Bundesgerichtshof Urteil, 08. Juni 2005 - IV ZR 225/04

bei uns veröffentlicht am08.06.2005

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 225/04 Verkündet am:
8. Juni 2005
Heinekamp
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
_____________________
Das Berufen des Versicherers auf den Ablauf der Frist des § 12 Abs. 3 VVG ist
treuwidrig, wenn er den Versicherungsnehmer hinsichtlich des Laufs der Frist verwirrt
hat (hier: dem Versicherer zurechenbarer unterschiedlicher Kenntnisstand
des Versicherungsnehmers und seiner Bevollmächtigten).
BGH, Urteil vom 8. Juni 2005 - IV ZR 225/04 - OLG Celle
LG Hannover
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat dur ch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Seiffert, die Richterin
Dr. Kessal-Wulf und den Richter Dr. Franke auf die mündliche Verhandlung
vom 8. Juni 2005

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 16. September 2004 aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger nimmt die Beklagte aus einer bei ihr ge nommenen Hausratversicherung in Anspruch, der die Allgemeinen Hausratversicherungsbedingungen 1992 (VHB 92) der Beklagten zugrunde liegen.
Zwischen den Parteien bestand seit dem 1. Juli 199 4 ein Vertrag über eine Hausratversicherung für die Wohnung des Klägers mit einer Versicherungssumme von 96.000 DM (49.084,02 €). Am 16. Juli 1994 kam es in der vom Kläger und seiner damaligen Ehefrau bewohnten

Dachgeschoßwohnung in einem Wohn- und Geschäftshaus zu explosionsartigen Verpuffungen, die die gesamte Wohnung in Brand setzten und das Gebäude erheblich beschädigten. Der vom Sachverständigen der Beklagten festgestellte Schaden betrug 81.660 DM (41.752,10 €).
Mit Schreiben vom 24. Januar 1996 lehnte die Bekla gte gegenüber den Bevollmächtigten des Klägers eine Eintrittspflicht wegen vorsätzlicher Herbeiführung des Versicherungsfalles ab. Eine Belehrung über die Klagefrist des § 12 Abs. 3 VVG war in diesem Schreiben nicht enthalten, jedoch der Hinweis darauf, daß der Kläger persönlich eine Abschrift des den Bevollmächtigten übersandten Schreibens erhalten habe. Diese Abschrift erhielt der Kläger mit Schreiben der Beklagten vom gleichen Tage gegen Einschreiben/Rückschein. Es ging dem Kläger am 27. Januar 1996 zu. Ob sich in diesem Brief an den Kläger zusätzlich noch ein Anschreiben an diesen persönlich mit einer Belehrung über die Klagefrist des § 12 Abs. 3 VVG befand, war zwischen den Parteien in den Vorinstanzen streitig. Die vom Kläger am 13. September 1996 eingereichte Klage wurde der Beklagten am 6. November 1996 zugestellt.
Das Landgericht hat die Klage auf Zahlung von Vers icherungsleistungen aus der Hausratversicherung abgewiesen. Die Berufung des Klägers ist erfolglos geblieben. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt er seine Berufungsanträge weiter.

Entscheidungsgründe:


Das Rechtsmittel hat Erfolg. Es führt zur Aufhebun g und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I. 1. Das Berufungsgericht ist zu der Überzeugung gelangt, daß die dem Kläger am 27. Januar 1996 zugegangene Postsendung der Beklagten nicht nur eine Ablichtung des Schreibens der Beklagten an die Bevollmächtigten des Klägers enthielt, sondern auch eine an den Kläger persönlich gerichtete Belehrung über die Folgen nicht fristgerechter Geltendmachung des Leistungsanspruchs. Das nimmt die Revision als Ergebnis tatrichterlicher Würdigung hin. Damit ist die Frist des § 12 Abs. 3 VVG in Lauf gesetzt worden. Der Kläger hat seinen Anspruch erst etwa eineinhalb Monate nach Ablauf dieser Frist durch Klageerhebung geltend gemacht.
2. Der Kläger ist der Ansicht, der Beklagten sei e s nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt, sich auf die Versäumung der Frist des § 12 Abs. 3 VVG zu berufen.
Dazu hat das Berufungsgericht ausgeführt:
Die Berufung des Versicherers auf den Fristablauf könne in Einzelfällen gemäß § 242 BGB rechtsmißbräuchlich sein, etwa dann, wenn der Versicherer den Versicherungsnehmer hinsichtlich des Laufs der Frist durch sein Verhalten verwirrt habe. Die Bevollmächtigten des Klägers hätten im vorliegenden Fall mangels ausdrücklichen Hinweises zunächst

