Bundesgerichtshof Urteil, 24. Juli 2018 - VI ZR 294/17

bei uns veröffentlicht am24.07.2018
vorgehend
Landgericht Heidelberg, 4 O 28/08, 24.03.2016
Oberlandesgericht Karlsruhe, 7 U 61/16, 05.07.2017

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 294/17 Verkündet am:
24. Juli 2018
Böhringer-Mangold
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Zur Entkräftung der Beweiskraft des Tatbestands durch das Sitzungsprotokoll.

b) Der für die Annahme eines Befunderhebungsfehlers erforderliche Pflichtwidrigkeitsvorwurf
kann darin bestehen, dass die medizinisch gebotene Befundung
mit einem von Beginn an nur notdürftig reparierten Gerät unternommen
wird, auch wenn das Gerät zunächst noch verwertbare Aufzeichnungen liefert
(hier: CTG-Kontrolle mit einem lediglich mit einem Heftpflaster geflickten
CTG-Gerät).
BGH, Urteil vom 24. Juli 2018 - VI ZR 294/17 - OLG Karlsruhe
LG Heidelberg
ECLI:DE:BGH:2018:240718UVIZR294.17.0

Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 24. Juli 2018 durch den Vorsitzenden Richter Galke, den Richter Wellner, die Richterinnen Dr. Oehler und Müller und den Richter Dr. Klein
für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 5. Juli 2017 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger nimmt die Beklagten auf Ersatz materiellen und immateriellen Schadens sowie auf Feststellung nach ärztlicher Geburtshilfe in Anspruch. Der Beklagte zu 1 ist Belegarzt in der Klinik der Beklagten zu 3. Die Beklagte zu 2 war Angestellte des Belegarztpools; sie hat die Geburt des Klägers am 20. Oktober 2004 geleitet und befand sich zu diesem Zeitpunkt in der Weiterbildung zum Facharzt.
2
Die mit diesem schwangere Mutter des Klägers wurde am 18. Oktober 2004 auf Anordnung des Beklagten zu 1 wegen Überschreitung des errechneten Geburtstermins stationär in die Klinik der Beklagten zu 3 aufgenommen. Am Morgen des 20. Oktober 2004 wurde sie in den Kreißsaal verlegt und anden Wehentropf angeschlossen, es erfolgte zudem eine CTG-Dauerüberwachung. Um 15.52 Uhr kam es zum Blasensprung. Nach 16.00 Uhr wurde das CTGGerät ausgewechselt, nachdem es mit dem ersten Gerät Schwierigkeiten gegeben hatte. Um 16.45 Uhr wurde der Kläger durch die Beklagte zu 2 entbunden, er musste wegen Herz- und Kreislaufstillstands beatmet werden. Der Kläger leidet u.a. unter einer hypoxisch-ischämischen Enzephalopathie, zentralen Tonus - und Koordinationsstörungen, allgemeiner Entwicklungsstörung, zentralen Bewegungsstörungen sowie einer expressiven Sprachstörung; er wurde in die Pflegestufe 2 eingruppiert. Diese Beschwerden führt der Kläger auf eine von den Beklagten zu verantwortende Sauerstoffunterversorgung im Mutterleib unter der Geburt nach Uterusruptur zurück.
3
Das Landgericht hat der Klage gegen die Beklagten zu 1 und 2 im Wesentlichen stattgegeben und die Klage gegen die Beklagte zu 3 abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten zu 1 und 2 hat das Oberlandesgericht die Klage insgesamt abgewiesen, die auf Zahlung eines höheren Schmerzensgeldbetrags und Verurteilung auch der Beklagten zu 3 gerichtete Berufung des Klägers hat es zurückgewiesen. Mit seiner vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

4
Das Berufungsgericht hat einen schadensursächlichen Behandlungsfehler der Beklagten als nicht erwiesen erachtet und hierzu - soweit für das Revisionsverfahren noch relevant - ausgeführt:
5
Auch wenn man davon ausgehe, dass sich das CTG-Gerät schon am Morgen des 20. Oktober 2004 in einem nicht ordnungsgemäßen Zustand befunden habe, weil der Stecker des Kabels, das den der Mutter angelegten Bauchgurt und das CTG-Gerät verband, lediglich mit einem Heftpflaster befestigt gewesen sei mit der Folge, dass der Stecker bei einem Papierwechsel kurz nach 16.00 Uhr herausgefallen sei und wegen eines abgebrochenen Plastikstücks nicht mehr habe in die Buchse eingeführt werden können, weshalb die Herztöne nur noch unzureichend, nämlich lückenhaft schriftlich aufgezeichnet worden seien, sei dieser Defekt für die ex post betrachtet fehlerhafte Ableitung der Herztöne nicht ursächlich gewesen.
6
Die Beklagte zu 2 habe aus der maßgeblichen Sicht ex ante weiterhin von einem fetalen Wohlbefinden ausgehen dürfen, weil das CTG-Gerät Herztöne akustisch weiter wiedergegeben habe. Diese akustischen Signale habedie Beklagte zu 2 für die Herztöne des Klägers halten dürfen, nachdem sie diese durch Tasten des Mutterpulses von diesem vermeintlich habe abgrenzen können. Dass das defekte CTG-Gerät (wie später auch das Ersatzgerät) ex post betrachtet tatsächlich die mütterliche Herzfrequenz und nicht die des Kindes signalisiert habe, könne der Beklagten zu 2 ebenso wenig vorgeworfen werden wie der Umstand, dass sie dies beim vergleichenden Tasten des Mutterpulses nicht bemerkt habe. Verwechslungen des mütterlichen und des kindlichen Herzschlages seien in der Dynamik der Geburt nicht immer sicher auszuschließen , wenn der Pulsschlag ähnlich sei.
7
Somit liege der Umstand, dass nicht die kindlichen Herztöne abgeleitet wurden, nicht darin begründet, dass ein mit Heftpflaster notdürftig repariertes CTG-Gerät zum Einsatz gekommen sei, sondern dass nach dem Papierwechsel - bis dahin habe das geflickte Gerät verwertbare Aufzeichnungen geliefert - der mütterliche Puls, nicht der kindliche Puls abgeleitet wurde, was trotz sachgerechter Pulskontrollen bei der Mutter nicht bemerkt worden sei. Zu einem solchen Vorgehen habe es auch mit einem anderen, nicht mit Heftpflaster reparierten CTG-Gerät kommen können, da auch dieses - wie letztlich auch das herbeigeschaffte Ersatzgerät - den Mutterpuls statt den kindlichen Puls hätte ableiten und damit über den tatsächlichen Zustand des Klägers im Mutterleib hätte hinwegtäuschen können. Ein nachweisbarer Kausalzusammenhang zwischen dem Defekt des CTG-Geräts und dem Gesundheitsschaden des Klägers bestehe daher nicht.
8
Etwas anderes ergebe sich auch nicht hinsichtlich der Beklagten zu 3 unter dem Aspekt des voll beherrschbaren Risikos. Zwar müsse die Behandlungsseite die geeigneten technischen Voraussetzungen für eine sachgemäße Behandlung ihrer Patienten gewährleisten. Eine Kausalitätsvermutung sei hieraus jedoch nicht abzuleiten. Da nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ein vergleichbarer Geburtsverlauf auch mit einem anderen Gerät der gleichen Bauart hätte passieren können, sei der dem Kläger obliegende Beweis, dass das Nichterkennen seines Zustandes unter der Geburt durch den Gerätedefekt verursacht worden sei, nicht geführt.

