HilfeMaßnahmen rechtzeitig und in ordnungsgemäßer Weise zu leisten. Abgesehen davon ist hier auch der Erlass des Hessischen Kultusministeriums zu Arbeitsschutz , Sicherheit und Gesundheitsschutz an Schulen vom 15. Oktober 2009 zu berücksichtigen. Danach haben alle Lehrkräfte unter anderem die Aufgabe, sich in Erster Hilfe ausbilden zu lassen und an fachlich geeigneten Fortbildungen teilzunehmen (Nr. 3.5). Lehrkräfte, die das Fach Sport unterrichten, müssen über eine aktuelle Ausbildung in Erster Hilfe verfügen (Nr. 5 Satz 3).
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bb) Jedoch sind selbst grob fahrlässige Versäumnisse von Lehrkräften, die in der Schule überraschend mit einer Notsituation oder einem Unglücksfall konfrontiert werden, nicht vergleichbar mit ärztlichen Pflichtverstößen wie groben Behandlungs- oder Diagnosefehlern beziehungsweise schwerwiegenden Verstößen gegen die Regeln der ärztlichen Kunst im Rahmen freiwillig übernommener Behandlungsverhältnisse.
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Auch ist der Sachverhalt nicht vergleichbar mit den Fällen, die den Senatsentscheidungen vom 11. Mai und 23. November 2017 zugrunde lagen. Im Urteil vom 11. Mai 2017 (aaO) ging es um einen Hausnotrufvertrag, der in erster Linie gerade den Schutz von Leben und Gesundheit der zumeist älteren und pflegebedürftigen Menschen bezweckte und bei dem dieses Dienstleistungsangebot die zentrale Aussage eines Werbeprospekts war. Im Urteil vom 23. November 2017 (aaO) ging es um die Pflichten der Bäderaufsicht. Insoweit hat der Senat ausgeführt, dass diese Pflichten wegen der dem Schwimmbetrieb immanenten spezifischen Gefahren für Gesundheit und Leben der Badegäste besonders und in erster Linie dem Schutz dieser Rechtsgüter dienen. Bei einer groben Verletzung dieser "Kernpflichten" ist dem Geschädigten die regelmäßige Beweislastverteilung nicht mehr zuzumuten. Insoweit hat der Senat auch angeknüpft an das Urteil des VI. Zivilsenats vom 13. März 1962 (VI ZR 142/61, NJW 1962, 959), das einen Bademeister betraf, der durch grobe Vernachlässigung seiner "vornehmsten Berufspflicht", Aufsicht zu üben, einen seiner Obhut anvertrauten Schwimmschüler allein im Schwimmbecken zurückgelassen und sich in einen Nebenraum begeben und so den Schwimmschüler in eine Gefahrenlage gebracht hatte, die geeignet war, den eingetretenen Ertrinkungstod herbeizuführen. Damit ist die Pflicht der Lehrkräfte im vorliegenden Fall, während des Sportunterrichts etwa erforderliche und zumutbare Erste Hilfe rechtzeitig und in ordnungsgemäßer Weise zu leisten, nicht vergleichbar. Denn die Hauptaufgabe der Schule besteht in der Erziehung und Unterrichtung der ihr anvertrauten Schüler. Bei der Durchführung dieser Aufgabe trifft die Schule zwar auch die Amtspflicht, die Schüler zu beaufsichtigen, um sie im rechtlich und tatsächlich möglichen und zumutbaren Umfang vor Schäden an Gesundheit und Vermögen zu bewahren. Die daraus folgende Amtspflicht zur Ersten Hilfe bei Notfällen ist wertungsmäßig jedoch nur eine die oben angesprochene Hauptpflicht begleitende Pflicht beziehungsweise Nebenpflicht, wie es der Senat bereits in seinem Urteil vom 27. Juni 1963 (aaO) zum Ausdruck gebracht hat. Die Sportlehrer werden an der Schule nicht primär oder in erster Linie - sondern vielmehr "auch" - eingesetzt, um in Notsituationen Erste-Hilfe-Maßnahmen durchführen zu können. Eine Verletzung dieser Nebenpflicht, auch wenn sie grob fahrlässig erfolgt sein sollte, rechtfertigt keine Beweislastumkehr in Anlehnung an die oben aufgeführten Fallgruppen.
24
4. Allerdings wird sich das Berufungsgericht im weiteren Verfahren gegebenenfalls auch mit der Rechtsprechung des Senats zu Beweiserleichterungen bei Bestehen einer tatsächlichen Vermutung oder einer tatsächlichen Wahrscheinlichkeit für die Schadensursächlichkeit zu befassen haben.
25
a) Zwar kann, wenn eine Amtspflichtverletzung in einem Unterlassen besteht , ein Ursachenzusammenhang mit einem danach eingetretenen Schaden regelmäßig nur bejaht werden, wenn dieser bei pflichtgemäßem Verhalten mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vermieden worden wäre; eine bloße Möglichkeit oder Wahrscheinlichkeit reicht grundsätzlich nicht aus (vgl. nur Senat, Urteile vom 27. Oktober 1983 - III ZR 189/82, NVwZ 1985, 936, 937; vom 27. Januar 1994 - III ZR 109/92, MDR 1994, 776 f; vom 11. November 2004 - III ZR 200/03, NVwZ-RR 2005, 149, 152 und vom 23. November 2017, aaO Rn. 15). Stehen eine Amtspflichtverletzung und ein zeitlich nachfolgender Schaden fest, so kann allerdings der Geschädigte der öffentlichen Körperschaft den Nachweis überlassen, dass der Schaden nicht auf die Amtspflichtverletzung zurückzuführen ist, wenn nach der Lebenserfahrung eine tatsächliche Vermutung oder eine tatsächliche Wahrscheinlichkeit für den ursächlichen Zusammenhang besteht; anderenfalls bleibt die Beweislast beim Geschädigten (vgl. nur Senat, Urteile vom 23. Mai 1960 - III ZR 110/59, WM 1960, 1150, 1151; vom 27. Oktober 1983 aaO und vom 11. November 2004 aaO).
26
b) Das Berufungsgericht hat bisher keine Feststellungen dazu getroffen, ob eine solche tatsächliche Vermutung oder tatsächliche Wahrscheinlichkeit für den Ursachenzusammenhang zwischen der (unterstellten) Amtspflichtverletzung der Sportlehrer und der Schädigung des Klägers besteht. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist vielmehr offen, wann der Kläger aufgehört hat zu atmen, und offen, ob dies nicht erst unmittelbar vor dem Eintreffen der Rettungskräfte geschehen ist. Damit hat das Berufungsgericht es aber auch als offen angesehen, ob die Sportlehrer des beklagten Landes, wenn sie persönlich die Atmung kontrolliert hätten, nicht frühestens unmittelbar vor dem Eintreffen der Rettungskräfte, weil erst jetzt ein Atemstillstand vorlag, mit der Reanimierung hätten beginnen müssen, und dies den Schaden verhindert hätte. Da die diesbezüglichen Feststellungen jedoch verfahrensfehlerhaft getroffen worden sind (s.o.), wird sich das Berufungsgericht nach Einholung des Sachverständi- gengutachtens für den Fall, dass dem Kläger der Kausalitätsnachweis nicht gelingt , damit zu befassen haben, ob das Ergebnis der Begutachtung nicht zumindest den Schluss auf eine tatsächliche Vermutung oder tatsächliche Wahrscheinlichkeit im oben angesprochenen Sinn zulässt. Gelingt dem Kläger der Nachweis, dass pflichtwidriges Verhalten der Sportlehrer Einfluss auf seinen Gesundheitszustand hatte, oder lässt sich zumindest feststellen, dass hierfür eine tatsächliche Vermutung oder Wahrscheinlichkeit spricht, würden für die Frage, ob der Hirnschaden insgesamt oder gegebenenfalls nur teilweise auf das Verhalten der Sportlehrer zurückzuführen ist, dann die Beweiserleichterungen des § 287 ZPO gelten.
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5. Entgegen der Auffassung des beklagten Landes ist die Klage ungeachtet der Rügen der Revision nicht deshalb im Ergebnis zu Recht abgewiesen worden (§ 561 ZPO), weil zugunsten der beteiligten Sportlehrer und damit des Landes das Haftungsprivileg des § 680 BGB auch im Rahmen des § 839 BGB eingreift.
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a) Nach § 680 BGB haftet der Geschäftsführer nur für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit, wenn die Geschäftsführung die Abwendung einer dem Geschäftsherrn drohenden dringenden Gefahr bezweckt. Das beklagte Land übersieht bei seiner diesbezüglichen Argumentation allerdings bereits, dass das Berufungsgericht bisher keine tatsächlichen Feststellungen dazu getroffen hat, ob die Voraussetzungen einer Geschäftsführung ohne Auftrag nach §§ 677 ff BGB überhaupt gegeben sind. Im Übrigen hat das Berufungsgericht auch offen gelassen , ob nach dem Ergebnis der erstinstanzlichen Beweisaufnahme eine grobe Pflichtverletzung vorliegt, sodass revisionsrechtlich hiervon auszugehen ist.
29