nicht davon ausgehen können, daß der Kläger neben einer Ablichtung des an sie gerichteten Schreibens auch ein gesondertes Schreiben mit der Belehrung nach § 12 Abs. 3 VVG erhalten habe. Gleichermaßen habe es für den Kläger als verständigen Versicherungsnehmer nahegelegen , daß seine Bevollmächtigten dieselbe Nachricht erhalten hätten wie er. Von einem treuwidrigen Verhalten der Beklagten könne jedoch nicht gesprochen werden. Zu einer Versäumung der Frist habe es aus ihrer Sicht nur kommen können, wenn der Kläger seine Bevollmächtigten weder bei Erhalt des Schreibens noch später während des Laufs der Frist auf die erfolgte Belehrung nach § 12 Abs. 3 VVG und die Notwendigkeit einer fristgerechten Klageerhebung hingewiesen hätte. Damit habe auch die Beklagte nicht zwingend rechnen müssen. Sie habe vielmehr davon ausgehen können, daß der Kläger seine Bevollmächtigten bei Erhalt des Schreibens, welches ihm durch Einschreiben/Rückschein zugestellt worden sei, auf die Fristenfrage hinweisen oder diese zumindest fragen würde, ob sie eine Abschrift des an ihn gerichteten Schreibens erhalten hätten. Dem Kläger hätte im übrigen während des Laufs der Frist auffallen müssen, daß seine Bevollmächtigten keine Anstalten unternahmen, nunmehr Klage zu erheben. Deshalb hätte sich der Kläger noch vor Ablauf der Frist Ende Juli 1996 bei seinen Bevollmächtigten erkundigen müssen, was angesichts der laufenden Frist im Hinblick auf die Klageerhebung in die Wege geleitet worden sei. Das habe die Beklagte berechtigterweise erwarten dürfen.
Für ein arglistiges Vorgehen der Beklagten mit dem Ziel, eine Versäumung der Frist herbeizuführen, bestünden keine Anhaltspunkte. Die Fristsetzung gerade gegenüber dem Kläger persönlich habe ihren Grund in dem Umstand gehabt, daß der Kläger sich trotz Bevollmächtigung ei-

ner Rechtsanwältin mehrfach persönlich mit der Beklagten in Verbindung gesetzt habe, so daß diese nicht mehr sicher gewesen sei, ob der Kläger seine Rechte selbst habe wahrnehmen oder sich weiter anwaltlich habe vertreten lassen wollen.
II. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
Zwar hat der Kläger die wirksam in Lauf gesetzte F rist des § 12 Abs. 3 VVG unstreitig nicht eingehalten. Die Beklagte ist jedoch nicht von der Verpflichtung zur Leistung frei geworden. Ihre Berufung auf die Versäumung der Frist ist im vorliegenden Fall eine unzulässige Rechtsausübung (§ 242 BGB).
1. Das in § 242 BGB verankerte Prinzip von Treu un d Glauben bildet eine allen Rechten immanente Inhaltsbegrenzung (Palandt/Heinrichs, BGB 64. Aufl. § 242 Rdn. 38 m.w.N.). Welche Anforderungen sich daraus im Einzelfall ergeben, ob insbesondere die Berufung auf eine erworbene Rechtsposition rechtsmißbräuchlich erscheint, kann regelmäßig nur mit Hilfe einer umfassenden Bewertung der gesamten Fallumstände entschieden werden. Diese tatrichterliche Würdigung kann vom Revisionsgericht nur daraufhin überprüft werden, ob sie auf einer tragfähigen Tatsachengrundlage beruht, alle erheblichen Gesichtspunkte berücksichtigt und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt oder von einem falschen Wertungsmaßstab ausgeht (BGH, Urteil vom 16. Februar 2005 - IV ZR 18/04 - VersR 2005, 629 unter II 2 a m.w.N.).

2. Gemessen daran begegnet die Würdigung des Beruf ungsgerichts durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Sie trägt den Besonderheiten des von der Beklagten gewählten Vorgehens gegenüber dem Kläger und seinen Bevollmächtigten nicht hinreichend Rechnung.

a) Daß die Berufung des Versicherers auf Leistungs freiheit wegen Versäumung der Frist des § 12 Abs. 3 VVG gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) verstoßen kann, ist in der Rechtsprechung seit langem anerkannt (BGH aaO unter II 2 b). Treuwidrigkeit kommt etwa in Betracht, wenn der Versicherer durch sein Verhalten gegenüber dem Versicherungsnehmer den Eindruck erweckt, er werde sich auf den Ablauf der Frist nicht berufen (BGH, Urteil vom 22. Juni 1988 - IVa ZR 25/87 - VersR 1988, 1013 unter I), aber auch dann, wenn er ihn in anderer Weise davon abhält, seine Ansprüche fristgerecht gerichtlich zu verfolgen oder wenn er den Versicherungsnehmer hinsichtlich des Laufs der Frist verwirrt hat.

