Bundesgerichtshof Urteil, 10. Jan. 2002 - III ZR 62/01

bei uns veröffentlicht am10.01.2002

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 62/01
Verkündet am:
10. Januar 2002
F i t t e r e r
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zu den Sorgfaltspflichten von Gewerkschaften bei der Vertretung
ihres Mitglieds im Prozeß (hier: Einlegung eines Rechtsmittels).
BGH, Urteil vom 10. Januar 2002 - III ZR 62/01 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 10. Januar 2002 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Rinne und die Richter
Dr. Wurm, Dr. Kapsa, Dörr und Galke

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 24. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 23. Januar 2001 aufgehoben.
Auf die Berufung des Beklagten zu 1 wird das Grundurteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 22. Februar 2000 abgeändert, soweit zum Nachteil des Beklagten zu 1 erkannt worden ist. Die Zahlungsklage gegen den Beklagten zu 1 wird abgewiesen.
Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 1 in allen Rechtszügen hat der Kläger zu tragen.
Im übrigen wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung , auch über die sonstigen Kosten des Revisionsrechtszuges , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


Der Kläger, bis 1992 Polizeioberkommissar im Dienste des Landes Mecklenburg-Vorpommern, nimmt den erstbeklagten Deutschen Gewerkschaftsbund und die zweitbeklagte Gewerkschaft der P. auf Schadensersatz wegen fehlerhafter Vertretung in einem Kündigungsschutzprozeß in Anspruch.
Mit Schreiben vom 30. April 1992 kündigte das Bundesland das Arbeitsverhältnis des Klägers wegen mangelnder persönlicher Eignung, da er langjährig hauptamtlich in herausgehobener Stellung für die FDJ und die SED tätig gewesen sei. Die Beklagte zu 2, deren Mitglied der Kläger war, erteilte ihm eine Kostendeckungszusage und beauftragte den Beklagten zu 1 mit der Vertretung des Klägers vor dem Arbeitsgericht. Das die Klage abweisende erstinstanzliche Urteil wurde den Rechtssekretären des Beklagten zu 1 in S. am 15. September 1994 zugestellt. Am 17. Januar 1995 legte der Beklagte zu 1 für den Kläger beim Landesarbeitsgericht in R. Berufung ein und beantragte zugleich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Zur Begründung führte er aus, die erstinstanzlichen Prozeßvertreter des Klägers hätten mit Schreiben vom 27. September 1994 der Beklagten zu 2 die Handakte übersandt und angefragt , ob für die zweite Instanz Rechtsschutz gewährt werde; für diesen Fall sei gebeten worden, die Handakte unmittelbar der Landesrechtsstelle des Beklagten zu 1 in R. zuzuschicken. Das sei am 5. Oktober 1994 erfolgt, die Akte sei indes nie bei der Landesrechtsstelle angekommen, wie sich auf Nachfrage der Beklagten zu 2 am 5. Januar 1995 herausgestellt habe. Durch Urteil vom 18. Januar 1996 wies das Landesarbeitsgericht das Wiedereinsetzungsgesuch zurück und verwarf die Berufung rechtskräftig als unzulässig.

Im vorliegenden Rechtsstreit verlangt der Kläger, der die Kündigung nach wie vor für unberechtigt hält, von beiden Beklagten Schadensersatz. Seine Einkommensverluste bis zum Jahr 1997 hat er auf 60.389,28 DM beziffert und in diesem Umfang Zahlung gefordert. Auûerdem hat er die Feststellung beantragt, daû ihm die Beklagten auch zum Ersatz seines weiteren Schadens verpflichtet seien. Das Landgericht hat die Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt, das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgen beide Beklagten ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe


Die Revision ist begründet. Sie führt in bezug auf den Beklagten zu 1 zur Klageabweisung und hinsichtlich der Beklagten zu 2 zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


Das Berufungsgericht legt an die Sorgfaltspflichten einer Gewerkschaft, die es übernommen hat, ihren Mitgliedern umfassenden Rechtsschutz zu gewähren , dieselben Maûstäbe an wie bei der Vertretung durch einen Rechtsanwalt. Ihrer satzungsmäûigen Verpflichtung zur Beratung und Rechtsvertretung komme die Beklagte zu 2 dadurch nach, daû sie diese Leistungen entweder
selbst übernehme oder im Bedarfsfall Verträge zugunsten ihres Mitglieds mit Rechtsanwälten oder dem Beklagten zu 1 schlieûe. Bei Schlechterfüllung des Vertrags hafte deshalb auch der Beklagte zu 1 dem jeweiligen Mitglied der Einzelgewerkschaft , obwohl nur diese unmittelbar Mitglied des Gewerkschaftsbundes sei, daneben auch aufgrund seiner satzungsrechtlichen Verpflichtung, zugunsten der einzelnen Gewerkschaftsmitglieder Rechtsstellen zur Rechtsberatung und Prozeûvertretung zu unterhalten.
Beiden Beklagten fielen Pflichtverletzungen zur Last. Die Beklagte zu 2 habe versäumt, für eine rechtzeitige Einlegung der Berufung zu sorgen. Es sei bereits auffällig, daû das Schicksal der an den Beklagten zu 1 adressierten Postsendung mit der Handakte und dem Anschreiben vom 5. Oktober 1994 zwischen 15.00 Uhr, als sie zur Poststelle gebracht worden sei, und 16.30 Uhr, als die dort lagernden Sendungen entnommen und zur Post befördert worden seien, nicht erläutert werde. Insofern sei schon ein Organisationsverschulden der Beklagten zu 2 nicht auszuschlieûen. Aber auch für den Fall, daû die in Rede stehende Postsendung ordnungsgemäû auf den Postweg gebracht worden sei, liege ein Fehlverhalten vor. Die Beklagte zu 2 habe sich, ähnlich einem Korrespondenzanwalt, vergewissern müssen, ob das Rechtsmittel vom Beklagten zu 1 auch eingelegt werde. Zumindest aber hätte sie sich geraume Zeit vor dem 5. Januar 1995 nach dem Eingang der Berufungsschrift erkundigen müssen. Auch den Rechtssekretären des Beklagten zu 1 sei ein Verschulden zur Last zu legen. Wie Rechtsanwälte erster Instanz hätten sie das Verfahren bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist beobachten und gegebenenfalls bei der Beklagten zu 2 nachfragen müssen, mindestens aber nicht länger als drei Monate abwarten dürfen, ohne sich nach dem Verlauf der Angelegenheit zu erkundigen.