b) Selbst wenn aber das Berufungsgericht im weiteren Verfahren zu der Auffassung gelangen würde, dass die Sportlehrer H. und Ko. nicht nur ihre Amtspflichten verletzt haben, sondern in der konkreten Situation auch als Geschäftsführer ohne Auftrag tätig waren und insoweit zwar pflichtwidrig, aber nicht grob fahrlässig gehandelt haben, würde letzteres einer Haftung des beklagten Landes nach § 839 BGB, Art. 34 GG nicht entgegenstehen.
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aa) Im Rahmen des Amtshaftungsanspruchs aus § 839 Abs. 1 BGB gilt der Sorgfaltsmaßstab des § 276 BGB (vgl. nur Senat, Urteile vom 20. Februar 1992 - III ZR 188/90, BGHZ 117, 240, 249 und vom 14. Juni 2018 - III ZR 54/17, NJW 2018, 2723 Rn. 47). Gehaftet wird damit grundsätzlich für jede Art von Fahrlässigkeit. Allerdings ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass bei einer die Voraussetzungen einer Geschäftsführung ohne Auftrag erfüllenden Nothilfe die Haftungsbeschränkung des § 680 BGB auch für einen konkurrierenden Anspruch aus § 823 BGB gilt (vgl. nur BGH, Urteil vom 30. November 1971 - VI ZR 100/70, NJW 1972, 475; Senat, Urteil vom 14. Juni 2018, aaO Rn. 48). Dies bedeutet aber nicht, dass Gleiches, weil es sich bei § 839 BGB auch um eine unerlaubte Handlung im Sinne des 27. Titels des 2. Buches des Bürgerlichen Gesetzbuches (§§ 823 ff BGB) handelt, automatisch auch bei § 839 BGB der Fall ist. Zwar geht es grundsätzlich nicht an, Haftungsbeschränkungen in einem vertraglichen oder gesetzlichen Schuldverhältnis dadurch leer laufen zu lassen, dass man eine konkurrierende deliktisch strengere Haftung eintreten lässt (vgl. nur BGH, Urteil vom 20. Dezember 1966 - VI ZR 53/65, BGHZ 46, 313, 316 mwN). Die Frage, ob entsprechende Haftungsbeschränkungen auf deliktische Ansprüche zu erstrecken sind, muss aber unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck der betroffenen Regelungen beurteilt werden (vgl. auch BGH, Urteil vom 23. März 1966 - Ib ZR 150/63, BGHZ 46, 140, 142 ff zur dort verneinten Über- tragung der Haftungsbeschränkung des § 430 HGB a.F. auf Ansprüche aus § 823 BGB und Urteil vom 20. Dezember 1966 aaO, S. 316 f).
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bb) Nach Sinn und Zweck von § 680 BGB soll der potentielle Geschäftsführer in Augenblicken dringender Gefahr zur Hilfeleistung ermutigt werden. § 680 BGB will also denjenigen schützen und in gewissem Umfang vor eigenen Verlusten bewahren, der sich zu spontaner Hilfe entschließt. Dabei berücksichtigt die Vorschrift, dass wegen der in Gefahrensituationen geforderten schnellen Entscheidung ein ruhiges und überlegtes Abwägen ausgeschlossen ist und es sehr leicht zu einem Sichvergreifen in den Mitteln der Hilfe kommen kann (Senat , Urteil vom 14. Juni 2018, aaO Rn. 55 mwN). Die Hilfeleistung in Gefahrenlagen würde nicht gefördert, wenn der Geschäftsführer zwar keine Haftung wegen einfacher Fahrlässigkeit aus Geschäftsführung ohne Auftrag, aber eine solche aus unerlaubter Handlung befürchten müsste, ihm also über das Deliktsrecht das wieder genommen würde, was ihm durch § 680 BGB gegeben werden soll.
32
cc) Der Senat hat bisher - im Rahmen der Frage einer analogen Anwendung des § 680 BGB auf Amtshaftungsansprüche - nur entschieden, dass der Haftungsmaßstab des § 680 BGB nicht auf Amtspflichtverletzungen professioneller Nothelfer - dort: Einsatz der Berufsfeuerwehr - angewendet werden kann (Urteil vom 14. Juni 2018 aaO). Zwar sind die Sportlehrer des Beklagten keine professionellen Nothelfer, bei denen - wie im Bereich der öffentlich-rechtlich organisierten Gefahrenabwehr - die betroffene Tätigkeit den Kernbereich ihrer öffentlich-rechtlich zugewiesenen Aufgaben bildet. Indes sind die Grundgedanken der Senatsentscheidung vom 14. Juni 2018 auch im vorliegenden Fall anzuwenden. Denn die Situation einer Sportlehrkraft, die bei einem im Sportunterricht eintretenden Notfall tätig wird, ist insoweit ebenfalls nicht mit der einer spontan bei einem Unglücksfall Hilfe leistenden unbeteiligten Person zu vergleichen. Die Sportlehrer des Beklagten mussten - anders als etwa Schüler - nicht zur Hilfeleistung ermutigt und deshalb geschützt werden, weil sie sich zu spontaner Hilfe entschlossen haben. Ihnen oblag die Amtspflicht, etwa erforderliche und zumutbare Erste-Hilfe-Maßnahmen rechtzeitig und in ordnungsgemäßer Weise durchzuführen. Um dies zu gewährleisten, mussten die Sportlehrer des beklagten Landes über eine aktuelle Ausbildung in Erster Hilfe verfügen (siehe Nr. 5 des Erlasses vom 15. Oktober 2009). Die Situation des § 680 BGB entspricht damit zwar der von Schülern, aber nicht der von Sportlehrern, zu deren öffentlich-rechtlichen Pflichten jedenfalls auch die Abwehr von Gesundheitsschäden der Schüler gehört. Selbst wenn es sich nur um eine Nebenpflicht der Sportlehrer handelt, sind Sinn und Zweck von § 680 BGB mit der Anwendung im konkreten Fall nicht vereinbar. Insoweit ist der Anwendungsbereich des § 839 Abs. 1 BGB auch davon geprägt, dass ein objektivierter Sorgfaltsmaßstab gilt, bei dem es auf die Kenntnisse und Fähigkeiten ankommt, die für die Führung des übernommenen Amtes erforderlich sind (zB Senat, Urteil vom 14. Juni 2018 aaO Rn. 58 mwN). Zur Führung des übernommenen Amtes gehören bei Sportlehrern aber auch die im Notfall gebotenen Erste-Hilfe-Maßnahmen. Dazu stände eine Haftungsbeschränkung auf grobe Fahrlässigkeit in Widerspruch. Eine solche einschneidende Haftungsbegrenzung erscheint dem Senat auch vor dem Hintergrund nicht gerechtfertigt, dass mit jedem Sportunterricht für die Schüler gewisse Gefahren verbunden sind. Es wäre aber nicht angemessen, wenn der Staat einerseits die Schüler zur Teilnahme am Sportunterricht verpflichtet , andererseits bei Notfällen im Sportunterricht eine Haftung für Amtspflichtverletzungen der zur Durchführung des staatlichen Sportunterrichts berufenen Lehrkräfte nur bei grober Fahrlässigkeit und damit nur in Ausnahmefällen eintreten soll.
33
dd) Aus den vorstehenden Gründen scheidet, soweit die Voraussetzungen einer Geschäftsführung ohne Auftrag nicht vorliegen würden, auch eine analoge Anwendung des § 680 BGB aus.
34
6. Das angefochtene Urteil ist demnach aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache, da sie noch nicht zur Entscheidung reif ist, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1, 3 ZPO). Dieses wird sich im weiteren Verfahren gegebenenfalls auch mit der Rüge der Revision zu Beweiserleichterungen bei amtspflichtwidrig herbeigeführter Beweisnot des Geschädigten auseinanderzusetzen haben, auf die der Senat im derzeitigen Verfahrensstadium keine Veranlassung sieht, näher einzugehen.
Herrmann Seiters Tombrink
Remmert Reiter
Vorinstanzen:
LG Wiesbaden, Entscheidung vom 30.11.2016 - 5 O 201/15 -
OLG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 25.01.2018 - 1 U 7/17 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 04. Apr. 2019 - III ZR 35/18

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 04. Apr. 2019 - III ZR 35/18

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 563 Zurückverweisung; eigene Sachentscheidung


(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen. (2) Das Berufungsgerich

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 823 Schadensersatzpflicht


(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. (2) Di

Zivilprozessordnung - ZPO | § 287 Schadensermittlung; Höhe der Forderung


(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit e
Bundesgerichtshof Urteil, 04. Apr. 2019 - III ZR 35/18 zitiert 16 §§.

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(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen. (2) Das Berufungsgerich

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 562 Aufhebung des angefochtenen Urteils


(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben. (2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen

Zivilprozessordnung - ZPO | § 529 Prüfungsumfang des Berufungsgerichts


(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:1.die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidung

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 839 Haftung bei Amtspflichtverletzung


(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Ansp

Zivilprozessordnung - ZPO | § 561 Revisionszurückweisung


Ergibt die Begründung des Berufungsurteils zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 276 Verantwortlichkeit des Schuldners


(1) Der Schuldner hat Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, wenn eine strengere oder mildere Haftung weder bestimmt noch aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses, insbesondere aus der Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos

Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1254) - SGB 7 | § 2 Versicherung kraft Gesetzes


(1) Kraft Gesetzes sind versichert 1. Beschäftigte,2. Lernende während der beruflichen Aus- und Fortbildung in Betriebsstätten, Lehrwerkstätten, Schulungskursen und ähnlichen Einrichtungen,3. Personen, die sich Untersuchungen, Prüfungen oder ähnliche

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 34


Verletzt jemand in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so trifft die Verantwortlichkeit grundsätzlich den Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst er steht. Bei Vorsatz oder g

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 677 Pflichten des Geschäftsführers


Wer ein Geschäft für einen anderen besorgt, ohne von ihm beauftragt oder ihm gegenüber sonst dazu berechtigt zu sein, hat das Geschäft so zu führen, wie das Interesse des Geschäftsherrn mit Rücksicht auf dessen wirklichen oder mutmaßlichen Willen es

Handelsgesetzbuch - HGB | § 430 Schadensfeststellungskosten


Bei Verlust oder Beschädigung des Gutes hat der Frachtführer über den nach § 429 zu leistenden Ersatz hinaus die Kosten der Feststellung des Schadens zu tragen.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 630h Beweislast bei Haftung für Behandlungs- und Aufklärungsfehler


(1) Ein Fehler des Behandelnden wird vermutet, wenn sich ein allgemeines Behandlungsrisiko verwirklicht hat, das für den Behandelnden voll beherrschbar war und das zur Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit des Patienten geführt hat.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 680 Geschäftsführung zur Gefahrenabwehr


Bezweckt die Geschäftsführung die Abwendung einer dem Geschäftsherrn drohenden dringenden Gefahr, so hat der Geschäftsführer nur Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zu vertreten.

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Referenzen

(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.

(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.

(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.

Verletzt jemand in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so trifft die Verantwortlichkeit grundsätzlich den Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst er steht. Bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit bleibt der Rückgriff vorbehalten. Für den Anspruch auf Schadensersatz und für den Rückgriff darf der ordentliche Rechtsweg nicht ausgeschlossen werden.

Bezweckt die Geschäftsführung die Abwendung einer dem Geschäftsherrn drohenden dringenden Gefahr, so hat der Geschäftsführer nur Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zu vertreten.

(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.

(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.

(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.

Verletzt jemand in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so trifft die Verantwortlichkeit grundsätzlich den Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst er steht. Bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit bleibt der Rückgriff vorbehalten. Für den Anspruch auf Schadensersatz und für den Rückgriff darf der ordentliche Rechtsweg nicht ausgeschlossen werden.

Bezweckt die Geschäftsführung die Abwendung einer dem Geschäftsherrn drohenden dringenden Gefahr, so hat der Geschäftsführer nur Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zu vertreten.