b) So liegt der Fall hier: Zwar ist der Versichere r auch dann, wenn der Versicherungsnehmer - wie der Kläger - zur Wahrung seiner rechtlichen Interessen einen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten eingeschaltet und dies dem Versicherer angezeigt hat, nicht gehindert, sein mit der Belehrung über die Rechtsfolgen der Versäumung der Frist des § 12 Abs. 3 VVG verbundenes Ablehnungsschreiben dem Versicherungsnehmer persönlich zu übersenden (vgl. BGH, Urteil vom 19. Dezember 1966 - II ZR 131/64 - VersR 1967, 149 unter I 3; Römer/Langheid, aaO Rdn. 53; BK/Gruber, VVG § 12 Rdn. 64). Dabei hat es die Beklagte aber nicht bewenden lassen. Sie hat vielmehr gleichzeitig den Bevollmächtigten des Klägers zwar die Leistungsablehnung mitgeteilt, die gegenüber dem Klä-

ger in Lauf gesetzte Frist aber unerwähnt gelassen. Der Kläger und seine Bevollmächtigten waren daher zu Beginn des Laufs der Sechsmonatsfrist durch ein der Beklagten zurechenbares Verhalten nicht auf gleichem Kenntnisstand: Der Kläger hatte zwar Kenntnis von der Frist des § 12 Abs. 3 VVG, die mit dem ihm selbst zugegangenen Schreiben in Lauf gesetzt worden ist. Er mußte aber nicht davon ausgehen, daß gerade diese Kenntnis seinen Bevollmächtigten fehlen und diese deshalb die notwendigen Schritte zur Fristwahrung unterlassen könnten. Wenngleich das ihm in Ablichtung mitgeteilte Schreiben der Beklagten an seine Bevollmächtigten eine Fristsetzung gemäß § 12 Abs. 3 VVG nicht enthielt, schloß das nicht aus, daß den Bevollmächtigten ebenso in Ablichtung das an ihn gerichtete Schreiben mit Fristsetzung übermittelt worden war. Letzteres lag vielmehr besonders nahe, weil mit Ablauf der Frist der endgültige Verlust seines Anspruchs zu besorgen war und für den Kläger kein Anlaß bestand anzunehmen, die Beklagte werde seine Bevollmächtigten gerade über diese einschneidende, mit der in Lauf gesetzten Frist unmittelbar drohende Rechtsfolge in Unkenntnis lassen. Aus eben diesen Gründen aber konnten auch die Bevollmächtigten des Klägers nicht davon ausgehen, daß über die ihnen mit Schreiben vom 24. Januar 1996 mitgeteilte Leistungsablehnung hinaus gegenüber dem Kläger persönlich die Frist gemäß § 12 Abs. 3 VVG in Lauf gesetzt worden sein könnte. Das gilt schon deshalb, weil sie darin ausdrücklich darauf hingewiesen worden sind, daß eine Kopie "dieses" Schreibens auch dem Kläger persönlich übersandt worden sei.

c) Infolge dieses Vorgehens der Beklagten hat dies e beim Kläger einerseits und bei dessen Bevollmächtigten andererseits Unklarheiten darüber geschaffen, was zur Wahrung der Rechte des Klägers erforder-

lich war. Während der Kläger davon ausgehen durfte, daß seine Bevollmächtigten in vermeintlicher Kenntnis der in Lauf gesetzten Frist den allein durch Zeitablauf eintretenden Rechtsverlust verhindern würden, konnten die Bevollmächtigten annehmen, die Beklagte habe von einem Vorgehen gemäß § 12 Abs. 3 Satz 2 VVG gerade abgesehen. Schon diese von der Beklagten verursachte irrtümliche Einschätzung der Rechtslage - die sie durch vollständige Information der Bevollmächtigten hätte ausschließen können - hindert sie, sich auf den Ablauf der Frist des § 12 Abs. 3 Satz 1 VVG zu berufen (§ 242 BGB). Daß die Beklagte insoweit einen Arglistvorwurf nicht trifft, ist unbeachtlich.
III. Der Senat kann in der Sache nicht abschließen d entscheiden. Die Beklagte hat sich auch noch aus anderen Gründen auf Leistungsfreiheit berufen.
Terno Dr. Schlichting Seiffert Dr. Kessal-Wulf Dr. Franke

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 08. Juni 2005 - IV ZR 225/04

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 08. Juni 2005 - IV ZR 225/04

Referenzen - Gesetze

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Gesetz über den Versicherungsvertrag


Versicherungsvertragsgesetz - VVG

Versicherungsvertragsgesetz - VVG 2008 | § 12 Versicherungsperiode


Als Versicherungsperiode gilt, falls nicht die Prämie nach kürzeren Zeitabschnitten bemessen ist, der Zeitraum eines Jahres.
Bundesgerichtshof Urteil, 08. Juni 2005 - IV ZR 225/04 zitiert 5 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

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Versicherungsvertragsgesetz - VVG 2008 | § 12 Versicherungsperiode


Als Versicherungsperiode gilt, falls nicht die Prämie nach kürzeren Zeitabschnitten bemessen ist, der Zeitraum eines Jahres.