Das schuldhafte Fehlverhalten der Beklagten habe zu einem Schaden des Klägers geführt, da bei rechtzeitiger Berufung die Kündigungsschutzklage hätte Erfolg haben müssen. Dessen Ersatzforderung sei auch nicht verjährt. Die dreijährige Verjährungsfrist des § 51 b BRAO51 BRAO a.F.) und des § 68 StBerG finde hier keine Anwendung.

II.

Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision nicht in allen Punkten stand.
1. Allerdings ist das Berufungsurteil nicht schon deshalb aufzuheben, weil die Vorinstanzen - unzulässig - durch Grundurteil auch über den nach dem Sitzungsprotokoll des Landgerichts (§ 314 Satz 2 ZPO) ebenfalls verlesenen unbezifferten Feststellungsantrag entschieden hätten (dazu etwa BGH, Urteil vom 19. Juli 2001 - IX ZR 246/00 - NJW 2001, 3477, 3479 m.w.N.). Hierfür besteht schon deswegen kein Anhalt, weil Landgericht und Oberlandesgericht weder im Tatbestand ihrer Urteile noch in den Entscheidungsgründen den Feststellungsantrag auch nur erwähnen. Ebensowenig liegt ein Teilurteil gemäû § 301 ZPO ausschlieûlich über die Zahlungsklage vor, das gleichfalls unzulässig wäre , da in diesem Fall die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen über den beiden Klageanträgen zugrundeliegenden einheitlichen Schadensersatzanspruch bestünde (vgl. BGH, Urteil vom 4. Oktober 2000 - VIII ZR 109/99 - NJW 2001, 155 m.w.N.). Ein Teilurteil setzt voraus, daû das Gericht erkennbar lediglich über einen abtrennbaren Teil des Verfahrensgegenstands befinden und den Rest später erledigen will. Dieser Wille muû in der
Entscheidung selbst oder wenigstens in den Begleitumständen hinreichend zum Ausdruck kommen, weil sonst der Umfang der Rechtskraft unklar bliebe (BGH, Urteil vom 12. Januar 1999 - VI ZR 77/98 - NJW 1999, 1035). Eine solche Absicht des Landgerichts ist hier nicht erkennbar. Gegen sie spricht neben der fehlenden Bezeichnung als "Teilurteil" vor allem, daû das Urteil keinerlei Hinweis auf das Feststellungsbegehren und einen entsprechenden Vorbehalt enthält, abgesehen nur von dem nicht weiter aussagekräftigen Umstand, daû im Tenor des Urteils "die übrigen Entscheidungen" - in der Mehrzahl - dem Schluûurteil vorbehalten werden, während in den Entscheidungsgründen nur noch die Kostenentscheidung als vorbehalten genannt wird. Das Landgericht hat den Feststellungsantrag vielmehr ersichtlich übergangen. Unter solchen Umständen kommt nur eine Urteilsergänzung nach § 321 ZPO - im Streitfall in Verbindung mit einem Tatbestandsberichtigungsantrag - in Betracht (vgl. Musielak , ZPO, 2. Aufl., § 301 Rn. 25, § 321 Rn. 1, 6). Da der Kläger eine derartige Ergänzung nicht beantragt hat, ist nach Fristablauf die Rechtshängigkeit seines Feststellungsantrags entfallen (vgl. BGH, Urteile vom 8. November 1965 - VIII ZR 300/63 - LM § 322 ZPO Nr. 54 [insoweit in BGHZ 44, 237 nicht abgedruckt ] und vom 29. November 1990 - I ZR 45/89 - NJW 1991, 1683, 1684).
Verfahrensrechtlich ist das Grundurteil im Ergebnis auch sonst nicht zu beanstanden. Die Revision rügt ohne Erfolg, die Vorinstanzen hätten über einen zum Anspruchsgrund gehörenden Mitverschuldenseinwand (§ 254 BGB) der Beklagten nicht entschieden. In den Tatsacheninstanzen war unstreitig, daû der Kläger die Beklagte zu 2 rechtzeitig vor Ablauf der Berufungsfrist um Rechtsschutz für ein Berufungsverfahren gebeten hatte. Mehr konnte von ihm nicht erwartet werden. Für ein anspruchsminderndes Mitverschulden auf seiner Seite bestand daher für die Vorinstanzen kein Anhalt.

2. In der Sache vermag der Senat jedoch dem Berufungsgericht in einer entscheidenden Frage nicht zu folgen. Das Berufungsgericht überspannt die Anforderungen an die Sorgfaltspflicht der Beklagten.

a) Richtig ist, daû an die Sorgfalt in der Erledigung ihres Auftrags bei Vereinigungen, die sich - wie die Beklagten - mit Rechtsberatung und Rechtsbesorgung befassen, grundsätzlich keine geringeren Anforderungen zu stellen sind als bei einem Rechtsanwalt (BGH, Urteil vom 26. Februar 1981 - VII ZR 50/80 - NJW 1981, 1553). Wenn darum der Beklagte zu 1 die Vertretung des Klägers im Kündigungsschutzprozeû übernahm, hatte er diese Aufgabe mit derselben Gewissenhaftigkeit zu erfüllen wie ein erstinstanzlich bestellter Rechtsanwalt, während die rechtliche Stellung der Beklagten zu 2 - abgesehen von ihrer hier nicht interessierenden Verpflichtung zur Kostenübernahme - der eines den Verkehr der Partei mit dem Prozeûbevollmächtigten führenden Korrespondenzanwalts entsprach. Davon geht im Ansatz auch das Berufungsgericht aus.

