Bundesgerichtshof Urteil, 25. Juni 2008 - VIII ZR 307/07

bei uns veröffentlicht am25.06.2008
vorgehend
Amtsgericht Waldshut-Tiengen, 7 C 254/06, 20.04.2007
Landgericht Waldshut-Tiengen, 2 S 32/07, 08.11.2007

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 307/07 Verkündet am:
25. Juni 2008
Vorusso,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Das Sonderkündigungsrecht nach § 573a Abs. 1 BGB wird nicht dadurch ausgeschlossen
, dass in einem vom Vermieter selbst bewohnten Gebäude mit nicht mehr
als zwei Wohnungen weitere Räume vorhanden sind, die sich für eine Nutzung als
(dritte) Wohnung eignen und früher auch als Wohnung genutzt wurden, wenn diese
weiteren Räume schon bei Abschluss des Mietvertrages, für dessen Kündigung der
Vermieter das Sonderkündigungsrecht in Anspruch nimmt, als gewerbliche Räume
genutzt worden sind.
BGH, Urteil vom 25. Juni 2008 - VIII ZR 307/07 - LG Waldshut-Tiengen
AG Waldshut-Tiengen
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 25. Juni 2008 durch den Vorsitzenden Richter Ball, den Richter Dr. Wolst
sowie die Richterinnen Hermanns, Dr. Milger und Dr. Hessel

für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Waldshut-Tiengen vom 8. November 2007 wird zurückgewiesen. Die Beklagten haben die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der von der Klägerin erklärten Kündigung des mit der Beklagten zu 1 (künftig: die Beklagte) am 1. August 2005 geschlossenen Mietvertrages über eine Fünfzimmerwohnung im Anwesen M. straße 1 in W. .
2
Die Beklagte bewohnt die Mieträume seitdem mit ihrer im Oktober 2001 geborenen Tochter. Die Eltern der Beklagten, die Beklagten zu 2 und zu 3, halten sich über weite Teile des Jahres ebenfalls in der Wohnung auf; zumindest ein Schlaf- und ein Badezimmer der knapp 180 Quadratmeter großen Wohnung stehen ihnen weitgehend zur alleinigen Nutzung zur Verfügung. Sie verfügen über eine eigene Wohnung in einem anderen Ort und ermöglichen es durch ihren Aufenthalt in der Wohnung in der M. straße in W. ihrer Tochter, einer Vollzeitbeschäftigung nachzugehen. Sie beaufsichtigen während der Abwesenheit der Beklagten deren Kind. Im Mietvertrag wurde deshalb die Gesamtzahl der Personen, die die Wohnung beziehen würden, mit "vier" angegeben.
3
Die Wohnung der Beklagten liegt in einem Haus, welches teils zu Wohn-, teils zu Gewerbezwecken genutzt wird. Über das gesamte Erdgeschoss erstrecken sich die Betriebsräume einer Wäscherei, die - in der Rechtsform einer GmbH - von der Klägerin und deren Ehemann betrieben wird. Die Wohnung der Beklagten, zu der eine an der Außenfassade verlaufende Treppe führt, liegt oberhalb der Wäscherei im ersten Obergeschoss in der nördlichen Haushälfte. Die Klägerin bewohnt mit ihrem Ehemann andere Räume im ersten Obergeschoss sowie das gesamte Dachgeschoss.
4
Die Klägerin kündigte das Mietverhältnis unter Berufung auf § 573a Abs. 1 BGB zum 31. März 2007.
5
Da die Beklagten zu 1 bis 3 die Wohnung nicht räumten, hat die Klägerin Klage auf Räumung und Herausgabe erhoben. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landgericht antragsgemäß erkannt. Dagegen wenden sich die Beklagten mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision.

Entscheidungsgründe:

6
Die Revision hat keinen Erfolg.

I.

