Bundesgerichtshof Urteil, 21. Dez. 2006 - VII ZR 275/05

bei uns veröffentlicht am21.12.2006
vorgehend
Landgericht Verden (Aller), 7 O 78/04, 23.09.2004
Oberlandesgericht Celle, 5 U 209/04, 10.11.2005

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VII ZR 275/05 Verkündet am:
21. Dezember 2006
Seelinger-Schardt,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Zur Frage, unter welchen Umständen im Rahmen einer Generalbereinigung in einen
Vergleich eingestellte Einzelpositionen Vergleichsgegenstand mit der Folge geworden
sind, dass ein sie betreffender Irrtum die Wirksamkeit des Vergleichs nicht im
Sinne von § 779 Abs. 1 BGB in Frage stellt.
BGH, Urteil vom 21. Dezember 2006 - VII ZR 275/05 - OLG Celle
LG Verden
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche
Verhandlung vom 23. November 2006 durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Dressler, die Richter Hausmann, Dr. Wiebel, Prof. Dr. Kniffka und Bauner

für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 10. November 2005 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit eines Vergleichs.
2
Die Klägerin beauftragte mit Vertrag vom 7. März 2001 eine aus der Beklagten und der zwischenzeitlich in Insolvenz gefallenen M.-GmbH bestehende ARGE (im Folgenden nur noch: Beklagte) mit der Errichtung einer Werkstatt mit Büro und Sozialräumen. Der Vertrag sah die ergänzende Geltung der VOB/B sowie eine Vertragsstrafe bei "Überschreitung von Vertragsfristen" durch die Beklagte vor.
3
Nach der Abnahme des Bauwerks kam es zwischen den Parteien zu erheblichen Meinungsverschiedenheiten. Sie schlossen im Oktober 2003 einen Vergleich, nach dem die Beklagte an die Klägerin noch 7.107,68 € zahlen sollte. Neben anderen Positionen wurde dabei eine von der Klägerin geltend gemach- te Vertragsstrafe zur Hälfte mit berücksichtigt. Die Vergleichssumme wurde nicht bezahlt.
4
Das Landgericht hat der auf Zahlung von 7.107,68 € gerichteten Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben. Dagegen richtet sich ihre vom Berufungsgericht zugelassene Revision, mit der sie weiterhin Klageabweisung begehrt.

Entscheidungsgründe:

5
Die Revision ist nicht begründet.

I.

6
Das Berufungsgericht führt aus, der Vergleich sei nicht nach § 779 Abs. 1 BGB unwirksam. Zwar könnte zweifelhaft sein, ob die Vertragsstrafe wirksam vereinbart worden sei. Verbindliche Ausführungstermine könnten dem Vertrag nicht entnommen werden. Auch werde die Vertragsstrafe nach dem Vertrag fällig, ohne dass die Beklagte sich in Verzug befinden müsse. Die Parteien seien jedoch davon ausgegangen, dass die Vertragsstrafe wirksam vereinbart und verwirkt sei. Dabei handele es sich um einen Rechtsirrtum, der nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht zur Unwirksamkeit des Vergleichs führe. Wegen dieser Frage werde die Revision zugelassen.

II.