b) Nach diesen Maûstäben scheidet indessen eine Pflichtverletzung auf seiten des Beklagten zu 1 aus. Für den Prozeûbevollmächtigten erster Instanz ist das Mandat mit einem klageabweisenden Urteil sowie der entsprechenden Unterrichtung und Belehrung des Mandanten regelmäûig beendet. Seinen Informationspflichten genügt er im allgemeinen durch Versendung eines einfachen Briefs. Nur in besonderen Ausnahmefällen ist der Anwalt beim Schweigen des Mandanten zu einer Nachfrage verpflichtet, etwa dann, wenn er konkreten Anlaû zur Sorge haben muû, daû seine Mitteilung verloren gegangen ist, oder wenn ihm bekannt ist, daû der Mandant unter allen Umständen ein Rechtsmit-
tel einlegen will (vgl. BGH, Beschlüsse vom 13. November 1991 - VIII ZB 29/91 - VersR 1992, 898, 899 und vom 23. Januar 1997 - VII ZB 37/96 - NJW 1997, 1311, 1312; Urteil vom 25. Oktober 2001 - IX ZR 19/99 - WM 2001, 2453, 2454). Solche Ausnahmetatbestände lagen hier nicht vor. Demgemäû waren die Rechtssekretäre des Beklagten zu 1 in S., nachdem sie der Beklagten zu 2 unstreitig alsbald von der Klageabweisung Kenntnis gegeben und sie gebeten hatten, im Falle einer Rechtsschutzgewährung für die Berufung sich unmittelbar an die Landesrechtsstelle in R. zu wenden, weder zu einer Überwachung der Berufungsfrist noch sonst zu einer Nachfrage, ob inzwischen Berufung eingelegt worden sei oder noch eingelegt werden solle, verpflichtet. Die vom Berufungsgericht für seine gegenteilige Auffassung herangezogenen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (BGHZ 105, 116; Beschlüsse vom 23. Oktober 1968 - VIII ZB 38/68 - VersR 1969, 59 und vom 20. Juni 1991 - VII ZB 18/90 - NJW 1991, 3035) betreffen den von der Partei mit der Erteilung eines Rechtsmittelauftrags (erneut) mandatierten Rechtsanwalt, der in der Tat grundsätzlich zur Kontrolle, ob der Berufungsanwalt den Auftrag übernimmt, und zur Fristenüberwachung verpflichtet ist (s. sogleich). Darum geht es in bezug auf den Beklagten zu 1 aber nicht. Demnach ist die gegen ihn gerichtete Klage abzuweisen.

c) Auf der Grundlage des vom Berufungsgericht als richtig angenommenen Sachverhalts lassen sich Sorgfaltsverstöûe von Mitarbeitern der Beklagten zu 2 ebensowenig begründen.
aa) Die vom Oberlandesgericht einleitend der Beklagten zu 2 angelasteten - nicht auszuschlieûenden - Mängel bei der Organisation ihrer Poststelle sind, wie die Revision zutreffend rügt, ohne hinreichende Basis im Parteivor-
bringen. Auch die Lebenserfahrung läût sich hierfür nicht in Anspruch nehmen. Es ist weder ersichtlich noch wird es vom Berufungsgericht begründet, welchen Anlaû ein unbefugter Dritter hätte haben sollen, in der Poststelle lagernde Briefsendungen an sich zu nehmen, selbst wenn ganz allgemein Unbefugte - was das Berufungsgericht jedoch nicht aufgeklärt hat - Zutritt zur Poststelle gehabt haben sollten und keine Aufsichtsperson vorhanden war. Erkennbar hat das Berufungsgericht hierauf allein seine Entscheidung auch nicht gestützt. Darum kann offenbleiben, ob es insoweit - was die Revision ebenfalls beanstandet - nicht auûerdem die Beweislast verkannt und zu Unrecht der Beklagten einen Entlastungsbeweis abverlangt hat (zum Beweis der Pflichtwidrigkeit bei Schlechterfüllung eines Anwaltsvertrags vgl. etwa Borgmann/Haug, Anwaltshaftung , 3. Aufl., IX Rn. 7 ff.; Zugehör/Fischer, Handbuch der Anwaltshaftung , Rn. 998 ff.).
bb) Falls der Auftrag an die Landesrechtsstelle des Beklagten zu 1 in R. zur Einlegung einer Berufung von der Beklagten zu 2 rechtzeitig zur Post gegeben worden ist, wovon das Berufungsgericht in seinen tragenden Erwägungen sodann ausgeht und was deshalb zugunsten der Beklagten auch für die Revisionsinstanz zu unterstellen ist, wäre die von ihr unterlassene Kontrolle des Eingangs bei dem Beklagten zu 1 nicht pflichtwidrig gewesen. Auf die ordnungsgemäûe Beförderung einer Postsendung kann sich der Absender ohne weitere Nachforschungen grundsätzlich verlassen (vgl. nur BGH, Urteil vom 30. September 1958 - VIII ZR 133/57 - NJW 1958, 2015, 2016; zu Verzögerungen im Postbetrieb: BVerfG NJW 1995, 2546; BGH, Beschluû vom 15. April 1999 - IX ZB 57/98 - NJW 1999, 2118). Es trifft zwar zu, daû gleichwohl der erstinstanzliche Prozeûbevollmächtigte oder der Verkehrsanwalt, der mit der Erteilung eines Rechtsmittelauftrags an den beim Berufungsgericht zugelasse-
nen Rechtsanwalt betraut ist, sich im allgemeinen die Übernahme des Mandats bestätigen lassen und die Berufungsfrist bis dahin überwachen muû, weil nicht von vornherein feststeht, ob der beauftragte Rechtsanwalt das Mandat für das Berufungsverfahren annimmt. Infolgedessen entfallen auch diese besonderen Pflichten, wenn im Einzelfall oder allgemein eine Absprache des Inhalts besteht , daû der Berufungsanwalt alle derartigen Aufträge ausführt (st. Rspr.; vgl. etwa BGHZ 105, 116, 119 f.; BGH, Beschlüsse vom 25. Januar 2001 - IX ZR 120/00 - NJW 2001, 1576 und vom 19. Juni 2001 - VI ZB 22/01 - NJW 2001, 3195, 3196). Mit Recht weist die Revision darauf hin, daû ein solcher Ausnahmefall hier vorliegt. Der Beklagte zu 1 war nach § 2 Nr. 4 Buchst. c seiner Satzung, auf die das Berufungsgericht zur Konkretisierung der Rechtspflichten des Beklagten zu 1 in anderem Zusammenhang selbst Bezug nimmt, verpflichtet, Rechtsstellen zur Rechtsberatung und Prozeûvertretung der Gewerkschaftsmitglieder zu errichten. Aus diesem Grunde durfte die Beklagte zu 2 als Mitglied des Beklagten zu 1 - nicht anders als kraft einer allgemeinen Absprache zwischen ihr und einem Rechtsanwalt - davon ausgehen, die Landesrechtsstelle des Beklagten zu 1 werde jedes ihr angetragene Berufungsmandat übernehmen. Das gilt jedenfalls vor dem Hintergrund seines Schreibens vom 27. September 1994, in dem der Beklagte zu 1 die Übernahme eines Berufungsmandats lediglich von einer erneuten Rechtsschutzgewährung mit einem entsprechenden Auftrag abhängig gemacht hatte. Damit entfällt der Grund für die in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs angenommene Verpflichtung des Anwalts - entsprechend hier der Beklagten zu 2 - zu einer Überwachung des Rechtsmittelauftrags. Nichts anderes gilt für die vom Berufungsgericht der Beklagten zu 2 abverlangte zeitnahe Nachfrage nach Ablauf der Berufungsfrist und noch vor dem 5. Januar 1995, die ohnedies nach dem rechtskräftigen Urteil des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern für die
Zurückweisung des Wiedereinsetzungsgesuchs und den Verlust des Rechtsmittels nicht ursächlich geworden ist.
Nach alledem kann das Berufungsurteil auch insoweit, als es eine Haftung der Beklagten zu 2 dem Grunde nach bejaht, nicht bestehen bleiben.
3. In bezug auf die Beklagte zu 2 ist der Rechtsstreit auch nicht aus anderen Gründen - im Sinne einer Klageabweisung - zur Entscheidung reif. Die wesentlich auf tatrichterlichem Gebiet liegenden Ausführungen des Berufungsgerichts zum Schaden des Klägers wegen Unwirksamkeit der Kündigung sind vor dem Hintergrund der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. etwa BVerfGE 92, 140; 96, 152; 96, 171; 96, 189; 96, 205) nicht zu beanstanden. Revisionsrechtlich beachtliche Mängel zeigt die Revision nicht auf. Zutreffend hat das Berufungsgericht es ferner abgelehnt, die früher in § 51 BRAO und jetzt in § 51 b BRAO normierte dreijährige Verjährungsfrist für Schadensersatzansprüche des Mandanten gegen einen von ihm beauftragten Rechtsanwalt auf die vorliegende Fallgestaltung zu übertragen. Die Vorschrift ist nach Wortlaut und systematischer Stellung ausschlieûlich auf den Beruf des Rechtsanwalts bezogen und enthält keinen darüber hinaus verallgemeinerungsfähigen Rechtsgedanken. Entsprechendes gilt für die Haftung des Steuerberaters gemäû § 68 StBerG. Ob eine ähnliche Regelung gegenüber anderen eine Rechtsberatung und Rechtsbesorgung anbietenden Personen oder Vereinigungen wie der Beklagten zu 2 sachgerechter wäre, hat der Senat nicht zu entscheiden (vgl. nunmehr aber die ab 1. Januar 2002 geltende allgemeine Verjährungsfrist von drei Jahren gemäû § 195 BGB in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001, BGBl. I
S. 3138). Einen Verstoû gegen den verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) macht auch die Revision nicht geltend.

