Bundesgerichtshof Urteil, 10. Apr. 2019 - VIII ZR 82/17

bei uns veröffentlicht am10.04.2019

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 82/17 Verkündet am:
10. April 2019
Ermel,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Frage des Widerrufs einer auf den Abschluss eines an einem Messestand
geschlossenen Kaufvertrags gerichteten Willenserklärung.
BGH, Urteil vom 10. April 2019 - VIII ZR 82/17 - OLG München
LG Traunstein
ECLI:DE:BGH:2019:100419UVIIIZR82.17.0

Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 6. März 2019 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Milger, die Richterin Dr. Hessel sowie die Richter Dr. Schneider, Kosziol und Dr. Schmidt

für Recht erkannt:
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Oberlandesgerichts München - 3. Zivilsenat - vom 15. März 2017 wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Beklagte vertreibt gewerblich unter anderem Einbauküchen. Der Kläger ist Verbraucher. Am 20. April 2015 schlossen die Parteien auf der alle zwei Jahre stattfindenden "Messe Rosenheim" an einem Stand der Beklagten einen schriftlichen Kaufvertrag über eine Einbauküche (Modell "P. ") zum Ge- samtpreis von 10.595,20 €.Eine Widerrufsbelehrung enthält der Kaufvertrag nicht. Noch am 20. April 2015 widerrief der Kläger seine auf den Vertragsschluss gerichtete Willenserklärung.
2
Mit der Klage begehrt der Kläger die Feststellung, dass er die auf den Abschluss des Kaufvertrags vom 20. April 2015 gerichtete Willenserklärung wirksam widerrufen habe und der Beklagten deshalb keine Ansprüche aus dem Vertrag zustünden. Die Klage hat in den Vorinstanzen keinen Erfolg gehabt. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Feststellungsbegehren weiter.
3
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs, der zu beurteilen hatte, ob ein Messestand, den ein Unternehmer auf der "Grünen Woche 2015" in Berlin zu Verkaufszwecken betrieb, als beweglicher Gewerberaum im Sinne des §312b Abs. 2 Satz 1 BGB anzusehen ist, hat dem Gerichtshof der Europäischen Union unter anderem die Frage zur Vorabentscheidung gemäß Art. 267 Abs. 3 AEUV vorgelegt, ob es sich bei einem nur wenige Tage im Jahr zum Verkauf genutzten Messestand um einen beweglichen Gewerberaum im Sinne von Art. 2 Nr. 9 Buchst. b der Richtlinie 2011/83/EU handelt (BGH, Beschluss vom 13. Juli 2017 - I ZR 135/16, WRP 2017, 1091). Im Hinblick hierauf hat der erkennende Senat das vorliegende Verfahren mit Beschluss vom 18. Oktober 2017 gemäß § 148 ZPO analog bis zur Entscheidung des Gerichtshofs ausgesetzt.

Entscheidungsgründe:

4
Die Revision hat keinen Erfolg.

I.

5
Das Berufungsgericht hat, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse , zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
6
Das Landgericht habe die Feststellungsklage zu Recht abgewiesen, da dem Kläger ein Widerrufsrecht nach § 312g Abs. 1 BGB nicht zustehe. Zwar könne nach dieser Vorschrift ein außerhalb von Geschäftsräumen geschlossener Kaufvertrag vom Verbraucher widerrufen werden. Die hier in Rede stehen- de Einbauküche sei jedoch nicht außerhalb von Geschäftsräumen gekauft worden. Denn das Gesetz sehe in § 312b Abs. 2 Satz 1 BGB auch einen beweglichen Gewerberaum als Geschäftsraum an, sofern der Unternehmer seine Verkaufstätigkeit dort für gewöhnlich entfalte.
7
Der Begriff "Raum" sei dabei nicht physikalisch/bautechnisch zu verstehen ; ein Gewerberaum liege vielmehr auch vor, wenn die Verkaufstätigkeit von einem Stand aus betrieben werde. Diese Sichtweise entspreche der Absicht des Gesetzgebers, denn § 312b Abs. 2 Satz 1 BGB sei die nationale Umsetzung von Vorschriften der europäischen Richtlinie 2011/83/EU, und dort würden im Erwägungsgrund 22 ausdrücklich Messestände als mögliche Beispiele für bewegliche Gewerberäume genannt.
8
Für die Bestimmung des Begriffs "für gewöhnlich" sei allein auf den Schutzzweck des Widerrufsrechts abzustellen. Dieser bestehe - dem Erwägungsgrund 21 der genannten Richtlinie 2011/83/EU folgend - darin, den Verbraucher vor dem möglicherweise außerhalb von unbeweglichen Geschäftsräumen bestehenden psychischen Druck beziehungsweise dem Überraschungsmoment zu schützen. Maßgeblich sei, ob eine Überrumpelung des Verbrauchers vorliege oder ob dieser mit entsprechenden Angeboten zum Vertragsschluss habe rechnen müssen. Dabei sei auf den Charakter der Messe abzustellen und auf das konkrete Angebot des Unternehmers.
9
Gemessen hieran sei im Streitfall eine Überrumpelungssituation nicht erkennbar. Die "Messe Rosenheim" sei eine klassische Verkaufsmesse; ihr Spektrum sei vielfältig. Die einzelnen Aussteller würden vom Veranstalter in 19 Branchen gegliedert und in einem "bunten Mix" über 14 Ausstellungshallen verteilt. Eine breite Palette unterschiedlichster Waren, vom preiswerten Fensterwischer bis zu höherwertigen Gegenständen, wie etwa Duschkabinen, würde dort zum Kauf angeboten. Die Annahme, dass der durchschnittlich interessierte Besucher davon bei einem mehrstündigen Besuch der Messe nichts mitbekomme, könne der Senat nicht nachvollziehen.
10
Die Tatsache, dass es - wie der Beklagte in seiner Berufungsbegründung vorgetragen habe - zahlreiche Aussteller gebe, die die Messe von vornherein primär oder ausschließlich zur Information und Werbung nutzen würden, wie etwa die Agentur für Arbeit, die AOK oder der Arbeiter-Samariter-Bund, spreche nicht dafür, dass der Kläger hier mit der Kaufofferte der Beklagten überrumpelt worden wäre. Denn aus der Aussage des in erster Instanz vernommenen Geschäftsführers der "Messe Rosenheim" gehe hervor, dass bei der Messe "der Verkauf im Vordergrund" gestanden habe. Dies ergebe sich auch aus dem vom Landgericht im Einzelnen aufgelisteten Branchenverzeichnis und inzident auch aus dem im Messemagazin abgedruckten Grußwort der Bayerischen Staatsministerin für Wirtschaft, die den Ausstellern zu Messebeginn "Gute Geschäfte" gewünscht habe.
11
Auch das auf den Kauf einer Einbauküche gerichtete konkrete Angebot der Beklagten enthalte kein Überrumpelungsmoment. Die "Messe Rosenheim" sei keine Fachmesse, die ein bestimmtes Fachpublikum anziehe, welches Angebote nur einer bestimmten Branche erwarte. Das Angebot sei breit gefächert und umfasse verschiedenartige Waren und Dienstleistungen. Es sei daher für einen Besucher nicht überraschend, dass auf einer solchen Verbrauchermesse auch Einbauküchen angeboten würden.

II.

12
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung stand, so dass die Revision zurückzuweisen ist.
13
Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass die vom Kläger zulässig erhobene Feststellungsklage unbegründet ist, weil ihm ein Recht nach § 312g Abs. 1, § 355 BGB, den am 20. April 2015 geschlossenen Kaufvertrag zu widerrufen, nicht zusteht. Denn der Vertrag ist gemäß der Vorschrift des § 312b Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1 BGB nicht, wie es § 312g Abs. 1 BGB verlangt, außerhalb der Geschäftsräume des Beklagten geschlossen worden.
14
1. Die Feststellungsklage ist nach § 256 Abs. 1 ZPO zulässig. Der Kläger hat ein rechtliches Interesse an der beantragten Feststellung, dass der von ihm erklärte Widerruf seiner auf den Abschluss des Kaufvertrags vom 20. April 2015 gerichteten Willenserklärung wirksam ist und der Beklagten deshalb aus diesem Vertrag Ansprüche nicht zustehen.
15
2. Das Berufungsgericht hat seiner Beurteilung zutreffend die Vorschriften der §§ 312 ff. BGB in der gemäß Art. 15 des Gesetzes zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie und zur Änderung des Gesetzes der Wohnungsvermittlung vom 20. September 2013 (BGBl. I S. 3642, 3662) seit dem 13. Juni 2014 geltenden Fassung zugrunde gelegt.
16
a) Nach § 312g Abs. 1 BGB steht dem Verbraucher bei mit einem Unternehmer außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen ein Widerrufsrecht nach § 355 BGB zu. Außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge sind nach § 312b Abs. 1 Nr. 1 BGB Verträge, die bei gleichzeitiger körperlicher Anwesenheit des Verbrauchers und des Unternehmers an einem Ort geschlossen werden, der kein Geschäftsraum des Unternehmers ist. Geschäftsräume im Sinne der vorgenannten Bestimmung sind nach der Legaldefinition des § 312b Abs. 2 Satz 1 BGB unbewegliche Gewerberäume, in denen der Unternehmer seine Tätigkeit dauerhaft ausübt, und bewegliche Gewerberäume , in denen der Unternehmer seine Tätigkeit für gewöhnlich ausübt.
17
b) Die Gesetzesformulierung in § 312b Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1 BGB ist die nahezu wortgleiche Umsetzung (BT-Drucks. 17/12637, Seite 1 f., 49) von Art. 2 Nr. 8 und Nr. 9 der Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Rechte der Verbraucher, zur Abänderung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates und der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 85/577/EWG des Rates und der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (im Folgenden: Verbraucherrechterichtlinie). Das Tatbestandmerkmal in § 312b Abs. 2 Satz 1 BGB "bewegliche Gewerberäume, in denen der Unternehmer seine Tätigkeit für gewöhnlich ausübt" übernimmt dabei - dem Willen des Gesetzgebers folgend, die Verbraucherrechterichtlinie vollständig umzusetzen - die Begrifflichkeit, die der Unionsgesetzgeber in Art. 2 Nr. 9 Buchst. b der Richtlinie vorgegeben hat.
18
Der damit zur verbindlichen Auslegung von Unionsrecht allein berufene Gerichtshof der Europäischen Union (im Folgenden: Gerichtshof) hat die ihm vom I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs mit Beschluss vom 13. Juli 2017 (I ZR 135/16, aaO) vorgelegten Fragen mit Urteil vom 7. August 2018 (C-485/17, WRP 2018, 1183) wie folgt im Leitsatz seiner Entscheidung beantwortet: "Art. 2 Nr. 9 der Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Rechte der Verbraucher , zur Abänderung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates und der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 85/577/EWG des Rates und der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates ist dahin auszulegen, dass ein Messestand eines Unternehmens wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehende, an dem der Unternehmer seine Tätigkeiten an wenigen Tagen im Jahr ausübt, unter den Begriff "Geschäftsräume" im Sinne dieser Bestimmung fällt, wenn in Anbetracht aller tatsächlichen Umstände rund um diese Tätigkeiten und insbesondere des Erscheinungsbilds des Messestandes sowie der vor Ort selbst verbreiteten Informationen ein normal informierter, angemessen aufmerksamer und verständiger Verbraucher vernünftigerweise damit rechnen konnte, dass der betreffende Unternehmer dort seine Tätigkeiten ausübt und ihn anspricht, um einen Vertrag zu schließen, was vom nationalen Gericht zu prüfen ist."
19
Zu dieser Auffassung ist der Gerichtshof vor allem mit Blick auf die von ihm zuvor erörterten Ziele der Verbraucherrechterichtlinie, insbesondere deren Erwägungsgrund 21 gelangt. Dort wird ausgeführt, dass der Verbraucher außerhalb von Geschäftsräumen des Unternehmers möglicherweise psychisch unter Druck steht oder einem Überraschungsmoment ausgesetzt ist (EuGH, Urteil vom 7. August 2018 - C-485/17, aaO Rn. 33). Darüber hinaus hat sich der Gerichtshof maßgeblich auf den Erwägungsgrund 22 der genannten Richtlinie gestützt. Mit dem dort verwendeten Begriff "Geschäftsräume" werde auf Örtlichkeiten abgezielt, an denen für einen Verbraucher der Umstand, dass er zu kommerziellen Zwecken angesprochen wird, kein Überraschungsmoment darstellt (Urteil vom 7. August 2018 - C-485/17, aaO Rn. 38). Zudem hat der Gerichtshof darauf hingewiesen, dass "Markt- und Messestände" nach dem Erwägungsgrund 22 der Verbraucherrechterichtlinie als Geschäftsräume zu behandeln sind, wenn sie diese Bedingung erfüllen (Urteil vom 7. August 2018 - C-485/17, aaO Rn. 41).
20
Anknüpfend hieran hat der Gerichtshof ausgeführt, dass für die Beantwortung der Frage, ob ein Messestand in einem bestimmten Fall unter den Begriff "Geschäftsräume" im Sinne des Art. 2 Nr. 9 der Richtlinie 2011/83 zu subsumieren ist, insbesondere "das konkrete Erscheinungsbild dieses Standes aus Sicht der Öffentlichkeit zu berücksichtigen [ist] und genauer, ob er sich in den Augen eines Durchschnittsverbrauchers als einen Ort darstellt, an dem der Unternehmer , der ihn innehat, seine Tätigkeiten, einschließlich saisonaler, für gewöhnlich ausübt, so dass ein solcher Verbraucher vernünftigerweise damit rechnen kann, dass, wenn er sich dorthin begibt, zu kommerziellen Zwecken angesprochen wird" (EuGH, Urteil vom 7. August 2018 - C-485/17, aaO Rn. 43).
21
c) An dieses Auslegungsergebnis, das in Bezug auf die Vorschrift des § 312b Abs. 2 Nr. 1 BGB bereits im Vorfeld der Entscheidung des Gerichtshofs mit ähnlicher Begründung vertreten wurde (OLG Karlsruhe, NJW-RR 2017, 46; MünchKommBGB/Wendehorst, 8. Aufl., § 312b Rn. 11 ff.; 22; aA Erman/Koch, BGB, 15. Aufl., § 312b Rn. 30; Klocke, EuZW 2016, 411, 414; Glöckner, BauR 2014, 411, 419; Strobl, NJW 2015, 721, 722; wohl auch Palandt/Grüneberg, BGB, 78. Aufl., § 312b Rn. 2), sind die nationalen Gerichte gebunden.
22
3. Legt man vorstehende rechtliche Maßstäbe an den Streitfall an, handelt es sich, wie das Berufungsgericht auf der Grundlage der von ihm getroffenen , von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen zutreffend erkannt hat, bei dem von der Beklagten im April des Jahres 2015 auf der "Messe Rosenheim" betriebenen Messestand um einen "beweglichen Gewerberaum, an dem der Unternehmer seine Geschäfte für gewöhnlich ausübt", so dass dem Kläger ein Widerrufsrecht nach § 312g Abs. 1 BGB nicht zusteht, weil der Kaufvertrag vom 20. April 2015 nicht außerhalb eines Geschäftsraums geschlossen wurde.
23
Entgegen der Auffassung der Revision sind, um diese Wertung rechtsfehlerfrei treffen zu können, weitere tatsächliche Feststellungen, insbesondere zum konkreten Erscheinungsbild des Messestands der Beklagten, nicht erforderlich.
24
a) Zutreffend hat das Berufungsgericht bei seiner Würdigung maßgeblich zum einen auf den für den durchschnittlichen Verbraucher erkennbaren Charakter der "Messe Rosenheim" und zum anderen auf das im Messekontext zu beurteilende konkrete Angebot der Beklagten abgestellt, das zum Abschluss des Kaufvertrags über die Einbauküche geführt hat.
25
So hat das Berufungsgericht festgestellt, dass es sich bei der "Messe Rosenheim" im Jahr 2015 um eine klassische Verkaufsmesse handelte, bei der das interessierte Publikum in 14 Ausstellungshallen mit 19 unterschiedlichen Branchen und deren Kaufangeboten in Kontakt treten konnte. Angesichts des offensichtlichen Verkaufscharakters der Messe und der breit gefächerten, teils auch hochwertige Gegenstände umfassenden Produktpalette, die in einem "bunten Mix" verschiedener Branchen - über sämtliche Hallen verteilt - präsentiert worden sei, habe das Angebot der Beklagten zum Kauf der hier in Rede stehenden Einbauküche für den Kläger nicht überraschend sein können, so dass von einer Überrumpelung nicht gesprochen werden könne. Diese Wertung ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
26
Die - insoweit das Berufungsvorbringen des Klägers aufgreifende - Würdigung des Berufungsgerichts, eine Überrumpelung des Klägers ergebe sich vorliegend auch nicht aus dem Umstand, dass auf der Messe neben Unternehmern , die einen Vertragsabschluss auf der Messe erzielen wollten, auch Aussteller vertreten gewesen seien, die einen Messestand primär oder ausschließlich zu Informationszwecken unterhalten hätten, ist revisionsrechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden. Anders könnte es sich in Bezug auf den Messestand der Beklagten nur darstellen, wenn dieser - wie etwa die von der Berufungsbegründung des Klägers hierfür (neben anderen) exemplarisch benannten Stände der Agentur für Arbeit, der AOK, des Arbeiter-Samariter-Bunds oder von Handwerkern, die ihr Berufsbild vorstellen wollten - nach außen das Erscheinungsbild eines reinen Informations- oder Werbestands vermittelt hätte, an dem, entgegen dem einen anderen Eindruck vermittelnden generellen Verkaufscharakter der Messe, Verkäufe nicht getätigt würden. Dies hat das Berufungsgericht indes nicht festgestellt. Übergangenen Sachvortrag hierzu zeigt die Revision nicht auf. Wenn der Messestand der Beklagten als Informationsstand ausgestaltet gewesen wäre oder die Mitarbeiter der Beklagten einen solchen Eindruck vermittelt hätten, wäre zu erwarten gewesen, dass der Kläger, der bei anderen Messeständen auf diese Umstände abgestellt hat, dies auch vorgetragen hätte. Angesichts dessen schließt es der Senat aus, dass das Berufungsgericht nach einer etwaigen Zurückverweisung der Sache durch den Senat hinsichtlich des konkreten Erscheinungsbildes des Messestands der Beklagten andere, für das Rechtsbegehren des Klägers günstigere Feststellungen treffen könnte.
27
b) Auch der von der Revision in der mündlichen Verhandlung vorgebrachte Einwand, bei dem Kauf einer Einbauküche sei regelmäßig ein Aufmaß notwendig, so dass ein angemessen aufmerksamer Verbraucher nicht habe damit rechnen müssen, an dem Messestand der Beklagten sogleich mit einem Kaufangebot konfrontiert zu werden, rechtfertigt eine andere Beurteilung nicht. Denn maßgeblich ist, ob ein normal informierter, angemessen aufmerksamer und verständiger Verbraucher angesichts der ihm erkennbaren Gesamtumstände vernünftigerweise damit rechnen konnte, dass der betreffende Unternehmer an dem Messestand eine Verkaufstätigkeit ausübt und ihn möglicherweise zu kommerziellen Zwecken ansprechen wird, um einen Vertrag zu schließen. Die- se Frage ist unabhängig davon zu beurteilen, ob im Hinblick auf den im Einzelfall in Rede stehenden Kaufgegenstand weitere Maßnahmen erforderlich sind, wie etwa ein Aufmaß nach den örtlichen Gegebenheiten beim Verbraucher zu nehmen, um die vertragsgemäße Leistung ordnungsgemäß erbringen zu können. Dr. Milger Dr. Hessel Dr. Schneider Kosziol Dr. Schmidt
Vorinstanzen:
LG Traunstein, Entscheidung vom 25.07.2016 - 7 O 2383/15 -
OLG München, Entscheidung vom 15.03.2017 - 3 U 3561/16 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 10. Apr. 2019 - VIII ZR 82/17

