Bundesgerichtshof Urteil, 19. Juni 2018 - X ZR 100/16

bei uns veröffentlicht am19.06.2018
vorgehend
Landgericht Wuppertal, 7 O 390/14, 10.09.2015
Oberlandesgericht Düsseldorf, 27 U 21/15, 05.10.2016

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
X ZR 100/16 Verkündet am:
19. Juni 2018
Zöller
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Uferstützmauer
BGB § 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 Nr. 1; VOB/A § 13 Abs. 1 Nr. 3, § 13 EU Abs. 1
Nr. 3

a) Der Umstand, dass das Angebot des Bieters bei einzelnen Positionen des
Leistungsverzeichnisses Preise enthält, die deutlich unter den Kosten des
Bieters liegen, rechtfertigt für sich genommen nicht die Annahme, der Bieter
habe die geforderten Preise nicht angegeben.

b) Eine Angebotsstruktur, bei der deutlich unter den zu erwartenden Kosten
liegenden Ansätzen bei bestimmten Positionen auffällig hohe Ansätze bei
anderen Positionen des Leistungsverzeichnisses entsprechen, indiziert jedoch
eine unzulässige Verlagerung von Preisangaben auf hierfür nicht vorgesehene
Positionen. Kann der Bieter die Indizwirkung nicht erschüttern,
rechtfertigt dies die Annahme, dass das Angebot nicht die geforderten Preisangaben
enthält.

c) Ein Angebot, das spekulativ so ausgestaltet ist, dass dem Auftraggeber bei
Eintritt bestimmter, zumindest nicht gänzlich fernliegender Umstände erhebliche
Übervorteilungen drohen, ist nicht zuschlagsfähig. Vielmehr verletzt der
betreffende Bieter seine Pflichten aus § 241 Abs. 2 BGB, wenn er für eine
Position einen Preis ansetzt, der so überhöhte Nachforderungen nach sich
ziehen kann, dass aus Sicht eines verständigen Teilnehmers am Vergabeverfahren
das Ziel verfehlt wird, im Wettbewerb das günstigste Angebot hervorzubringen
, und dem zu einem verantwortungsvollen Einsatz der Haushaltsmittel
verpflichteten Auftraggeber nicht mehr zugemutet werden kann,
sich auf ein derartiges Angebot einzulassen.
BGH, Urteil vom 19. Juni 2018 - X ZR 100/16 - OLG Düsseldorf
LG Wuppertal
ECLI:DE:BGH:2018:190618UXZR100.16.0

Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 19. Juni 2018 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Meier-Beck, die Richter Gröning und Hoffmann sowie die Richterinnen Dr. Kober-Dehm und Dr. Marx

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 27. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 5. Oktober 2016 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Kläger betreibt ein Bauunternehmen. Er nimmt die beklagte Stadt nach dem Ausschluss seines Angebots in einem Vergabeverfahren betreffend die Stützmauersanierung am …-Ufer und Vergabe des Auftrags an einen Konkurrenten auf Schadensersatz in Anspruch.
2
Der Streit um den Angebotsausschluss betrifft die Einzelpreise des Klägers bei folgenden Positionen des Leistungsverzeichnisses: 01.000120: Anlieferung, Aufbau und Vorhaltung eines Turmdrehkrans während der auf drei Monate geschätzten Bauzeit und anschließenden Abbau des Gerüsts mit allen Nebenarbeiten (1.767,02 €); 01.000130: Vorhaltekosten für den Kran bei eventueller witterungsbedingter Unterbrechung für eine Woche (62,89 €); 01.000200: Einrüsten der sanierungsbedürftigen Mauerabschnitte, Auf- und Abbau sowie dreimonatige Vorhaltung des gesamten Gerüsts nebst An- und Abtransport sowie Hochwasserwartung (68.878,45 €); 01.000210: Vorhaltekosten für das Gerüst bei eventueller witterungsbedingter Verzögerung für eine Woche verlängerter Standzeit (12.678 €); 08.000010 bis 08.000050: Einsatz verschiedener Geräte (LKWKipper 8 t, Frontlader, Bagger, Kompressor und Trennmaschine) zuzüglich Bedienung jeweils für 5 Stunden bzw. 5 m mit Trennmaschine (jeweils 2,05 € pro Stunde bzw. ­ in einem Fall - von 9,20 €).
3
Alleiniges Zuschlagskriterium war der Preis. Danach war das Angebot des Klägers mit 320.948,45 € brutto das günstigste. Die Beklagte erteilte den Zuschlag jedoch ohne weiteres auf das rund 8.000 € teurere zweitbilligste Angebot. Auf Nachfrage des Klägers begründete sie diese Entscheidung zunächst damit, die Vorhaltekosten für das Stahlrohrgerüst bei witterungsbedingter Unterbrechung (Position 01.000210) seien signifikant hoch; da eine Verzögerung wegen Hochwassers naheliegend sei, drohe eine enorme Verteuerung der Baukosten, weshalb das Angebot nicht das wirtschaftlichste sei. In der weiteren vorprozessualen Korrespondenz berief die Beklagte sich für den Ausschluss des Angebots auf eine darin enthaltene vergaberechtswidrige Mischkalkulation.
4
Das Landgericht hat die auf Erstattung des positiven Interesses gerichtete Schadensersatzklage abgewiesen; das Berufungsgericht hat die dagegen eingelegte Berufung zurückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision , deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgt der Kläger seinen Schadensersatzanspruch weiter.

