Bundesgerichtshof Urteil, 27. Okt. 2006 - V ZR 234/05

bei uns veröffentlicht am27.10.2006
vorgehend
Landgericht Cottbus, , 6 O 158/98
Brandenburgisches Oberlandesgericht, 6 U 242/98, 06.09.2005

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
VERSÄUMNISURTEIL
V ZR 234/05 Verkündet am:
27. Oktober 2006
Weschenfelder,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 27. Oktober 2006 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger und die
Richter Dr. Lemke und Dr. Schmidt-Räntsch, die Richterin Dr. Stresemann und
den Richter Dr. Czub

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 6. September 2005 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als es der Zahlungsklage über einen Betrag von mehr als 6.023,53 € (= 11.781,01 DM) nebst 4 % Zinsen hieraus seit dem 28. April 1998 stattgegeben hat.
Im Umfang der Aufhebung wird die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Cottbus vom 29. Juli 1998 zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt 83 % der Kosten des ersten Rechtszugs, 78 % der Kosten des Berufungsverfahrens und die Kosten des Revisionsverfahrens insgesamt. Die Beklagte trägt 17 % der Kosten des ersten Rechtszugs und 22 % der Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Mit notariellem Vertrag vom 28. November 1996 verkaufte die Klägerin der Beklagten verschiedene Grundstücke sowie eine unvermessene Grundstücksteilfläche zu einem Gesamtkaufpreis von 4.199.999,60 DM. Eines dieser Grundstücke stand noch nicht im Eigentum der Klägerin. Sie hatte dieses zuvor von der Fa. V. GmbH (V. ) gekauft, welche es ihrerseits von der Fa. A. -GmbH (A. ) gekauft hatte, und diese von der Stadt S. .
2
Der von der Beklagten bar zu entrichtende Kaufpreis sollte 14 Tage nach Zugang einer Fälligkeitsbescheinigung des Notars gezahlt werden, die u. a. zur Voraussetzung hatte, dass der Eigentumsverschaffungsanspruch der Beklagten - ausgenommen die unvermessene Teilfläche - durch Eintragung von Vormerkungen gesichert war.
3
Hinsichtlich des der Klägerin bereits gehörenden Grundbesitzes wurde die Vormerkung am 26. Februar 1997 eingetragen. In das Grundbuch des Grundstücks, das die Klägerin gekauft hatte, das aber noch nicht in deren Eigentum stand, wurde am selben Tage die Abtretung einer Vormerkung seitens der A. eingetragen, deren Eigentumsverschaffungsanspruch gegen die Stadt S. entsprechend gesichert worden war.
4
Der Notar stellte eine Fälligkeitsbescheinigung aus. Die Beklagte zahlte den Kaufpreis nicht innerhalb von 14 Tagen, sondern erst nach weiteren 15 Tagen.
5
Die Klägerin verlangt - soweit im Revisionsverfahren noch von Interesse - vertraglich bestimmte Verzugszinsen in Höhe von zuletzt 18.200 DM auf den bar zu entrichtenden Kaufpreis sowie die Erstattung von Anwaltsgebühren wegen eines Mahnschreibens vom 4. April 1997 in Höhe von 24.614,42 DM.
6
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen; das Oberlandesgericht hat ihr stattgegeben. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils. Die Klägerin ist in dem Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat anwaltlich nicht vertreten gewesen.

Entscheidungsgründe:

I.

7
Das Berufungsgericht meint, dass der Klägerin der geltend gemachte Anspruch wegen verspäteter Zahlung des Nettokaufpreises zustehe.
8
Die Fälligkeitsmitteilung des Notars sei inhaltlich richtig gewesen. Der Beklagten sei von einem nicht eingetragenen Käufer eine Auflassungsvormerkung abgetreten worden, die auch in das Grundbuch eingetragen worden sei. Damit habe sich die Beklagte in einer Situation befunden, die der eines Grundstückskäufers, zu dessen Gunsten eine Auflassungsvormerkung eingetragen sei, vergleichbar gewesen sei. Die Beklagte sei durch diese Abtretung sogar insoweit besser gestellt gewesen, weil sie diese wie die Erstkäuferin, d.h. mit einer früheren "Sperrwirkung", erworben habe.
9
Die Klägerin könne auch die durch die Anforderung des Kaufpreises durch ihren Rechtsanwalt entstandenen Kosten als Verzugsschaden nach § 286 Abs. 1 BGB a.F. beanspruchen, da sich die Beklagte bei der Einschaltung des Anwalts am 4. April 1997 in Verzug befunden habe.