Referenzen - Urteile

Bundesgerichtshof Urteil, 08. Juni 2005 - IV ZR 225/04 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

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IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 18/04 Verkündet am:
16. Februar 2005
Heinekamp
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: nein
_____________________
Ob der Versicherer ausnahmsweise rechtsmißbräuchlich handelt, wenn er sich auf
den Ablauf der Frist des § 12 Abs. 3 VVG beruft, hat der Tatrichter aufgrund einer
umfassenden Würdigung der Umstände des Einzelfalles zu entscheiden. Diese Entscheidung
kann das Revisionsgericht nur darauf hin überprüfen, ob sie auf einer
tragfähigen Tatsachengrundlage beruht, alle erheblichen Gesichtspunkte berücksichtigt
und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt oder
von einem falschen Wertungsmaßstab ausgeht.
BGH, Urteil vom 16. Februar 2005 - IV ZR 18/04 - OLG Celle
LG Hannover
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat dur ch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Wendt, Felsch und
Dr. Franke auf die mündliche Verhandlung vom 16. Februar 2005

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 18. Dezember 2003 wird auf Kosten des Beklagten zu 2), der auch die im Revisionsverfahren entstandenen Kosten des Streithelfers trägt, zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger erhebt gegen den Beklagten zu 2), einen Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit, Leistungsansprüche wegen des Diebstahls seiner Yacht "……….." (……………………………..).
Er hatte die 1998 zum Preise von 346.240 DM erworb ene Yacht unter Vermittlung der E. der ehemaligen , Beklagten z u 1), mit Vertrag vom 3. Mai 2000 beim Beklagten zu 2) mit einer Versicherungssumme von 295.000 DM bei einer Selbstbeteiligung von 2.000 DM kaskoversichert. Dem Vertrag liegen die Allgemeinen Bedingungen für die Kaskoversicherung von Wassersportfahrzeugen (AVB Wassersportfahrzeuge 1993)

zugrunde. Auf der ersten Seite des Versicherungsscheins sind oben rechts allein die frühere Beklagte zu 1) und darunter die Büroanschrift des betreuenden Versicherungsmaklers genannt. Im unteren Teil des Deckblatts befindet sich vor der Unterschrift des Versicherers der folgende Text:
"In Vollmacht des Versicherers

V.

E.

" Am 27. März 2001 wurde die Yacht durch Personal de s Sportboothafens (………) B. B. /Italien von einem Landliegeplatz im Hafengelände zu Wasser gelassen. Am darauf folgenden Tag sollte das Boot zu dem vom Kläger gemieteten Liegeplatz gebracht werden. Während die beiden Sicherheitsschlüssel für die Zugangstür zum Salon der Yacht außerhalb des Bootes verwahrt wurden, verblieben die Zündschlüssel (in jeweils zweifacher Ausfertigung) für die beiden Motoren in einer unverschlossenen, abgedeckten Ablage unterhalb des Fahrstandes an Bord. Ebenso blieben drei Bordnetzschlüssel für die drei Hauptschalter der elektrischen Anlage in den Schalterschlössern stecken.
In der Nacht vom 27. auf den 28. März 2001 wurde d ie Yacht von unbekannten Tätern entwendet. Der Kläger meldete den Schadensfall der Beklagten zu 1), die im Einverständnis und mit Vollmacht des Beklagten zu 2) zunächst auch die Verhandlungen über die Schadensregulierung führte. Der Kläger wurde dabei von dem Streithelfer anwaltlich vertreten. Auf dessen erste schriftliche Aufforderung zur Auszahlung der

Versicherungssumme erwiderte die Beklagte zu 1) mit Schreiben vom 23. Juli 2001, nach Rücksprache mit dem "führenden Versicherer", dem (namentlich genannten) Beklagten zu 2), müsse sie mitteilen, man könne der Zahlungsaufforderung derzeit nicht nachkommen. Auf die zweite, ebenfalls an die Beklagte zu 1) gerichtete Zahlungsaufforderung des Streithelfers vom 25. Oktober 2001 meldete sich Rechtsanwalt Dr. F. aus F. . Unter dem Betreff "V. /Fr. " teilte er dem Streithelfer mit S chreiben vom 8. November 2001 mit, daß er "die Interessen des Kasko-Versicherers" anwaltlich wahrnehme, und kündigte eine weitere Rücksprache an.
Mit einem an RechtsanwaltDr. F. gerichtet en Schreiben vom 20. November 2001 kündigte der Streithelfer die Erhebung einer Klage gegen die Beklagte zu 1) an, die er sodann - eingehend am 29. November 2001 - bei Gericht einreichte. Die auf Feststellung der Leistungspflicht aus der Kaskoversicherung gerichtete Klage wurde der Beklagten zu 1) am 17. Dezember 2001 zugestellt.
Mit Schreiben vom 21. Dezember 2001 wandte sich Re chtsanwalt Dr. F. unter dem Betreff "V. /Fr. " an den Streithelfer und teilte ihm unter Bezugnahme auf seine beiden vorangegangenen Schreiben mit, nach Rücksprache mit "dem Kaskoversicherer" lehne dieser den erhobenen Anspruch ab und werde keine Leistung erbringen, weil der Versicherungsfall auf grobe Fahrlässigkeit des Versicherungsnehmers zurückzuführen sei. Das Schreiben schließt mit den Worten: "Wie Ihnen selbstverständlich bekannt ist, wird der Versicherer von der Verpflichtung zur Leistung frei, wenn der Anspruch auf Leistung nicht innerhalb von sechs Mo-

