Bundesgerichtshof Urteil, 23. Okt. 2003 - III ZR 41/03

bei uns veröffentlicht am23.10.2003

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 41/03
Verkündet am:
23. Oktober 2003
K i e f e r
Justizangestellter
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
WoVermittG § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Satz 2
Der als Wohnungsvermittler tätigen juristischen Person steht nach § 2 Abs. 2
Satz 1 Nr. 3 Satz 2 WoVermittG ein Anspruch auf die Vermittlungsprovision
nicht zu, wenn eine an ihr rechtlich oder wirtschaftlich beteiligte (natürliche
oder juristische) Person Eigentümerin (im Rechtssinne) der vermittelten Wohnung
ist; auf "wirtschaftliches Eigentum" kommt es nicht an.
BGH, Urteil vom 23. Oktober 2003 - III ZR 41/03 - LG Wiesbaden
AG Bad Schwalbach
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf der Grundlage der bis zum
9. Oktober 2003 eingereichten Schriftsätze durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Rinne und die Richter Dr. Wurm, Dr. Kapsa, Dörr und Galke

für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Wiesbaden vom 22. Januar 2003 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Revisionsrechtszuges zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


Die beklagte Immobilienmaklerin wies dem Kläger, der eine Mietwohnung für seine Tochter suchte, am 1. April 2001 die Gelegenheit zur Anmietung einer Wohnung in dem Haus R. -Straße 15 in B. Sch. nach. Die Tochter des Klägers mietete die Wohnung mit Vertrag vom 2. April 2001. Der Kläger zahlte an die Beklagte eine "Maklergebühr" in Höhe von 2.760,80 DM (einschließlich Umsatzsteuer).
Später stellte sich heraus, daß S. T. , die geschäftsführende Gesellschafterin der beklagten GmbH, zur Zeit des Nachweises Eigentümerin
der nachgewiesenen Wohnung war. Sie hatte das Hausgrundstück zwar mit notariellem Vertrag vom 15. Juli 1999 an J. S. verkauft. Die Umschreibung des Grundbuchs erfolgte aber - wie im Revisionsrechtszug unstreitig geworden ist - erst am 2. Juli 2002.
Der Kläger fordert die Maklerprovision zurück. Er macht geltend, die Provision habe der Beklagten nicht zugestanden, weil ihre geschäftsführende Gesellschafterin T. Eigentümerin der nachgewiesenen Wohnung gewesen sei.
Amtsgericht und Berufungsgericht (Einzelrichter) haben der auf Zahlung "!$#% & (' )*#,+.-/ 0 1 2 43 5,6 '7 von 1.411,57 - bis auf einen Teil der Zinsforderung - stattgegeben. Mit der vom Berufungsgericht (Einzelrichter ) wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag, die Klage abzuweisen, weiter.

Entscheidungsgründe


Die Revision ist unbegründet.

I.


Das Berufungsgericht hat ausgeführt:
Die Beklagte müsse die Provision zurückerstatten, weil sie darauf nach dem eindeutigen Wortlaut des § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Satz 2 WoVermittG keinen Anspruch habe. Zum Zeitpunkt der Vermittlung des Mietvertrages sei ihre Geschäftsführerin Eigentümerin der Mietwohnung gewesen. Es sei unerheblich , daß die Geschäftsführerin der Beklagten damals nicht mehr das "wirtschaftliche Eigentum" an dem Wohnhaus gehabt habe, weil es bereits an S. verkauft und übergeben gewesen sei.

II.


