Bundesgerichtshof Urteil, 21. Apr. 2010 - VIII ZR 131/09

bei uns veröffentlicht am21.04.2010
vorgehend
Amtsgericht Dresden, 141 C 2898/08, 05.09.2008
Landgericht Dresden, 4 S 479/08, 22.04.2009

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 131/09 Verkündet am:
21. April 2010
Vorusso,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Der Mieter hat keinen Anspruch auf Kostenvorschuss für Maßnahmen, die zur
nachhaltigen Mangelbeseitigung ungeeignet sind.

b) Zum Ausschluss des Mangelbeseitigungsanspruchs des Mieters wegen
Überschreitens der "Opfergrenze" für den Vermieter (Fortführung von BGH, Urteil
vom 20. Juli 2005 - VIII ZR 342/03, NJW 2005, 3284).
BGH, Urteil vom 21. April 2010 - VIII ZR 131/09 - LG Dresden
AG Dresden
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 21. April 2010 durch den Vorsitzenden Richter Ball, den Richter
Dr. Frellesen, die Richterin Dr. Milger sowie die Richter Dr. Achilles und
Dr. Schneider

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Dresden vom 22. April 2009 aufgehoben. Die Klägerin wird verurteilt an die Beklagte 53.442,90 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 47.576 € seit dem 11. Juni 2009 zu zahlen. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin verlangt von der Beklagten die Zahlung eines Vorschusses zur Mängelbeseitigung an einem Reihenhaus in Dresden. Sie mietete das Haus mit Vertrag vom 2. Mai 1988 von dem VEB Gebäudewirtschaft Dresden, dem Rechtsvorgänger der Beklagten. Das Eigentum an dem Grundstück ging aufgrund des Einigungsvertrags im Oktober 1990 auf die Stadt Dresden über, die eine Teilfläche Ende Juni 1991 auf die Beklagte übertrug und diese im Übrigen mit der Verwaltung beauftragte. Die Grundmiete beträgt seit dem 1. Januar 1997 monatlich 351,87 €. Mit Schreiben vom 23. Juni 2006 verzichtete die Beklagte gegenüber der Klägerin im Zusammenhang mit der Privatisierung des Wohnungsbestandes der Stadt Dresden im Rahmen der "Dresdner Sozialcharta" auf das Recht zur ordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses wegen Eigenbedarfs und wegen Hinderung an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung des Mietobjektes.
2
Das etwa in den Jahren 1965 bis 1975 errichtete Haus weist an den Innen - und Außenwänden erhebliche Risse auf. Damit zusammen hängen Schäden am Schornstein und am Dach sowie an Fenstern und Türen. Die Beklagte hat seit August 1995 Kenntnis von diesen Mängeln. Bereits seit dem Jahr 1990 bemühte sich die Klägerin um einen Ankauf der Immobilie. Sie bot der Beklagten im Rahmen eines von dieser durchgeführten Ausschreibungsverfahrens mit Schreiben vom 26. Oktober 2000 an, das Objekt auf der Grundlage eines von ihr in Auftrag gegebenen Sachverständigengutachtens "zum gutachterlichen Verkehrswert zuzüglich 5.000 DM, mindestens aber DM 160.000, vorbehaltlich meiner Mieterrechte, zum halben Verkehrswert zu erwerben". Die Beklagte lehnte das Angebot mit Schreiben vom 13. November 2000 mit der Begründung ab, dass die Klägerin nicht zu den Höchstbietern gehöre, und gab der Klägerin Gelegenheit, ein erneutes Gebot abzugeben. Die Klägerin blieb in ihrem Schreiben vom 29. Januar 2001 bei ihrem Angebot. Daraufhin lehnte die Beklagte das Kaufangebot mit Schreiben vom 13. Februar 2001 unter Hinweis auf wesentlich höhere Angebote anderer Interessenten endgültig ab.
3
Die Klägerin verlangte mit Schreiben vom 7. September 2001 erstmals die Beseitigung der Mängel. In den folgenden Jahren wiederholte sie die Aufforderungen. Nachdem es im Jahr 2002 zu Wassereinbrüchen gekommen war, ließ die Beklagte am 10. März 2004 das Haus von einem Sachverständigen besichtigen und Notreparaturen am Dach durchführen; ferner wurde die Decke im Vorraum des Hauses ausgebessert. Das von der Beklagten beauftrage Ingenieurbüro S. brachte am 10. März 2005 Prüfplaketten an den Wänden des Hauses an, um die Rissbildung zu verfolgen.
4
Die Klägerin legte der Beklagten mit Schreiben vom 25. September 2007 ein Gutachten des Architekturbüros K. vom 24. August 2007 vor und drohte an, Klage zu erheben, wenn die Beklagte nicht innerhalb von zehn Tagen anerkenne, dass die Schäden zu beseitigen seien, und entsprechende Vorschläge unterbreitet würden. Der Gutachter, der auftragsgemäß keine Untersuchung der Ursache für die festgestellten Schäden durchgeführt hatte, bezifferte die Kosten für eine Beseitigung der Risse mit Kunstharzmasse und die Reparatur der übrigen Schäden einschließlich der erforderlichen Vor- und Nacharbeiten auf 47.546 €, wies aber darauf hin, dass es vor Beginn dieser Arbeiten notwendig sei, die Ursache für die protokollierten Rissbilder im Gebäude festzustellen und nach Möglichkeit zu beseitigen.
5
Die Beklagte antwortete mit Schreiben vom 2. Oktober 2007, dass eine Risssanierung ohne dauerhaften Erfolg wäre, wenn weitere Setzungserscheinungen aufträten. Sie bat die Klägerin, derzeit von einer Klage abzusehen, und bot ab 1. Oktober 2007 eine Mietminderung um 20 % - monatlich 98,95 € - an, die von der Klägerin in der Folgezeit in Anspruch genommen wurde. Mit Schreiben vom 8. Oktober 2007 teilte die Beklagte ergänzend mit, dass die Auswertung der neu gesetzten Gipsplomben bis zum 15. Februar 2008 erfolgen werde. Sollten keine oder nur noch geringfügige Setzungserscheinungen vorhanden sein, werde die Sanierung umgehend in Auftrag gegeben; werde jedoch ein Fortschreiten der Rissbildung festgestellt, sei eine Risssanierung nicht erfolgversprechend. In diesem Fall werde bis zum 28. Februar 2008 ein Gutachten über die Ursachen in Auftrag gegeben. Erst wenn dieses Ergebnis vorliege, könnten Art und Umfang der notwendigen Arbeiten eingeschätzt werden.
6
Nachdem die Beklagte mit Schreiben der Klägerin vom 14. April 2008 vergeblich aufgefordert worden war, das Ergebnis der Auswertung mitzuteilen, hat die Klägerin Klage auf Zahlung von 47.576 € erhoben, um mit diesem Betrag die in dem Gutachten des Architekturbüros K. vorgesehenen Arbeiten durchführen zu lassen; außerdem begehrt sie die Erstattung außergerichtlicher Anwaltskosten. Die Klägerin hat behauptet, dass sich die Mängel des Hauses durch die im Gutachten K. aufgeführten Maßnahmen beseitigen ließen, weil die Rissbildung abgeschlossen sei.
7
Die Beklagte hat demgegenüber behauptet, dass eine dauerhafte Beseitigung der Risse wie auch der weiteren Mängel mit einem Sanierungsaufwand von 47.576 € nicht möglich sei; ohne die Ursachen der Rissbildungen zu kennen und von Grund auf zu beseitigen, sei das im Gutachten K. beschriebene Verschließen der Risse mit einer Kunstharzmasse zwecklos. Die Beklagte bezieht sich insoweit auf das Gutachten des Ingenieurbüros S. vom 2. Mai 2007, demzufolge die Risse weiterhin in Bewegung sind. In dem Gutachten werden Mängel in der Standfestigkeit des Baugrundes als vorrangige Ursache für die Risse gesehen. In geringerem Maß kämen thermische Spannungen infolge unzureichender Wärmedämmung an Dach und Wand sowie Konstruktionsmängel des Gebäudes als Ursachen hinzu. Um Klarheit hinsichtlich der Art und des Umfanges der Sanierung des Gebäudes zu erhalten, seien umfangreiche Baugrunduntersuchungen sowie Untersuchungen der Dachkonstruktion und des Ringankers sowie des Wärmedämmverhaltens des Gebäudes unbedingt notwendig. Die Standsicherheit des Gebäudes sei gegenwärtig gegeben; für den Gesamtzustand des Gebäudes sei es aber unbedingt notwendig, die Sanierung möglichst bald zu beginnen. Das Gutachten schließt mit der Feststellung, dass zur Behebung der Rissursachen mit großer Sicherheit Sanierungsmaßnahmen im Baugrund erforderlich sein würden. In welcher Art und welchem Umfang diese Maßnahmen notwendig seien, könne erst nach den entsprechenden Untersuchungen festgestellt werden. Die notwendige Tiefe und Stärke von Unterfangungen könne nur in Abhängigkeit von der Lage der tragenden Bodenschicht festgelegt werden. Die Schätzung der Gesamtkosten für die Risssanierung könne ohne die Erkenntnisse aus dem Baugrund und die weiteren Untersuchungen am Bauwerk nicht festgestellt werden. Auf der Grundlage dieser Ausführungen schätzt die Beklagte die möglichen Sanierungskosten auf mindestens das Doppelte des von der Klägerin geltend gemachten Betrages, im ungünstigsten Fall auf etwa 170.000 €; den Verkehrswert des Hausgrundstücks gibt sie mit 28.000 € an.
8
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landgericht der Klage stattgegeben. Die Beklagte begehrt mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision die Wiederherstellung des Urteils des Amtsgerichts und beantragt, die Klägerin zur Rückzahlung des zur Abwendung der Zwangsvollstreckung gezahlten Betrages von 53.442,90 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 47.576 € seit dem 11. Juni 2009 zu verurteilen.