naten gerichtlich geltend gemacht wird (§ 12 Abs. 3 VVG)." In dem vom Kläger zunächst gegen die Beklagte zu 1 ) geführten Rechtsstreit rügte diese mit Schriftsatz vom 25. Juni 2002 ihre fehlende Passivlegitimation. Mit Schriftsatz vom 16. Juli 2002 stellte der Streithelfer für den Kläger daraufhin den Antrag, daß die Klage sich im weiteren gegen den Beklagten zu 2) richten solle. Dieser hält sich schon wegen Versäumung der Frist des § 12 Abs. 3 VVG für leistungsfrei und ist weiter der Auffassung, die erhobene Klage auf Feststellung der Leistungspflicht sei unzulässig, weil der Kläger Leistungsklage hätte erheben können. Im übrigen entfalle die Leistungspflicht auch deshalb, weil der Kläger sämtliche Motoren- und Netzschlüssel an Bord gelassen und damit den Versicherungsfall grob fahrlässig herbeigeführt habe.
Der Kläger meint, der Beklagte zu 2) könne sich an gesichts der besonderen Umstände des Falles nicht auf den Ablauf der Frist des § 12 Abs. 3 VVG berufen, sondern müsse sich die fristgemäße Erhebung der Klage gegen die Beklagte zu 1) zurechnen lassen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Beru fungsgericht hat ihr stattgegeben. Mit der Revision begehrt der Beklagte zu 2) weiterhin die Klagabweisung.

Entscheidungsgründe:


Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

I. Das Berufungsgericht führt aus:
1. Der Antrag auf Feststellung, der Beklagte zu 2) sei verpflichtet, dem Kläger den um den vereinbarten Selbstbehalt verminderten Schaden aus dem Diebstahl der Motoryacht vom 27./28. März 2001 zu ersetzen , sei zulässig. Das Feststellungsinteresse entfalle nicht dadurch, daß der Kläger - wie mit einem im Berufungsverfahren hilfsweise gestellten Antrag geschehen - auch Leistungsklage habe erheben können. Denn von dem Beklagten zu 2), einem großen Versicherungsunternehmen, könne erwartet werden, daß er seiner Verpflichtung zum Schadensersatz aus einem rechtskräftigen Feststellungsurteil freiwillig nachkomme, ohne daß es zusätzlich eines auf Zahlung gerichteten Vollstreckungstitels bedürfe.
2. Anders als das Landgericht ist das Berufungsger icht weiter der Auffassung, der Beklagte zu 2) könne sich nicht auf den Ablauf der Frist des § 12 Abs. 3 VVG berufen, denn das stelle sich hier als rechtsmißbräuchlich dar.
Die Besonderheit des Falles liege - anders als in dem vom Oberlandesgericht Saarbrücken entschiedenen Fall (VersR 1997, 435) - darin, daß die Klage gegen die nicht passiv legitimierte Beklagte zu 1) im Zeitpunkt der vom Beklagten zu 2) unter Fristsetzung nach § 12 Abs. 3 VVG erklärten Leistungsablehnung bereits erhoben gewesen sei. Dabei müsse sich der Beklagte zu 2) das Wissen der mit der Schadensregulierung beauftragten Beklagten zu 1) um die Klagerhebung zurechnen lassen. Unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben, der das Versicherungs-

verhältnis in besonderem Maße präge, sei der Beklagte zu 2) wegen des Wissens um die fehlerhafte Klagerhebung und angesichts der gesamten Umstände des Falles gegenüber der Beklagten zu 1) verpflichtet gewesen , im Leistungsablehnungsschreiben ausdrücklich klarzustellen, daß nur er der zuständige Versicherer sei. Durch einen solchen Hinweis wäre der Kläger in die Lage versetzt worden, den erforderlichen Parteiwechsel im bereits laufenden Rechtsstreit noch innerhalb der Sechsmonatsfrist herbeizuführen. Demgegenüber verstoße es gegen Treu und Glauben, wenn der Beklagte zu 2), der sich zudem von demselben Prozeßbevollmächtigten habe vertreten lassen wie die Beklagte zu 1), zunächst den Ablauf der Sechsmonatsfrist abgewartet habe, um sich sodann erstmals nach dem Parteiwechsel im laufenden Rechtsstreit darauf zu berufen.
Der Zweck des § 12 Abs. 3 VVG, eine Verzögerung de r Klärung zweifelhafter Ansprüche im Interesse zeitnaher Sachaufklärung zu verhindern und dem Versicherer die Übersicht über den Stand seines Vermögens zu wahren, sei bereits erfüllt gewesen, als das Leistungsablehnungsschreiben vom 21. Dezember 2001 abgefaßt worden sei. Denn schon zu diesem Zeitpunkt sei für den Beklagten zu 2) ersichtlich gewesen , daß der Kläger seine Ansprüche gerichtlich durchsetzen und sich mit der außergerichtlichen Ablehnung nicht zufrieden geben wolle.
Der Kläger sei in den dem Rechtsstreit vorangegang enen Regulierungsverhandlungen auch nicht mit solcher Deutlichkeit auf die Person des zuständigen Versicherers hingewiesen worden, daß er nicht schutzwürdig erscheine. Im Versicherungsschein sei mehrfach von einem "führenden Versicherer" die Rede, obwohl keine Mehrzahl von Versicherern am Vertrag beteiligt gewesen sei. Daß insbesondere die Beklagte zu 1)