Das Berufungsurteil hält der rechtlichen Prüfung stand.
1. Die durch den Einzelrichter wegen Grundsätzlichkeit zugelassene Revision ist zulässig und führt nicht wegen Verstoßes gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG zur Aufhebung des Berufungsurteils. Anders als bei Beschlüssen im Beschwerdeverfahren , in denen der Einzelrichter die Rechtsbeschwerde wegen Grundsätzlichkeit zugelassen hat (vgl. BGH, Beschluß vom 13. März 2003 - IX ZB 134/02 - NJW 2003, 1254, vorgesehen zum Abdruck in BGHZ), war hier der Einzelrichter im Berufungsverfahren der zur Entscheidung gesetzlich zuständige Richter; eine "wesentliche(n) Änderung der Prozeßlage" (§ 526 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) ist nicht eingetreten (vgl. BGH, Urteil vom 16. Juli 2003 - VIII ZR 286/02 - WuM 2003, 501).
2. Der Kläger kann von der Beklagten gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 WoVermittG i.V.m. § 812 Abs. 1 Satz 1 Alternative 1 BGB die Rückzahlung der Provision nebst Zinsen beanspruchen. Die Beklagte hat die von dem Kläger gelei-
stete Provision ohne rechtlichen Grund erlangt. Das folgt aus § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Satz 2 WoVermittG. Danach steht dem Wohnungsvermittler ein Anspruch auf Entgelt für die Vermittlung nach § 2 Abs. 1 WoVermittG nicht zu, wenn der Mietvertrag über Wohnräume abgeschlossen wird, deren Eigentümer an der juristischen Person, die sich als Wohnungsvermittler betätigt, rechtlich oder wirtschaftlich beteiligt ist. Die Voraussetzungen dieses Provisionsausschlusses sind im Streitfall gegeben.

a) Die Beklagte war Wohnungsvermittler (§ 1 Abs. 1 WoVermittG). Sie hat dem Kläger die Gelegenheit zum Abschluß eines Mietvertrages - abzuschließen durch dessen Tochter - über die Wohnung R. -Straße 15 in B. Sch. nachgewiesen.

b) Die geschäftsführende Gesellschafterin der Beklagten war zur Zeit des Nachweises Eigentümerin der nachgewiesenen Wohnung. Es ist unstreitig, daß Frau T. im April 2001, als die Beklagte die Wohnung durch Zeitungsannonce angeboten hat, als Eigentümerin des betreffenden Hausgrundstücks im Grundbuch eingetragen gewesen ist; sie verlor das Eigentum an den Käufer S. erst mit der Umschreibung am 2. Juli 2002.
Daß Frau T. bereits am 9. August 1999 das Haus an S. übergeben und am 29. September 1999 den Kaufpreis erhalten hat, ist unerheblich. § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Satz 2 Fall 1 WoVermittG stellt nach seinem klaren Wortlaut allein auf das (rechtliche) Eigentum der (natürlichen oder juristischen) Person ab, die an der als Wohnungsvermittler tätigen juristischen Person rechtlich oder wirtschaftlich beteiligt ist ("Eigentümer").
Es entspricht auch der Zielrichtung des Gesetzes, den Provisionsausschluß nicht vom "wirtschaftlichen Eigentum", sondern von der rechtlichen Eigentümerstellung des Wohnungsvermittlers oder der an ihm rechtlich oder wirtschaftlich beteiligten Personen bezüglich der vermittelten oder nachgewiesenen Wohnung abhängig zu machen. § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Satz 2 WoVermittG wurde eingefügt, um Umgehungen des Provisionsausschlusses nach § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WoVermittG zu verhindern. Wohnungsvermittler sollten ein Entgelt für die Vermittlung von Mietwohnungen, deren Eigentümer sie sind, auch nicht durch Einschaltung juristischer Personen erlangen (vgl. Stellungnahme des Bundesrates zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung über Maßnahmen zur Verbesserung des Mietrechts und der Begrenzung des Mietanstiegs BT-Drucks. VI/1549 S. 30; Rebmann DB 1972, 125, 126; Baader/ Gehle, WoVermittG 1993 § 2 Rn. 91). In bezug auf die Eigentümerstellung des Wohnungsvermittlers wird der Mieter vor Umgehungen des Provisionsausschlusses aber nur dann wirksam geschützt, wenn die - ohne Schwierigkeiten aus dem Grundbuch ersichtliche - Rechtslage maßgebend ist. Denn die internen Verhältnisse zwischen dem Wohnungseigentümer und einem Käufer sind, worauf die Revisionserwiderung zu Recht hinweist, für ihn nicht durchschaubar. Wenn es auf eine "wirtschaftliche Berechtigung" ankäme, müßte sie der Mieter unter Umständen aufwendig ermitteln. Das wäre mit dem mieterschützenden Zweck des Gesetzes (vgl. BT-Drucks. aaO S. 6 und 12) nicht zu vereinbaren. Zwar ist dem Gesetz eine wirtschaftliche Betrachtung nicht fremd; es stellt aber ersichtlich nur zugunsten des Mieters darauf ab, ob eine "rechtlich(e) oder wirtschaftlich(e)" Beteiligung des Wohnungsvermittlers an der juristischen Person, die Eigentümerin der Wohnräume ist (§ 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 WoVermittG ), - und umgekehrt (§ 2 Abs. 2 Nr. 3 Satz 2 WoVermittG) - vorliegt. Ist der Wohnungsvermittler eine juristische Person, kommt es für den Provisionsaus-
schluß nach § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Satz 2 WoVermittG mithin nur darauf an, ob die an ihr beteiligte (natürliche oder juristische) Person Eigentümerin (im Rechtssinne) der vermittelten Wohnung ist.