7
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt :
8
Die Kündigung des Mietverhältnisses durch die Klägerin sei wirksam, ohne dass es eines berechtigten Interesses der Klägerin nach § 573 Abs. 1, Abs. 2 BGB bedürfe. Denn die Voraussetzungen einer wirksamen Kündigung nach § 573a BGB seien erfüllt.
9
Die Wohnung der Beklagten liege in einem Gebäude, in welchem sich nur noch eine weitere Wohnung befinde, die von der Klägerin bewohnt werde. Die Existenz der Gewerberäume schließe das Sonderkündigungsrecht nach § 573a Abs. 1 BGB nicht aus. Die an zwei Auszubildende des Betriebs vermieteten Zimmer stellten keine Wohnung, sondern nur unselbständige Wohnräume dar, die bei der Berechnung der Gesamtzahl der Wohnungen nicht zu berücksichtigen seien. Unerheblich sei, dass sich früher noch eine dritte abgeschlossene Wohnung im Haus befunden habe, da diese Räume bereits vor Begründung des Mietverhältnisses der Parteien umgewidmet worden seien und ihre ursprüngliche Zweckbestimmung damit verloren hätten. Die Wohnungen der Parteien lägen in einem (einzigen) Gebäude. Zwar verfüge die Wohnung der Beklagten im ersten Obergeschoss über einen separaten Eingang, der Sozialkontakte der Beklagten mit den Nutzern der anderen Gebäudehälfte deutlich reduziere. Durch den sich über das gesamte Erdgeschoss hinziehenden Wäschereibetrieb , aber auch durch die sich über die gedachte Mitte des Baukörpers ausdehnenden Dachgeschossräume seien die beiden, nach Fassadenges- taltung ohnehin nicht voneinander abgesetzten Hälften des Hauses jedoch so miteinander verzahnt, dass sie sich dem Betrachter als bauliche Einheit präsentierten. Die gegeneinander verschobenen Wohnebenen und die unmittelbare bauliche Verbindung der Wohnung der Beklagten mit dem darunter liegenden Wäschereibetrieb begründeten eine funktionale Einheit, die durch den separaten Zugang zur Wohnung der Beklagten nicht aufgehoben werde.
10
Eine dritte Wohnung befinde sich nicht im Haus. Die von der Klägerin zu Wohnzwecken genutzten Räume im ersten Obergeschoss und im Dachgeschoss bildeten eine zusammengehörende Einheit, auch wenn sie durch das Treppenhaus getrennt seien. Im ersten Obergeschoss befänden sich zwar in der südlichen Gebäudehälfte neben der Wohnung der Klägerin weitere Räume, die von ihrer baulichen Ausstattung und ihrer funktionalen Zuordnung zueinander unschwer als Wohnung genutzt werden könnten. Die frühere Wohnungsnutzung durch die Mutter der Klägerin sei jedoch aufgehoben. Die ehemalige Küche sei vor Beginn des Mietverhältnisses der Parteien zum Sozialraum der Arbeitnehmer der Wäscherei und ein angrenzender Wohnraum zum Büro des Gewerbebetriebes umfunktioniert worden.
11
Die Beklagte könne sich auch nicht darauf berufen, die Beendigung des Mietverhältnisses sei für sie und ihre Tochter eine besondere Härte. Insoweit fehle jeder Vortrag dazu, dass der Beklagten das Beschaffen einer angemessenen Ersatzwohnung zu zumutbaren Bedingungen nicht möglich sei.
12
Die Räumungsklage sei auch gegenüber den Beklagten zu 2 und zu 3 zulässig, weil die Beklagte zu 1 ihnen mit Zustimmung der Klägerin den Mitgebrauch der Wohnung eingeräumt habe.

II.

