Bundesgerichtshof Urteil, 26. Apr. 2002 - LwZR 18/01

bei uns veröffentlicht am26.04.2002

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
LwZR 18/01 Verkündet am:
26. April 2002
K a n i k ,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der Bundesgerichtshof, Senat für Landwirtschaftssachen, hat auf die mündliche
Verhandlung vom 26. April 2002 durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Wenzel und die Richter Prof. Dr. Krüger und Dr. Lemke sowie die ehrenamtlichen
Richter Siebers und Gose

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel der Klägerin werden das Urteil des 10. Zivilsenats - Senat für Landwirtschaftssachen - des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 7. Juni 2001 aufgehoben und das Urteil des Amtsgerichts - Landwirtschaftsgericht - Oldenburg vom 1. Juni 1999 abgeändert.
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 75.240,90 ? nebst 4 % Zinsen seit dem 25. Januar 1999 zu zahlen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin und ihr 1996 aus Altersgründen aus dem Erwerbsleben ausgeschiedener Ehemann pachteten mit Vertrag vom 14. Dezember 1972 von dem Beklagten dessen Hof "Sch. ". Nach Vertragsablauf vereinbarten sie mit Vertrag vom 8. August 1985 ein Anschlußpachtverhältnis für die Dauer vom 1. Januar 1985 bis zum 31. Dezember 1997.

Die Pächter betrieben auf dem Hof sowie auf eigenen und anderweit hinzugepachteten Flächen Milchwirtschaft. Für den Gesamtbetrieb war seit April 1987 eine Quote von 132.309 kg zugeteilt. Mit schriftlichem Zusatzvertrag vom 14. August 1985 trafen die Pächter mit dem Beklagten u.a. folgende Regelung :
"Auf diesem Hof und den weiter dazugepachteten Flächen erwirtschaftete der Pächter die ihm zugeteilte Milchquote von ... kg. Sollte sich bis zum Ablauf des Pachtvertrages im Jahre 1997 die MGVO BGBl I 1984 S. 1434 dahingehend ändern, daß das Bewirtschafterprinzip angewendet werden kann, so bin ich, H. M. , bereit, Herrn E. B. beim Abzug vom Hof die Mitnahme von 100.000 kg ohne irgendwelche Auflagen zu bewilligen." Dazu behauptet die Klägerin, man sei sich darüber einig gewesen, daß ihr und ihrem Mann als Pächtern der wirtschaftliche Vorteil aus dem Aufbau der Milchquote zustehen sollte. Der Quotenübergang sei in der Zusatzvereinbarung vereinbart worden, weil die Vertragsparteien davon ausgegangen seien, daß in naher Zukunft die Flächenbindung der Quote zugunsten des Bewirtschafterprinzips aufgegeben werde.
Nach Beendigung des Pachtvertrages wurde der Klägerin entsprechend der Flächenaufteilung eine Milchquote von 40.303 kg bescheinigt, die sie wegen Aufgabe der landwirtschaftlichen Tätigkeit verkaufte. Dem Beklagten wurde mit Bescheid vom 12. November 1997 ein Referenzmengenübergang von 91.974 kg bestätigt. Hieraus leitet die Klägerin einen Schadenersatzanspruch von 1,60 DM/kg ab, den sie mit der Klage verfolgt.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Klägerin als Beschwerde behandelt und in der Sache zum Nachteil der Klägerin entschieden, weil der geltend gemachte Anspruch gemäû § 551b BGB verjährt sei. Der Senat hat durch Urteil vom 22. November 2000 (LwZR 12/00, RdL 2001, 81) den Rechtsstreit in das streitige Verfahren zurückgeführt , die Entscheidung des Oberlandesgerichts aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen, weil der geltend gemachte Anspruch nicht verjährt ist.
Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Dagegen richtet sich ihre erneute Revision, deren Zurückweisung der Beklagte beantragt.

Entscheidungsgründe:

I.


Nach Auffassung des Berufungsgerichts soll der Beklagte aus der Vereinbarung vom 14. August 1985 zur Übertragung der Milchquote nicht nur dann verpflichtet gewesen sein, wenn in Umkehrung der bis dahin bestehenden Rechtslage das Bewirtschafterprinzip eingeführt wurde, sondern auch bereits dann, wenn bei Pachtende eine flächenungebundene Übertragung rechtlich möglich war. Letzteres sei nach § 7 Abs. 2a Milch-GarantiemengenVerordnung (MGV) vom 25. März 1994 (BGBl. I S. 587) grundsätzlich der Fall gewesen. Gleichwohl sei der Übertragungsanspruch nicht entstanden, weil die Klägerin mit dem Ablauf des Pachtverhältnisses ihre Tätigkeit in der Landwirtschaft aufgegeben und keine Milchwirtschaft mehr betrieben habe. Durch die
am 1. April 2000 in Kraft getretene Zusatzabgabenverordnung vom 12. Januar 2000 (BGBl. I S. 27) sei die Übertragbarkeit der Milchquote insgesamt entfallen. Wertersatz könne die Klägerin nicht verlangen.
Das hält einer revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.

II.