III.

Das Berufungsurteil ist aufzuheben. Soweit es die Beklagte zu 2 betrifft, ist die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Dabei wird das Berufungsgericht in erster Linie zu klären haben, ob die Beklagte zu 2 das Auftragsschreiben an den Beklagten zu 1 am 5. Oktober 1994 auch zur Post gegeben hat.
Rinne Wurm Kapsa Dörr Galke

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 10. Jan. 2002 - III ZR 62/01

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(1) Der Schuldner hat Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, wenn eine strengere oder mildere Haftung weder bestimmt noch aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses, insbesondere aus der Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos, zu entnehmen ist. Die Vorschriften der §§ 827 und 828 finden entsprechende Anwendung.

(2) Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt.

(3) Die Haftung wegen Vorsatzes kann dem Schuldner nicht im Voraus erlassen werden.

(1) Der Rechtsanwalt ist verpflichtet, eine Berufshaftpflichtversicherung zur Deckung der sich aus seiner Berufstätigkeit ergebenden Haftpflichtgefahren für Vermögensschäden abzuschließen und die Versicherung während der Dauer seiner Zulassung aufrechtzuerhalten. Die Versicherung muß bei einem im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Versicherungsunternehmen zu den nach Maßgabe des Versicherungsaufsichtsgesetzes eingereichten Allgemeinen Versicherungsbedingungen genommen werden und sich auch auf solche Vermögensschäden erstrecken, für die der Rechtsanwalt nach § 278 oder § 831 des Bürgerlichen Gesetzbuchs einzustehen hat.

(2) Der Versicherungsvertrag hat Versicherungsschutz für jede einzelne Pflichtverletzung zu gewähren, die gesetzliche Haftpflichtansprüche privatrechtlichen Inhalts gegen den Rechtsanwalt zur Folge haben könnte; dabei kann vereinbart werden, daß sämtliche Pflichtverletzungen bei Erledigung eines einheitlichen Auftrags, mögen diese auf dem Verhalten des Rechtsanwalts oder einer von ihm herangezogenen Hilfsperson beruhen, als ein Versicherungsfall gelten.

(3) Von der Versicherung kann die Haftung ausgeschlossen werden:

1.
für Ersatzansprüche wegen wissentlicher Pflichtverletzung,
2.
für Ersatzansprüche aus Tätigkeiten über in anderen Staaten eingerichtete oder unterhaltene Kanzleien oder Büros,
3.
für Ersatzansprüche aus Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Beratung und Beschäftigung mit außereuropäischem Recht,
4.
für Ersatzansprüche aus Tätigkeiten des Rechtsanwalts vor außereuropäischen Gerichten,
5.
für Ersatzansprüche wegen Veruntreuung durch Personal, Angehörige oder Mitgesellschafter des Rechtsanwalts.