nicht Mitversicherer, sondern lediglich Versicherungsagentin oder -maklerin gewesen sei, komme im Versicherungsvertrag trotz des Hinweises, sie handle "in Vollmacht des Versicherers", nur schwer verständlich zum Ausdruck, zumal sie selbst mit dem Zusatz "Wassersport-Versicherungen" firmiere und in Ziffer 15 der Besonderen Bedingungen zur Wassersport-Kasko-Versicherung eine Halbierung der Selbstbeteiligung für den Fall in Aussicht gestellt werde, daß das Wasserfahrzeug fünf Jahre bei der Beklagten zu 1 schadensfrei versichert sei.
Schließlich habe auch der Rechtsanwalt des Beklagt en zu 2) in der vorgerichtlichen Korrespondenz abgesehen von der Verwendung des Kurzrubrums "V. /Fr. " nicht ausdrücklich klargestellt, daß allein der Beklagte zu 2) Versicherer sei.
3. Der Beklagte zu 2) sei auch nicht nach § 61 VVG von der Leistung frei. Zwar liege es nahe, den - nach Auffassung des Berufungsgerichts vom Kläger persönlich zu verantwortenden - Verbleib von Motorund Bordnetzschlüsseln an Bord der Yacht als grob fahrlässig anzusehen , doch habe der Beklagte zu 2) nicht nachgewiesen, daß die Yacht unter Zuhilfenahme der Schlüssel gestohlen worden sei. Es könne vielmehr nicht ausgeschlossen werden, daß die Yacht mit Hilfe eines anderen Bootes auf See geschleppt worden sei.
Der Verbleib der Schlüssel an Bord stelle schließl ich auch keine Gefahrerhöhung im Sinne der §§ 23 Abs. 1, 25 Abs. 1 VVG dar, weil es an der Dauerhaftigkeit des veränderten Zustandes fehle.

II. Das hält rechtlicher Nachprüfung in allen Punk ten stand.
1. Der vom Kläger vorrangig verfolgte Feststellung santrag ist hier zulässig, obwohl der Kläger sein Klageziel auch mit einer bezifferten Leistungsklage hätte verfolgen können, wie der in der Berufungsinstanz hilfsweise gestellte Antrag zeigt. Zwar fehlt grundsätzlich das Feststellungsinteresse , wenn ein Kläger dasselbe Ziel mit einer Leistungsklage erreichen kann, jedoch besteht keine allgemeine Subsidiarität der Feststellungsklage gegenüber der Leistungsklage. Vielmehr bleibt die Feststellungsklage dann zulässig, wenn ihre Durchführung unter dem Gesichtspunkt der Prozeßwirtschaftlichkeit eine sinnvolle und sachgemäße Erledigung der aufgetretenen Streitpunkte erwarten läßt (BGH, Urteile vom 4. Dezember 1986 - III ZR 205/85 - BGHR ZPO § 256 Abs. 1 Feststellungsinteresse 2; vom 5. Februar 1987 - III ZR 16/86 - BGHR ZPO § 256 Abs. 1 Feststellungsinteresse 4, jeweils m.w.N.; vom 21. Februar 1996 - IV ZR 297/94 - NJW-RR 1996, 641 unter I). Das ist insbesondere dann der Fall, wenn die beklagte Partei die Erwartung rechtfertigt, sie werde auf ein rechtskräftiges Feststellungsurteil hin ihren rechtlichen Verpflichtungen nachkommen, ohne daß es eines weiteren, auf Zahlung gerichteten Vollstreckungstitels bedarf (BGH, Urteil vom 28. September 1999 - VI ZR 195/98 - VersR 1999, 1555 unter II 1 b, cc; vgl. auch BGH, Urteil vom 17. Juni 1994 - V ZR 34/92 - NJW-RR 1994, 1272 unter II 2 b). Das hat der Bundesgerichtshof bereits mehrfach angenommen, wenn es sich bei der beklagten Partei um eine Bank (BGH, Urteile vom 30. April 1991 - XI ZR 223/90 - NJW 1991, 1889 unter 1; vom 30. Mai 1995 - XI ZR 78/94 - NJW 1995, 2219 unter A II 1 - insofern in BGHZ 130, 59, 63 nicht abgedruckt -; vom 5. Dezember 1995 - XI ZR 70/95 - NJW 1996, 918 unter II 1), eine Behörde (BGH, Urteil vom 9. Juni 1983