7
Das Berufungsurteil hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand. Auf die Zulassungsfrage kommt es nicht an. Der Vergleich ist unabhängig von dieser Frage wirksam. Bei den Parteien lag kein beachtlicher Irrtum im Sinne von § 779 Abs. 1 BGB vor.
8
1. Die Erwägungen, mit denen das Berufungsgericht die Wirksamkeit des Vergleichs bejaht, treffen nicht zu.
9
Nach § 779 Abs. 1 BGB ist ein Vertrag, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis im Wege gegenseitigen Nachgebens beseitigt wird (Vergleich), unwirksam, wenn der nach seinem Inhalt als feststehend zugrunde gelegte Sachverhalt der Wirklichkeit nicht entspricht und der Streit oder die Ungewissheit bei Kenntnis der Sachlage nicht entstanden sein würde.
10
Der Bundesgerichtshof hat den reinen Rechtsirrtum im Rahmen des § 779 Abs. 1 BGB nicht als erheblichen, die Unwirksamkeit des Vergleichs begründenden Irrtum angesehen (Urteile vom 24. September 1959 - VIII ZR 189/58, NJW 1959, 2109 und vom 7. Juni 1961 - VIII ZR 69/60, NJW 1961, 1460). Dem hat sich das Bundesverwaltungsgericht angeschlossen (Beschluss vom 26. November 1973 - VI B 36.73, DVBl. 1974, 353). Diese Rechtsprechung hat in der Literatur Kritik erfahren (vgl. Staudinger/Marburger (2002), Rdn. 71 und MünchKommBGB/Habersack, 4. Aufl., Rdn. 64 je zu § 779 BGB). Hierzu muss der Senat nicht Stellung nehmen. Denn die Frage, ob die Parteien die Vertragsstrafe, die entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts wegen der ergänzenden Geltung der VOB/B nicht verschuldensunabhängig ausgestaltet ist (vgl. BGH, Urteile vom 13. Dezember 2001 - VII ZR 432/00, BGHZ 149, 283; vom 8. Juli 2004 - VII ZR 231/03, BauR 2004, 1611 = NZBau 2004, 613 = ZfBR 2004, 790 und vom 30. März 2006 - VII ZR 44/05, BauR 2006, 1128 = NZBau 2006, 504 = ZfBR 2006, 465), wirksam vereinbart haben, ist keine reine Rechtsfrage. Dies gilt schon deshalb, weil nach dem vom Berufungsgericht in Bezug genommenen, unter Beweis gestellten Vortrag der Klägerin der 1.Oktober 2001 während der Bauausführung als verbindlicher Fertigstellungstermin vereinbart wurde. Ob diese Behauptung zutrifft, ist in erster Linie eine Frage tatsächlicher Feststellungen.
11
2. Ein Irrtum der Parteien darüber, ob die Vertragsstrafe wirksam vereinbart und ob sie verwirkt war, ist deshalb unbeachtlich, weil er nicht eine Grundlage des Vergleichs, sondern dessen Gegenstand selbst betraf. Das Berufungsurteil stellt sich daher im Ergebnis als richtig dar, so dass die Revision zurückzuweisen ist, § 561 ZPO.
12
a) § 779 Abs. 1 BGB setzt voraus, dass sich die Parteien über tatsächliche Gegebenheiten geirrt haben, die sich außerhalb des Streits oder der Ungewissheit befanden. Ein Irrtum über Umstände, die der Vergleich gerade beheben soll, die mithin Gegenstand des Vergleichs sein sollen, führt nicht zur Anwendung des § 779 Abs. 1 BGB und ist unbeachtlich (BGH, Urteile vom 8. Dezember 1999 - I ZR 230/97, NJW 2000, 2497; vom 14. Januar 1998 - XII ZR 113/96, BGHR BGB § 779 Abs. 1 Schiedsgutachtenvergleich 1 und vom 18. Juni 1986 - IVb ZR 47/85, NJW-RR 1986, 1258).
13
b) Die Vertragsstrafe war in diesem Sinne Gegenstand des Vergleichs.
14
Es ist nicht entscheidend, dass die Parteien übereinstimmend davon ausgingen, die Vertragsstrafe sei wirksam vereinbart und sei auch verwirkt, und dass auch der von der Klägerin berechnete Gesamtbetrag der Vertragsstrafe als solcher nicht im Streit war. Denn die Parteien beabsichtigten eine Generalbereinigung. Mit dem Vergleich sollte eine abschließende Regelung hinsichtlich aller gegenseitiger Ansprüche aus der Abwicklung des Vertrags vom 7. März 2001 getroffen werden. Auf Seiten der Klägerin standen dabei vor allem die Ansprüche auf Mietausfallschaden und auf Vertragsstrafe, auf Seiten der Beklagten der Restwerklohnanspruch im Raum. Es spricht manches dafür, dass in einem solchen Fall alle in den Vergleich einfließenden Positionen im Sinne von § 779 Abs. 1 BGB Gegenstand des Vergleichs sind und sie auch dann nicht zu den außerhalb des Streits oder der Ungewissheit liegenden Umständen gehören , wenn über einzelne Positionen oder einzelne Elemente einer Position zwischen den Parteien kein Streit herrscht.
15
Darüber muss der Senat nicht entscheiden. Jedenfalls war hier die Vertragsstrafe durch den Vergleich dem Streit entzogen worden. Auch wenn die Parteien übereinstimmend davon ausgingen, dass die Vertragsstrafe wirksam vereinbart war und dass sie verwirkt war, herrschte doch Streit, ob und in welcher Weise sie in den Vergleich einzustellen sei. Die Beklagte vertrat die Meinung , die Vertragsstrafe sei auf die weiteren Schadensersatzpositionen anzu- rechnen. Die Klägerin wies das zurück. Im Rahmen der angestrebten Gesamtbereinigung sollte dieser Streit beigelegt und das Problem "Vertragsstrafe" insgesamt gelöst werden. Das geschah im Wege gegenseitigen Nachgebens in der Weise, dass die Vertragsstrafe im Vergleich zur Hälfte berücksichtigt wurde. Dressler Hausmann Wiebel Kniffka Bauner
Vorinstanzen:
LG Verden, Entscheidung vom 23.09.2004 - 7 O 78/04 -
OLG Celle, Entscheidung vom 10.11.2005 - 5 U 209/04 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 21. Dez. 2006 - VII ZR 275/05