(4) Die Mindestversicherungssumme beträgt 250 000 Euro für jeden Versicherungsfall. Die Leistungen des Versicherers für alle innerhalb eines Versicherungsjahres verursachten Schäden können auf den vierfachen Betrag der Mindestversicherungssumme begrenzt werden.

(5) Die Vereinbarung eines Selbstbehalts bis zu einem Prozent der Mindestversicherungssumme ist zulässig.

(6) Im Versicherungsvertrag ist der Versicherer zu verpflichten, der zuständigen Rechtsanwaltskammer, bei Rechtsanwälten bei dem Bundesgerichtshof auch dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, den Beginn und die Beendigung oder Kündigung des Versicherungsvertrages sowie jede Änderung des Versicherungsvertrages, die den vorgeschriebenen Versicherungsschutz beeinträchtigt, unverzüglich mitzuteilen. Die Rechtsanwaltskammer erteilt Dritten zur Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen auf Antrag Auskunft über den Namen und die Adresse der Berufshaftpflichtversicherung des Rechtsanwalts sowie die Versicherungsnummer, soweit der Rechtsanwalt kein überwiegendes schutzwürdiges Interesse an der Nichterteilung der Auskunft hat; dies gilt auch, wenn die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft erloschen ist.

(7) Zuständige Stelle im Sinne des § 117 Abs. 2 des Versicherungsvertragsgesetzes ist die Rechtsanwaltskammer.

(8) (weggefallen)

Der Tatbestand des Urteils liefert Beweis für das mündliche Parteivorbringen. Der Beweis kann nur durch das Sitzungsprotokoll entkräftet werden.

(1) Ist von mehreren in einer Klage geltend gemachten Ansprüchen nur der eine oder ist nur ein Teil eines Anspruchs oder bei erhobener Widerklage nur die Klage oder die Widerklage zur Endentscheidung reif, so hat das Gericht sie durch Endurteil (Teilurteil) zu erlassen. Über einen Teil eines einheitlichen Anspruchs, der nach Grund und Höhe streitig ist, kann durch Teilurteil nur entschieden werden, wenn zugleich ein Grundurteil über den restlichen Teil des Anspruchs ergeht.

(2) Der Erlass eines Teilurteils kann unterbleiben, wenn es das Gericht nach Lage der Sache nicht für angemessen erachtet.

(1) Wenn ein nach dem ursprünglich festgestellten oder nachträglich berichtigten Tatbestand von einer Partei geltend gemachter Haupt- oder Nebenanspruch oder wenn der Kostenpunkt bei der Endentscheidung ganz oder teilweise übergangen ist, so ist auf Antrag das Urteil durch nachträgliche Entscheidung zu ergänzen.

(2) Die nachträgliche Entscheidung muss binnen einer zweiwöchigen Frist, die mit der Zustellung des Urteils beginnt, durch Einreichung eines Schriftsatzes beantragt werden.

(3) Auf einen Antrag, der die Ergänzung des Urteils um einen Hauptanspruch zum Gegenstand hat, ist ein Termin zur mündlichen Verhandlung anzuberaumen. Dem Gegner des Antragstellers ist mit der Ladung zu diesem Termin der den Antrag enthaltende Schriftsatz zuzustellen. Über einen Antrag, der die Ergänzung des Urteils um einen Nebenanspruch oder den Kostenpunkt zum Gegenstand hat, kann ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, wenn die Bedeutung der Sache keine mündliche Verhandlung erfordert; § 128 Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend.

(4) Eine mündliche Verhandlung hat nur den nicht erledigten Teil des Rechtsstreits zum Gegenstand.

(1) Urteile sind der Rechtskraft nur insoweit fähig, als über den durch die Klage oder durch die Widerklage erhobenen Anspruch entschieden ist.

(2) Hat der Beklagte die Aufrechnung einer Gegenforderung geltend gemacht, so ist die Entscheidung, dass die Gegenforderung nicht besteht, bis zur Höhe des Betrages, für den die Aufrechnung geltend gemacht worden ist, der Rechtskraft fähig.

(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.

(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 19/99 Verkündet am:
25. Oktober 2001
Bürk
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Nach einer "Flucht in die Säumnis” ist der Anwalt grundsätzlich verpflichtet,
auch ohne ausdrückliche Weisung des Mandanten Einspruch gegen das
Versäumnisurteil einzulegen. Hält er jedoch nach eingehender Prüfung der
Erfolgsaussichten eine Fortsetzung des Verfahrens für aussichtslos, hat er
rechtzeitig vor Fristablauf mit dem Mandanten Rücksprache zu halten und
dessen Entscheidung einzuholen.
BGH, Urteil vom 25. Oktober 2001 - IX ZR 19/99 - OLG Hamm
LG Arnsberg
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 25. Oktober 2001 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Kreft und die Richter
Stodolkowitz, Kirchhof, Dr. Fischer und Raebel