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 10. Apr. 2019 - VIII ZR 82/17

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 256 Feststellungsklage


(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverh

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 355 Widerrufsrecht bei Verbraucherverträgen


(1) Wird einem Verbraucher durch Gesetz ein Widerrufsrecht nach dieser Vorschrift eingeräumt, so sind der Verbraucher und der Unternehmer an ihre auf den Abschluss des Vertrags gerichteten Willenserklärungen nicht mehr gebunden, wenn der Verbraucher

Zivilprozessordnung - ZPO | § 148 Aussetzung bei Vorgreiflichkeit


(1) Das Gericht kann, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 312b Außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge


(1) Außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge sind Verträge,1.die bei gleichzeitiger körperlicher Anwesenheit des Verbrauchers und des Unternehmers an einem Ort geschlossen werden, der kein Geschäftsraum des Unternehmers ist,2.für die der V
Bundesgerichtshof Urteil, 10. Apr. 2019 - VIII ZR 82/17 zitiert 6 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 256 Feststellungsklage


(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverh

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 355 Widerrufsrecht bei Verbraucherverträgen


(1) Wird einem Verbraucher durch Gesetz ein Widerrufsrecht nach dieser Vorschrift eingeräumt, so sind der Verbraucher und der Unternehmer an ihre auf den Abschluss des Vertrags gerichteten Willenserklärungen nicht mehr gebunden, wenn der Verbraucher

Zivilprozessordnung - ZPO | § 148 Aussetzung bei Vorgreiflichkeit


(1) Das Gericht kann, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 312b Außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge


(1) Außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge sind Verträge,1.die bei gleichzeitiger körperlicher Anwesenheit des Verbrauchers und des Unternehmers an einem Ort geschlossen werden, der kein Geschäftsraum des Unternehmers ist,2.für die der V

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 312g Widerrufsrecht


(1) Dem Verbraucher steht bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen und bei Fernabsatzverträgen ein Widerrufsrecht gemäß § 355 zu. (2) Das Widerrufsrecht besteht, soweit die Parteien nichts anderes vereinbart haben, nicht bei folg

Referenzen - Urteile

Bundesgerichtshof Urteil, 10. Apr. 2019 - VIII ZR 82/17 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Urteil, 10. Apr. 2019 - VIII ZR 82/17 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Juli 2017 - I ZR 135/16

bei uns veröffentlicht am 13.07.2017

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS I ZR 135/16 Verkündet am: 13. Juli 2017 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Referenzen

(1) Dem Verbraucher steht bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen und bei Fernabsatzverträgen ein Widerrufsrecht gemäß § 355 zu.

(2) Das Widerrufsrecht besteht, soweit die Parteien nichts anderes vereinbart haben, nicht bei folgenden Verträgen:

1.
Verträge zur Lieferung von Waren, die nicht vorgefertigt sind und für deren Herstellung eine individuelle Auswahl oder Bestimmung durch den Verbraucher maßgeblich ist oder die eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse des Verbrauchers zugeschnitten sind,
2.
Verträge zur Lieferung von Waren, die schnell verderben können oder deren Verfallsdatum schnell überschritten würde,
3.
Verträge zur Lieferung versiegelter Waren, die aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder der Hygiene nicht zur Rückgabe geeignet sind, wenn ihre Versiegelung nach der Lieferung entfernt wurde,
4.
Verträge zur Lieferung von Waren, wenn diese nach der Lieferung auf Grund ihrer Beschaffenheit untrennbar mit anderen Gütern vermischt wurden,
5.
Verträge zur Lieferung alkoholischer Getränke, deren Preis bei Vertragsschluss vereinbart wurde, die aber frühestens 30 Tage nach Vertragsschluss geliefert werden können und deren aktueller Wert von Schwankungen auf dem Markt abhängt, auf die der Unternehmer keinen Einfluss hat,
6.
Verträge zur Lieferung von Ton- oder Videoaufnahmen oder Computersoftware in einer versiegelten Packung, wenn die Versiegelung nach der Lieferung entfernt wurde,
7.
Verträge zur Lieferung von Zeitungen, Zeitschriften oder Illustrierten mit Ausnahme von Abonnement-Verträgen,
8.
Verträge zur Lieferung von Waren oder zur Erbringung von Dienstleistungen, einschließlich Finanzdienstleistungen, deren Preis von Schwankungen auf dem Finanzmarkt abhängt, auf die der Unternehmer keinen Einfluss hat und die innerhalb der Widerrufsfrist auftreten können, insbesondere Dienstleistungen im Zusammenhang mit Aktien, mit Anteilen an offenen Investmentvermögen im Sinne von § 1 Absatz 4 des Kapitalanlagegesetzbuchs und mit anderen handelbaren Wertpapieren, Devisen, Derivaten oder Geldmarktinstrumenten,
9.
Verträge zur Erbringung von Dienstleistungen in den Bereichen Beherbergung zu anderen Zwecken als zu Wohnzwecken, Beförderung von Waren, Kraftfahrzeugvermietung, Lieferung von Speisen und Getränken sowie zur Erbringung weiterer Dienstleistungen im Zusammenhang mit Freizeitbetätigungen, wenn der Vertrag für die Erbringung einen spezifischen Termin oder Zeitraum vorsieht,
10.
Verträge, die im Rahmen einer Vermarktungsform geschlossen werden, bei der der Unternehmer Verbrauchern, die persönlich anwesend sind oder denen diese Möglichkeit gewährt wird, Waren oder Dienstleistungen anbietet, und zwar in einem vom Versteigerer durchgeführten, auf konkurrierenden Geboten basierenden transparenten Verfahren, bei dem der Bieter, der den Zuschlag erhalten hat, zum Erwerb der Waren oder Dienstleistungen verpflichtet ist (öffentlich zugängliche Versteigerung),
11.
Verträge, bei denen der Verbraucher den Unternehmer ausdrücklich aufgefordert hat, ihn aufzusuchen, um dringende Reparatur- oder Instandhaltungsarbeiten vorzunehmen; dies gilt nicht hinsichtlich weiterer bei dem Besuch erbrachter Dienstleistungen, die der Verbraucher nicht ausdrücklich verlangt hat, oder hinsichtlich solcher bei dem Besuch gelieferter Waren, die bei der Instandhaltung oder Reparatur nicht unbedingt als Ersatzteile benötigt werden,
12.
Verträge zur Erbringung von Wett- und Lotteriedienstleistungen, es sei denn, dass der Verbraucher seine Vertragserklärung telefonisch abgegeben hat oder der Vertrag außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen wurde, und
13.
notariell beurkundete Verträge; dies gilt für Fernabsatzverträge über Finanzdienstleistungen nur, wenn der Notar bestätigt, dass die Rechte des Verbrauchers aus § 312d Absatz 2 gewahrt sind.

(3) Das Widerrufsrecht besteht ferner nicht bei Verträgen, bei denen dem Verbraucher bereits auf Grund der §§ 495, 506 bis 513 ein Widerrufsrecht nach § 355 zusteht, und nicht bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen, bei denen dem Verbraucher bereits nach § 305 Absatz 1 bis 6 des Kapitalanlagegesetzbuchs ein Widerrufsrecht zusteht.