Entscheidungsgründe:

9
Die Revision hat Erfolg.

I.

10
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
11
Die Klägerin habe gemäß § 536a Abs. 2 Nr. 1 BGB Anspruch auf Zahlung eines zweckgebundenen Vorschusses in Höhe der zu erwartenden Män- gelbeseitigungskosten. Die Mietsache sei seit 1995 mit mehreren gravierenden Mängeln behaftet, die der Beklagten spätestens seit 1995 bekannt seien. Die Beklagte habe die Mängelbeseitigung endgültig abgelehnt, weshalb sie sich mit der Mangelbeseitigung in Verzug befinde. Ein Fall der objektiven Unmöglichkeit (§ 275 Abs. 1 BGB) liege nicht vor. Auch die Beklagte bestreite nicht die Möglichkeit der Mangelbeseitigung, sondern wende die Unwirtschaftlichkeit der Sanierung ein. Diesen Fall der behaupteten Überschreitung der "Opfergrenze" fasse die Rechtsprechung unter § 275 Abs. 2 BGB. Im vorliegenden Fall sei die Opfergrenze nicht überschritten. Dabei könnten die Angaben der Beklagten zu den Sanierungskosten und zum Verkehrswert des Grundstücks als wahr unterstellt werden. Auch bei einem groben Missverhältnis von Sanierungskosten und Verkehrswert verstoße es in mehrfacher Hinsicht gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB), wenn sich die Beklagte nunmehr auf eine Opfergrenze berufe.
12
Zum einen habe es die Beklagte zu einem Reparaturstau kommen lassen. Ihr seien die Mängel seit 1995 bekannt gewesen, ohne dass sie, von einer Notreparatur abgesehen, Reparaturmaßnahmen durchgeführt hätte. Zum anderen habe die Beklagte durch Kaufvertragsverhandlungen mit der Klägerin einen Vertrauenstatbestand geschaffen, aufgrund dessen die Klägerin einen Anspruch auf Mangelbeseitigung in Erwartung ihres Erwerbs aus nachvollziehbaren Gründen nicht forciert habe. Auch mit der Beauftragung des Gutachters, der die Rissbildungen über Jahre beobachtet habe und mit dem Schreiben vom 8. Oktober 2007, in dem eine Beseitigung der Mängel dem Grunde nach zugesagt worden sei, habe die Beklagte Umstände geschaffen, die die Klägerin davon abgehalten hätten, Mangelbeseitigungsmaßnahmen zu verlangen. Zum dritten verhalte sich die Beklagte auch deshalb treuwidrig, weil sie der Klägerin umfassenden Kündigungsschutz gewährt habe. Das Unterlassen von Mangelbeseitigungsmaßnahmen lasse diesen Kündigungsschutz leerlaufen, weil die Klägerin wegen der Mangelhaftigkeit und der zu erwartenden weiteren Ver- schlechterung der Mietsache faktisch zum Auszug gedrängt sei. Schließlich halte die Kammer das Berufen auf ein grobes Missverhältnis von Sanierungskosten und Verkehrswert auch deshalb für treuwidrig, weil die Klägerin der Beklagten ein Kaufangebot unterbreitet gehabt habe, dessen Kaufpreis den beklagtenseits behaupteten Verkehrswert deutlich überschreite.
13
Die von der Klägerin auf der Grundlage des von ihr vorprozessual eingeholten Sachverständigengutachtens ermittelten voraussichtlichen Mangelbeseitigungskosten seien der Höhe nach von der Beklagten nicht in Abrede gestellt; diese behaupte vielmehr einen sogar darüber hinausgehenden Kostenaufwand. Ein bestimmtes Vorgehen zur Mangelbeseitigung könne die Beklagte der Klägerin nicht vorgeben, nachdem sie selbst eine Mangelbeseitigung ausdrücklich abgelehnt habe. Darüber hinaus habe die Klägerin Anspruch auf Ersatz der aus dem Streitwert entstandenen außergerichtlichen Anwaltskosten.

II.