(1) Kraft Gesetzes sind versichert

1.
Beschäftigte,
2.
Lernende während der beruflichen Aus- und Fortbildung in Betriebsstätten, Lehrwerkstätten, Schulungskursen und ähnlichen Einrichtungen,
3.
Personen, die sich Untersuchungen, Prüfungen oder ähnlichen Maßnahmen unterziehen, die aufgrund von Rechtsvorschriften zur Aufnahme einer versicherten Tätigkeit oder infolge einer abgeschlossenen versicherten Tätigkeit erforderlich sind, soweit diese Maßnahmen vom Unternehmen oder einer Behörde veranlaßt worden sind,
4.
behinderte Menschen, die in anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen, bei einem anderen Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches oder in Blindenwerkstätten im Sinne des § 226 des Neunten Buches oder für diese Einrichtungen in Heimarbeit tätig sind,
5.
Personen, die
a)
Unternehmer eines landwirtschaftlichen Unternehmens sind und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
b)
im landwirtschaftlichen Unternehmen nicht nur vorübergehend mitarbeitende Familienangehörige sind,
c)
in landwirtschaftlichen Unternehmen in der Rechtsform von Kapital- oder Personenhandelsgesellschaften regelmäßig wie Unternehmer selbständig tätig sind,
d)
ehrenamtlich in Unternehmen tätig sind, die unmittelbar der Sicherung, Überwachung oder Förderung der Landwirtschaft überwiegend dienen,
e)
ehrenamtlich in den Berufsverbänden der Landwirtschaft tätig sind,
wenn für das Unternehmen die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft zuständig ist.
6.
Hausgewerbetreibende und Zwischenmeister sowie ihre mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
7.
selbständig tätige Küstenschiffer und Küstenfischer, die zur Besatzung ihres Fahrzeugs gehören oder als Küstenfischer ohne Fahrzeug fischen und regelmäßig nicht mehr als vier Arbeitnehmer beschäftigen, sowie ihre mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
8.
a)
Kinder während des Besuchs von Tageseinrichtungen, deren Träger für den Betrieb der Einrichtungen der Erlaubnis nach § 45 des Achten Buches oder einer Erlaubnis aufgrund einer entsprechenden landesrechtlichen Regelung bedürfen, während der Betreuung durch geeignete Tagespflegepersonen im Sinne von § 23 des Achten Buches sowie während der Teilnahme an vorschulischen Sprachförderungskursen, wenn die Teilnahme auf Grund landesrechtlicher Regelungen erfolgt,
b)
Schüler während des Besuchs von allgemein- oder berufsbildenden Schulen und während der Teilnahme an unmittelbar vor oder nach dem Unterricht von der Schule oder im Zusammenwirken mit ihr durchgeführten Betreuungsmaßnahmen,
c)
Studierende während der Aus- und Fortbildung an Hochschulen,
9.
Personen, die selbständig oder unentgeltlich, insbesondere ehrenamtlich im Gesundheitswesen oder in der Wohlfahrtspflege tätig sind,
10.
Personen, die
a)
für Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts oder deren Verbände oder Arbeitsgemeinschaften, für die in den Nummern 2 und 8 genannten Einrichtungen oder für privatrechtliche Organisationen im Auftrag oder mit ausdrücklicher Einwilligung, in besonderen Fällen mit schriftlicher Genehmigung von Gebietskörperschaften ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen,
b)
für öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaften und deren Einrichtungen oder für privatrechtliche Organisationen im Auftrag oder mit ausdrücklicher Einwilligung, in besonderen Fällen mit schriftlicher Genehmigung von öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen,
11.
Personen, die
a)
von einer Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts zur Unterstützung einer Diensthandlung herangezogen werden,
b)
von einer dazu berechtigten öffentlichen Stelle als Zeugen zur Beweiserhebung herangezogen werden,
12.
Personen, die in Unternehmen zur Hilfe bei Unglücksfällen oder im Zivilschutz unentgeltlich, insbesondere ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen dieser Unternehmen einschließlich der satzungsmäßigen Veranstaltungen, die der Nachwuchsförderung dienen, teilnehmen,
13.
Personen, die
a)
bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not Hilfe leisten oder einen anderen aus erheblicher gegenwärtiger Gefahr für seine Gesundheit retten,
b)
Blut oder körpereigene Organe, Organteile oder Gewebe spenden oder bei denen Voruntersuchungen oder Nachsorgemaßnahmen anlässlich der Spende vorgenommen werden,
c)
sich bei der Verfolgung oder Festnahme einer Person, die einer Straftat verdächtig ist oder zum Schutz eines widerrechtlich Angegriffenen persönlich einsetzen,
d)
Tätigkeiten als Notärztin oder Notarzt im Rettungsdienst ausüben, wenn diese Tätigkeiten neben
aa)
einer Beschäftigung mit einem Umfang von regelmäßig mindestens 15 Stunden wöchentlich außerhalb des Rettungsdienstes oder
bb)
einer Tätigkeit als zugelassener Vertragsarzt oder als Arzt in privater Niederlassung
ausgeübt werden,
14.
Personen, die
a)
nach den Vorschriften des Zweiten oder des Dritten Buches der Meldepflicht unterliegen, wenn sie einer besonderen, an sie im Einzelfall gerichteten Aufforderung der Bundesagentur für Arbeit, des nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Zweiten Buches zuständigen Trägers oder eines nach § 6a des Zweiten Buches zugelassenen kommunalen Trägers nachkommen, diese oder eine andere Stelle aufzusuchen,
b)
an einer Maßnahme teilnehmen, wenn die Person selbst oder die Maßnahme über die Bundesagentur für Arbeit, einen nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Zweiten Buches zuständigen Träger oder einen nach § 6a des Zweiten Buches zugelassenen kommunalen Träger gefördert wird,
15.
Personen, die
a)
auf Kosten einer Krankenkasse oder eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung oder der landwirtschaftlichen Alterskasse stationäre oder teilstationäre Behandlung oder stationäre, teilstationäre oder ambulante Leistungen zur medizinischen Rehabilitation erhalten,
b)
zur Vorbereitung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben auf Aufforderung eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung oder der Bundesagentur für Arbeit einen dieser Träger oder eine andere Stelle aufsuchen,
c)
auf Kosten eines Unfallversicherungsträgers an vorbeugenden Maßnahmen nach § 3 der Berufskrankheiten-Verordnung teilnehmen,
d)
auf Kosten eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung, der landwirtschaftlichen Alterskasse oder eines Trägers der gesetzlichen Unfallversicherung an Präventionsmaßnahmen teilnehmen,
16.
Personen, die bei der Schaffung öffentlich geförderten Wohnraums im Sinne des Zweiten Wohnungsbaugesetzes oder im Rahmen der sozialen Wohnraumförderung bei der Schaffung von Wohnraum im Sinne des § 16 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 des Wohnraumförderungsgesetzes oder entsprechender landesrechtlicher Regelungen im Rahmen der Selbsthilfe tätig sind,
17.
Pflegepersonen im Sinne des § 19 Satz 1 und 2 des Elften Buches bei der Pflege eines Pflegebedürftigen mit mindestens Pflegegrad 2 im Sinne der §§ 14 und 15 Absatz 3 des Elften Buches; die versicherte Tätigkeit umfasst pflegerische Maßnahmen in den in § 14 Absatz 2 des Elften Buches genannten Bereichen sowie Hilfen bei der Haushaltsführung nach § 18 Absatz 5a Satz 3 Nummer 2 des Elften Buches.

(1a) Versichert sind auch Personen, die nach Erfüllung der Schulpflicht auf der Grundlage einer schriftlichen Vereinbarung im Dienst eines geeigneten Trägers im Umfang von durchschnittlich mindestens acht Wochenstunden und für die Dauer von mindestens sechs Monaten als Freiwillige einen Freiwilligendienst aller Generationen unentgeltlich leisten. Als Träger des Freiwilligendienstes aller Generationen geeignet sind inländische juristische Personen des öffentlichen Rechts oder unter § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftsteuergesetzes fallende Einrichtungen zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke (§§ 52 bis 54 der Abgabenordnung), wenn sie die Haftpflichtversicherung und eine kontinuierliche Begleitung der Freiwilligen und deren Fort- und Weiterbildung im Umfang von mindestens durchschnittlich 60 Stunden je Jahr sicherstellen. Die Träger haben fortlaufende Aufzeichnungen zu führen über die bei ihnen nach Satz 1 tätigen Personen, die Art und den Umfang der Tätigkeiten und die Einsatzorte. Die Aufzeichnungen sind mindestens fünf Jahre lang aufzubewahren.

(2) Ferner sind Personen versichert, die wie nach Absatz 1 Nr. 1 Versicherte tätig werden. Satz 1 gilt auch für Personen, die während einer aufgrund eines Gesetzes angeordneten Freiheitsentziehung oder aufgrund einer strafrichterlichen, staatsanwaltlichen oder jugendbehördlichen Anordnung wie Beschäftigte tätig werden.

(3) Absatz 1 Nr. 1 gilt auch für

1.
Personen, die im Ausland bei einer amtlichen Vertretung des Bundes oder der Länder oder bei deren Leitern, Mitgliedern oder Bediensteten beschäftigt und in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 4 Absatz 1 Satz 2 des Sechsten Buches pflichtversichert sind,
2.
Personen, die
a)
im Sinne des Entwicklungshelfer-Gesetzes Entwicklungsdienst oder Vorbereitungsdienst leisten,
b)
einen entwicklungspolitischen Freiwilligendienst „weltwärts” im Sinne der Richtlinie des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vom 1. August 2007 (BAnz. 2008 S. 1297) leisten,
c)
einen Internationalen Jugendfreiwilligendienst im Sinne der Richtlinie Internationaler Jugendfreiwilligendienst des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 20. Dezember 2010 (GMBl S. 1778) leisten,
3.
Personen, die
a)
eine Tätigkeit bei einer zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Organisation ausüben und deren Beschäftigungsverhältnis im öffentlichen Dienst während dieser Zeit ruht,
b)
als Lehrkräfte vom Auswärtigen Amt durch das Bundesverwaltungsamt an Schulen im Ausland vermittelt worden sind oder
c)
für ihre Tätigkeit bei internationalen Einsätzen zur zivilen Krisenprävention als Sekundierte nach dem Sekundierungsgesetz abgesichert werden.
Die Versicherung nach Satz 1 Nummer 3 Buchstabe a und c erstreckt sich auch auf Unfälle oder Krankheiten, die infolge einer Verschleppung oder einer Gefangenschaft eintreten oder darauf beruhen, dass der Versicherte aus sonstigen mit seiner Tätigkeit zusammenhängenden Gründen, die er nicht zu vertreten hat, dem Einflussbereich seines Arbeitgebers oder der für die Durchführung seines Einsatzes verantwortlichen Einrichtung entzogen ist. Gleiches gilt, wenn Unfälle oder Krankheiten auf gesundheitsschädigende oder sonst vom Inland wesentlich abweichende Verhältnisse bei der Tätigkeit oder dem Einsatz im Ausland zurückzuführen sind. Soweit die Absätze 1 bis 2 weder eine Beschäftigung noch eine selbständige Tätigkeit voraussetzen, gelten sie abweichend von § 3 Nr. 2 des Vierten Buches für alle Personen, die die in diesen Absätzen genannten Tätigkeiten im Inland ausüben; § 4 des Vierten Buches gilt entsprechend. Absatz 1 Nr. 13 gilt auch für Personen, die im Ausland tätig werden, wenn sie im Inland ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben.

(4) Familienangehörige im Sinne des Absatzes 1 Nr. 5 Buchstabe b sind

1.
Verwandte bis zum dritten Grade,
2.
Verschwägerte bis zum zweiten Grade,
3.
Pflegekinder (§ 56 Abs. 2 Nr. 2 des Ersten Buches)
der Unternehmer, ihrer Ehegatten oder ihrer Lebenspartner.

(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:

1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.

(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.

21
Die Begründung des Berufungsurteils, es handele sich um ungeeignete Beweismittel, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Die im Beweisbeschluss genannten Beweisthemen betrafen Fragen zum regionalen Mietwagenmarkt im Juni 2001, deren Beantwortung sachkundige Wertungen und Tatsachenermittlungen erforderte; es waren damit Fragen an einen Sachverständigen , die nicht in die Kenntnis von Zeugen, auch nicht von sachverständigen Zeugen (vgl. § 414 ZPO; Zöller/Greger, ZPO, 26. Aufl., § 414 Rn. 2, § 402 Rn. 5) gestellt sind. Es ist nicht Aufgabe eines Zeugen, auf Grund von Erfahrungssätzen oder besonderen Fachkenntnissen Schlussfolgerungen aus einem feststehenden Sachverhalt zu ziehen oder dem Gericht allgemeine Erfahrungssätze oder besondere Kenntnisse in einem jeweiligen Wissensgebiet - wie hier in einem regionalen Mietwagenmarkt - zu vermitteln (vgl. BGH, Urteil vom 23. November 1973 - I ZR 59/72 - MDR 1974, 382).
11
aa) Welche Bedeutung der medizinischen Erstuntersuchung nach einem Verkehrsunfall zukommt, ist umstritten. So wird in der Rechtsprechung die Frage , inwieweit aus dem Ergebnis einer Erstuntersuchung - wie z.B. der hiernach erfolgten ärztlichen Verordnung einer so genannten Schanz’schen Krawatte - Schlüsse auf den damaligen Befund gezogen werden können, unterschiedlich beurteilt (vgl. OLG Karlsruhe, NZV 2001, 511; OLG Hamm, VersR 2002, 992, 994; OLG München, r+s 2002, 370, 371; a.A. OLG Bamberg, NZV 2001, 470). Da der Arzt, der einen Unfallgeschädigten untersucht und behandelt, diesen nicht aus der Sicht eines Gutachters betrachtet, sondern ihn als Therapeut behandelt , steht für ihn die Notwendigkeit einer Therapie im Mittelpunkt, während die Benennung der Diagnose als solche für ihn zunächst von untergeordneter Bedeutung ist. Deshalb sind zeitnah nach einem Unfall erstellte ärztliche Atteste für den medizinischen Sachverständigen eher von untergeordneter Bedeutung (Mazzotti/Castro, NZV 2008, 113, 114). Eine ausschlaggebende Bedeutung wird solchen Diagnosen im Allgemeinen jedenfalls nicht beizumessen sein (so aber OLG Bamberg, aaO). Im Regelfall wird das Ergebnis einer solchen Untersuchung nur als eines unter mehreren Indizien für den Zustand des Geschädigten nach dem Unfall Berücksichtigung finden können (Müller, VersR 2003, 137, 146; ebenso v. Hadeln, NZV 2001, 457, 458 f.). Eine Vernehmung der behandelnden Ärzte als Zeugen oder sachverständige Zeugen ist zudem entbehrlich, wenn das Ergebnis ihrer Befundung schriftlich niedergelegt, vom Sachverständigen gewürdigt und in die Beweiswürdigung einbezogen worden ist, denn bei der Frage nach einem Zusammenhang der geltend gemachten Beschwerden mit dem Unfallgeschehen kommt es allein auf die Beurteilung durch Sachverständige und nicht auf die Aussagen von Zeugen an (Senatsurteile vom 16. November 1999 - VI ZR 257/98 - VersR 2000, 372, 373 und vom 20. März 2007 - VI ZR 254/05 - VersR 2008, 235, 237 f.).
17
Die Ablehnung eines Beweisantrags wegen Ungeeignetheit des Beweismittels kommt nur dann in Betracht, wenn es völlig ausgeschlossen erscheint , dass das Beweismittel zu dem Beweisthema sachdienliche Erkenntnisse erbringen kann (vgl. BVerfG, NJW 1993, 254, 255; BGH, Urteile vom 26. November 2003 - IV ZR 438/02, BGHZ 157, 79, 84 f., und vom 6. Dezember 2007 - I ZR 174/04, NJW-RR 2008, 1209 Rn. 22 sowie Beschluss vom 12. September 2012 - IV ZR 177/11, NJW-RR 2013, 9 Rn. 14; Zöller/Greger, ZPO, 30. Aufl., vor § 284 Rn. 10a; Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 22. Aufl., § 284 Rn. 64, 65). Darüber hinaus scheidet die Ablehnung eines Beweisantrags als ungeeignet aus, wenn dadurch ein noch nicht erhobener Beweis vorab gewürdigt wird, weil dies eine unzulässige Beweisantizipation darstellt (vgl. BGH, Beschluss vom 12. September 2012, aaO; MüKoZPO/Prütting, 4. Aufl., § 284 Rn. 98).