c) Als geschäftsführende Gesellschafterin der Beklagten war Frau T. unzweifelhaft an der Beklagten "rechtlich oder wirtschaftlich" beteiligt (vgl. Baader/Gehle Rn. 96; Landgericht Hamburg MDR 1985, 673). Die Beklagte muß sich demnach die provisionsschädliche Eigentümerstellung von Frau T. gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Satz 2 Fall 1 WoVermittG zurechnen lassen.
Rinne Wurm Kapsa Dörr Galke

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 23. Okt. 2003 - III ZR 41/03

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 23. Okt. 2003 - III ZR 41/03

Referenzen - Gesetze

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 101


(1) Ausnahmegerichte sind unzulässig. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden. (2) Gerichte für besondere Sachgebiete können nur durch Gesetz errichtet werden.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 526 Entscheidender Richter


(1) Das Berufungsgericht kann durch Beschluss den Rechtsstreit einem seiner Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, wenn1.die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter erlassen wurde,2.die Sache keine besonderen Schwierigkei
Bundesgerichtshof Urteil, 23. Okt. 2003 - III ZR 41/03 zitiert 3 §§.

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 101


(1) Ausnahmegerichte sind unzulässig. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden. (2) Gerichte für besondere Sachgebiete können nur durch Gesetz errichtet werden.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 526 Entscheidender Richter


(1) Das Berufungsgericht kann durch Beschluss den Rechtsstreit einem seiner Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, wenn1.die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter erlassen wurde,2.die Sache keine besonderen Schwierigkei

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS III ZR 387/04 vom 28. April 2005 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja BGB § 652 Abs. 1; WoVermittG §§ 1, 2 Ein Fall "unechter Verflechtung" aufgrund eines institutionellen Interesse

Referenzen

(1) Ausnahmegerichte sind unzulässig. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden.

(2) Gerichte für besondere Sachgebiete können nur durch Gesetz errichtet werden.

(1) Das Berufungsgericht kann durch Beschluss den Rechtsstreit einem seiner Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, wenn

1.
die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter erlassen wurde,
2.
die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist,
3.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und
4.
nicht bereits im Haupttermin zur Hauptsache verhandelt worden ist, es sei denn, dass inzwischen ein Vorbehalts-, Teil- oder Zwischenurteil ergangen ist.

(2) Der Einzelrichter legt den Rechtsstreit dem Berufungsgericht zur Entscheidung über eine Übernahme vor, wenn

1.
sich aus einer wesentlichen Änderung der Prozesslage besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten der Sache oder die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ergeben oder
2.
die Parteien dies übereinstimmend beantragen.
Das Berufungsgericht übernimmt den Rechtsstreit, wenn die Voraussetzungen nach Satz 1 Nr. 1 vorliegen. Es entscheidet hierüber nach Anhörung der Parteien durch Beschluss. Eine erneute Übertragung auf den Einzelrichter ist ausgeschlossen.

(3) Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung, Vorlage oder Übernahme kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.

(4) In Sachen der Kammer für Handelssachen kann Einzelrichter nur der Vorsitzende sein.