II.

9
Diese Erwägungen halten revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand.
10
1. Die rechtliche Würdigung des Berufungsgerichts, dem Kläger stehe ein Anspruch wegen fehlerhafter medizinischer Behandlung nicht zu, beruht auf tatbestandlichen Feststellungen, die durch das Sitzungsprotokoll entkräftet sind, §§ 314 Satz 2, 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Das Berufungsurteil ist schon wegen dieses Mangels aufzuheben.
11
a) Der Beurteilung durch das Revisionsgericht unterliegt das Parteivorbringen , das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist, § 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Grundsätzlich liefert der Tatbestand des Urteils Beweis für das Parteivorbringen, § 314 Satz 1 ZPO. Der Beweis kann aber durch das Sitzungsprotokoll entkräftet werden, § 314 Satz 2 ZPO. Letzteres geht dann für die Bestimmung des Parteivorbringens vor (vgl. Senatsurteile vom 24. September 1991 - VI ZR 60/91, NJW 1992, 311, 312; vom 13. Juli 1993 - VI ZR 278/92, NJW 1993, 3067; Ackermann in Prütting/Gehrlein, ZPO, 7. Aufl., § 559 Rn. 13; Ball in Musielak/Voit, ZPO, 15. Aufl., § 559 Rn. 19).
12
b) Das Berufungsgericht hat als unstreitiges Parteivorbringen festgestellt, das CTG-Gerät sei gegen 16.09 Uhr ausgewechselt worden. Dem steht das - vom Berufungsgericht für das mündliche Vorbringen der Eltern des Klägers im Übrigen ausdrücklich in Bezug genommene - Sitzungsprotokoll der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht vom 26. April 2017 entgegen. Danach hat der Vater und gesetzliche Vertreter des Klägers in seiner Anhörung vorgetragen, dass es mindestens eine halbe Stunde gedauert habe, bis ein neues CTG angeschlossen worden sei. Damit ist die Feststellung im Berufungsurteil zum Parteivorbringen hinsichtlich des Zeitpunkts des Geräteaustausches durch das Sitzungsprotokoll entkräftet.
13
Lediglich ergänzend ist anzumerken, dass der Vortrag des Klägers in der Sache übereinstimmt mit den vom Berufungsgericht ebenfalls in Bezug genommen Feststellungen des landgerichtlichen Urteils (dort Seiten 36, 29 und 37) und den Feststellungen des Sachverständigen, wonach ein anderes CTGGerät erst um 16.37 Uhr angeschlossen wurde, während um 16.07 Uhr (lediglich ) ein Papierwechsel beim alten CTG-Gerät vorgenommen wurde, nach welchem es zu Aufzeichnungslücken beim alten CTG-Gerät gekommen sei.
14
c) Da die schadensursächliche Sauerstoffmangelversorgung des Klägers nach den weiteren Feststellungen des Berufungsgerichts wahrscheinlich auf einer zwischen 16.00 Uhr und 16.15 Uhr eingetretenen Uterusruptur der Mutter beruhte, ist die Frage, ob in dieser Zeit und bis 16.37 Uhr das defekte CTGGerät oder bereits das grundsätzlich funktionstüchtige Ersatzgerät eingesetzt wurde, für die rechtliche Beurteilung der Ersatzansprüche des Klägers maßgeblich (s. sogleich unter II. 2).
15
2. Auf der Grundlage der dem Kläger günstigen Sachverhaltsvariante, wonach das Ersatzgerät erst um 16.37 Uhr angeschlossen wurde, lässt sich ein Ersatzanspruch des Klägers nicht verneinen. Ein solcher ergäbe sich, wie das Landgericht zutreffend erkannt hat, bei dieser Sachlage und unter Zugrundelegung des vom Berufungsgericht als wahr unterstellten Vortrags des Klägers vielmehr unter dem Gesichtspunkt des Befunderhebungsfehlers.
16
a) Kardiotokographie (Cardiotocography, CTG) ist die simultane Registrierung und Aufzeichnung der Herztöne des ungeborenen Kindes und der Wehentätigkeit der werdenden Mutter (Herz-Wehenschreiber). Nach den vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Feststellungen des Landgerichts war ein Dauer-CTG während der Geburt bereits zum hier maßgeblichen Zeitpunkt im Jahr 2004 medizinischer Standard. Die Durchführung eines geplanten Geburts- vorgangs mit einem von vornherein nur notdürftig mit Heftpflaster geflickten CTG-Gerät wäre daher von Beginn an als behandlungsfehlerhaft zu beurteilen, was sich freilich nur und erst dann auswirkt, wenn das Gerät infolge des Defekts unrichtige oder unvollständige Befunde liefert. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts entfällt die Fehlerhaftigkeit des Vorgehens nicht deshalb, weil die akustischen Signale auch nach dem Ausfall der Schreibfunktion weiterhin zu hören waren und weil der von der Beklagten zu 2 behelfsmäßig vorgenommene manuelle Abgleich mit dem Pulsschlag der Mutter in der konkreten Situation eines Ausfalls der Schreibfunktion des CTG-Geräts unter der Geburt nicht zu beanstanden ist. Insofern ist vielmehr zu unterscheiden zwischen einem nicht immer vermeidbaren kurzfristigen Funktionsausfall und einem - wie hier - von vornherein bestehenden Mangel mit absehbaren Fehlerfolgen. Entsprechend früher setzt der Pflichtwidrigkeitsvorwurf rechtlich im Streitfall an, wobei er entsprechend dem jeweiligen Verantwortungsbereich der Beklagten an das Bereithalten oder die Verwendung eines fehlerhaften Geräts anknüpft.
17
b) Unabhängig von der Frage, ob dieser Behandlungsfehler als grob zu bewerten wäre, ist festgestellt, dass das CTG-Gerät bis zum Papierwechsel kurz nach 16.00 Uhr ordnungsgemäß funktionierte und verwertbare schriftliche Aufzeichnungen der Herztöne des Klägers lieferte. Der Ausfall jedenfalls der Schreibfunktion des CTG-Gerätes beruhte nach dem vom Berufungsgericht als wahr unterstellten Vortrag des Klägers auf dem bereits zuvor bestehenden Defekt des Gerätes, der sich nunmehr realisierte, indem der nur notdürftig mit Heftpflaster befestigte Stecker im Zuge des Papierwechsels herausfiel und sich danach wegen eines abgebrochenen Plastikteils nicht mehr richtig befestigen ließ, woraufhin das Gerät nunmehr unvollständige Befunde lieferte. Bei weiterhin ordnungsgemäßer Aufzeichnung der Herztöne des Klägers wäre die zu diesem Zeitpunkt einsetzende Unterversorgung des Klägers nach den vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Feststellungen des Landgerichts mit hin- reichender Wahrscheinlichkeit offenbar geworden und hätte eine Reaktion der Beklagten zu 2 erfordert, nämlich eine Entscheidung über die sofortige Entbindung des Klägers etwa in Gestalt der Vakuumextraktion oder der Sectio. Da das Absehen von einer Reaktion der Beklagten zu 2 unter den für den Kläger lebensbedrohlichen Umständen des Falles grob fehlerhaft gewesen wäre, käme dem Kläger nach der ständigen Rechtsprechung des Senats eine Umkehr der Beweislast für die haftungsbegründende Kausalität von Pflichtverletzung und Schaden zu Gute (vgl. Senatsurteile vom 11. April 2017 - VI ZR 576/15, VersR 2017, 888 Rn. 17; vom 2. Juli 2013 - VI ZR 554/12, VersR 2013, 1174 Rn. 11; vom 27. April 2004 - VI ZR 34/03, BGHZ 159, 48, 56 f.; vgl. auch § 630h Abs. 5 Satz 2 BGB).
18
c) Der Umstand, dass nach den Feststellungen des Berufungsgerichts eine vergleichbare Fehlableitung der Herztöne der Mutter statt des Kindes auch mit einem anderen, funktionstüchtigen Gerät der gleichen Bauart hätte passieren können, ändert an dieser Kausalitätsvermutung zugunsten des Klägers entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nichts. Dieser Umstand stünde unter dem Gesichtspunkt des rechtmäßigen Alternativverhaltens vielmehr zur Beweislast der Beklagten und würde somit erst dann relevant, wenn diese zur Überzeugung des Gerichts bewiesen, dass es auch bei Verwendung eines funktionstüchtigen Gerätes zu einer nicht erkennbaren Fehlableitung der Herztöne gekommen wäre. Die bloße Möglichkeit genügte hierfür nicht (vgl. Senat, Urteile vom 22. Mai 2012 - VI ZR 157/11, NJW 2012, 2024 Rn. 12; vom 9. Dezember 2008 - VI ZR 277/07, BGHZ 179, 115 Rn. 11; Beschluss vom 16. Oktober 2007 - VI ZR 229/06, NJW-RR 2008, 263 Rn. 14; Geiß/Greiner, Arzthaftpflichtrecht , 7. Aufl., Rn. B 230; jeweils mwN).