Tenor

Auf die Nichtzulassungsbeschwerden der Beklagten zu 2 und der Streithelferin des Beklagten zu 1 wird der Beschluss des 7. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts vom 24. August 2017 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Gegenstandswert: 20.539,90 €

Gründe

I.

1

Der Kläger beansprucht von den Beklagten Schadensersatz aufgrund eines Verkehrsunfalls. Am Abend des 4. November 2015 gegen 18:00 Uhr fuhren der Kläger mit seinem Fahrzeug und der Beklagte zu 1 als Fahrer des bei der Beklagten zu 2 haftpflichtversicherten Fahrzeugs Mercedes S 500 L nebeneinander; der Kläger auf dem linken Fahrtrichtungsstreifen und der Beklagte zu 1 auf dem rechten Fahrtrichtungsstreifen. Als sich die Fahrzeuge annähernd auf gleicher Höhe befanden, kam es zur seitlichen Kollision beider Fahrzeuge. An dem Pkw des Klägers entstand ein Sachschaden in Höhe von 18.923,00 €. Diesen, die Kostenpauschale sowie Freistellungsansprüche wegen vorgerichtlicher Gutachterkosten und Anwaltskosten macht der Kläger mit der vorliegenden Klage geltend. Die Beklagte zu 2 beruft sich darauf, dass der Unfall von dem Kläger und dem Beklagen zu 1 willentlich herbeigeführt worden sei.

2

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten zu 2 und der Streithelferin des Beklagten zu 1 durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückgewiesen. Dagegen wendet sich die Beklagte zu 2 - zugleich auch als Streithelferin des Beklagten zu 1 (beide im folgenden auch "Beklagte zu 2") - mit ihren Nichtzulassungsbeschwerden.

II.

3

Die Nichtzulassungsbeschwerden haben Erfolg. Sie führen gemäß § 544 Abs. 7 ZPO zur Aufhebung des angegriffenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht. Das Berufungsgericht hat den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt.

4

1. Das Berufungsgericht hat - soweit hier erheblich - ausgeführt, die Beweiswürdigung des Landgerichts in Bezug auf die Behauptung der Beklagten zu 2, es liege ein manipulierter Unfall vor, sei nicht zu beanstanden. Die Haftung des Schädigers entfalle nur dann, wenn in ausreichendem Maße Umstände vorlägen, die die Feststellung gestatteten, dass es sich bei dem behaupteten Unfall um ein manipuliertes Geschehen handele. Hier sei zwar nicht von der Hand zu weisen, dass es einige solche Anzeichen gebe. Im Ergebnis reichten diese Umstände aber nicht aus. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass der Beklagte zu 1 möglicherweise nur unaufmerksam oder abgelenkt gewesen sei und deshalb seine Fahrspur nicht eingehalten habe. Der Unfall habe sich auf einer vielbefahrenen Straße bei einer Geschwindigkeit von 50 km/h ereignet. Die Ehefrau des Klägers sei mit im Fahrzeug und dem Risiko eines Personenschadens ausgesetzt gewesen.

5

Für die Einholung eines Unfallrekonstruktionsgutachtens fehle es an entsprechenden Anknüpfungstatsachen. Durch ein solches Gutachten könne nämlich nicht bewiesen werden, ob der Beklagte zu 1 willentlich oder absichtlich die Kollision herbeigeführt habe oder nicht. Es sei unstreitig, dass es eine streifende Kollision zwischen den beteiligten Fahrzeugen gegeben habe. Auf den ersten Blick ergebe sich anhand der eingereichten Fotodokumentationen der beteiligten Fahrzeuge ein kompatibles Schadensbild, das mit der Schilderung des Unfallhergangs durch die unbeteiligten Zeugen K. in Einklang zu bringen sei.

6

2. Diese Erwägungen halten der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand und verletzen die Beklagte zu 2 in ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör.

7

a) Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Das Gebot des rechtlichen Gehörs soll als Prozessgrundrecht sicherstellen, dass die Entscheidung frei von Verfahrensfehlern ergeht, welche ihren Grund in unterlassener Kenntnisnahme und Nichtberücksichtigung des Sachvortrags der Parteien haben. In diesem Sinne gebietet Art. 103 Abs. 1 GG in Verbindung mit den Grundsätzen der Zivilprozessordnung die Berücksichtigung erheblicher Beweisanträge. Die Nichtberücksichtigung eines erheblichen Beweisangebots verstößt gegen Art. 103 Abs. 1 GG, wenn sie im Prozessrecht keine Stütze findet (Senat, Beschluss vom 27. Oktober 2015 - VI ZR 355/14, NJW 2016, 641 Rn. 6 mwN; BVerfG, WM 2012, 492 f.).

8

b) So verhält es sich im Streitfall. Die Nichtzulassungsbeschwerde beanstandet zu Recht, dass das Berufungsgericht den unter Beweis gestellten Vortrag der Beklagten zu 2, bei einem (tatsächlichen) Unfall sei ein unfallverhütendes bzw. beendendes Fahrmanöver (auch) des Klägers zu erwarten gewesen, nicht ausreichend berücksichtigt hat und aus diesem Grund einem erheblichen Beweisangebot nicht nachgegangen ist.

9

aa) Die Ablehnung eines Beweisantrags wegen Ungeeignetheit des Beweismittels kommt nur dann in Betracht, wenn es völlig ausgeschlossen erscheint, dass das Beweismittel zu dem Beweisthema sachdienliche Erkenntnisse erbringen kann (BGH, Urteil vom 23. Oktober 2014 - III ZR 82/13, WM 2014, 2212 Rn. 17 mwN). Insoweit ist größte Zurückhaltung geboten (BGH, Urteil vom 26. November 2003 - IV ZR 438/02, BGHZ 157, 79, 84 f.). Darüber hinaus scheidet die Ablehnung eines Beweisantrags als ungeeignet aus, wenn dadurch ein noch nicht erhobener Beweis vorab gewürdigt wird, weil dies eine unzulässige Beweisantizipation darstellt (BGH, Urteil vom 23. Oktober 2014, ebenda).

10

bb) Das Berufungsgericht hat (nur) darauf abgestellt, dass ein Sachverständiger keine Aussage dazu treffen kann, ob der Beklagte zu 1 das Fahrzeug willentlich auf die andere Spur gelenkt hat, oder schlicht abgelenkt war. Es hat sich in diesem Zusammenhang nicht mit dem Vortrag der Beklagten zu 2 auseinandergesetzt, dass (auch) die (Nicht-)reaktion des Klägers nicht plausibel zu erklären sei und ein Unfallrekonstruktionsgutachten insoweit weiteres ergeben könne. Das ist auch unter Berücksichtigung der Angaben des Klägers bei seiner Anhörung nicht von der Hand zu weisen, vor allem, nachdem der Vorgang nach der Aussage der Zeugen K. so viel Zeit in Anspruch genommen hat, dass der Zeuge K. noch vor dem Unfall die Lichthupe getätigt und die Warnblinkanlage angeschaltet hat. Vor diesem Hintergrund findet die Nichtberücksichtigung des Antrags der Beklagten zu 2 auf Einholung eines Unfallrekonstruktionsgutachtens im Prozessrecht keine Stütze, Art. 103 Abs. 1 GG.

11

c) Die Gehörsverletzung ist entscheidungserheblich. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Berufungsgericht bei der gebotenen Berücksichtigung des Vortrags der Beklagten zu 2 zu einer anderen Beurteilung gelangt wäre. Bei der neuen Würdigung wird das Berufungsgericht auch zu beachten haben, dass der Tatrichter bei der Beurteilung einer Fachwissen voraussetzenden Frage auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens nur verzichten kann, wenn er entsprechende eigene besondere Sachkunde auszuweisen vermag (BGH, Urteil vom 23. Oktober 2014, aaO, Rn. 18 mwN).

12

3. Die weitere Rüge der Nichtzulassungsbeschwerden hat der Senat geprüft und für nicht durchgreifend erachtet. Von einer Begründung wird insoweit abgesehen (§ 544 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO).

Galke     

      

von Pentz     

      

Offenloch

      

Roloff     

      

Allgayer     

      

Berichtigungsbeschluss vom 28. Juni 2018

Der Beschluss des Senats vom 10. April 2018 wird gemäß § 319 Abs. 1 ZPO wie folgt berichtigt: In der Randnummer 3 (Gründe) muss es anstatt "des Klägers" lauten: "der Beklagten zu 2".

Galke     

      

von Pentz     

      

Offenloch

      

Roloff     

      

Allgayer     

      