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 33. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 11. Dezember 1998 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger nimmt die verklagten Rechtsanwälte auf Schadenersatz wegen Schlechterfüllung eines Anwaltsvertrages in Anspruch.
Die Beklagten vertraten den Kläger in dessen Scheidungsverfahren; Teil des Mandats war die Abwehr von nachehelichen Unterhaltsansprüchen der geschiedenen Ehefrau des Klägers. In dieser Folgesache wies das Amtsgericht - Familiengericht - B. mit Verfügung vom 21. Juni 1994 darauf hin, daß es den Vortrag des Klägers zu den von ihm geltend gemachten unterhaltsrechtlichen
Belastungen für nicht ausreichend erachte. Das Gericht konkretisierte diesen Hinweis in der mündlichen Verhandlung am 26. September 1994 unter Bezugnahme auf die von dem Kläger behaupteten Darlehensverbindlichkeiten I. und P. Mit Schreiben vom 10. November 1994 übersandten die Beklagten dem Kläger einen Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten der Ehefrau. Unter Hinweis auf eine vom Gericht gesetzte zweiwöchige Frist zur Stellungnahme endete das Schreiben mit den Worten: "Die Sache eilt also.” Der Kläger übergab den Beklagten daraufhin am 13. Dezember 1994 mehrere Bestätigungen über die Ausreichung von Darlehen, welche diese mit Schriftsatz vom selben Tage, eingegangen am 15. Dezember 1994, beim Amtsgericht einreichten.
Im Verhandlungstermin vom 19. Dezember 1994 wies das Amtsgericht das Vorbringen des Klägers im Schriftsatz vom 13. Dezember 1994 durch Beschluß als verspätet zurück. Die Beklagte zu 2, welche den Termin zusammen mit dem Kläger wahrgenommen hatte, stellte daraufhin keinen Antrag. Es erging sodann ein Versäumnisurteil, durch das der Kläger zu monatlichen Unterhaltszahlungen in Höhe von 1.000 DM verurteilt wurde. Die Beklagten haben dieses ihnen am 23. Dezember 1994 zugestellte Urteil dem Kläger mit Schreiben vom 27. Dezember 1994 unter Angabe einer unzutreffenden, um einen Monat zu langen Einspruchsfrist übersandt. Gegen das Versäumnisurteil haben die Beklagten erst nach Fristablauf Einspruch eingelegt. Ein damit verbundener Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand blieb erfolglos.
Der Kläger hat den Beklagten vorgeworfen, ihn nicht über die prozessualen Nachteile verspäteten Vorbringens aufgeklärt, nicht rechtzeitig vor Ablauf der Einspruchsfrist eine Weisung zur Einspruchseinlegung eingeholt und nicht von sich aus rechtzeitig Einspruch eingelegt zu haben. Er hält die materi-
ell-rechtlichen Voraussetzungen einer Unterhaltsverpflichtung gegenüber seiner früheren Ehefrau nicht für gegeben und nimmt die Beklagten wegen behaupteter Unterhaltszahlungen in Höhe von 28.161,30 DM auf Schadenersatz in Anspruch; darüber hinaus begehrt er die Feststellung, daß die Beklagten zum Ersatz des durch die Versäumung der Einspruchsfrist entstandenen und noch entstehenden Schadens verpflichtet sind. Land- und Oberlandesgericht haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger den Klageanspruch weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.

I.


Das Berufungsgericht meint, eine verzögerte Bearbeitung des Verfahrens sei den Beklagten nicht anzulasten. Der Hinweis im Schreiben vom 10. November 1994, "die Sache eilt also”, sei ausreichend gewesen; er habe von dem Kläger als Aufforderung zu einer kurzfristigen Rücksprache verstanden werden müssen. Eine weitergehende Belehrungspflicht der Beklagten über die prozessualen Nachteile verspäteten Vorbringens habe angesichts der Erfahrung des Klägers als Verwaltungsangestellten im Umgang mit Behörden und Gerichten nicht bestanden.
Daß die Beklagten die Entscheidung über die Einspruchseinlegung nicht ohne Rücksprache mit dem Kläger eigenmächtig hätten treffen wollen, sei wegen der dadurch verursachten weiteren Kosten und der Notwendigkeit, sämtliche Angriffs- und Verteidigungsmittel in der Einspruchsschrift vorzutragen, ebenfalls nicht zu beanstanden. Ein Verweis auf das bisherige schriftsätzliche Vorbringen sei wegen des für den Kläger eindeutig ungünstigen Verlaufs der Beweisaufnahme am 19. Dezember 1994 nicht sinnvoll gewesen.
Schließlich sei die fehlerhafte Belehrung über den Fristablauf für die unterbliebene Einspruchseinlegung nicht kausal gewesen, da der Kläger erst nach Ablauf der Einspruchsfrist das Schreiben der Beklagten vom 27. Dezember 1994 geöffnet und die Belehrung zur Kenntnis genommen habe.

II.


Diese Begründung hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
1. Die Beklagten haben ihre Pflichten aus dem Anwaltsvertrag (§§ 611, 675 BGB) schuldhaft verletzt. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts waren sie auch ohne ausdrückliche Anweisung des Klägers verpflichtet, gegen das Versäumnisurteil vom 19. Dezember 1994 Einspruch einzulegen.

a) Grundsätzlich braucht der Anwalt, der seine Partei durch einfachen Brief über den Inhalt einer gerichtlichen Entscheidung sowie über Rechtsmit-
telmöglichkeiten einschlieûlich der einzuhaltenden Fristen unterrichtet hat, trotz Schweigens des Mandanten keine Nachfrage zu halten. Nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen ist eine Verpflichtung zur Nachfrage zu bejahen, etwa wenn der Anwalt den Verlust seiner Mitteilung befürchten muûte oder wenn ihm der Standpunkt seines Mandanten, unter allen Umständen ein Rechtsmittel einlegen und durchführen zu wollen, aus bestimmten Umständen bekannt war (vgl. BGH, Beschl. v. 23. Januar 1963 - VIII ZB 19/62, VersR 1963, 435, 436; v. 5. Mai 1986 - II ZR 102/86, VersR 1986, 966, 967; v. 13. November 1991 - VIII ZB 29/91, VersR 1992, 898, 899). Eine Verpflichtung zur Nachfrage besteht beispielsweise dann, wenn der Mandant in einem Parallelrechtsstreit mit dem gleichen Sachverhalt, in dem am selben Tag ein Urteil verkündet wurde, bereits Berufung hat einlegen lassen (BGH, Beschl. v. 14. Mai 1981 - VI ZB 39/80, VersR 1981, 834 f.), aber wohl nicht, wenn die Berufungseinlegung in dem Parallelverfahren bereits dreieinhalb Jahre zurückliegt (BGH, Beschl. v. 4. Oktober 1990 - V ZB 7/90, VersR 1991, 124).