III.

19
Im weiteren Verfahren wird das Berufungsgericht daher zunächst festzustellen haben, wie lange das defekte CTG-Gerät trotz der nach 16.00 Uhr aufgetretenen Aufzeichnungslücken noch in Betrieb gelassen und wann das Ersatzgerät angeschlossen wurde. Sodann wird sich das Berufungsgericht eine Überzeugung davon zu bilden haben, ob es auch bei Verwendung eines funktionstüchtigen Gerätes zu einer nicht erkennbaren Fehlableitung der Herztöne gekommen wäre. In Abhängigkeit hiervon wird das Berufungsgericht ggf. weiter aufzuklären haben, ob der Defekt des CTG-Gerätes bereits am Morgen des 20. Oktober 2004 bestand, ob dies für die Beklagten zu 1 und 3 zurechenbar erkennbar war und wer im Belegarztverhältnis der Beklagten zu 1 und 3 für die Funktionsfähigkeit des CTG-Gerätes verantwortlich war. Für die Beurteilung einer Haftung der Beklagten zu 2 wird ggf. zu klären sein, wann diese die ärztliche Leitung des Geburtsvorgangs übernommen hat und ob und ggf. zu welchem Zeitpunkt sie ihrerseits Kenntnis von dem Defekt des CTG-Gerätes hätte erlangen können. Galke Wellner Oehler Müller Klein
Vorinstanzen:
LG Heidelberg, Entscheidung vom 24.03.2016 - 4 O 28/08 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 05.07.2017 - 7 U 61/16 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 24. Juli 2018 - VI ZR 294/17

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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 823 Schadensersatzpflicht


(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. (2) Di

Zivilprozessordnung - ZPO | § 559 Beschränkte Nachprüfung tatsächlicher Feststellungen


(1) Der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegt nur dasjenige Parteivorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Außerdem können nur die in § 551 Abs. 3 Nr. 2 Buchstabe b erwähnten Tatsachen berücksichtigt

Zivilprozessordnung - ZPO | § 314 Beweiskraft des Tatbestandes


Der Tatbestand des Urteils liefert Beweis für das mündliche Parteivorbringen. Der Beweis kann nur durch das Sitzungsprotokoll entkräftet werden.
Bundesgerichtshof Urteil, 24. Juli 2018 - VI ZR 294/17 zitiert 6 §§.

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(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. (2) Di

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(1) Der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegt nur dasjenige Parteivorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Außerdem können nur die in § 551 Abs. 3 Nr. 2 Buchstabe b erwähnten Tatsachen berücksichtigt

Zivilprozessordnung - ZPO | § 314 Beweiskraft des Tatbestandes


Der Tatbestand des Urteils liefert Beweis für das mündliche Parteivorbringen. Der Beweis kann nur durch das Sitzungsprotokoll entkräftet werden.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 630h Beweislast bei Haftung für Behandlungs- und Aufklärungsfehler


(1) Ein Fehler des Behandelnden wird vermutet, wenn sich ein allgemeines Behandlungsrisiko verwirklicht hat, das für den Behandelnden voll beherrschbar war und das zur Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit des Patienten geführt hat.

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Referenzen

Der Tatbestand des Urteils liefert Beweis für das mündliche Parteivorbringen. Der Beweis kann nur durch das Sitzungsprotokoll entkräftet werden.

(1) Der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegt nur dasjenige Parteivorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Außerdem können nur die in § 551 Abs. 3 Nr. 2 Buchstabe b erwähnten Tatsachen berücksichtigt werden.

(2) Hat das Berufungsgericht festgestellt, dass eine tatsächliche Behauptung wahr oder nicht wahr sei, so ist diese Feststellung für das Revisionsgericht bindend, es sei denn, dass in Bezug auf die Feststellung ein zulässiger und begründeter Revisionsangriff erhoben ist.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

Der Tatbestand des Urteils liefert Beweis für das mündliche Parteivorbringen. Der Beweis kann nur durch das Sitzungsprotokoll entkräftet werden.