1. Allerdings legt das Berufungsgericht die Vereinbarung vom 14. August 1985 zutreffend dahin aus, daû der Anspruch auf Übertragung der Milchquote grundsätzlich bereits dann begründet war, wenn ihre flächenungebundene Übertragung bei Beendigung des Pachtverhältnisses zulässig war. Richtig ist auch, daû diese Voraussetzung der Übertragungspflicht vorlag (§ 7 Abs. 2a MGV).
2. Ebenfalls zu Recht bejaht das Berufungsgericht die Aktivlegitimation der Klägerin. Seine dahingehende Auslegung ist rechtlich nicht zu beanstanden.
3. Rechtlich nicht haltbar ist jedoch die Auffassung des Berufungsgerichts , die Klägerin könne die Übertragung der Milchquote nicht verlangen, weil sie mit Beendigung des Pachtverhältnisses die Milchwirtschaft aufgegeben habe. Wenn auch die tatrichterliche Auslegung einer Individualvereinbarung vom Revisionsgericht nur in beschränktem Umfang überprüft werden kann (vgl. nur BGH, Urt. v. 21. September 2001, V ZR 14/01, WM 2002, 598, 599), erstreckt sich die Nachprüfung jedenfalls darauf, ob alle Auslegungsmöglichkeiten in
Betracht gezogen worden sind (BGH, Urt. v. 19. September 1995, VI ZR 226/94, VersR 1996, 380). Insoweit rügt die Revision mit Erfolg, daû das Berufungsgericht eine naheliegende Auslegung der Vereinbarung nicht bedacht hat. Es hat nämlich ausschlieûlich die Frage der Übertragbarkeit der Milchquote auf die Klägerin geprüft und dabei zutreffend erkannt, daû die Voraussetzungen des § 7 Abs. 2a Satz 3 Nr. 1 und 2 MGV nicht vorlagen; aber es hat nicht die Möglichkeit der Auslegung der Vereinbarung dahin erkannt, daû die Klägerin die Übertragung der Milchquote auf einen anderen Milcherzeuger verlangen konnte. Diese Auslegung kann der Senat jetzt nachholen, denn weitere tatsächliche Feststellungen sind dafür nicht zu erwarten und auch nicht erforderlich.
Der Beklagte hat sich in der Vereinbarung vom 14. August 1985 verpflichtet , "beim Abzug vom Hof" die Mitnahme einer Milchquote von 100.000 kg zu bewilligen. Nun war aber bereits bei Abschluû dieser Vereinbarung aufgrund des Alters der Klägerin und ihres Ehemannes absehbar, daû beide spätestens nach Beendigung des Pachtverhältnisses die Landwirtschaft aufgeben würden. Damit kam eine "Mitnahme" der Milchquote in dem Sinne, daû die Klägerin und ihr Ehemann weiter Milch erzeugen würden, ohnehin nicht in Betracht. Das gilt unabhängig davon, ob das Entstehen des Übertragungsanspruchs von der Einführung eines "Bewirtschafterprinzips", wie es die Vertragsparteien erwartet hatten, oder von der Möglichkeit einer flächenungebundenen Übertragung abhängig sein sollte. Unter Beachtung des Gebots der interessengerechten Vertragsauslegung (vgl. BGH, Urt. v. 1. Oktober 1999, V ZR 168/98, WM 1999, 2513, 2514; Senatsurt. v. 16. Juni 2000, LwZR 13/99, WM 2000, 1764) kann der wirtschaftliche Sinn der Vereinbarung deswegen nur darin liegen, daû der Klägerin und ihrem Ehemann die Möglichkeit eröffnet
werden sollte, die von ihnen erarbeitete Milchquote durch Übertragung an Dritte zu verwerten. Demgegenüber führt die Auffassung des Berufungsgerichts dazu, daû der Beklagte, der keine Landwirtschaft betreibt, die Milchquote verwerten kann, obwohl er sie nicht erwirtschaftet hat. Das läût das Interesse der Klägerin und ihres Ehemannes, wie es in der Vereinbarung zum Ausdruck gekommen ist, in einer nicht mehr hinnehmbaren Weise auûer acht.
Nach alledem ergibt die Auslegung der Vereinbarung, daû die Klägerin die von dem Beklagten zu übertragende Milchquote verkaufen und von ihm deren Übertragung unmittelbar an den Käufer verlangen konnte.
4. Da die Möglichkeit der flächenungebundenen Übertragung der Milchquote seit dem 1. April 2000 nicht mehr besteht (§ 30 ZusatzabgabenVO), hat der Beklagte der Klägerin nach § 280 Abs. 1 BGB a.F. Schadenersatz zu leisten. Dessen Höhe bemiût sich nach dem Preis, den die Klägerin für den Verkauf der Quote erzielt hätte.

a) Der Beklagte muûte eine Quote von 91.974 kg übertragen. Sein Einwand , nach der Vereinbarung habe die Klägerin lediglich einen Anspruch auf eine Gesamtquote von 100.000 kg, von der sie 40.303 kg bereits erhalten habe , ist nicht begründet. Die Übertragungspflicht des Beklagten kann sich nur auf die Referenzmenge beziehen, die bei Beendigung des Pachtverhältnisses auf ihn übergegangen ist. Die auf das Eigenland der Klägerin und ihres Ehemannes entfallende Menge konnte gar nicht auf den Beklagten übergehen, sondern verblieb bei ihnen. Diesen Anteil konnte der Beklagte somit von vornherein nicht auf die Klägerin übertragen. Er ist deswegen nicht von der Quote abzuziehen.


b) Die Menge wird auch nicht etwa dadurch reduziert, daû die Klägerin in ihrem erstinstanzlichen Schriftsatz vom 19. März 1999 vorgetragen hat, daû "restliche 32.500 kg" dem Beklagten verbleiben sollten. Mag es sich dabei auch um ein gerichtliches Geständnis handeln, an das die Klägerin nach § 532 ZPO a.F. gebunden wäre. Entscheidend ist jedoch, daû der Beklagte nicht behauptet hat, daû ihm von der Quote, die auf seine an die Klägerin und ihren Ehemann verpachteten Flächen entfiel, auf jeden Fall ein Teil von 32.500 kg verbleiben sollte; vielmehr sollte das nur dann gelten, wenn diese Quote 132.500 kg betrug. Allenfalls das hat die Klägerin zugestanden. Da die auf die Flächen des Beklagten entfallende Quote bei Beendigung des Pachtverhältnisses jedoch nur 91.974 kg betrug, gibt es gar keine "restlichen 32.500 kg", die bei dem Beklagten verbleiben könnten.

c) Als von der Klägerin zu erzielender Verkaufspreis sind 1,60 DM/kg anzusetzen. Diesen Betrag hat der Beklagte in der Berufungsinstanz nicht mehr bestritten. Da er die erstinstanzlich erklärte Hilfsaufrechnung mit einem Betrag von 64.484,80 DM in der Berufungsinstanz auch nicht aufrechterhalten hat, ist die Klageforderung in voller Höhe begründet.
Der Zinsanspruch folgt aus § 291 BGB.

III.


Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
Wenzel Krüger Lemke

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 26. Apr. 2002 - LwZR 18/01

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 26. Apr. 2002 - LwZR 18/01

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 280 Schadensersatz wegen Pflichtverletzung


(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. (2) Schadensersatz weg

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 291 Prozesszinsen


Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Ab

Zivilprozessordnung - ZPO | § 532 Rügen der Unzulässigkeit der Klage


Verzichtbare Rügen, die die Zulässigkeit der Klage betreffen und die entgegen den §§ 520 und 521 Abs. 2 nicht rechtzeitig vorgebracht werden, sind nur zuzulassen, wenn die Partei die Verspätung genügend entschuldigt. Dasselbe gilt für verzichtbare ne
Bundesgerichtshof Urteil, 26. Apr. 2002 - LwZR 18/01 zitiert 5 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 280 Schadensersatz wegen Pflichtverletzung


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Referenzen - Urteile

Bundesgerichtshof Urteil, 26. Apr. 2002 - LwZR 18/01 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Urteil, 26. Apr. 2002 - LwZR 18/01 zitiert 3 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 21. Sept. 2001 - V ZR 14/01

bei uns veröffentlicht am 21.09.2001

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 14/01 Verkündet am: 21. September 2001 K a n i k , Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nei

Bundesgerichtshof Urteil, 22. Nov. 2000 - LwZR 12/00

bei uns veröffentlicht am 22.11.2000

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL LwZR 12/00 Verkündet am: 22. November 2000 K a n i k , Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BG

Bundesgerichtshof Urteil, 16. Juni 2000 - LwZR 13/99

bei uns veröffentlicht am 16.06.2000

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL LwZR 13/99 Verkündet am: 16. Juni 2000 R i e g e l , Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:
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Bundesgerichtshof Urteil, 18. Nov. 2003 - LwZR 9/03

bei uns veröffentlicht am 18.11.2003

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES VERSÄUMNISURTEIL LwZR 9/03 Verkündet am: 18. November 2003 K a n i k, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Landwirtschaftssache Der Bundesgerichtshof,