14
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Der Klägerin kann der geltend gemachte Anspruch aus § 536a Abs. 2 BGB auf Zahlung eines Vorschusses in Höhe von 47.556 € zur Durchführung der in dem Gutachten des Architekturbüros K. beschriebenen Arbeiten nicht mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung zuerkannt werden. Damit entfällt auch der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf Ersatz vorprozessualer Rechtsanwaltskosten.
15
Gemäß § 536a Abs. 2 Nr. 1 BGB kann der Mieter den Mangel der Mietsache selbst beseitigen (lassen) und Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen, wenn der Vermieter mit der Beseitigung des Mangels in Verzug ist. Zu diesem Zweck kann der Mieter vom Vermieter die Zahlung eines Vorschusses in Höhe der voraussichtlich erforderlichen Beseitigungskosten verlangen (Senatsurteil vom 28. Mai 2008 - VIII ZR 271/07, NJW 2008, 2432, Tz. 8; BGHZ 56, 136, 141). Diese Tatbestandsvoraussetzungen für den von der Klägerin geltend gemachten Vorschussanspruch liegen nach dem revisionsrechtlich zugrunde zu legenden Sachverhalt nicht vor.
16
1. Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass es sich bei den Rissen an den Innen- und Außenwänden des Hauses und den damit zusammenhängenden weiteren Schäden am Schornstein und am Dach um gravierende Mängel der Mietsache im Sinne des § 536 Abs. 1 BGB handelt. Dies ist zwischen den Parteien auch nicht im Streit.
17
2. Das Berufungsgericht hat aber verkannt, dass die Voraussetzungen des § 536a Abs. 2 BGB für den von der Klägerin geltend gemachten Vorschussanspruch gegenwärtig nicht erfüllt sind, weil die Reparaturen, welche die Klägerin gemäß dem Gutachten des von ihr beauftragten Architekturbüros K. durchführen lassen will, nach dem revisionsrechtlich zugrunde zu legenden Vorbringen der Beklagten zwecklos sind, solange nicht die Ursachen der Rissbildung erforscht und beseitigt worden sind. Zwecklose Maßnahmen sind ungeeignet und damit nicht erforderlich im Sinne des § 536a Abs. 2 BGB. Auf die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Opfergrenze (§ 275 Abs. 2 BGB) kommt es in diesem Zusammenhang nicht an. Ebenso kann dahingestellt bleiben, ob sich die Beklagte mit der Mangelbeseitigung in Verzug befindet; auch wenn dies der Fall ist, hat die Klägerin keinen Anspruch auf Zahlung eines Vorschusses für ungeeignete Maßnahmen zur Mangelbeseitigung.
18
a) Verlangt der Mieter gemäß § 536a Abs. 2 BGB Kostenvorschuss für Maßnahmen, mit denen er die Mängel selbst beseitigen lassen will, so besteht ein solcher Anspruch nur dann, wenn die als Vorschuss verlangten Beseitigungskosten zur Mangelbeseitigung erforderlich sind (Senatsurteil vom 28. Mai 2008, aaO). Die Ersatzpflicht des Vermieters beschränkt sich danach auf die Aufwendungen, die der Mieter bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt für angemessen halten darf; darunter fallen lediglich solche Kosten, die nach vernünftiger wirtschaftlicher Betrachtungsweise nötig und zweckmäßig sind (Staudinger/Emmerich, BGB (2006), § 536a Rdnr. 32; vgl. zum Werkvertragsrecht : BGH, Urteile vom 29. September 1988 - VII ZR 182/87, NJW-RR 1989, 86, unter II 3 c; vom 31. Januar 1991 - VII ZR 63/90, NJW-RR 1991, 789, unter II 2). Erforderlich in diesem Sinn können Beseitigungskosten nur sein, wenn die Maßnahmen, die der Mieter mit dem verlangten Vorschuss durchzuführen beabsichtigt, voraussichtlich zur Mangelbeseitigung geeignet sind. Davon kann nach dem revisionsrechtlich zugrunde zu legenden Sachverhalt im vorliegenden Fall nicht ausgegangen werden.
19
Die Revision rügt insoweit mit Recht, dass das Berufungsgericht den Vortrag der Beklagten übergangen hat, wonach die Rissbildung noch nicht abgeschlossen sei und aus diesem Grund das in dem von der Klägerin in Auftrag gegebenen Gutachten K. als Sanierungsmaßnahme vorgesehene Verschließen der Risse mit Kunstharzmasse jedenfalls derzeit zwecklos sei. Dies wird auch in dem Gutachten K. selbst angedeutet, wenn es dort einschränkend heißt, dass auftragsgemäß keine Untersuchung der Ursache für die festgestellten Schäden durchgeführt worden sei und es vor Beginn der nachfolgend beschriebenen Arbeiten notwendig sei, die Ursache für die protokollierten Rissbilder im Gebäude festzustellen und nach Möglichkeit zu beseitigen. Übereinstimmend damit wird in dem von der Beklagten eingeholten Gutachten des Ingenieurbüros S. vom 2. Mai 2007 darauf hingewiesen, dass vorab Untersuchungen zu den Rissursachen unbedingt notwendig seien, um Klarheit insbesondere hinsichtlich der Art und des Umfangs der Sanierung des Gebäudes zu erhalten; zur Behebung der Rissursache seien mit großer Sicherheit Sanierungsmaßnahmen im Baugrund erforderlich. Aus beiden Gutachten ergibt sich somit, dass es mit dem im Gutachten K. beschriebenen Verschließen der Risse mit Kunstharzmasse nicht getan ist, wenn die Rissbildung, wie die Beklagte behauptet, noch nicht abgeschlossen ist. Daher müssen zunächst die Ursachen der Rissbildung geklärt und - wenn möglich - beseitigt werden. Erst dann kann eine Sanierung gemäß dem Gutachten K. in Angriff genommen werden. Ohne vorherige Klärung der Frage, ob die Rissbildung noch fortschreitet und worauf dies gegebenenfalls beruht, sind die im Gutachten K. vorgesehenen Maßnahmen zur nachhaltigen Mangelbeseitigung nach dem gegenwärtigen Erkenntnisstand ungeeignet, weil mit ihnen der zweite Schritt vor dem ersten getan würde. Auch eine Teilsanierung - etwa die Beseitigung der rissebedingten Feuchtigkeitsschäden an Fenstern und Türen - ist nicht sachgerecht, solange nicht geklärt ist, worin die Ursache der Risse liegt und ob und mit welchem Aufwand sie beseitigt werden kann. Ein Anspruch der Klägerin auf Zahlung eines Vorschusses zur Durchführung der im Gutachten K. vorgesehenen Arbeiten kann danach vor einer Klärung der vorgenannten Fragen nicht bejaht werden. Da somit bereits die Tatbestandsvoraussetzungen für den Anspruch aus § 536a Abs. 2 BGB hinsichtlich der Erforderlichkeit der Mangelbeseitigungskosten derzeit nicht erfüllt sind, kommt es nicht darauf an, ob der Einwand der Unzumutbarkeit der Mangelbeseitigung (§ 275 Abs. 2 BGB) durchgreift.
20
b) Es kann dahingestellt bleiben, ob die Klägerin einen Vorschuss zur Erforschung und gegebenenfalls Beseitigung der Ursachen für die Rissbildung verlangen könnte. Denn einen solchen Anspruch macht die Klägerin nicht geltend. Sie hat die Auffassung vertreten, dass es nicht ihre Aufgabe sei, die Ursache der Rissbildung begutachten zu lassen; das sei Sache der Beklagten. Dies trifft zwar für den Fall zu, in dem der Mieter vom Vermieter Mangelbeseitigung verlangt. Anders ist es dagegen, wenn der Mieter - wie hier - die Mangelbeseitigung selbst durchführen lassen will. Da der Mieter nur Anspruch auf Vorschuss für solche Maßnahmen hat, die zu einer nachhaltigen Mangelbeseitigung geeignet sind, muss er die Mangelursache selbst feststellen lassen, wenn die Eignung der von ihm beabsichtigten Maßnahmen von der Ursache des Mangels abhängt. Ist der Mieter dazu nicht bereit oder nicht in der Lage, so hat er keinen Anspruch auf Kostenvorschuss für Maßnahmen, deren Eignung zweifelhaft ist.
21
3. Nicht gefolgt werden kann auch der Auffassung des Berufungsgerichts , dass es der Beklagten trotz einem - vom Berufungsgericht unterstellten - "rechnerisch krassen" Missverhältnis zwischen den Sanierungskosten und dem Verkehrswert des Mietobjekts nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt sei, sich gemäß § 275 Abs. 2 BGB darauf zu berufen, dass die Sanierung wegen unverhältnismäßig hoher Kosten für sie unzumutbar sei.
22
a) Der Senat hat entschieden, dass die Verpflichtung des Vermieters zur Beseitigung eines Mangels dort endet, wo der dazu erforderliche Aufwand die "Opfergrenze" überschreitet. Wann diese Zumutbarkeitsgrenze überschritten ist, muss von Fall zu Fall unter Berücksichtigung der beiderseitigen Parteiinteressen wertend ermittelt werden. Doch darf kein krasses Missverhältnis entstehen zwischen dem Reparaturaufwand einerseits und dem Nutzen der Reparatur für den Mieter sowie dem Wert des Mietobjekts und den aus ihm zu ziehenden Einnahmen andererseits (Senatsurteil vom 20. Juli 2005 - VIII ZR 342/03, NJW 2005, 3284, unter II 2, m.w.N.; so bereits OLG Karlsruhe, NJW-RR 1995, 849, 850; vgl. auch OLG Hamburg, NZM 2002, 343, 344; LG Dresden, NZM 2008, 165).
23
Danach lässt sich eine Überschreitung der "Opfergrenze" nicht aus einer bloßen Gegenüberstellung zwischen Sanierungskosten und Verkehrswert herleiten ; erforderlich ist eine Würdigung aller Umstände. Bei der Bestimmung der dem Schuldner zuzumutenden Anstrengungen ist auch ein etwaiges Verschul- den des Schuldners zu berücksichtigen (§ 275 Abs. 2 Satz 2 BGB); dies war bereits vor der Schuldrechtsmodernisierung in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs anerkannt (BGH, Urteil vom 2. Oktober 1987 - V ZR 140/86, NJW 1988, 699, unter III 2 b; vgl. auch OLG Hamburg, aaO).
24
Es besteht jedoch ein Zusammenhang zwischen der Frage, wie sich etwa die Sanierungskosten und der Verkehrswert "rechnerisch" zueinander verhalten , und der Frage, ob dem Vermieter die Beseitigung des Mangels unter Berücksichtigung der beiderseitigen Parteiinteressen und eines etwaigen Verschuldens zugemutet werden kann. Je ungünstiger sich das Verhältnis zwischen Sanierungskosten und Verkehrswert darstellt, desto gewichtiger müssen die entgegenstehenden Umstände sein, die es dem Vermieter trotz bestehendem Missverhältnis zwischen Sanierungskosten und Verkehrswert verwehren sollen, sich auf den Einwand der wirtschaftlichen Unzumutbarkeit (§ 275 Abs. 2 BGB) zu berufen. Ein auffälliges Missverhältnis indiziert eine Überschreitung der Zumutbarkeitsgrenze. Im Extremfall kann dieses Indiz so stark sein, dass schwer vorstellbar erscheint, welche weiteren Umstände zu einer anderen Abwägung sollten führen können. Das ist gemeint mit der vom Senat aufgegriffenen Formulierung, es dürfe kein "krasses Missverhältnis" entstehen (Urteil vom 20. Juli 2005, aaO, im Anschluss an OLG Karlsruhe, aaO; vgl. auch OLG Hamburg , aaO). Mit diesem Hinweis sollte aber, wie sich bereits aus dem Zusammenhang des Senatsurteils ergibt, nicht zum Ausdruck gebracht werden, dass es nur auf das rechnerische Verhältnis zwischen Sanierungskosten und Verkehrswert ankomme und weitere Umstände - etwa ein bereits nach § 275 Abs. 2 Satz 2 BGB zu berücksichtigendes Verschulden - von vornherein nicht maßgeblich wären.
25
b) Von diesen Grundsätzen geht auch das Berufungsgericht aus. Es unterstellt das Vorbringen der Beklagten als wahr, dass einem aktuellen Ver- kehrswert des Hausgrundstücks von 28.000 € Sanierungskosten mindestens in der doppelten Höhe des von der Klägerin geltend gemachten Vorschusses, das heißt in Höhe von etwa 95.000 €, ungünstigstenfalls sogar in Höhe von etwa 170.000 € gegenüber stünden, und verkennt nicht, dass damit - jedenfalls "rechnerisch" - ein "grobes" oder "krasses" Missverhältnis zwischen dem behaupteten Verkehrswert und der behaupteten Höhe der Sanierungskosten besteht. Das Berufungsgericht meint jedoch, dass auch bei einem solchen Missverhältnis die "Opfergrenze" im vorliegenden Fall nicht erreicht sei, weil die Beklagte sich auf das - zu unterstellende - Missverhältnis nach Treu und Glauben nicht berufen könne. Dies hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die Revision rügt mit Recht, dass die Tatsachenfeststellungen des Berufungsgerichts nicht die Annahme rechtfertigen, dass sich die Beklagte nach Treu und Glauben auch dann nicht auf den Einwand der Unzumutbarkeit der Mangelbeseitigung (§ 275 Abs. 2 BGB) berufen kann, wenn ihre Angaben zur voraussichtlichen Höhe der Sanierungskosten und zum Verkehrswert der Immobilie zutreffen sollten.
26
Zwar obliegt die Beurteilung, ob dem Vermieter die Mangelbeseitigung unter Berücksichtigung aller Umstände wirtschaftlich unzumutbar ist, dem Tatrichter (vgl. Senatsurteil vom 9. Januar 2008 - VIII ZR 210/06, NJW 2008, 1371, Tz. 15, zur Mangelbeseitigung beim Kauf). Die tatrichterliche Würdigung kann aber vom Revisionsgericht daraufhin überprüft werden, ob ein Rechtsfehler der Art vorliegt, dass der Tatrichter die maßgeblichen Tatsachen nicht vollständig festgestellt und gewürdigt oder die allgemein anerkannten Maßstäbe nicht berücksichtigt oder nicht richtig angewandt hat (vgl. Senaturteil vom 21. Oktober 2009 - VIII ZR 64/09, NJW 2009, 3781, Tz. 19, m.w.N.). Ein solcher Rechtsfehler liegt hier vor.
27
aa) Das Berufungsgericht meint, die Klägerin könne sich auf den Einwand aus § 275 Abs. 2 BGB schon deshalb nicht berufen, weil sie es zu einem "Reparaturstau" habe kommen lassen und deshalb die Höhe der Sanierungskosten zu vertreten habe (vgl. dazu Schmidt-Futterer/Eisenschmid, Mietrecht, 9. Aufl., § 536 BGB Rdnr. 504). Dieser Vorwurf ist nach dem revisionsrechtlich zugrunde zu legenden Sachverhalt nicht gerechtfertigt.
28
Die Revision rügt mit Recht, dass es bereits an Feststellungen des Berufungsgerichts dazu fehlt, dass der Sanierungsaufwand und die damit verbundenen Kosten zu einem früheren Zeitpunkt wesentlich niedriger gewesen wären. Davon ist auch nicht ohne Weiteres auszugehen, wenn die vom Berufungsgericht unterstellte Behauptung der Beklagten zutrifft, dass die Risse, wie in dem Gutachten S. ausgeführt, weiterhin in Bewegung sind und die wesentliche Ursache dafür in der mangelnden Tragfähigkeit des Baugrundes und in Konstruktionsmängeln des Gebäudes zu suchen ist. Denn dann bestanden die für die Rissbildung verantwortlichen Mängel, deren Beseitigung nur mit hohen Kosten möglich ist, schon seit der Errichtung des Gebäudes; sie sind nicht erst dadurch entstanden, dass die Beklagte auf das Beseitigungsverlangen der Klägerin nur zögerlich eingegangen ist.
29
bb) Auch verhält sich die Beklagte nicht deshalb treuwidrig, weil sie, wie das Berufungsgericht meint, durch die von ihr in Auftrag gegebene Begutachtung einen Vertrauenstatbestand geschaffen und der Klägerin im Schreiben vom 8. Oktober 2007 eine Sanierung "dem Grunde nach" zugesagt hätte, wodurch die Klägerin davon abgehalten worden sei, Mangelbeseitigung zu verlangen. Dem kann schon deshalb nicht gefolgt werden, weil eine solche Zusage dem Schreiben vom 8. Oktober 2007 nicht zu entnehmen ist; vielmehr heißt es dort, dass eine Risssanierung bei einem Fortschreiten der Rissbildung nicht erfolgversprechend sei und erst aufgrund des Ergebnisses einer dann erforder- lichen Ursachenforschung Art und Umfang der notwendigen Arbeiten eingeschätzt und weitere Aussagen dazu getroffen werden könnten. Davon abgesehen ist die Klägerin weder durch die Begutachtung noch durch das Schreiben davon abgehalten worden, Mangelbeseitigung zu verlangen. Bereits seit dem Jahr 2001 verlangte die Klägerin Mangelbeseitigung. Dieses Verlangen führte gerade dazu, dass die Beklagte das Gutachten S. in Auftrag gab.
30
cc) Ebenso wenig lässt sich ein dem Einwand aus § 275 Abs. 2 BGB entgegenstehender Verstoß der Klägerin gegen Treu und Glauben daraus herleiten , dass sich die Klägerin bis zum Jahr 2001 erfolglos um einen Ankauf des Hauses bemüht hat. Das Berufungsgericht legt nicht nachvollziehbar dar, aufgrund welcher Umstände die Klägerin bis zum Jahr 2001, als die Beklagte das Kaufangebot der Klägerin ablehnte, darauf hätte vertrauen dürfen, die Immobilie zu erwerben, und aus welchen Gründen ein insoweit vor dem Jahr 2001 etwa bestehender Vertrauenstatbestand auf Seiten der Klägerin dazu führen soll, der Beklagten die Berufung auf den Einwand aus § 275 Abs. 2 BGB zu versagen. Einen Zusammenhang, der eine solche "Sanktion" rechtfertigen würde, vermag der Senat nicht zu erkennen.
31
dd) Schließlich ist auch nicht nachzuvollziehen, inwiefern der Umstand, dass die Klägerin der Beklagten im Jahr 2006 im Rahmen der Dresdner Sozialcharta umfassenden Kündigungsschutz gewährt hat, dem Einwand aus § 275 Abs. 2 BGB entgegenstehen soll. Soweit das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang meint, dass die Beklagte die Mangelbeseitigung unterlasse, um die Klägerin zum Auszug zu drängen, setzt die Berechtigung eines solchen Vorwurfs voraus, dass die Beklagte zur Mangelbeseitigung verpflichtet ist. Das Bestehen einer solchen Verpflichtung hängt aber davon ab, ob der Einwand aus § 275 Abs. 2 BGB durchgreift, darf also bei der Prüfung dieses Einwands nicht vorausgesetzt werden.