(1) Der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegt nur dasjenige Parteivorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Außerdem können nur die in § 551 Abs. 3 Nr. 2 Buchstabe b erwähnten Tatsachen berücksichtigt werden.

(2) Hat das Berufungsgericht festgestellt, dass eine tatsächliche Behauptung wahr oder nicht wahr sei, so ist diese Feststellung für das Revisionsgericht bindend, es sei denn, dass in Bezug auf die Feststellung ein zulässiger und begründeter Revisionsangriff erhoben ist.

Der Tatbestand des Urteils liefert Beweis für das mündliche Parteivorbringen. Der Beweis kann nur durch das Sitzungsprotokoll entkräftet werden.

11
a) Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats erfolgt bei der Unterlassung der gebotenen Befunderhebung eine Beweislastumkehr hinsichtlich der haftungsbegründenden Kausalität, wenn bereits die Unterlassung einer aus medizinischer Sicht gebotenen Befunderhebung einen groben ärztlichen Fehler darstellt (vgl. Senatsurteile vom 13. Januar 1998 - VI ZR 242/96, BGHZ 138, 1, 5 f.; vom 29. September 2009 - VI ZR 251/08, VersR 2010, 115 Rn. 8; vom 13. September 2011 - VI ZR 144/10, VersR 2011, 1400 Rn. 8). Zudem kann auch eine nicht grob fehlerhafte Unterlassung der Befunderhebung dann zu einer Umkehr der Beweislast hinsichtlich der Kausalität des Behandlungsfehlers für den eingetretenen Gesundheitsschaden führen, wenn sich bei der gebotenen Abklärung der Symptome mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein so deutlicher und gravierender Befund ergeben hätte, dass sich dessen Verkennung als fundamental oder die Nichtreaktion hierauf als grob fehlerhaft darstellen würde und diese Fehler generell geeignet sind, den tatsächlich eingetretenen Gesundheitsschaden herbeizuführen (vgl. Senatsurteile vom 13. Februar 1996 - VI ZR 402/94, BGHZ 132, 47, 52 ff.; vom 27. April 2004 - VI ZR 34/03, BGHZ 159, 48, 56; vom 23. März 2004 - VI ZR 428/02, VersR 2004, 790, 792; vom 7. Juni 2011 - VI ZR 87/10, VersR 2011, 1148 Rn. 7; vom 13. September 2011 - VI ZR 144/10, aaO). Wahrscheinlich braucht der Eintritt eines solchen Erfolgs nicht zu sein. Eine Umkehr der Beweislast ist nur ausgeschlossen, wenn jeglicher haftungsbegründende Ursachenzusammenhang äußerst unwahrscheinlich ist (vgl. Senatsurteile vom 27. April 2004 - VI ZR 34/03, aaO, 56 f.; vom 7. Juni 2011 - VI ZR 87/10, aaO; vom 13. September 2011 - VI ZR 144/10, aaO). Nach diesen Grundsätzen kommt eine Beweislastumkehr zugunsten der Klägerinnen in Betracht. Denn für die rechtliche Prüfung ist entsprechend den im Berufungsurteil festgestellten und unterstellten tatsächlichen Umständen davon auszugehen , dass bei einer Verlaufskontrolle der verordneten Medikation deren Wirkungslosigkeit festgestellt worden wäre, die sodann gebotene weitere Befunderhebung zur Feststellung der Hirnvenenthrombose am 3. Februar 2002 - statt am 4. Februar 2002 - geführt hätte und die Ärzte der Beklagten zu 2 darauf sogleich mit der Gabe von Heparin hätten reagieren müssen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 34/03 Verkündet am:
27. April 2004
Böhringer-Mangold,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Ein grober Behandlungsfehler, der geeignet ist, einen Schaden der tatsächlich eingetretenen
Art herbeizuführen, führt grundsätzlich zu einer Umkehr der objektiven Beweislast
für den ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Behandlungsfehler und
dem Gesundheitsschaden. Dafür reicht aus, daß der grobe Behandlungsfehler geeignet
ist, den eingetretenen Schaden zu verursachen; nahelegen oder wahrscheinlich
machen muß der Fehler den Schaden hingegen nicht.
BGH, Urteil vom 27. April 2004 - VI ZR 34/03 - OLG Braunschweig
LG Braunschweig
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 27. April 2004 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Müller, den Richter
Dr. Greiner, die Richterin Diederichsen und die Richter Pauge und Zoll