(1) Außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge sind Verträge,

1.
die bei gleichzeitiger körperlicher Anwesenheit des Verbrauchers und des Unternehmers an einem Ort geschlossen werden, der kein Geschäftsraum des Unternehmers ist,
2.
für die der Verbraucher unter den in Nummer 1 genannten Umständen ein Angebot abgegeben hat,
3.
die in den Geschäftsräumen des Unternehmers oder durch Fernkommunikationsmittel geschlossen werden, bei denen der Verbraucher jedoch unmittelbar zuvor außerhalb der Geschäftsräume des Unternehmers bei gleichzeitiger körperlicher Anwesenheit des Verbrauchers und des Unternehmers persönlich und individuell angesprochen wurde, oder
4.
die auf einem Ausflug geschlossen werden, der von dem Unternehmer oder mit seiner Hilfe organisiert wurde, um beim Verbraucher für den Verkauf von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen zu werben und mit ihm entsprechende Verträge abzuschließen.
Dem Unternehmer stehen Personen gleich, die in seinem Namen oder Auftrag handeln.

(2) Geschäftsräume im Sinne des Absatzes 1 sind unbewegliche Gewerberäume, in denen der Unternehmer seine Tätigkeit dauerhaft ausübt, und bewegliche Gewerberäume, in denen der Unternehmer seine Tätigkeit für gewöhnlich ausübt. Gewerberäume, in denen die Person, die im Namen oder Auftrag des Unternehmers handelt, ihre Tätigkeit dauerhaft oder für gewöhnlich ausübt, stehen Räumen des Unternehmers gleich.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZR 135/16 Verkündet am:
13. Juli 2017
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Grüne Woche II
Richtlinie 2011/83/EU Art. 2 Nr. 9
Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden zur Auslegung von Art. 2 Nr. 9 der Richtlinie
2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Rechte der
Verbraucher, zur Abänderung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates und der Richtlinie 1999/44/EG des
Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 85/577/EWG des Rates und
der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. Nr. L 304 vom 22. November
2011, S. 64) folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1. Handelt es sich bei einem Messestand in einer Halle, den ein Unternehmer während einer für wenige
Tage im Jahr stattfindenden Messe zum Zweck des Verkaufs seiner Produkte nutzt, um einen unbeweglichen
Gewerberaum im Sinne von Art. 2 Nr. 9 Buchst. a der Richtlinie 2011/83/EU oder um einen
beweglichen Gewerberaum im Sinne von Art. 2 Nr. 9 Buchst. b der Richtlinie 2011/83/EU?
2. Für den Fall, dass es sich um einen beweglichen Gewerberaum handelt:
Ist die Frage, ob ein Unternehmer seine Tätigkeit "für gewöhnlich" auf Messeständen ausübt, danach
zu beantworten,

a) wie der Unternehmer seine Tätigkeit organisiert oder

b) ob der Verbraucher mit dem Vertragsschluss über die in Rede stehenden Waren auf der konkreten
Messe rechnen muss?
3. Für den Fall, dass es bei der Antwort auf die zweite Frage auf die Sicht des Verbrauchers ankommt
(Frage 2 b):
Ist bei der Frage, ob der Verbraucher mit dem Vertragsschluss über die konkreten Waren auf der in Rede
stehenden Messe rechnen muss, darauf abzustellen, wie die Messe in der Öffentlichkeit präsentiert wird,
oder darauf, wie die Messe sich dem Verbraucher bei Abgabe der Vertragserklärung tatsächlich darstellt?
BGH, Beschluss vom 13. Juli 2017 - I ZR 135/16 - OLG Karlsruhe
LG Freiburg
ECLI:DE:BGH:2017:130717BIZR135.16.0

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 11. Mai 2017 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Büscher, die Richter Prof. Dr. Schaffert, Dr. Kirchhoff, Dr. Löffler und die Richterin Dr. Schwonke

beschlossen:
I. Das Verfahren wird ausgesetzt. II. Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden zur Auslegung von Art. 2 Nr. 9 der Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Rechte der Verbraucher, zur Abänderung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates und der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 85/577/EWG des Rates und der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. Nr. L 304 vom 22. November 2011, S. 64) folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt: 1. Handelt es sich bei einem Messestand in einer Halle, den ein Unternehmer während einer für wenige Tage im Jahr stattfindenden Messe zum Zweck des Verkaufs seiner Produkte nutzt, um einen unbeweglichen Gewerberaum im Sinne von Art. 2 Nr. 9 Buchst. a der Richtlinie 2011/83/EU oder um einen beweglichen Gewerberaum im Sinne von Art. 2 Nr. 9 Buchst. b der Richtlinie 2011/83/EU? 2. Für den Fall, dass es sich um einen beweglichen Gewerberaum handelt: Ist die Frage, ob ein Unternehmer seine Tätigkeit "für gewöhnlich" auf Messeständen ausübt, danach zu beantworten ,
a) wie der Unternehmer seine Tätigkeit organisiert oder
b) ob der Verbraucher mit dem Vertragsschluss über die in Rede stehenden Waren auf der konkreten Messe rechnen muss? 3. Für den Fall, dass es bei der Antwort auf die zweite Frage auf die Sicht des Verbrauchers ankommt (Frage 2 b): Ist bei der Frage, ob der Verbraucher mit dem Vertragsschluss über die konkreten Waren auf der in Rede stehenden Messe rechnen muss, darauf abzustellen, wie die Messe in der Öffentlichkeit präsentiert wird, oder darauf, wie die Messe sich dem Verbraucher bei Abgabe der Vertragserklärung tatsächlich darstellt?

Gründe:


1
I. Die Klägerin ist die in die Liste nach § 4 Abs. 1 Satz 1 UKlaG eingetragene Verbraucherzentrale Berlin. Die Beklagte ist eine Vertriebsgesellschaft, die auf der in Berlin stattfindenden Messe "Grüne Woche" Produkte ausstellt. Nach ihrer Behauptung vertreibt sie ihre Produkte ausschließlich auf Messen.
2
Am 22. Januar 2015 bestellte ein Kunde am Ausstellungsstand der Beklagten auf der Messe "Grüne Woche" einen Dampfstaubsauger zum Preis von 1.600 €. Die Beklagte belehrte ihn nicht über ein Widerrufsrecht.
3
Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte habe den Kunden über ein Widerrufsrecht informieren müssen, weil dieser den Kaufvertrag außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossen habe.
4
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel zu verurteilen , es zu unterlassen, im Rahmen geschäftlicher Handlungen mit Verbrauchern auf der Messe "Grüne Woche" in Berlin Kaufverträge über die Lieferung von Dampfstaubsaugern abzuschließen , ohne über das Widerrufsrecht nach §§ 312g, 355 BGB und das Musterwiderrufsformular zu informieren.
5
Außerdem hat sie die Beklagte auf Erstattung vorgerichtlicher Abmahn- kosten in Höhe von 214,20 € nebst Zinsen in Anspruch genommen.
6
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen (LG Freiburg, BB 2015, 2900). Die Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben (OLG Karlsruhe, WRP 2016, 1026). Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgt die Klägerin ihre Klage weiter.
7
II. Die Entscheidung im vorliegenden Rechtsstreit hängt von der Auslegung des Art. 2 Nr. 9 der Richtlinie 2011/83/EU ab. Vor einer Entscheidung über die Revision der Klägerin ist deshalb das Verfahren auszusetzen und gemäß Art. 267 Abs. 1 Buchst. b und Abs. 3 AEUV eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union einzuholen.

8
1. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Klägerin stehe ein Unterlassungsanspruch weder aus § 8 Abs. 1 und 3 Nr. 3, § 3 Abs. 1, § 3a UWG, § 4 Nr. 11 UWG aF in Verbindung mit § 312d BGB und Art. 246a EGBGB noch aus § 2 Abs. 1, § 3 UKlaG zu. Zur Begründung hat es ausgeführt:
9
Die Beklagte sei nicht verpflichtet gewesen, als Aussteller auf der Messe "Grüne Woche" ihre Kunden bei Abgabe einer Bestellung über ein Widerrufsrecht nach § 312g Abs. 1 BGB zu belehren. Sie vertreibe ihre Produkte nicht außerhalb von Geschäftsräumen. Bei ihrem Messestand auf der "Grünen Woche" habe es sich um einen beweglichen Geschäftsraum im Sinne von § 312b Abs. 2 BGB gehandelt, in dem die Beklagte ihre Tätigkeit für gewöhnlich ausübe. Für die Abgrenzung der "für gewöhnlich" betriebenen von einer ausnahmsweise ausgeübten gewerblichen Tätigkeit komme es maßgeblich darauf an, ob der Verbraucher am Ort des Geschäfts mit dem Auftreten des Unternehmers rechnen musste. Dies sei der Fall gewesen. Die Beklagte habe an ihrem Stand nicht überraschend ein fachfremdes Produkt verkauft. Die Messe "Grüne Woche" in Berlin sei eine Messe mit einem sehr breit gefächerten Sortiment. Neben Produkten aus den traditionellen Bereichen Ernährungswirtschaft, Landwirtschaft und Gartenbau werde Besuchern eine Vielzahl von Waren aus anderen Bereichen angeboten. Dies könne einem Messebesucher bei situationsadäquater Aufmerksamkeit nicht entgehen. Der Stand der Beklagten habe sich in einer Messehalle befunden, in der über 40 verschiedene Anbieter von Haushaltsgeräten und Haustechnik ihre Produkte ausgestellt hätten. Ein Verbraucher , der diese Halle besuche, befinde sich in derselben Situation wie eine Person , die ohne entsprechende vorherige Planung in einem Geschäftsviertel oder in einem Kaufhaus ein Geschäftslokal oder eine Abteilung aufsuche. Eines Widerrufsrechts bedürfe der Verbraucher in dieser Situation nicht. Es könne offen bleiben, ob die Beklagte ihre Produkte ohne eigenes Geschäftslokal ausschließ- lich auf Messen direkt verkaufe und ob sie regelmäßig einen Stand auf der "Grünen Woche" unterhalte. Auf derartige Voraussetzungen in der Person der Beklagten komme es nicht an.
10
2. Ohne Beantwortung der Vorlagefragen kann nicht beurteilt werden, ob die Beklagte bei dem Verkauf eines Dampfstaubsaugers auf der Messe "Grüne Woche" in Berlin am 22. Januar 2015 Unterrichtungspflichten nach § 312d Abs. 1 Satz 1 BGB in Verbindung mit Art. 246a EGBGB verletzt hat und der Klägerin der geltend gemachte Unterlassungsanspruch und der Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten zusteht.
11
a) Die Informationspflichten der Beklagten hängen zunächst davon ab, ob sie ihre Tätigkeit in unbeweglichen oder in beweglichen Gewerberäumen ausübt. Hierauf zielt die erste Vorlagefrage.
12
aa) Gemäß § 312d Abs. 1 Satz 1 BGB in Verbindung mit Art. 246a § 1 Abs. 2 EGBGB hat der Unternehmer, wenn dem Verbraucher bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen und bei Fernabsatzverträgen ein Widerrufsrecht nach § 312g Abs. 1 BGB zusteht, diesen über sein Widerrufsrecht nach § 355 Abs. 1 BGB sowie das Muster-Widerrufsformular zu informieren. Nach der Legaldefinition in § 312b Abs. 1 Nr. 1 BGB handelt es sich bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen um solche, die bei gleichzeitiger körperlicher Anwesenheit des Verbrauchers und des Unternehmers an einem Ort geschlossen werden, der kein Geschäftsraum des Unternehmers ist. Nach § 312b Abs. 2 Satz 1 BGB sind Geschäftsräume im Sinne des § 312b Abs. 1 BGB unbewegliche Gewerberäume, in denen der Unternehmer seine Tätigkeit dauerhaft ausübt, und bewegliche Gewerberäume, in denen der Unternehmer seine Tätigkeit für gewöhnlich ausübt. Die Bestimmungen der §§ 312b und 312g BGB dienen der Umsetzung der Richtlinie 2011/83/EU. Der deutsche Gesetzgeber hat in § 312b Abs. 2 Satz 1 BGB die Begriffsbestimmung der Geschäftsräume in Art. 2 Nr. 9 der Richtlinie 2011/83/EU wörtlich übernommen.
13
bb) Mit der Richtlinie 2011/83/EU werden die Richtlinien 85/577/EWG betreffend den Verbraucherschutz im Falle von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen und die Richtlinie 97/7/EG über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz durch eine einzige Richtlinie ersetzt (Erwägungsgrund 2). Dabei wurde der diesen älteren Richtlinien zugrunde liegende Mindestharmonisierungsansatz aufgegeben und stattdessen im Grundsatz eine Vollharmonisierung angestrebt (Art. 4 der Richtlinie 2011/83/EU). Der durch die Richtlinie 2011/83/EU für Verbraucher bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen vorgesehene Schutz in Form eines Widerrufsrechts trägt dem Umstand Rechnung, dass bei derartigen Verträgen der Verbraucher möglicherweise psychisch unter Druck steht oder einem Überraschungsmoment ausgesetzt ist (Erwägungsgründe 21 und 37). In Erwägungsgrund 22 der Richtlinie 2011/83/EU heißt es hierzu, dass als Geschäftsräume alle Arten von Räumlichkeiten (wie Geschäfte, Stände oder Lastwagen ) gelten, an denen der Unternehmer sein Gewerbe ständig oder gewöhnlich ausübt. Markt- und Messestände sollten als Geschäftsräume behandelt werden, wenn sie diese Bedingung erfüllen. Verkaufsstätten, in denen der Unternehmer seine Tätigkeit saisonal ausübt, beispielsweise während der Fremdenverkehrssaison an einem Skiort oder Seebadeort, sollten als Geschäftsräume angesehen werden, wenn der Unternehmer seine Tätigkeit in diesen Geschäftsräumen für gewöhnlich ausübt. Der Öffentlichkeit zugängliche Orte wie Straßen, Einkaufszentren, Strände, Sportanlagen und öffentliche Verkehrsmittel , die der Unternehmer ausnahmsweise für seine Geschäftstätigkeiten nutzt, sowie Privatwohnungen oder Arbeitsplätze sollten nicht als Geschäftsräume gelten.