Entscheidungsgründe:


5
I. Das Berufungsgericht hat einen Schadensersatzanspruch mit der Begründung verneint, auf das Angebot des Klägers hätte der Zuschlag nicht erteilt werden können, weil er die den Turmdrehkran und den Einsatz der Gerätschaften betreffenden Positionen des Leistungsverzeichnisses mit unzutref- fenden Einheits- und Gesamtpreisen angeboten habe und das Angebot jedenfalls deswegen auszuschließen gewesen wäre.
6
Soweit der Kläger seine niedrigen Preise für die Vorhaltung des Turmdrehkrans und die Zusatzkosten bei eventuellen Unterbrechungen mit der geplanten Anschaffung eines eigenen Krans und den dadurch ersparten Kosten für die Anmietung eines solchen Krans erklärt habe, wären als Vorhaltekosten mindestens auch die Abschreibung auf Abnutzung (AfA) sowie die Kapitalverzinsung anzusetzen gewesen. Unter den betreffenden Positionen 01.000120 und 01.000130, unter denen entsprechende Angaben allein zu machen gewesen wären, könnten diese Vorhaltekosten aber jedenfalls nicht vollständig kalkuliert worden sein.
7
Zudem seien die vom Kläger unter den Positionen 08.000010 bis 08.000050 geforderten Einheitspreise offensichtlich unzutreffend und unvollständig , weil viel zu niedrig angesetzt. Allein der Einsatz eines LKW-Kippers mit acht Tonnen Tragkraft und Fahrer (mit Bedienung) sei mit 2,05 € pro Stunde illusorisch gering und unzutreffend angegeben. Seinen eigenen Erklärungen zufolge habe er hier zudem spekulativ in der Erwartung angeboten, die fraglichen Leistungen würden auf der Baustelle gar nicht auszuführen sein. Die Erklärung , Stundenlohnarbeiten wären gegebenenfalls zu den angegebenen Einheitspreisen erbracht worden, sei unvollständig und könne unzutreffende Preisangaben nicht heilen, weil der Geräteeinsatz und die Kosten dabei unberücksichtigt geblieben seien.
8
II. Mit dieser Begründung kann die ausgesprochene Klageabweisung keinen Bestand haben. Das Berufungsgericht hat seine Annahme, der Kläger habe unzutreffende Einheits- und Gesamtpreise angegeben, rechtsfehlerhaft allein aus den niedrigen Preisen für die den Turmdrehkran und den Geräteeinsatz betreffenden Positionen des Leistungsverzeichnisses abgeleitet.
9
1. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind die Bieter in der Kalkulation ihrer Preise grundsätzlich frei. Das schließt die Befugnis ein festzulegen, zu welchen Einzelpreisen die Positionen des Leistungsverzeichnisses ausgeführt werden sollen (BGH, Beschluss vom 18. Mai 2004 - X ZB 7/04, BGHZ 159, 186, 196). Dabei ist zwar die Regelung in § 13 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A zu beachten, wonach die Angebote die geforderten Preise enthalten müssen. Aus diesem Erfordernis lässt sich aber nicht ableiten, dass der Bieter jede Position des Leistungsverzeichnisses nach den gleichen Maßstäben kalkulieren müsste, insbesondere der für jede Position verlangte Preis mindestens den hierfür entstehenden Kosten entsprechen müsste.
10
a) Der Bundesgerichtshof hat mit Blick auf die entsprechende Regelung in älteren Fassungen der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen als der Ausgabe 2009 (vgl. z.B. § 21 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A 2000) angenommen, dass ein Angebot nur gewertet werden dürfe, wenn alle darin verlangten Erklärungen , deren Angabe den Bieter nicht unzumutbar belaste, abgegeben und wenn die in der Leistungsbeschreibung vorgesehenen Preise so wie gefordert vollständig und mit dem Betrag angegeben sind, der für die betreffende Position beansprucht werde. Er hat dies auf die Erwägung gestützt, ein vergaberechtskonformes Vergabeverfahren sei nur zu erreichen, wenn in jeder sich aus den Vergabeunterlagen ergebenden Hinsicht und grundsätzlich ohne weiteres vergleichbare Angebote abgegeben würden (vgl. z.B. BGH, Urteil vom 7. Juni 2005 - X ZR 19/02, VergabeR 2005, 615 ff.; Urteil vom 24. Mai 2005 - X ZR 243/02, NZBau 2005, 594 ff.).