4
2. Diese Verletzung des rechtlichen Gehörs ist entscheidungserheblich. Das Berufungsgericht konnte nicht aus anderen Gründen von der Erholung des angebotenen Sachverständigengutachtens absehen. Soweit das Berufungsgericht gemeint haben sollte, der Vortrag der Klägerin zum Wert der Unternehmensbereiche sei als Grundlage für die Erstellung des beantragten Gutachtens unzureichend, wäre dies eine unzulässige - ebenfalls gegen Art. 103 GG verstoßende - vorweggenommene Beweiswürdigung. Zwar fehlen bisher die - grundsätzlich von der beweispflichtigen Partei beizubringenden (Zöller/Greger, ZPO 28. Aufl. § 402 Rdn. 5; BGH, Urt. v. 29. Oktober 2008 - IV ZR 272/06, NJW-RR 2009, 244 Tz. 8 f.) - Anknüpfungstatsachen für die Erstellung eines Sachverständigengutachtens zum Ertragswert der beiden Geschäftsfelder der früheren K. GmbH, weil bisher weder Jahresabschlüsse noch Gewinn- und Verlustrechnungen dieser Firma vorliegen. Abgesehen davon , dass die erforderlichen Unterlagen auf gerichtlichen Hinweis von der Klägerin möglicherweise noch beigebracht werden könnten, kann aber jedenfalls nicht ausgeschlossen werden, dass - wie die Klägerin behauptet - einem Sachverständigen aufgrund der Gegebenheiten im Bereich des Direktmarketing zumindest allgemein gültige Aussagen über die Wertverhältnisse der verschiedenen Tätigkeitsbereiche auf dem Gebiet des Direktmarketing möglich sind, die - ggf. in einer Gesamtschau mit weiteren Gesichtspunkten - Rückschlüsse auch für den hier vorliegenden Fall zulassen. Als Indizien, die dafür sprechen könnten , dass es sich bei dem übernommenen Tätigkeitsbereich "Adressen" um den wesentlichen Bestandteil der früheren K. GmbH gehandelt haben könnte, sind der von der Beklagten gezahlte Kaufpreis und die eigene steuerliche Bewertung der Parteien ebenso in Betracht zu ziehen wie der Umstand , dass ca. 6 Monate nach Abschluss des Kaufvertrages Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der K. F. GmbH gestellt wurde.
11
a) Im humanmedizinischen Bereich führt ein grober Behandlungsfehler, der geeignet ist, einen Schaden der tatsächlich eingetretenen Art herbeizuführen , regelmäßig zur Umkehr der objektiven Beweislast für den ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Behandlungsfehler und dem Gesundheitsschaden (vgl. etwa Senat, Urteile vom 27. April 2004 - VI ZR 34/03, BGHZ 159, 48, 54; vom 16. November 2004 - VI ZR 328/03, VersR 2005, 228, 229; vom 8. Januar 2008 - VI ZR 118/06, VersR 2008, 490 Rn. 11). Bei einem Befunderhebungsfehler tritt eine Beweislastumkehr hinsichtlich der haftungsbegründenden Kausalität ein, wenn bereits die Unterlassung einer aus medizinischer Sicht gebotenen Befunderhebung einen groben ärztlichen Fehler darstellt (vgl. Senat, Urteile vom 13. Januar 1998 - VI ZR 242/96, BGHZ 138, 1, 5 f.; vom 29. September 2009 - VI ZR 251/08, VersR 2010, 115 Rn. 8; vom 13. September 2011 - VI ZR 144/10, VersR 2011, 1400 Rn. 8; vom 2. Juli 2013 - VI ZR 554/12, VersR 2013, 1174 Rn. 11; vom 21. Januar 2014 - VI ZR 78/13, VersR 2014, 374 Rn. 20; vom 24. Februar 2015 - VI ZR 106/13, VersR 2015, 712 Rn. 15). Zudem kann auch eine nicht grob fehlerhafte Unterlassung der Befunderhebung dann zu einer Umkehr der Beweislast hinsichtlich der Kausalität des Behandlungsfehlers für den eingetretenen Gesundheitsschaden führen, wenn sich bei der gebotenen Abklärung der Symptome mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein reaktionspflichtiges positives Ergebnis gezeigt hätte und sich die Verkennung dieses Befundes als fundamental oder die Nichtreaktion hierauf als grob fehlerhaft darstellen würden, und diese Fehler generell geeignet sind, den tatsächlich einge- tretenen Gesundheitsschaden herbeizuführen (vgl. Senat, Urteile vom 13. Februar 1996 - VI ZR 402/94, BGHZ 132, 47, 52 ff.; vom 27. April 2004 - VI ZR 34/03, BGHZ 159, 48, 56; vom 13. September 2011 - VI ZR 144/10, VersR 2011, 1400 Rn. 8; vom 2. Juli 2013 - VI ZR 554/12, VersR 2013, 1174 Rn. 11; vom 21. Januar 2014 - VI ZR 78/13, VersR 2014, 374 Rn. 20; vom 24. Februar 2015 - VI ZR 106/13, VersR 2015, 712 Rn. 15). Die beweisrechtlichen Konsequenzen aus einem grob fehlerhaften Behandlungsgeschehen folgen nicht aus dem Gebot der prozessrechtlichen Waffengleichheit. Sie knüpfen vielmehr daran an, dass die nachträgliche Aufklärbarkeit des tatsächlichen Behandlungsgeschehens wegen des besonderen Gewichts des Behandlungsfehlers und seiner Bedeutung für die Behandlung in einer Weise erschwert ist, dass der Arzt nach Treu und Glauben - also aus Billigkeitsgründen - dem Patienten den vollen Kausalitätsnachweis nicht zumuten kann. Die Beweislastumkehr soll einen Ausgleich dafür bieten, dass das Spektrum der für die Schädigung in Betracht kommenden Ursachen wegen der elementaren Bedeutung des Fehlers besonders verbreitert oder verschoben worden ist (vgl. Senat, Urteile vom 21. September 1982 - VI ZR 302/80, BGHZ 85, 212, 216 f.; vom 3. Februar 1987 - VI ZR 56/86, BGHZ 99, 391, 396 ff.; vom 13. Februar 1996 - VI ZR 402/94, BGHZ 132, 47, 52; vom 6. Oktober 2009 - VI ZR 24/09, VersR 2009, 1668 Rn. 14 mwN; vom 26. März 2013 - VI ZR 109/12, VersR 2013, 1000 Rn. 31).

(1) Ein Fehler des Behandelnden wird vermutet, wenn sich ein allgemeines Behandlungsrisiko verwirklicht hat, das für den Behandelnden voll beherrschbar war und das zur Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit des Patienten geführt hat.

(2) Der Behandelnde hat zu beweisen, dass er eine Einwilligung gemäß § 630d eingeholt und entsprechend den Anforderungen des § 630e aufgeklärt hat. Genügt die Aufklärung nicht den Anforderungen des § 630e, kann der Behandelnde sich darauf berufen, dass der Patient auch im Fall einer ordnungsgemäßen Aufklärung in die Maßnahme eingewilligt hätte.

(3) Hat der Behandelnde eine medizinisch gebotene wesentliche Maßnahme und ihr Ergebnis entgegen § 630f Absatz 1 oder Absatz 2 nicht in der Patientenakte aufgezeichnet oder hat er die Patientenakte entgegen § 630f Absatz 3 nicht aufbewahrt, wird vermutet, dass er diese Maßnahme nicht getroffen hat.

(4) War ein Behandelnder für die von ihm vorgenommene Behandlung nicht befähigt, wird vermutet, dass die mangelnde Befähigung für den Eintritt der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit ursächlich war.

(5) Liegt ein grober Behandlungsfehler vor und ist dieser grundsätzlich geeignet, eine Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit der tatsächlich eingetretenen Art herbeizuführen, wird vermutet, dass der Behandlungsfehler für diese Verletzung ursächlich war. Dies gilt auch dann, wenn es der Behandelnde unterlassen hat, einen medizinisch gebotenen Befund rechtzeitig zu erheben oder zu sichern, soweit der Befund mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Ergebnis erbracht hätte, das Anlass zu weiteren Maßnahmen gegeben hätte, und wenn das Unterlassen solcher Maßnahmen grob fehlerhaft gewesen wäre.

24
b) Wegen der Vergleichbarkeit der Interessenlage gelten die vorgenannten Beweisgrundsätze entsprechend bei grober Verletzung sonstiger Berufsoder Organisationspflichten, sofern diese, ähnlich wie beim Arztberuf, dem Schutz von Leben und Gesundheit anderer dienen. Wer eine besondere Berufsoder Organisationspflicht, andere vor Gefahren für Körper und Gesundheit zu bewahren, grob vernachlässigt hat, kann nach Treu und Glauben die Folgen der Ungewissheit, ob der Schaden abwendbar war, nicht dem Geschädigten aufbürden. In derartigen Fällen kann die regelmäßige Beweislastverteilung dem Geschädigten nicht zugemutet werden. Der seine Pflichten grob Vernachlässigende muss daher die Nichtursächlichkeit festgestellter Fehler beweisen, die allgemein als geeignet anzusehen sind, einen Schaden nach Art des eingetre- tenen herbeizuführen (BGH, Urteile vom 13. März 1962 - VI ZR 142/61, NJW 1962, 959 f und vom 10. November 1970 - VI ZR 83/69, NJW 1971, 241, 243; siehe auch BGH, Urteil vom 15. November 2001 - I ZR 182/99, NJW-RR 2002, 1108, 1112 zur Beweislastumkehr bei grob fahrlässigem Organisationsverschulden im Transportrecht; OLG Köln, VersR 1970, 229 zur Frage der Beweislastumkehr bei unterbliebener Überwachung der elektrischen Versorgungsanlage eines Verkaufskiosks auf einem Kirmesplatz; Palandt/Grüneberg aaO § 280 Rn. 38a). So hat der Bundesgerichtshof bereits entschieden, dass ein Schwimmmeister, der durch grobe Vernachlässigung seiner Aufsichtspflicht den seiner Obhut anvertrauten Schwimmschüler in eine Gefahrenlage gebracht hat, die geeignet war, den eingetretenen Ertrinkungstod herbeizuführen, beweisen muss, dass der Verunglückte auch bei sorgfältiger Überwachung nicht hätte gerettet werden können (Urteil vom 13. März 1962 aaO). Sah sich ein Patient bei stationärer Krankenhauspflege durch Missstände und Versäumnisse außerhalb des engeren Bereichs der ärztlichen Behandlung einer Infektionsgefahr ausgesetzt, die das Maß des Unvermeidlichen erheblich überschritt, kann es nach Lage der Umstände, vor allem angesichts der vom Krankenhausträger verschuldeten Gefahrerhöhung, die Billigkeit erfordern, dass dem Patienten die Last des meist aussichtslosen Ursächlichkeitsbeweises abgenommen wird. Vielmehr muss der Krankenhausträger die Nichtursächlichkeit festgestellter Fehler beweisen, die allgemein als geeignet anzusehen sind, die Infektionsgefahr zu erhöhen (BGH, Urteil vom 10. November 1970 aaO).
24
Wegen der Vergleichbarkeit der Interessenlage gelten die vorgenannten Beweisgrundsätze entsprechend bei grober Verletzung sonstiger Berufs- oder Organisationspflichten, sofern diese, ähnlich wie beim Arztberuf, dem Schutz von Leben und Gesundheit anderer dienen. Wer eine besondere Berufs- oder Organisationspflicht, andere vor Gefahren für Leben und Gesundheit zu bewahren , grob vernachlässigt hat, kann nach Treu und Glauben die Folgen der Ungewissheit , ob der Schaden abwendbar war, nicht dem Geschädigten aufbürden. Auch in derartigen Fällen kann die regelmäßige Beweislastverteilung dem Geschädigten nicht zugemutet werden. Der seine Pflichten grob Vernachlässigende muss daher die Nichtursächlichkeit festgestellter Fehler beweisen, die allgemein als geeignet anzusehen sind, einen Schaden nach Art des eingetretenen herbeizuführen (Senat, Urteil vom 11. Mai 2017 - III ZR 92/16, NJW 2017, 2108 Rn. 24, für BGHZ vorgesehen; BGH, Urteile vom 13. März 1962 - VI ZR 142/61, NJW 1962, 959 f und vom 10. November 1970 - VI ZR 83/69, NJW 1971, 241, 243; siehe auch BGH, Urteil vom 15. November 2001 - I ZR 182/99, NJW-RR 2002, 1108, 1112 zur Beweislastumkehr bei grob fahrlässigem Organisationsverschulden im Transportrecht; OLG Köln, VersR 1970, 229 zur Frage der Beweislastumkehr bei unterbliebener Überwachung der elektrischen Versorgungsanlage eines Verkaufskiosks auf einem Kirmesplatz; Palandt/Grüneberg aaO § 280 Rn. 38a).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 200/03
Verkündet am:
11. November 2004
F r e i t a g
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Zur Amtspflicht der Katastrophenschutzbehörde, bei einem drohenden
Deichbruch die Bevölkerung vor der Hochwassergefahr zu warnen.

b) In den Schutzbereich der Warnung vor Überschwemmungen fallen solche
Schäden nicht, die sich nur bei Mißachtung des Inhalts der Warnung vermeiden
ließen (hier: Schäden an im Keller befindlichen Gegenständen,
wenn vor einem Betreten des Kellers wegen Lebensgefahr hätte gewarnt
werden müssen).
BGH, Urteil vom 11. November 2004 - III ZR 200/03 - OLG München
LG Augsburg
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 11. November 2004 durch den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter
Dr. Wurm, Dr. Kapsa, Dörr und Galke

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird - unter Zurückweisung der Anschlußrevision der Kläger - das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 5. Juni 2003 aufgehoben, soweit zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


Die Kläger fordern von der beklagten kreisfreien Stadt Schadensersatz wegen der Überschwemmung ihres Hausgrundstücks durch die Wertach in der Nacht vom 22. zum 23. Mai 1999 (sogenanntes A. Pfingsthochwasser

).