III.

32
Da die Revision Erfolg hat, ist das Berufungsurteil aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Dies hat zur Folge, dass die Klägerin auf den von der Beklagten gestellten Antrag zu verurteilen ist, an die Beklagte den Betrag von 53.442,90 € zurückzuzahlen, den die Beklagte nach ihrem von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht bestrittenen Vorbringen aufgrund des Berufungsurteils an die Klägerin gezahlt hat (§ 717 Abs. 3 Satz 2 ZPO). Der Zinsanspruch ergibt sich aus § 717 Abs. 3 Satz 4 ZPO in Verbindung mit §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB.
33
Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif und deshalb an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 und 3 ZPO). Die Klägerin hat unter Beweisantritt behauptet, dass die Rissbildung abgeschlossen sei und deshalb die vom Gutachter K. vorgesehenen Maßnahmen und der dafür veranschlagte Betrag von 47.576 € zur nachhaltigen Mangelbeseitigung erforderlich , aber auch ausreichend seien. Die Beklagte hat demgegenüber unter Beweisantritt behauptet, dass die Feststellungen des Sachverständigen S. zuträfen, nach denen die Risse weiter in Bewegung seien und insbesondere auch Sanierungsmaßnahmen im Baugrund erforderlich machten, und dass sich die Sanierungskosten deshalb auf mindestens das Doppelte des von der Klägerin geltend gemachten Betrages, ungünstigstenfalls auf 170.000 € beliefen; dem stehe nur ein Verkehrswert der Immobilie in Höhe von etwa 28.000 € gegenüber. Zu diesen Behauptungen hat das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen. Vom Ergebnis der durchzuführenden Beweisaufnahme hängt es ab, ob die Maßnahmen gemäß dem Gutachten K. , zu deren Durchführung die Klägerin Vorschuss verlangt, zur nachhaltigen Mangelbeseitigung geeignet sind, wie sich das Verhältnis von Sanierungskosten und Verkehrswert der Immobilie tatsächlich darstellt und ob es der Beklagten unter Berücksichtigung dieser und der weiteren Umstände zugemutet werden kann, die Mängel zu beseitigen. Ball Dr. Frellesen Dr. Milger Dr. Achilles Dr. Schneider
Vorinstanzen:
AG Dresden, Entscheidung vom 05.09.2008 - 141 C 2898/08 -
LG Dresden, Entscheidung vom 22.04.2009 - 4 S 479/08 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 21. Apr. 2010 - VIII ZR 131/09

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 21. Apr. 2010 - VIII ZR 131/09

Referenzen - Gesetze

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 563 Zurückverweisung; eigene Sachentscheidung


(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen. (2) Das Berufungsgerich

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 288 Verzugszinsen und sonstiger Verzugsschaden


#BJNR001950896BJNE028103377 (1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. (2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, betr

Zivilprozessordnung - ZPO | § 562 Aufhebung des angefochtenen Urteils


(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben. (2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen
Bundesgerichtshof Urteil, 21. Apr. 2010 - VIII ZR 131/09 zitiert 10 §§.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 563 Zurückverweisung; eigene Sachentscheidung


(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen. (2) Das Berufungsgerich

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 288 Verzugszinsen und sonstiger Verzugsschaden


#BJNR001950896BJNE028103377 (1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. (2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, betr

Zivilprozessordnung - ZPO | § 562 Aufhebung des angefochtenen Urteils


(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben. (2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 291 Prozesszinsen


Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Ab

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 275 Ausschluss der Leistungspflicht


#BJNR001950896BJNE026802377 (1) Der Anspruch auf Leistung ist ausgeschlossen, soweit diese für den Schuldner oder für jedermann unmöglich ist. (2) Der Schuldner kann die Leistung verweigern, soweit diese einen Aufwand erfordert, der unter Beachtu

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 536 Mietminderung bei Sach- und Rechtsmängeln


(1) Hat die Mietsache zur Zeit der Überlassung an den Mieter einen Mangel, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt, oder entsteht während der Mietzeit ein solcher Mangel, so ist der Mieter für die Zeit, in der die Tauglichkeit aufg

Zivilprozessordnung - ZPO | § 717 Wirkungen eines aufhebenden oder abändernden Urteils


(1) Die vorläufige Vollstreckbarkeit tritt mit der Verkündung eines Urteils, das die Entscheidung in der Hauptsache oder die Vollstreckbarkeitserklärung aufhebt oder abändert, insoweit außer Kraft, als die Aufhebung oder Abänderung ergeht. (2) Wi

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 536a Schadens- und Aufwendungsersatzanspruch des Mieters wegen eines Mangels


(1) Ist ein Mangel im Sinne des § 536 bei Vertragsschluss vorhanden oder entsteht ein solcher Mangel später wegen eines Umstands, den der Vermieter zu vertreten hat, oder kommt der Vermieter mit der Beseitigung eines Mangels in Verzug, so kann der Mi

Referenzen - Urteile

Bundesgerichtshof Urteil, 21. Apr. 2010 - VIII ZR 131/09 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Urteil, 21. Apr. 2010 - VIII ZR 131/09 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 09. Jan. 2008 - VIII ZR 210/06

bei uns veröffentlicht am 09.01.2008

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VIII ZR 210/06 Verkündet am: 9. Januar 2008 Ermel, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Bundesgerichtshof Urteil, 28. Mai 2008 - VIII ZR 271/07

bei uns veröffentlicht am 28.05.2008

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VIII ZR 271/07 Verkündet am: 28. Mai 2008 Ermel, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 21. Apr. 2010 - VIII ZR 131/09.