13
Diese Beurteilung hält einer rechtlichen Nachprüfung stand, so dass die Revision zurückzuweisen ist.
14
1. Zutreffend hat das Landgericht die Zulässigkeit der Klage auch gegenüber den Beklagten zu 2 und zu 3 bejaht, obwohl diese im Mietvertrag nicht als Mieter aufgeführt sind. Zwar meint die Revision, der Klägerin fehle deshalb ein Rechtsschutzbedürfnis. Dem kann nicht zugestimmt werden. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist zwar für die Räumung einer Wohnung gegenüber einem Besitzdiener kein gegen ihn gerichteter Titel erforderlich , wohl aber gegenüber dem Mitbesitzer (Beschluss vom 19. März 2008 - I ZB 56/07, NZM 2008, 400, Tz. 9 ff.). Die Beklagten zu 2 und 3 sind hinsichtlich eines Teiles der Mietwohnung jedenfalls Mitbesitzer und nicht lediglich Besitzdiener. Ihnen stehen nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts zumindest zwei Zimmer (ein Schlaf- und ein Badezimmer) zur weitgehend alleinigen Nutzung zur Verfügung. Dabei ist es unerheblich, dass sie diese Räume nicht ständig, sondern nur über "weite Teile des Jahres" nutzen. Die Beklagten zu 2 und zu 3 haben in Bezug auf diese Zimmer auch nicht den Weisungen ihrer Tochter Folge zu leisten; dieses wäre ein Merkmal für bloße Besitzdienerschaft (§ 855 BGB).
15
Das Rechtsschutzinteresse der Klägerin gegenüber den Beklagten zu 2 und zu 3 ist auch nicht deshalb zu verneinen, weil diese Beklagten über ihre Prozessbevollmächtigten der Klägerin ausdrücklich haben erklären lassen, sie hätten keinen selbständigen Gebrauch an der Mietsache und würden ausziehen , wenn ihre Tochter zum Auszug verpflichtet sei. Diese Erklärung verleiht der Klägerin nicht die erforderliche Sicherheit, dass sich die Beklagten zu 2 und zu 3 einer möglichen Zwangsvollstreckung eines allein gegen die Beklagte zu 1 gerichteten Titels nicht doch widersetzen werden.
16
2. Zu Unrecht meint die Revision, im Streitfall seien die Voraussetzungen für eine „erleichterte Kündigung“ nach § 573a BGB nicht gegeben.
17
a) Die Revision ist der Ansicht, die Vorschrift sei nur anzuwenden, wenn es aufgrund der Beschaffenheit des Gebäudes Berührungspunkte für die Lebensräume der Parteien gebe und dadurch ein erhöhtes Konfliktpotenzial zwischen den Parteien bestehe. Wenn dagegen ein Gebäude - wie hier - verschiedene Eingänge und Flure aufweise und nach außen der Eindruck von zwei getrennten Gebäuden entstehe, wie dies insbesondere bei Doppel- und Reihenhäusern der Fall sei, finde § 573a BGB keine Anwendung. Das ist nicht richtig.
18
Für diese Ansicht spricht zwar der Zweck der Vorschrift, dem Vermieter dann eine erleichterte Möglichkeit zur Beendigung eines Mietverhältnisses einzuräumen , wenn aufgrund der vorhandenen räumlichen Enge die erforderliche Harmonie der Parteien nicht mehr gewährleistet ist. Diese gesetzgeberische Intention hat im Wortlaut der Vorschrift allerdings keinen Niederschlag gefunden. Deshalb ist aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit das Sonderkündigungsrecht auch dann gegeben, wenn Vermieter und Mieter in dem gemeinsam bewohnten Gebäude keine Gelegenheit zum Zusammentreffen haben, wenn es insbesondere - wie hier - an einem gemeinsamen Treppenhaus und an einem gemeinsamen Hauseingang fehlt und auch sonstige gemeinschaftlich zu nutzende Räume oder Flächen nicht vorhanden sind (OLG Saarbrücken, NJW-RR 1993, 20 ff.; Schmidt-Futterer/Blank, Mietrecht, 9. Aufl., § 573a BGB Rdnr. 12, jeweils auch mit Nachweisen zur abweichenden Meinung ). Ohne Erfolg vergleicht die Beklagte das von ihr bewohnte Haus mit einem Reihen- oder Doppelhaus. Solche Häuser werden als "selbständig" ange- sehen. Doch ist hier das bewohnte Haus weder nach seiner Bautechnik (keine Trennung etwa durch eine Brandschutzmauer) noch durch seine äußere Erscheinung einem Reihen- oder Doppelhaus vergleichbar.
19
b) Die Revision bringt vor, das Sonderkündigungsrecht nach § 573a BGB sei deshalb nicht gegeben, weil das Gebäude mehr als zwei Wohnungen aufweise. Es gebe außer dem Wäschereibetrieb und den Wohnungen der Parteien noch Räume, die von ihrer baulichen Ausstattung und ihrer funktionalen Zuordnung unschwer als Wohnung genutzt werden könnten. Das verhilft der Revision nicht zum Erfolg. Nach dem Gesetzeswortlaut kommt es darauf an, ob sich im Gebäude mehr als zwei Wohnungen befinden. Durch den Umstand, dass sich abgesehen von zwei Wohnungen noch Gewerbe- und andere Räume im Haus befinden, wird die Anwendbarkeit der Vorschrift nicht ausgeschlossen. Die Vorgängerregelung zu § 573a BGB betraf zwar ausschließlich "Wohngebäude" (§ 564b Abs. 4 BGB in der bis zum 31. August 2001 geltenden Fassung). Danach schied die Anwendung der Vorschrift bei Gebäuden aus, die sowohl zu Wohn- als auch zu Gewerbezwecken genutzt wurden. Diese Beschränkung auf reine Wohngebäude hat der Gesetzgeber mit der Neuregelung durch das Mietrechtsreformgesetz vom 19. Juni 2001 (BGBl. I, S. 1149) aber bewusst nicht beibehalten (Haas, Das neue Mietrecht - Mietrechtsreformgesetz, Bundesanzeiger 2001, S. 242). In diesem Zusammenhang ist nicht von Bedeutung, dass im Gebäude Räume vorhanden sind, die sich für eine Nutzung als (dritte) Wohnung eignen und in der Vergangenheit als Wohnung für die Mutter der Klägerin genutzt wurden. Entscheidend ist vielmehr, dass diese weiteren Räume schon vor Abschluss des hier zugrunde liegenden Mietvertrages nicht mehr als Wohnung , sondern als gewerbliche Räume für den Wäschereibetrieb genutzt wurden.
20
Zutreffend hat das Landgericht auch die von der Klägerin und ihrem Ehemann bewohnten Räume als eine Wohnung gewertet, obwohl sie auf zwei Stockwerke verteilt sind. Eine solche Aufteilung einander ergänzender Räume hindert nicht die Annahme einer (einzigen) Wohnung.
21
3. Letztlich meint die Revision, das Landgericht habe die nach § 574 Abs. 1 BGB erforderliche Abwägung der beiderseitigen Interessen fehlerhaft vorgenommen. Einen revisionsrechtlich bedeutsamen Fehler zeigt sie jedoch nicht auf. Das Revisionsgericht hat den tatrichterlichen Beurteilungsspielraum der Instanzgerichte zu respektieren. Es kann regelmäßig nur überprüfen, ob das Berufungsgericht Rechtsbegriffe verkannt oder etwa wesentliche Tatumstände übersehen oder nicht vollständig gewürdigt oder Erfahrungssätze nicht verletzt hat (Senatsurteil vom 20. Oktober 2004 - VIII ZR 246/03, NZM 2005, 143, unter II 2). Einen solchen Rechtsfehler zeigt die Revision nicht auf. Ball Dr. Wolst Hermanns Dr. Milger Dr. Hessel
Vorinstanzen:
AG Waldshut-Tiengen, Entscheidung vom 20.04.2007 - 7 C 254/06 -
LG Waldshut-Tiengen, Entscheidung vom 08.11.2007 - 2 S 32/07 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 25. Juni 2008 - VIII ZR 307/07