Die Wertach ist ein gesetzlich vom Freistaat Bayern zu unte rhaltendes Gewässer erster Ordnung. Oberhalb des im Stadtteil P. /U. gelegenen Anwesens der Kläger befindet sich - ca. 1,7 km entfernt - eine im Eigentum der Streithelferin der Beklagten stehende Wehranlage (A. - Wehr). Die östliche Uferböschung war flußaufwärts befestigt, während am westlichen Ufer ein etwa 100 m langer Damm mit einem befestigten Fahrweg auf der Krone verlief. Zum Durchschleusen von Treibgut hielt die Streithelferin Stangen, zum Teil ausgerüstet mit Haken oder Sägen, vor. Damit und durch den Einsatz der Werksfeuerwehr hatte sich in der Vergangenheit stets ein teilweiser oder vollständiger Verschluß des Wehrs durch Treibgut (Verklausung) verhindern lassen. In P. war es bis 1999 lediglich im Jahre 1965 wegen des Bruchs einer Absperrung des Radegundisbachs zu einer Überschwemmung gekommen.
Am 22. und 23. Mai 1999 führten in A. starke Regenfälle im Einzugsgebiet zu dem höchsten bislang dort gemessenen Hochwasser der Wertach mit einer statistischen Wiederkehrzeit von 100 Jahren. Ab Mittag des 22. Mai 1999 führte die Wertach zunächst vereinzelt, dann zunehmend große Mengen Treibgut mit sich, das teilweise am A. -Wehr hängenblieb und schließlich dessen Verklausung zur Folge hatte. Von 14.00 Uhr an versuchten Mitarbeiter der Streithelferin vergeblich, einen im Wehr verkeilten Baum mit Bugsierhaken zu entfernen. Gegen 15.30 Uhr scheiterte auch der Versuch, den Baum mit einer auf einem Lastwagen montierten Seilwinde herauszuziehen. Daraufhin wurden um 15.55 Uhr die Berufsfeuerwehr der Beklagten und die Werksfeuerwehr der Streithelferin alarmiert. Gegen 16.30 Uhr ordnete der Einsatzleiter eine Deicherhöhung mit Sandsäcken an. Die Absicht, mit einer Teleskopsäge gegen 19.40 Uhr für einen besseren Abfluß zu sorgen, blieb ver-
geblich. Etwa um 21.00 Uhr mußte der Ostdeich aufgegeben werden. Am Westufer konnte die Deicherhöhung mit dem Ansteigen des Wassers zunächst Schritt halten. Gegen 22.00 Uhr verschärfte sich die Lage, so daß Sandsäcke zum Teil durchspült und vermehrt auch weggespült wurden. Kurz darauf wurde ein Zittern des Westdeichs gemeldet. Danach nahmen die Einsatzkräfte eine wasserseitige Stabilisierung des Deichs mit grobem Schüttmaterial in Angriff. Den Einsatz von schwerem Gerät hielten die Verantwortlichen mangels befestigter Zufahrten für aussichtslos. Eine Sprengung lehnte der um 22.00 Uhr angeforderte Sprengmeister ab. Gegen 00.00 Uhr brachen auf dem Westdamm zunächst in einer Länge von 30 m die Sandsackerhöhung und gegen 00.15 Uhr der Damm selbst. Dieser Bruch weitete sich auf eine Länge von 200 bis 250 m aus. Etwa um 03.30 Uhr brach auch das A. -Wehr. Die durch den Dammbruch ausgelöste Flutwelle überschwemmte den Stadtteil U. mit Keller und Erdgeschoß im Haus der Kläger. Warnungen an die Bewohner durch Lautsprecherwagen der Polizei und der Wasserwacht erfolgten in diesem Bereich frühestens ab 03.25 Uhr.
Die Kläger haben der Beklagten unter anderem vorgewo rfen, die Verklausung des A. -Wehrs durch den Einsatz schweren Geräts nicht verhindert und die Bevölkerung zudem nicht rechtzeitig gewarnt zu haben. Sie selbst seien erst gegen 03.30 Uhr oder 03.45 Uhr durch den Knall der unter der Flutwelle zerberstenden Kellertür geweckt worden. Mit der Klage machen sie einen Teilbetrag von 55.000 DM ihres Schadens geltend.
Das Landgericht hat durch Grundurteil die Beklagte verp flichtet, den Klägern diejenigen Schäden an ihrem Inventar im Keller und Erdgeschoß des Hauses zu ersetzen, die bei einer Mitteilung der Beklagten über den Damm-
bruch um 01.00 Uhr am 23. Mai 1999 noch abwendbar gewesen wären. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Kläger zurückgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten und ihrer Streithelferin hat es den Alarmierungszeitpunkt auf 01.15 Uhr verschoben und zur Warnung der Bevölkerung inhaltlich eine Lautsprecherdurchsage verlangt, die auf den Bruch des Wertachdamms sowie auf eine in Kürze zu erwartende Flutwelle hingewiesen und wegen Lebensgefahr davor gewarnt hätte, Keller und Tiefgaragen zu betreten.
Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision verfol gt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Die Kläger haben Anschlußrevision eingelegt mit dem Ziel, die Beklagte in vollem Umfang zur Ersatzleistung zu verurteilen.

Entscheidungsgründe


Die Revision der Beklagten hat Erfolg; die Anschlußrevisi on der Klägerin erweist sich dagegen als unbegründet.

I.


Gegen die Zulässigkeit der Klage bestehen keine Bedenken . Die Revision rügt, die von den Klägern geltend gemachten Schadenspositionen überschritten die Klagesumme von 55.000 DM, ohne daß die Kläger angegeben hätten, in welcher Reihenfolge die einzelnen Positionen zur Begründung ihres Klageanspruchs herangezogen werden sollten.

Die Rüge ist unbegründet. Richtig ist, daß bei einer auf mehrere selbständige prozessuale Ansprüche gestützten Teilklage der Leistungsantrag nur dann hinreichend bestimmt ist (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO), wenn der Kläger angibt , mit welchem Anteil oder in welcher Reihenfolge die einzelnen Ansprüche geprüft werden sollen (BGHZ 124, 164, 166; BGH, Urteil vom 19. Juni 2000 - II ZR 319/98 - NJW 2000, 3718, 3719; Urteil vom 13. Februar 2003 - I ZR 281/01 - NJW-RR 2003, 916). Das gilt jedoch nicht für bloße unselbständige Rechnungsposten (BGH, Urteil vom 19. Juni 2000 aaO; Urteil vom 13. März 2003 - VII ZR 418/01 - NJW-RR 2003, 1075, 1076). Die hier mit der Klage geltend gemachten Einzelschäden an Inventar und Gebäude gehören aber zu derselben Schadensart (Sachschäden) und haben deshalb innerhalb des einheitlichen Amtshaftungsanspruchs lediglich die Bedeutung unselbständiger und im Rahmen des Gesamtbetrags austauschbarer Faktoren (vgl. auch BGH, Urteil vom 22. November 1990 - IX ZR 73/90 - NJW-RR 1991, 1279). Im übrigen verweist die Revisionserwiderung auch mit Recht darauf, daß sich die Überschreitung der Klagesumme im Berufungsverfahren durch die mit Schriftsatz der Kläger vom 8. April 2003 vorgelegte Schadensliste allein aus einem mit "Schadensliste -Nachtrag" überschriebenen Anhang ergibt und daß diese weiteren Schäden deshalb - wenn überhaupt - ersichtlich nur hilfsweise geltend gemacht worden sind.

II.


1. Das Berufungsgericht, dessen Urteil in OLG-Report München 2003, 318 abgedruckt ist, hat der Beklagten nicht anlasten wollen, daß es überhaupt zu
dem Bruch des Wertachdamms und infolgedessen zu der Überschwemmung gekommen ist. Der Beklagten lasse sich insbesondere auch nicht vorwerfen, daß sie am 22. Mai 1999 kein schweres Gerät zum Herausziehen von Bäumen und Gestrüpp aus der Wertach eingesetzt habe. Unter anderem sei völlig offen , ob die Einsatzleitung der Beklagten am Pfingstsamstag einen geeigneten Unternehmer hätte erreichen können. Selbst wenn sich die Einsatzkräfte aber unmittelbar nach dem Scheitern des Versuchs, den zuerst festgeklemmten Baum mit Hilfe einer Seilwinde aus dem Wehr zu ziehen, gegen 15.30 Uhr um schweres Gerät bemüht hätten, wäre dieses günstigenfalls um 18.00 Uhr einsatzbereit gewesen. Ob ein Seilzugbagger dann noch auf dem Damm hätte arbeiten können, lasse sich nicht mehr klären. Mindestens sei das Absehen von einem solchen Einsatz den Verantwortlichen der Beklagten mit Rücksicht darauf, daß auch der Sachverständige Prof. Dr. P. den Untergrund für schweres Gerät nicht mehr für tragfähig gehalten habe, nicht vorzuwerfen. Darüber hinaus müsse der Einsatzleitung insoweit ein gewisser Beurteilungsspielraum zugebilligt werden. Ebensowenig stehe fest, daß eine Sprengung des A. -Wehrs rechtzeitig hätte erfolgen können oder daß dies überhaupt eine sachgerechte Maßnahme gewesen wäre.
2. Nach Ansicht des Berufungsgerichts traf die Beklagte ferner bis zum Bruch des Westdeichs keine Amtspflicht zur Warnung der Bewohner des Stadtteils P. . Entsprechend den Ausführungen des Sachverständigen habe allerdings eine Warnung jedenfalls in dem Augenblick erfolgen müssen, als erkennbar geworden sei, daß sich der Damm nicht mehr halten lasse. Wenn man das Zittern des Damms, die Probleme mit den Sandsäcken und deren Überströmung als Beginn der nicht mehr beherrschbaren Situation ansehe, hätte - so der Sachverständige - um 22.00 Uhr gewarnt werden müssen; letzt-
lich habe der Sachverständige dies aber nicht beurteilen wollen, da er nicht auf dem Damm gewesen sei. Auf dieser Grundlage könne die Verzögerung der Warnung bis zum Dammbruch der Beklagten nicht als Amtspflichtverletzung zur Last gelegt werden. Zum einen sei den Einsatzkräften auch insofern ein gewisser Beurteilungsspielraum zuzubilligen, und zum anderen trügen die Kläger die Beweislast dafür, daß die Situation nach 22.00 Uhr nicht mehr beherrschbar gewesen sei. Diesen Beweis hätten sie aber nicht geführt.
3. Das Oberlandesgericht hat hingegen die Beklagte aus dem Gesichtspunkt der Gefahrenabwehr sowie wegen verschiedener spezialgesetzlicher Vorschriften (Art. 6 des Bayerischen Katastrophenschutzgesetzes [BayKSG], Art. 66 des Bayerischen Wassergesetzes [BayWG], § 8 Nr. 1 der Verordnung über den Hochwassernachrichtendienst [HNDV] vom 23. Mai 1990, BayGVBl. 1990, S. 159) für verpflichtet gehalten, die Anwohner von P. nach dem Bruch des Westdamms vor der drohenden Überschwemmung zu warnen. Der Amtspflicht sei sie nicht ausreichend, insbesondere nicht zügig genug, nachgekommen. Die Tatsache, daß die Verantwortlichen der Beklagten über kein geeignetes Kartenmaterial für eine Abschätzung, wohin die Wassermassen fließen würden, verfügten, entschuldige die Beklagte nicht. Erst recht beseitige dies nicht die Vorhersehbarkeit einer Überflutung von P. im Falle eines Dammbruchs, zumal das Wasser schon bei dem Hochwasser von 1965 denselben Weg genommen habe. In der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern über den Vollzug der Verordnung über den Hochwassernachrichtendienst vom 4. Januar 1991 (VBHNDV, AllMBl. 1991, 367) werde in Ziffer 4.4.2 unter anderem die Verpflichtung der Gemeinden geregelt, Kartenmaterial über die Überschwemmungsbereiche größerer Hochwässer vorzuhalten.