11
b) Diese vom Gedanken formaler Ordnung geprägte Rechtsprechung ist nicht mehr uneingeschränkt anwendbar, weil sich ihre rechtlichen Grundlagen verändert haben. Seit Inkrafttreten der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Ausgabe 2009 am 11. Juni 2010 (vgl. Einführungserlass des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung vom 10. Juni 2010 - B 15 - 8163.6/1) kann es grundsätzlich nicht mehr als ohne weiteres den Ausschluss des betreffenden Angebots gebietende Vergaberechtswidrigkeit angesehen werden, wenn in einem Vergabeverfahren für Bauleistungen Erklärungen oder ein Preis in einer einzelnen unwesentlichen Position fehlen (vgl. §§ 16a, 16 Abs. 1 Nr. 4 VOB/A 2016 und § 16 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A 2016). Für die Vergabe von Leistungen gilt mit gewissen Modifikationen das Gleiche (vgl. § 56 Abs. 2, § 57 Abs. 1 Nr. 2 und 5 VgV). Sinn und Zweck dieser liberalisierenden Novellierung der Vergaberegelungen war, im Interesse eines umfassenden Wettbewerbs den Ausschluss von Angeboten aus vielfach nur formalen Gründen zu verhindern und die Anzahl der am Wettbewerb teilnehmenden Angebote nicht unnötig zu reduzieren (vgl. die Eingangshinweise des Vergabe- und Vertragsausschusses für Bauleistungen, BAnz 155a vom 15. Oktober 2009 und Einführungserlass des BMVBS vom 10. Juni 2010 - B 15 - 8163.6/1 S. 7).
12
Es ist den Bietern - was den Regelungen in § 16d Abs. 1 Nr. 1, § 16d EU Abs. 1 Nr. 1 VOB/A und § 60 Abs. 1 VgV zugrunde liegt - auch nicht schlechthin verwehrt, zu einem Gesamtpreis anzubieten, der lediglich einen Deckungsbeitrag zu den eigenen Fixkosten verspricht (Unterkostenangebote, vgl. etwa OLG München, Beschluss vom 21. Mai 2010 - Verg 2/10, VergabeR 2010, 992, 1008). Der öffentliche Auftraggeber ist bei solchen Angeboten vielmehr gehalten sorgfältig zu prüfen, ob eine einwandfreie Ausführung und Haftung für Gewährleistungsansprüche gesichert ist (BGH, Beschluss vom 31. Januar 2017 - X ZB 10/16, BGHZ 214, 11 Rn. 29 - Notärztliche Dienstleistungen). Das Angebot ist auszuschließen, wenn der niedrige Preis nicht zufriedenstellend aufgeklärt werden kann (§ 60 Abs. 3 VgV, vgl. dazu BGHZ 214, 11 Rn. 31 - Notärztliche Dienstleistungen).
13
Grundsätzlich nichts anderes kann gelten, wenn der Bieter lediglich einzelne Positionen unter seinen Kosten anbietet. Dementsprechend kann ein Angebot auch nicht ohne weiteres ausgeschlossen werden, weil einzelne Positionen darin zu Preisen angeboten sind, welche die diesbezüglichen Kosten nicht vollständig decken. Das Interesse des Auftraggebers an einwandfreier Ausführung und Haftung für die Gewährleistungsansprüche wird grundsätzlich nicht dadurch gefährdet, dass bestimmte Einzelpositionen "zu billig" angeboten werden , sondern dass der Auftragnehmer infolge eines zu geringen Gesamtpreises in Schwierigkeiten gerät.
14
c) Dies bedeutet jedoch nicht, dass der Bieter seine zu deckenden Gesamtkosten nach Belieben einzelnen Positionen des Leistungsverzeichnisses zuordnen dürfte.