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 25. Juni 2008 - VIII ZR 307/07

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(1) Ein Mietverhältnis über eine Wohnung in einem vom Vermieter selbst bewohnten Gebäude mit nicht mehr als zwei Wohnungen kann der Vermieter auch kündigen, ohne dass es eines berechtigten Interesses im Sinne des § 573 bedarf. Die Kündigungsfrist verlängert sich in diesem Fall um drei Monate.

(2) Absatz 1 gilt entsprechend für Wohnraum innerhalb der vom Vermieter selbst bewohnten Wohnung, sofern der Wohnraum nicht nach § 549 Abs. 2 Nr. 2 vom Mieterschutz ausgenommen ist.

(3) In dem Kündigungsschreiben ist anzugeben, dass die Kündigung auf die Voraussetzungen des Absatzes 1 oder 2 gestützt wird.

(4) Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam.

(1) Der Vermieter kann nur kündigen, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat. Die Kündigung zum Zwecke der Mieterhöhung ist ausgeschlossen.

(2) Ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses liegt insbesondere vor, wenn

1.
der Mieter seine vertraglichen Pflichten schuldhaft nicht unerheblich verletzt hat,
2.
der Vermieter die Räume als Wohnung für sich, seine Familienangehörigen oder Angehörige seines Haushalts benötigt oder
3.
der Vermieter durch die Fortsetzung des Mietverhältnisses an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks gehindert und dadurch erhebliche Nachteile erleiden würde; die Möglichkeit, durch eine anderweitige Vermietung als Wohnraum eine höhere Miete zu erzielen, bleibt außer Betracht; der Vermieter kann sich auch nicht darauf berufen, dass er die Mieträume im Zusammenhang mit einer beabsichtigten oder nach Überlassung an den Mieter erfolgten Begründung von Wohnungseigentum veräußern will.

(3) Die Gründe für ein berechtigtes Interesse des Vermieters sind in dem Kündigungsschreiben anzugeben. Andere Gründe werden nur berücksichtigt, soweit sie nachträglich entstanden sind.

(4) Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam.

(1) Ein Mietverhältnis über eine Wohnung in einem vom Vermieter selbst bewohnten Gebäude mit nicht mehr als zwei Wohnungen kann der Vermieter auch kündigen, ohne dass es eines berechtigten Interesses im Sinne des § 573 bedarf. Die Kündigungsfrist verlängert sich in diesem Fall um drei Monate.

(2) Absatz 1 gilt entsprechend für Wohnraum innerhalb der vom Vermieter selbst bewohnten Wohnung, sofern der Wohnraum nicht nach § 549 Abs. 2 Nr. 2 vom Mieterschutz ausgenommen ist.

(3) In dem Kündigungsschreiben ist anzugeben, dass die Kündigung auf die Voraussetzungen des Absatzes 1 oder 2 gestützt wird.