Referenzen

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
LwZR 12/00 Verkündet am:
22. November 2000
K a n i k ,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
-----------------------------------
LwVG § 48 Abs. 1
Über ein Rechtsmittel gegen eine im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit ergangene
Entscheidung des Landwirtschaftsgerichts in einer Landpachtsache im
Sinn von § 1 Nr. 1a LwVG ist nach den Vorschriften der Zivilprozeßordnung zu entscheiden.
BGH, Urt. v. 22. November 2000 - LwZR 12/00 - OLG Oldenburg
AG Oldenburg
Der Bundesgerichtshof, Senat für Landwirtschaftssachen, hat auf die mündliche
Verhandlung vom 22. November 2000 durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Wenzel und die Richter Prof. Dr. Krüger und Dr. Klein sowie die ehrenamtlichen
Richter Ehlers und Böhme

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird der Beschluß des 10. Zivilsenats - Senat für Landwirtschaftssachen - des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 16. Dezember 1999 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin und ihr 1996 aus Altersgründen aus dem Erwerbsleben ausgeschiedener Ehemann pachteten mit Vertrag vom 14. Dezember 1972 vom Beklagten dessen Hof"S. ". Nach Vertragsablauf vereinbarten sie mit Vertrag vom 8. August 1985 ein Anschlußpachtverhältnis für die Dauer vom 1. Januar 1985 bis 31. Dezember 1997. Die Pächter betrieben auf dem Hof sowie auf eigenen und hinzugepachteten Flächen Milchwirtschaft. Für den Gesamtbetrieb war im Juni 1984 eine Milchquote von 144.991 kg und im April 1987 nach Teilstillegung noch eine Quote von 132.309 kg zugeteilt.

Mit schriftlichem Zusatzvertrag vom 14. August 1985 trafen die Pächter mit dem Beklagten u.a. folgende Regelung:
"Auf diesem Hof und den weiter dazugepachteten Flächen erwirtschaftete der Pächter die ihm zugeteilte Milchquote von .... (hier sollte die später bescheinigte Menge eingetragen werden) kg. Sollte sich bis zum Ablauf des Pachtvertrages im Jahre 1997 die MGVO, BGBl. 1/84 S. 1434 dahingehend ändern, daß das Bewirtschafterprinzip angewendet werden kann, so bin ich, H. M. , bereit, Herrn E. B. beim Abzug vom Hof die Mitnahme von 100.000 kg ohne irgendwelche Auflagen zu bewilligen."
Dazu behauptet die Klägerin, man sei sich darüber einig gewesen, daß den Pächtern der wirtschaftliche Vorteil aus dem Aufbau der Milchquote zustehen solle. Dies sei Vorausssetzung des neuen Vertrages gewesen. Der Beklagte habe die Regelung akzeptiert, weil er gewußt habe, daß allein die Klägerin und ihr Ehemann in den Jahren 1972 bis 1984 die Milchproduktion aufgebaut hätten. Der Quotenübergang sei in der Zusatzvereinbarung vereinbart worden, weil die Vertragsparteien aufgrund einer Beratung durch die Mitarbeiter des Landvolkverbandes davon ausgegangen seien, daß in naher Zukunft die Flächenbindung der Quote zugunsten des Bewirtschafterprinzips aufgegeben werde.
Nach Beendigung des Pachtvertrages wurde der Klägerin entsprechend der Flächenaufteilung eine Milchquote von 40.303 kg bescheinigt, die sie wegen Aufgabe der landwirtschaftlichen Tätigkeit verkaufte. Dem Beklagten wurde mit Bescheid vom 12. November 1997 ein Referenzmengenübergang von
91.974 kg bestätigt. Dagegen legte die Klägerin Widerspruch ein, nahm diesen jedoch im März 1998 zurück.
Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Zahlung eines Wertausgleichs für die ihm bescheinigte Milchquote auf der Grundlage eines behaupteten Verkaufswerts von 1,60 DM/kg in Anspruch. Sie hat mit einer zum Landwirtschaftsgericht erhobenen Klage beantragt, den Beklagten zur Zahlung von 147.158,40 DM nebst Zinsen zu verurteilen. Der Beklagte hat u.a. die Einrede der Verjährung erhoben.
Das Landwirtschaftsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht durch Beschluß zurückgewiesen. Dagegen wendet sich die Klägerin mit der zugelassenen "Rechtsbeschwerde".

Entscheidungsgründe:


I.


Das Berufungsgericht meint, über das nach dem Grundsatz der Meistbegünstigung als Berufung zulässige Rechtsmittel der Klägerin habe durch Beschluß im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit entschieden werden müssen , weil diese ihren Anspruch auch auf § 591 BGB gestützt habe. Daran ändere sich auch nichts dadurch, daß sie im Berufungsverfahren nur noch auf einen vertraglich begründeten Wertausgleichsanspruch abstelle.
Es bestehe nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes kein gesetzlicher (außervertraglicher) Anspruch der Klägerin. Nach dem unter Be-
weis gestellten Klagevortrag komme aber möglicherweise aufgrund ergänzender Vertragsauslegung ein vertraglicher Wertausgleichsanspruch in Betracht. Dieser sei aber nach § 591 b BGB verjährt, weil das Pachtverhältnis am 31. Oktober 1997 beendet und die Klage erst am 19. Januar 1999 eingereicht worden sei.

II.


Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Prüfung nicht stand.
1. Das Berufungsgericht ist zu Unrecht in das Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit übergegangen und hat eine Entscheidung durch Beschluß getroffen. Mit der Senatsentscheidung BGHZ 115, 162 ff läßt sich der vorliegende Fall nicht vergleichen. Die Klägerin hat keinen verwendungsbedingten Mehrwert in unmittelbarer oder entsprechender Anwendung von § 591 Abs. 1 BGB verlangt, sondern von Anfang an auf die besondere vertragliche Regelung (und deren ergänzende Auslegung) abgestellt. Dabei hat sie sogar auf die genannte Senatsentscheidung (= AgrarR 1991, 343) hingewiesen und dazu ausgeführt, es gehe hier gerade nicht um den entschiedenen Fall, auf den die gesetzliche Regelung Anwendung finde, sondern um eine davon abweichende vertragliche Vereinbarung. Hilfsweise hat sie einen Bereicherungsanspruch für gegeben erachtet. Dementsprechend fehlt auch jeder Tatsachenvortrag zu einem verbleibenden Mehrwert der Pachtsache; die Klägerin berechnet die Höhe ihrer Forderung vielmehr nach dem Verkaufswert der Referenzmenge. Soweit das Landwirtschaftsgericht einen Anspruch der Klägerin nach § 591 Abs. 1 BGB unter Hinweis auf die Senatsrechtsprechung verneint hat, war dies zwar zutreffend , aber durch den Klagevortrag nicht veranlaßt.