14
cc) Das Berufungsgericht ist nach Ansicht des Senats zu Recht davon ausgegangen, dass es sich bei dem Stand der Beklagten auf der Messe "Grüne Woche" in Berlin nicht um einen unbeweglichen Gewerberaum im Sinne von Art. 2 Nr. 9 Buchst. a der Richtlinie 2011/83/EU und § 312b Abs. 2 Satz 1 Fall 1 BGB handelt, sondern um einen beweglichen Gewerberaum im Sinne von Art. 2 Nr. 9 Buchst. b der Richtlinie 2011/83/EU und § 312b Abs. 2 Satz 1 Fall 2 BGB. Die Richtlinie 2011/83/EU geht ersichtlich davon aus, dass unter den Begriff "unbewegliche Gewerberäume" das herkömmliche stationäre Ladengeschäft fällt, in dem der Unternehmer seine Tätigkeit dauerhaft ausübt. Dagegen finden auf Dauer angelegte unternehmerische Tätigkeiten, die an wechselnden Orten für jeweils nur kurze Zeiträume außerhalb stationärer Ladengeschäfte - wie etwa auf Markt- und Messeständen - ausgeübt werden, in "beweglichen Gewerberäumen" statt (OLG München, Urteil vom 15. März 2017 - 3 U 3561/16, juris Rn. 23). Die Beklagte wurde zwar auf der Messe "Grüne Woche" in einer Halle tätig; nach Ansicht des Senats ist ihre Tätigkeit jedoch - weil sie dort nicht auf Dauer ausgeübt wird - im Sinne der Richtlinie als Tätigkeit in beweglichen Gewerberäumen anzusehen.
15
b) Sollte es sich bei dem Stand der Beklagten auf der Messe "Grüne Woche" in Berlin um einen beweglichen Gewerberaum im Sinn des Art. 2 Nr. 9 Buchst. b der Richtlinie 2011/83/EU und § 312b Abs. 2 Satz 1 Fall 2 BGB handeln , stellt sich weiter die Frage, nach welchen Kriterien zu beurteilen ist, ob der Unternehmer seine Tätigkeit für gewöhnlich in diesen Gewerberäumen ausübt. Dies ist Hintergrund der zweiten Vorlagefrage.
16
aa) Entscheidend für das Erfordernis der Information des Verbrauchers über ein Widerrufsrecht ist nach der Richtlinie 2011/83/EU und der sie umsetzenden deutschen Regelung des § 312b Abs. 2 Satz 1 BGB, ob der Vertrags- schluss des Verbrauchers mit dem Unternehmer außerhalb von beweglichen Gewerberäumen erfolgt, in denen der Unternehmer seine Tätigkeit für gewöhnlich ausübt. Die Frage, wie festgestellt wird, ob der Unternehmer seine Tätigkeit am Ort des Vertragsschlusses für gewöhnlich ausübt, ist den Bestimmungen der Richtlinie nicht eindeutig zu entnehmen.
17
bb) Es kommt in Betracht, darauf abzustellen, ob der Unternehmer eine bestimmte Vertriebsmethode für gewöhnlich nutzt, ob er also regelmäßig in beweglichen Gewerberäumen seine Produkte vertreibt oder ob dies nur ausnahmsweise geschieht (Strobl, NJW 2015, 721, 722; Großkomm.BGB/Busch, § 312b Rn. 35 [Stand: 20. Juli 2016]; Klocke, EuZW 2016, 411). Hierfür spricht der Wortlaut von Art. 2 Nr. 9 Buchst. b der Richtlinie 2011/83/EU. Der Erwägungsgrund 22 der Richtlinie 2011/83/EU erwähnt ebenfalls, dass als Geschäftsräume alle Arten von Räumlichkeiten wie Geschäfte, Stände oder Lastwagen gelten sollen, an denen der Unternehmer sein Gewerbe ständig oder gewöhnlich ausübt. Allerdings führt eine solche Auslegung, die sich an den Verhältnissen des Unternehmers orientiert, nach Auffassung des Senats nicht zu befriedigenden Ergebnissen.
18
Bietet ein Unternehmer seine Produkte, die er im Wesentlichen in einer stationären gewerblichen Niederlassung vertreibt, zusätzlich auf einer Messe zum Verkauf an, wäre ein Verbraucher, der diese Produkte auf der Messe erwirbt , bei dem vorstehenden Verständnis des Art. 2 Nr. 9 der Richtlinie 2011/83/EU zum Widerruf berechtigt, weil der Unternehmer seine Tätigkeit dort für gewöhnlich nicht ausübt. Würde der Verbraucher dagegen am benachbarten Messestand ein vergleichbares Produkt erwerben, könnte es sein, dass ihm ein Widerrufsrecht deshalb nicht zusteht, weil der dort tätige Unternehmer seine Tätigkeit für gewöhnlich auf Messen ausübt und kein stationäres Ladengeschäft unterhält. Es erscheint unter dem Gesichtspunkt des Verbraucherschutzes we- nig konsequent, dem Verbraucher je nach Betriebsorganisation des Unternehmers bei im Übrigen identischen äußeren Umständen des Vertragsschlusses in einem Fall ein Widerrufsrecht zu gewähren und es im anderen Fall auszuschließen.
19
Wenn die Richtlinie trotz der vorstehenden Erwägungen dahingehend auszulegen wäre, dass es darauf ankommt, wie der Unternehmer seine Tätigkeit organisiert, setzt der Erfolg der Klage im Streitfall voraus, dass die Beklagte ihre unternehmerische Tätigkeit für gewöhnlich nicht auf Messen ausübt. Das Berufungsgericht hat zu der Unternehmensorganisation der Beklagten keine Feststellungen getroffen, so dass im Revisionsverfahren zugunsten der Klägerin zu unterstellen wäre, dass der Vortrag der Beklagten nicht zutrifft, sie vertreibe ihre Dampfstaubsauger seit vielen Jahren ausschließlich über Messen. In diesem Fall wäre das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit die notwendigen Feststellungen zur Vertriebsstruktur der Beklagten getroffen werden.
20
cc) Nach anderer Auffassung, die sich auf das deutsche Gesetzgebungsverfahren bei der Umsetzung der Richtlinie 2011/83/EU stützt (Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drucks. 17/12637, Seite 50 zu § 312a BGB des Entwurfs), kommt es für die Frage, ob der Unternehmer seine Tätigkeit gewöhnlich in beweglichen Gewerberäumen ausübt, nicht darauf an, wie der Unternehmer seine Vertriebstätigkeit organisiert, sondern auf die Sicht des Verbrauchers. Diese Ansicht beruft sich auf den Sinn und Zweck des Widerrufsrechts des Verbrauchers bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen gemäß Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 2011/83/EU und des diese Vorschrift in das deutsche Recht umsetzenden § 312g Abs. 1 BGB. Der Verbraucher soll vor übereilten Vertragsabschlüssen geschützt werden, zu denen es in einer den Verbraucher überraschenden Situation oder unter psychischem Druck kommt. Für diese Auslegung sprechen die Erwägungsgründe 21 und 37 der Richtlinie 2011/83/EU. In diesem Zusammenhang wird danach differenziert, ob auf einem Jahrmarkt oder auf einer Messe messetypische Produkte zum Kauf angeboten werden, so dass der Verbraucher mit entsprechenden Angeboten rechnen musste, oder ob es sich um fachfremde Produkte handelt, deren Angebot für den Verbraucher nicht zu erwarten war (Junker in Herberger/Martinek/ Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 8. Aufl., Stand: 1. Dezember 2016, § 312 Rn. 50 ff.; BeckOK BGB/Maume, § 312b Rn. 31, 42. Edition, Stand: 1. Februar 2017; Klocke, EuZW 2016, 411, 414). Dieser Auffassung haben sich das Berufungsgericht und andere deutsche Gerichte angeschlossen (OLG München, Urteil vom 15. März 2017 - 3 U 3561/16, juris Rn. 26; LG Frankfurt [Oder], Urteil vom 26. September 2016 - 16 S 117/15, unveröffentlicht; AG Pinneberg , SchlHA 2016, 136; AG Bad Oeynhausen, Urteil vom 5. April 2016 - 18 C 415/15, juris Rn. 19 ff.).
21
c) Sollte bei der Frage, ob der Unternehmer seine Tätigkeit in beweglichen Gewerberäumen gewöhnlich ausübt, auf die Sicht des Verbrauchers abzustellen sein, wäre im Streitfall zu prüfen, ob es sich bei der Messe "Grüne Woche" in Berlin um eine Messe handelt, bei der der Verbraucher mit dem Angebot eines Dampfstaubsaugers rechnen muss. Dabei stellt sich die weitere Frage, wie die Verbrauchersicht zu bestimmen ist. Darauf zielt die dritte Vorlagefrage.
22
aa) Die Revision macht geltend, der Besucher einer Messe könne entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht mit dem Besucher eines Geschäftsviertels oder eines Kaufhauses verglichen werden, also mit Besuchern stationärer Ladengeschäfte, die in unbeweglichen Gewerberäumen betrieben werden. Für die ein Überraschungsmoment ausschließende Erkennbarkeit der zu erwartenden Angebote könne nicht auf die Situation des Verbrauchers bei seiner Ankunft auf dem Messegelände abgestellt werden. Vielmehr sei maßgeblich , wie die Messe in der Öffentlichkeit präsentiert werde und welche Erwartungshaltung der Verbraucher aus dem Thema der Messe gewinnen könne. Die "Grüne Messe" in Berlin werde als "Messe für Ernährung, Landwirtschaft und Gartenbau" bezeichnet. Auf einer solchen Messe müsse ein Verbraucher nicht mit einem Verkauf von Haushaltsgeräten rechnen.
23
bb) Das Berufungsgericht ist demgegenüber davon ausgegangen, es komme darauf an, ob auf der in Rede stehenden Messe regelmäßig Haushaltsgeräte und Haustechnik angeboten werde. Es hat festgestellt, dass dies der Fall ist und der Verbraucher deshalb mit entsprechenden Angeboten rechnen musste.
24
cc) Für die Beantwortung dieser Frage kommt es darauf an, zu welchem Zeitpunkt der Schutz des Verbrauchers einsetzen soll. Wenn auf den Zeitpunkt abgestellt wird, in dem er sich entschließt, eine Messe zu besuchen, sind die tatsächlichen Gegebenheiten auf der Messe unerheblich. Entscheidend ist dann, welche Erwartungen der Verbraucher nach den ihm verfügbaren Informationen über das Waren- und Dienstleistungsangebot auf der Messe haben konnte. Wenn dagegen auf den Zeitpunkt abgestellt wird, in dem der Verbraucher seine Vertragserklärung abgibt, kommt es auf die tatsächlichen Verhältnisse an Ort und Stelle an. Zu der Präsentation der Messe in der Öffentlichkeit und der daraus resultierenden Erwartungshaltung eines Verbrauchers bei seiner Entscheidung, die Messe zu besuchen, hat das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen, so dass, wenn es auf diesen Zeitpunkt ankommen sollte, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden müsste, damit diese Feststellungen nachgeholt werden. Sollte es auf den Zeitpunkt der Vertragserklärung ankommen, sind die erforderlichen Feststellungen getroffen, nach denen der Verbraucher angesichts der äußeren Umstände bei Abschluss des Vertrags über den Kauf eines Dampfstaubsaugers mit einem entsprechenden Angebot rechnen musste.

Büscher Schaffert Kirchhoff
Löffler Schwonke
Vorinstanzen:
LG Freiburg, Entscheidung vom 22.10.2015 - 14 O 176/15 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 10.06.2016 - 4 U 217/15 -

(1) Das Gericht kann, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde auszusetzen sei.

(2) Das Gericht kann ferner, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits von Feststellungszielen abhängt, die den Gegenstand eines anhängigen Musterfeststellungsverfahrens bilden, auf Antrag des Klägers, der nicht Verbraucher ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des Musterfeststellungsverfahrens auszusetzen sei.

(1) Dem Verbraucher steht bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen und bei Fernabsatzverträgen ein Widerrufsrecht gemäß § 355 zu.