(4) Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZB 56/07
vom
19. März 2008
in dem Zwangsvollstreckungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Hat der Mieter in die Mietwohnung einen nichtehelichen Lebensgefährten
aufgenommen, ist für die Räumungsvollstreckung ein Vollstreckungstitel
auch gegen den nichtehelichen Lebensgefährten erforderlich, wenn dieser
Mitbesitz an der Wohnung begründet hat. Ein Mitbesitz an der Wohnung
muss sich aus den Umständen klar und eindeutig ergeben.

b) Minderjährige Kinder, die mit ihren Eltern zusammenleben, haben grundsätzlich
keinen Mitbesitz an der gemeinsam genutzten Wohnung. Die Besitzverhältnisse
an der Wohnung ändern sich im Regelfall nicht, wenn die
Kinder nach Erreichen der Volljährigkeit mit ihren Eltern weiter zusammenleben.
Haben Kinder keinen Mitbesitz an der Wohnung erlangt, reicht für eine
Räumungsvollstreckung ein Vollstreckungstitel gegen die Eltern aus.
BGH, Beschl. v. 19. März 2008 - I ZB 56/07 - LG Tübingen
AG Tübingen
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 19. März 2008 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und die Richter Pokrant, Prof.
Dr. Büscher, Dr. Kirchhoff und Dr. Koch

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Gläubigerin wird der Beschluss der 5. Zivilkammer des Landgerichts Tübingen vom 2. Mai 2007 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde beträgt 5.000 €.

Gründe:


1
I. Die Schuldnerin ist vom Amtsgericht Tübingen zur Räumung und Herausgabe ihrer Wohnung K. straße in T. verurteilt worden.
2
Die Gerichtsvollzieherin lehnte die Vollstreckung des Räumungstitels mit der Begründung ab, in der Wohnung lebten außer der Schuldnerin deren Le- bensgefährte sowie die volljährige Tochter der Schuldnerin und der Ehemann der Tochter, gegen die kein Vollstreckungstitel vorliege.
3
Dagegen hat die Gläubigerin Erinnerung eingelegt, mit der sie geltend gemacht hat, der Lebensgefährte der Schuldnerin sei nicht Partei des Mietvertrages geworden und habe sich ohne Wissen der Gläubigerin in der Wohnung aufgehalten. Er sei ebenso wie die volljährige Tochter der Schuldnerin und der Ehemann der Tochter nur Besitzdiener. Ein Vollstreckungstitel sei daher nur gegen die Schuldnerin und nicht gegen die weiteren in der Wohnung lebenden Personen erforderlich.
4
Das Amtsgericht hat die Erinnerung zurückgewiesen. Das Landgericht hat die sofortige Beschwerde der Gläubigerin zurückgewiesen.
5
Hiergegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde der Gläubigerin.
6
II. Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist zulässig und begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht.
7
1. Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt :
8
Die Gerichtsvollzieherin habe sich zu Recht geweigert, aufgrund des allein gegen die Schuldnerin vorliegenden Urteils die Wohnung zu räumen. Der Lebensgefährte der Schuldnerin, deren erwachsene verheiratete Tochter und der Ehemann der Tochter seien nicht bloße Besitzdiener, sondern Mitbesitzer der Wohnung. Gegen sie sei deshalb ebenfalls ein Räumungstitel erforderlich.