15
Abgesehen von den in § 16 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A und § 57 Abs. 1 Nr. 5 VgV geregelten Fällen haben die öffentlichen Auftraggeber nach wie vor selbst bei einem im Ergebnis gleich bleibenden Endpreis grundsätzlich ein - durch § 13 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A geschütztes - Interesse daran, dass die Preise durchweg korrekt angegeben werden. Diese Regelung trägt nämlich auch dem Umstand Rechnung, dass die Zahlungspflichten der Auftraggeber durch Verlagerung einzelner Preisbestandteile manipuliert werden können. Verlagert der Bieter die für einzelne Positionen des Leistungsverzeichnisses eigentlich vorgesehenen Preise ganz oder teilweise in andere Positionen, greift § 16 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A deshalb grundsätzlich ein. Ob das über den in der Bestimmung genannten Ausnahmefall hinaus auch bei Bagatellverlagerungen von Preisbestandteilen gilt, bedarf hier keiner Entscheidung.
16
Eine Angebotsstruktur, bei der deutlich unter den zu erwartenden Kosten liegenden Ansätzen bei bestimmten Positionen auffällig hohe Ansätze bei anderen Positionen des Leistungsverzeichnisses entsprechen, indiziert eine solche Preisverlagerung. Kann der Bieter die Indizwirkung nicht erschüttern, rechtfertigt dies die Annahme, dass das Angebot nicht die geforderten Preisangaben enthält.
17
Dementsprechend hat der Bundesgerichtshof in der vom Berufungsgericht herangezogenen Entscheidung vom 18. Mai 2004 (X ZB 7/04, BGHZ 159, 186) das Angebot des dortigen Antragstellers deshalb für ausschlussreif erachtet , weil sein Angebot auf einer Mischkalkulation beruhte, bei der bestimmte ausgeschriebene Leistungen auf einen Einheitspreis von 0,01 € "abgepreist" und die Einheitspreise anderer Positionen damit korrespondierend "aufgepreist" waren, so dass die den jeweiligen Leistungen eigentlich zugeordneten Preise unstreitig weder vollständig noch zutreffend angegeben waren (BGHZ 159, 186, 193 f.).
18
d) Erst recht verhält sich ein Bieter vergaberechtswidrig, wenn er den Preis für einzelne Positionen - etwa in der Erwartung, dass die dafür im Leistungsverzeichnis angesetzten Mengen bei der Leistungsausführung überschritten werden - drastisch erhöht und den daraus resultierenden höheren Gesamtpreis zur Wahrung der Wettbewerbsfähigkeit seines Angebots im Wege einer Mischkalkulation dadurch kompensiert, dass er andere Positionen - vorzugsweise solche, bei denen gegebenenfalls Mindermengen zu erwarten sind - mehr oder minder deutlich verbilligt (Spekulationsangebote, vgl. BGHZ 159, 195; Dicks in: Kulartz/Kus/Marx/Portz/Prieß, Kommentar zur VgV, § 60 Rn. 82 ff.). Dies ist zwar kein Fall von § 13 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A, weil sowohl der überhöhte als auch der korrespondierend heruntergesetzte Preis dem eigentlich Gewollten entsprechen. Es ist auch nicht von vornherein in jedem Fall anstößig, wenn ein Bieter Unschärfen des Leistungsverzeichnisses bei den Mengenansätzen erkennt und durch entsprechende Kalkulation Vorteile zu erringen sucht, sondern Sache und Risiko des Auftraggebers, solche Spielräume zum Nachteil der öffentlichen Hand im Leistungsverzeichnis auszuschließen. Dies findet im Vergabewettbewerb aber mit Blick auf dessen Zweck, das günstigste Angebot hervorzubringen, und die Rücksichtnahmepflichten aus § 241 Abs. 2 BGB (BGH, Urteil vom 9. Juni 2011 - X ZR 143/10, BGHZ 190, 89 - Rettungsdienstleistungen II) nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) seine Grenzen dort, wo ein Bieter die Ausgestaltung des Leistungsverzeichnisses zu unredlicher Spekulation ausnutzt.