Das Berufungsgericht führt zwar aus, die Klägerin habe sich in "erster Instanz ausdrücklich auf eine Anwendung des § 591 BGB gestützt". Dies hat jedoch keine den Senat bindende Tatbestandswirkung (§§ 314, 561 Abs. 1 ZPO; vom Ausgangspunkt des Berufungsgerichts aus vgl. auch § 27 Abs. 2 LwVG). Insoweit maßgeblich wäre der Tatbestand des Ersturteils (vgl. BGH, Urt. v. 10. November 1995, V ZR 179/94, BGHR ZPO § 314, Unrichtigkeit 6), der eine solche Feststellung gerade nicht enthält. Im übrigen wäre der Tatbestand des Berufungsgerichts im hier maßgeblichen Punkt auch deshalb ohne Bindungswirkung, weil er zu dem Referat des Vortrags der Klägerin in Widerspruch steht (vgl. z.B. BGH, Urt. v. 15. April 1997, XI ZR 105/96, WM 1997, 1092, 1093 m.w.N.).
Auch in der Berufungsinstanz hat die Klägerin allein auf einen vertraglich begründeten Wertausgleichsanspruch abgehoben. Damit war und blieb der Rechtsstreit ein Verfahren nach § 1 Nr. 1 a LwVG in Verbindung mit § 48 LwVG und mußte mithin nach den Vorschriften der Zivilprozeßordnung behandelt werden, ohne daß es noch darauf ankommt, wie in Fällen verfahren werden muß, in denen neben einem Anspruch nach § 591 Abs. 1 BGB auch konkurrierende Ansprüche geltend gemacht werden. Das gegen den oberlandesgerichtlichen Beschluß eingelegte Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde war nach dem Grundsatz der Meistbegünstigung zulässig. Das Verfahren hat der Senat so weiter zu betreiben, wie dies bei richtiger Entscheidungsform durch die Vorinstanz und dem danach gegebenen Rechtsmittel, nämlich der Revision, geschehen wäre (BGHZ 115, 162, 165).
2. Der vom Berufungsgericht unterstellte Anspruch ist nicht verjährt.


a) Eine Verjährung des geltend gemachten Anspruchs nach § 591 b BGB kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil der Verjährung nach dieser Vorschrift nur Ansprüche unterliegen, die bei der Beendigung des Pachtverhältnisses bestehen (vgl. für die gleichlautende Vorschrift des § 558 BGB BGH, Urt. v. 12. Juni 1991, XII ZR 17/90, NJW 1991, 3031, 3032 m.w.N.). Dies folgt daraus, daß Ansprüche nicht verjähren können, bevor sie entstanden sind (§ 198 Satz 1 BGB).
Hieran fehlt es. Nach der Zusatzvereinbarung der Vertragsparteien vom 14. August 1985 war der Verpächter bei geänderter Rechtslage (Umstellung auf Bewirtschafterprinzip) bereit, dem Pächter die "Mitnahme" einer Referenzmenge von 100.000 kg "beim Abzug vom Hof" zu bewilligen. Unter Berücksichtigung der Tatsache, daß sich der Referenzmengenübergang erst mit Rückgabe der Pachtsache vollzieht (vgl. BVerwGE 84, 140), folgt daraus, daß der vom Berufungsgericht in Betracht gezogene vertragliche Anspruch über die Beendigung des Pachtverhältnisses hinaus auch den "Abzug vom Hof" zur Voraussetzung hatte. Zuvor war er nicht entstanden.

b) § 591 b Abs. 1 BGB betrifft u.a. den Anspruch des Pächters auf Ersatz von Verwendungen. Das Berufungsgericht geht selbst von der Rechtsprechung des Senats aus, wonach der Übergang der auf der Grundlage der Pächterproduktion zugeteilten Referenzmenge auf den Verpächter weder in unmittelbarer noch in rechtsanaloger Anwendung von § 591 BGB einen Anspruch des Pächters auf Zahlung des hierdurch bewirkten Mehrwerts auslöst (BGHZ 115, 162). Als die Vertragsparteien 1985 die Zusatzvereinbarung abschlossen , war § 591 BGB noch nicht in Kraft (vgl. Gesetz zur Neuordnung des
landwirtschaftlichen Pachtrechts vom 8. November 1985, BGB I, 2065 ff), die Entscheidung des Senats war noch nicht ergangen. Wäre durch die Vereinbarung ein Anspruch auf Wertausgleich für die auf den Verpächter übergegangene Referenzmenge begründet worden, könnte daraus nicht zugleich hergeleitet werden, die Vertragsparteien hätten - wie das Berufungsgericht meint - "die Quote als Wertverbesserung und damit wie eine mehrwertschaffende Verwendung behandeln wollen". Nur aufgrund dieser Annahme gelangt das Berufungsgericht aber zu dem Ergebnis, der hier geltend gemachte Anspruch sei "wie ein Verwendungsersatzanspruch" zu behandeln.
3. Die Sache ist nicht zu einer Endentscheidung reif. Das Berufungsgericht wird sich mit der Frage befassen müssen, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe der Klägerin ein vertraglicher Wertausgleichsanspruch zusteht.
Wenzel Krüger Klein

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 14/01 Verkündet am:
21. September 2001
K a n i k ,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Kann der Übernehmer die in einem Übergabevertrag vereinbarte Verpflichtung zur
umfassenden Pflege des Übergebers wegen dessen medizinisch notwendiger Unterbringung
in einem Pflegeheim nicht mehr erfüllen, muß er ohne entsprechende
Abrede die Kosten der Heimunterbringung nicht tragen; wohl aber muß er sich an
ihnen in Höhe seiner ersparten Aufwendungen beteiligen.
BGH, Urt. v. 21. September 2001 - V ZR 14/01 - OLG Hamm
LG Bielefeld
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 21. September 2001 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Wenzel, die
Richterin Dr. Lambert-Lang und die Richter Prof. Dr. Krüger, Dr. Lemke und
Dr. Gaier