(2) Das Widerrufsrecht besteht, soweit die Parteien nichts anderes vereinbart haben, nicht bei folgenden Verträgen:

1.
Verträge zur Lieferung von Waren, die nicht vorgefertigt sind und für deren Herstellung eine individuelle Auswahl oder Bestimmung durch den Verbraucher maßgeblich ist oder die eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse des Verbrauchers zugeschnitten sind,
2.
Verträge zur Lieferung von Waren, die schnell verderben können oder deren Verfallsdatum schnell überschritten würde,
3.
Verträge zur Lieferung versiegelter Waren, die aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder der Hygiene nicht zur Rückgabe geeignet sind, wenn ihre Versiegelung nach der Lieferung entfernt wurde,
4.
Verträge zur Lieferung von Waren, wenn diese nach der Lieferung auf Grund ihrer Beschaffenheit untrennbar mit anderen Gütern vermischt wurden,
5.
Verträge zur Lieferung alkoholischer Getränke, deren Preis bei Vertragsschluss vereinbart wurde, die aber frühestens 30 Tage nach Vertragsschluss geliefert werden können und deren aktueller Wert von Schwankungen auf dem Markt abhängt, auf die der Unternehmer keinen Einfluss hat,
6.
Verträge zur Lieferung von Ton- oder Videoaufnahmen oder Computersoftware in einer versiegelten Packung, wenn die Versiegelung nach der Lieferung entfernt wurde,
7.
Verträge zur Lieferung von Zeitungen, Zeitschriften oder Illustrierten mit Ausnahme von Abonnement-Verträgen,
8.
Verträge zur Lieferung von Waren oder zur Erbringung von Dienstleistungen, einschließlich Finanzdienstleistungen, deren Preis von Schwankungen auf dem Finanzmarkt abhängt, auf die der Unternehmer keinen Einfluss hat und die innerhalb der Widerrufsfrist auftreten können, insbesondere Dienstleistungen im Zusammenhang mit Aktien, mit Anteilen an offenen Investmentvermögen im Sinne von § 1 Absatz 4 des Kapitalanlagegesetzbuchs und mit anderen handelbaren Wertpapieren, Devisen, Derivaten oder Geldmarktinstrumenten,
9.
Verträge zur Erbringung von Dienstleistungen in den Bereichen Beherbergung zu anderen Zwecken als zu Wohnzwecken, Beförderung von Waren, Kraftfahrzeugvermietung, Lieferung von Speisen und Getränken sowie zur Erbringung weiterer Dienstleistungen im Zusammenhang mit Freizeitbetätigungen, wenn der Vertrag für die Erbringung einen spezifischen Termin oder Zeitraum vorsieht,
10.
Verträge, die im Rahmen einer Vermarktungsform geschlossen werden, bei der der Unternehmer Verbrauchern, die persönlich anwesend sind oder denen diese Möglichkeit gewährt wird, Waren oder Dienstleistungen anbietet, und zwar in einem vom Versteigerer durchgeführten, auf konkurrierenden Geboten basierenden transparenten Verfahren, bei dem der Bieter, der den Zuschlag erhalten hat, zum Erwerb der Waren oder Dienstleistungen verpflichtet ist (öffentlich zugängliche Versteigerung),
11.
Verträge, bei denen der Verbraucher den Unternehmer ausdrücklich aufgefordert hat, ihn aufzusuchen, um dringende Reparatur- oder Instandhaltungsarbeiten vorzunehmen; dies gilt nicht hinsichtlich weiterer bei dem Besuch erbrachter Dienstleistungen, die der Verbraucher nicht ausdrücklich verlangt hat, oder hinsichtlich solcher bei dem Besuch gelieferter Waren, die bei der Instandhaltung oder Reparatur nicht unbedingt als Ersatzteile benötigt werden,
12.
Verträge zur Erbringung von Wett- und Lotteriedienstleistungen, es sei denn, dass der Verbraucher seine Vertragserklärung telefonisch abgegeben hat oder der Vertrag außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen wurde, und
13.
notariell beurkundete Verträge; dies gilt für Fernabsatzverträge über Finanzdienstleistungen nur, wenn der Notar bestätigt, dass die Rechte des Verbrauchers aus § 312d Absatz 2 gewahrt sind.

(3) Das Widerrufsrecht besteht ferner nicht bei Verträgen, bei denen dem Verbraucher bereits auf Grund der §§ 495, 506 bis 513 ein Widerrufsrecht nach § 355 zusteht, und nicht bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen, bei denen dem Verbraucher bereits nach § 305 Absatz 1 bis 6 des Kapitalanlagegesetzbuchs ein Widerrufsrecht zusteht.

(1) Außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge sind Verträge,

1.
die bei gleichzeitiger körperlicher Anwesenheit des Verbrauchers und des Unternehmers an einem Ort geschlossen werden, der kein Geschäftsraum des Unternehmers ist,
2.
für die der Verbraucher unter den in Nummer 1 genannten Umständen ein Angebot abgegeben hat,
3.
die in den Geschäftsräumen des Unternehmers oder durch Fernkommunikationsmittel geschlossen werden, bei denen der Verbraucher jedoch unmittelbar zuvor außerhalb der Geschäftsräume des Unternehmers bei gleichzeitiger körperlicher Anwesenheit des Verbrauchers und des Unternehmers persönlich und individuell angesprochen wurde, oder
4.
die auf einem Ausflug geschlossen werden, der von dem Unternehmer oder mit seiner Hilfe organisiert wurde, um beim Verbraucher für den Verkauf von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen zu werben und mit ihm entsprechende Verträge abzuschließen.
Dem Unternehmer stehen Personen gleich, die in seinem Namen oder Auftrag handeln.

(2) Geschäftsräume im Sinne des Absatzes 1 sind unbewegliche Gewerberäume, in denen der Unternehmer seine Tätigkeit dauerhaft ausübt, und bewegliche Gewerberäume, in denen der Unternehmer seine Tätigkeit für gewöhnlich ausübt. Gewerberäume, in denen die Person, die im Namen oder Auftrag des Unternehmers handelt, ihre Tätigkeit dauerhaft oder für gewöhnlich ausübt, stehen Räumen des Unternehmers gleich.

(1) Dem Verbraucher steht bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen und bei Fernabsatzverträgen ein Widerrufsrecht gemäß § 355 zu.

(2) Das Widerrufsrecht besteht, soweit die Parteien nichts anderes vereinbart haben, nicht bei folgenden Verträgen:

1.
Verträge zur Lieferung von Waren, die nicht vorgefertigt sind und für deren Herstellung eine individuelle Auswahl oder Bestimmung durch den Verbraucher maßgeblich ist oder die eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse des Verbrauchers zugeschnitten sind,
2.
Verträge zur Lieferung von Waren, die schnell verderben können oder deren Verfallsdatum schnell überschritten würde,
3.
Verträge zur Lieferung versiegelter Waren, die aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder der Hygiene nicht zur Rückgabe geeignet sind, wenn ihre Versiegelung nach der Lieferung entfernt wurde,
4.
Verträge zur Lieferung von Waren, wenn diese nach der Lieferung auf Grund ihrer Beschaffenheit untrennbar mit anderen Gütern vermischt wurden,
5.
Verträge zur Lieferung alkoholischer Getränke, deren Preis bei Vertragsschluss vereinbart wurde, die aber frühestens 30 Tage nach Vertragsschluss geliefert werden können und deren aktueller Wert von Schwankungen auf dem Markt abhängt, auf die der Unternehmer keinen Einfluss hat,
6.
Verträge zur Lieferung von Ton- oder Videoaufnahmen oder Computersoftware in einer versiegelten Packung, wenn die Versiegelung nach der Lieferung entfernt wurde,
7.
Verträge zur Lieferung von Zeitungen, Zeitschriften oder Illustrierten mit Ausnahme von Abonnement-Verträgen,
8.
Verträge zur Lieferung von Waren oder zur Erbringung von Dienstleistungen, einschließlich Finanzdienstleistungen, deren Preis von Schwankungen auf dem Finanzmarkt abhängt, auf die der Unternehmer keinen Einfluss hat und die innerhalb der Widerrufsfrist auftreten können, insbesondere Dienstleistungen im Zusammenhang mit Aktien, mit Anteilen an offenen Investmentvermögen im Sinne von § 1 Absatz 4 des Kapitalanlagegesetzbuchs und mit anderen handelbaren Wertpapieren, Devisen, Derivaten oder Geldmarktinstrumenten,
9.
Verträge zur Erbringung von Dienstleistungen in den Bereichen Beherbergung zu anderen Zwecken als zu Wohnzwecken, Beförderung von Waren, Kraftfahrzeugvermietung, Lieferung von Speisen und Getränken sowie zur Erbringung weiterer Dienstleistungen im Zusammenhang mit Freizeitbetätigungen, wenn der Vertrag für die Erbringung einen spezifischen Termin oder Zeitraum vorsieht,
10.
Verträge, die im Rahmen einer Vermarktungsform geschlossen werden, bei der der Unternehmer Verbrauchern, die persönlich anwesend sind oder denen diese Möglichkeit gewährt wird, Waren oder Dienstleistungen anbietet, und zwar in einem vom Versteigerer durchgeführten, auf konkurrierenden Geboten basierenden transparenten Verfahren, bei dem der Bieter, der den Zuschlag erhalten hat, zum Erwerb der Waren oder Dienstleistungen verpflichtet ist (öffentlich zugängliche Versteigerung),
11.
Verträge, bei denen der Verbraucher den Unternehmer ausdrücklich aufgefordert hat, ihn aufzusuchen, um dringende Reparatur- oder Instandhaltungsarbeiten vorzunehmen; dies gilt nicht hinsichtlich weiterer bei dem Besuch erbrachter Dienstleistungen, die der Verbraucher nicht ausdrücklich verlangt hat, oder hinsichtlich solcher bei dem Besuch gelieferter Waren, die bei der Instandhaltung oder Reparatur nicht unbedingt als Ersatzteile benötigt werden,
12.
Verträge zur Erbringung von Wett- und Lotteriedienstleistungen, es sei denn, dass der Verbraucher seine Vertragserklärung telefonisch abgegeben hat oder der Vertrag außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen wurde, und
13.
notariell beurkundete Verträge; dies gilt für Fernabsatzverträge über Finanzdienstleistungen nur, wenn der Notar bestätigt, dass die Rechte des Verbrauchers aus § 312d Absatz 2 gewahrt sind.

(3) Das Widerrufsrecht besteht ferner nicht bei Verträgen, bei denen dem Verbraucher bereits auf Grund der §§ 495, 506 bis 513 ein Widerrufsrecht nach § 355 zusteht, und nicht bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen, bei denen dem Verbraucher bereits nach § 305 Absatz 1 bis 6 des Kapitalanlagegesetzbuchs ein Widerrufsrecht zusteht.

(1) Wird einem Verbraucher durch Gesetz ein Widerrufsrecht nach dieser Vorschrift eingeräumt, so sind der Verbraucher und der Unternehmer an ihre auf den Abschluss des Vertrags gerichteten Willenserklärungen nicht mehr gebunden, wenn der Verbraucher seine Willenserklärung fristgerecht widerrufen hat. Der Widerruf erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Unternehmer. Aus der Erklärung muss der Entschluss des Verbrauchers zum Widerruf des Vertrags eindeutig hervorgehen. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.

(2) Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage. Sie beginnt mit Vertragsschluss, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(3) Im Falle des Widerrufs sind die empfangenen Leistungen unverzüglich zurückzugewähren. Bestimmt das Gesetz eine Höchstfrist für die Rückgewähr, so beginnt diese für den Unternehmer mit dem Zugang und für den Verbraucher mit der Abgabe der Widerrufserklärung. Ein Verbraucher wahrt diese Frist durch die rechtzeitige Absendung der Waren. Der Unternehmer trägt bei Widerruf die Gefahr der Rücksendung der Waren.

(1) Außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge sind Verträge,

1.
die bei gleichzeitiger körperlicher Anwesenheit des Verbrauchers und des Unternehmers an einem Ort geschlossen werden, der kein Geschäftsraum des Unternehmers ist,
2.
für die der Verbraucher unter den in Nummer 1 genannten Umständen ein Angebot abgegeben hat,
3.
die in den Geschäftsräumen des Unternehmers oder durch Fernkommunikationsmittel geschlossen werden, bei denen der Verbraucher jedoch unmittelbar zuvor außerhalb der Geschäftsräume des Unternehmers bei gleichzeitiger körperlicher Anwesenheit des Verbrauchers und des Unternehmers persönlich und individuell angesprochen wurde, oder
4.
die auf einem Ausflug geschlossen werden, der von dem Unternehmer oder mit seiner Hilfe organisiert wurde, um beim Verbraucher für den Verkauf von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen zu werben und mit ihm entsprechende Verträge abzuschließen.
Dem Unternehmer stehen Personen gleich, die in seinem Namen oder Auftrag handeln.

(2) Geschäftsräume im Sinne des Absatzes 1 sind unbewegliche Gewerberäume, in denen der Unternehmer seine Tätigkeit dauerhaft ausübt, und bewegliche Gewerberäume, in denen der Unternehmer seine Tätigkeit für gewöhnlich ausübt. Gewerberäume, in denen die Person, die im Namen oder Auftrag des Unternehmers handelt, ihre Tätigkeit dauerhaft oder für gewöhnlich ausübt, stehen Räumen des Unternehmers gleich.

(1) Dem Verbraucher steht bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen und bei Fernabsatzverträgen ein Widerrufsrecht gemäß § 355 zu.