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 21. Dez. 2006 - VII ZR 275/05

Referenzen - Gesetze

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 561 Revisionszurückweisung


Ergibt die Begründung des Berufungsurteils zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 779 Begriff des Vergleichs, Irrtum über die Vergleichsgrundlage


(1) Ein Vertrag, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis im Wege gegenseitigen Nachgebens beseitigt wird (Vergleich), ist unwirksam, wenn der nach dem Inhalt des Vertrags als feststehend zugrunde gelegte Sach
Bundesgerichtshof Urteil, 21. Dez. 2006 - VII ZR 275/05 zitiert 4 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 561 Revisionszurückweisung


Ergibt die Begründung des Berufungsurteils zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 779 Begriff des Vergleichs, Irrtum über die Vergleichsgrundlage


(1) Ein Vertrag, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis im Wege gegenseitigen Nachgebens beseitigt wird (Vergleich), ist unwirksam, wenn der nach dem Inhalt des Vertrags als feststehend zugrunde gelegte Sach

Referenzen - Urteile

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Bundesgerichtshof Urteil, 08. Juli 2004 - VII ZR 231/03

bei uns veröffentlicht am 08.07.2004

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VII ZR 231/03 Verkündet am: 8. Juli 2004 Seelinger-Schardt, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 21. Dez. 2006 - VII ZR 275/05.

Bundesgerichtshof Urteil, 20. März 2013 - XII ZR 72/11

bei uns veröffentlicht am 20.03.2013

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XII ZR 72/11 Verkündet am: 20. März 2013 Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein

Referenzen

(1) Ein Vertrag, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis im Wege gegenseitigen Nachgebens beseitigt wird (Vergleich), ist unwirksam, wenn der nach dem Inhalt des Vertrags als feststehend zugrunde gelegte Sachverhalt der Wirklichkeit nicht entspricht und der Streit oder die Ungewissheit bei Kenntnis der Sachlage nicht entstanden sein würde.

(2) Der Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis steht es gleich, wenn die Verwirklichung eines Anspruchs unsicher ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VII ZR 231/03 Verkündet am:
8. Juli 2004
Seelinger-Schardt,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
VOB/B § 11 Nr. 2
Eine Vertragsstrafe ist nicht verschuldensunabhängig vereinbart, wenn sie in
einer Klausel unter Bezugnahme auf § 11 VOB/B von der Überschreitung
des Fertigstellungstermins abhängig gemacht wird und die VOB/B vereinbart
ist (Bestätigung von BGH, Urteil vom 13. Dezember 2001 - VII ZR 432/00,
BGHZ 149, 283, 287).
Das Berufungsgericht kann im Einzelfall zur Vermeidung einer mit dem
Rechtsstaatsgebot des Grundgesetzes nicht im Einklang stehenden Verfahrensverzögerung
gehalten sein, von einer Zurückverweisung der Sache an
das erstinstanzliche Gericht abzusehen. Von einer Zurückverweisung kann
insbesondere dann abzusehen sein, wenn eine lange Verfahrensdauer auf
gerichtliche Verfahrensfehler zurückzuführen ist.
BGH, Urteil vom 8. Juli 2004 - VII ZR 231/03 - OLG Frankfurt
LG Darmstadt
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 8. Juli 2004 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Dressler und die Richter
Hausmann, Dr. Wiebel, Prof. Dr. Kniffka und Bauner