b) Im Streitfall waren die Beklagten von sich aus zur Einlegung des Einspruchs verpflichtet. Nach ihrer eigenen Darstellung hat die Beklagte zu 2 in der mündlichen Verhandlung am 19. Dezember 1994 allein deshalb die Antragstellung unterlassen und den Erlass eines dem Kläger nachteiligen Versäumnisurteils in Kauf genommen, weil sie durch die "Flucht in die Säumnis" eine Zurückweisung des Vorbringens zu den unterhaltsrechtlich relevanten Darlehensbelastungen des Klägers vermeiden wollte. In dieser Situation ist - im Gegensatz zur Rechtsmitteleinlegung nach Abschluû der Instanz - die Frage der Einlegung eines Rechtsbehelfs regelmäûig nicht offen. Denn Sinn und Zweck der "Flucht in die Säumnis” ist es gerade, durch die Einlegung eines
Einspruchs den Weg für eine Fortsetzung des Verfahrens frei zu machen (vgl. Prütting/ Weth ZZP 98 [1985], 131, 134 ff.; Stein/Jonas/Leipold, ZPO 21. Aufl. § 296 Rn. 79 f.; MünchKomm-ZPO/Prütting, 2. Aufl. § 296 Rn. 112). Der Mandant nimmt hier allein aus taktischen Erwägungen eine aus seiner Sicht nachteilige - weil seine Einwendungen nicht berücksichtigende - Säumnisentscheidung hin mit der klaren Zielsetzung, diese nach einem Einspruch durch Wiederholung des andernfalls präkludierten Vortrags zu korrigieren. Aufgrund dessen muû der Anwalt, solange er keine gegenteilige Weisung erhalten hat, davon ausgehen , daû der Mandat eine Fortsetzung des Verfahrens wünscht. Er ist deshalb verpflichtet, auch ohne ausdrückliche Weisung des Mandanten Einspruch gegen das Versäumnisurteil einzulegen oder, wenn er nach eingehender Prüfung der Erfolgsaussichten eine Fortsetzung des Verfahrens für aussichtslos erachtet , rechtzeitig vor Fristablauf mit dem Mandanten Rücksprache zu halten und dessen Entscheidung einzuholen.

c) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts durften die Beklagten auf eine Einspruchseinlegung ohne vorherige Befragung des Klägers nicht deshalb verzichten, weil ein Verweis auf das bisherige schriftsätzliche Vorbringen wegen des für den Kläger ungünstigen Verlaufs der Beweisaufnahme am 19. Dezember 1994 nicht sinnvoll gewesen wäre oder die Beklagten ohne weitere Informationen durch den Kläger den Einspruch in der Einspruchsschrift nicht umfassend hätten begründen können (vgl. § 340 Abs. 3 Satz 1 ZPO).
Den Beklagten wäre es möglich gewesen, in der Einspruchsschrift zu den Darlehen P. und I. auch ohne zusätzliche Angaben des Klägers vorzutragen. Insoweit hatten die Beklagten im Schriftsatz vom 13. Dezember 1994 zum
Beweis des Bestehens der behaupteten Darlehensverbindlichkeiten aussagekräftige Urkunden vorgelegt; zudem hätten die Darlehensgeber G. und Gü. P. sowie T. I. als Zeugen benannt werden können. Dies gilt umso mehr, als die Beklagten die beiden Letztgenannten bereits in ihrem Schriftsatz vom 7. September 1994 als Zeugen für die Behauptung des Klägers angeboten hatten, ihre Darlehen würden nach wie vor bedient.
2. Sollte das weitere Verfahren ergeben, daû dem Kläger ein Schaden entstanden ist, weil er auf Grund des Versäumnisurteils ohne materiell-rechtliche Grundlage Unterhaltszahlungen zu leisten und geleistet hat - das Berufungsgericht hat hierzu, von seinem Standpunkt aus konsequent, keine Feststellungen getroffen -, so ist der Pflichtverstoû der Beklagten für diesen Schaden auch ursächlich; denn im Falle eines rechtzeitigen Einspruchs hätte eine Beweisaufnahme zu den von dem Kläger vorgetragenen Darlehensverbindlichkeiten durchgeführt werden müssen (siehe unten zu III.).

a) Durch den zulässigen Einspruch wird der Prozess in die Lage zurückversetzt , in der er sich vor Eintritt der Säumnis in der mündlichen Verhandlung befand, § 342 ZPO. Das einmal verspätete Vorbringen bleibt damit verspätet (vgl. BGHZ 76, 173, 177; BGH, Urt. v. 23. Oktober 1980 - VII ZR 307/79, NJW 1981, 286). Jedoch fehlt es an der nach § 296 Abs. 2 ZPO für eine Zurückweisung erforderlichen Verzögerung der Erledigung des Rechtsstreits, wenn in dem auf den Einspruch anzuberaumenden Termin zur mündlichen Verhandlung - § 341a ZPO - die verspätet vorgebrachten Verteidigungsmittel berücksichtigt werden können (vgl. BGHZ 75, 138, 142 f.; 76, 173, 178 f.). Dabei obliegt es dem Gericht, im Rahmen einer umfassenden Terminsvorbereitung alles Zumutbare zu unternehmen, um die Folgen der Fristversäumung auszuglei-
chen (st. Rspr., BGH aaO; BGH, Urt. v. 22. Oktober 1998 - VII ZR 82/97, NJW 1999, 585; vgl. auch BVerfG, NJW 1990, 2373 f.; NJW-RR 1995, 377 f.; NJWRR 1999, 1079). Allerdings ist das Gericht nicht verpflichtet, die Verhandlung so weit hinauszuschieben, daû alle nach dem verspäteten Vorbringen in Betracht kommenden Beweise erhoben werden können (BGH, Urt. v. 23. Oktober 1980 aaO). Zumutbar sind vorbereitende Anordnungen gemäû § 273 ZPO aber jedenfalls dann, wenn es sich um einfache und klar abgrenzbare Streitpunkte handelt, die ohne unangemessenen Zeitaufwand geklärt werden können (BGHZ 91, 293, 304; BGH, Urt. v. 22. November 1995 - VIII ZR 195/94, NJW 1996, 528, 529). Unter diesen Voraussetzungen ist eine Beweisaufnahme mit vier oder sogar sechs Zeugen stets zumutbar (BGH, Urt. v. 7. Oktober 1986 - VI ZR 262/85, VersR 1987, 259; v. 21. März 1991 - III ZR 118/89, NJW 1991, 2759, 2760 f.; v. 22. November 1995 aaO).