9
2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Die Entscheidung darüber, ob die Gläubigerin aus dem ausschließlich gegen die Schuldnerin gerichteten Urteil des Amtsgerichts Tübingen die Räumungsvollstreckung betreiben kann, hängt von den Besitzverhältnissen an der zu räumenden Wohnung ab. Hierzu sind weitere tatsächliche Feststellungen des Beschwerdegerichts erforderlich.
10
a) Die Frage, ob für eine Zwangsvollstreckung auf Räumung und Herausgabe einer Wohnung nach § 885 ZPO auch ein gegen den nichtehelichen Lebensgefährten des Schuldners gerichteter Vollstreckungstitel erforderlich ist, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten.
11
aa) Teilweise wird angenommen, zur Räumung einer Wohnung, in die der nichteheliche Lebensgefährte nach Abschluss des Mietvertrages und Einräumung des Alleinbesitzes an den Schuldner aufgenommen worden sei, reiche ein Vollstreckungstitel gegen den Schuldner aus, wenn der Dritte sein Besitzrecht nicht vom Vermieter ableitet (LG Darmstadt DGVZ 1980, 110; LG Freiburg WuM 1989, 571; LG Lübeck JurBüro 1992, 196; LG Berlin DGVZ 1993, 173; Scherer, DGVZ 1993, 161, 163; H. Schneider, DGVZ 1986, 4, 9; Wieczorek/ Schütze/Storz, ZPO, 3. Aufl., § 885 Rdn. 22; Walker in Schuschke/Walker, Vollstreckung und vorläufiger Rechtsschutz, 3. Aufl., § 885 ZPO Rdn. 14; ebenso für den Ehegatten: Palandt/Weidenkaff, BGB, 67. Aufl., § 546 Rdn. 13). Zum Teil wird ein gegen den nichtehelichen Lebensgefährten gerichteter Vollstreckungstitel nicht für notwendig angesehen, wenn der nichteheliche Lebensgefährte den Mitbesitz ohne oder gegen den Willen des Vermieters begründet und entgegen Treu und Glauben gegenüber dem Vermieter verheimlicht hat (OLG Hamburg NJW 1992, 3308; KG NZM 2003, 105; LG Mönchengladbach DGVZ 1996, 74; LG Hamburg DGVZ 2005, 164; Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 28. Aufl., § 885 Rdn. 4 d). Nach anderer Ansicht soll ein Vollstreckungstitel gegen den vom Mieter in die Wohnung aufgenommenen nichtehelichen Lebensgefährten generell erforderlich sein (Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO, 66. Aufl., § 885 Rdn. 15).
12
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann der Gläubiger aus einem Räumungsurteil gegen den Mieter nicht gegen den im Titel nicht aufgeführten Ehepartner vollstrecken, weil regelmäßig selbst dann beide Ehegatten Mitbesitzer der ehelichen Wohnung sind, wenn nur einer von ihnen Partei des Mietvertrages ist. Ob der Ehepartner nach materiellem Recht zur Herausgabe der Mietsache an den Gläubiger verpflichtet ist, ist nicht im formalisierten Zwangsvollstreckungsverfahren zu prüfen, sondern einer Beurteilung im Erkenntnisverfahren vorbehalten. Der Gerichtsvollzieher hat im Räumungsverfahren nur die tatsächlichen Besitzverhältnisse zu beurteilen (BGHZ 159, 383, 384 ff.).
13
Diese Grundsätze sind auf die Räumungsvollstreckung gegen einen nichtehelichen Lebensgefährten sinngemäß anzuwenden. Ist der nichteheliche Lebensgefährte Mitbesitzer der Wohnung, ist grundsätzlich auch gegen ihn ein Räumungstitel notwendig (KG NJW-RR 1994, 713; OLG Köln DGVZ 1997, 119, 120; OLG Düsseldorf DGVZ 1998, 140; Bunn, NJW 1988, 1362, 1364; Artzt/Schmidt, ZMR 1994, 90, 92; Becker-Eberhard, FamRZ 1994, 1296, 1303; Stickelbrock, ZZP 118, 106, 108; Zöller/Stöber, ZPO, 26. Aufl., § 885 Rdn. 10; MünchKomm.ZPO/Gruber, 3. Aufl., § 885 Rdn. 19). Den Mitbesitz an der Wohnung braucht der nichteheliche Lebensgefährte nicht vom Vermieter abzuleiten. Auch die Anzeige des Mieters an den Vermieter von der Aufnahme des nichtehelichen Lebensgefährten in die Wohnung ist nicht unabdingbare Voraussetzung für die Begründung von Mitbesitz.
14
Von diesen Maßstäben ist im Ansatz auch das Beschwerdegericht ausgegangen. Es hat zutreffend angenommen, dass es entscheidend darauf ankommt , ob der nichteheliche Lebenspartner Mitbesitzer oder Besitzdiener der Wohnung ist.
15
bb) Die Voraussetzungen eines Mitbesitzes des nichtehelichen Lebensgefährten der Schuldnerin hat das Beschwerdegericht im vorliegenden Verfahren bejaht. Es hat angenommen, der nichteheliche Lebenspartner sei grundsätzlich Mitbesitzer. Ob etwas anderes zu gelten habe, wenn ein Mieter häufig wechselnde Partner jeweils nur für kurze Zeit in die Wohnung aufnehme, brauche nicht entschieden zu werden, weil für eine solche Fallgestaltung keine Anhaltspunkte ersichtlich seien. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
16
(1) Zu Recht macht die Rechtsbeschwerde geltend, das Beschwerdegericht habe keine Feststellungen dazu getroffen, ob der Lebensgefährte der Schuldnerin Mitbesitz an der Wohnung begründet habe. Anders als bei einem Ehepaar, das gemeinsam aufgrund der auf Lebenszeit angelegten Ehe in der ehelichen Wohnung lebt, kann bei einem nichtehelichen Lebensgefährten allein aus der Aufnahme in die Wohnung nicht auf einen Mitbesitz geschlossen werden (Zöller/Stöber aaO § 885 Rdn. 10; MünchKomm.ZPO/Gruber aaO § 885 Rdn. 19; Musielak/Lackmann, ZPO, 5. Aufl., § 885 Rdn. 10; Staudinger/Bund, BGB (Bearbeitung 2007), § 866 Rdn. 12; Becker-Eberhard, FamRZ 1994, 1296, 1303; Schuschke, NZM 2005, 10, 11; a.A. MünchKomm.BGB/Joost, 4. Aufl., § 866 Rdn. 5). Vielmehr muss anhand der tatsächlichen Umstände des jeweiligen Falles beurteilt werden, ob der nichteheliche Lebensgefährte Mitbesitzer oder nicht nur Besitzdiener ist. Die tatsächlichen Besitzverhältnisse hat der Gerichtsvollzieher als Vollstreckungsorgan zu prüfen. Die Einräumung des Mitbesitzes an den nichtehelichen Lebensgefährten muss durch eine von einem ent- sprechenden Willen getragene Handlung des zuvor alleinbesitzenden Mieters nach außen erkennbar sein (vgl. zur Übertragung des Alleinbesitzes: BGH, Urt. v. 10.1.1979 - VIII ZR 302/77, NJW 1979, 714, 715). Aus den Gesamtumständen muss sich klar und eindeutig ergeben, dass der Dritte Mitbesitzer ist, weil das Zwangsvollstreckungsverfahren formalisiert ist und der Gläubiger vor einer Verschleierung der Besitzverhältnisse durch den Schuldner zur Vereitelung der Zwangsvollstreckung geschützt werden muss. Anhaltspunkte, durch die sich nach außen die Einräumung des Mitbesitzes dokumentiert, sind die Anzeige des Mieters an den Vermieter von der beabsichtigten oder erfolgten Aufnahme des nichtehelichen Lebensgefährten oder seine Anmeldung in der Wohnung nach den jeweiligen landesrechtlichen Meldegesetzen.
