Bundesgerichtshof Urteil, 30. Sept. 2010 - IX ZR 175/09
Bundesgerichtshof
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger ist Verwalter im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin. Die Beklagte wurde im Vorverfahren rechtskräftig verurteilt, an die Schuldnerin 84.600,77 € zu zahlen, Zug um Zug gegen Übergabe einer bestimmten Software einschließlich Lizenzen und Handbüchern. Mit der Software wollte die Beklagte ein Internetportal erstellen, das sie jedoch später auf anderem Weg realisierte.
- 2
- Nach dem Urteil des Vorverfahrens war die Software in der Version 1.0 zu übergeben, die jedoch nicht mehr existiert und erhältlich ist. Die Annahme einer Version 1.5 verweigert die Beklagte als nicht erfüllungsgeeignet.
- 3
- Der Kläger begehrt die Feststellung, dass die Version 1,5 zur Erfüllung der Lieferverpflichtung aus der Zug-um-Zug-Verurteilung geeignet sei. Im Berufungsverfahren hat er außerdem - auf Anregung des Berufungsgerichts - die Feststellung beantragt, dass sich die Beklagte in Annahmeverzug befinde. Der Kläger behauptet, die Version 1.5 sei mit der Version 1.0 identisch bzw. höherwertig. Der Titel aus dem Vorverfahren sei so auszulegen, dass auch diese Version übergeben werden könne. Die Beklagte bestreitet die Identität und die Gleichwertigkeit.
- 4
- Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat ihr stattgegeben und zusätzlich den Annahmeverzug der Beklagten festgestellt. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
- 5
- Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung.
I.
- 6
- Das Berufungsgericht hat die Feststellungsklage für zulässig erachtet. Könne der Gerichtsvollzieher - wie vorliegend - auch mit sachverständiger Hilfe nicht klären, ob die angebotene Leistung zur Erfüllung der tenorierten Leistungsverpflichtung geeignet sei, sei die Feststellungsklage das geeignete Instrument des Verpflichteten und das hierfür erforderliche Feststellungsinteresse gegeben. Das gelte nicht nur bei nicht hinreichender Bestimmtheit eines Titels, sondern auch dann, wenn zu klären sei, ob eine Leistung, die von der geschuldeten , jedoch nicht mehr möglichen, abweiche, gleichermaßen zur Erfüllung geeignet sei.
- 7
- Feststellungsklage Die sei auch begründet. Zwar müsse im Rahmen einer Zug-um-Zug-Verurteilung die Gegenleistung grundsätzlich wie geschuldet angeboten werden. Die Version 1.5 entspreche schon nach dem eigenen Vortrag des Klägers nicht der Version 1.0. Jedoch könne nicht allein auf die technische Identität abgestellt werden, wenn unter Billigkeitsgesichtspunkten eine andere Version zur Erfüllung geeignet sei. Ob dies hier der Fall sei, könne jedoch dahinstehen.
- 8
- Beklagte Die handele jedenfalls rechtsmissbräuchlich, wenn sie unter Berufung auf mögliche Abweichungen zwischen den Versionen 1.0 und 1.5 die Abnahme der Version 1.5 verweigere. Denn es stehe fest, dass sie die Software unabhängig von ihren Eigenschaften ohnehin keinesfalls mehr nutzen werde. Das aus dem Grundsatz von Treu und Glauben abgeleitete Verbot rechtsmissbräuchlichen Verhaltens gelte auch im Vollstreckungsverfahren. Der Beklagten komme es auf die Gegenleistung nicht mehr an; die Ausübung des Zurückbehaltungsrechts diene allein dazu, die Vollstreckung des rechtskräftigen Titels durch den Gläubiger zu verhindern. Die Beklagte habe sich bereits unmittelbar nach Vertragsschluss im Jahre 2000 aus dem Vertrag lösen wollen. Sie habe ausdrücklich erklärt, dass die Software für sie in jedem Fall nutzlos, weil total veraltet und unbrauchbar sei.
II.
- 9
- Die Revision ist zulässig und begründet.
- 10
- 1. Sie ist insbesondere statthaft, weil sie vom Berufungsgericht zugelassen worden ist, § 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO. Hieran ist das Revisionsgericht gebunden , § 543 Abs. 2 Satz 2 ZPO, ohne dass es darauf ankäme, ob Zulassungsgründe tatsächlich vorliegen (BGH, Urt. v. 20. Mai 2003 - XI ZR 248/02, ZIP 2003, 1240, 1241). Auf die entsprechenden Einwendungen der Revisionserwiderung kommt es deshalb nicht an.
- 11
- 2. Sie ist auch begründet.
- 12
- a) Zutreffend ist - entgegen der Rüge der Revision - die Annahme beider Vordergerichte, dass die Feststellungsklage zulässig ist. Zwar bestehen hier weder Zweifel über den vollstreckbaren Inhalt einer Urteilsformel noch über Art und Umfang der bei einer Zug-um-Zug-Verurteilung bezeichneten Gegenleistung (zur Zulässigkeit einer Feststellungsklage in diesen Fällen vgl. BGH, Urt. v. 20. September 1961 - IV ZR 59/61, BGHZ 36, 11, 13 f; v. 23. September 1976 - VII ZR 14/75, WM 1976, 1195, 1196; v. 11. September 2007 - XII ZB 177/04, NJW 2008, 153, 156 Rn. 30). Die Feststellungsklage ist jedoch auch dann zulässig , wenn zweifelhaft ist, ob die tatsächlich angebotene Gegenleistung der konkret ausgeurteilten entspricht (Stein/Jonas/Münzberg, ZPO 22. Aufl. § 756 Rn. 14 Fn. 79).