II.

10
Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
11
Die Klägerin ist zwar auf Grund der Freigabeerklärung des Insolvenzverwalters berechtigt, den Rechtsstreit fortzuführen und die Ansprüche weiter zu verfolgen (vgl. BGH, Urt. v. 21. April 2005, IX ZR 281/03, NJW 2005, 2015, 2016). Ihr stehen indes die von dem Berufungsgericht zuerkannten Ansprüche wegen verspäteter Zahlung des Kaufpreises nicht zu.
12
1. Der Kaufpreis ist nach den Bestimmungen in § 4 Abs. 1 des Kaufvertrages nicht fällig geworden.
13
a) Die vertragliche Vereinbarung hat das Berufungsgericht dahin ausgelegt , dass die Fälligkeit des Kaufpreises nicht allein auf Grund der Mitteilung des Notars, sondern nur dann eintreten sollte, wenn auch die im Kaufvertrag dafür benannten Voraussetzungen tatsächlich vorlagen. Diese tatrichterliche Auslegung, die von der Revision - weil für ihre Auffassung günstig - nicht angegriffen wird, ist für den Senat bindend. Die vertragliche Absprache der Parteien dahin, dass die Fälligkeit des Kaufpreises nach notarieller Mitteilung über den Eintritt der dafür vereinbarten Voraussetzungen eingetreten sei, kann eine solche Erklärungsbedeutung haben (dazu BGH, Urt. v. 14. Mai 1985, IX ZR 64/84, WM 1985, 1109, 1111). Für Verstöße gegen Auslegungsregeln, Denkgesetze oder allgemein anerkannte Erfahrungssätze, auf die die Überprüfung der tatrichterlichen Auslegung auch einer vertraglichen Regelung über den Eintritt der Fälligkeit nach Mitteilung des Notars beschränkt ist (Senat, Urt. v. 26. November 2004, V ZR 119/04, MittBayNot 2005, 395), ist nichts ersichtlich und auch nichts vorgetragen.
14
b) Die in § 4 Abs. 1 Buchstabe b des Kaufvertrages vereinbarte Voraussetzung der Kaufpreisfälligkeit ist nicht eingetreten, da eine Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs der Beklagten aus dem Kaufvertrag auf Verschaffung des Eigentums nicht eingetragen worden war. Die Eintragung der Vormerkung war an dem Grundstück noch nicht möglich. Es fehlte an der dafür erforderlichen Identität des Schuldners (Verkäufers) mit dem Inhaber des von der Vormerkung betroffenen Rechts (Senat, BGHZ 12, 115, 120; 134, 182, 188).
15
2. Die Kaufpreisfälligkeit ist auch nicht dadurch eingetreten, dass der Beklagten stattdessen der durch eine Vormerkung gesicherte Anspruch der A. aus deren Kaufvertrag mit der Stadt abgetreten wurde.
16
a) Soweit die Revision Einwendungen gegen die von dem Berufungsgericht bejahte Wirksamkeit der Zession erhebt, sind diese allerdings unbegründet. Die Erklärung der Abtretung der Vormerkung durch die Erstkäuferin ist im Zweifel als Abtretung des vorgemerkten Anspruchs auszulegen, bei der das dingliche Sicherungsrecht nach § 401 BGB kraft Gesetzes auf den Zessionar übergeht (vgl. Senat, Urt. v. 17. Juni 1994, V ZR 204/92, NJW 1994, 2947; Staudinger/Gursky, BGB [2002], § 883, Rdn. 319). Damit brachte die Beklagte als Empfängerin der Abtretungserklärung nach außen auch den Willen zum Erwerb des durch die Vormerkung gesicherten Anspruchs zum Ausdruck, der für eine Annahme nach § 151 BGB erforderlich ist (vgl. BGHZ 74, 352, 356; 111, 97, 101). Mit der Eintragung der Übertragung erwarb die Beklagte die dingliche Sicherung aus der Vormerkung (Senat, Urt. v. 17. Juni 1994, V ZR 204/92, NJW 1994, 2947, 2948).
17
b) Rechtsfehlerhaft sind jedoch die Ausführungen des Berufungsgerichts, dass die Beklagte mit der "zedierten" Vormerkung ein gleichwertiges, in Bezug auf die Rangwirkung der Vormerkung (dazu: Senat, BGHZ 143, 175, 180; Weirich/Ivo, Grundstücksrecht, 3. Aufl., Rdn. 917) sogar besseres Sicherungsrecht als mit der Eintragung einer "originären" Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf Übereignung aus dem mit der Klägerin geschlossenen Kaufvertrag erlangt habe. Davon kann nicht ausgegangen werden.
18
Zu Recht beanstandet die Revision diese Gleichsetzung der Sicherheit aus abgetretener und originärer Vormerkung. Sie besteht schon deshalb nicht, weil der Bestand des abgetretenen Anspruchs dem Einfluss des nachfolgenden Käufers entzogen und die Vormerkung zu diesem Anspruch akzessorisch ist. Besteht er nicht, ist auch die Vormerkung wirkungslos (vgl. BGHZ 150, 138, 142 sowie zur fehlenden Gleichwertigkeit vgl. Staudinger/Pfeifer, BGB [2004], § 925, Rdn. 147 sowie das Gutachten des Deutschen Notarinstituts, DNotI-Report 1998, 213, 214). Ob eine Gleichwertigkeit der Sicherheit unter der Voraussetzung bejaht werden kann, dass der abgetretene Übereignungsanspruch "rechtsbeständig" geworden ist, weil gesetzliche oder vertragliche Rücktrittsrechte aus den vorangegangenen Grundstücksgeschäften nicht mehr bestehen, (KG, KG-Report 1997, 271, 274; Soergel/Stürner, BGB, 13. Aufl., § 883, Rdn. 44), kann dahinstehen, da hierzu weder etwas festgestellt noch vorgetragen worden ist.
19
3. Da der Kaufpreis bis zur Zahlung nicht fällig geworden ist, stehen der Klägerin auch keine Ansprüche auf die im Kaufvertrag für den Fall verspäteter Zahlung vereinbarten Verzugszinsen und auf Ersatz der durch die Anforderung des Kaufpreises entstandenen Anwaltskosten zu.
20
4. Nach allem ist das Berufungsurteil im Umfang der Anfechtung aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und das die Klage abweisende Urteil des Landgerichts wiederherzustellen.