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Braunschweig vom 16. Januar 2003 im Kostenpunkt , soweit nicht über die Kosten des Beklagten zu 2 entschieden worden ist, und insoweit aufgehoben, als im Verhältnis zu den Beklagten zu 1, 3, 4 und 5 zum Nachteil der Klägerin erkannt worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt Schadensersatz und Schmerzensgeld wegen behaupteter ärztlicher Behandlungsfehler. Nach einem Motorradunfall am 10. Mai 1998 wurde die Klägerin in das von der Beklagten zu 1 betriebene Krankenhaus, in dem die Beklagten zu 3 bis 5 als Ärzte tätig waren, eingeliefert. Es wurde festgest ellt, daß sie sich einige Rippen, den dritten Lendenwirbelkörper und das Schulterblatt gebrochen hatte. Nicht bemerkt wurde, daß sie darüber hinaus eine Beckenringfraktur mit einem Sakrumkompressionsbruch rechts davongetragen hatte. Zunächst wurde ihr Bettruhe verordnet. Ab 11. Juni 1998 wurde die Klägerin mobilisiert. Eine Entlastung durch Unterarmgehstützen erfolgte dabei nicht. Einen Tag nach Beginn der Mobilisierung verspürte sie Schmerzen beim Gehen, worauf sie die Schwestern und die behandelnden Ärzte hinwies. Die Beklagten zu 3 bis 5 untersuchten die Klägerin zwar, veranlaßten jedoch keine Röntgenaufnahmen, so daß die Beckenringfraktur weiterhin nicht festgestellt wurde. Sie verordneten auch bei der weiteren Mobilisierung keine (Teil)entlastung durch Unterarmgehstützen. Am 17. Juni 1998 wurde die Klägerin entlassen. Wegen fortdauernder Beschwerden begab sie sich anderweitig in ärztliche Behandlung. Im Rahmen dieser Behandlung wurde am 3. Juli 1998 mit Hilfe einer Beckenübersichtsaufnahme der Beckenringbruch diagnostiziert. Dieser Bruch ist mit einer leichten Verschiebung zusammengewachsen. In einem Gutachten des ärztlichen Dienstes vom 17. Februar 1999 wurde eine nicht korrekte Ausheilung der Fraktur mit verbliebener Pseudarthrose festgestellt. Die Klägerin behauptet, es sei behandlungsfehlerhaft gewesen, daß die Beckenringfraktur nicht schon im Krankenhaus erkannt und mit der Mobilisierung nicht zugleich eine Teilentlastung angeordnet worden sei. Auf diese Be-
handlungsfehler sei die bei ihr festgestellte Pseudarthrose zurückzuführen. Als Folge der Fehlbehandlung leide sie außerdem unter ständigen Schmerzen u.a. in der rechten Leiste, der rechten Gesäßhälfte, beim Liegen und beim Geschlechtsverkehr sowie unter einem Dranggefühl. Mit der vorliegenden Klage begehrt die Klägerin die Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von mindestens 20.451,68 € sowie die Feststellung , daß die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet seien, ihr sämtliche nach dem 1. April 2000 entstehenden materiellen Schäden aus ihrer stationären Behandlung im Krankenhaus der Beklagten zu 1 zu erstatten, soweit solche Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen, soweit sie sich gegen die Abweisung der Klage gegen den Beklagten zu 2 richtete. Auf die Berufung der Klägerin hat es die Beklagten zu 1, 3, 4 und 5 zur Zahlung eines Schmerzensgelds in Höhe von 3.000 € nebst Zinsen verurteilt. Die weitergehende Berufung hat es zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die zugelassene Revision der Klägerin, mit der diese den vollen Klageantrag gegen die Beklagten zu 1, 3, 4 und 5 weiterverfolgt.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht ist der Auffassung, die Klägerin könne von der Beklagten zu 1 und von den Beklagten zu 3 bis 5 die Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 3.000 € verlangen. Den Beklagten sei als Behandlungsfeh-
ler anzulasten, daß sie keine Röntgenaufnahme des Beckens anfertigen ließen, obwohl die Klägerin im Anschluß an die Mobilisierung über Schmerzen geklagt habe. Mit Hilfe dieser - medizinisch gebotenen - diagnostischen Maßnahme wäre die Beckenringfraktur nämlich festgestellt worden. Alsdann wäre es schlechthin unverständlich und grob fehlerhaft gewesen, die Mobilisierung ohne Teilentlastung durch Unterarmgehstützen fortzusetzen. Als Folgen des Behandlungsfehlers habe die Klägerin vom Abend des zweiten Tages nach Beginn der Mobilisierung bis zur Feststellung des Beckenringbruchs am 3. Juli 1998 unter vermeidbaren Schmerzen gelitten. Dazu habe sich der Heilungsprozeß entsprechend verzögert. Zwar könne die Klägerin nicht den Vollbeweis dafür führen , daß diese Schadensfolgen auf den Behandlungsfehler zurückzuführen seien. Ihr kämen jedoch hinsichtlich der Ursächlichkeit Beweiserleichterungen nach den Grundsätzen zur Verletzung der Pflicht zur Erhebung und Sicherung medizinischer Befunde zugute, weshalb insoweit die Wahrscheinlichkeit der Verursachung für den Kausalitätsnachweis ausreiche. Hingegen könne nicht festgestellt werden, daß das Nichterkennen der Beckenringfraktur nach Beginn der Mobilisierung zu weitergehenden negativen Folgen für die Klägerin geführt habe. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei davon auszugehen, daß es weder während der Bettlägerigkeit der Klägerin noch bei ihrer anschließenden Mobilisierung zu einer Verschiebung des Bruches gekommen sei. Mit großer Wahrscheinlichkeit hätte sich am Heilungsverlauf nichts verändert, wenn die Beckenringfraktur bereits früher festgestellt und dementsprechend eine Teilentlastung durch Unterarmgehstützen bei Beginn der Mobilisierung angeordnet worden wäre. Zwar sei nicht völlig auszuschließen , daß der festgestellte Behandlungsfehler gewisse Auswirkungen auf den Heilungsverlauf und das Heilungsergebnis gehabt habe. Dies sei im Ergebnis aber so unwahrscheinlich, daß auch unter Berücksichtigung der grundsätzlich möglichen Beweiserleichterungen nicht von einer Mitursächlichkeit des Behand-
lungsfehlers für die von der Klägerin geltend gemachten weiteren Folgen ausgegangen werden könne. Allerdings scheide nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum groben Behandlungsfehler eine mögliche Beweislastumkehr nur dann aus, wenn es gänzlich unwahrscheinlich sei, daß der grobe Behandlungsfehler zu dem eingetretenen Körperschaden des Patienten geführt habe. Ein derartiger Grad an Unwahrscheinlichkeit werde hier nicht anzunehmen sein, weil der Sachverständige einen Wahrscheinlichkeitsgrad von bis 90% dafür genannt habe, daß sich am Heilungsverlauf nichts verändert habe. Jedoch müßten dem Patienten Beweiserleichterungen zur Kausalität auch dann, wenn die Voraussetzungen dafür grundsätzlich vorlägen, nicht notwendigerweise zugebilligt werden. Außerdem müsse nicht stets die sehr weitgehende Form der Umkehr der (subjektiven) Beweislast zum Tragen kommen. Vielmehr gebe es auch Beweiserleichterungen unterhalb der Schwelle der Beweislastumkehr. Es liege in der Verantwortung des Tatrichters, im Einzelfall über die Zubilligung von Beweiserleichterungen sowie über deren Umfang, Qualität und jeweilige Reichweite zu entscheiden. Nach diesen Grundsätzen komme vorliegend eine Beweislastumkehr in der Kausalitätsfrage jedenfalls nicht für denjenigen Körperschaden in Betracht, der über vermeidbare Schmerzen und eine verzögerte Heilung in dem Zeitraum zwischen Beginn der Mobilisierung und Feststellung des Beckenringbruchs hinausgehe. Dafür sei neben der vergleichsweise hohen Wahrscheinlichkeit, daß sich das verzögerte Erkennen des Beckenringbruchs auf den weiteren Heilungsverlauf nicht ausgewirkt habe, der Umstand maßgeblich, daß die versäumte Befunderhebung für die Aufklärung des Sachverhalts keine wesentlichen Schwierigkeiten herbeigeführt habe. Daß eine Beckenringfraktur des später festgestellten Typs schon beim Unfall entstanden sei, lasse sich auch aus den nachträglich angefertigten Röntgenaufnahmen feststellen. Unabhängig vom Zeitpunkt der Feststellung der Fraktur stehe fest, daß die konservative Behand-
lung mit der tatsächlich erfolgten vierwöchigen Bettruhe eine zumindest gut vertretbare Behandlungsmethode gewesen sei. Schließlich komme es bei derartigen Frakturen in einer größeren Zahl der Fälle auch bei fehlerfreier Behandlung zur Ausbildung einer Pseudarthrose und zu einem für den Patienten unbefriedigenden Heilungsergebnis. Die Klägerin sei daher beweisfällig geblieben. Beweiserleichterungen unterhalb der Beweislastumkehr würden ihr angesichts der hohen Wahrscheinlichkeit, daß sich bei früherem Erkennen der Fraktur und Mobilisierung unter Teilentlastung durch Unterarmgehstützen am späteren Heilungsverlauf nichts geändert hätte, nicht weiterhelfen. Die Berufung habe auch hinsichtlich des Feststellungsantrags keinen Erfolg. Da Folgen des Behandlungsfehlers ausschließlich für die Zeit bis zum 3. Juli 1998 hätten festgestellt werden können, bestünden keine Anhaltspunkte für die Möglichkeit künftiger materieller Schäden als Folge des Behandlungsfehlers.