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 9. November 2000 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 13. Oktober 1983 erhielt die Beklagte von ihrer Groûmutter, die Hofvorerbin war, im Wege der vorweggenommenen Erbfolge den Hof M. in V. übertragen; der Vater der Beklagten stimmte als Hofnacherbe dieser Übertragung zu. Die Beklagte übernahm sämtliche im Grundbuch eingetragenen Rechte einschlieûlich der schuldrechtlichen Verpflichtungen sowie die auûerhalb des Grundbuchs bestehenden persönlichen Verbindlichkeiten, die im Zusammenhang mit der Bewirtschaftung des Hofs
angefallen waren. Für die Groûmutter und den Vater bestellte die Beklagte als "Altenteile" bezeichnete Rechte (Wohnrechte, verbunden mit einer umfassenden Pflegepflicht), zu denen es in dem Vertrag u.a. heiût:
"Die Erschienene zu 2 (= Beklagte) verpflichtet sich den Erschienenen zu 1 und 3 (= Groûmutter und Vater) gegenüber, diesen Hege und Pflege in gesunden und kranken Tagen angedeihen zu lassen und für den Fall einer bestehenden Notwendigkeit auch für die Gestellung einer Pflegeperson zu sorgen, so daû dadurch eine umfassende Pflege und Versorgung der Erschienenen zu 1 und 3 gewährleistet ist. Zu dem Recht auf Pflege zählen auch der freie Bezug von Arzneimitteln, ärztliche Versorgung und freier Krankenhausaufenthalt, sofern solche Leistungen nach ärztlichen Anordnungen notwendig werden. Sämtliche vorstehenden Verpflichtungen der Erschienenen zu 2 in bezug auf etwaige Kranken- und Heilbehandlungsmaûnahmen greifen jedoch erst dann ein, wenn die anfallenden Kosten von der gesetzlichen Krankenversicherung der Erschienenen zu 1 und 3 nicht oder nicht mehr in vollem Umfang getragen werden."
Die Groûmutter der Beklagten verstarb in der Folgezeit. Der Vater zog im Jahr 1984 aus seiner Wohnung auf dem Hof aus. Im März 1989 wurde er zur stationären Pflege in ein Seniorenheim aufgenommen. Da seine Rente zur Begleichung der Pflegekosten nicht ausreichte, zahlte der Kläger den Differenzbetrag. Er leitete deswegen eine Reihe von Ansprüchen des Pflegebedürftigen gegen die Beklagte auf sich über. Das von der Beklagten hiergegen angestrengte verwaltungsgerichtliche Verfahren war für sie erfolglos.
Am 24. November 1995 verstarb der Vater der Beklagten in dem Pflegeheim.
Der auf Erstattung von Pflegekosten in Höhe von 28.160,30 DM für die Zeit von Januar 1993 bis Oktober 1993 gerichteten Klage hat das Landgericht stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat sie abgewiesen. Dagegen richtet sich die - zugelassene - Revision des Klägers, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt.

Entscheidungsgründe:

I.


Das Berufungsgericht verneint eine aus dem Hofübergabevertrag folgende Verpflichtung der Beklagten, dem Kläger die ungedeckten Kosten der Heimunterbringung zu erstatten. Die Erklärungen der Vertragsparteien lieûen nämlich nur den Schluû zu, daû die Beklagte für Pflegekosten, die auûerhalb des Hofes und nicht in einem Krankenhaus anfielen, nicht aufkommen sollte. Weiter besteht nach Auffassung des Berufungsgerichts kein übergeleiteter Anspruch des Klägers aus Art. 96 EGBGB in Verbindung mit Art. 15 § 9 PrAGBGB, weil kein Altenteilsvertrag im Sinne der letztgenannten Vorschrift vereinbart worden sei; eine generationsübergreifende Nutzung des Grundstücks als Existenzgrundlage sei nämlich nicht erkennbar. Auch ergebe sich ein Zahlungsanspruch des Klägers nicht nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage; denn die für die Festsetzung der vereinbarten Leistungen maûgeblichen Verhältnisse hätten sich seit Vertragsschluû nicht wesentlich verändert. Schlieûlich bestünden auch keine bereicherungsrechtlichen Ansprüche des Klägers, da die Beklagte nichts ohne Rechtsgrund erlangt habe.

II.


Das hält einer revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
1. Falls das Berufungsgericht, wie es in seinem Urteil anklingt, davon ausgeht, daû der Vertrag vom 13. Oktober 1983 hinsichtlich der Pflegeverpflichtung der Beklagten eindeutig und deswegen nicht auslegungsfähig sei, wäre das fehlerhaft. Der Annahme, die Beklagte werde bei einer Unterbringung ihres Vaters in einem Pflegeheim von sämtlichen ihm gegenüber übernommenen Verpflichtungen frei, weil der Vertrag keine ausdrückliche Regelung für den Fall der Heimunterbringung enthält, läge ein falsches Verständnis von der Vermutung der Richtigkeit und Vollständigkeit notarieller Urkunden zugrunde. Sie erstreckt sich nämlich nur auf die vollständige (und richtige) Wiedergabe der getroffenen Vereinbarungen (Senatsurt. v. 1. Februar 1985, V ZR 180/83, WM 1985, 699 f m.w.N.), besagt jedoch nichts über den Vertragswillen der Parteien; der muû nach allgemeinen Grundsätzen (§§ 133, 157 BGB) ermittelt werden. Anderenfalls wäre eine ergänzende Vertragsauslegung niemals möglich , weil mit einer Vollständigkeitsvermutung in dem vom Berufungsgericht eventuell verstandenen Sinn jede Vertragslücke zu verneinen wäre. Es liegt auf der Hand, daû das nicht richtig sein kann.
2. Jedenfalls ist die Vertragsauslegung des Berufungsgerichts fehlerhaft.

a) Die Auslegung einzelvertraglicher Regelungen durch das Berufungsgericht kann vom Revisionsgericht insoweit nachgeprüft werden, als gesetzliche Auslegungsregeln, anerkannte Auslegungsgrundsätze, Denkgesetze, Erfahrungssätze oder Verfahrensvorschriften verletzt worden sind (st.Rspr., s. nur
Senatsurt. v. 1. Oktober 1999, V ZR 168/98, WM 1999, 2513, 2514 m.w.N.). Zu den anerkannten Auslegungsgrundsätzen gehört die Berücksichtigung der Interessenlage der Vertragspartner (Senatsurt. v. 1. Oktober 1999, aaO). Dagegen hat das Berufungsgericht verstoûen. Seine Auslegung läuft darauf hinaus, daû die Vertragspartner hinsichtlich der Verpflichtung zur Tragung der Kosten für die Unterbringung des Vaters der Beklagten in einem Pflegeheim einen Vertrag zu Lasten Dritter, nämlich des zuständigen Trägers der Sozialhilfe, abgeschlossen haben. Das ist jedoch sinnlos; denn solche Verträge kennt unsere Rechtsordnung nicht (BGHZ 78, 369, 374 f). Nach der allgemeinen Lebenserfahrung ist aber anzunehmen, daû eine vertragliche Bestimmung nach dem Willen der Parteien einen bestimmten rechtserheblichen Inhalt haben soll; deswegen ist bei mehreren an sich möglichen Auslegungen derjenigen der Vorzug zu geben, bei welcher der Vertragsnorm eine tatsächliche Bedeutung zukommt, wenn sich diese Regelung ansonsten als (teilweise) sinnlos erweisen würde (Senatsurt. v. 1. Oktober 1999, aaO). Möglich ist hier auch die Auslegung , daû die Klägerin für den Fall der Unterbringung ihres Vaters in einem Pflegeheim nicht von allen aus dem "Altenteil" folgenden Verpflichtungen befreit werden sollte.

b) Die Auslegung des Berufungsgerichts verletzt auch die Interessenlage des Vaters der Beklagten. Es ist allgemein bekannt, daû bei der Hofübergabe im Wege der vorweggenommenen Erbfolge der Übergeber sich deswegen von dem Übernehmer ein umfangreiches Pflegerecht zusagen läût, damit er weiterhin auf dem Hof leben und dort versorgt werden kann; falls aus gesundheitlichen Gründen eine Unterbringung auûerhalb des Hofes erforderlich wird, soll der Übernehmer die - von einer Versicherung nicht gedeckten - Kosten tragen. Die Vorstellung, zum "Sozialfall" zu werden, ist in bäuerlichen Kreisen
geradezu unerträglich. Das galt im Jahr 1983 vielleicht in einem noch höheren Maû als heute. Jedenfalls schwebten damals (zumindest) dem Vater der Beklagten diese allgemein gültigen Sichtweisen bei dem Abschluû des Hofübergabevertrags vor; das zeigt die Aufnahme der Regelungen über die umfassende Pflege und Versorgung einschlieûlich freier ärztlicher Versorgung und freiem Krankenhausaufenthalt.