- III ZR 74/82 - NJW 1984, 1118 unter 3 c) oder - wie hier - um ein großes Versicherungsunternehmen (BGH, Urteil vom 28. September 1999 aaO unter II 1 b, cc) handelt. Umstände, die die genannte Erwartung vorliegend erschüttern könnten, zeigt die Revision nicht auf.
2. Die Annahme des Tatrichters, der Beklagte zu 2) dürfe sich im vorliegenden Fall nach Treu und Glauben nicht auf den Ablauf der Frist des § 12 Abs. 3 VVG berufen, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

a) Das in § 242 BGB verankerte Prinzip von Treu un d Glauben bildet eine allen Rechten immanente Inhaltsbegrenzung (Palandt/Heinrichs, BGB 64. Aufl. § 242 Rdn. 38 m.w.N.). Welche Anforderungen sich daraus im Einzelfall ergeben, ob insbesondere die Berufung auf eine erworbene Rechtsposition rechtsmißbräuchlich erscheint, kann regelmäßig nur mit Hilfe einer umfassenden Bewertung der gesamten Fallumstände entschieden werden. Diese Bewertung vorzunehmen ist Sache des Tatrichters und demgemäß in der Revisionsinstanz nur daraufhin zu überprüfen, ob sie auf einer tragfähigen Tatsachengrundlage beruht, alle erheblichen Gesichtspunkte berücksichtigt und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt oder von einem falschen Wertungsmaßstab ausgeht (vgl. dazu BGHZ 122, 308, 314; 146, 217, 223; BGH, Urteile vom 6. Dezember 1988 - XI ZR 19/88 - NJW-RR 1989, 818 unter 3; vom 13. März 1996 - VIII ZR 99/94 - NJW-RR 1996, 949 unter II 3; vom 8. Mai 2003 - VII ZR 216/02 - NJW 2003, 2448 unter III 2).

b) Solche Rechtsfehler deckt die Revision nicht au f.

Daß eine Berufung auf die Klagefrist des § 12 Abs. 3 VVG dem Versicherer im Einzelfall nach § 242 BGB versagt sein kann, ist in der Rechtsprechung seit langem anerkannt (vgl. BGH, Urteil vom 6. Juni 1966 - II ZR 66/64 - VersR 1966, 723 unter V; weitere Rechtsprechungsnachweise bei Prölss in Prölss/Martin, VVG 27. Aufl. § 12 Rdn. 52 und 59, ferner bei Römer in Römer/Langheid, VVG 2. Aufl. § 12 Rdn. 87).
Dem Zusammenhang der Urteilsgründe des Berufungsur teils kann sicher entnommen werden, daß das Berufungsgericht es dem Beklagten zu 2) nicht allein deshalb verwehrt hat, sich auf den Ablauf der Frist des § 12 Abs. 3 VVG zu berufen, weil die Leistungsablehnung hier zu einem Zeitpunkt erfolgte, in welchem die Beklagte zu 2) bereits zurechenbare Kenntnis davon hatte, daß der Kläger irrtümlich Klage gegen die Beklagte zu 1) eingereicht hatte, obwohl diese nicht Versicherer war. Vielmehr hat der Tatrichter auf der Grundlage einer zutreffenden Auslegung des § 12 Abs. 3 VVG erkennbar nicht nur auf den zeitlichen Ablauf, sondern auch auf die Gestaltung des Versicherungsscheins, den Inhalt der Versicherungsbedingungen , die Firmenbezeichnung der Beklagten zu 1), die im Rahmen der Schadensregulierung geführte Korrespondenz und das Prozeßverhalten der Beteiligten abgestellt. Daß daneben wesentliche Gesichtspunkte übersehen oder von einer unzutreffenden Tatsachengrundlage ausgegangen worden wäre, wird von der Revision nicht behauptet und ist auch sonst nicht ersichtlich.

c) Die Revision bemüht sich unter Hinweis auf mehr ere tatrichterliche Entscheidungen anderer Oberlandesgerichte lediglich darum, eine ihr günstigere, abweichende Bewertung der vom Berufungsgericht umfassend gewürdigten Fallumstände herbeizuführen. Damit kann sie kei-

nen Erfolg haben. Das Berufungsurteil steht insbesondere nicht in Divergenz zur Entscheidung des Oberlandesgerichts Saarbrücken vom 10. Januar 1996 (VersR 1997, 435). Zwar hatte das Oberlandesgericht es dort abgelehnt, dem Versicherer die Geltendmachung der Leistungsfreiheit nach § 12 Abs. 3 VVG zu versagen und zur Begründung ausgeführt , es reiche zur Wahrung der Frist nicht aus, wenn der Versicherer irgendwie davon Kenntnis erhalte, daß der Versicherungsnehmer einen anderen Versicherer verklagt habe. Den Entscheidungsgründen ist jedoch zu entnehmen, daß es sich auch dort um eine von den besonderen Umständen des Falles getragene Einzelfallentscheidung handelt, die einer Verallgemeinerung nicht fähig ist.