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(2) Die danach notwendigen Feststellungen sind allerdings auch nicht in einem Fall entbehrlich, in dem der Schuldner die Aufnahme des nichtehelichen Lebensgefährten in die Wohnung dem Gläubiger nicht angezeigt hat, weil es grundsätzlich nur auf die vom Vollstreckungsorgan zu beurteilenden tatsächlichen Besitzverhältnisse ankommt (vgl. BGHZ 159, 383, 386). Ob sich aufgrund des auch im Zwangsvollstreckungsrecht geltenden Grundsatzes von Treu und Glauben nach § 242 BGB (hierzu BGHZ 57, 108, 111) etwas anderes ergibt, wenn der Vermieter vor Einleitung des Räumungsprozesses bei dem Mieter nach weiteren in der Wohnung lebenden Personen fragt, um diese in die Klage einbeziehen zu können, und der Mieter keine, eine falsche oder eine unvollständige Auskunft erteilt, kann im vorliegenden Verfahren offenbleiben. Die Gläubigerin hat zu einer entsprechenden Anfrage an die Schuldnerin vor Einleitung des Räumungsprozesses nichts vorgetragen.
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(3) Im vorliegenden Fall hat das Beschwerdegericht keine Feststellungen zu den tatsächlichen Besitzverhältnissen getroffen. Die Schuldnerin hat einen Mitbesitz ihres nichtehelichen Lebensgefährten an der Wohnung bislang im Verfahren auch nicht geltend gemacht. Im wiedereröffneten Beschwerdeverfahren wird das Beschwerdegericht den Beteiligten hierzu Gelegenheit zur Stellungnahme einräumen müssen und gegebenenfalls die erforderlichen Feststellungen zu den tatsächlichen Besitzverhältnissen nachzuholen haben. Die Beweislast für eine Begründung von Mitbesitz durch ihren Lebensgefährten trifft die Schuldnerin, wenn sie als Mieterin zunächst Alleinbesitz an der Wohnung begründet hat und ein Mitbesitz des Lebensgefährten geltend gemacht werden soll.
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b) Das Beschwerdegericht hat angenommen, die Gläubigerin benötige zur Räumung der Wohnung auch einen Vollstreckungstitel gegen die Tochter der Schuldnerin und ihren Ehemann. Dem kann auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen ebenfalls nicht zugestimmt werden.
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aa) Minderjährige Kinder, die mit ihren Eltern zusammenleben, haben grundsätzlich keinen Mitbesitz an der gemeinsam benutzten Wohnung. Für eine Räumungsvollstreckung reicht deshalb ein Vollstreckungstitel gegen die Eltern aus (KG NJW-RR 1994, 713, 714; Wieczorek/Schütze/Storz aaO § 885 Rdn. 21). Die gegenteilige Ansicht, die bei Kindern ab dem 14. Lebensjahr von einem Mitbesitz an den ihnen zugewiesenen Räumen ausgeht (Schuschke, NZM 2005, 10, 11), steht nicht nur mit den tatsächlichen Besitzverhältnissen nicht in Einklang. Sie lässt auch die schützenswerten Belange minderjähriger Kinder unberücksichtigt. Die Nachteile, die sich aus einer Mithaftung für die Kosten des Räumungsprozesses und der Zwangsräumung ergeben, überwiegen deutlich den Vorteil, als mitverklagte Partei im Prozess seine Rechte wahrnehmen zu können, weil den minderjährigen Kindern im Räumungsprozess im Verhältnis zum Vermieter grundsätzlich keine weitergehenden Rechte zustehen als ihren Eltern, die Mietvertragspartei sind.
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Die Besitzverhältnisse an der Wohnung, in der die Familie lebt, ändern sich im Regelfall nicht, wenn das Kind volljährig wird und mit seinen Eltern weiter zusammenwohnt (OLG Hamburg NJW-RR 1991, 909; KG NJW-RR 1994, 713, 714; Zöller/Stöber aaO § 885 Rdn. 7; MünchKomm.ZPO/Gruber aaO § 885 Rdn. 20; Musielak/Lackmann aaO § 885 Rdn. 9; a.A. LG Heilbronn DGVZ 2005, 167; Bunn, NJW 1988, 1362, 1364; Riecke, DGVZ 2006, 81, 83). In diesem Fall bleiben die nach Erreichen der Volljährigkeit weiter in der elterlichen Wohnung lebenden Kinder im Regelfall Besitzdiener, ohne dass es darauf ankommt , ob die Kinder unter der Adresse gemeldet sind und der Vermieter die tatsächlichen Verhältnisse kennt. Etwas anderes kann nur gelten, wenn eine Änderung der Besitzverhältnisse volljähriger Kinder an der elterlichen Wohnung nach außen eindeutig erkennbar geworden ist.
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bb) Zu Recht macht die Rechtsbeschwerde geltend, dass das Beschwerdegericht zu den Besitzverhältnissen der volljährigen Tochter keine Feststellungen getroffen hat. Dass die volljährige Tochter der Schuldnerin verheiratet ist und mit ihrem Ehepartner in der Wohnung der Schuldnerin lebt, besagt nichts über die tatsächlichen Besitzverhältnisse. Der Umstand, dass die Tochter mit ihrem Ehemann keine eigene Wohnung bezogen hat, sondern in der Wohnung der Schuldnerin weiterlebt, kann umgekehrt auch für den Fortbestand eines Besitzverhältnisses zwischen der Schuldnerin und ihrer Tochter sprechen, wie es bei minderjährigen Kindern angenommen wird. In diesem Fall hat die Tochter keinen eigenen Mitbesitz neben der Schuldnerin begründet und ist Besitzdienerin geblieben (§ 855 BGB).
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Entsprechendes würde dann auch - wie das Amtsgericht zu Recht angenommen hat - für ihren Ehemann gelten.
Bornkamm Pokrant Büscher
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Vorinstanzen:
AG Tübingen, Entscheidung vom 30.01.2007 - 2 M 10668/06 -
LG Tübingen, Entscheidung vom 02.05.2007 - 5 T 56/07 -