c) Die Auslegung des Berufungsgerichts hat deshalb keinen Bestand. Weitere tatsächliche Feststellungen kommen nicht mehr in Betracht. Das Revisionsgericht ist damit zu eigener Auslegung befugt. Sie führt dazu, daû die Beklagte in dem hier streitigen Zeitraum nicht von allen in dem Hofübergabevertrag übernommenen Verpflichtungen befreit war. Das bedeutet allerdings nicht, daû sie die vollen Kosten der Heimunterbringung ihres Vaters tragen muû. Eine solche Annahme läût zum einen die vertraglichen Regelungen über etwaige Kranken- und Heilbehandlungsmaûnahmen auûer acht. Danach sollte eine Zahlungspflicht der Beklagten nur insoweit bestehen, als die anfallenden Kosten von der gesetzlichen Krankenversicherung des Vaters nicht oder nicht mehr in vollem Umfang getragen wurden. Diesen Leistungen von dritter Seite sind für den Fall der Heimunterbringung die Renteneinkünfte des Vaters gleichzustellen; sie sind - in dem gesetzlich zulässigen Umfang - zuerst zur Bezahlung der Pflegeheimkosten einzusetzen. Zum anderen scheidet eine volle Kostentragungspflicht der Beklagten auch deswegen aus, weil die Vertragsparteien die Pflege des Vaters auf dem Hof vereinbart hatten; die Beklagte muûte somit nur die dadurch anfallenden Kosten tragen. Das hat zur Folge, daû sie zu den Heimkosten nur einen Betrag in Höhe der eigenen ersparten Aufwendungen beizutragen hat. Damit ist gewährleistet, daû sie durch die Heimunterbringung finanziell weder zusätzlich belastet noch ungerechtfer-
tigt, weil auf Kosten der Allgemeinheit, entlastet wird. Dieser Gesichtspunkt ist im übrigen auch dann zu beachten, wenn man von der Auslegung des Berufungsgerichts ausgeht; sie betrifft nämlich nur die Frage der Übernahme der Heimkosten und besagt nichts über die ersparten Aufwendungen der Beklagten für die Pflege auf dem Hof.
4. Der Umstand, daû der Vater bereits im Jahr 1984 aus seiner Wohnung auf dem Hof ausgezogen ist, ändert nichts an der Verpflichtung der Beklagten. Zumindest für den hier streitigen Zeitraum steht nämlich nach dem vom Landgericht eingeholten Sachverständigengutachten die medizinische Notwendigkeit der Unterbringung des Vaters in einem Pflegeheim fest; die Beklagte konnte ihrer Pflegeverpflichtung auf dem Hof selbst unter Hinzuziehung einer Pflegeperson nicht mehr nachkommen. Deshalb scheidet die Annahme eines Verzichts des Vaters auf Leistungen der Beklagten von vornherein aus.

III.


Nach alledem kommt es auf die Erwägungen des Berufungsgerichts zu Ansprüchen gegen die Beklagte nach Art. 96 EGBGB in Verbindung mit Art. 15 § 9 PrAGBGB und den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage sowie auf die dagegen gerichteten Revisionsangriffe nicht mehr an. Beide Ansprüche scheiden im übrigen - auch nach dem vom Berufungsgericht eingeschlagenen Lösungsweg - bereits wegen der vorrangigen vertraglichen Regelung aus.

IV.


Das Berufungsurteil ist somit aufzuheben (§ 564 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 565 Abs. 1 Satz 1 ZPO), damit es ermitteln kann, welche Aufwendungen die Beklagte für die Pflege auf dem Hof in dem hier streitigen Zeitraum dadurch erspart hat, daû ihr Vater in dem Pflegeheim untergebracht war.
Vorsitzender Richter am BGH Dr. Wenzel und Richterin am BGH Dr. Lambert-Lang sind infolge Krankheit an der Unterschriftsleistung gehindert. Krüger Krüger Lemke Gaier

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
LwZR 13/99 Verkündet am:
16. Juni 2000
R i e g e l ,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
-----------------------------------
Die Abwicklungsbefugnis nach § 51 LwAnpG umfaßt nicht die Berechtigung, auf
Forderungen aus dem Kreispachtverhältnis zu verzichten.
Der Streitverkündung kommt eine verjährungsunterbrechende Wirkung nur zu, wenn
in ihr der Grund der Streitverkündung angegeben wurde. Werden statt dessen lediglich
Kopien von Schriftsätzen des Prozesses beigefügt, so genügt dies den Anforderungen
jedenfalls dann nicht, wenn sich daraus nicht klar und eindeutig ergibt, wes-
halb im Falle des Unterliegens im Rechtsstreit Ansprüche auf Gewährleistung oder
Schadloshaltung gegen den Streitverkündeten in Betracht kommen sollen.
BGH, Urt. v. 16. Juni 2000 - LwZR 13/99 - OLG Naumburg
AG Wernigerode
Der Bundesgerichtshof, Senat für Landwirtschaftssachen, hat auf die mündliche
Verhandlung vom 16. Juni 2000 durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Wenzel und die Richter Dr. Vogt und Prof. Dr. Krüger sowie die ehrenamtlichen
Richter Siebers und Gose

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Senats für Landwirtschaftssachen des Oberlandesgerichts Naumburg vom 10. Juni 1999 aufgehoben.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts - Landwirtschaftsgericht - Wernigerode vom 2. Februar 1998 wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Rechtsmittelverfahren trägt die Klägerin; die Kosten der Nebenintervention trägt der Streithelfer der Klägerin.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Mutter des Beklagten hatte ihren Hof an die GPG Q. , die Rechtsvorgängerin der Klägerin, verpachtet. Mit Wirkung vom 1. Juli 1972 wurde das Rechtsverhältnis durch die Einschaltung des Rates des Kreises Q. in ein Kreispachtverhältnis umgestaltet, wobei sich die Mutter des Beklagten und der Rat des Kreises wechselseitig verpflichteten, bei Beendigung
des Vertragsverhältnisses den Differenzbetrag zwischen dem Inventarwert bei Beginn und dem Wert bei Beendigung des Vertragsverhältnisses auszugleichen.
In den folgenden Jahren baute die GPG Q. die Wirtschaftsgebäude in erheblichem Umfang aus.
Am 21. August 1991 schloß der LandkreisQ. mit der Mutter des Beklagten eine Vereinbarung, in der klargestellt wurde, daß der Nutzungsvertrag zum 31. Dezember 1990 aufgelöst worden sei. Ferner erklärten sie, "daß keine wechselseitigen Ansprüche aus dem Nutzungsverhältnis - vorbehaltlich künftiger gesetzlicher Regelungen - bestehen".
Die Mutter des Beklagten erhielt ihren Hof zurück. Sie verstarb und wurde von dem Beklagten beerbt.
Die Klägerin verklagte zunächst den Landkreis Q. auf Schadensersatz mit der Begründung, er habe durch den Verzicht die Geltendmachung eines Anspruchs wegen werterhöhender Investitionen gegen die Eigentümerin vereitelt. Dem Beklagten verkündete sie, vertreten durch ihren jetzigen Streithelfer, in jenem Rechtsstreit den Streit, ohne indes die Lage des Verfahrens und den Grund der Streitverkündung darzustellen. Beigefügt waren der Streitverkündung Ablichtungen der Klageschrift, der Klageerwiderung und eines weiteren Schriftsatzes der Klägerin vom 14. Februar 1995. Das Oberlandesgericht wies die damalige Klage u.a. mit der Begründung ab, daß der Verzicht Ansprüche der Klägerin gegen die Mutter des Beklagten nicht erfaßt habe.