Bundesgerichtshof Urteil, 17. Okt. 2014 - V ZR 9/14

bei uns veröffentlicht am 17.10.2014

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 9/14 Verkündet am: 17. Oktober 2014 Lesniak Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja WEG § 21 Abs. 4, Abs

Referenzen

(1) Ist ein Mangel im Sinne des § 536 bei Vertragsschluss vorhanden oder entsteht ein solcher Mangel später wegen eines Umstands, den der Vermieter zu vertreten hat, oder kommt der Vermieter mit der Beseitigung eines Mangels in Verzug, so kann der Mieter unbeschadet der Rechte aus § 536 Schadensersatz verlangen.

(2) Der Mieter kann den Mangel selbst beseitigen und Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen, wenn

1.
der Vermieter mit der Beseitigung des Mangels in Verzug ist oder
2.
die umgehende Beseitigung des Mangels zur Erhaltung oder Wiederherstellung des Bestands der Mietsache notwendig ist.

*

(1) Der Anspruch auf Leistung ist ausgeschlossen, soweit diese für den Schuldner oder für jedermann unmöglich ist.

(2) Der Schuldner kann die Leistung verweigern, soweit diese einen Aufwand erfordert, der unter Beachtung des Inhalts des Schuldverhältnisses und der Gebote von Treu und Glauben in einem groben Missverhältnis zu dem Leistungsinteresse des Gläubigers steht. Bei der Bestimmung der dem Schuldner zuzumutenden Anstrengungen ist auch zu berücksichtigen, ob der Schuldner das Leistungshindernis zu vertreten hat.

(3) Der Schuldner kann die Leistung ferner verweigern, wenn er die Leistung persönlich zu erbringen hat und sie ihm unter Abwägung des seiner Leistung entgegenstehenden Hindernisses mit dem Leistungsinteresse des Gläubigers nicht zugemutet werden kann.

(4) Die Rechte des Gläubigers bestimmen sich nach den §§ 280, 283 bis 285, 311a und 326.

(1) Ist ein Mangel im Sinne des § 536 bei Vertragsschluss vorhanden oder entsteht ein solcher Mangel später wegen eines Umstands, den der Vermieter zu vertreten hat, oder kommt der Vermieter mit der Beseitigung eines Mangels in Verzug, so kann der Mieter unbeschadet der Rechte aus § 536 Schadensersatz verlangen.

(2) Der Mieter kann den Mangel selbst beseitigen und Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen, wenn

1.
der Vermieter mit der Beseitigung des Mangels in Verzug ist oder
2.
die umgehende Beseitigung des Mangels zur Erhaltung oder Wiederherstellung des Bestands der Mietsache notwendig ist.

*

(1) Der Anspruch auf Leistung ist ausgeschlossen, soweit diese für den Schuldner oder für jedermann unmöglich ist.

(2) Der Schuldner kann die Leistung verweigern, soweit diese einen Aufwand erfordert, der unter Beachtung des Inhalts des Schuldverhältnisses und der Gebote von Treu und Glauben in einem groben Missverhältnis zu dem Leistungsinteresse des Gläubigers steht. Bei der Bestimmung der dem Schuldner zuzumutenden Anstrengungen ist auch zu berücksichtigen, ob der Schuldner das Leistungshindernis zu vertreten hat.

(3) Der Schuldner kann die Leistung ferner verweigern, wenn er die Leistung persönlich zu erbringen hat und sie ihm unter Abwägung des seiner Leistung entgegenstehenden Hindernisses mit dem Leistungsinteresse des Gläubigers nicht zugemutet werden kann.

(4) Die Rechte des Gläubigers bestimmen sich nach den §§ 280, 283 bis 285, 311a und 326.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Ist ein Mangel im Sinne des § 536 bei Vertragsschluss vorhanden oder entsteht ein solcher Mangel später wegen eines Umstands, den der Vermieter zu vertreten hat, oder kommt der Vermieter mit der Beseitigung eines Mangels in Verzug, so kann der Mieter unbeschadet der Rechte aus § 536 Schadensersatz verlangen.

(2) Der Mieter kann den Mangel selbst beseitigen und Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen, wenn

1.
der Vermieter mit der Beseitigung des Mangels in Verzug ist oder
2.
die umgehende Beseitigung des Mangels zur Erhaltung oder Wiederherstellung des Bestands der Mietsache notwendig ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 271/07 Verkündet am:
28. Mai 2008
Ermel,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Einen im Laufe des Mietverhältnisses auftretenden Mangel der Mietsache hat der
Vermieter auch dann auf seine Kosten zu beseitigen, wenn die Mangelursache
zwar der Sphäre des Mieters zuzurechnen ist, der Mieter den Mangel aber nicht
zu vertreten hat, weil er die Grenzen des vertragsgemäßen Gebrauchs nicht überschritten
hat.

b) Ist der Vermieter mit der Beseitigung eines Mangels der Mietsache in Verzug,
kann der Mieter den Mangel selbst beseitigen (lassen) und zu diesem Zweck
vom Vermieter einen Vorschuss in Höhe der voraussichtlich erforderlichen Beseitigungskosten
verlangen.
BGH, Urteil vom 28. Mai 2008 - VIII ZR 271/07 - LG Berlin
AG Berlin-Schöneberg
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 28. Mai 2008 durch den Vorsitzenden Richter Ball, den Richter Dr. Wolst
und die Richterinnen Hermanns, Dr. Milger und Dr. Hessel

für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil der Zivilkammer 63 des Landgerichts Berlin vom 14. September 2007 wird zurückgewiesen. Die Beklagten haben die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin ist Mieterin einer Wohnung in einem Mehrfamilienhaus der Beklagten in B. . Sie verlangt Vorschuss für die Beseitigung von in der Wohnung aufgetretenen Schwarzstaubablagerungen ("Fogging"). Die Ablagerungen traten zunächst Anfang Dezember 2002 in geringem Umfang in Küche, Bad und den Zimmern der Wohnung auf und verbreiteten sich bis Februar 2003 auf sämtliche Decken und Wände der Wohnung.
2
Die Klägerin forderte die Beklagten im April 2003 erfolglos zur Beseitigung der Schwarzverfärbungen auf; ebenso erfolglos verlangte sie mit Schreiben vom 7. Mai 2003 die Zahlung eines Vorschusses für die Kosten der Besei- tigung der Verfärbungen. Der geltend gemachte Betrag von 5.423 € entspricht dem Kostenvoranschlag eines Fachbetriebes.
3
Da die Beklagten keine Zahlung leisteten, hat die Klägerin diesen Betrag mit ihrer Klage geltend gemacht.
4
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landgericht die Beklagten antragsgemäß verurteilt. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstreben die Beklagten die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Entscheidungsgründe:

5
Die Revision hat keinen Erfolg.

I.

6
Das Berufungsgericht (LG Berlin, GE 2007, 1487) hat ausgeführt:
7
Die Klägerin sei berechtigt, den geltend gemachten Betrag als Vorschuss zur Beseitigung eines Mangels zu fordern. Die aufgetretenen Schwarzverfärbungen seien ein Mangel der Mietwohnung. Ursache dieses Mangels in Form der Schwarzstaubablagerungen sei ein Zusammenwirken von Emissionen aus Wandfarbe und Teppichboden und einer Absenkung der Bauteiloberflächentemperatur während des im Winter vorgenommenen Fensterputzens und dem zusätzlichen Eintrag flüchtiger organischer Stoffe während des Fensterputzens. Damit liege die Ursache der "Fogging-Erscheinungen" nicht im Gefahrenbereich der Beklagten begründet, sondern stamme aus dem Verantwortungsbereich der Klägerin, die Wandfarbe und Teppich in die Wohnung eingebracht und die Reinigung der Fenster veranlasst habe. Dennoch habe die Klägerin den Mangel nicht zu vertreten, weil sie die Grenzen des vertragsgemäßen Gebrauchs der Mietsache nicht überschritten habe. Liege - wie hier - ein Mangel der Mietsache vor, sei der Vermieter, unabhängig von einem etwaigen Verschulden auf seiner Seite, verpflichtet, den vertragsgemäßen Zustand wiederherzustellen.

II.

8
Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung stand. Zu Recht hat das Berufungsgericht der Klägerin einen Anspruch auf Vorschuss in Höhe der voraussichtlich zur Mängelbeseitigung erforderlichen Kosten zuerkannt (§ 536a Abs. 2 Nr. 1 BGB; BGHZ 56, 136, 141).
9
1. Rechtsfehlerfrei und insoweit von der Revision nicht beanstandet sieht das Berufungsgericht in den Schwarzstaubablagerungen, die nach den tatrichterlichen Feststellungen im Dezember 2002 plötzlich auftraten und sich bis Februar 2003 über sämtliche Decken und Wände der Mietwohnung der Klägerin ausbreiteten, einen Mangel der Mietsache i.S. des § 536 BGB. Dessen Beseitigung schulden die Beklagten als Vermieter gemäß § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB unabhängig davon, ob die Mangelursache in ihrem eigenen oder im Gefahrenbereich der Klägerin zu suchen ist. Anders wäre das, wie das Berufungsgericht weiter zutreffend erkannt hat, nur dann, wenn die Klägerin die Entstehung des Mangels zu vertreten hätte. Das ist, wie auch die Revision nicht in Abrede stellt, hier nicht der Fall, weil die nach dem im Berufungsverfahren eingeholten Sachverständigengutachten in Frage kommenden Maßnahmen der Klägerin - die Ausstattung der Wohnung mit einem handelsüblichen Teppichboden, das Streichen der Wände mit handelsüblicher Farbe und das Reinigen der Fenster im Winter - sich als vertragsgemäßer Gebrauch der Mietwohnung darstellen, dessen Folgen der Mieter gemäß § 538 BGB nicht zu vertreten hat. Aus dem Beschluss des Senats vom 25. Januar 2006 - VIII ZR 223/04 (NJW 2006, 1061) ergibt sich nichts anderes. Dort hat der Senat ausgeführt, die Voraussetzungen für einen vom Mieter geltend gemachten Schadensersatzanspruch aus § 536a Abs. 1 Alt. 2 BGB gegen den Vermieter wegen "Foggings" seien einschließlich des Verschuldens des Vermieters vom Mieter darzulegen und zu beweisen. Insoweit gelte nur dann etwas anderes, wenn feststehe, dass die Schadensursache im Herrschafts- und Einflussbereich des Vermieters gesetzt worden sei. Im vorliegenden Streitfall ist indessen nicht über einen Anspruch auf Schadensersatz wegen eines Mangels der Mietsache nach § 536a Abs. 1 BGB zu entscheiden , sondern allein über einen Anspruch auf Beseitigung eines Mangels. Dieser Herstellungsanspruch besteht unabhängig davon, ob der Mieter Minderung geltend machen oder Schadensersatz verlangen kann (vgl. etwa Kinne /Schach/Bieber, Miet- und Mietprozessrecht, 5. Aufl. § 535 Rdnr. 75).
10
2. Ohne Erfolg beruft sich die Revision auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 10. Januar 1962 - VIII ZR 199/60, WM 1962, 271 f.), wonach ein Mangelbeseitigungsanspruch des Mieters ausscheidet, wenn der Mangel darauf beruht, dass der Vermieter auf Wunsch des Mieters eine Veränderung der Mietsache durchgeführt hat und sich hieraus eine Beeinträchtigung des vertragsgemäßen Gebrauchs ergibt. Die Revision meint, gleiches müsse dann gelten, wenn der Mieter selbst eine Veränderung der Mietsache vorgenommen hat, die zu einem Mangel der Mietsache führe.
11
Die Revision übersieht, dass die Mietsache nicht verändert wurde. Die von der Klägerin vorgenommene Teilrenovierung der Wohnung durch Tapezieren einiger Wände mit handelsüblicher Tapete und Verlegung eines ebenfalls handelsüblichen Teppichbodens ist keine Veränderung der Mietsache. Beides waren lediglich Maßnahmen, die der Erhaltung der Mietsache zu dienen bestimmt sind. Auch hat die Klägerin weder schuldhaft gehandelt noch mit ihren Maßnahmen die Grenzen des vertragsgemäßen Gebrauchs überschritten.
Nach § 538 BGB hat der Mieter Verschlechterungen der Mietsache, die durch vertragsgemäßen Gebrauch herbeigeführt worden sind, nicht zu vertreten.
12
3. Zu Unrecht meinen die Beklagten, es sei unerheblich, ob den Vermieter grundsätzlich die Erhaltungspflicht treffe und der Mieter Verschlechterungen der Mietsache, die durch vertragsgemäßen Gebrauch herbeigeführt wurden, nicht zu vertreten habe. Denn § 538 BGB betreffe lediglich Abnutzungen der Mietsache infolge vertragsgemäßen Gebrauchs. "Fogging-Erscheinungen" infolge des Einbringens eines Teppichbodens, Streichens der Wand oder Fensterputzens stellten indes keine Abnutzung dar. Dabei verkennt die Revision, dass zwar die Überschrift der Bestimmung des § 538 BGB lautet "Abnutzung der Mietsache durch vertragsgemäßen Gebrauch", die Bestimmung selbst aber nach ihrem Wortlaut ohne Einschränkung "Veränderungen oder Verschlechterungen ,..., die durch den vertragsgemäßen Gebrauch herbeigeführt werden ..." erfasst. Um eine Verschlechterung handelt es sich hier. Auch enthält § 538 BGB lediglich eine klarstellende Wiederholung zu § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB. Danach ist der Vermieter verpflichtet, die vermietete Sache während der Miet- zeit in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu erhalten (vgl. Schmidt-Futterer/Langenberg, Mietrecht, 9. Aufl., § 538 BGB Rdnr. 2). Ball Dr. Wolst Hermanns Dr. Milger Dr. Hessel
Vorinstanzen:
AG Berlin-Schöneberg, Entscheidung vom 19.09.2006 - 11 C 303/03 -
LG Berlin, Entscheidung vom 14.09.2007 - 63 S 359/06 -

(1) Hat die Mietsache zur Zeit der Überlassung an den Mieter einen Mangel, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt, oder entsteht während der Mietzeit ein solcher Mangel, so ist der Mieter für die Zeit, in der die Tauglichkeit aufgehoben ist, von der Entrichtung der Miete befreit. Für die Zeit, während der die Tauglichkeit gemindert ist, hat er nur eine angemessen herabgesetzte Miete zu entrichten. Eine unerhebliche Minderung der Tauglichkeit bleibt außer Betracht.

(1a) Für die Dauer von drei Monaten bleibt eine Minderung der Tauglichkeit außer Betracht, soweit diese auf Grund einer Maßnahme eintritt, die einer energetischen Modernisierung nach § 555b Nummer 1 dient.

(2) Absatz 1 Satz 1 und 2 gilt auch, wenn eine zugesicherte Eigenschaft fehlt oder später wegfällt.

(3) Wird dem Mieter der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache durch das Recht eines Dritten ganz oder zum Teil entzogen, so gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend.

(4) Bei einem Mietverhältnis über Wohnraum ist eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung unwirksam.

(1) Ist ein Mangel im Sinne des § 536 bei Vertragsschluss vorhanden oder entsteht ein solcher Mangel später wegen eines Umstands, den der Vermieter zu vertreten hat, oder kommt der Vermieter mit der Beseitigung eines Mangels in Verzug, so kann der Mieter unbeschadet der Rechte aus § 536 Schadensersatz verlangen.

(2) Der Mieter kann den Mangel selbst beseitigen und Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen, wenn

1.
der Vermieter mit der Beseitigung des Mangels in Verzug ist oder
2.
die umgehende Beseitigung des Mangels zur Erhaltung oder Wiederherstellung des Bestands der Mietsache notwendig ist.

*

(1) Der Anspruch auf Leistung ist ausgeschlossen, soweit diese für den Schuldner oder für jedermann unmöglich ist.

(2) Der Schuldner kann die Leistung verweigern, soweit diese einen Aufwand erfordert, der unter Beachtung des Inhalts des Schuldverhältnisses und der Gebote von Treu und Glauben in einem groben Missverhältnis zu dem Leistungsinteresse des Gläubigers steht. Bei der Bestimmung der dem Schuldner zuzumutenden Anstrengungen ist auch zu berücksichtigen, ob der Schuldner das Leistungshindernis zu vertreten hat.

(3) Der Schuldner kann die Leistung ferner verweigern, wenn er die Leistung persönlich zu erbringen hat und sie ihm unter Abwägung des seiner Leistung entgegenstehenden Hindernisses mit dem Leistungsinteresse des Gläubigers nicht zugemutet werden kann.

(4) Die Rechte des Gläubigers bestimmen sich nach den §§ 280, 283 bis 285, 311a und 326.

(1) Ist ein Mangel im Sinne des § 536 bei Vertragsschluss vorhanden oder entsteht ein solcher Mangel später wegen eines Umstands, den der Vermieter zu vertreten hat, oder kommt der Vermieter mit der Beseitigung eines Mangels in Verzug, so kann der Mieter unbeschadet der Rechte aus § 536 Schadensersatz verlangen.

(2) Der Mieter kann den Mangel selbst beseitigen und Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen, wenn

1.
der Vermieter mit der Beseitigung des Mangels in Verzug ist oder
2.
die umgehende Beseitigung des Mangels zur Erhaltung oder Wiederherstellung des Bestands der Mietsache notwendig ist.

*

(1) Der Anspruch auf Leistung ist ausgeschlossen, soweit diese für den Schuldner oder für jedermann unmöglich ist.

(2) Der Schuldner kann die Leistung verweigern, soweit diese einen Aufwand erfordert, der unter Beachtung des Inhalts des Schuldverhältnisses und der Gebote von Treu und Glauben in einem groben Missverhältnis zu dem Leistungsinteresse des Gläubigers steht. Bei der Bestimmung der dem Schuldner zuzumutenden Anstrengungen ist auch zu berücksichtigen, ob der Schuldner das Leistungshindernis zu vertreten hat.

(3) Der Schuldner kann die Leistung ferner verweigern, wenn er die Leistung persönlich zu erbringen hat und sie ihm unter Abwägung des seiner Leistung entgegenstehenden Hindernisses mit dem Leistungsinteresse des Gläubigers nicht zugemutet werden kann.

(4) Die Rechte des Gläubigers bestimmen sich nach den §§ 280, 283 bis 285, 311a und 326.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

*

(1) Der Anspruch auf Leistung ist ausgeschlossen, soweit diese für den Schuldner oder für jedermann unmöglich ist.

(2) Der Schuldner kann die Leistung verweigern, soweit diese einen Aufwand erfordert, der unter Beachtung des Inhalts des Schuldverhältnisses und der Gebote von Treu und Glauben in einem groben Missverhältnis zu dem Leistungsinteresse des Gläubigers steht. Bei der Bestimmung der dem Schuldner zuzumutenden Anstrengungen ist auch zu berücksichtigen, ob der Schuldner das Leistungshindernis zu vertreten hat.

(3) Der Schuldner kann die Leistung ferner verweigern, wenn er die Leistung persönlich zu erbringen hat und sie ihm unter Abwägung des seiner Leistung entgegenstehenden Hindernisses mit dem Leistungsinteresse des Gläubigers nicht zugemutet werden kann.

(4) Die Rechte des Gläubigers bestimmen sich nach den §§ 280, 283 bis 285, 311a und 326.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 210/06 Verkündet am:
9. Januar 2008
Ermel,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Der Käufer ist im Regelfall berechtigt, den Kaufpreis sofort - ohne vorherige Fristsetzung
zur Nacherfüllung - zu mindern, wenn der Verkäufer ihm einen Mangel bei Abschluss
des Kaufvertrages arglistig verschwiegen hat (Bestätigung von BGH, Beschluss
vom 8. Dezember 2006 - V ZR 249/05, NJW 2007, 835). In einem solchen
Fall ist die für die Beseitigung eines Mangels erforderliche Vertrauensgrundlage in
der Regel auch dann beschädigt, wenn die Mangelbeseitigung durch einen vom Verkäufer
zu beauftragenden Dritten vorzunehmen ist.
BGH, Urteil vom 9. Januar 2008 - VIII ZR 210/06 - OLG Hamm
LG Münster
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 9. Januar 2008 durch den Vorsitzenden Richter Ball, die Richter Wiechers
und Dr. Frellesen sowie die Richterinnen Hermanns und Dr. Hessel

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 11. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 14. Juni 2006 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin kaufte von den Beklagten am 20. November 2002 den 1999 geborenen Wallach "Diokletian" als Dressurpferd zum Preis von 45.000 €. Mit Schreiben ihres erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten vom 2. November 2004 begehrte sie Minderung in Höhe von 50% des Kaufpreises mit der Begründung , das Pferd sei mangelhaft, weil es sich um einen "(residualen) Kryptorchiden" handele, das heißt um ein Pferd, dem bei der Kastration das Hodengewebe nicht vollständig entfernt worden ist.
2
Die Klägerin hat Klage auf Rückzahlung von 22.500 € nebst Zinsen sowie Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten in Höhe von 445,90 € nebst Zin- sen erhoben. Sie hat vorgetragen, das Pferd zeige aufgrund der unvollständigen Kastration hengstisches Verhalten und sei deshalb als Dressurpferd weniger geeignet als ein Wallach. Den Beklagten sei die hengstische Eigenart des Pferdes bereits vor dem Kauf bekannt gewesen; sie hätten die Klägerin darüber arglistig getäuscht.
3
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg gehabt. Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision.

Entscheidungsgründe:

4
Die Revision hat Erfolg und führt zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

5
Das Berufungsgericht hat ausgeführt:
6
Es könne offen bleiben, ob der von der Klägerin geltend gemachte Mangel bereits im Vorhandensein noch aktiven Hodengewebes gesehen werden müsse oder ob er in der Kombination der nicht komplett gelungenen Kastration und der darauf beruhenden Folgen ("hengstisches Verhalten") bestehe. Denn Gewährleistungsansprüche scheiterten bereits daran, dass die Klägerin die Beklagten nicht unter Fristsetzung zur Nacherfüllung aufgefordert habe. Eine Fristsetzung sei hier nicht entbehrlich gewesen (§ 440 BGB). Die Beklagten hätten die durch eine Operation des Pferdes mögliche Nacherfüllung nicht ernsthaft und endgültig verweigert. Auch sei eine Nacherfüllung für die Klägerin nicht wegen der mit der Operation verbundenen Risiken unzumutbar gewesen.
7
Eine Unzumutbarkeit der Nacherfüllung ergebe sich auch nicht aus der Behauptung der Klägerin, von den Beklagten arglistig getäuscht worden zu sein. Insoweit könne offen bleiben, ob die hierzu erforderlichen Umstände ausreichend vorgetragen und unter Beweis gestellt worden seien. Jedenfalls führe nicht jede arglistige Täuschung zu einem vollständigen Vertrauensverlust auf Käuferseite. Insbesondere dann, wenn die eigentliche Nacherfüllung nicht vom Vertragspartner selbst, sondern auf dessen Kosten von einem Dritten vorgenommen werden solle, sei kein Grund erkennbar, warum aufgrund einer arglistigen Täuschung des Verkäufers der Käufer auch das Vertrauen in die Ordnungsmäßigkeit der Leistung des mit der Nachbesserung betrauten Dritten verloren haben könnte. Für den Streitfall bedeute dies, dass keine Gründe ersichtlich seien, warum die Klägerin, die trotz des von ihr als arglistig bewerteten Verhaltens der Beklagten am Kauf des Pferdes festhalten wolle, auch das Vertrauen in den Tierarzt, der die Nachkastration vornehmen würde, verloren haben könnte.

II.