Nach Auffassung des Berufungsgerichts war der Beklagten ei n Zeitraum von einer Stunde bis zum Abschluß der Warnaktion zuzubilligen. Eine Warnung erst um 03.15 Uhr oder 03.25 Uhr sei zu spät gewesen. Daß die Feuerwehr der Beklagten bei einer Erkundungsfahrt im G. Wäldchen um 02.30 Uhr noch kein Wasser festgestellt habe, habe das Unterlassen einer früheren Warnung in P. nicht rechtfertigen können. Der Sachverständige habe es zwar als nicht vorhersehbar bezeichnet, wie lange das Wasser nach P. brauchen werde, aufgrund des Verlaufs des alten Flußbetts und der Ereignisse von 1965 sei aber sehr wohl dessen Richtung zu erkennen gewesen.
In Übereinstimmung mit dem Sachverständigen halte der Berufungssenat eine eindringliche Warnung für erforderlich. Sie habe auf den Bruch des Wertachdamms und eine in Kürze zu erwartende Flutwelle hinweisen sowie wegen Lebensgefahr davor warnen müssen, Keller und Tiefgaragen zu betreten. Mehr als eine Durchsage mit Lautsprecherwagen habe allerdings von der Beklagten nicht verlangt werden können. Durch eine solche Alarmierung wäre mindestens einer der Kläger geweckt worden.
Die Kläger hätten bei dieser gebotenen Warnung zumin dest einige leicht transportable Gegenstände aus dem Keller in höhere Räume verbracht, obwohl vor einem Betreten des Kellers hätte gewarnt werden müssen. Der Schutzzweck einer solchen Warnung stehe dem nicht entgegen. Auch die Vermeidung materieller Schäden gehöre zum Zweck einer Hochwasserwarnung. Die Aufforderung, Tiefgaragen und Keller nicht zu betreten, habe nicht deshalb erfolgen müssen, weil die dort befindlichen Gegenstände nicht vor einer Über-
schwemmung hätten geschützt werden sollen, sondern, um im konkreten Fall Personenschäden zu vermeiden. Unabhängig hiervon sei es aber auch möglich , daß die Kläger wenigstens einige der kleineren Haushaltsgeräte aus der im Erdgeschoß befindlichen und später überschwemmten Küche in höher gelegene Räume gebracht hätten.
4. Der geltend gemachte Schadensersatzanspruch sei schließlich nicht wegen einer anderweitigen Ersatzmöglichkeit nach § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB ausgeschlossen. Eine Haftung der Streithelferin wegen des Überschwemmungsschadens nach §§ 836 ff. BGB bestehe nicht. Fehlerhafte Errichtung oder mangelhafte Unterhaltung des Wehrs oder des Westdamms der Wertach in einem Bereich, für den die Streithelferin unterhaltungspflichtig gewesen sei, lasse sich nicht feststellen. Ein Anspruch nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 31 BayWG sei gleichfalls nicht gegeben. Die Verpflichtung des Unternehmers nach Art. 31 BayWG, eine festgesetzte Stauhöhe einzuhalten, sei zwar ein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB. An dem Ansteigen des Wasserspiegels aufgrund der Verklausung und dem nachfolgenden Bruch des Westdamms treffe die Streithelferin jedoch kein Verschulden. Nachbarrechtliche Ansprüche nach § 906 BGB schieden schon deshalb aus, weil Überschwemmungen hiervon nicht erfaßt würden. Im übrigen könne man angesichts der großen Entfernung auch nicht von einem Nachbarschaftsverhältnis sprechen.

III.


Anschlußrevision der Kläger
Diese Ausführungen halten den Angriffen der Anschlußre vision jedenfalls im Ergebnis stand.
1. Soweit es um der Beklagten obliegende Schutzmaßnahmen gegen einen Bruch des Deiches geht, sind Rechtsfehler nicht ersichtlich. Die Anschlußrevision wendet sich mit Verfahrensrügen gegen die Annahme des Berufungsgerichts und die zugrundeliegenden Feststellungen, die Beklagte habe aus tatsächlichen Gründen nicht schweres Gerät zur Verhinderung oder Beseitigung der Verklausung einsetzen müssen. Diese Rügen hat der Senat geprüft und für nicht durchgreifend erachtet. Von einer Begründung wird abgesehen (§ 564 ZPO). Auf die Frage, welche rechtlichen Maßstäbe dabei an die Bemühungen zur Abwehr der Überschwemmung anzulegen wären, kommt es nicht an.
2. Im Ergebnis vergeblich bekämpft die Anschlußrevision auch die Auffassung des Berufungsgerichts, eine konkrete Warnung der Einwohner von P. habe nicht vor dem Dammbruch erfolgen müssen.

a) Zu Recht hat das Berufungsgericht die Beklagte aus de m Gesichtspunkt der Gefahrenabwehr für verpflichtet gehalten, die von dem Hochwasser bedrohte Bevölkerung vor der Überflutung zu warnen (vgl. Senatsurteil vom 27. Januar 1994 - III ZR 109/92 - VersR 1994, 935, 937; Senatsbeschlüsse vom 12. Juli 1990 - III ZR 167/88 - BGHR BGB § 839 Abs. 1 Satz 1 Gemeinde 2 und vom 26. September 1991 - III ZR 330/89 - BGHR BGB § 839 Abs. 1 Satz 1 Hochwasserschutz 3). Solche Warnungen obliegen in Bayern - unabhängig von den Verpflichtungen erfahrungsgemäß durch Überschwemmungen bedrohter Gemeinden nach Art. 66 Abs. 2 BayWG - als Teil des Katastrophenschutzes (vgl. Schulz, BayKSG, Art. 3 Anm. 3, Art. 6 Anm. 1.2) jedenfalls auch
den Kreisverwaltungsbehörden (Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 BayKSG), hier also gemäß Art. 9 Abs. 1 BayGO der Beklagten als kreisfreier Stadt. Eine Haftung des Freistaats Bayern wie bei der Ausführung rein staatlicher Aufgaben durch die Landkreise (Art. 35 Abs. 3, Art. 37 Abs. 5 BayLKO) tritt in diesem Fall nicht ein. Nach der Rechtsprechung des Senats dient der Katastrophen- und Hochwasserschutz nicht nur dem Interesse der Allgemeinheit, sondern zugleich den Belangen der von den Auswirkungen einer Überflutung möglicherweise Betroffenen; Amtspflichten dieser Art sind daher drittbezogen (BGHZ 54, 165, 170; 140, 380, 388; Senatsurteil vom 27. Januar 1994 aaO).

b) Für die Bestimmung des Alarmierungszeitpunkts hat sich das Oberlandesgericht von dem Gedanken leiten lassen, drastische Warnungen könnten zu Panikerscheinungen, Verkehrschaos und Unfällen führen und überzogene Warnungen eine Gewöhnung der Bevölkerung zur Folge haben. Es hat deshalb in Anlehnung an die Ausführungen des Sachverständigen eine Warnpflicht hier erst für den Augenblick bejaht, in dem erkennbar geworden sei, daß sich der Damm nicht mehr halten lasse.
Das ist zu eng und läßt, wie der Anschlußrevision zuzugeben ist, die konkrete Gefährdung der Anwohner und die ihnen bei dem späteren Eintritt der Überschwemmung aus einer Verzögerung der Meldung drohenden, regelmäßig weit größeren Personen- und Sachschäden außer acht. Eine Amtspflicht zur Warnung der gefährdeten Bevölkerung muß deshalb auch unter Berücksichtigung eines der Behörde zustehenden Beurteilungs- oder Ermessensspielraums bei einer am Maßstab der jeweiligen Gefahrenpotentiale orientierten Abwägung spätestens dann eintreten, wenn zwar noch Chancen für eine Rettung des Deiches bestehen, die Wahrscheinlichkeit eines Dammbruchs aber
aus der Sicht des Einsatzleiters vor Ort schon deutlich überwiegt und sich deswegen Zweifel an einer Beherrschung der Lage aufdrängen müssen.
Unter diesem Gesichtspunkt hat das Berufungsgericht den Pa rteivortrag und die Beweisergebnisse nicht geprüft. Eine Aufhebung des angefochtenen Urteils aus diesem Grunde und eine Zurückverweisung der Sache zu weiteren Feststellungen ist dennoch nicht geboten. Unabhängig von der Frage, ob sich ein derart vorgelagerter Zeitpunkt nach den tatsächlichen Verhältnissen des Streitfalls überhaupt zuverlässig bestimmen läßt, hat das Berufungsgericht nämlich als mit mehreren Rechtskundigen besetztes Kollegialgericht - wenn auch von einer etwas abweichenden Rechtsauffassung her - den Standpunkt der Einsatzkräfte, abzuwarten, bis die Situation für sie nicht mehr beherrschbar geworden war, als amtspflichtgemäß gebilligt. Unter solchen Umständen trifft die Beamten indes grundsätzlich kein Verschulden (st. Rspr.; vgl. nur Senatsurteile BGHZ 97, 97, 107; BGHZ 150, 172, 184). Es besteht kein Anlaß, im Streitfall von dieser Richtlinie abzugehen. Verfahrensfehler sind entgegen der Anschlußrevision auch insoweit nicht ersichtlich (§ 564 ZPO).

IV.


Revision der Beklagten
1. Das Rechtsmittel der Beklagten ist demgegenüber begründet. Die Revision nimmt zwar zutreffend hin, daß das Berufungsgericht die Beklagte für verpflichtet gehalten hat, die gefährdeten Anwohner nach dem Bruch des Westdamms zu warnen (oben III 2 a). Sie bekämpft jedoch mit Erfolg die Auffassung
des Oberlandesgerichts, dies habe erkennbar auch für den Stadtteil P. gegolten.
Das Berufungsgericht hat gemeint, die Tatsache, daß die Verantwortlichen der Beklagten über kein geeignetes Kartenmaterial für eine Abschätzung, wohin die Wassermassen fließen würden, verfügten, entschuldige die Beklagte nicht. Erst recht beseitige sie nicht die Vorhersehbarkeit einer Überflutung von P. im Falle eines Dammbruchs, zumal das Wasser schon beim Hochwasser von 1965 denselben Weg genommen habe. In Ziffer 4.4.2 VBHNDV werde unter anderem die Verpflichtung der Gemeinden geregelt, Kartenmaterial über die Überschwemmungsbereiche größerer Hochwässer vorzuhalten. Allenfalls habe bei fehlenden Erfahrungswerten der beteiligten Einsatzkräfte zur Abgrenzung des möglicherweise von der Flutwelle betroffenen Gebiets Anlaß zu besonderer Vorsicht bestanden.
Diese Erwägungen tragen auf der Grundlage der bisher igen tatsächlichen Feststellungen die angefochtene Entscheidung nicht. Eine Pflicht der Beklagten , entsprechendes Kartenmaterial zu erarbeiten und es im Katastrophenfall den Einsatzkräften zur Verfügung zu stellen, ergibt sich bislang weder allgemein aus der Bayerischen Verordnung über den Hochwassernachrichtendienst noch im einzelnen aus Nr. 4.4.2 der ausführenden Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern über den Vollzug dieser Verordnung. Allerdings haben nach § 7 und § 8 Nr. 2 HNDV die Gemeinden, soweit sie Empfänger von Hochwassernachrichten sind, einen eigenen Meldeplan aufzustellen. Dieser Meldeplan umfaßt gemäß Nr. 4.4.2 VBHNDV auch einen Lageplan , in den die Überschwemmungsgebiete größerer Hochwässer einzutragen sind. Das setzt aber voraus, daß Überflutungen infolge Hochwassers in
einem bestimmten Gebiet regelmäßig zu erwarten sind, wie auch der nachfolgende Hinweis in dieser Bestimmung auf die förmlich festgesetzte Überschwemmungsgrenze deutlich macht.A. gehört jedoch nach dem vom Berufungsgericht festgestellten Sachverhalt gerade nicht zu den typischerweise von Hochwasser betroffenen Gemeinden.
Andere Rechtsgründe für eine entsprechende Verpflichtun g der Beklagten sind nach dem für die Revisionsinstanz maßgebenden Sachverhalt nicht ersichtlich, zumal den Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. P. zufolge aufwendige Risikountersuchungen bis dahin nur bei Großanlagen wie Stauanlagen üblich waren. Allein der Umstand, daß das Hochwasser von 1965 bereits denselben Weg genommen hatte, begründet ohne zusätzliche tatsächliche Feststellungen eine Vorhersehbarkeit des Überschwemmungsgebiets für die Beklagte ebenfalls nicht. Das Berufungsgericht hat sich weder tatrichterlich damit befaßt, ob die Beklagte im Stadtteil P. seinerzeit mit weiteren Überschwemmungen rechnen mußte und deswegen auch aus einer Sicht ex ante eine Dokumentation der damaligen Überflutung geboten war, noch aufgeklärt , inwieweit bei der Beklagten etwa vorhandene Unterlagen im Schadensfalle noch aussagekräftig gewesen wären. Dabei wäre außer den vom Landgericht herangezogenen Umständen (tiefe Lage des Stadtteils, Nähe zum Flußbett , anzunehmende nördliche Fließrichtung des Wassers) auf der anderen Seite auch zu berücksichtigen, daß insoweit - wie die Revision mit Recht rügt - die Oberflächenverhältnisse wegen der Errichtung eines Damms für die Bundesstraße 17 verändert worden waren. Eine Verpflichtung der Beklagten, mangels hinreichender Erkenntnisse über die Fließrichtung des Wassers ohne jeden Anhalt in weitem Umkreis alle wertachnahen Stadtteile zu warnen, würde die Amtspflichten der beklagten Gemeinde überspannen.