Mit der vorliegenden Klage macht die Klägerin einen Teil des ihr nach ihrer Auffassung zustehenden Anspruchs wegen werterhöhender Investitionen gegen den Beklagten geltend. Das Landwirtschaftsgericht hat die auf Zahlung von 200.000 DM nebst Zinsen gerichtete Klage mit Rücksicht auf die von dem Beklagten erhobene Einrede der Verjährung abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat ihr dem Grunde nach stattgegeben. Mit der Revision erstrebt der Beklagte die Wiederherstellung des Urteils des Landwirtschaftsgerichts. Die Klägerin beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:


I.


Das Berufungsgericht bejaht dem Grunde nach einen Anspruch der Klägerin nach § 108 VertragsG aus abgetretenem Recht des Rates des Kreises Q. . Es meint, der Verzicht auf wechselseitige Ansprüche in der Vereinbarung zwischen dem Landkreis Q. und der Mutter des Beklagten vom 21. August 1991 stehe dem nicht entgegen. Denn ein Verzicht erfasse im Zweifel nicht Forderungen, deren Existenz dem Verzichtenden - wie hier - nicht bekannt sei. Im übrigen sei die Klausel auch dahin auszulegen, daß der Landkreis allenfalls auf solche Ansprüche habe verzichten wollen, die ihm auch wirtschaftlich zugestanden hätten, was hier nicht der Fall sei. Der Anspruch sei auch nicht verjährt, da die Verjährung durch die im Vorprozeß mit Schriftsatz vom 28. Juli 1995 erklärte Streitverkündung rechtzeitig unterbrochen worden sei. Daß der Schriftsatz den Grund der Streitverkündung die die Lage des
Verfahrens nicht dargestellt habe, sei im Rahmen der Unterbrechung der Verjährung unerheblich.

II.


Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand.
1. Daß die Klägerin - eine wirksame Abtretung seitens des Landkreises vorausgesetzt - grundsätzlich von dem Eigentümer eine durch bauliche Veränderungen verursachte und bei Rückgabe des Kreispachtbetriebes noch vorhandene Erhöhung seines Verkehrswerts ersetzt verlangen kann, entspricht der Rechtsprechung des Senats (BGHZ 134, 170). Die Revision wendet sich auch nicht gegen diesen Ausgangspunkt der Entscheidung des Berufungsgerichts.
2. Ohne Erfolg macht die Revision auch geltend, daß es an einem abtretbaren Anspruch gefehlt habe, weil der Landkreis auf die Ansprüche wirksam verzichtet habe, die dem Rat des Kreises im Falle seines Fortbestandes bei Beendigung des Kreispachtverhältnisses zugestanden hätten.

a) Allerdings ist die Annahme des Berufungsgerichts nicht frei von Bedenken , der erklärte Anspruchsverzicht habe sich nur auf solche Forderungen bezogen, von deren Existenz die Vertragsparteien seinerzeit ausgegangen seien. Das Berufungsgericht teilt dazu nicht mit, um welche Forderungen es sich dabei hätte handeln sollen. Es bedenkt auch nicht, daß der beiderseitige
Verzicht vor dem Hintergrund der ungeklärten Rechtslage gerade auch die im einzelnen nicht genau bekannten Ansprüche, die sich aus dem Nutzungsverhältnis ergeben konnten, erfaßt haben könnte. Fernliegend ist schließlich die Überlegung des Berufungsgerichts, der Landkreis habe allenfalls auf die ihm auch wirtschaftlich zustehenden Ansprüche aus dem Kreispachtverhältnis verzichten wollen. Denn aus diesem Verhältnis standen dem Landkreis weder rechtlich noch wirtschaftlich irgendwelche Ansprüche zu. Der Landkreis war lediglich zur Abwicklung des Kreispachtverhältnisses befugt und verpflichtet (§ 51 LwAnpG). Bei Zugrundelegung der Auslegung des Berufungsgerichts käme der Verzichtsregelung daher keinerlei Bedeutung zu, was im Zweifel keiner interessegerechten Auslegung entspricht und daher rechtsfehlerhaft ist (vgl. BGH, Urt. v. 1. Oktober 1999, V ZR 168/98, NJW 1999, 3704, 3705 m.w.N.).

b) Von einem Fortbestand der Ersatzforderung ist aber deshalb auszugehen , weil dem Landkreis die Befugnis gefehlt hat, auf die Geltendmachung von Forderungen aus dem Kreispachtverhältnis zu verzichten. Er war nicht Forderungsinhaber. Vielmehr stand die Forderung dem Rat des Kreises zu, der wiederum der GPG gegenüber ausgleichspflichtig war. Der Landkreis ist nicht Rechtsnachfolger des Rates des Kreises geworden (Senat, BGHZ 127, 285). Mit dessen Untergang sind die Rechtsbeziehungen aus den Kreispachtverträgen nicht erloschen. Der Gesetzgeber hat sie vielmehr als fortbestehend fingiert und die "zuständige Kreisbehörde" (BGHZ 121, 88, 90), hier also den Landkreis Q. , mit deren Abwicklung betraut, § 51 LwAnpG (vgl. Senat , BGHZ 127, 297, 312). Diese Abwicklungsbefugnis umfaßt nicht die Berechtigung , auf Forderungen aus dem Kreispachtverhältnis zu verzichten. Sie dient vielmehr dazu, den wirtschaftlich von dem Nutzungsverhältnis Betroffe-
nen die rechtliche Möglichkeit zu geben, wechselseitige Ansprüche unmittelbar geltend zu machen, nachdem der Rat des Kreises, dem die Stellung eines Verpächters zugekommen war, durch Untergang ersatzlos weggefallen war. Ein Forderungsverzicht zu Lasten der Klägerin stand diesem Abwicklungsauftrag entgegen.
3. Das angefochtene Urteil hat indessen keinen Bestand, weil der Beklagte zu Recht die Einrede der Verjährung erhoben hat.