III.

21
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 92 Abs. 2, 97 ZPO.
Krüger Lemke Schmidt-Räntsch Stresemann Czub
Vorinstanzen:
LG Cottbus, Entscheidung vom 29.07.1998 - 6 O 158/98 -
OLG Brandenburg, Entscheidung vom 06.09.2005 - 6 U 242/98 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 27. Okt. 2006 - V ZR 234/05

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 27. Okt. 2006 - V ZR 234/05

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Zivilprozessordnung - ZPO | § 92 Kosten bei teilweisem Obsiegen


(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 286 Verzug des Schuldners


#BJNR001950896BJNE027902377 (1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Z

Zivilprozessordnung - ZPO | § 562 Aufhebung des angefochtenen Urteils


(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben. (2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen
Bundesgerichtshof Urteil, 27. Okt. 2006 - V ZR 234/05 zitiert 7 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Zivilprozessordnung - ZPO | § 92 Kosten bei teilweisem Obsiegen


(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 286 Verzug des Schuldners


#BJNR001950896BJNE027902377 (1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Z

Zivilprozessordnung - ZPO | § 562 Aufhebung des angefochtenen Urteils


(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben. (2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 151 Annahme ohne Erklärung gegenüber dem Antragenden


Der Vertrag kommt durch die Annahme des Antrags zustande, ohne dass die Annahme dem Antragenden gegenüber erklärt zu werden braucht, wenn eine solche Erklärung nach der Verkehrssitte nicht zu erwarten ist oder der Antragende auf sie verzichtet hat. D

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 401 Übergang der Neben- und Vorzugsrechte