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 24. Zivilsenats in Darmstadt des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 25. Juli 2003 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an einen anderen Senat des Berufungsgerichts zurückverwiesen. Die Gerichtskosten für das Revisionsverfahren werden gemäß § 8 GKG a.F. nicht erhoben.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin verlangt restlichen Werklohn. Die Beklagte übertrug ihr 1994 die Putz- und Stuckarbeiten an ihrem Alten- und Pflegeheim. Die Auftragssumme betrug 153.143,78 DM. Die VOB/B war vereinbart. Die Klägerin hat zunächst Zahlung von 589.035,57 DM verlangt. Das Landgericht hat die Klage am 27. November 1997 abgewiesen. Mit der Berufung hat die Klägerin noch einen Anspruch in Höhe von 573.505,23 DM verfolgt. Die Beklagte hat eine Werklohn-
forderung von 246.740,96 DM errechnet und verschiedene Abzüge vorgenommen , darunter Abzüge wegen eines Sicherheitseinbehalts von 11.551,90 DM und wegen einer Vertragsstrafe von 11.394,21 DM. Unter Berücksichtigung dieser Abzüge und der Abschlagszahlungen kommt sie zu einer Überzahlung von 14.208,54 DM. Das Berufungsgericht hat die Klage in seinem ersten Urteil dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt und den Rechtsstreit an das Landgericht zurückverwiesen. Dieses Berufungsurteil hat der Senat aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen (BGH, Urteil vom 6. Dezember 2001 - VII ZR 452/00, BauR 2002, 456 = NZBau 2002, 153 = ZfBR 2002, 254). Nach erneuter mündlicher Verhandlung hat das Berufungsgericht wiederum ein Grundurteil erlassen und die Sache an das Landgericht zurückverwiesen. Dagegen wendet sich die Revision der Beklagten, mit der sie ihren Antrag auf Zurückweisung der Berufung weiterverfolgt.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an einen anderen Senat des Berufungsgerichts. Auf das Schuldverhältnis finden die Gesetze in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung Anwendung (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB). Auf das Verfahren der Berufung sind die am 31. Dezember 2001 geltenden Vorschriften anzuwenden (§ 26 Nr. 5 EGZPO). Auf das Verfahren der Revision sind die Vorschriften nach Maßgabe des Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses vom 27. Juli 2001 anzuwenden (§ 26 Nr. 7 EGZPO).

I.

Das Berufungsgericht meint, es sei durch die Senatsentscheidung vom 16. Dezember 2002 nicht am Erlaß eines erneuten Grundurteils gehindert. Die Klage sei dem Grunde nach gerechtfertigt. Nach der von der Beklagten selbst vorgenommenen Berechnung ergebe sich ein jedenfalls zu zahlender Betrag von 8.737,57 DM. Die Beklagte habe die Vertragsstrafe und den Sicherheitseinbehalt zu Unrecht von dem Werklohn abgezogen. Die formularmäßige Vereinbarung einer verschuldensunabhängigen Vertragsstrafe sei unwirksam, es liege ein Verstoß gegen § 9 AGBG vor. Der weitere Sicherheitseinbehalt sei unberechtigt, weil die Gewährleistungsfrist abgelaufen sei, ohne daß die Beklagte Mängel angezeigt habe. Über die Berechtigung der weiteren Ansprüche müsse das Landgericht befinden.

II.

Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Ein Grundurteil darf nur ergehen, wenn die Klageforderung mit hoher Wahrscheinlichkeit in irgendeiner Höhe besteht (BGH, Urteil vom 21. Dezember 2000 - VII ZR 488/99, BauR 2001, 667 = NZBau 2001, 211 = ZfBR 2001, 177). Dazu enthält das Berufungsurteil erneut keine tragfähigen Feststellungen. 1. Rechtsfehlerhaft ist das Berufungsgericht der Meinung, die Vertragsstrafenvereinbarung sei gemäß § 9 AGBG unwirksam. Die in den Besonderen Vertragsbedingungen der Beklagten KEVM (B) BVB geregelte Vertragsstrafenvereinbarung hält der Inhaltskontrolle stand. In der Revision ist davon auszugehen , daß die Vertragsstrafe mit dem nachfolgend dargestellten Inhalt vereinbart
ist und ein rechtzeitiger Vorbehalt erklärt worden ist. Beides ist streitig. Das Berufungsgericht trifft dazu keine Feststellungen.
a) Ziff. 4 der KEVM (B) BVB hat folgenden Wortlaut: 4. Vertragsstrafen (§ 11) Der Auftragnehmer hat als Vertragsstrafe für jeden Werktag der Verspätung zu zahlen: 4.1 bei Überschreitung des Fertigstellungsfrist 0,1 vom Hundert des Endbetrages der Abrechnungssumme (Bruttosumme). 4.2.... 4.3. Die Vertragsstrafe wird auf insgesamt 10 % v.H. der Abrechnungssumme (Bruttosumme) begrenzt.

b) Mit Ziff. 4 der KEVM (B) BVB ist keine verschuldensunabhängige Vertragsstrafe vereinbart. Der Senat hat bereits in dem vom Berufungsgericht nicht berücksichtigten Urteil vom 13. Dezember 2001 (VII ZR 432/00, BGHZ 149, 283, 287) entschieden, daß die Regelung des § 11 Nr. 2 VOB/B nach ihrem Sinn und Zweck die im Vertrag an anderer Stelle getroffene Vertragsstrafenvereinbarung ergänzt, wenn die Parteien nichts anderes vereinbart haben. Mit der ergänzenden Regelung des § 11 Nr. 2 VOB/B ist vereinbart, daß die Vertragsstrafe den Verzug des Auftragnehmers voraussetzt. Dieser setzt dessen Verschulden voraus. Die Parteien haben durch den Klammerzusatz nach Ziff. 4 deutlich gemacht , daß § 11 VOB/B Anwendung findet.
c) Die Vertragsstrafenklausel ist auch nicht aus anderen Gründen unwirksam. Die Vertragsstrafenobergrenze von 10 % ist zwar unangemessen hoch. Jedoch führt das aus Gründen des Vertrauensschutzes nicht zur Unwirk-
samkeit der Vereinbarung (vgl. BGH, Urteil vom 23. Januar 2003 - VII ZR 210/01, BGHZ 153, 311, 324 ff.). Der Vertrag ist vor dem Bekanntwerden der Entscheidung des Senats vom 23. Januar 2003 geschlossen worden. 2. Damit steht entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht fest, daß die Klägerin überhaupt noch Werklohn verlangen kann. Das Grundurteil kann schon aus diesem Grund keinen Bestand haben. Ob es aus anderen Gründen unzulässig war, kann dahin stehen.
a) Der Senat weist darauf hin, daß Bedenken gegen den Erlaß des Grundurteils auch insoweit bestehen, als sich das Berufungsgericht mit der geltend gemachten Werklohnforderung dem Grunde nach nicht auseinandergesetzt hat. Ein Grundurteil darf nur ergehen, wenn alle Fragen, die zum Grund des Anspruchs gehören, erledigt sind (BGH, Urteil vom 2. Oktober 2000 - II ZR 54/99, NJW 2001, 224). Das Berufungsgericht hat sich insbesondere mit den zahlreichen Einwendungen gegen die Berechtigung der Nachforderungen dem Grunde nach nicht auseinandergesetzt.
b) Ferner hat das Berufungsgericht sich rechtsfehlerhaft nicht damit auseinandergesetzt , ob es in der Sache selbst entscheiden sollte. Die Entscheidung zwischen der Zurückverweisung nach § 538 ZPO a.F. und der eigenen Sachentscheidung durch das Berufungsgericht gemäß § 540 ZPO a.F. steht in dessen pflichtgemäßem Ermessen. Dabei ist der mit der Zurückverweisung verbundene zusätzliche Zeit- und Kostenaufwand gegen den Verlust einer Tatsacheninstanz abzuwägen. Wenn sich das Berufungsgericht für eine Zurückverweisung nach § 538 Abs. 1 Nr. 3 ZPO a.F. entscheidet, muß es zur Ausübung des ihm eingeräumten Ermessens den maßgeblichen Gesichtspunkt der Prozeßökonomie erwägen und erkennen lassen, daß es die Alternative zwischen einer Zurückverweisung und einer eigenen Sachentscheidung nach
§ 540 ZPO gesehen hat (vgl. BGH, Urteil vom 20. Dezember 1956 - III ZR 87/55, BGHZ 23, 36, 50; Urteil vom 30. März 2001 - V ZR 461/99, NJW 2001, 2551, 2552).