Mit der gegebenen Begründung kann das Berufungsurteil nach alledem nicht bestehen bleiben.
2. Die Sache ist nicht aus anderen Gründen im Sinne einer Klageabweisung zur Endentscheidung reif (§ 563 Abs. 3 ZPO). Schadensersatzansprüche der Kläger gegen die Streithelferin als anderweitige Ersatzmöglichkeit im Sinne des § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB kommen entgegen der Revision nicht in Betracht. Dabei mag dahinstehen, inwieweit solche Ansprüche bereits nach § 11 Abs. 1 WHG oder aufgrund des bei Erteilung der wasserrechtlichen Benutzungserlaubnis für die Rechtsvorgängerin der Streithelferin im Jahre 1883 geltenden bayerischen Rechts ausgeschlossen wären (vgl. hierzu auch Senatsurteil BGHZ 147, 125, 130 f.).
Für eine Haftung der Streithelferin aus § 823 BGB o der nach §§ 836 ff. BGB wegen mangelhafter Errichtung oder Unterhaltung der Wehranlage fehlt es an entsprechenden tatrichterlichen Feststellungen; insoweit greift die Revision das Berufungsurteil auch nicht an. Hinsichtlich der nach Art. 31 BayWG bestehenden Verpflichtung der Streithelferin zur Einhaltung einer bestimmten Stauhöhe hat das Berufungsgericht in rechtsfehlerfreier Würdigung ein Verschulden der Betreiberin verneint (§ 823 Abs. 2 BGB). Eine Gefährdungshaftung nach § 2 Abs. 1 HPflG, auf die die Revision verweist, liegt fern. Der von der Stauanlage abzweigende und wieder in die Wertach zurückführende Triebwerkskanal ist weder eine Rohrleitungsanlage noch eine Anlage zur Abgabe von Flüssigkeiten. Ein Vergleich mit einem Hausanschluß an die gemeindliche Abwasserkanalisation (dazu OLG Zweibrücken BADK-Inf. 1984, 10; Filthaut, HPflG, 6. Aufl., § 2 Rn. 12) verbietet sich. Auch für eine Anwendung des § 906
Abs. 2 Satz 2 BGB ist bei einer solchen Sachlage kein Raum. Der Bundesgerichtshof hat zwar mit wild abfließendem Niederschlagswasser abgeschwemmte Unkrautvernichtungsmittel als "ähnliche Einwirkung" im Sinne des § 906 Abs. 1 BGB gewertet (BGHZ 90, 255, 258 f.; s. auch BGHZ 155, 99 zur Überschwemmung eines Nachbargrundstücks wegen des Bruchs einer Wasserversorgungsleitung ). Der durch natürliche Vorgänge bewirkte Wasserabfluß selbst fällt jedoch nicht in den Regelungsbereich des § 906 BGB, zumal insoweit die wasserrechtlichen Bestimmungen eingreifen (BGHZ 90 aaO; ebenso OLG Celle OLG-Report 2000, 275, 276; Soergel/J.F. Baur, BGB, 13. Aufl., § 906 Rn. 114; s. auch BGHZ 29, 314, 316). Um so mehr gilt dies - von der zweifelhaften Störereigenschaft des Gewässereigentümers oder -benutzers in solchen Fällen ganz abgesehen - für großflächige Überschwemmungen infolge des Hochwassers von Flüssen, auf die die nachbarrechtlichen Vorschriften nicht zugeschnitten sind und für die das Gesetz aus gutem Grund auch keine verschuldensunabhängige Haftung kennt.

V.


Demnach ist das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Prüfung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Für den Fall, daß das Oberlandesgericht wiederum dem Grunde nach zu einer Haftung der Beklagten gelangt, weist der Senat auf folgendes hin:
Von Rechtsfehlern beeinflußt sind auch die Ausführungen zum Umfang des zu leistenden Schadensersatzes. Es geht dabei nicht nur um eine im Urteil über den Grund des Anspruchs nach § 304 ZPO unzulässige Entscheidung über die Höhe der Forderung (hierzu Senatsurteil BGHZ 10, 361, 362), sondern im Ansatz um die haftungsbegründende Kausalität und somit um die be-
reits im Grundurteil zu klärende Frage, ob überhaupt den Klägern ein ersatzfähiger Schaden entstanden ist. Dazu genügt es, daß mit Wahrscheinlichkeit der Klageanspruch in irgendeiner Höhe besteht (BGH, Urteil vom 2. Oktober 2000 - II ZR 54/99 - NJW 2001, 224, 225; Urteil vom 12. Februar 2003 - XII ZR 324/98 - WM 2003, 1919, 1921). Hiervon kann indessen nach den bisherigen tatsächlichen Feststellungen nicht ausgegangen werden.
1. Soweit es um Gegenstände geht, die die Kläger im Keller ihres Hauses und in dem eine halbe Etage unter der Küche gelegenen Hobbykeller aufbewahrt hatten, hat sich das Berufungsgericht überzeugt gesehen, daß die Kläger trotz der gebotenen Warnung vor einem Betreten der Kellerräume zumindest einige leicht transportable Gegenstände wie Elektrowerkzeuge und CDs in höhere Räume verbracht hätten. Beim Hobbykeller habe sich das individuelle Risiko für die Kläger als beherrschbar dargestellt. Auch vom Schutzzweck der Hochwasserwarnung seien derartige materielle Schäden umfaßt.
Das rügt die Revision mit Recht als rechtsirrig. Nach der Rechtsprechung des Senats muß neben der Feststellung, daß der Geschädigte zum Kreis der geschützten Dritten gehört, die weitere Prüfung treten, ob gerade der geltend gemachte Schaden in den Schutzbereich der verletzten Amtspflicht fällt (BGHZ 125, 258, 268 ff.; vgl. Staudinger/Wurm, BGB, 13. Bearb. § 839 Rn. 174). Im Streitfall betrifft das vorrangig Gesundheitsschäden, die sich aus Unkenntnis der Gefahr durch das Betreten unter der Erdoberfläche liegender Räume ergeben konnten. Die von den Klägern dagegen geltend gemachten Beschädigungen an in den Kellerräumen befindlichen Einrichtungsgegenständen hätten sich allenfalls dann vermeiden lassen, wenn die Kläger sich über den vom Berufungsgericht verlangten Inhalt der Warnung hinweggesetzt hät-
ten. Zu Recht weist die Revision darauf hin, daß es den Sinn einer solchen Warnung in ihr Gegenteil verkehren würde, wollte man auch deren Mißachtung in ihren Schutzbereich einbeziehen. Dem läßt sich auch nicht mit dem Berufungsgericht entgegenhalten, die Vermeidung materieller Schäden gehöre allgemein zum Zweck einer Hochwasserwarnung, und die Warnung vor einem Betreten des Kellers solle nur Personenschäden vermeiden. Um solche allgemeinen Warnungen geht es hier nicht. Eine eingeschränkte Zielrichtung des Warnhinweises verengt aber notwendig auch dessen daran anknüpfenden Schutzzweck.
2. Vom Schutz der Verpflichtung zur Erteilung von Warnhinweisen können demnach allenfalls die im Erdgeschoß des Hauses verwahrten transportablen Gegenstände umfaßt sein. Insofern hat das Berufungsgericht allerdings lediglich festgestellt, es sei möglich, daß die Kläger zumindest einige kleinere Haushaltsgegenstände aus der Küche in höher gelegene Räume transportiert hätten. Das genügt weder prozessual zum Erlaß eines Grundurteils noch materiellrechtlich zur Begründung eines Amtshaftungsanspruchs. Besteht die Amtspflichtverletzung - wie hier - in einem Unterlassen, so kann ein Ursachenzusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Schaden grundsätzlich nur bejaht werden, wenn der Schadenseintritt bei pflichtgemäßem Handeln mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vermieden worden wäre; die bloße Möglichkeit , ebenso eine gewisse Wahrscheinlichkeit, genügt nicht (Senatsurteil vom 27. Januar 1994 aaO S. 937 m.w.N.; zuletzt Senatsurteil vom 21. Oktober 2004 - III ZR 254/03). Beweiserleichterungen zugunsten des Geschädigten, falls die Amtspflichtverletzung und der nachfolgende Schaden feststehen, kommen nur dann in Betracht, wenn nach der Lebenserfahrung eine tatsächliche Vermutung oder eine tatsächliche Wahrscheinlichkeit für den ursächlichen Zu-
sammenhang besteht (Senatsurteile vom 3. März 1983 - III ZR 34/82 - NJW 1983, 2241, 2242 und vom 21. Oktober 2004 aaO; Staudinger/Wurm aaO § 839 Rn. 418). Auch in dieser Hinsicht hat das Berufungsgericht bisher nichts festgestellt.
Schlick Wurm Kapsa
Dörr Galke

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

Ergibt die Begründung des Berufungsurteils zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.

Bezweckt die Geschäftsführung die Abwendung einer dem Geschäftsherrn drohenden dringenden Gefahr, so hat der Geschäftsführer nur Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zu vertreten.

(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.

(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.

(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.

Bezweckt die Geschäftsführung die Abwendung einer dem Geschäftsherrn drohenden dringenden Gefahr, so hat der Geschäftsführer nur Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zu vertreten.

(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.

(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.

(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.

Verletzt jemand in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so trifft die Verantwortlichkeit grundsätzlich den Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst er steht. Bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit bleibt der Rückgriff vorbehalten. Für den Anspruch auf Schadensersatz und für den Rückgriff darf der ordentliche Rechtsweg nicht ausgeschlossen werden.

(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.

(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.

(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.

(1) Der Schuldner hat Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, wenn eine strengere oder mildere Haftung weder bestimmt noch aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses, insbesondere aus der Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos, zu entnehmen ist. Die Vorschriften der §§ 827 und 828 finden entsprechende Anwendung.

(2) Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt.

(3) Die Haftung wegen Vorsatzes kann dem Schuldner nicht im Voraus erlassen werden.

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aa) Im Rahmen des Amtshaftungsanspruchs aus § 839 Abs. 1 BGB gilt der Sorgfaltsmaßstab des § 276 BGB (Senatsurteil vom 20. Februar 1992 - III ZR 188/90, BGHZ 117, 240, 249), so dass grundsätzlich jeglicher Grad von Fahrlässigkeit die Haftung wegen einer Amtspflichtverletzung begründet.

Bezweckt die Geschäftsführung die Abwendung einer dem Geschäftsherrn drohenden dringenden Gefahr, so hat der Geschäftsführer nur Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zu vertreten.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.

(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.

(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.

Bei Verlust oder Beschädigung des Gutes hat der Frachtführer über den nach § 429 zu leistenden Ersatz hinaus die Kosten der Feststellung des Schadens zu tragen.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

Bezweckt die Geschäftsführung die Abwendung einer dem Geschäftsherrn drohenden dringenden Gefahr, so hat der Geschäftsführer nur Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zu vertreten.

(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.

(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.

(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.

Bezweckt die Geschäftsführung die Abwendung einer dem Geschäftsherrn drohenden dringenden Gefahr, so hat der Geschäftsführer nur Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zu vertreten.

(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen wird.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.