8
Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Der Klägerin kann das von ihr geltend gemachte Recht auf Minderung des Kaufpreises für das Pferd "Diokletian" (§ 434 Abs. 1, § 437 Nr. 2, §§ 440, 441, 90a BGB) nicht mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung versagt werden. Dem Minderungsrecht steht nicht, wie das Berufungsgericht angenommen hat, entgegen, dass es die Klägerin versäumt hat, den Beklagten eine angemessene Frist zur Nacherfüllung (§ 439 BGB) zu setzen.
9
1. Es kann offenbleiben, ob dem Berufungsurteil, wie die Revision meint, die Tatsachenfeststellung zu entnehmen ist, dass das Pferd mit einem bei Gefahrübergang bereits vorhandenen Mangel behaftet ist (§ 434 Abs. 1 Satz 1 BGB). Jedenfalls ist nach dem revisionsrechtlich zugrunde zu legenden Sachvortrag der Klägerin davon auszugehen, dass das als Wallach verkaufte Pferd nicht der vereinbarten Beschaffenheit entspricht, weil die vor Gefahrübergang durchgeführte Kastration nicht zu einer vollständigen Entfernung des Hodengewebes geführt hat und das Pferd infolgedessen hengstisches Verhalten zeigt.
10
2. Das Recht des Käufers, wegen eines behebbaren Mangels vom Vertrag zurückzutreten oder den Kaufpreis zu mindern (§ 437 Nr. 2, §§ 323, 441 BGB), setzt - wenn nicht einer der gesetzlich geregelten Ausnahmetatbestände eingreift - ebenso wie der Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung (§ 437 Nr. 3, §§ 280, 281 BGB) voraus, dass der Käufer dem Verkäufer erfolglos eine angemessene Frist zur Nacherfüllung bestimmt hat; dies gilt auch beim Tierkauf (vgl. zum Schadensersatzanspruch: Senatsurteil vom 22. Juni 2005 - VIII ZR 1/05, ZGS 2005, 433, unter II; Senatsurteil vom 7. Dezember 2005 - VIII ZR 126/05, NJW 2006, 988, unter II 2). Zur Nacherfüllung hat die Klägerin die Beklagten nicht aufgefordert. Dies steht dem Minderungsrecht der Klägerin jedoch nicht entgegen, weil hier nach dem revisionsrechtlich zugrunde zu legenden Vorbringen der Klägerin entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts einer der in § 440 BGB genannten Ausnahmefälle vorliegt, in denen eine erfolglose Fristsetzung zur Nacherfüllung entbehrlich ist.
11
a) Vergeblich wendet sich die Revision allerdings dagegen, dass das Berufungsgericht die Entbehrlichkeit der Fristsetzung unter dem Gesichtspunkt einer ernsthaften und endgültigen Verweigerung der Nacherfüllung (§ 323 Abs. 2 Nr. 1 BGB) verneint hat.
12
Der erstinstanzliche Prozessbevollmächtigte der Beklagten hat in seinem Antwortschreiben vom 4. November 2004 auf das Schreiben des erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 2. November 2004, in dem die Klägerin sogleich Minderung verlangte, ohne die Beklagten zur Mangelbeseitigung aufzufordern, ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Klägerin zunächst verpflichtet sei, den Beklagten Gelegenheit zur Nachbesserung zu geben. Darin liegt keine Verweigerung der Mangelbeseitigung seitens der Beklagten. Eine solche kann auch nicht darin gesehen werden, dass der Prozessbevollmächtigte der Beklagten im Anschluss an seinen Hinweis zusätzlich beanstandete , dass die von der Klägerin vorgelegten Befundberichte aus medizinischer Sicht nicht ausreichend seien, um rechtlich einen Sachmangel anzunehmen. Dem steht bereits entgegen, dass der Prozessbevollmächtigte der Beklagten in seinem Schreiben abschließend nochmals ausdrücklich um einen Nachweis bat, welchen Mangel die Beklagten im Wege der Nachbesserung beseitigen sollten.
13
Die Klägerin ist der vorprozessualen Aufforderung der Beklagten, ihnen Gelegenheit zur Mangelbeseitigung einzuräumen, nicht nachgekommen, sondern hat sogleich Klage auf Minderung des Kaufpreises erhoben. Auch im Rechtsstreit haben die Beklagten eine Mangelbeseitigung nicht verweigert. Sie haben wiederum beanstandet, dass ihnen die Möglichkeit der Nacherfüllung nicht eingeräumt wurde. Unter diesen Umständen kann allein darin, dass die Beklagten (daneben) auch das Vorliegen eines Mangels bestritten haben, keine ernsthafte und endgültige Verweigerung der Nacherfüllung gesehen werden.
14
b) Ebenfalls ohne Erfolg macht die Revision geltend, dass eine Mangelbeseitigung wegen der mit einer erneuten Operation des Pferdes verbundenen Risiken für die Klägerin unzumutbar sei (§ 440 Satz 1 BGB).
15
Die Beurteilung, ob die Nacherfüllung dem Käufer aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalles unzumutbar ist (§ 440 Satz 1 BGB), obliegt dem Tatrichter. Das Berufungsgericht ist aufgrund des schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen Dr. S. und dessen mündlicher Erläuterung davon ausgegangen , dass mit einer erneuten Operation des Pferdes eine vollständige Beseitigung des Mangels möglich ist. Es hat die damit verbundenen - gegenüber dem ersten Eingriff erhöhten - Operationsrisiken insbesondere unter dem Gesichtspunkt für zumutbar gehalten, dass nach den Ausführungen des Sachverständigen eine Entfernung des noch vorhandenen Hodengewebes ohnehin medizinisch indiziert sei, um der Gefahr einer Entartung des Gewebes vorzubeugen. Rechtsfehler dieser tatrichterlichen Würdigung zeigt die Revision nicht auf und sind auch nicht ersichtlich. Für die Annahme, dass das Berufungsgericht die Ausführungen des Sachverständigen hinsichtlich einer medizinischen Indikation der Entfernung des Hodengewebes, wie die Revision meint, missverstanden habe, besteht kein Anhaltspunkt.
16
c) Die Revision beanstandet jedoch zu Recht, dass das Berufungsgericht eine Unzumutbarkeit der Nacherfüllung für die Klägerin auch unter dem Gesichtspunkt verneint hat, dass die Klägerin - nach ihrer Behauptung - von den Beklagten über die Hengstigkeit des Pferdes arglistig getäuscht worden ist.
17
Das Berufungsgericht hat offen gelassen, ob die von der Klägerin vorgetragenen und unter Beweis gestellten Tatsachen ausreichten, um eine arglistige Täuschung durch die Beklagten anzunehmen. Revisionsrechtlich ist damit davon auszugehen, dass die Klägerin von den Beklagten über den behaupteten Mangel des Pferdes arglistig getäuscht worden ist.
18
Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass nicht jede arglistige Täuschung zu einem vollständigen Vertrauensverlust auf Käuferseite führt, der eine Nacherfüllung für den Käufer unzumutbar macht. Ihm kann jedoch nicht darin gefolgt werden, dass insbesondere dann, wenn die Mangelbeseitigung nicht vom Vertragspartner selbst, sondern auf dessen Kosten von ei- nem Dritten vorgenommen werden soll, kein Grund erkennbar sei, warum aufgrund einer arglistigen Täuschung des Verkäufers der Käufer auch das Vertrauen in die Ordnungsmäßigkeit der Leistungen des mit der Nachbesserung betrauten Dritten verloren haben könnte.
19
Der Bundesgerichtshof hat - nach Erlass des Berufungsurteils - entschieden , dass ein die sofortige Rückabwicklung des Kaufvertrages rechtfertigendes Interesse des Käufers (§ 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB) im Regelfall anzunehmen ist, wenn der Verkäufer dem Käufer einen Mangel arglistig verschwiegen hat. Bei einer vom Verkäufer beim Abschluss eines Kaufvertrags begangenen Täuschungshandlung ist in der Regel die für eine Nacherfüllung erforderliche Vertrauensgrundlage beschädigt; dies gilt insbesondere, aber nicht nur, wenn die Nacherfüllung durch den Verkäufer selbst oder unter dessen Anleitung im Wege der Mängelbeseitigung erfolgen soll. In solchen Fällen hat der Käufer ein berechtigtes Interesse daran, von einer weiteren Zusammenarbeit mit dem Verkäufer Abstand zu nehmen. Dem stehen regelmäßig keine maßgebenden Interessen des Verkäufers gegenüber. Denn die Chance zur nachträglichen Fehlerbeseitigung , die dem Verkäufer mit dem Vorrang der Nacherfüllung gegeben werden soll, verdient dieser nur dann, wenn ihm der Mangel bei Abschluss des Kaufvertrags nicht bekannt war. Kannte er ihn dagegen, so kann er ihn vor Abschluss des Vertrages beseitigen und die Sache in einem vertragsgemäßen Zustand leisten. Entschließt sich der Verkäufer, den ihm bekannten Mangel nicht zu beseitigen und die Sache in einem vertragswidrigen Zustand zu veräußern , so besteht keine Veranlassung, ihm nach Entdeckung des Mangels durch den Käufer eine zweite Chance zu gewähren. Der so handelnde Verkäufer verdient keinen Schutz vor den mit der Rückabwicklung des Vertrages verbundenen wirtschaftlichen Nachteilen (BGH, Beschluss vom 8. Dezember 2006 - V ZR 249/05, NJW 2007, 835, unter II 3 b bb).
20
Dieser Rechtsprechung, mit der sich der V. Zivilsenat die in der Literatur überwiegend vertretene Auffassung zu eigen gemacht hat (BGH, aaO m.N.), schließt sich der erkennende Senat an. Für das Recht des Käufers, den Kaufpreis sofort - ohne vorherige Fristsetzung zur Nacherfüllung - zu mindern, gelten die dargelegten Grundsätze gleichermaßen (§ 323 Abs. 3 Nr. 2, § 441 Abs. 1 Satz 1 BGB). Besondere Umstände, aufgrund derer im vorliegenden Fall die für die Beseitigung des Mangels erforderliche Vertrauensgrundlage durch die den Beklagten vorgeworfene arglistige Täuschung nicht beschädigt worden wäre, sind vom Berufungsgericht nicht festgestellt und auch nicht ersichtlich. Insbesondere liegen solche besonderen Umstände entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht schon dann vor, wenn der Mangel durch einen Dritten - hier: durch einen Tierarzt - zu beseitigen ist. Vielmehr ist, wie ausgeführt, auch bei einer Mangelbeseitigung, die durch einen vom Verkäufer zu beauftragenden Dritten vorzunehmen ist, in der Regel die für die Nacherfüllung erforderliche Vertrauensgrundlage beschädigt (BGH, aaO).

III.

21
Das angefochtene Urteil kann danach keinen Bestand haben und ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Rechtsstreit ist nicht zur Endentscheidung reif, weil das Berufungsgericht - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - keine Feststellungen zu einer arglistigen Täuschung der Klägerin durch die Beklagte getroffen hat. Die Sache ist daher zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Ball Wiechers Dr.Frellesen Hermanns Dr.Hessel
Vorinstanzen:
LG Münster, Entscheidung vom 28.10.2005 - 16 O 582/04 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 14.06.2006 - 11 U 143/05 -

*

(1) Der Anspruch auf Leistung ist ausgeschlossen, soweit diese für den Schuldner oder für jedermann unmöglich ist.

(2) Der Schuldner kann die Leistung verweigern, soweit diese einen Aufwand erfordert, der unter Beachtung des Inhalts des Schuldverhältnisses und der Gebote von Treu und Glauben in einem groben Missverhältnis zu dem Leistungsinteresse des Gläubigers steht. Bei der Bestimmung der dem Schuldner zuzumutenden Anstrengungen ist auch zu berücksichtigen, ob der Schuldner das Leistungshindernis zu vertreten hat.

(3) Der Schuldner kann die Leistung ferner verweigern, wenn er die Leistung persönlich zu erbringen hat und sie ihm unter Abwägung des seiner Leistung entgegenstehenden Hindernisses mit dem Leistungsinteresse des Gläubigers nicht zugemutet werden kann.

(4) Die Rechte des Gläubigers bestimmen sich nach den §§ 280, 283 bis 285, 311a und 326.

(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen wird.

(1) Die vorläufige Vollstreckbarkeit tritt mit der Verkündung eines Urteils, das die Entscheidung in der Hauptsache oder die Vollstreckbarkeitserklärung aufhebt oder abändert, insoweit außer Kraft, als die Aufhebung oder Abänderung ergeht.

(2) Wird ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil aufgehoben oder abgeändert, so ist der Kläger zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der dem Beklagten durch die Vollstreckung des Urteils oder durch eine zur Abwendung der Vollstreckung gemachte Leistung entstanden ist. Der Beklagte kann den Anspruch auf Schadensersatz in dem anhängigen Rechtsstreit geltend machen; wird der Anspruch geltend gemacht, so ist er als zur Zeit der Zahlung oder Leistung rechtshängig geworden anzusehen.

(3) Die Vorschriften des Absatzes 2 sind auf die im § 708 Nr. 10 bezeichneten Berufungsurteile, mit Ausnahme der Versäumnisurteile, nicht anzuwenden. Soweit ein solches Urteil aufgehoben oder abgeändert wird, ist der Kläger auf Antrag des Beklagten zur Erstattung des von diesem auf Grund des Urteils Gezahlten oder Geleisteten zu verurteilen. Die Erstattungspflicht des Klägers bestimmt sich nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung. Wird der Antrag gestellt, so ist der Anspruch auf Erstattung als zur Zeit der Zahlung oder Leistung rechtshängig geworden anzusehen; die mit der Rechtshängigkeit nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts verbundenen Wirkungen treten mit der Zahlung oder Leistung auch dann ein, wenn der Antrag nicht gestellt wird.

Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Abs. 3 und des § 289 Satz 1 finden entsprechende Anwendung.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.