(2) Das Widerrufsrecht besteht, soweit die Parteien nichts anderes vereinbart haben, nicht bei folgenden Verträgen:

1.
Verträge zur Lieferung von Waren, die nicht vorgefertigt sind und für deren Herstellung eine individuelle Auswahl oder Bestimmung durch den Verbraucher maßgeblich ist oder die eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse des Verbrauchers zugeschnitten sind,
2.
Verträge zur Lieferung von Waren, die schnell verderben können oder deren Verfallsdatum schnell überschritten würde,
3.
Verträge zur Lieferung versiegelter Waren, die aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder der Hygiene nicht zur Rückgabe geeignet sind, wenn ihre Versiegelung nach der Lieferung entfernt wurde,
4.
Verträge zur Lieferung von Waren, wenn diese nach der Lieferung auf Grund ihrer Beschaffenheit untrennbar mit anderen Gütern vermischt wurden,
5.
Verträge zur Lieferung alkoholischer Getränke, deren Preis bei Vertragsschluss vereinbart wurde, die aber frühestens 30 Tage nach Vertragsschluss geliefert werden können und deren aktueller Wert von Schwankungen auf dem Markt abhängt, auf die der Unternehmer keinen Einfluss hat,
6.
Verträge zur Lieferung von Ton- oder Videoaufnahmen oder Computersoftware in einer versiegelten Packung, wenn die Versiegelung nach der Lieferung entfernt wurde,
7.
Verträge zur Lieferung von Zeitungen, Zeitschriften oder Illustrierten mit Ausnahme von Abonnement-Verträgen,
8.
Verträge zur Lieferung von Waren oder zur Erbringung von Dienstleistungen, einschließlich Finanzdienstleistungen, deren Preis von Schwankungen auf dem Finanzmarkt abhängt, auf die der Unternehmer keinen Einfluss hat und die innerhalb der Widerrufsfrist auftreten können, insbesondere Dienstleistungen im Zusammenhang mit Aktien, mit Anteilen an offenen Investmentvermögen im Sinne von § 1 Absatz 4 des Kapitalanlagegesetzbuchs und mit anderen handelbaren Wertpapieren, Devisen, Derivaten oder Geldmarktinstrumenten,
9.
Verträge zur Erbringung von Dienstleistungen in den Bereichen Beherbergung zu anderen Zwecken als zu Wohnzwecken, Beförderung von Waren, Kraftfahrzeugvermietung, Lieferung von Speisen und Getränken sowie zur Erbringung weiterer Dienstleistungen im Zusammenhang mit Freizeitbetätigungen, wenn der Vertrag für die Erbringung einen spezifischen Termin oder Zeitraum vorsieht,
10.
Verträge, die im Rahmen einer Vermarktungsform geschlossen werden, bei der der Unternehmer Verbrauchern, die persönlich anwesend sind oder denen diese Möglichkeit gewährt wird, Waren oder Dienstleistungen anbietet, und zwar in einem vom Versteigerer durchgeführten, auf konkurrierenden Geboten basierenden transparenten Verfahren, bei dem der Bieter, der den Zuschlag erhalten hat, zum Erwerb der Waren oder Dienstleistungen verpflichtet ist (öffentlich zugängliche Versteigerung),
11.
Verträge, bei denen der Verbraucher den Unternehmer ausdrücklich aufgefordert hat, ihn aufzusuchen, um dringende Reparatur- oder Instandhaltungsarbeiten vorzunehmen; dies gilt nicht hinsichtlich weiterer bei dem Besuch erbrachter Dienstleistungen, die der Verbraucher nicht ausdrücklich verlangt hat, oder hinsichtlich solcher bei dem Besuch gelieferter Waren, die bei der Instandhaltung oder Reparatur nicht unbedingt als Ersatzteile benötigt werden,
12.
Verträge zur Erbringung von Wett- und Lotteriedienstleistungen, es sei denn, dass der Verbraucher seine Vertragserklärung telefonisch abgegeben hat oder der Vertrag außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen wurde, und
13.
notariell beurkundete Verträge; dies gilt für Fernabsatzverträge über Finanzdienstleistungen nur, wenn der Notar bestätigt, dass die Rechte des Verbrauchers aus § 312d Absatz 2 gewahrt sind.

(3) Das Widerrufsrecht besteht ferner nicht bei Verträgen, bei denen dem Verbraucher bereits auf Grund der §§ 495, 506 bis 513 ein Widerrufsrecht nach § 355 zusteht, und nicht bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen, bei denen dem Verbraucher bereits nach § 305 Absatz 1 bis 6 des Kapitalanlagegesetzbuchs ein Widerrufsrecht zusteht.

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

(1) Dem Verbraucher steht bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen und bei Fernabsatzverträgen ein Widerrufsrecht gemäß § 355 zu.

(2) Das Widerrufsrecht besteht, soweit die Parteien nichts anderes vereinbart haben, nicht bei folgenden Verträgen:

1.
Verträge zur Lieferung von Waren, die nicht vorgefertigt sind und für deren Herstellung eine individuelle Auswahl oder Bestimmung durch den Verbraucher maßgeblich ist oder die eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse des Verbrauchers zugeschnitten sind,
2.
Verträge zur Lieferung von Waren, die schnell verderben können oder deren Verfallsdatum schnell überschritten würde,
3.
Verträge zur Lieferung versiegelter Waren, die aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder der Hygiene nicht zur Rückgabe geeignet sind, wenn ihre Versiegelung nach der Lieferung entfernt wurde,
4.
Verträge zur Lieferung von Waren, wenn diese nach der Lieferung auf Grund ihrer Beschaffenheit untrennbar mit anderen Gütern vermischt wurden,
5.
Verträge zur Lieferung alkoholischer Getränke, deren Preis bei Vertragsschluss vereinbart wurde, die aber frühestens 30 Tage nach Vertragsschluss geliefert werden können und deren aktueller Wert von Schwankungen auf dem Markt abhängt, auf die der Unternehmer keinen Einfluss hat,
6.
Verträge zur Lieferung von Ton- oder Videoaufnahmen oder Computersoftware in einer versiegelten Packung, wenn die Versiegelung nach der Lieferung entfernt wurde,
7.
Verträge zur Lieferung von Zeitungen, Zeitschriften oder Illustrierten mit Ausnahme von Abonnement-Verträgen,
8.
Verträge zur Lieferung von Waren oder zur Erbringung von Dienstleistungen, einschließlich Finanzdienstleistungen, deren Preis von Schwankungen auf dem Finanzmarkt abhängt, auf die der Unternehmer keinen Einfluss hat und die innerhalb der Widerrufsfrist auftreten können, insbesondere Dienstleistungen im Zusammenhang mit Aktien, mit Anteilen an offenen Investmentvermögen im Sinne von § 1 Absatz 4 des Kapitalanlagegesetzbuchs und mit anderen handelbaren Wertpapieren, Devisen, Derivaten oder Geldmarktinstrumenten,
9.
Verträge zur Erbringung von Dienstleistungen in den Bereichen Beherbergung zu anderen Zwecken als zu Wohnzwecken, Beförderung von Waren, Kraftfahrzeugvermietung, Lieferung von Speisen und Getränken sowie zur Erbringung weiterer Dienstleistungen im Zusammenhang mit Freizeitbetätigungen, wenn der Vertrag für die Erbringung einen spezifischen Termin oder Zeitraum vorsieht,
10.
Verträge, die im Rahmen einer Vermarktungsform geschlossen werden, bei der der Unternehmer Verbrauchern, die persönlich anwesend sind oder denen diese Möglichkeit gewährt wird, Waren oder Dienstleistungen anbietet, und zwar in einem vom Versteigerer durchgeführten, auf konkurrierenden Geboten basierenden transparenten Verfahren, bei dem der Bieter, der den Zuschlag erhalten hat, zum Erwerb der Waren oder Dienstleistungen verpflichtet ist (öffentlich zugängliche Versteigerung),
11.
Verträge, bei denen der Verbraucher den Unternehmer ausdrücklich aufgefordert hat, ihn aufzusuchen, um dringende Reparatur- oder Instandhaltungsarbeiten vorzunehmen; dies gilt nicht hinsichtlich weiterer bei dem Besuch erbrachter Dienstleistungen, die der Verbraucher nicht ausdrücklich verlangt hat, oder hinsichtlich solcher bei dem Besuch gelieferter Waren, die bei der Instandhaltung oder Reparatur nicht unbedingt als Ersatzteile benötigt werden,
12.
Verträge zur Erbringung von Wett- und Lotteriedienstleistungen, es sei denn, dass der Verbraucher seine Vertragserklärung telefonisch abgegeben hat oder der Vertrag außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen wurde, und
13.
notariell beurkundete Verträge; dies gilt für Fernabsatzverträge über Finanzdienstleistungen nur, wenn der Notar bestätigt, dass die Rechte des Verbrauchers aus § 312d Absatz 2 gewahrt sind.

(3) Das Widerrufsrecht besteht ferner nicht bei Verträgen, bei denen dem Verbraucher bereits auf Grund der §§ 495, 506 bis 513 ein Widerrufsrecht nach § 355 zusteht, und nicht bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen, bei denen dem Verbraucher bereits nach § 305 Absatz 1 bis 6 des Kapitalanlagegesetzbuchs ein Widerrufsrecht zusteht.

(1) Wird einem Verbraucher durch Gesetz ein Widerrufsrecht nach dieser Vorschrift eingeräumt, so sind der Verbraucher und der Unternehmer an ihre auf den Abschluss des Vertrags gerichteten Willenserklärungen nicht mehr gebunden, wenn der Verbraucher seine Willenserklärung fristgerecht widerrufen hat. Der Widerruf erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Unternehmer. Aus der Erklärung muss der Entschluss des Verbrauchers zum Widerruf des Vertrags eindeutig hervorgehen. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.

(2) Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage. Sie beginnt mit Vertragsschluss, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(3) Im Falle des Widerrufs sind die empfangenen Leistungen unverzüglich zurückzugewähren. Bestimmt das Gesetz eine Höchstfrist für die Rückgewähr, so beginnt diese für den Unternehmer mit dem Zugang und für den Verbraucher mit der Abgabe der Widerrufserklärung. Ein Verbraucher wahrt diese Frist durch die rechtzeitige Absendung der Waren. Der Unternehmer trägt bei Widerruf die Gefahr der Rücksendung der Waren.

(1) Außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge sind Verträge,

1.
die bei gleichzeitiger körperlicher Anwesenheit des Verbrauchers und des Unternehmers an einem Ort geschlossen werden, der kein Geschäftsraum des Unternehmers ist,
2.
für die der Verbraucher unter den in Nummer 1 genannten Umständen ein Angebot abgegeben hat,
3.
die in den Geschäftsräumen des Unternehmers oder durch Fernkommunikationsmittel geschlossen werden, bei denen der Verbraucher jedoch unmittelbar zuvor außerhalb der Geschäftsräume des Unternehmers bei gleichzeitiger körperlicher Anwesenheit des Verbrauchers und des Unternehmers persönlich und individuell angesprochen wurde, oder
4.
die auf einem Ausflug geschlossen werden, der von dem Unternehmer oder mit seiner Hilfe organisiert wurde, um beim Verbraucher für den Verkauf von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen zu werben und mit ihm entsprechende Verträge abzuschließen.
Dem Unternehmer stehen Personen gleich, die in seinem Namen oder Auftrag handeln.

(2) Geschäftsräume im Sinne des Absatzes 1 sind unbewegliche Gewerberäume, in denen der Unternehmer seine Tätigkeit dauerhaft ausübt, und bewegliche Gewerberäume, in denen der Unternehmer seine Tätigkeit für gewöhnlich ausübt. Gewerberäume, in denen die Person, die im Namen oder Auftrag des Unternehmers handelt, ihre Tätigkeit dauerhaft oder für gewöhnlich ausübt, stehen Räumen des Unternehmers gleich.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZR 135/16 Verkündet am:
13. Juli 2017
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Grüne Woche II
Richtlinie 2011/83/EU Art. 2 Nr. 9
Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden zur Auslegung von Art. 2 Nr. 9 der Richtlinie
2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Rechte der
Verbraucher, zur Abänderung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates und der Richtlinie 1999/44/EG des
Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 85/577/EWG des Rates und
der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. Nr. L 304 vom 22. November
2011, S. 64) folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1. Handelt es sich bei einem Messestand in einer Halle, den ein Unternehmer während einer für wenige
Tage im Jahr stattfindenden Messe zum Zweck des Verkaufs seiner Produkte nutzt, um einen unbeweglichen
Gewerberaum im Sinne von Art. 2 Nr. 9 Buchst. a der Richtlinie 2011/83/EU oder um einen
beweglichen Gewerberaum im Sinne von Art. 2 Nr. 9 Buchst. b der Richtlinie 2011/83/EU?
2. Für den Fall, dass es sich um einen beweglichen Gewerberaum handelt:
Ist die Frage, ob ein Unternehmer seine Tätigkeit "für gewöhnlich" auf Messeständen ausübt, danach
zu beantworten,

a) wie der Unternehmer seine Tätigkeit organisiert oder

b) ob der Verbraucher mit dem Vertragsschluss über die in Rede stehenden Waren auf der konkreten
Messe rechnen muss?
3. Für den Fall, dass es bei der Antwort auf die zweite Frage auf die Sicht des Verbrauchers ankommt
(Frage 2 b):
Ist bei der Frage, ob der Verbraucher mit dem Vertragsschluss über die konkreten Waren auf der in Rede
stehenden Messe rechnen muss, darauf abzustellen, wie die Messe in der Öffentlichkeit präsentiert wird,
oder darauf, wie die Messe sich dem Verbraucher bei Abgabe der Vertragserklärung tatsächlich darstellt?
BGH, Beschluss vom 13. Juli 2017 - I ZR 135/16 - OLG Karlsruhe
LG Freiburg
ECLI:DE:BGH:2017:130717BIZR135.16.0

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 11. Mai 2017 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Büscher, die Richter Prof. Dr. Schaffert, Dr. Kirchhoff, Dr. Löffler und die Richterin Dr. Schwonke

beschlossen:
I. Das Verfahren wird ausgesetzt. II. Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden zur Auslegung von Art. 2 Nr. 9 der Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Rechte der Verbraucher, zur Abänderung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates und der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 85/577/EWG des Rates und der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. Nr. L 304 vom 22. November 2011, S. 64) folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt: 1. Handelt es sich bei einem Messestand in einer Halle, den ein Unternehmer während einer für wenige Tage im Jahr stattfindenden Messe zum Zweck des Verkaufs seiner Produkte nutzt, um einen unbeweglichen Gewerberaum im Sinne von Art. 2 Nr. 9 Buchst. a der Richtlinie 2011/83/EU oder um einen beweglichen Gewerberaum im Sinne von Art. 2 Nr. 9 Buchst. b der Richtlinie 2011/83/EU? 2. Für den Fall, dass es sich um einen beweglichen Gewerberaum handelt: Ist die Frage, ob ein Unternehmer seine Tätigkeit "für gewöhnlich" auf Messeständen ausübt, danach zu beantworten ,
a) wie der Unternehmer seine Tätigkeit organisiert oder
b) ob der Verbraucher mit dem Vertragsschluss über die in Rede stehenden Waren auf der konkreten Messe rechnen muss? 3. Für den Fall, dass es bei der Antwort auf die zweite Frage auf die Sicht des Verbrauchers ankommt (Frage 2 b): Ist bei der Frage, ob der Verbraucher mit dem Vertragsschluss über die konkreten Waren auf der in Rede stehenden Messe rechnen muss, darauf abzustellen, wie die Messe in der Öffentlichkeit präsentiert wird, oder darauf, wie die Messe sich dem Verbraucher bei Abgabe der Vertragserklärung tatsächlich darstellt?