- 13
- Ist die Einrede "Zug um Zug" materiell-rechtlich entfallen, kann zwar erneut Leistungsklage ohne Zug-um-Zug-Antrag erhoben werden. Die Rechtskraft des Ersturteils stünde nicht entgegen (vgl. BGH, Urt. v. 19. Dezember 1991 - IX ZR 96/91, BGHZ 117, 1; Münzberg in Stein/Jonas, aaO Rn. 14). Der Kläger begehrt jedoch nicht die vorbehaltlose Verurteilung der Beklagten, sondern (lediglich ) die Feststellung, dass die im Urteil des Berufungsgerichts näher bezeichneten Gegenstände dem Vollstreckungstitel entsprechen und sich die Beklagte im Annahmeverzug befindet. Das wäre für die weitere Zwangsvollstreckung ausreichend, die gemäß § 756 Abs. 1 ZPO voraussetzt, dass der Kläger die ihm obliegende Leistung in einer den Vollzug begründenden Weise anbietet oder die Beklagte sich insoweit bereits im Verzug der Annahme befindet. Einer erneuten Leistungsklage bedarf es daher nicht.
- 14
- b) Die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte handele rechtsmissbräuchlich , wenn sie die vom Kläger angebotene Version ablehne, obwohl feststehe, dass sie die Software unabhängig von ihren Eigenschaften keinesfalls mehr einsetzen oder nutzen werde, hält dagegen rechtlicher Prüfung nicht stand.
- 15
- Zutreffend aa) ist allerdings auch hier der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts , dass das aus dem Grundsatz von Treu und Glauben abgeleitete Verbot rechtsmissbräuchlichen Verhaltens auch im Prozessrecht und im Vollstreckungsverfahren gilt. Das wird von der Revision auch im Grundsatz nicht in Frage gestellt und entspricht ständiger Rechtsprechung (vgl. BGH, Beschl. v.
- 16
- Rechtsmissbräuchlich und damit unzulässig ist danach die Ausübung einer prozessualen oder vollstreckungsrechtlichen Befugnis, wenn sie nicht den gesetzlich vorgesehenen, sondern anderen, nicht notwendig unerlaubten, aber funktionsfremden und rechtlich zu missbilligenden Zwecken dient (BGH, Beschl. v. 10. Mai 2007 aaO Rn. 12 m.w.N.).
- 17
- bb) Rechtsmissbräuchlichkeit in diesem Sinne liegt entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht vor. Der Umstand, dass die Beklagte die Annahme der angebotenen Version als nicht erfüllungsgeeignet abgelehnt hat, erfüllt die genannten Voraussetzungen nicht. Die Verwendung einer Kaufsache oder eines von dem Besteller erstellten Werkes liegt grundsätzlich im Belieben des Käufers oder Bestellers. Auch wenn sich ein Kauf aus der Sicht des Käufers als Fehler erweist und er den Kaufgegenstand nicht mehr nutzen will oder kann, ändert dies nichts an der Lieferverpflichtung des Verkäufers, wenn er Anspruch auf die Gegenleistung erhebt. Die weggefallene Absicht der Verwendung lässt die Lieferpflicht nicht entfallen. Es kann auch in diesem Falle nicht in das Belieben des Verkäufers gestellt werden, ob oder was er liefern will. Verlangt der Verkäufer entsprechend seinen vertraglichen Rechten Bezahlung Zugum -Zug gegen Lieferung der verkauften Sache, hat er für seine Lieferfähigkeit Sorge zu tragen. Dem Käufer steht, auch wenn er die Sache selbst nicht mehr nutzen will, gleichwohl das Recht zu, diese auf Mängel zu untersuchen und gegebenenfalls Gewährleistungsansprüche geltend zu machen. Andernfalls würde es dem Verkäufer ermöglicht, den vollen Kaufpreis zu beanspruchen, obwohl er seinerseits zur Erbringung einer vertragsgemäßen Leistung außerstande ist.
- 18
- Da Rechtsmissbräuchlichkeit der Beklagten nicht vorliegt, besteht auch der vom Berufungsgericht hierauf gegründete Annahmeverzug nicht.
- 19
- c) Entscheidend für die Begründetheit der Klage ist sonach, ob die vom Kläger angebotene Version von der Beklagten im Wege der Zug-um-ZugVollstreckung als erfüllungsgeeignet akzeptiert werden muss.
- 20
- aa) Im Grundsatz geht das Berufungsgericht wiederum zutreffend davon aus, dass im Rahmen einer Zug-um-Zug-Vollstreckung die Leistung vom Gläubiger grundsätzlich so angeboten werden muss, wie sie im Vollstreckungstitel beschrieben ist (BGH, Beschl. v. 7. Juli 2005 - I ZB 7/05, WM 2005, 1954, 1955; Musielak/Lackmann, aaO § 756 Rn. 4).
- 21
- Ein solches Angebot konnte nicht erfolgen, weil nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts die vom Kläger zur Übergabe an die Beklagte zur Verfügung gestellte Version mit der in dem vollstreckbaren Urteil bezeichneten Version nicht identisch ist.