II.

Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. 1. Ohne Rechtsfehler und von der Revision als ihr günstig nicht angegriffen hat das Berufungsgericht allerdings angenommen, daß eine Abklärung der von der Klägerin nach Beginn der Mobilisierung geklagten Schmerzen durch eine Röntgenaufnahme hätte veranlaßt werden müssen, daß die Beckenringfraktur bei dieser Untersuchung erkannt worden wäre und daß eine Fehlreaktion auf diesen Befund, insbesondere eine Fortsetzung der Mobilisierung ohne gleichzeitige (Teil)Entlastung durch Unterarmgehstützen schlechthin unver-
ständlich und grob fehlerhaft gewesen wäre. Die Revision wendet sich auch nicht gegen die Feststellung des Berufungsgerichts, es sei zwar nicht auszuschließen , daß der festgestellte Behandlungsfehler die Pseudarthrose und die weiteren gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Klägerin mitverursacht habe, dies sei jedoch unwahrscheinlich, wenn auch nicht gänzlich unwahrscheinlich. 2. Auf dieser Grundlage beanstandet die Revision jedoch zu Recht, daß das Berufungsgericht eine Beweislastumkehr hinsichtlich der ursächlichen Auswirkungen des Behandlungsfehlers verneint hat.
a) Das Berufungsgericht meint, aus der Rechtsprechung des erkennenden Senats ergebe sich, daß es in der Verantwortung des Tatrichters im Einzelfall liege, über die Zubilligung von Beweiserleichterungen sowie über Umfang und Qualität der eintretenden Beweiserleichterungen zu entscheiden. Das trifft jedoch in dieser Form nicht zu.
b) Zwar hat der erkennende Senat verschiedentlich die Formulierung verwendet, daß ein grober Behandlungsfehler, der geeignet sei, einen Schaden der tatsächlich eingetretenen Art herbeizuführen, für den Patienten „zu Beweiserleichterungen bis hin zur Umkehr der Beweislast“ führen könne (vgl. Senatsurteile BGHZ 72, 132, 133 f.; 85, 212, 215 f.; vom 16. Juni 1981 - VI ZR 38/80 - VersR 1981, 954, 955; vom 7. Juni 1983 - VI ZR 284/81 - VersR 1983, 983, 984; vom 29. März 1988 - VI ZR 185/87 - VersR 1988, 721, 722; vom 18. April 1989 - VI ZR 221/88 - VersR 1989, 701 f.; vom 1. Oktober 1996 - VI ZR 10/96 - VersR 1997, 362, 363). Insofern kommt jedoch dem Begriff "Beweiserleichterungen" gegenüber der Beweislastumkehr keine eigenständige Bedeutung bei. Soweit es in einigen Entscheidungen heißt (vgl. Senatsurteile vom 28. Juni 1988 - VI ZR 217/87 – VersR 1989, 80, 81; vom 26. Oktober 1993 - VI ZR 155/92 - VersR 1994, 52, 53; vom 4. Oktober 1994 - VI ZR 205/93 -
VersR 1995, 46, 47), daß das Ausmaß der dem Patienten zuzubilligenden Beweiserleichterungen im Einzelfall danach abzustufen sei, in welchem Maße wegen der besonderen Schadensneigung des Fehlers das Spektrum der für den Mißerfolg in Betracht kommenden Ursachen verbreitert oder verschoben worden sei, betrifft dies die Schadensneigung des groben Behandlungsfehlers, also die Frage seiner Eignung, den Gesundheitsschaden des Patienten herbeizuführen. Insoweit geht es um die Bewertung und beweisrechtlichen Konsequenzen eines groben Behandlungsfehlers im konkreten Einzelfall.
c) Das hat der erkennende Senat in zahlreichen neueren Entscheidungen verdeutlicht und dabei klargestellt, daß es der Sache nach um die Umkehr der Beweislast geht und daß deren Verlagerung auf die Behandlungsseite im Hinblick auf die geringe Schadensneigung des Fehlers nur ausnahmsweise dann ausgeschlossen ist, wenn der Ursachenzusammenhang zwischen grobem Behandlungsfehler und Schaden gänzlich bzw. äußerst unwahrscheinlich ist (vgl. Senatsurteile BGHZ 129, 6, 12; 138, 1, 8; vom 24. September 1996 - VI ZR 303/95 - VersR 1996, 1535, 1536; vom 1. Oktober 1996 - VI ZR 10/96 - VersR 1997, 362, 364; vom 27. Januar 1998 - VI ZR 339/96 - VersR 1998, 585, 586; vom 27. Juni 2000 - VI ZR 201/99 - VersR 2000, 1282, 1283).
d) Bei dieser Betrachtungsweise kann der Formulierung „Beweiserleichterungen bis hin zur Beweislastumkehr“ nicht die Bedeutung zukommen, die das Berufungsgericht ihr beilegen will. Vielmehr führt ein grober Behandlungsfehler , der geeignet ist, einen Schaden der tatsächlich eingetretenen Art herbeizuführen , grundsätzlich zu einer Umkehr der objektiven Beweislast für den ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Behandlungsfehler und dem Gesundheitsschaden. Dafür reicht aus, daß der grobe Behandlungsfehler geeignet ist, den eingetretenen Schaden zu verursachen; nahelegen oder wahrscheinlich machen muß der Fehler den Schaden hingegen nicht (vgl. Senatsurteile BGHZ