(1) Mit der abgetretenen Forderung gehen die Hypotheken, Schiffshypotheken oder Pfandrechte, die für sie bestehen, sowie die Rechte aus einer für sie bestellten Bürgschaft auf den neuen Gläubiger über. (2) Ein mit der Forderung für den Fall der Z

Referenzen - Urteile

Bundesgerichtshof Urteil, 27. Okt. 2006 - V ZR 234/05 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Urteil, 27. Okt. 2006 - V ZR 234/05 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 26. Nov. 2004 - V ZR 119/04

bei uns veröffentlicht am 26.11.2004

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 119/04 Verkündet am: 26. November 2004 K a n i k , Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtsh
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 27. Okt. 2006 - V ZR 234/05.

Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Feb. 2014 - V ZB 88/13

bei uns veröffentlicht am 13.02.2014

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS V ZB 88/13 vom 13. Februar 2014 in der Grundbuchsache Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja BGB §§ 415, 883, 885 Übernimmt jemand im Wege der befreienden Schuldübernahme die Schuld eines anderen, dere

Referenzen

*

(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 119/04 Verkündet am:
26. November 2004
K a n i k ,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 26. November 2004 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel, die Richter Dr. Klein, Dr. Lemke, Dr. Schmidt-Räntsch und die
Richterin Dr. Stresemann

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 4. Mai 2004 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:


Mit Notarvertrag vom 14. Dezember 2001 verkaufte der Kl äger den Beklagten für 1.600.000 DM (810.067 €) ein Grundstück. In dem Vertrag heißt es u.a.:
"Voraussetzungen für die Fälligkeit des Kaufpreises sind, daß die Auflassungsvormerkung für den Käufer im Grundbuch eingetragen ist und das Negativzeugnis der Stadt München bezüglich gesetzlicher Vorkaufsrechte dem Notar vorliegt und die Lastenfreistellung von allen nicht übernommenen Belastungen gesichert ist. Der Notar wird beauftragt, die Beteiligten vom Vorliegen der Fälligkeitsvoraussetzungen zu verständigen.
Der Kaufpreis ist binnen zehn Tagen nach Absendung der vorgenannten Mitteilung, die einer Zahlungsaufforderung des Verkäufers gleichsteht, zur Zahlung fällig. ... Zahlt der Käufer den Kaufpreis ganz oder teilweise nicht rechtzeitig , so ist der offene Kaufpreis ab Fälligkeit mit jährlich fünf Prozent über dem Basiszinssatz zu verzinsen".
Die Beklagten zahlten den Kaufpreis in Teilbeträgen zw ischen dem 22. April 2002 und dem 19. März 2003 und leisteten auf die vereinbarten Zinsen 3.843,49 €. Der Kläger hat behauptet, die für die Fälligkeit des Kaufpreises vereinbarten Voraussetzungen hätten am 13. Februar 2002 vorgelegen. An diesem Tage habe der Urkundsnotar die Anzeige der Fälligkeit an die Beklagten abgesandt. Die Beklagten haben den Zugang der Anzeige in Abrede gestellt und behauptet, ihnen sei der Eintritt der Fälligkeitsvoraussetzungen erst durch Telefax des Notars vom 28. März 2002 mitgeteilt worden.
Mit der Klage verlangt der Kläger die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung weiterer 7.280,83 € Zinsen auf den Kaufpreis zuzüglich Zinsen aus dem Zinsbetrag.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufun g des Klägers ist ohne Erfolg geblieben. Mit der von dem Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgt er den Zahlungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


I.


Die Revision ist zulässig. Dem steht nicht entgegen, daß e s an einem Zulassungsgrund gem. § 543 Abs. 2 ZPO fehlt. Die von dem Berufungsgericht als Zulassungsgrund gewertete Auslegung des Kaufvertrags ist dem Tatrichter vorbehalten und kann von dem Revisionsgericht nur eingeschränkt überprüft werden (st. Rechtspr., vgl. BGHZ 135, 269, 273; Senat, Urt. v. 14. Oktober 1994, V ZR 196/93, WM 1995, 263; BGH, Urt. v. 5. Juli 1990, IX ZR 10/90, WM 1990, 1549, 1551; Urt. v. 29. März 2000, VIII ZR 297/98, NJW 2000, 2508, 2509 u. v. 13. März 2003, IV ZR 199/00, NJW 2003, 2235, 2236). Hieran ändert sich nicht dadurch etwas, daß die auszulegenden Regelungen einem Formularbuch entnommen sind und in gleicher oder ähnlicher Weise allgemeine Verwendung finden. Auch die Auslegung von Formularklauseln ist ein Fall der tatrichterlichen Würdigung, die der revisionsrechtlichen Prüfung nur eingeschränkt zugänglich ist. Trotz Fehlens eines Zulassungsgrundes ist der Senat an die erfolgte Zulassung jedoch gebunden, § 543 Abs. 2 Satz 2 ZPO.

II.


Das Berufungsgericht verneint einen Zahlungsanspruch des Klägers. Es meint, bei den vereinbarten Zinsen handele es sich um Fälligkeitszinsen. Die Auslegung der vertraglichen Vereinbarung ergebe, daß zum Eintritt der Fälligkeit die Absendung der Fälligkeitsanzeige durch den Notar nicht genüge. Erforderlich sei vielmehr, daß die Anzeige auch zugehe. Daß es sich so vor dem
28. März 2002 verhalten habe, habe der Kläger, den die Beweislast hierfür treffe , nicht bewiesen.
Das ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

III.


Die zwischen den Parteien umstrittene Frage, ob die Fä lligkeit des Kaufpreises mit der Absendung der Anzeige des Notars oder erst mit ihrem Zugang eintrat, und die weitere Frage, ob sich aus dem Vertrag eine besondere Regelung der Beweislast für den Zugang der Anzeige ergibt, sind durch Auslegung des Kaufvertrags zu beantworten. Soweit das Berufungsgericht den Vertrag selbst ausgelegt hat, kann dies nach ständiger Rechtsprechung (vgl. statt aller BGHZ 135, 269, 273) von dem Senat nur darauf überprüft werden, ob gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln, die Denkgesetze oder allgemein anerkannte Erfahrungssätze verletzt worden sind oder ob die Auslegung auf einem im Revisionsverfahren gerügten Verfahrensfehler beruht. Solche Fehler liegen nicht vor.
1. Anerkannte Auslegungsregel ist zwar, daß bei der Ausl egung von dem von den Parteien gewählten Wortlaut auszugehen ist (st. Rechtspr., vgl. BGHZ 121, 13, 16; BGH, Urt. v. 31. Januar 1995, XI ZR 56/94, NJW 1995, 1212, 1213 u. v. 27. November 1997, IX ZR 141/96, NJW 1998, 900, 901). Hiernach ist die Fälligkeit des Kaufpreises und damit der Beginn der Verzinsungspflicht an die "Absendung der Mitteilung" des Eintritts der Fälligkeitsvoraussetzungen durch den Urkundsnotar und nicht an den Zugang dieser Mitteilung geknüpft. Das hat das Berufungsgericht entgegen der Meinung der Revi-
sion jedoch nicht verkannt. Es hat der Wahl des Wortes "Mitteilung" entnommen , daß die bloße Absendung der Anzeige durch den Notar nicht hinreichen soll, den Eintritt der Fälligkeit des Kaufpreises herbeizuführen, weil hierdurch den Beklagten als Käufern nichts mitgeteilt werde. Das gelte insbesondere im Hinblick darauf, daß nach der vertraglichen Regelung die Mitteilung der Fälligkeitsvoraussetzungen durch den Urkundsnotar einer "Zahlungsaufforderung" des Verkäufers gleichstehe und eine Zahlungsaufforderung ohne einen Zugang bei den Käufern keine Wirkungen auslösen könne.
Daß die Pflicht zur Zahlung von Zinsen nach dem Kaufvert rag zehn Tage nach der Absendung der Mitteilung des Notars beginne, bedeute lediglich eine Vereinbarung zur Bestimmung des Fristbeginns. Der Vertrag lasse erkennen , daß die Parteien übereinstimmend davon ausgegangen seien, daß die Mitteilung des Notars die Beklagten alsbald nach ihrer Absendung erreiche. Daß der Zugang der Mitteilung nach dem Willen der Parteien ohne Bedeutung sein solle, sei dem Vertrag ohne ausdrückliche Regelung nicht zu entnehmen.
Das ist nicht zu beanstanden.
2. Die Auslegung des Berufungsgerichts, die streitige Re gelung stelle lediglich eine Angabe zur Fristberechnung dar, verstößt auch nicht gegen die Denkgesetze. Daß die zinsfrei bleibende Frist vor dem Eintritt der Fälligkeit beginnt, hat bei einer Frist von zehn Tagen zur Zahlung keine nachhaltige Belastung des Käufers zur Folge, weil ihm bei üblicher Postlaufzeit eine Woche Zeit zur Bewirkung seiner Leistung bis zum Beginn der Verzinsungspflicht verbleibt.
Ebenso wenig bedeutet es einen Verstoß gegen die Rege ln des logischen Schließens, daß der Fall eines Verlustes der Fälligkeitsanzeige nach der Auslegung durch das Berufungsgericht nicht geregelt ist. Die Wahrscheinlichkeit des Verlustes einer ordnungsgemäß aufgegebenen Sendung ist so gering, daß die Notwendigkeit der Regelung dieses Falles in der Vertragsgestaltung eher fern liegt.
3. Dem Berufungsgericht kann auch nicht mit Erfolg vorge worfen werden , daß es sich bei der gewählten Formulierung um eine notariell beurkundete Erklärung handelt, bei welcher im Zweifel davon auszugehen ist, daß sie dem materiellen Gehalt des Vertrags und dem Willen der Parteien entspricht (Senat, Urt. v. 18. September 1992, V ZR 86/91, NJW 1993, 324, 326 und v. 1. Oktober 1999, V ZR 112/98, NJW 2000, 71). Das Berufungsgericht geht von der Auslegungsfähigkeit und der Auslegungsbedürftigkeit der vereinbarten Regelung aus und hat die zur Entscheidung notwendige Auslegung vorgenommen. Diese ist von dem Wortlaut der Vereinbarung gedeckt.
4. Das Berufungsurteil ist auch nicht deshalb zu beanstand en, weil es dem Kaufvertrag nicht entnimmt, daß die Beklagten den Beweis dafür zu führen hätten, die Anzeige des Notars vom 13. Februar 2002 nicht erhalten zu haben. Für eine solche Auslegung ist dem Vertrag nichts zu entnehmen.
Ist eine Regelung für den Fall des Verlustes der Fälli gkeitsanzeige auf dem Postweg nicht getroffen, so enthält der Vertrag eine Lücke. Diese ist im Wege der ergänzenden Auslegung durch diejenige Regelung zu schließen, die die Parteien billigerweise getroffen hätten, wenn sie die Regelungsbedürftigkeit der nicht geregelten Frage erkannt hätten. Insoweit kann nicht angenommen
werden, daß sie das Verlustrisiko den Beklagten auferlegt hätten. Die Beklagten wären andernfalls der Gefahr ausgesetzt, die Kaufpreisforderung verzinsen zu müssen, ohne den Eintritt der Fälligkeit zu kennen. Darüber hinaus würde ihnen der Beweis einer negativen Tatsache auferlegt, der kaum zu erbringen ist, während der Beweis des Zugangs der Fälligkeitsanzeige bei einer entsprechenden Versendungsart ohne weiteres geführt werden kann.

IV.


Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Wenzel Klein Lemke Schmidt-Räntsch Stresemann

(1) Mit der abgetretenen Forderung gehen die Hypotheken, Schiffshypotheken oder Pfandrechte, die für sie bestehen, sowie die Rechte aus einer für sie bestellten Bürgschaft auf den neuen Gläubiger über.

(2) Ein mit der Forderung für den Fall der Zwangsvollstreckung oder des Insolvenzverfahrens verbundenes Vorzugsrecht kann auch der neue Gläubiger geltend machen.

Der Vertrag kommt durch die Annahme des Antrags zustande, ohne dass die Annahme dem Antragenden gegenüber erklärt zu werden braucht, wenn eine solche Erklärung nach der Verkehrssitte nicht zu erwarten ist oder der Antragende auf sie verzichtet hat. Der Zeitpunkt, in welchem der Antrag erlischt, bestimmt sich nach dem aus dem Antrag oder den Umständen zu entnehmenden Willen des Antragenden.

(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen wird.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.