b) Im Streitfall ging es um ein einfaches und klar abgegrenztes Beweisthema , nämlich die Gewährung von zwei Darlehen an den Kläger durch die Eheleute P. und T. I. sowie deren Rückführung in monatlichen Raten. Hierzu waren die drei Darlehensgeber als Zeugen zu vernehmen. Es ist nicht ersichtlich , da eine derartige Beweisaufnahme - auch bei Berücksichtigung etwaiger Gegenzeugen der früheren Ehefrau des Klägers - die Grenzen des Zumutbaren gesprengt hätte.

c) Die Beklagten waren an einer Wiederholung des Vortrags zu den Darlehen P. und I. auch nicht dadurch gehindert, daû das Familiengericht bereits in der mündlichen Verhandlung vom 19. Dezember 1994 den entsprechenden Vortrag durch Beschluû zurückgewiesen hatte.
Dies war wirkungslos, weil eine Zurückweisung verspäteten Vorbringens nur im Rahmen eines Endurteils erfolgen kann (allg. Meinung, vgl. Stein/Jonas/ Leipold aaO § 296 Rn 124) und eingehend zu begründen ist (BGH, Urt. v. 22. Oktober 1998 - VII ZR 82/97, NJW 1999, 585; vgl. BVerfG MDR 1987, 904 Nr. 6). Auch diesem Erfordernis hat das Familiengericht nicht Genüge getan. Es hat zur Begründung seiner Entscheidung lediglich formelhaft den Wortlaut des § 296 Abs. 2 ZPO wiederholt.
3. Das Berufungsurteil ist somit aufzuheben (§ 564 Abs. 1 ZPO) und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 565 Abs. 1 S. 1 ZPO), weil sie noch nicht zur Endentscheidung reif ist.

III.


Im weiteren Verfahren wird das Berufungsgericht zu prüfen haben, wie der Unterhaltsrechtstreit zwischen dem Kläger und seiner Ehefrau richtigerweise zu entscheiden gewesen wäre, wenn die Beklagten fristgerecht Einspruch gegen das Versäumnisurteil vom 19. Dezember 1994 eingelegt hätten (st. Rspr., vgl. BGHZ 124, 86, 96; 133, 110, 111; BGH, Urt. v. 6. Juli 2000 - IX ZR 198/99, NJW 2001, 673, 674). Insoweit handelt es sich um Fragen der haftungsausfüllenden Kausalität, zu deren Beurteilung die Beweismaûstäbe des
§ 287 Abs. 1 Satz 1 ZPO heranzuziehen sind (st. Rspr., vgl. BGHZ 4, 192, 196; 133, 110, 113).
Kreft Stodolkowitz Kirchhof Richter am Bundesgerichtshof Dr. Fischer ist wegen urlaubsbedingter Ortsabwesenheit verhindert , seine Unterschrift beizufügen. Kreft Raebel

(1) Der Rechtsanwalt ist verpflichtet, eine Berufshaftpflichtversicherung zur Deckung der sich aus seiner Berufstätigkeit ergebenden Haftpflichtgefahren für Vermögensschäden abzuschließen und die Versicherung während der Dauer seiner Zulassung aufrechtzuerhalten. Die Versicherung muß bei einem im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Versicherungsunternehmen zu den nach Maßgabe des Versicherungsaufsichtsgesetzes eingereichten Allgemeinen Versicherungsbedingungen genommen werden und sich auch auf solche Vermögensschäden erstrecken, für die der Rechtsanwalt nach § 278 oder § 831 des Bürgerlichen Gesetzbuchs einzustehen hat.

(2) Der Versicherungsvertrag hat Versicherungsschutz für jede einzelne Pflichtverletzung zu gewähren, die gesetzliche Haftpflichtansprüche privatrechtlichen Inhalts gegen den Rechtsanwalt zur Folge haben könnte; dabei kann vereinbart werden, daß sämtliche Pflichtverletzungen bei Erledigung eines einheitlichen Auftrags, mögen diese auf dem Verhalten des Rechtsanwalts oder einer von ihm herangezogenen Hilfsperson beruhen, als ein Versicherungsfall gelten.

(3) Von der Versicherung kann die Haftung ausgeschlossen werden:

1.
für Ersatzansprüche wegen wissentlicher Pflichtverletzung,
2.
für Ersatzansprüche aus Tätigkeiten über in anderen Staaten eingerichtete oder unterhaltene Kanzleien oder Büros,
3.
für Ersatzansprüche aus Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Beratung und Beschäftigung mit außereuropäischem Recht,
4.
für Ersatzansprüche aus Tätigkeiten des Rechtsanwalts vor außereuropäischen Gerichten,
5.
für Ersatzansprüche wegen Veruntreuung durch Personal, Angehörige oder Mitgesellschafter des Rechtsanwalts.

(4) Die Mindestversicherungssumme beträgt 250 000 Euro für jeden Versicherungsfall. Die Leistungen des Versicherers für alle innerhalb eines Versicherungsjahres verursachten Schäden können auf den vierfachen Betrag der Mindestversicherungssumme begrenzt werden.

(5) Die Vereinbarung eines Selbstbehalts bis zu einem Prozent der Mindestversicherungssumme ist zulässig.

(6) Im Versicherungsvertrag ist der Versicherer zu verpflichten, der zuständigen Rechtsanwaltskammer, bei Rechtsanwälten bei dem Bundesgerichtshof auch dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, den Beginn und die Beendigung oder Kündigung des Versicherungsvertrages sowie jede Änderung des Versicherungsvertrages, die den vorgeschriebenen Versicherungsschutz beeinträchtigt, unverzüglich mitzuteilen. Die Rechtsanwaltskammer erteilt Dritten zur Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen auf Antrag Auskunft über den Namen und die Adresse der Berufshaftpflichtversicherung des Rechtsanwalts sowie die Versicherungsnummer, soweit der Rechtsanwalt kein überwiegendes schutzwürdiges Interesse an der Nichterteilung der Auskunft hat; dies gilt auch, wenn die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft erloschen ist.

(7) Zuständige Stelle im Sinne des § 117 Abs. 2 des Versicherungsvertragsgesetzes ist die Rechtsanwaltskammer.

(8) (weggefallen)

Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.