III.

Das Urteil des Berufungsgerichts ist aufzuheben. Der Senat macht von der Möglichkeit Gebrauch, die Sache an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts zurückzuverweisen, § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO. Der Senat weist darauf hin, daß das Berufungsgericht gehalten ist, dem Grunde und der Höhe nach abschließend zu entscheiden. Ein weiteres Grundurteil wäre verfahrensfehlerhaft. Eine erneute Zurückverweisung der Sache würde zu einer weiteren, nicht mehr hinnehmbaren Verzögerung des gesamten Verfahrens führen. Bei seiner Entscheidung, ob es von einer Zurückverweisung nach § 540 ZPO a.F. absieht, muß das Berufungsgericht auf die berechtigten Interessen der Parteien Rücksicht nehmen. Dabei muß es vor allem auch das Interesse der klagenden Partei im Auge behalten, in einer angemessenen Zeit einen vollstreckbaren Titel über die geltend gemachten Ansprüche zu erhalten. Wenn die Gerichte durch verfahrensfehlerhafte Entscheidungen maßgeblich selbst an der Verzögerung mitgewirkt haben, wird häufig allein das Absehen von einer Zurückverweisung zur Vermeidung einer mit dem Rechtsstaatsgebot des Grundgesetzes nicht im Einklang stehenden Verfahrensverzögerung (vgl. dazu BVerfG, Beschluß vom 25. Juli 2003 - 2 BvR 153/03, NJW 2003, 2897) sachdienlich sein. Im Einzelfall kann sich das dem Berufungsgericht in § 540 ZPO a.F. eingeräumte Ermessen so reduzieren, daß nur noch die Entscheidung , von einer Zurückverweisung abzusehen, ermessensfehlerfrei ist. So wäre es hier. Das Verfahren ist nunmehr über sieben Jahre anhängig. Die Verzöge-
rung ist im wesentlichen auf das fehlerhafte Verfahren und die ihm folgenden Entscheidungen des Berufungsgerichts, mit denen eine Sachaufklärung nicht erreicht wurde, zurückzuführen. Den Parteien ist jegliche weitere Verzögerung durch eine erneute Zurückverweisung nicht zuzumuten. Sie haben einen Anspruch darauf, daß das Berufungsgericht die Sache nunmehr fördert und selbst entscheidet. Ein schützenswertes Interesse einer Partei, das Verfahren beim Landgericht fortzusetzen, ist nicht erkennbar.
Dressler Hausmann Wiebel Kniffka Bauner

Ergibt die Begründung des Berufungsurteils zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.

(1) Ein Vertrag, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis im Wege gegenseitigen Nachgebens beseitigt wird (Vergleich), ist unwirksam, wenn der nach dem Inhalt des Vertrags als feststehend zugrunde gelegte Sachverhalt der Wirklichkeit nicht entspricht und der Streit oder die Ungewissheit bei Kenntnis der Sachlage nicht entstanden sein würde.

(2) Der Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis steht es gleich, wenn die Verwirklichung eines Anspruchs unsicher ist.