Gründe:


1
I. Die Klägerin ist die in die Liste nach § 4 Abs. 1 Satz 1 UKlaG eingetragene Verbraucherzentrale Berlin. Die Beklagte ist eine Vertriebsgesellschaft, die auf der in Berlin stattfindenden Messe "Grüne Woche" Produkte ausstellt. Nach ihrer Behauptung vertreibt sie ihre Produkte ausschließlich auf Messen.
2
Am 22. Januar 2015 bestellte ein Kunde am Ausstellungsstand der Beklagten auf der Messe "Grüne Woche" einen Dampfstaubsauger zum Preis von 1.600 €. Die Beklagte belehrte ihn nicht über ein Widerrufsrecht.
3
Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte habe den Kunden über ein Widerrufsrecht informieren müssen, weil dieser den Kaufvertrag außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossen habe.
4
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel zu verurteilen , es zu unterlassen, im Rahmen geschäftlicher Handlungen mit Verbrauchern auf der Messe "Grüne Woche" in Berlin Kaufverträge über die Lieferung von Dampfstaubsaugern abzuschließen , ohne über das Widerrufsrecht nach §§ 312g, 355 BGB und das Musterwiderrufsformular zu informieren.
5
Außerdem hat sie die Beklagte auf Erstattung vorgerichtlicher Abmahn- kosten in Höhe von 214,20 € nebst Zinsen in Anspruch genommen.
6
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen (LG Freiburg, BB 2015, 2900). Die Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben (OLG Karlsruhe, WRP 2016, 1026). Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgt die Klägerin ihre Klage weiter.
7
II. Die Entscheidung im vorliegenden Rechtsstreit hängt von der Auslegung des Art. 2 Nr. 9 der Richtlinie 2011/83/EU ab. Vor einer Entscheidung über die Revision der Klägerin ist deshalb das Verfahren auszusetzen und gemäß Art. 267 Abs. 1 Buchst. b und Abs. 3 AEUV eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union einzuholen.

8
1. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Klägerin stehe ein Unterlassungsanspruch weder aus § 8 Abs. 1 und 3 Nr. 3, § 3 Abs. 1, § 3a UWG, § 4 Nr. 11 UWG aF in Verbindung mit § 312d BGB und Art. 246a EGBGB noch aus § 2 Abs. 1, § 3 UKlaG zu. Zur Begründung hat es ausgeführt:
9
Die Beklagte sei nicht verpflichtet gewesen, als Aussteller auf der Messe "Grüne Woche" ihre Kunden bei Abgabe einer Bestellung über ein Widerrufsrecht nach § 312g Abs. 1 BGB zu belehren. Sie vertreibe ihre Produkte nicht außerhalb von Geschäftsräumen. Bei ihrem Messestand auf der "Grünen Woche" habe es sich um einen beweglichen Geschäftsraum im Sinne von § 312b Abs. 2 BGB gehandelt, in dem die Beklagte ihre Tätigkeit für gewöhnlich ausübe. Für die Abgrenzung der "für gewöhnlich" betriebenen von einer ausnahmsweise ausgeübten gewerblichen Tätigkeit komme es maßgeblich darauf an, ob der Verbraucher am Ort des Geschäfts mit dem Auftreten des Unternehmers rechnen musste. Dies sei der Fall gewesen. Die Beklagte habe an ihrem Stand nicht überraschend ein fachfremdes Produkt verkauft. Die Messe "Grüne Woche" in Berlin sei eine Messe mit einem sehr breit gefächerten Sortiment. Neben Produkten aus den traditionellen Bereichen Ernährungswirtschaft, Landwirtschaft und Gartenbau werde Besuchern eine Vielzahl von Waren aus anderen Bereichen angeboten. Dies könne einem Messebesucher bei situationsadäquater Aufmerksamkeit nicht entgehen. Der Stand der Beklagten habe sich in einer Messehalle befunden, in der über 40 verschiedene Anbieter von Haushaltsgeräten und Haustechnik ihre Produkte ausgestellt hätten. Ein Verbraucher , der diese Halle besuche, befinde sich in derselben Situation wie eine Person , die ohne entsprechende vorherige Planung in einem Geschäftsviertel oder in einem Kaufhaus ein Geschäftslokal oder eine Abteilung aufsuche. Eines Widerrufsrechts bedürfe der Verbraucher in dieser Situation nicht. Es könne offen bleiben, ob die Beklagte ihre Produkte ohne eigenes Geschäftslokal ausschließ- lich auf Messen direkt verkaufe und ob sie regelmäßig einen Stand auf der "Grünen Woche" unterhalte. Auf derartige Voraussetzungen in der Person der Beklagten komme es nicht an.
10
2. Ohne Beantwortung der Vorlagefragen kann nicht beurteilt werden, ob die Beklagte bei dem Verkauf eines Dampfstaubsaugers auf der Messe "Grüne Woche" in Berlin am 22. Januar 2015 Unterrichtungspflichten nach § 312d Abs. 1 Satz 1 BGB in Verbindung mit Art. 246a EGBGB verletzt hat und der Klägerin der geltend gemachte Unterlassungsanspruch und der Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten zusteht.
11
a) Die Informationspflichten der Beklagten hängen zunächst davon ab, ob sie ihre Tätigkeit in unbeweglichen oder in beweglichen Gewerberäumen ausübt. Hierauf zielt die erste Vorlagefrage.
12
aa) Gemäß § 312d Abs. 1 Satz 1 BGB in Verbindung mit Art. 246a § 1 Abs. 2 EGBGB hat der Unternehmer, wenn dem Verbraucher bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen und bei Fernabsatzverträgen ein Widerrufsrecht nach § 312g Abs. 1 BGB zusteht, diesen über sein Widerrufsrecht nach § 355 Abs. 1 BGB sowie das Muster-Widerrufsformular zu informieren. Nach der Legaldefinition in § 312b Abs. 1 Nr. 1 BGB handelt es sich bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen um solche, die bei gleichzeitiger körperlicher Anwesenheit des Verbrauchers und des Unternehmers an einem Ort geschlossen werden, der kein Geschäftsraum des Unternehmers ist. Nach § 312b Abs. 2 Satz 1 BGB sind Geschäftsräume im Sinne des § 312b Abs. 1 BGB unbewegliche Gewerberäume, in denen der Unternehmer seine Tätigkeit dauerhaft ausübt, und bewegliche Gewerberäume, in denen der Unternehmer seine Tätigkeit für gewöhnlich ausübt. Die Bestimmungen der §§ 312b und 312g BGB dienen der Umsetzung der Richtlinie 2011/83/EU. Der deutsche Gesetzgeber hat in § 312b Abs. 2 Satz 1 BGB die Begriffsbestimmung der Geschäftsräume in Art. 2 Nr. 9 der Richtlinie 2011/83/EU wörtlich übernommen.
13
bb) Mit der Richtlinie 2011/83/EU werden die Richtlinien 85/577/EWG betreffend den Verbraucherschutz im Falle von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen und die Richtlinie 97/7/EG über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz durch eine einzige Richtlinie ersetzt (Erwägungsgrund 2). Dabei wurde der diesen älteren Richtlinien zugrunde liegende Mindestharmonisierungsansatz aufgegeben und stattdessen im Grundsatz eine Vollharmonisierung angestrebt (Art. 4 der Richtlinie 2011/83/EU). Der durch die Richtlinie 2011/83/EU für Verbraucher bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen vorgesehene Schutz in Form eines Widerrufsrechts trägt dem Umstand Rechnung, dass bei derartigen Verträgen der Verbraucher möglicherweise psychisch unter Druck steht oder einem Überraschungsmoment ausgesetzt ist (Erwägungsgründe 21 und 37). In Erwägungsgrund 22 der Richtlinie 2011/83/EU heißt es hierzu, dass als Geschäftsräume alle Arten von Räumlichkeiten (wie Geschäfte, Stände oder Lastwagen ) gelten, an denen der Unternehmer sein Gewerbe ständig oder gewöhnlich ausübt. Markt- und Messestände sollten als Geschäftsräume behandelt werden, wenn sie diese Bedingung erfüllen. Verkaufsstätten, in denen der Unternehmer seine Tätigkeit saisonal ausübt, beispielsweise während der Fremdenverkehrssaison an einem Skiort oder Seebadeort, sollten als Geschäftsräume angesehen werden, wenn der Unternehmer seine Tätigkeit in diesen Geschäftsräumen für gewöhnlich ausübt. Der Öffentlichkeit zugängliche Orte wie Straßen, Einkaufszentren, Strände, Sportanlagen und öffentliche Verkehrsmittel , die der Unternehmer ausnahmsweise für seine Geschäftstätigkeiten nutzt, sowie Privatwohnungen oder Arbeitsplätze sollten nicht als Geschäftsräume gelten.