a) Das Berufungsgericht hat zutreffend dargelegt, daß für die Ansprüche der nutzenden GPG Q. gegen den Rat des Kreises ebenso wie für dessen Ansprüche gegen die Mutter des Beklagten gemäß § 591 b BGB eine Verjährungsfrist von sechs Monaten gilt. Diese Ansprüche aus einem Kreispachtverhältnis sind nicht anders zu behandeln als die Ansprüche des Rates des Kreises gegen die nutzende Genossenschaft wegen Vernachlässigung der Werterhaltungspflicht (dazu Senat, BGHZ 129, 282). Ebenso wie bei diesen Ansprüchen war die Verjährung allerdings auch hier gemäß § 203 BGB bis zum 31. Januar 1995 aus den von dem Berufungsgericht dargelegten Gründen gehemmt , so daß erst mit Ablauf des 31. Juli 1995 Verjährung eingetreten ist.

b) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts hat die Streitverkündung im Vorprozeß nicht zur Verjährungsunterbrechung nach § 209 Abs. 2 Nr. 4 BGB geführt. Voraussetzung für die Unterbrechungswirkung ist eine formal ordnungsgemäße, den Anforderungen der §§ 72, 73 ZPO genügende Streitverkündung (vgl. Staudinger/Peters, BGB, Stand 1995, § 209 Rdn. 82; Soergel/Walter, BGB, 12. Aufl., § 209 Rdn. 25; Stein/Jonas/Bork, ZPO, 21. Aufl., § 73 Rdn. 1, § 72 Rdn. 8). Daran fehlt es.

aa) Die Streitverkündung enthielt entgegen § 73 Satz 1 ZPO weder die Angabe des Grundes der Streitverkündung noch die Angabe, in welcher Lage sich der Rechtsstreit befand. Es kann dahingestellt bleiben, ob der zweite Mangel mit Rücksicht auf den Schutzzweck dieser Voraussetzung nur Bedeutung für die Interventionswirkung hat, nicht aber für die Frage der Verjährungsunterbrechung (so Staudinger/Peters, § 209 Rdn. 83, dem das Berufungsgericht gefolgt ist). Jedenfalls kommt der Streitverkündung keine verjährungsunterbrechende Wirkung zu, weil mit ihr nicht der Grund der Streitverkündung angegeben wurde. Soweit das Berufungsgericht dies im konkreten Fall für entbehrlich hält, kann dem nicht gefolgt werden.
Beizutreten ist ihm allerdings, daß der Zweck des § 73 ZPO, bezogen auf die verjährungsunterbrechende Wirkung, darin besteht sicherzustellen, daß der Streitverkündete mit der Zustellung der Streitverkündungsschrift Kenntnis davon erlangt, welchen Anspruchs sich der Streitverkündende gegen ihn berühmt. Daher mag es im Einzelfall ausreichend sein, wenn sich der Grund der Streitverkündung nicht schon aus dem Schriftsatz selbst, wohl aber aus beigefügten Schriftsätzen, etwa der Klageschrift und der Klageerwiderungsschrift, ergibt (so Staudinger/Peters § 209 Rdn. 83). Gerade dies war hier aber - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - nicht der Fall. Die gegen den Landkreis Q. gerichtete Klage war auf ein Nutzungsverhältnis zwischen der Rechtsvorgängerin der jetzigen Klägerin und dem Landkreis gestützt worden. Daß im Falle der Klageabweisung Ansprüche gegen die Mutter des Beklagten in Betracht kommen könnten, ist nicht einmal andeutungsweise zu erkennen. Die Klageerwiderung, mit der die Unzulässigkeit der Klage gerügt und geltend gemacht wurde, die Klägerin sei weder aktivlegitimiert noch seien
werterhöhende Maßnahmen durchgeführt worden, ergibt zur Frage des Grundes der Streitverkündung auch keine Aufschlüsse. Von einem gewissen Erkenntniswert ist allein der Schriftsatz der Klägerin vom 14. Februar 1995, in dem es heißt, daß die Klägerin gesetzliche Ansprüche gegen die Mutter des Beklagten gehabt habe, deren Geltendmachung der Landkreis durch den Verzicht versperrt habe. Daher werde der Landkreis auf Schadensersatz in Anspruch genommen. In der Darlegung dieses ursprünglich gegen die Mutter des Beklagten gegebenen Anspruchs erschöpfen sich die Ausführungen aber auch. Zum Grund der Streitverkündung geben sie keine Auskunft. Es fehlen jegliche Angaben dazu, weshalb im Falle des Unterliegens im Rechtsstreit gegen den Landkreis Ansprüche auf Gewährleistung oder Schadloshaltung gegen den jetzigen Beklagten in Betracht kommen sollten. Das lag nach dem Vorbringen in diesem Schriftsatz vielmehr fern. Es wurde darin nicht einmal erwogen, daß die durch den Verzicht versperrte Inanspruchnahme des Beklagten im Falle des Unterliegens gegenüber dem Landkreis wieder Bedeutung erlangen könnte. Ohne diese Angaben des Grundes der Streitverkündung - neben der Bezeichnung des Anspruchs selbst - genügte die Streitverkündung nicht den Anforderungen des § 73 ZPO (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 21. Aufl., § 73 Rdn. 1; Thomas/Putzo, ZPO, 21. Aufl., § 73 Rdn. 3 mit § 72 Rdn. 6; Musielak/ Weth, ZPO, § 73 Rdn. 3 mit § 72 Rdn. 3 f), wie der Beklagte als Streitverkündeter in dem damaligen Prozeß im übrigen auch sofort gerügt hat.
bb) Der mangelhaften Streitverkündung kann auch nicht unter Hinweis darauf eine verjährungsunterbrechende Wirkung zuerkannt werden, daß es für die Unterbrechung durch Klageerhebung (§ 209 Abs. 1 BGB) anerkannt ist, daß auch eine unzulässige Klage die Verjährung unterbricht (BGHZ 78, 1, 5), soweit es sich um solche Zulässigkeitsmängel handelt, die nicht zur Unwirk-
samkeit der Klage schlechthin führen (vgl. nur Staudinger/Peters, § 209 Rdn. 32). Denn die Wirkungen der Streitverkündung sind davon abhängig, daß sie zulässig ist (vgl. BGHZ 65, 127, 130) und den Formerfordernissen des § 73 ZPO genügt. Das gilt auch für die Verjährungsunterbrechung.

III.


Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1, 101 Abs. 1 ZPO.
Wenzel Vogt Krüger

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

Verzichtbare Rügen, die die Zulässigkeit der Klage betreffen und die entgegen den §§ 520 und 521 Abs. 2 nicht rechtzeitig vorgebracht werden, sind nur zuzulassen, wenn die Partei die Verspätung genügend entschuldigt. Dasselbe gilt für verzichtbare neue Rügen, die die Zulässigkeit der Klage betreffen, wenn die Partei sie im ersten Rechtszug hätte vorbringen können. Der Entschuldigungsgrund ist auf Verlangen des Gerichts glaubhaft zu machen.

Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Abs. 3 und des § 289 Satz 1 finden entsprechende Anwendung.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.