- 22
- bb) Zutreffend ist auch die Annahme des Berufungsgerichts, die vom Kläger angebotene Version 1.5 habe von der Beklagten im Sinne des zu vollstreckenden Titels als erfüllungsgeeignet akzeptiert werden müssen, wenn diese Version unter funktionalen Aspekten tatsächlich gleich oder höherwertig ist und gegenüber der geschuldeten Version keinerlei andere Nachteile, etwa die Systemumgebung betreffend, aufweist. Dies ergibt sich aus dem auch im Vollstreckungsverfahren herrschenden Verbot rechtsmissbräuchlichen Handelns.
- 23
- Die Revision wendet dagegen ein, ein derartiger Titel sei wegen fehlender Bestimmtheit unzulässig; eine Zug-um-Zug-Verurteilung könne nicht in der Weise ausgesprochen werden, dass dem Schuldner ein bestimmter Gegenstand oder ein lediglich vergleichbarer anderer Gegenstand anzubieten sei. Das mag zutreffen. Darum geht es hier aber nicht. Vorliegend soll allein festgestellt werden, ob vom Kläger eine andere Version angeboten werden kann, die ihrerseits wiederum in gleicher Weise individualisiert bezeichnet ist wie die zunächst ausgeurteilte Version.
- 24
- cc) Das Berufungsgericht hat die erforderliche Gleich- oder Höherwertigkeit bei gleichzeitigem Fehlen von Nachteilen für die Beklagte nicht festgestellt, sondern offen gelassen. Die erforderlichen Feststellungen werden nunmehr nachzuholen sein.
Lohmann Fischer
Vorinstanzen:
LG Siegen, Entscheidung vom 13.03.2009 - 2 O 257/05 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 12.08.2009 - I-12 U 120/09 -
Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 30. Sept. 2010 - IX ZR 175/09
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BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Kläger verlangt von der beklagten Bank die Rückabwicklung eines Realkreditvertrages, den er mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten zur Finanzierung des Kaufpreises einer Eigentumswohnung geschlossen hat. Er begehrt die Erstattung gezahlter Zinsen und entstandener Aufwendungen in Höhe von insgesamt 37.500,25 (= 73.344,12 DM) nebst Zinsen, die Freistellung von allen Verpflichtungen aus dem Darlehen, die Rückabtretung der Rechte aus einer Kapitallebensversicherung sowie die Feststellung, daß die Beklagte ihm alle weiteren im Zusammenhang mit dem Kauf und der Finanzierung der Ei-
gentumswohnung entstandenen Schäden zu ersetzen hat. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Zur Finanzierung des Kaufpreises von 69.215 DM für eine im November 1990 zu Steuersparzwecken erworbene Eigentumswohnung, von 14.542 DM für einen Tiefgaragenplatz und der Nebenkosten nahm der Kläger mit Vertrag vom 19./22. November 1990 bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten ein Darlehen über 102.000 DM auf. Die Tilgung des Festdarlehens war zunächst ausgesetzt und sollte über eine gleichzeitig abgeschlossene Kapitallebensversicherung erfolgen. Eine Widerrufsbelehrung im Sinne des Haustürwiderrufsgesetzes wurde dem Kläger nicht erteilt.
Seit Januar 2001 leistet der Kläger auf das Darlehen keine Zahlungen mehr. Er hat seine am 19. November 1990 in den Geschäftsräumen der Beklagten abgegebene auf den Abschluß des Darlehensvertrages gerichtete Willenserklärung gemäß § 1 HWiG in der bis zum 30. September 2000 geltenden Fassung (im folgenden: a.F.) widerrufen und macht geltend, der Vermittler W. B. habe ihn Ende Oktober 1990 mehrfach in seiner Privatwohnung aufgesucht und zum Abschluß der Verträge überredet. Außerdem treffe die Beklagte ein vorvertragliches Aufklärungsverschulden. Insbesondere habe sie es pflichtwidrig unterlassen , auf die sittenwidrige Überteuerung des Kaufpreises, die darin "versteckte Innenprovision" sowie auf die Nachteile hinzuweisen, die sich aus einer Finanzierung durch Festkredit und Kapitallebensversicherung ergäben.
Die Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit der Re- vision verfolgt der Kläger seine Klageanträge weiter.
Entscheidungsgründe:
A.
Die vom Oberlandesgericht zugelassene Revision des Klägers ist insgesamt statthaft (§ 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung ist die Zulassung der Revision nicht auf etwaige Ansprüche, die dem Kläger aus einem wirksamen Widerruf des Darlehensvertrages nach § 3 HWiG zustehen können, beschränkt.
Zwar hat das Berufungsgericht die im Tenor nicht eingeschränkte Zulassung der Revision in den Entscheidungsgründen ausschließlich damit begründet, daß sich aus dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 13. Dezember 2001 (WM 2001, 2434) möglicherweise Auswirkungen auf den Anwendungsbereich der nationalen Regelung des § 1 Abs. 1 HWiG ergeben könnten. Zu Recht weist die Revisionserwiderung auch darauf hin, daß sich eine wirksame Beschränkung der Revisionszulassung nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht nur aus dem Urteilstenor, sondern auch aus der Begründung ergeben kann, die für die Zulassung gegeben wird (BGHZ 48, 134, 136; BGH, Urteil vom 9. März 2000 - III ZR 356/98, NJW 2000, 1794, 1796, m.w.Nachw., insoweit in BGHZ 144, 59 nicht abgedruckt ). Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung enthalten
die Urteilsgründe hier aber jedenfalls keine wirksame Beschränkung der Revisionszulassung.
Die Zulassung der Revision kann nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur auf einen tatsächlich und rechtlich selbständigen Teil des Gesamtstreitstoffes beschränkt werden, der Gegenstand eines Teilurteils sein könnte oder auf den der Revisionskläger selbst seine Revision beschränken könnte. Unzulässig ist es, die Zulassung auf einzelne von mehreren Anspruchsgrundlagen oder auf bestimmte Rechtsfragen zu beschränken (BGHZ 101, 276, 278; 111, 158, 166; jeweils m.w.Nachw.). Danach scheidet hier die Beschränkung der Zulassung auf Ansprüche aus § 3 HWiG aus, da es sich insoweit nur um eine von mehreren möglichen Anspruchsgrundlagen für den geltend gemachten Zahlungs- und Freistellungsanspruch handelt.
Bei einer unzulässigen Beschränkung der Revisionszulassung muß das angefochtene Urteil in vollem Umfang überprüft werden (BGH, Urteil vom 7. Juli 1983 - III ZR 119/82, NJW 1984, 615 m.w.Nachw., insoweit in BGHZ 88, 85 ff. nicht abgedruckt). An diesem Grundsatz ist auch nach der Änderung des Rechtsmittelrechts festzuhalten. Fehlt es an einer wirksamen Beschränkung der Zulassung, so ist allein die Beschränkung, nicht aber die Zulassung unwirksam, die Revision daher unbeschränkt zugelassen (MünchKomm-Wenzel, ZPO 2. Aufl., Aktualisierungsband § 543 Rdn. 29; Musielak/Ball, ZPO 3. Aufl. § 543 Rdn. 16). Dies folgt schon daraus, daß das Revisionsgericht an die Zulassung, soweit sie reicht, gebunden ist (§ 543 Abs. 2 Satz 2 ZPO), auch wenn sich die Entscheidung des Berufungsgerichts als fehlerhaft erweist (MünchKommWenzel aaO Rdn. 44).
B.
Die Revision ist nicht begründet.
I.
Das Berufungsgericht hat im wesentlichen ausgeführt:
Ein Widerruf gemäß § 1 HWiG a.F. scheide aus, da bei Abschluß des Darlehensvertrages eine zum Widerruf berechtigende Haustürsituation im Sinne des § 1 HWiG a.F. nicht mehr vorgelegen habe. Aufklärungspflichten habe die Beklagte nicht verletzt. Ein etwaiges Fehlverhalten des Vermittlers müsse sie sich nicht über § 278 BGB zurechnen lassen. Auch ein Einwendungsdurchgriff scheide aus, da Kaufvertrag und Darlehensvertrag kein verbundenes Geschäft seien.
II.
Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Überprüfung stand.
1. Rechtsfehlerfrei ist das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gelangt , daß der Kläger seine zum Abschluß des Darlehensvertrages führende Willenserklärung nicht wirksam gemäß § 1 Abs. 1 HWiG a.F. widerrufen hat.
a) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts steht einem Widerruf allerdings nicht der Einwand unzulässiger Rechtsausübung entgegen. Ein Recht ist verwirkt, wenn sich ein Schuldner wegen der Untätigkeit seines Gläubigers über einen gewissen Zeitraum hin bei objektiver Beurteilung darauf einrichten darf und eingerichtet hat, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen, und deswegen die verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt (Senatsurteil vom 6. Dezember 1988 - XI ZR 19/88, WM 1989, 354, 355; BGH, Urteil vom 14. November 2002 - VII ZR 23/02, NJW 2003, 824; jeweils m.w. Nachw.). Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Schützenswertes Vertrauen in den Bestand eines die Voraussetzungen des § 1 HWiG a.F. erfüllenden Darlehensvertrages kann bei dem Kreditgeber nicht entstehen, wenn dem Kunden - wie hier - keine Widerrufsbelehrung nach dem Haustürwiderrufsgesetz erteilt worden ist (vgl. Senatsurteil vom 12. November 2002 - XI ZR 3/01, WM 2003, 61, 63). Das Verhalten eines Kunden, der von seinem Widerrufsrecht keine Kenntnis hat, läßt keinen Schluß darauf zu, er werde von dem ihm zustehenden Widerrufsrecht keinen Gebrauch machen.
b) Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden sind jedoch die Ausführungen des Berufungsgerichts, der Kläger habe den Darlehensvertrag nicht in einer Haustürsituation geschlossen. Es fehle angesichts des zeitlichen Abstands von rund drei Wochen zwischen den Besuchen des Vermittlers in der Privatwohnung des Klägers im Oktober 1990 und dem in den Räumen der Bank gestellten Antrag auf Gewährung eines Darlehens am 19. November 1990 sowie angesichts des zwischenzeitlich vom Kläger abgegebenen notariell beurkundeten Angebots zum Abschluß des
Kaufvertrages an der Fortdauer des Überrumpelungseffekts, vor dem das Haustürwiderrufsgesetz schützen wolle.
Zwar setzt § 1 Abs. 1 HWiG a.F. nicht den Abschluß des Vertrages in der Haustürsituation voraus, sondern es genügt eine Haustürsituation bei der Vertragsanbahnung, die für den späteren Vertragsschluß ursächlich war. Auch wird ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen der mündlichen Verhandlung gemäß § 1 Abs. 1 HWiG a.F. und der Vertragserklärung vom Gesetz nicht gefordert. Bei zunehmendem zeitlichen Abstand wird aber die Indizwirkung für die Kausalität entfallen (BGHZ 131, 385, 392 m.w.Nachw.). Ob sich der Darlehensnehmer auch bei einem größeren zeitlichen Abstand zwischen der mündlichen Verhandlung und dem Vertragsschluß durch einen Verstoß gegen § 1 HWiG a.F. in einer Lage befindet, in der er in seiner Entschließungsfreiheit beeinträchtigt ist, den ihm später angebotenen Vertrag zu schließen oder davon Abstand zu nehmen (BGHZ 123, 380, 393 m.w.Nachw.), ist eine Frage der Würdigung des Einzelfalles (Senatsurteile vom 21. Januar 2003 - XI ZR 125/02, WM 2003, 483, 484 und vom 18. März 2003 - XI ZR 188/02, WM 2003, 918, 921) und vom Berufungsgericht in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise verneint worden. Einen konkreten Verfahrensfehler zeigt die Revision nicht auf, sondern wendet sich unbehelflich gegen die tatrichterliche Würdigung.
Das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 13. Dezember 2001 (WM 2001, 2434) ist insoweit ohne Bedeutung. Der Europäische Gerichtshof hat darin zu den Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 1 der Richtlinie des Rates vom 20. Dezember 1985 betreffend den Verbraucherschutz im Falle von außerhalb von Geschäfts-
räumen geschlossenen Verträgen (85/577/EWG, ABl. Nr. L 372/31 vom 31. Dezember 1985) keine Stellung genommen, sondern eine Haustürsituation im Sinne dieser Richtlinie vorausgesetzt (aaO S. 2436).
2. Rechtlich nicht zu beanstanden sind auch die Ausführungen, mit denen das Berufungsgericht einen Schadensersatzanspruch des Klägers gegen die Beklagte wegen Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten verneint hat.
a) Eine kreditgebende Bank ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bei steuersparenden Bauherren-, Bauträgerund Erwerbermodellen zur Risikoaufklärung über das finanzierte Geschäft nur unter ganz besonderen Voraussetzungen verpflichtet. Sie darf regelmäßig davon ausgehen, daß die Kunden entweder selbst über die notwendigen Kenntnisse und Erfahrungen verfügen oder sich jedenfalls der Hilfe von Fachleuten bedient haben. Nur ausnahmsweise können sich Aufklärungs- und Hinweispflichten aus den besonderen Umständen des Einzelfalls ergeben. Dies kann der Fall sein, wenn die Bank im Zusammenhang mit der Planung, der Durchführung oder dem Vertrieb des Projekts über ihre Rolle als Kreditgeberin hinausgeht, wenn sie einen zu den allgemeinen wirtschaftlichen Risiken hinzutretenden besonderen Gefährdungstatbestand für den Kunden schafft oder dessen Entstehen begünstigt, wenn sie sich im Zusammenhang mit der Kreditgewährung sowohl an den Bauträger als auch an die einzelnen Erwerber in schwerwiegende Interessenkonflikte verwickelt oder wenn sie in bezug auf spezielle Risiken des Vorhabens einen konkreten Wissensvorsprung vor dem Darlehensnehmer hat und dies auch erkennen kann (BGH, Urteil vom 18. April 1988 - II ZR 251/87, WM 1988, 895, 898; Senatsurteile
vom 3. Dezember 1991 - XI ZR 300/90, WM 1992, 133, vom 17. Dezember 1991 - XI ZR 8/91, WM 1992, 216, 217, vom 31. März 1992 - XI ZR 70/91, WM 1992, 901, 902, vom 18. April 2000 - XI ZR 193/99, WM 2000, 1245, 1246 und vom 12. November 2002 - XI ZR 25/00, ZIP 2003, 160, 161).
b) Das Berufungsgericht hat zu Recht keine Umstände festgestellt, die ausnahmsweise die Annahme einer Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten rechtfertigen würden. Auch die Revision zeigt solche Umstände nicht auf.
aa) Ihr Einwand, das Berufungsgericht hätte angesichts eines weit überteuerten Kaufpreises, der doppelt so hoch wie der Wert der Wohnung gewesen sei, eine Aufklärungspflicht der Beklagten wegen eines - für sie erkennbaren - konkreten Wissensvorsprungs bejahen müssen, greift nicht. Wie auch die Revision nicht verkennt, begründet ein Wissensvorsprung der Bank darüber, daß der vom Erwerber zu zahlende Kaufpreis in keinem angemessenen Verhältnis zum Wert des zu erwerbenden Objekts steht, nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich keine Aufklärungspflicht (vgl. BGH, Urteile vom 15. Oktober 1987 - III ZR 235/86, WM 1987, 1426, 1428, vom 21. Januar 1988 - III ZR 179/86, WM 1988, 561, 563, vom 11. Februar 1999 - IX ZR 352/97, WM 1999, 678, 679 und Senatsurteile vom 18. April 2000 - XI ZR 193/99, WM 2000, 1245, 1246 sowie vom 12. November 2002 - XI ZR 3/01, WM 2003, 61, 62 und vom 18. März 2003 - XI ZR 188/02, WM 2003, 918, 921). Denn es gehört zu den eigenen Aufgaben des Käufers, auch wenn der Kauf kreditfinanziert wird, die Angemessenheit des Kaufpreises zu prüfen.
Eine Aufklärungspflicht der Bank über die Unangemessenheit des Kaufpreises kommt danach nur ausnahmsweise in Betracht, wenn die Bank bei einem Vergleich von Kaufpreis und Wert des Objekts von einer sittenwidrigen Übervorteilung des Käufers durch den Verkäufer ausgehen muß (Senatsurteile vom 18. April 2000 - XI ZR 193/99, WM 2000, 1245, 1247 m.w.Nachw., vom 12. November 2002 - XI ZR 3/01, WM 2003, 61, 62 und vom 18. März 2003 - XI ZR 188/02, WM 2003, 918, 921). Das ist hier entgegen der Auffassung der Revision aber nicht der Fall. Nicht jedes , auch nicht jedes auffällige Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung führt zur Sittenwidrigkeit eines Rechtsgeschäfts. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann von einem besonders groben Mißverhältnis, das eine Vermutung für die subjektiven Voraussetzungen der Sittenwidrigkeit begründet, vielmehr erst ausgegangen werden, wenn der Wert der Leistung knapp doppelt so hoch ist wie der Wert der Gegenleistung (BGHZ 146, 298, 302 ff. m.w.Nachw.; Senatsurteile vom 12. November 2002 - XI ZR 3/01, WM 2003, 61, 62 und vom 18. März 2003 - XI ZR 188/02, WM 2003, 918, 921). Ein solches Mißverhältnis bestand hier aber nach den zutreffenden Ausführungen des Landgerichts, auf die das Berufungsgericht verwiesen hat, schon nach dem eigenen Sachvortrag des Klägers nicht. Einem Wert der Eigentumswohnung von mindestens 38.000 DM stand danach ein Kaufpreis von 69.215 DM gegenüber. Die hieraus folgende Überteuerung von rund 80% genügt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für die Feststellung der Sittenwidrigkeit allein nicht (vgl. zuletzt Senatsurteil vom 18. März 2003 - XI ZR 188/02, WM 2003, 918, 921). Der Hinweis der Revision auf den Gesamtkaufpreis von 83.757 DM rechtfertigt kein anderes Ergebnis. Von diesem Betrag entfielen nämlich ausweislich des
notariellen Kaufvertrages 14.542 DM auf den Kauf eines Tiefgaragenstellplatzes.
bb) Die Beklagte war auch nicht wegen einer im Kaufpreis enthal- tenen "versteckten Innenprovision" aufklärungspflichtig. Bei steuersparenden Bauherren- und Erwerbermodellen ist das finanzierende Kreditinstitut grundsätzlich nicht verpflichtet, den Darlehensnehmer über eine im finanzierten Kaufpreis enthaltene "versteckte Innenprovision" aufzuklären. Eine Aufklärungspflicht der Bank über die Unangemessenheit des Kaufpreises kommt nur ausnahmsweise in Betracht, wenn die Innenprovision zu einer so wesentlichen Verschiebung der Relation zwischen Kaufpreis und Verkehrswert beiträgt, daß die Bank - anders als hier - von einer sittenwidrigen Übervorteilung des Käufers durch den Verkäufer ausgehen muß (Senatsurteile vom 12. November 2002 - XI ZR 3/01, WM 2003, 61, 62 und vom 29. April 2003 - XI ZR 201/02, Umdruck S. 8 ff.; so für den Immobilienverkäufer auch BGH, Urteil vom 14. März 2003 - V ZR 308/02, Umdruck S. 5 ff.).
Der Hinweis der Revision auf das Urteil des 1. Strafsenats des Bundesgerichtshofs vom 9. März 1999 (1 StR 50/99, NStZ 1999, 555 f.) geht fehl. Der 1. Strafsenat hat dort lediglich eine Verurteilung von Vertriebsmitarbeitern wegen Betrugs aufgehoben, weil ein Vermögensschaden der Anleger nicht ordnungsgemäß festgestellt worden war. Für die Aufklärungspflicht einer kreditgebenden Bank ist die Entscheidung ohne Bedeutung, so daß eine von der Revision angeregte Anrufung der Vereinigten Großen Senate nicht in Betracht kommt.
cc) Entgegen der Ansicht der Revision hat die Beklagte ihre Auf- klärungspflichten auch nicht dadurch verletzt, daß sie nicht auf etwaige wirtschaftliche Nachteile der Finanzierung des Kaufpreises durch Festkredit kombiniert mit einer neu abgeschlossenen Lebensversicherung hingewiesen hat.
Die Bank ist im Regelfall nicht gehalten, den Kreditsuchenden von sich aus auf mögliche Bedenken gegen die Zweckmäßigkeit der von ihm gewählten Kreditart hinzuweisen. Zwar gilt dies nicht in den Fällen, in denen sie dem Kunden anstelle eines von ihm gewünschten üblichen Ratenkredits einen mit einer Kapitallebensversicherung verbundenen Kreditvertrag anbietet, obwohl ein Versicherungsbedürfnis nicht besteht und die Vertragskombination für den Kunden wirtschaftlich ungünstiger ist als ein marktüblicher Ratenkredit, mit dem der verfolgte Zweck ebensogut erreichbar ist (Senatsurteil BGHZ 111, 117, 120; BGH, Urteil vom 9. März 1989 - III ZR 269/87, WM 1989, 665, 666). Diese Voraussetzungen liegen hier aber nicht vor. Abgesehen davon hat der insoweit darlegungs - und beweispflichtige Kläger die wirtschaftlichen Nachteile gegenüber einem herkömmlichen Annuitätenkredit nicht substantiiert dargetan (zu dieser Voraussetzung vgl. OLG Köln WM 2000, 127, 129). Die pauschale , ohne jeden Bezug zum konkreten Fall aufgestellte Behauptung, die gewählte Finanzierung sei um 1/3 teurer als ein Annuitätendarlehen, reicht hierfür nicht.
Überdies könnte eine etwaige schuldhafte Aufklärungspflichtverletzung der Beklagten grundsätzlich nicht zu der vom Kläger begehrten Rückabwicklung des Darlehensvertrages, sondern nur zum Ersatz der Vermögensdifferenz, also des Schadens führen, dessen Eintritt die Ein-
haltung der Pflicht verhindern sollte (Senatsurteile BGHZ 116, 209, 213 und vom 29. April 2003 - XI ZR 201/01, Umdruck S. 10; BGH, Urteil vom 13. Februar 2003 - IX ZR 62/02, ZIP 2003, 806 f. m.w.Nachw.). Der Klä- ger könnte danach allenfalls die durch eine ungünstige Finanzierung entstandenen Mehrkosten ersetzt verlangen (BGH, Urteil vom 9. März 1989 - III ZR 269/87, aaO S. 667).
3. Die Beklagte muß sich - wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat - auch nicht ein Fehlverhalten des Vermittlers B. durch unrichtige Erklärungen über den Wert und die Rentabilität der Eigentumswohnung gemäß § 278 BGB zurechnen lassen. Dies wird von der Revision nicht angegriffen.
III.
Die Revision des Klägers war daher zurückzuweisen.
Nobbe Joeres Wassermann Mayen Appl
(1) Hängt die Vollstreckung von einer Zug um Zug zu bewirkenden Leistung des Gläubigers an den Schuldner ab, so darf der Gerichtsvollzieher die Zwangsvollstreckung nicht beginnen, bevor er dem Schuldner die diesem gebührende Leistung in einer den Verzug der Annahme begründenden Weise angeboten hat, sofern nicht der Beweis, dass der Schuldner befriedigt oder im Verzug der Annahme ist, durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden geführt wird und eine Abschrift dieser Urkunden bereits zugestellt ist oder gleichzeitig zugestellt wird.
(2) Der Gerichtsvollzieher darf mit der Zwangsvollstreckung beginnen, wenn der Schuldner auf das wörtliche Angebot des Gerichtsvollziehers erklärt, dass er die Leistung nicht annehmen werde.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 1.500 € festgesetzt.
Gründe:
I. Der Gläubiger betreibt gegen den Schuldner die Zwangsvollstreckung aus einem rechtskräftigen amtsgerichtlichen Endurteil vom 28. August 2003, mit dem der Schuldner verurteilt wurde, an den Gläubiger 1.480 € nebst Zinsen zu zahlen, Zug um Zug gegen Rückgabe eines im Urteilstenor näher bezeichneten PKW. Das Fahrzeug wurde dem Schuldner am 22. April 2004 tatsächlich angeboten. Er lehnte die Rücknahme jedoch ab, da der PKW fahruntüchtig sei.
In der Folgezeit fanden mehrere erfolglose Mobiliarvollstreckungsversuche gegen den Schuldner statt. Er wurde daraufhin von dem Gerichtsvollzieher zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung nach § 807 Abs. 1 Nr. 4, § 900 Abs. 1 ZPO aufgefordert. Dagegen legte der Schuldner Widerspruch ein mit der Begründung, er befinde sich nicht im Annahmeverzug, weil ihm das Fahrzeug nicht im Zustand nachhaltiger Fahrbereitschaft angeboten worden sei. Der Widerspruch wurde zurückgewiesen. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde des Schuldners hatte keinen Erfolg.
II. Die gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO statthafte und auch im übrigen zulässige Rechtsbeschwerde ist unbegründet.
1. Das Beschwerdegericht hat angenommen, für das Vollstreckungsverfahren sei grundsätzlich nur der Inhalt des Tenors der vollstreckungsfähigen Entscheidung, gegebenenfalls unter klarstellender Heranziehung der Entscheidungsgründe , maßgeblich. In dem im Streitfall zugrundeliegenden Titel sei als Zug um Zug zu bewirkende Leistung des Gläubigers lediglich die Rückgabe des anhand der Fahrgestellnummer bezeichneten PKW ausgeurteilt worden. Ein bestimmter Zustand des Fahrzeugs werde weder im Urteilstenor noch in den Entscheidungsgründen gefordert. Der Gerichtsvollzieher habe danach nur zu prüfen, ob die angebotene Gegenleistung richtig, insbesondere identisch, sei. Da dem Schuldner im vorliegenden Fall das richtige Fahrzeug tatsächlich angeboten worden sei, habe der Gerichtsvollzieher mit der Zwangsvollstrekkung beginnen dürfen.
2. Die Rechtsbeschwerde vertritt demgegenüber die Auffassung, der Gerichtsvollzieher müsse bei einer Zug um Zug-Verurteilung vor Beginn der
Zwangsvollstreckung prüfen, ob die angebotene Leistung mängelfrei sei. Dem kann nicht beigetreten werden.
3. Das Beschwerdegericht hat mit Recht angenommen, daß dem Vollstreckungsschuldner die von dem Gläubiger zu erbringende Gegenleistung in einer den Voraussetzungen des § 756 Abs. 1 ZPO genügenden Weise angeboten worden ist.