14
cc) Das Berufungsgericht ist nach Ansicht des Senats zu Recht davon ausgegangen, dass es sich bei dem Stand der Beklagten auf der Messe "Grüne Woche" in Berlin nicht um einen unbeweglichen Gewerberaum im Sinne von Art. 2 Nr. 9 Buchst. a der Richtlinie 2011/83/EU und § 312b Abs. 2 Satz 1 Fall 1 BGB handelt, sondern um einen beweglichen Gewerberaum im Sinne von Art. 2 Nr. 9 Buchst. b der Richtlinie 2011/83/EU und § 312b Abs. 2 Satz 1 Fall 2 BGB. Die Richtlinie 2011/83/EU geht ersichtlich davon aus, dass unter den Begriff "unbewegliche Gewerberäume" das herkömmliche stationäre Ladengeschäft fällt, in dem der Unternehmer seine Tätigkeit dauerhaft ausübt. Dagegen finden auf Dauer angelegte unternehmerische Tätigkeiten, die an wechselnden Orten für jeweils nur kurze Zeiträume außerhalb stationärer Ladengeschäfte - wie etwa auf Markt- und Messeständen - ausgeübt werden, in "beweglichen Gewerberäumen" statt (OLG München, Urteil vom 15. März 2017 - 3 U 3561/16, juris Rn. 23). Die Beklagte wurde zwar auf der Messe "Grüne Woche" in einer Halle tätig; nach Ansicht des Senats ist ihre Tätigkeit jedoch - weil sie dort nicht auf Dauer ausgeübt wird - im Sinne der Richtlinie als Tätigkeit in beweglichen Gewerberäumen anzusehen.
15
b) Sollte es sich bei dem Stand der Beklagten auf der Messe "Grüne Woche" in Berlin um einen beweglichen Gewerberaum im Sinn des Art. 2 Nr. 9 Buchst. b der Richtlinie 2011/83/EU und § 312b Abs. 2 Satz 1 Fall 2 BGB handeln , stellt sich weiter die Frage, nach welchen Kriterien zu beurteilen ist, ob der Unternehmer seine Tätigkeit für gewöhnlich in diesen Gewerberäumen ausübt. Dies ist Hintergrund der zweiten Vorlagefrage.
16
aa) Entscheidend für das Erfordernis der Information des Verbrauchers über ein Widerrufsrecht ist nach der Richtlinie 2011/83/EU und der sie umsetzenden deutschen Regelung des § 312b Abs. 2 Satz 1 BGB, ob der Vertrags- schluss des Verbrauchers mit dem Unternehmer außerhalb von beweglichen Gewerberäumen erfolgt, in denen der Unternehmer seine Tätigkeit für gewöhnlich ausübt. Die Frage, wie festgestellt wird, ob der Unternehmer seine Tätigkeit am Ort des Vertragsschlusses für gewöhnlich ausübt, ist den Bestimmungen der Richtlinie nicht eindeutig zu entnehmen.
17
bb) Es kommt in Betracht, darauf abzustellen, ob der Unternehmer eine bestimmte Vertriebsmethode für gewöhnlich nutzt, ob er also regelmäßig in beweglichen Gewerberäumen seine Produkte vertreibt oder ob dies nur ausnahmsweise geschieht (Strobl, NJW 2015, 721, 722; Großkomm.BGB/Busch, § 312b Rn. 35 [Stand: 20. Juli 2016]; Klocke, EuZW 2016, 411). Hierfür spricht der Wortlaut von Art. 2 Nr. 9 Buchst. b der Richtlinie 2011/83/EU. Der Erwägungsgrund 22 der Richtlinie 2011/83/EU erwähnt ebenfalls, dass als Geschäftsräume alle Arten von Räumlichkeiten wie Geschäfte, Stände oder Lastwagen gelten sollen, an denen der Unternehmer sein Gewerbe ständig oder gewöhnlich ausübt. Allerdings führt eine solche Auslegung, die sich an den Verhältnissen des Unternehmers orientiert, nach Auffassung des Senats nicht zu befriedigenden Ergebnissen.
18
Bietet ein Unternehmer seine Produkte, die er im Wesentlichen in einer stationären gewerblichen Niederlassung vertreibt, zusätzlich auf einer Messe zum Verkauf an, wäre ein Verbraucher, der diese Produkte auf der Messe erwirbt , bei dem vorstehenden Verständnis des Art. 2 Nr. 9 der Richtlinie 2011/83/EU zum Widerruf berechtigt, weil der Unternehmer seine Tätigkeit dort für gewöhnlich nicht ausübt. Würde der Verbraucher dagegen am benachbarten Messestand ein vergleichbares Produkt erwerben, könnte es sein, dass ihm ein Widerrufsrecht deshalb nicht zusteht, weil der dort tätige Unternehmer seine Tätigkeit für gewöhnlich auf Messen ausübt und kein stationäres Ladengeschäft unterhält. Es erscheint unter dem Gesichtspunkt des Verbraucherschutzes we- nig konsequent, dem Verbraucher je nach Betriebsorganisation des Unternehmers bei im Übrigen identischen äußeren Umständen des Vertragsschlusses in einem Fall ein Widerrufsrecht zu gewähren und es im anderen Fall auszuschließen.
19
Wenn die Richtlinie trotz der vorstehenden Erwägungen dahingehend auszulegen wäre, dass es darauf ankommt, wie der Unternehmer seine Tätigkeit organisiert, setzt der Erfolg der Klage im Streitfall voraus, dass die Beklagte ihre unternehmerische Tätigkeit für gewöhnlich nicht auf Messen ausübt. Das Berufungsgericht hat zu der Unternehmensorganisation der Beklagten keine Feststellungen getroffen, so dass im Revisionsverfahren zugunsten der Klägerin zu unterstellen wäre, dass der Vortrag der Beklagten nicht zutrifft, sie vertreibe ihre Dampfstaubsauger seit vielen Jahren ausschließlich über Messen. In diesem Fall wäre das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit die notwendigen Feststellungen zur Vertriebsstruktur der Beklagten getroffen werden.
20
cc) Nach anderer Auffassung, die sich auf das deutsche Gesetzgebungsverfahren bei der Umsetzung der Richtlinie 2011/83/EU stützt (Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drucks. 17/12637, Seite 50 zu § 312a BGB des Entwurfs), kommt es für die Frage, ob der Unternehmer seine Tätigkeit gewöhnlich in beweglichen Gewerberäumen ausübt, nicht darauf an, wie der Unternehmer seine Vertriebstätigkeit organisiert, sondern auf die Sicht des Verbrauchers. Diese Ansicht beruft sich auf den Sinn und Zweck des Widerrufsrechts des Verbrauchers bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen gemäß Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 2011/83/EU und des diese Vorschrift in das deutsche Recht umsetzenden § 312g Abs. 1 BGB. Der Verbraucher soll vor übereilten Vertragsabschlüssen geschützt werden, zu denen es in einer den Verbraucher überraschenden Situation oder unter psychischem Druck kommt. Für diese Auslegung sprechen die Erwägungsgründe 21 und 37 der Richtlinie 2011/83/EU. In diesem Zusammenhang wird danach differenziert, ob auf einem Jahrmarkt oder auf einer Messe messetypische Produkte zum Kauf angeboten werden, so dass der Verbraucher mit entsprechenden Angeboten rechnen musste, oder ob es sich um fachfremde Produkte handelt, deren Angebot für den Verbraucher nicht zu erwarten war (Junker in Herberger/Martinek/ Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 8. Aufl., Stand: 1. Dezember 2016, § 312 Rn. 50 ff.; BeckOK BGB/Maume, § 312b Rn. 31, 42. Edition, Stand: 1. Februar 2017; Klocke, EuZW 2016, 411, 414). Dieser Auffassung haben sich das Berufungsgericht und andere deutsche Gerichte angeschlossen (OLG München, Urteil vom 15. März 2017 - 3 U 3561/16, juris Rn. 26; LG Frankfurt [Oder], Urteil vom 26. September 2016 - 16 S 117/15, unveröffentlicht; AG Pinneberg , SchlHA 2016, 136; AG Bad Oeynhausen, Urteil vom 5. April 2016 - 18 C 415/15, juris Rn. 19 ff.).
21
c) Sollte bei der Frage, ob der Unternehmer seine Tätigkeit in beweglichen Gewerberäumen gewöhnlich ausübt, auf die Sicht des Verbrauchers abzustellen sein, wäre im Streitfall zu prüfen, ob es sich bei der Messe "Grüne Woche" in Berlin um eine Messe handelt, bei der der Verbraucher mit dem Angebot eines Dampfstaubsaugers rechnen muss. Dabei stellt sich die weitere Frage, wie die Verbrauchersicht zu bestimmen ist. Darauf zielt die dritte Vorlagefrage.
22
aa) Die Revision macht geltend, der Besucher einer Messe könne entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht mit dem Besucher eines Geschäftsviertels oder eines Kaufhauses verglichen werden, also mit Besuchern stationärer Ladengeschäfte, die in unbeweglichen Gewerberäumen betrieben werden. Für die ein Überraschungsmoment ausschließende Erkennbarkeit der zu erwartenden Angebote könne nicht auf die Situation des Verbrauchers bei seiner Ankunft auf dem Messegelände abgestellt werden. Vielmehr sei maßgeblich , wie die Messe in der Öffentlichkeit präsentiert werde und welche Erwartungshaltung der Verbraucher aus dem Thema der Messe gewinnen könne. Die "Grüne Messe" in Berlin werde als "Messe für Ernährung, Landwirtschaft und Gartenbau" bezeichnet. Auf einer solchen Messe müsse ein Verbraucher nicht mit einem Verkauf von Haushaltsgeräten rechnen.
23
bb) Das Berufungsgericht ist demgegenüber davon ausgegangen, es komme darauf an, ob auf der in Rede stehenden Messe regelmäßig Haushaltsgeräte und Haustechnik angeboten werde. Es hat festgestellt, dass dies der Fall ist und der Verbraucher deshalb mit entsprechenden Angeboten rechnen musste.
24
cc) Für die Beantwortung dieser Frage kommt es darauf an, zu welchem Zeitpunkt der Schutz des Verbrauchers einsetzen soll. Wenn auf den Zeitpunkt abgestellt wird, in dem er sich entschließt, eine Messe zu besuchen, sind die tatsächlichen Gegebenheiten auf der Messe unerheblich. Entscheidend ist dann, welche Erwartungen der Verbraucher nach den ihm verfügbaren Informationen über das Waren- und Dienstleistungsangebot auf der Messe haben konnte. Wenn dagegen auf den Zeitpunkt abgestellt wird, in dem der Verbraucher seine Vertragserklärung abgibt, kommt es auf die tatsächlichen Verhältnisse an Ort und Stelle an. Zu der Präsentation der Messe in der Öffentlichkeit und der daraus resultierenden Erwartungshaltung eines Verbrauchers bei seiner Entscheidung, die Messe zu besuchen, hat das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen, so dass, wenn es auf diesen Zeitpunkt ankommen sollte, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden müsste, damit diese Feststellungen nachgeholt werden. Sollte es auf den Zeitpunkt der Vertragserklärung ankommen, sind die erforderlichen Feststellungen getroffen, nach denen der Verbraucher angesichts der äußeren Umstände bei Abschluss des Vertrags über den Kauf eines Dampfstaubsaugers mit einem entsprechenden Angebot rechnen musste.

Büscher Schaffert Kirchhoff
Löffler Schwonke
Vorinstanzen:
LG Freiburg, Entscheidung vom 22.10.2015 - 14 O 176/15 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 10.06.2016 - 4 U 217/15 -

(1) Außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge sind Verträge,

1.
die bei gleichzeitiger körperlicher Anwesenheit des Verbrauchers und des Unternehmers an einem Ort geschlossen werden, der kein Geschäftsraum des Unternehmers ist,
2.
für die der Verbraucher unter den in Nummer 1 genannten Umständen ein Angebot abgegeben hat,
3.
die in den Geschäftsräumen des Unternehmers oder durch Fernkommunikationsmittel geschlossen werden, bei denen der Verbraucher jedoch unmittelbar zuvor außerhalb der Geschäftsräume des Unternehmers bei gleichzeitiger körperlicher Anwesenheit des Verbrauchers und des Unternehmers persönlich und individuell angesprochen wurde, oder
4.
die auf einem Ausflug geschlossen werden, der von dem Unternehmer oder mit seiner Hilfe organisiert wurde, um beim Verbraucher für den Verkauf von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen zu werben und mit ihm entsprechende Verträge abzuschließen.
Dem Unternehmer stehen Personen gleich, die in seinem Namen oder Auftrag handeln.

(2) Geschäftsräume im Sinne des Absatzes 1 sind unbewegliche Gewerberäume, in denen der Unternehmer seine Tätigkeit dauerhaft ausübt, und bewegliche Gewerberäume, in denen der Unternehmer seine Tätigkeit für gewöhnlich ausübt. Gewerberäume, in denen die Person, die im Namen oder Auftrag des Unternehmers handelt, ihre Tätigkeit dauerhaft oder für gewöhnlich ausübt, stehen Räumen des Unternehmers gleich.

(1) Dem Verbraucher steht bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen und bei Fernabsatzverträgen ein Widerrufsrecht gemäß § 355 zu.

(2) Das Widerrufsrecht besteht, soweit die Parteien nichts anderes vereinbart haben, nicht bei folgenden Verträgen:

1.
Verträge zur Lieferung von Waren, die nicht vorgefertigt sind und für deren Herstellung eine individuelle Auswahl oder Bestimmung durch den Verbraucher maßgeblich ist oder die eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse des Verbrauchers zugeschnitten sind,
2.
Verträge zur Lieferung von Waren, die schnell verderben können oder deren Verfallsdatum schnell überschritten würde,
3.
Verträge zur Lieferung versiegelter Waren, die aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder der Hygiene nicht zur Rückgabe geeignet sind, wenn ihre Versiegelung nach der Lieferung entfernt wurde,
4.
Verträge zur Lieferung von Waren, wenn diese nach der Lieferung auf Grund ihrer Beschaffenheit untrennbar mit anderen Gütern vermischt wurden,
5.
Verträge zur Lieferung alkoholischer Getränke, deren Preis bei Vertragsschluss vereinbart wurde, die aber frühestens 30 Tage nach Vertragsschluss geliefert werden können und deren aktueller Wert von Schwankungen auf dem Markt abhängt, auf die der Unternehmer keinen Einfluss hat,
6.
Verträge zur Lieferung von Ton- oder Videoaufnahmen oder Computersoftware in einer versiegelten Packung, wenn die Versiegelung nach der Lieferung entfernt wurde,
7.
Verträge zur Lieferung von Zeitungen, Zeitschriften oder Illustrierten mit Ausnahme von Abonnement-Verträgen,
8.
Verträge zur Lieferung von Waren oder zur Erbringung von Dienstleistungen, einschließlich Finanzdienstleistungen, deren Preis von Schwankungen auf dem Finanzmarkt abhängt, auf die der Unternehmer keinen Einfluss hat und die innerhalb der Widerrufsfrist auftreten können, insbesondere Dienstleistungen im Zusammenhang mit Aktien, mit Anteilen an offenen Investmentvermögen im Sinne von § 1 Absatz 4 des Kapitalanlagegesetzbuchs und mit anderen handelbaren Wertpapieren, Devisen, Derivaten oder Geldmarktinstrumenten,
9.
Verträge zur Erbringung von Dienstleistungen in den Bereichen Beherbergung zu anderen Zwecken als zu Wohnzwecken, Beförderung von Waren, Kraftfahrzeugvermietung, Lieferung von Speisen und Getränken sowie zur Erbringung weiterer Dienstleistungen im Zusammenhang mit Freizeitbetätigungen, wenn der Vertrag für die Erbringung einen spezifischen Termin oder Zeitraum vorsieht,
10.
Verträge, die im Rahmen einer Vermarktungsform geschlossen werden, bei der der Unternehmer Verbrauchern, die persönlich anwesend sind oder denen diese Möglichkeit gewährt wird, Waren oder Dienstleistungen anbietet, und zwar in einem vom Versteigerer durchgeführten, auf konkurrierenden Geboten basierenden transparenten Verfahren, bei dem der Bieter, der den Zuschlag erhalten hat, zum Erwerb der Waren oder Dienstleistungen verpflichtet ist (öffentlich zugängliche Versteigerung),
11.
Verträge, bei denen der Verbraucher den Unternehmer ausdrücklich aufgefordert hat, ihn aufzusuchen, um dringende Reparatur- oder Instandhaltungsarbeiten vorzunehmen; dies gilt nicht hinsichtlich weiterer bei dem Besuch erbrachter Dienstleistungen, die der Verbraucher nicht ausdrücklich verlangt hat, oder hinsichtlich solcher bei dem Besuch gelieferter Waren, die bei der Instandhaltung oder Reparatur nicht unbedingt als Ersatzteile benötigt werden,
12.
Verträge zur Erbringung von Wett- und Lotteriedienstleistungen, es sei denn, dass der Verbraucher seine Vertragserklärung telefonisch abgegeben hat oder der Vertrag außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen wurde, und
13.
notariell beurkundete Verträge; dies gilt für Fernabsatzverträge über Finanzdienstleistungen nur, wenn der Notar bestätigt, dass die Rechte des Verbrauchers aus § 312d Absatz 2 gewahrt sind.

(3) Das Widerrufsrecht besteht ferner nicht bei Verträgen, bei denen dem Verbraucher bereits auf Grund der §§ 495, 506 bis 513 ein Widerrufsrecht nach § 355 zusteht, und nicht bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen, bei denen dem Verbraucher bereits nach § 305 Absatz 1 bis 6 des Kapitalanlagegesetzbuchs ein Widerrufsrecht zusteht.