85, 212, 216 f.; vom 24. September 1996 - VI ZR 303/95 - aaO - jeweils m.w.N.; vom 1. Oktober 1996 - VI ZR 10/96 - aaO; Nichtannahmebeschluß vom 3. Mai 1994 - VI ZR 340/93 - VersR 1994, 1067). Deshalb ist eine Verlagerung der Beweislast auf die Behandlungsseite nur ausnahmsweise ausgeschlossen, wenn jeglicher haftungsbegründende Ursachenzusammenhang äußerst unwahrscheinlich ist (vgl. Senatsurteile BGHZ 129, 6, 12; 138, 1, 8; vom 24. September 1996 - VI ZR 303/95 - aaO; vom 1. Oktober 1996 - VI ZR 10/96 - aaO; vom 27. Januar 1998 - VI ZR 339/96 - aaO; vom 27. Juni 2000 - VI ZR 201/99 - aaO). Gleiches gilt, wenn sich nicht das Risiko verwirklicht hat, dessen Nichtbeachtung den Fehler als grob erscheinen läßt (vgl. Senatsurteil vom 16. Juni 1981 - VI ZR 38/80 - aaO) oder wenn der Patient durch sein Verhalten eine selbständige Komponente für den Heilungserfolg vereitelt hat und dadurch in gleicher Weise wie der grobe Behandlungsfehler des Arztes dazu beigetragen hat, daß der Verlauf des Behandlungsgeschehens nicht mehr aufgeklärt werden kann (vgl. KG, VersR 1991, 928 mit Nichtannahmebeschluß des Senats vom 19. Februar 1991 - VI ZR 224/90; OLG Braunschweig, VersR 1998, 459 mit Nichtannahmebeschluß des Senats vom 20. Januar 1998 - VI ZR 161/97). Das Vorliegen einer derartigen Ausnahmekonstellation hat allerdings der Arzt zu beweisen (vgl. Senatsurteil vom 16. Juni 1981 - VI ZR 38/80 - aaO; vom 28. Juni 1988 - VI ZR 217/87 - aaO; Groß, Festschrift für Geiß, S. 429, 431).
e) Liegen die oben dargestellten Voraussetzungen für eine Beweislastumkehr vor, so darf sich der Tatrichter nicht darauf beschränken, dem Patienten statt der vollen Beweislastumkehr lediglich abgestufte Beweiserleichterungen zu gewähren, die im übrigen - wie das Berufungsgericht erkennt - der durch den Behandlungsfehler geschaffenen Beweisnot nicht abhelfen könnten. Diese Betrachtungsweise trägt auch den im Schrifttum geäußerten Bedenken Rechnung, daß ein "Ermessen" des Tatrichters bei der Anwendung von Beweislastregeln
dem Gebot der Rechtssicherheit zuwiderlaufen würde. Nach diesem müssen der Rechtssuchende bzw. sein Anwalt in der Lage sein, das Prozeßrisiko in tatsächlicher Hinsicht abzuschätzen. Des weiteren würde die Gleichheit der Rechtsanwendung infolge richterlicher Willkür gefährdet sein (vgl. Laumen, NJW 2002, 3739, 3741 m.w.N.; Leipold, Beweismaß und Beweislast im Zivilprozeß S. 21, 26; Katzenmeier, Arzthaftung, S. 468 f.; Baumgärtel, Handbuch der Beweislast, 2. Aufl., § 823 Anhang C II Rdn. 3; Laufs-Uhlenbruck, Handbuch des Arztrechts, § 110 Rdn. 3). Deshalb erfolgt die Zuweisung des Risikos der Klärung eines entscheidungserheblichen Tatbestandsmerkmals und damit die Verteilung der objektiven Beweislast in abstrakt-genereller Form. Sie muß vor dem Prozeß grundsätzlich feststehen und kann auch während des Prozesses nicht ohne weiteres vom Gericht nach seinem Ermessen verändert werden (vgl. BVerfG, NJW 1979, 1925; Laumen, NJW 2002, aaO). Eine flexible und angemessene Lösung wird im Arzthaftungsprozeß im Einzelfall dadurch gewährleistet , daß dem Tatrichter die Wertung des Behandlungsgeschehens als grob fehlerhaft vorbehalten ist, wobei er freilich die Ausführungen des medizinischen Sachverständigen zugrundezulegen hat (vgl. Senatsurteile BGHZ 138, 1, 6 f.; vom 3. Juli 2001 - VI ZR 418/99 - VersR 2001, 1116 f. und vom 29. Mai 2001 - VI ZR 120/00 - VersR 2001, 1030 f. jeweils m.w.N.).
f) Diese dargestellten Grundsätze gelten nicht nur für den Nachweis des Kausalzusammenhangs zwischen einem groben Behandlungsfehler und dem eingetretenen Gesundheitsschaden, sie gelten entsprechend für den Nachweis des Kausalzusammenhangs bei einem einfachen Befunderhebungsfehler, wenn - wie im vorliegenden Fall - zugleich auf einen groben Behandlungsfehler zu schließen ist, weil sich bei der unterlassenen Abklärung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein so deutlicher und gravierender Befund ergeben hätte, daß sich dessen Verkennung als fundamental oder die Nichtreaktion auf ihn als grob fehlerhaft darstellen würde, d.h. für die zweite Stufe der vom Senat ent-
wickelten Beweiserleichterungen nach einem einfachen Befunderhebungsfehler (vgl. dazu Senatsurteile BGHZ 132, 47, 52 ff.; vom 6. Juli 1999 - VI ZR 290/98 – VersR 1999, 1282, 1283; vom 29. Mai 2001 – VI ZR 120/00 – aaO; vom 8. Juli 2003 - VI ZR 394/02 – VersR 2003, 1256, 1257; vom 23. März 2004 - VI ZR 428/02 - zur Veröffentlichung vorgesehen - jeweils m.w.N.; Groß, aaO, S. 429, 432 ff.; Steffen, Festschrift für Hans Erich Brandner, S. 327, 334 ff.). Ist das Verkennen des gravierenden Befundes oder die Nichtreaktion auf ihn generell geeignet, den tatsächlich eingetretenen Gesundheitsschaden herbeizuführen , tritt also - wenn nicht ein Ursachenzusammenhang zwischen dem ärztlichen Fehler und dem Schaden äußerst unwahrscheinlich ist - grundsätzlich eine Beweislastumkehr ein. In einem derartigen Fall führt nämlich bereits das - nicht grob fehlerhafte - Unterlassen der gebotenen Befunderhebung wie ein grober Behandlungsfehler zu erheblichen Aufklärungsschwierigkeiten hinsichtlich des Kausalverlaufs. Es verhindert die Entdeckung des wahrscheinlich gravierenden Befundes und eine entsprechende Reaktion darauf mit der Folge, daß hierdurch das Spektrum der für die Schädigung des Patienten in Betracht kommenden Ursachen besonders verbreitert oder verschoben wird (Groß, aaO, S. 435).

g) So verhält es sich entgegen der Auffassung des Beru fungsgerichts auch im vorliegenden Fall. Der (einfache) Befunderhebungsfehler der Beklagten hat die gebotene und zur Vermeidung des eingetretenen Schadens geeignete Reaktion auf die Beckenringfraktur verhindert und damit die Aufklärung des hypothetischen weiteren Krankheitsverlaufs, der für die Klägerin erheblich günstiger hätte sein können, erschwert. Mithin hätte sich ohne das Fehlverhalten der Beklagten gezeigt, ob bei der Klägerin auch bei fehlerfreier Behandlung des Beckenringbruchs Dauerfolgen in Form einer Pseudarthrose und von andauernden Schmerzen aufgetreten wären.

III.


Das angefochtene Urteil kann daher keinen Bestand haben . Es ist aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.
Müller Greiner Diederichsen
Pauge Zoll

(1) Ein Fehler des Behandelnden wird vermutet, wenn sich ein allgemeines Behandlungsrisiko verwirklicht hat, das für den Behandelnden voll beherrschbar war und das zur Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit des Patienten geführt hat.

(2) Der Behandelnde hat zu beweisen, dass er eine Einwilligung gemäß § 630d eingeholt und entsprechend den Anforderungen des § 630e aufgeklärt hat. Genügt die Aufklärung nicht den Anforderungen des § 630e, kann der Behandelnde sich darauf berufen, dass der Patient auch im Fall einer ordnungsgemäßen Aufklärung in die Maßnahme eingewilligt hätte.

(3) Hat der Behandelnde eine medizinisch gebotene wesentliche Maßnahme und ihr Ergebnis entgegen § 630f Absatz 1 oder Absatz 2 nicht in der Patientenakte aufgezeichnet oder hat er die Patientenakte entgegen § 630f Absatz 3 nicht aufbewahrt, wird vermutet, dass er diese Maßnahme nicht getroffen hat.

(4) War ein Behandelnder für die von ihm vorgenommene Behandlung nicht befähigt, wird vermutet, dass die mangelnde Befähigung für den Eintritt der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit ursächlich war.

(5) Liegt ein grober Behandlungsfehler vor und ist dieser grundsätzlich geeignet, eine Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit der tatsächlich eingetretenen Art herbeizuführen, wird vermutet, dass der Behandlungsfehler für diese Verletzung ursächlich war. Dies gilt auch dann, wenn es der Behandelnde unterlassen hat, einen medizinisch gebotenen Befund rechtzeitig zu erheben oder zu sichern, soweit der Befund mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Ergebnis erbracht hätte, das Anlass zu weiteren Maßnahmen gegeben hätte, und wenn das Unterlassen solcher Maßnahmen grob fehlerhaft gewesen wäre.

12
cc) Der Umstand, dass bei korrektem medizinischen Vorgehen, d.h. bei Entfernung des vom Tumor betroffenen Darmabschnitts der Klägerin bereits im Rahmen des ersten Eingriffs, möglicherweise ebenfalls eine Nahtinsuffizienz mit vergleichbaren Folgen aufgetreten wäre, stellt die haftungsausfüllende Kausalität nicht in Frage. Ob und welche Risiken sich im Falle der Vornahme nur eines Eingriffs realisiert hätten, betrifft nicht die Kausalität der tatsächlich durchgeführten Behandlung für den eingetretenen Schaden, sondern einen hypothetischen Kausalverlauf bei rechtmäßigem Alternativverhalten, für den der Beklagte beweispflichtig ist (vgl. Senatsurteile vom 15. März 2005 - VI ZR 313/03, VersR 2005, 836, 837; vom 9. Dezember 2008 - VI ZR 277/07, BGHZ 179, 115 Rn. 11 mwN). Steht - wie hier - fest, dass ein Arzt dem Patienten durch fehlerhaftes und rechtswidriges Handeln einen Schaden zugefügt hat, so muss der Arzt beweisen, dass der Patient den gleichen Schaden auch bei rechtmäßigem und fehlerfreiem ärztlichem Handeln erlitten hätte (vgl. Senat, Urteil vom 5. April 2005 - VI ZR 216/03, VersR 2005, 942 mwN; Geiß/Greiner, Arzthaftpflichtrecht, 6. Aufl., Rn. B 230, C 151 mwN). Dass das Berufungsgericht diesen den Beklagten obliegenden Nachweis als nicht geführt angesehen hat, weil es völlig offen ist, ob sich die Risiken auch bei Entfernung des Tumors im Rahmen der ersten Operation verwirklicht hätten, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
11
b) Diese Fehler haben Funktionsbeeinträchtigungen am Handgelenk, ständige Schmerzen und die Berufsunfähigkeit des Klägers als Getränkeausfahrer verursacht. Dass sich aus den Feststellungen des Berufungsgerichts ergeben mag, auch bei richtiger Diagnose und Behandlung werde lediglich in 70 % der Fälle ein über den jetzigen Zustand hinausgehender Erfolg erreicht, führt entgegen der Ansicht der Revision nicht zu Zweifeln an der Kausalität des Fehlverhaltens des Beklagten für den Schaden des Klägers. Ob Reposition und Operation zu einem besseren oder zum selben Ergebnis geführt hätten, betrifft nicht die Kausalität der tatsächlich durchgeführten konservativen Behandlung für den eingetretenen Schaden, sondern einen hypothetischen Kausalverlauf bei rechtmäßigem Alternativverhalten, für den der Beklagte beweispflichtig ist (vgl. Senat, Urteil vom 15. März 2005 - VI ZR 313/03 - VersR 2005, 836, 837 m.w.N.). Steht - wie hier - fest, dass ein Arzt dem Patienten durch fehlerhaftes und rechtswidriges Handeln einen Schaden zugefügt hat, so muss der Arzt beweisen , dass der Patient den gleichen Schaden auch bei rechtmäßigem und fehlerfreiem ärztlichem Handeln erlitten hätte (vgl. Senat, Urteil vom 5. April 2005 - VI ZR 216/03 - VersR 2005, 942 m.w.N.; Geiß/Greiner, Arzthaftpflichtrecht , 5. Aufl., Rn. B 230, C 151 m.w.N.). Dass das Berufungsgericht diesen dem Beklagten obliegenden Nachweis als nicht geführt angesehen hat, weil bei hypothetisch richtiger Behandlung in (nur) 30 % der Fälle ein Ergebnis wie beim Kläger eintritt, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
14
Das Berufungsgericht wird ferner seine Ansicht überprüfen können, der Kläger sei beweisbelastet dafür, dass der Hirnschaden durch einen dringlichen Rat des Beklagten, eine Abklärung im Krankenhaus zu suchen, habe verhindert werden können. Ist Primärschädigung der behauptete Schaden in seiner konkreten Ausprägung (vgl. Senat, Urteil vom 21. Juli 1998 - VI ZR 15/98 - VersR 1998, 1153, 1154) und damit hier der Herz- und Kreislaufstillstand, ist für die behaupteten Folgen des Stillstands das Beweismaß des § 287 Abs. 1 ZPO ausreichend. Soweit des Berufungsgericht dem Kläger die Beweislast auferlegt dafür , dass die Schädigung in gleicher Weise bei pflichtgemäßem Verhalten des Beklagten erfolgt wäre, begegnet das rechtlichen Bedenken. In einem Fall rechtmäßigen Alternativverhaltens muss der Arzt beweisen, dass der gleiche Schaden auch bei rechtmäßigem Vorgehen eingetreten wäre (vgl. Senat, Urteile vom 2. Februar 1968 - VI ZR 115/67 - VersR 1968, 558, 559; vom 15. März 2005 - VI ZR 313/03 - VersR 2005, 836, 837; vom 5. April 2005 - VI ZR 216/03 - VersR 2005, 942; BGH, BGHZ 120, 281, 287).