a) Nach § 756 Abs. 1 ZPO darf der Gerichtsvollzieher, wenn die Vollstreckung von einer Zug um Zug zu bewirkenden Leistung des Gläubigers an den Schuldner abhängt, die Zwangsvollstreckung nicht beginnen, bevor er dem Schuldner die diesem gebührende Leistung in einer den Verzug der Annahme begründenden Weise angeboten hat. Die von dem Gläubiger geschuldete Gegenleistung muß so angeboten werden, wie sie im Vollstreckungstitel beschrieben ist (vgl. Musielak/Lackmann, ZPO, 4. Aufl., § 756 Rdn. 4). Bei Unklarheiten können gegebenenfalls Tatbestand und Entscheidungsgründe des zu vollstreckenden Urteils zur Konkretisierung der von dem Gläubiger geschuldeten Leistung herangezogen werden (vgl. MünchKomm.ZPO/Heßler, 2. Aufl., § 756 Rdn. 27). Demgemäß ist bei einer Gattungsschuld das Angebot einer Sache von mittlerer Art und Güte (§ 243 Abs. 1 BGB, § 360 HGB) erforderlich. Ist der zu leistende Gegenstand - wie im Streitfall - individuell bezeichnet (Stückschuld ), ist dieser dem Vollstreckungsschuldner anzubieten und zu übergeben (MünchKomm.ZPO/Heßler aaO, § 756 Rdn. 27; Zöller/Stöber, ZPO, 25. Aufl., § 756 Rdn. 7; Musielak/Lackmann aaO, § 756 Rdn. 4).
b) Umstritten ist, ob und in welchem Umfang der Gerichtsvollzieher von sich aus oder jedenfalls auf eine Beanstandung des Schuldners hin zu prüfen
habe, ob nicht die angebotene, im Vollstreckungstitel konkret bezeichnete Sache mit erheblichen Mängeln behaftet sei (vgl. MünchKomm.ZPO/Heßler aaO, § 756 Rdn. 29 ff.; Zöller/Stöber aaO, § 756 Rdn. 7; Stein/Jonas/Münzberg, ZPO, 22. Aufl., § 756 Rdn. 22, jeweils mit umfangreichen Nachweisen zum Meinungsstand ).
Für die Frage, in welchem Zustand der von dem Vollstreckungsgläubiger zu leistende Gegenstand dem Vollstreckungsschuldner zu übergeben ist, ist in erster Linie der Vollstreckungstitel maßgeblich. Sofern der Titel oder Tatbestand und Entscheidungsgründe des zu vollstreckenden Urteils keine gesonderten Angaben zur Beschaffenheit der von dem Gläubiger zu erbringenden Gegenleistung enthalten, kommt es nur darauf an, daß der angebotene mit dem bezeichneten Gegenstand identisch ist. Die Prüfungskompetenz des Vollstreckungsorgans wird nach dem Grundsatz der Formalisierung der Zwangsvollstreckung durch den Titelinhalt begrenzt. Enthält der Titel nur die Angabe, daß ein individueller Gegenstand anzubieten ist, ist nur die Identität zu prüfen (vgl. Musielak/Lackmann aaO, § 756 Rdn. 4; Stein/Jonas/Münzberg aaO, § 756 Rdn. 22; Schuschke/Walker, Vollstreckung und vorläufiger Rechtsschutz, 2. Aufl., § 756 Rdn. 6). Daher ist die Vollstreckung durchzuführen, wenn die im Titel eindeutig genannte Sache angeboten wird.
Die Rüge des Schuldners, der angebotene Gegenstand habe sich seit der Übergabe an den Gläubiger derart verschlechtert, daß er ihn nicht mehr annehmen müsse, hat der Gerichtsvollzieher nur zu berücksichtigen, wenn die Mängel zu einer Identitätsänderung der angebotenen Sache geführt haben. Im übrigen muß der Schuldner seine Einwendungen im Wege einer Vollstrekkungsabwehrklage nach § 767 ZPO geltend machen (vgl. OLG Stuttgart DGVZ
1991, 8 f.; LG Hamburg DGVZ 1984, 10; LG Rottweil DGVZ 1990, 171 f.; LG Karlsruhe DGVZ 1998, 27; Musielak/Lackmann aaO, § 756 Rdn. 4; Stein/ Jonas/Münzberg aaO, § 756 Rdn. 22; Schuschke/Walker aaO, § 756 Rdn. 6; Putzo in: Thomas/Putzo, ZPO, 26. Aufl., § 756 Rdn. 8; Wieczorek/Schütze/ Salzmann, ZPO, 3. Aufl., § 756 Rdn. 12; a.A. LG Bonn DGVZ 1983, 187, 188; LG Hannover DGVZ 1984, 152; LG Neuruppin NJW-RR 2004, 854; vgl. auch Zöller/Stöber aaO, § 756 Rdn. 7; MünchKomm.ZPO/Heßler aaO, § 756 Rdn. 12, 29).
c) Nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts ist der Schuldner in dem der Vollstreckung zugrundeliegenden Urteil zur Zahlung von 1.480 € nebst Zinsen verurteilt worden, Zug um Zug gegen Rückgabe lediglich eines anhand der Fahrgestellnummer zu individualisierenden PKWs. Diesen Gegenstand hat der Gläubiger dem Schuldner am 22. April 2004 tatsächlich angeboten. Ein bestimmter Zustand des Fahrzeugs wird weder im Urteilstenor noch in den Entscheidungsgründen gefordert. Auf dieser Tatsachengrundlage kann entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde nicht angenommen werden, daß der von dem Vollstreckungsgläubiger an den Schuldner zurückzugebende PKW fahrbereit sein muß. Eine solche Annahme läßt sich auch nicht aufgrund einer Auslegung des in Rede stehenden Vollstreckungstitels gewinnen, da es hierfür - wie das Beschwerdegericht unangegriffen festgestellt hat - an konkreten Anhaltspunkten fehlt.
III. Danach war die Rechtsbeschwerde des Schuldners mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Ullmann v. Ungern-Sternberg Pokrant
Büscher Bergmann