d) So liegt der Fall auch hier. Soweit sich das Be rufungsgericht mit der Zulassung der Revision eine allgemeine Klärung der Frage erwartet hat, ob den Versicherer nach bereits erfolgter Klage des Versicherungsnehmers gegen einen falschen Versicherer im Rahmen des § 12 Abs. 3 VVG stets eine gesonderte Hinweispflicht treffe, verkennt diese Fragestellung die revisionsrechtlichen Grenzen der Überprüfung einer nach § 242 BGB getroffenen Einzelfallentscheidung. Ein Zulassungsgrund im Sinne des § 543 Abs. 2 ZPO war deshalb hier nicht gegeben.
3. Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Annahme des Berufungsgerichts, der Beklagte zu 2) habe den ihm im Rahmen des § 61 VVG obliegenden Nachweis dafür, daß die an Bord befindlichen Schlüssel für die Motoren und das elektrische Bordnetz mitursächlich für den Diebstahl geworden sind (vgl. dazu BGH, Urteil vom 14. Juli 1986 - IVa ZR 22/85 - VersR 1986, 962 unter II), nicht geführt. Die Gegenrüge, mit welcher der Kläger beanstandet, das Berufungsgericht habe zu Un-

recht angenommen, er selbst - und nicht das mit der Verlegung der Yacht beauftragte Hafenpersonal (das keine Repräsentantenstellung eingenommen habe) - sei dafür verantwortlich, daß Schlüssel an Bord geblieben seien, kann deshalb auf sich beruhen.
Soweit die Revision geltend macht, es sei hier sch on nach den Grundsätzen des Anscheinsbeweises davon auszugehen, daß das Belassen der genannten Schlüssel an Bord mitursächlich für den Diebstahl geworden sei, kann sie damit nicht durchdringen. Voraussetzung für jede Anwendung eines Anscheinsbeweises ist, daß ein typischer Geschehensablauf vorliegt, und keine Umstände gegeben sind, welche es als ernsthaft möglich erscheinen lassen, daß das Geschehen im konkreten Fall anders abgelaufen ist als von einer Anscheinsregel als typisch vorausgesetzt (vgl. dazu BGH, Urteil vom 3. Juli 1990 - VI ZR 239/89 - NJW 1991, 230 unter II 2 und 3). An beidem fehlt es hier. Der Diebstahl einer großen Motoryacht zählt nicht zu denjenigen Lebensvorgängen, die nach einem durch Regelmäßigkeit, Üblichkeit und Häufigkeit geprägten Muster abzulaufen pflegen (vgl. dazu Greger in Zöller, ZPO 25. Aufl. vor § 284 Rdn. 29). Hinzu kommt, daß vorliegend gewichtige Umstände dafür sprechen , daß das Boot des Klägers zumindest nicht mit eigener Motorkraft das im Winter versandete Hafenbecken verlassen konnte und stattdessen aus dem Hafen geschleppt werden mußte, weil es im Motorbetrieb zu großen Tiefgang hatte. Soweit die Revision geltend macht, der Kläger habe diesen Vortrag in der Berufungsinstanz nicht aufrechterhalten, trifft das nicht zu. Dazu, ob die Yacht später auf See mit eigener Motorkraft Fahrt aufnahm oder weiterhin geschleppt wurde, ist nichts bekannt. Auch hierzu scheidet ein Anscheinsbeweis wegen der Besonderheiten des Einzelfalles aus.

4. Auch eine Leistungsfreiheit der Beklagten zu 2) wegen Gefahrerhöhung (§§ 23 Abs. 1, 25 Abs. 1 VVG) hat das Berufungsgericht mit rechtlich zutreffender Begründung abgelehnt. Soweit die Revision geltend macht, die vom Berufungsgericht vermißte Dauerhaftigkeit des Zustandes erhöhter Gefahrverwirklichung ergebe sich daraus, daß die Motor - und Netzschlüssel ständig, das heißt nicht nur am Tage vor dem Diebstahl, sondern auch während der Winterliegezeit der Yacht an Land und auch bereits davor an Bord verwahrt worden seien, findet dies in den Feststellungen des Berufungsgerichts keine Stütze. Eine Verfahrensrüge ist insoweit nicht erhoben.
Terno Dr. Schlichting Wendt
Felsch Dr. Franke

Als Versicherungsperiode gilt, falls nicht die Prämie nach kürzeren Zeitabschnitten bemessen ist, der Zeitraum eines Jahres.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Als Versicherungsperiode gilt, falls nicht die Prämie nach kürzeren Zeitabschnitten bemessen ist, der Zeitraum eines Jahres.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.