Übt jemand die tatsächliche Gewalt über eine Sache für einen anderen in dessen Haushalt oder Erwerbsgeschäft oder in einem ähnlichen Verhältnis aus, vermöge dessen er den sich auf die Sache beziehenden Weisungen des anderen Folge zu leisten hat, so ist nur der andere Besitzer.

(1) Ein Mietverhältnis über eine Wohnung in einem vom Vermieter selbst bewohnten Gebäude mit nicht mehr als zwei Wohnungen kann der Vermieter auch kündigen, ohne dass es eines berechtigten Interesses im Sinne des § 573 bedarf. Die Kündigungsfrist verlängert sich in diesem Fall um drei Monate.

(2) Absatz 1 gilt entsprechend für Wohnraum innerhalb der vom Vermieter selbst bewohnten Wohnung, sofern der Wohnraum nicht nach § 549 Abs. 2 Nr. 2 vom Mieterschutz ausgenommen ist.

(3) In dem Kündigungsschreiben ist anzugeben, dass die Kündigung auf die Voraussetzungen des Absatzes 1 oder 2 gestützt wird.

(4) Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam.

(1) Der Mieter kann der Kündigung des Vermieters widersprechen und von ihm die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen, wenn die Beendigung des Mietverhältnisses für den Mieter, seine Familie oder einen anderen Angehörigen seines Haushalts eine Härte bedeuten würde, die auch unter Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters nicht zu rechtfertigen ist. Dies gilt nicht, wenn ein Grund vorliegt, der den Vermieter zur außerordentlichen fristlosen Kündigung berechtigt.

(2) Eine Härte liegt auch vor, wenn angemessener Ersatzwohnraum zu zumutbaren Bedingungen nicht beschafft werden kann.

(3) Bei der Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters werden nur die in dem Kündigungsschreiben nach § 573 Abs. 3 angegebenen Gründe berücksichtigt, außer wenn die Gründe nachträglich entstanden sind.

(4) Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam.