Bundesgerichtshof Urteil, 13. Juli 2010 - VI ZR 111/09
Bundesgerichtshof
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger nimmt die Beklagten auf Schadensersatz in Anspruch, weil die Beklagte zu 2 mit ihrem bei der Beklagten zu 1 haftpflichtversicherten PKW am 14. August 2007 beim Einparken den ordnungsgemäß geparkten PKW des Klägers beschädigt habe.
- 2
- Der Kläger hat am 15. Oktober 2007 gegen die Beklagte zu 1 den Erlass eines Mahnbescheids über 387,30 € nebst Zinsen beantragt, der antragsgemäß erlassen worden ist. In der Anspruchsbegründung vom 13. Dezember 2007 hat der Kläger die Klage gegen die Beklagte zu 2 erweitert, ohne vorher ein Schlichtungsverfahren durchzuführen.
- 3
- Das Amtsgericht hat die Klage gegen die Beklagte zu 2 durch Teilurteil als unzulässig abgewiesen und die Berufung zugelassen. Das Berufungsgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt dieser die Zurückverweisung an das Amtsgericht.
Entscheidungsgründe:
I.
- 4
- Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist die Klage gegen die Beklagte zu 2 unzulässig, weil vor Erhebung der Klage weder ein Streitschlichtungsverfahren zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 2 stattgefunden habe noch ein Mahnverfahren vorausgegangen sei (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 5, Abs. 3 des baden-württembergischen Gesetzes zur obligatorischen außergerichtlichen Streitschlichtung vom 28. Juni 2000 - SchlG BW, GBl. 2000, 470).
- 5
- Die Durchführung der Streitschlichtung sei nicht deshalb entbehrlich, weil der Kläger zunächst ein Mahnverfahren gegen die mit der Beklagten zu 2 gesamtschuldnerisch haftende Beklagte zu 1 durchgeführt und die Klage gegen die Beklagte zu 2 erst mit der Anspruchsbegründung im Wege der Klageerweiterung erhoben habe. Bei der vorliegenden einfachen Streitgenossenschaft müssten die Prozessvoraussetzungen jeweils gegenüber jedem Streitgenossen vorliegen. Dies sei bei der Beklagten zu 2 wegen der nicht durchgeführten obligatorischen Streitschlichtung nicht der Fall.
- 6
- Es bestehe keine Veranlassung, die im Rahmen eines Verkehrsunfalls haftenden Parteien prozessual abweichend von anderen gesamtschuldnerisch haftenden Parteien zu behandeln. Weder der Gesichtspunkt der Regulierungsbefugnis der Beklagten zu 1 und deren Befugnis zur Prozessführung vor den Gerichten noch der Umstand, dass die Beklagte zu 2 nicht befugt sei, im Verhältnis gegenüber dem Haftpflichtversicherer eigene Regulierungstätigkeiten vorzunehmen oder für diesen rechtsverbindliche Erklärungen abzugeben, rechtfertige eine abweichende Bewertung. Gerade bei kleineren Blechschäden sei eine Einigung allein mit dem in Anspruch genommenen Halter nicht von vornherein aussichtslos.
II.
- 7
- Die dagegen gerichtete Revision ist unbegründet. Die Klage ist zu Recht als unzulässig abgewiesen worden, weil vor der Parteierweiterung auf die Beklagte zu 2 nicht das nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SchlG BW erforderliche Schlichtungsverfahren durchgeführt worden ist. Der Senat kann die Anwendung dieser Vorschrift durch die Vorinstanzen gemäß § 545 Abs. 1 ZPO überprüfen.
- 8
- 1. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SchlG BW ist die Erhebung der Klage vor den Amtsgerichten in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten in vermögensrechtlichen Streitigkeiten über Ansprüche, deren Gegenstand an Geld oder Geldeswert bei Einreichung der Klage 750 € nicht übersteigt, grundsätzlich erst zulässig, nachdem versucht worden ist, die Streitigkeit in einem Schlichtungsverfahren einvernehmlich beizulegen. Ein solcher Versuch ist nicht erfolgt. Die Ausnahmeregelung des § 1 Abs. 2 Nr. 5 SchlG BW liegt im Verhältnis zur Beklagten zu 2 nicht vor, weil ihr gegenüber der Anspruch im Mahnverfahren nicht geltend gemacht worden ist. Auch die Voraussetzungen des § 1 Abs. 3 SchlG BW sind erfüllt, weil alle Parteien im Zeitpunkt des Eingangs der Klagebegründung ihren Wohnsitz, ihren Sitz oder ihre Niederlassung in demselben Landgerichtsbezirk hatten.
- 9
- 2. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats muss, wenn durch Landesrecht ein obligatorisches Güteverfahren vorgeschrieben ist, der Einigungsversuch der Klageerhebung vorausgehen, so dass eine ohne den Einigungsversuch erhobene Klage als unzulässig abzuweisen ist (Senatsurteile BGHZ 161, 145, 148 f.; vom 7. Juli 2009 - VI ZR 278/08 - VersR 2009, 1383 Rn. 7). Die Zielsetzung der Öffnungsklausel des § 15a EGZPO, angesichts des ständig steigenden Geschäftsanfalls bei den Gerichten Institutionen zu fördern, die im Vorfeld der Gerichte Konflikte beilegen, und neben der Entlastung der Justiz durch eine Inanspruchnahme von Schlichtungsstellen Konflikte rascher und kostengünstiger zu bereinigen, kann nur erreicht werden, wenn die Verfahrensvorschrift des § 15a EGZPO konsequent derart ausgelegt wird, dass die Rechtsuchenden und die Anwaltschaft in den durch Landesgesetz vorgegebenen Fällen vor Anrufung der Gerichte auch tatsächlich den Weg zu den Schlichtungsstellen beschreiten müssen (Senatsurteile BGHZ 161, 145, 149 f.; vom 7. Juli 2009 - VI ZR 278/08 - aaO). Im Hinblick darauf hat der Senat entschieden , dass die Schlichtungsbedürftigkeit eines Klageantrags nicht deshalb entfällt , weil er im Wege der objektiven Klagehäufung mit einem nicht schlichtungsbedürftigen Antrag verbunden wird. Ansonsten bestünde eine Möglichkeit zur einfachen Umgehung des Einigungsversuchs, die der Zielsetzung des Gesetzgebers widerspräche, durch die Inanspruchnahme von Schlichtungsstellen die Gerichte zu entlasten und Konflikte rascher und kostengünstiger zu bereinigen (vgl. Senatsurteil vom 7. Juli 2009 - VI ZR 278/08 - aaO, Rn. 10 ff.).
- 10
- 3. Diese Überlegungen sind auch bei der Frage maßgebend, ob das Schlichtungserfordernis entfällt, wenn der im Mahnverfahren im Wege des Direktanspruchs gegen den Haftpflichtversicherer geltend gemachte Anspruch mit der Anspruchsbegründung im Klageverfahren auf den Versicherungsnehmer erweitert wird. Eine solche subjektive Klagehäufung ist nicht anders zu behandeln als der bereits entschiedene Fall der objektiven Klagehäufung.
- 11
- a) Werden der Direktanspruch gegen den Versicherer und der Haftpflichtanspruch gegen den Versicherungsnehmer nicht in getrennten, nacheinander geführten Prozessen geltend gemacht, sondern - wie im Streitfall - Versicherer und Schädiger gemeinsam im selben Rechtsstreit in Anspruch genommen , liegt zwischen ihnen gemäß §§ 59, 60 ZPO eine einfache Streitgenossenschaft vor (vgl. BGHZ 63, 51, 53 ff.; Senatsurteil vom 15. Januar 2008 - VI ZR 131/07 - VersR 2008, 485 Rn. 6; MünchKommZPO/Schultes, 3. Aufl., § 59 Rn. 9; PG/Gehrlein, ZPO, 2. Aufl., §§ 59, 60 Rn. 6; Zöller/Vollkommer, ZPO, 28. Aufl., § 60 Rn. 5, § 62 Rn. 8a). In diesen Fällen der subjektiven Klagehäufung werden die mehreren Verfahren nur äußerlich verbunden und es besteht zu jedem Streitgenossen ein gesondertes Prozessrechtsverhältnis. Es gilt der Grundsatz, dass die Prozessvoraussetzungen für jeden einzelnen Antrag gesondert zu prüfen sind. Liegen diese bezüglich eines der Streitgenossen nicht vor, so ist die Klage insoweit - ggf. wie hier durch Teilurteil - grundsätzlich als unzulässig abzuweisen (vgl. Senatsurteil vom 8. Juli 2008 - VI ZR 221/07 - VersR 2009, 1288 Rn. 15; BGH, Urteil vom 26. Mai 1994 - IX ZR 39/93 - NJW 1994, 3102, 3103; MünchKommZPO/Schultes, aaO, Rn. 11, 22; PG/Gehrlein, aaO, Rn. 13; Zöller/Vollkommer, aaO, § 60 Rn. 9). Demgemäß muss die besondere Prozessvoraussetzung eines obligatorischen Streitschlichtungsverfahrens , das vor Erhebung der Klage gegen den Streitgenossen - hier gegen die Beklagte zu 2 mit Zustellung der Anspruchsbegründung - durchgeführt werden muss, hinsichtlich des einzelnen Streitgenossen vorliegen. Soweit der Bundesgerichtshof in Fällen des § 264 Nr. 2 ZPO die Durchführung eines weiteren Einigungsversuchs für den nachträglich erweiterten oder beschränkten Anspruch als grundsätzlich entbehrlich angesehen hat (vgl. BGH, Urteil vom 22. Oktober 2004 - V ZR 47/04 - NJW-RR 2005, 501, 503), ist schon deswegen keine vergleichbare Situation gegeben, weil im damaligen Fall vor Klageerhebung ein Streitschlichtungsversuch erfolgte.
- 12
- b) Das vor Klageerhebung durchzuführende Schlichtungsverfahren war entgegen der Auffassung der Revision nicht deshalb entbehrlich, weil der Versicherungsnehmer nach § 7 Abs. 2 Nr. 5 AKB im Falle eines Rechtsstreits dessen Führung dem Versicherer zu überlassen und dem Rechtsanwalt, den der Versicherer bestellt, Vollmacht zu erteilen hat. Diese Vorschrift regelt mit der Übertragung der Prozessführungsmacht lediglich das Innenverhältnis zwischen Versicherungsnehmer und Versicherer (vgl. Senatsbeschlüsse vom 20. Januar 2004 - VI ZB 76/03 - VersR 2004, 622, 623; vom 19. Januar 2010 - VI ZB 36/08 - VersR 2010 Rn. 5; Feyock/Jacobsen/Lemor-Jacobsen, Kraftfahrtversicherung , 3. Aufl., § 7 AKB Rn. 118; Stiefel/Hoffmann, Kraftfahrtversicherung, 17. Aufl., § 7 AKB Rn. 193 m.w.N.). Zudem ist der maßgebliche Zeitpunkt für die Erfüllung der Obliegenheit, dem Versicherer die Prozessführung zu überlassen , regelmäßig die Zustellung der entsprechenden gerichtlichen Schriftstücke an den Versicherungsnehmer seitens des Gerichts, mit der erst im Sinne der Zivilprozessordnung die Rechtshängigkeit eintritt und somit von einem Rechtsstreit gesprochen werden kann (vgl. Feyock/Jacobsen/Lemor-Jacobsen, Kraftfahrtversicherung , aaO Rn. 120; Stiefel/Hoffmann, aaO). Im Streitfall ist eine solche Zustellung an die Beklagte zu 2 und Begründung des Prozessrechtsverhältnisses ihr gegenüber erst mit der Zustellung der Anspruchsbegründung nach dem vorher nur gegen die Beklagte zu 2 erlassenen Mahnbescheid erfolgt. Aus diesen Gründen steht § 7 Abs. 2 Nr. 5 AKB der Durchführung eines Streitschlichtungsverfahrens vor Erhebung der Klage gegen den Versicherungsnehmer nicht entgegen. Insoweit weist das Berufungsgericht auch zu Recht darauf hin, dass gerade bei dem hier vorliegenden niedrigen Streitwert eine Einigung allein mit dem in Anspruch genommenen Halter nicht von vorn- herein aussichtslos ist, weil dieser im Rahmen eines Schlichtungsverfahrens durchaus auch ohne Zustimmung des Versicherers zu einer gütlichen Einigung bereit sein kann, um durch eigene Regulierung das Risiko einer Prämienrückstufung zu vermeiden (vgl. auch LG Bielefeld, Urteil vom 17. April 2007 - 20 S 7/07 -, juris Rn. 15, 44). Im Schlichtungsverfahren können Tatsachen berücksichtigt werden, die für eine einverständliche Lösung des Konflikts der Parteien von wesentlicher oder ausschlaggebender Bedeutung sein können, im nachfolgenden Prozess jedoch rechtlich irrelevant sind. In dem Verfahren tritt den Parteien der Schlichter als neutrale Person gegenüber, der sich um eine Einigung bemüht und - insbesondere, wenn auch der Geschädigte etwas nachgibt - eine Einigung erreichen kann. Ob von Seiten der Beklagten das Schlichtungsverfahren als aussichtslos erscheint, ist insoweit ohne Bedeutung (vgl. BVerfG NJW-RR 2007, 1073, 1074 f.).
- 13
- 4. Nach den vorstehenden Ausführungen wurde die Klage zu Recht als unzulässig abgewiesen, weil der mit der Anspruchsbegründung erfolgten Klageerhebung gegenüber der Beklagten zu 2 nicht das nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 3 SchlG BW erforderliche Schlichtungsverfahren vorausgegangen ist. Hinsichtlich des weiteren Vorgehens weist der Senat den Kläger vorsorglich auf die nach § 3 Nr. 8 PflVersG a.F., § 124 Abs. 1 VVG eintretende Rechtskrafterstreckung eines möglicherweise zwischenzeitlich im Prozess gegen die Beklagte zu 1 ergangenen klageabweisenden Urteils hin (vgl. Senatsurteil vom 15. Januar 2008 - VI ZR 131/07 - VersR 2008, 485 Rn. 6 f. m.w.N.).
- 14
- 5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Galke Zoll Wellner Diederichsen Stöhr
AG Karlsruhe, Entscheidung vom 29.05.2008 - 7 C 486/07 -
LG Karlsruhe, Entscheidung vom 28.11.2008 - 9 S 267/08 -
Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 13. Juli 2010 - VI ZR 111/09
Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 13. Juli 2010 - VI ZR 111/09
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile
Bundesgerichtshof Urteil, 13. Juli 2010 - VI ZR 111/09 zitiert oder wird zitiert von 6 Urteil(en).
Mehrere Personen können als Streitgenossen gemeinschaftlich klagen oder verklagt werden, wenn sie hinsichtlich des Streitgegenstandes in Rechtsgemeinschaft stehen oder wenn sie aus demselben tatsächlichen und rechtlichen Grund berechtigt oder verpflichtet sind.
Mehrere Personen können auch dann als Streitgenossen gemeinschaftlich klagen oder verklagt werden, wenn gleichartige und auf einem im Wesentlichen gleichartigen tatsächlichen und rechtlichen Grund beruhende Ansprüche oder Verpflichtungen den Gegenstand des Rechtsstreits bilden.
Als eine Änderung der Klage ist es nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrundes
- 1.
die tatsächlichen oder rechtlichen Anführungen ergänzt oder berichtigt werden; - 2.
der Klageantrag in der Hauptsache oder in Bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt wird; - 3.
statt des ursprünglich geforderten Gegenstandes wegen einer später eingetretenen Veränderung ein anderer Gegenstand oder das Interesse gefordert wird.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Parteien sind Grundstücksnachbarn. Im Bereich ihrer gemeinsamen Grundstücksgrenze trennen eine von der Beklagten im Jahr 2001 erneuerte höhere Mauer, eine niedrige Mauer mit darauf befindlichem Zaun sowie ein Drahtzaun die Grundstücke voneinander.
Mit der Behauptung, Mauern und Zaun stünden fast vollständig auf ihrem Grundstück, verlangen die Kläger deren Beseitigung. Ferner machen sie 313,30 € für Vermessungskosten geltend. Ein von den Klägern vor Klageerhe-
bung eingeleitetes außergerichtliches Schlichtungsverfahren ist infolge Nichterscheinens der Beklagten erfolglos geblieben.
In der ersten Instanz haben die Kläger ihre Anträge neu gefaßt und die Klage erweitert. Das Amtsgericht hat die Klage als unzulässig abgewiesen, weil die geänderte Klage eine erneute Streitschlichtung gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2e des baden-württembergischen Gesetzes zur obligatorischen außergerichtlichen Streitschlichtung (BadWürttSchlG) erfordere. Auf die Berufung der Kläger hat das Landgericht die Entscheidung des Amtsgerichts aufgehoben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht (erstinstanzliche Zivilkammer) zurückverwiesen.
Mit der von dem Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Die Kläger beantragen die Verwerfung, hilfsweise die Zurückweisung des Rechtsmittels.
Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht meint, eine weitere außergerichtliche Streitschlichtung sei schon deshalb entbehrlich, weil das Landesschlichtungsgesetz nur auf vor dem Amtsgericht zu erhebende Klagen Anwendung finde, vorliegend jedoch das Landgericht erstinstanzlich zuständig sei. Das Amtsgericht habe den – auf 2.500 € festgesetzten - Wert des Streitgegenstands zwar in Übereinstimmung mit der herrschenden Auffassung in Rechtsprechung und
Literatur nach dem klägerischen Interesse an der Rechtsverfolgung bestimmt. Diese Auffassung überzeuge jedoch nicht. Bei unterschiedlich hohem Streitinteresse der Parteien sei das jeweils höhere maßgeblich, hier also das mit 12.000 € zu bewertende Interesse der Beklagten, die Mauer- und Zaunanlage nicht beseitigen zu müssen. Im Berufungsurteil sei daher sogleich die Verweisung des Rechtsstreits an das Landgericht (Zivilkammer erster Instanz) auszusprechen gewesen.
II.
1. Die hiergegen erhobene Revision ist zulässig.
a) Die Beklagte ist durch die zurückverweisende Entscheidung des Berufungsgerichts beschwert, da ihrem Antrag auf sachliche Entscheidung nicht entsprochen worden ist (vgl. BGHZ 31, 358, 361; 59, 82, 83; BGH, Urt. v. 19. Oktober 1989, I ZR 22/88, NJW-RR 1990, 480, 481).
b) Die Revisionsbegründung entspricht den Anforderungen des § 551 Abs. 3 ZPO. Gegen eine kassatorische Entscheidung kann mit der Revision nur geltend gemacht werden, daß die ausgesprochene Aufhebung und Zurückverweisung gegen das Gesetz verstößt (BGH, Urt. v. 24. Februar 1983, IX ZR 35/82, NJW 1984, 495; Urt. v. 18. Februar 1997, XI ZR 317/95, NJW 1997, 1710). Dabei kann die Rüge zulässigerweise dahin gehen, daß die Aufhebung und Zurückverweisung fehlerhaft ist, weil das Berufungsgericht bei korrekter Rechtsanwendung selbst in der Sache hätte entscheiden müssen (BGH, Urt. v. 18. Februar 1997, XI ZR 317/95, aaO; Urt. v. 22. Mai 2001, VI ZR 74/00, NJW
2001, 2550). Dem genügt die auf Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils gerichtete Revision, indem sie geltend macht, bei richtiger Rechtsanwendung hätte das Berufungsgericht die Berufung der Kläger zurückweisen müssen , da das Amtsgericht die Klage wegen Nichtdurchführung des außergerichtlichen Schlichtungsverfahrens zu Recht als unzulässig abgewiesen habe.
c) Nicht gefolgt werden kann der Auffassung der Revisionsbeklagten, die Revision sei gemäß § 545 Abs. 2 ZPO unzulässig. Da die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils erstrebt, dieses also verteidigt, wird die Revision nicht darauf gestützt, daß das Gericht des ersten Rechtszuges – nur auf dieses stellt § 545 Abs. 2 ZPO ab (vgl. MünchKommZPO /Wenzel, 2. Aufl., Aktualisierungsband, § 545 Rdn. 15; Musielak/Ball, ZPO, 4. Aufl., § 545 Rdn. 12) - seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen oder verneint hat.
2. Die Revision ist jedoch unbegründet, denn die Aufhebung des amtsgerichtlichen Urteils und die Zurückverweisung des Rechtsstreits in die erste Instanz sind im Ergebnis nicht zu beanstanden.
a) Entgegen der Auffassung der Revision hat das Berufungsgericht insoweit den Regelungsgehalt des § 513 Abs. 2 ZPO nicht verkannt. Zwar hindert die Vorschrift, nach der die Berufung nicht darauf gestützt werden kann, daß das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat, das Berufungsgericht, die Zuständigkeit des erstinstanzlichen Gerichts zu prüfen (vgl. MünchKomm-ZPO/Rimmelspacher, 2. Aufl., Aktualisierungsband , § 513 Rdn. 19). Der Umstand, daß § 1 Abs. 1 BadWürttSchlG eine vor dem Amtsgericht zu erhebende Klage voraussetzt und deshalb von dem
Amtsgericht nur angewendet werden konnte, wenn es seine Zuständigkeit bejahte , entzieht die Entscheidung - auch hinsichtlich der Frage der Zuständigkeit – jedoch nicht der Nachprüfung durch das Berufungsgericht. Nach seinem Zweck, Rechtsmittelstreitigkeiten auszuschließen, die allein die Frage der Zuständigkeit des erstinstanzlichen Gerichts zum Gegenstand haben (vgl. RegE BT-Drucks. 14/4722, S. 94), schränkt § 513 Abs. 2 ZPO die Nachprüfung der angefochtenen Entscheidung nämlich nur ein, soweit allein der Festlegung des zuständigen Gerichts dienende Vorschriften in Rede stehen (vgl. MünchKommZPO /Rimmelspacher, aaO, § 513 Rdn. 22). Die Anwendung sonstiger Normen, die – wie § 1 Abs. 1 Satz 1 BadWürttSchlG – einen anderen Zweck verfolgen und dabei an die Zuständigkeit eines bestimmten Gerichts lediglich anknüpfen, ist dagegen nach allgemeinen Grundsätzen zu überprüfen.
b) Die Auffassung des Berufungsgerichts, das baden-württembergische Schlichtungsgesetz sei vorliegend nicht anwendbar, weil der Wert des Streitgegenstandes 12.000 € übersteige und der Rechtsstreit damit in die sachliche Zuständigkeit des Landgerichts falle (§ 71 Abs. 1 iVm § 23 Nr. 1 GVG), ist rechtsfehlerhaft.
Die für die Anwendung des Landesschlichtungsgesetzes erforderliche Feststellung, ob eine Klage vor dem Amts- oder vor dem Landgericht zu erheben ist, richtet sich nach den für die Festsetzung des Zuständigkeitsstreitwerts maßgeblichen Grundsätzen. Ist die Feststellung – wie hier – auf der Grundlage von § 3 ZPO, also nach freiem Ermessen, getroffen worden, so kann sie von dem Revisionsgericht zwar nur darauf überprüft werden, ob das Berufungsgericht die gesetzlichen Grenzen seines Ermessens überschritten oder das Ermessen fehlerhaft ausgeübt hat (vgl. BGH, Urt. v. 20. September 1983, VI ZR
111/82, VersR 1983, 1160, 1161; Beschl. v. 10. Juli 1996, XII ZB 15/96, FamRZ 1996, 1543 f.; Beschl. v. 27. Juni 2001, IV ZB 3/01, NJW-RR 2001, 1571 für die Bewertung des Rechtsmittelinteresses). Einer solchen Prüfung hält die angefochtene Entscheidung jedoch nicht stand. Die Bewertung des Zuständigkeitsstreitwerts mit über 12.000 € überschreitet die durch § 3 ZPO vorgegebenen Grenzen des Ermessens.
Die Auffassung des Berufungsgerichts, daß sich der Streitwert bei unterschiedlich zu bewertenden Interessen der klagenden und der beklagten Partei nach dem höheren Interesse richte, steht mit den für die Bestimmung des Zuständigkeitsstreitwerts maßgeblichen, an dem Wert des Streitgegenstands ausgerichteten §§ 2 und 3 ZPO nicht in Einklang. Unzutreffend ist bereits der gedankliche Ausgangspunkt, das Gesetz knüpfe über den Begriff des Streitgegenstands an die sich „im Streit“ befindlichen Interessen beider Parteien an. Was Streitgegenstand ist, wird durch den Antrag des Klägers bestimmt (GrSZ, BGHZ 59, 17, 18; BGHZ 117, 1, 5; Senat, BGHZ 124, 313, 317). Sein Rechtsschutzbegehren , konkretisiert durch den Klageantrag und den ihm zugrunde liegenden Lebenssachverhalt, bildet den Gegenstand des Rechtsstreits (BGHZ 117, 1, 5). Einwendungen des Beklagten sind für den Streitgegenstand grundsätzlich ohne Bedeutung (GrSZ, aaO). Auch das Gebot der prozessualen Waffengleichheit , auf das sich das Berufungsgericht maßgeblich stützt, steht einer Bewertung des Zuständigkeitsstreitswerts nach dem Interesse des Klägers nicht entgegen (vgl. Senat, BGHZ 124, 313, 319).
Der Zuständigkeitsstreitswert ist deshalb nach dem - von de m Amtsgericht mit 2.500 € bewerteten - klägerischen Interesse an einem Erfolg der Klage zu bestimmen. Daß die Kläger - wie die Revisionserwiderung meint - ihr Inter-
esse ebenfalls mit 12.000 € beziffert hätten, trifft nicht zu. Insbesondere folgt dies nicht aus ihrem nur hilfsweise gestellten Antrag, den Rechtsstreit nach einer Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils an das Landgericht zurückzuverweisen.
c) Die Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung des Rechtsstreits gemäß § 538 Abs. 2 Nr. 3 ZPO erweist sich jedoch aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO).
Die Klage durfte von dem Amtsgericht nicht als unzulässig abgewiesen werden, denn die Änderung der Klageanträge während des erstinstanzlichen Verfahrens machte keinen erneuten Schlichtungsversuch gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 BadWürttSchlG erforderlich. Der Senat kann die Anwendung dieser Vorschrift durch die Vorinstanzen überprüfen, da ihr räumlicher Geltungsbereich ganz Baden-Württemberg erfaßt und sich damit über den Bezirk eines Oberlandesgerichts hinaus erstreckt (§ 545 Abs. 1 ZPO).
aa) Zutreffend ist das Amtsgericht allerdings davon ausgegangen, daß das Verfahren in den Anwendungsbereich von § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2e BadWürttSchlG fällt. Nach dieser – auf der Öffnungsklausel des § 15a EGZPO beruhenden - Vorschrift ist die Klageerhebung vor den Amtsgerichten in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten über Ansprüche wegen der im Nachbarrechtsgesetz (BadWürttNRG) geregelten Nachbarrechte, sofern es sich nicht um Einwirkungen eines gewerblichen Betriebs handelt, erst nach einem außergerichtlichen Schlichtungsversuch zulässig.
Eine Rechtsstreitigkeit über Ansprüche wegen im Nachbarrechtsgesetz geregelter Rechte ist gegeben, wenn dieses Gesetz Regelungen enthält, die für den Interessenkonflikt der Nachbarn im konkreten Fall von Bedeutung sind. Erst durch die Zusammenschau aller gesetzlichen Regelungen des Nachbarrechts , das sich als Bundesrecht im Bürgerlichen Gesetzbuch findet (§§ 906 ff. BGB) und in den Rechtsvorschriften der landesrechtlichen Nachbargesetze enthalten ist, werden nämlich Inhalt und Schranken der Eigentümerstellung bestimmt. Nur in dem hiernach gegebenen Rahmen kann ein Eigentümer sich gegen eine von dem Nachbargrundstück ausgehende Beeinträchtigung zur Wehr setzen oder verpflichtet sein, diese zu dulden (vgl. Senat, Urt. v. 12. November 1999, V ZR 229/98, NJW-RR 2000, 537 f.; vgl. auch Schmidt, DAR 2001, 481, 482).
Die Rechtssache der Parteien betrifft hiernach Ansprüche wegen der im Nachbarrechtsgesetz geregelten Nachbarrechte im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2e BadWürttSchlG. Die Parteien streiten in erster Linie, ob die vorhandene, ihre Grundstücke trennende Mauer- und Zaunanlage an der jetzigen Stelle verbleiben kann. Da sich § 11 BadWürttNRG mit dem zulässigen Standort für Einfriedungen befaßt, sind dessen Regelungen zur Bestimmung von Inhalt und Umfang eines Beseitigungsanspruchs der Kläger heranzuziehen. Ob daneben mit den für Grenzanlagen geltenden §§ 921, 922 BGB, die allerdings nur die Benutzung und Unterhaltung solcher Anlagen regeln, nicht dagegen eine Duldungspflicht des Nachbarn begründen (Senat, BGHZ 91, 282, 286; Senat, Urt. v. 11. Oktober 1996, V ZR 3/96, NJW-RR 1997, 16), auch bundesrechtliche Vorschriften von Bedeutung sein können, ist für die Anwendung von § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2e BadWürttSchlG ohne Belang.
bb) Die Kläger haben den Versuch unternommen, die Streitigkeit mittels eines Schlichtungsverfahrens einvernehmlich beizulegen und mit der Klage die gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 BadWürttSchlG erforderliche Bescheinigung hierüber vorgelegt. Ihre somit zulässige Klage ist durch die im Verlauf des erstinstanzlichen Verfahrens erfolgte Umstellung der Klageanträge nicht unzulässig geworden.
Dabei kann dahinstehen, inwieweit die Kläger den im Schlichtungsverfahren zugrunde gelegten, in erster Linie auf die Entfernung und Zurücksetzung einer ca. 45 m langen Mauer/Zaunanlage gerichteten Antrag durch den erstinstanzlich zuletzt gestellten Antrag, welcher zwischen dem im Vorderbereich der Grundstücke befindlichen Drahtzaun, der auf einer Länge von 32,3 m im Gartenbereich stehenden niedrigen Mauer mit Drahtzaun und der höheren Mauer unterscheidet und mit dem nun auch die Reduzierung der höheren Mauer auf 1,5 m verlangt wird, geändert, erweitert oder bloß präzisiert haben. In keinem Fall erforderte die Veränderung der Anträge ein erneutes außergerichtliches Schlichtungsverfahren.
Ziel des dem Landesschlichtungsgesetz zugrunde liegenden Gesetzes zur Förderung der außergerichtlichen Streitschlichtung vom 15. Dezember 1999 (BGBl. I S. 2400) ist die Entlastung der Zivilgerichte (BT-Drucks. 14/980 S. 5). Zu diesem Zweck wurde es den Ländern durch die Öffnungsklausel des § 15a EGZPO ermöglicht, die Zulässigkeit einer zivilrechtlichen Klage in bestimmten Fällen von der vorherigen Durchführung eines außergerichtlichen Schlichtungsversuchs abhängig zu machen. Hierdurch sollen geeignete Streitigkeiten ohne Einschaltung der Gerichte beigelegt werden. Dieses Ziel läßt sich indessen nicht mehr erreichen, wenn die Schlichtung erfolglos geblieben
und die Streitigkeit bei Gericht anhängig geworden ist. Das Gerichtsverfahren ist deshalb wie jedes andere Verfahren nach den allgemeinen Vorschriften durchzuführen. Insbesondere kann die klagende Partei die Klage erweitern (§ 264 Nr. 2 ZPO) oder nach Maßgabe von § 263 ZPO ändern, ohne daß hierdurch die Zulässigkeit der Klage nachträglich entfiele. Dies folgt im übrigen auch daraus, daß § 15a EGZPO die Länder in den in Abs. 1 Nr. 1 bis 3 genannten Fällen nur ermächtigt, die Klageerhebung, nicht aber auch eine Klageerweiterung oder -änderung von der vorherigen Durchführung eines Schlichtungsverfahrens abhängig zu machen.
Eine andere Auslegung von § 1 Abs. 1 Nr. 1 BadWürttSchlG führte zudem zu unnötigem Zeitverzug und Kosten in Form eines weiteren Schlichtungsversuchs. Dieser Aufwand ließe sich entgegen der Auffassung des Amtsgerichts auch dann nicht rechtfertigen, wenn die veränderte Fassung der Anträge die Einigungsbereitschaft der Parteien und damit die Chance einer nicht streitigen Erledigung der Sache erhöht hat. In einem solchen Fall hat das Gericht, das in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Beilegung des Rechtsstreits bedacht sein soll (§ 278 Abs. 1 ZPO), die Einigungschance selbst zu ergreifen und auf eine vergleichsweise Regelung hinzuwirken.
Ob ausnahmsweise etwas anderes gilt, wenn sich eine Klageänderung als rechtsmißbräuchlich darstellt (vgl. LG Kassel, NJW 2002, 2256; LG München I, MDR 2003, 1313 für den Fall, daß der Klageerhebung kein Schlichtungsverfahren vorausging), bedarf keiner Entscheidung, weil eine solche Annahme hier fern liegt. Im übrigen dürfte der klagenden Partei, die ein Schlichtungsverfahren durchgeführt hat, kaum jemals vorzuwerfen sein, daß sie eine
Klageänderung nur vornimmt, um das Erfordernis einer obligatorischen außergerichtlichen Streitschlichtung zu umgehen.
d) Das amtsgerichtliche Urteil konnte daher keinen Bestand haben. Die Aufhebung des Urteils und die Zurückverweisung der Sache gemäß § 538 Abs. 2 Nr. 3 ZPO ist allerdings insoweit verfahrensfehlerhaft, als das Berufungsgericht die Möglichkeit einer eigenen Sachentscheidung nicht erwogen, also von dem ihm durch § 538 ZPO eingeräumten Ermessen keinen Gebrauch gemacht hat (vgl. Senat, Urt. v. 30. März 2001, V ZR 461/99, NJW 2001, 2551 m.w.N.). Mangels einer entsprechenden Verfahrensrüge ist der Senat jedoch an die Entscheidung des Berufungsgerichts, die Sache in die erste Instanz zurückzuverweisen , gebunden (§ 557 Abs. 3 Satz 2 ZPO).
3. Zu Recht rügt die Revision aber, daß die mit der Zurückverweisung in die erste Instanz verbundene Verweisung des Rechtsstreits an das Landgericht (erstinstanzliche Zivilkammer) gegen § 513 Abs. 2 ZPO verstößt.
a) Im Rechtsmittelverfahren ist eine – die gleichzeitige Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils erfordernde (vgl. BGHZ 10, 155, 163, BGH, Beschl. v. 15. Juni 1988, I ARZ 331/88, NJW-RR 1988, 1405) – Verweisung des Rechtsstreits an das örtlich oder sachlich zuständige Gericht erster Instanz nur möglich, sofern die Unzuständigkeit des Erstgerichts noch geltend gemacht werden kann (BGHZ 16, 339, 345). Das war hier nicht der Fall. Nach § 513 Abs. 2 ZPO in der Fassung des Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses vom 27. Juli 2001 (BGBl. I S. 1887) kann die Berufung nicht darauf gestützt werden, daß das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat. Die Vorschrift entzieht dem Berufungsgericht die Nachprüfung
des angefochtenen Urteils insoweit, als das Erstgericht seine Zuständigkeit - wie hier - bejaht hat. Der umfassende, der Verfahrensbeschleunigung und Entlastung der Berufungsgerichte dienende Prüfungsausschluß (vgl. MünchKomm -ZPO/Rimmelspacher, 2. Aufl., Aktualisierungsband, § 513 Rdn. 3; Musielak /Ball, ZPO, 4. Aufl., § 513 Rdn. 6 f.) hindert das Berufungsgericht auch, die örtliche und sachliche Zuständigkeit des Erstgerichts mit Blick auf § 281 ZPO zu prüfen. Ihm fehlt damit die Kompetenz, den Rechtsstreit an ein anderes erstinstanzliches Gericht zu verweisen. Eine im Berufungsurteil dennoch ausgesprochene Verweisung unterliegt - sofern gegen das Urteil in zulässiger Weise Revision eingelegt worden ist – der Aufhebung durch das Revisionsgericht.
b) Da das Amtsgericht schon aus diesem Grund für die neue Verhandlung und Entscheidung der Sache zuständig geblieben ist, kommt es nicht darauf an, daß das Verfahren des Berufungsgerichts auch deshalb fehlerhaft war, weil eine Berufungskammer des Landgerichts den Rechtsstreit nicht an eine erstinstanzliche Kammer desselben Gerichts verweisen kann (RGZ 119, 379, 384; Zöller/Greger, ZPO, 24. Aufl., § 281 Rdn. 9).
4. In der Sache bleibt die Revision allerdings ohne Erfolg und ist daher mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Wenzel Krüger Klein RiBGH Dr. Gaier ist mit seiner Ernennung zum RiBVerfG ausgeschieden und an der Unterschrift gehindert. Karlsruhe, den 2.11.2004 Wenzel Stresemann
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I.
Der Kläger hat gegen die Beklagten als Gesamtschuldner einen Mahnbescheid wegen einer Schadensersatzforderung in Höhe von 501,64 einem Verkehrsunfall erwirkt. Dagegen haben der Beklagte zu 1 als der Fahrer und Halter des unfallgegnerischen Fahrzeugs und die Beklagte zu 2 als dessen Haftpflichtversicherer durch ihre jeweiligen Prozeßbevollmächtigten Widerspruch eingelegt. Obwohl die Beklagte zu 2 vor der mündlichen Verhandlung und Durchführung der Beweisaufnahme der Prozessbevollmächtigten des Be-klagten zu 1 mitgeteilt hat, daß sie sich gegen die Klage verteidigen und einen ihrer Anwälte mit der Prozeßführung beauftragen werde, äußerte sich diese weiterhin schriftsätzlich für den Beklagten zu 1 und nahm für ihn die Verhandlungstermine vor dem Amtsgericht wahr. Das Amtsgericht hat die Klage unter Überbürdung der Kosten auf den Kläger abgewiesen. Der Beklagte zu 1 hat einen gesonderten Kostenfestsetzungsantrag für die Gebühren seiner Prozessbevollmächtigten gestellt. Die Rechtsanwälte der Beklagten zu 2 haben Festsetzung erhöhter Gebühren beantragt , weil sie von der Beklagten zu 2 beauftragt worden seien, beide Beklagten zu vertreten. Das Amtsgericht hat für die Beklagte zu 2 die Kosten in Höhe einer 10/10 Gebühr und für den Beklagten zu 1 seinem Antrag entsprechend festgesetzt. Auf die sofortige Beschwerde des Klägers gegen die Kostenfestsetzung für den Beklagten zu 1 hat das Landgericht diesen Beschluß aufgehoben. Hiergegen richtet sich die - vom Beschwerdegericht zugelassene - Rechtsbeschwerde des Beklagten zu 1, mit der er seinen Kostenfestsetzungsantrag weiterverfolgt.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist statthaft und zulässig (§§ 574 Abs. 1 Nr. 2, 575 ZPO). Sie hat in der Sache jedoch nur teilweise Erfolg. 1. Mit Recht hat das Beschwerdegericht die Mehrkosten, die im Streitfall durch die Beauftragung eines eigenen Rechtsanwalts durch den Beklagten zu 1 entstanden sind, als nicht erstattungsfähig angesehen.a) Die Erstattungsfähigkeit der im Streit befindlichen Anwaltskosten hängt davon ab, ob es für den Beklagten zu 1 notwendig war, sich durch einen weiteren, gesondert beauftragten Rechtsanwalt vertreten zu lassen, obwohl der Versicherer einen gemeinsamen Prozessbevollmächtigten bestellt hat, denn nach § 91 Abs. 2 S. 3 ZPO sind die Kosten mehrerer Anwälte einer Partei vom unterlegenen Gegner nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Anwalts nicht übersteigen oder in der Person des Anwalts ein Wechsel erforderlich war. Eine solche Ausnahme ist gegeben, wenn ein konkreter sachlicher Grund die Inanspruchnahme mehrerer Prozeßbevollmächtigten gebietet. Die Frage, ob dies stets der Fall ist, wenn Streitgenossen klagen oder verklagt werden, wird in der Rechtsprechung der Instanzgerichte unterschiedlich beantwortet (den Erstattungsanspruch bejahend vgl. OLG Schleswig, ZfSch 1984, 233, 234; OLG Düsseldorf, MDR 1985, 148; OLG Oldenburg, NZV 1991, 72; verneinend OLG Karlsruhe, VersR 1979, 944; OLG Bamberg, VersR 1986, 395 f.; OLG Hamm, MDR 1990, 1019; OLG München, MDR 1995, 263; OLG Koblenz, MDR 1995, 263 f.; LG Berlin, RPfleger 1997, 498; vgl. zum Meinungsstand: BaumbachLauterbach -Albers-Hartmann, ZPO, 62. Aufl., § 91 Rdnr. 132, 137 f. m. w. N.). aa) Die Befürworter der Erstattungsfähigkeit stützen sich auf den Grundsatz , daß für Streitgenossen keine kostenrechtliche Verpflichtung zur Bestellung eines gemeinsamen Prozessbevollmächtigten besteht, sich vielmehr jeder Streitgenosse durch einen eigenen Bevollmächtigten vertreten lassen darf (vgl. BVerfG, NJW 1990, 2124; Baumbach-Lauterbach-Albers-Hartmann, aaO; Stein/Jonas/Bork, ZPO, 21. Aufl., § 91 Rdnr. 103 a). bb) Die Gegenansicht schränkt diesen Grundsatz nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalls ein (vgl. OLG Bamberg, VersR 1986, 395 f.; OLG München, MDR 1995, 263; OLG Koblenz, MDR 1995, 263 f.; LG Berlin, RPfleger 1997, 498). Sie läßt Ausnahmen zu, wenn feststeht, daß ein eigener Pro-
zessbevollmächtigter für eine interessengerechte Prozeßführung nicht erforderlich sein wird. cc) Der Senat folgt dieser Auffassung. Die Frage, ob die geltend gemachten Kosten als notwendig i. S. des § 91 Abs. 1 ZPO anzusehen sind, läßt sich nicht aufgrund einer schematischen Beurteilung ohne Berücksichtigung der konkreten Fallumstände beantworten. Für den vorliegenden Fall ergibt dies, daß die Bestellung eines eigenen Anwalts bei Geltendmachung des Direktanspruchs gegen den Haftpflichtversicherer und des Schadensersatzanspruches gegen den Halter/Fahrer des versicherten Fahrzeuges in einem gemeinsamen Rechtsstreit nicht notwendig und damit auch nicht erstattungsfähig ist, weil kein besonderer sachlicher Grund für die Einschaltung eines eigenen Anwalts besteht (vgl. OLG Bamberg, VersR 1986, 395 f.; OLG München, MDR 1995, 263; OLG Koblenz, MDR 1995, 263 f.; OLG Saarbrücken, JurBüro 1989, 1417; differenzierend OLG Hamburg, JurBüro 1988, 762 f.; vgl. auch Zöller/Herget, ZPO, 24. Aufl., § 91, Rdnr. 13, Stichwort: Streitgenossen Ziff. 2 m.w.N.). (1) Im Haftpflichtprozeß gilt im Innenverhältnis zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer § 7 Abs. 2 Nr. 5 AKB. Danach hat der Versicherungsnehmer im Falle eines Rechtsstreits dessen Führung dem Versicherer zu überlassen und dem Rechtsanwalt, den der Versicherer bestellt, Vollmacht zu erteilen. Daraus ist zu folgern, daß für den Versicherungsnehmer ohne weiteres kein Anlaß besteht, einen eigenen Prozeßbevollmächtigten zu bestellen. Beim Versicherer handelt es sich regelmäßig um ein gewerbliches Unternehmen, das oft über eine eigene, die Sache bearbeitende Rechtsabteilung verfügt. In diesen Fällen ist davon auszugehen, daß sachkundige Mitarbeiter der Rechtsabteilung den Rechtsstreit in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht vorbereiten und ihren Prozeßbevollmächtigten entsprechend unterrichten. Aber auch dann wenn der Haftpflichtversicherer keine eigene Rechtsabteilung unterhält, sondern bei
rechtlichen Schwierigkeiten einen Rechtsanwalt an seinem Geschäftsort beauf- tragt (vgl. zur Kostenerstattung beim sog. "Outsourcing"; Senatsbeschluß vom 11. November 2003 - VI ZB 41/03 - zur Veröffentlichung bestimmt), ist die Beauftragung eines eigenen Rechtsanwalts für den Versicherungsnehmer, wenn er ersichtlich kein über die Interessen des Versicherers hinausgehendes oder ihnen entgegengerichtetes Prozeßziel verfolgt, nicht bzw. nicht mehr erforderlich , sobald der Versicherer den Rechtsstreit aufnimmt. (2) Dabei ist der Zeitpunkt der Mandatserteilung durch den Versicherungsnehmer ohne Bedeutung, wenn der Versicherer wirksam von seinem Recht nach § 7 Abs. 2 Nr. 5 AKB zur Beauftragung eines gemeinsamen Prozeßbevollmächtigten Gebrauch macht und es auf Grund der Sachlage an konkreten Interessengegensätzen in der Rechtsverteidigung der als Streitgenossen auf Schadensersatz in Anspruch genommenen Beklagten fehlt. Der Gegner darf nicht mit Mehrkosten belastet werden, die auf Grund der besonderen versicherungsrechtlichen Beziehungen der auf Schadensersatz in Anspruch genommenen Gegner entstehen. (3) Auch ein etwaiger Streit zwischen Versicherungsnehmer und Versicherer über die Notwendigkeit oder auf Angemessenheit einer Schadensersatzleistung des Versicherers mit der möglichen Folge einer Rückstufung des Versicherungsnehmers macht die Prozeßvertretung des Versicherten durch einen eigenen Anwalt nicht notwendig. Er kann im Prozeß des Geschädigten gegen Versicherer und Versicherungsnehmer nicht geklärt werden. Der Streit über diese Fragen ist vielmehr in einem gesonderten Prozeß auszutragen (so auch OLG Bremen, VersR 1988, 1304; OLG Hamm, MDR 1990, 1019).
b) Danach sind die durch die eigene Prozeßvertretung des Beklagten zu 1 entstandenen Mehrkosten nicht erstattungsfähig. Der Beklagte zu 1 hätte,
wollte er von ihm zu tragende Kosten vermeiden, seine Prozeßbevollmächtigte von ihrem Mandat entbinden müssen, sobald ihm mitgeteilt worden ist, daß sich die Beklagte zu 2 über die von ihr beauftragten Rechtsanwälte gegen die Klage verteidigen wird. Auf die zeitliche Reihenfolge der Mandatserteilung kommt es hierbei - wie dargelegt - nicht an. Soweit die Rechtsbeschwerde behauptet, dass eine unzureichende Kooperation der Beklagten zu 2 mit dem Beklagten zu 1 vorgelegen habe, die eine persönliche zusätzliche Interessenvertretung des Beklagten zu 1 rechtfertigen könnte, fehlen hierzu tatsächliche Feststellungen des Beschwerdegerichts, ohne daß die Rechtsbeschwerde dies rügt. 2. Ob dem Beklagten zu 1 noch ein Erstattungsanspruch in Höhe einer 3/10 Gebühr infolge der Erhöhung nach § 6 BRAGO zusteht - wie die Rechtsbeschwerde dies geltend macht - kann der Senat mangels tatsächlicher Feststellungen nicht entscheiden. Die Sache ist deshalb zur neuen Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen. Müller Greiner Diederichsen Pauge Zoll
(1) Soweit durch rechtskräftiges Urteil festgestellt wird, dass dem Dritten ein Anspruch auf Ersatz des Schadens nicht zusteht, wirkt das Urteil, wenn es zwischen dem Dritten und dem Versicherer ergeht, auch zugunsten des Versicherungsnehmers, wenn es zwischen dem Dritten und dem Versicherungsnehmer ergeht, auch zugunsten des Versicherers.
(2) Ist der Anspruch des Dritten gegenüber dem Versicherer durch rechtskräftiges Urteil, Anerkenntnis oder Vergleich festgestellt worden, muss der Versicherungsnehmer, gegen den von dem Versicherer Ansprüche auf Grund des § 116 Abs. 1 Satz 2 geltend gemacht werden, diese Feststellung gegen sich gelten lassen, es sei denn, der Versicherer hat die Pflicht zur Abwehr unbegründeter Entschädigungsansprüche sowie zur Minderung oder zur sachgemäßen Feststellung des Schadens schuldhaft verletzt.
(3) Die Absätze 1 und 2 sind nicht anzuwenden, soweit der Dritte seinen Anspruch auf Schadensersatz nicht nach § 115 Abs. 1 gegen den Versicherer geltend machen kann.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)