19
Ein Angebot, das spekulativ so ausgestaltet ist, dass dem Auftraggeber bei Eintritt bestimmter, zumindest nicht gänzlich fernliegender Umstände erhebliche Übervorteilungen drohen, ist nicht zuschlagsfähig. Vielmehr verletzt der betreffende Bieter seine Pflichten aus § 241 Abs. 2 BGB, wenn er für eine Position , bei der in der Ausführung nicht unerhebliche Mehrmengen anfallen können , einen Preis ansetzt, der so überhöhte Nachforderungen nach sich ziehen kann, dass aus Sicht eines verständigen Teilnehmers am Vergabeverfahren das Ziel verfehlt wird, im Wettbewerb das günstigste Angebot hervorzubringen, und dem zu einem verantwortungsvollen Einsatz der Haushaltsmittel verpflich- teten Auftraggeber nicht mehr zugemutet werden kann, sich auf ein derartiges Angebot einzulassen. Der Bieter kann sich nämlich auf diese Weise bei der Wertung nach dem Preis einen geringfügigen, aber gegebenenfalls für die Rangfolge der Angebote ausschlaggebenden Vorteil verschaffen, der mit der Chance eines deutlich erheblicheren wirtschaftlichen Nachteils für den Auftraggeber bei der Abrechnung des Auftrags verbunden ist. In einem solchen Fall ist der Auftraggeber nicht zur Zuschlagserteilung verpflichtet, auch wenn das fragliche Angebot formal-rechnerisch als das preiswerteste erscheint.
20
2. Das Berufungsgericht hat seiner Beurteilung das Vorbringen des Klägers zugrunde gelegt, der niedrige Preis in den Positionen 01.000120 erkläre sich daraus, dass der Kran im Falle der Zuschlagserteilung an ihn erst angeschafft werden sollte und nur Aufbauleistungen (durch Subunternehmer) berücksichtigt seien. Die für die Bejahung der Ausschlussreife des Angebots maßgebliche Begründung des Berufungsgerichts, die Preise für die den Kran betreffenden Positionen 01.000120 und 01.000130 und für die Positionen 08.000010 bis 08.000050 seien schlechterdings zu niedrig und unvollständig kalkuliert, ist für sich allein nicht tragfähig.
21
a) Nach den unangegriffenen Feststellungen des Landgerichts steht im Streitfall für das klägerische Angebot kein im Verhältnis zu der ausgeschriebenen Gesamtleistung unverhältnismäßig oder ungewöhnlich niedrig erscheinender Endpreis im Raum (§ 16d Abs. 1 Nr. 1, § 16d EU Abs. 1 Nr. 1 VOB/A, § 60 Abs. 1 VgV; vgl. dazu BGHZ 214, 11, Rn. 13 ff. - Notärztliche Dienstleistungen).
22
b) Der Umstand, dass die Kosten des Klägers für den Turmdrehkran in den betreffenden Positionen des Leistungsverzeichnisses nicht abgebildet werden , rechtfertigt für sich den Ausschluss nicht.
23
Der Kläger hat sich mit Blick auf den geringen Preis für den Turmdrehkran gegenüber dem im Prozess zur Rechtfertigung des Angebotsausschlusses erhobenen Vorwurf, es seien die darauf entfallende AfA und die Kapitalzinsen jedenfalls nicht vollständig eingerechnet, mit dem Hinweis verteidigt, diese Pos- ten seien bei den allgemeinen Geschäftskosten berücksichtigt. Das Berufungsgericht hat demgegenüber angenommen, AfA und Kapitalzinsen für den im Falle der Auftragserteilung anzuschaffenden Turmdrehkran hätten bei den Positionen 01.000120 und 01.000130 kalkuliert werden müssen, nicht aber als allgemeine Geschäftskosten berücksichtigt werden können. Diese auf einer unangegriffenen und revisionsrechtlich auch nicht zu beanstandenden Auslegung der Vergabeunterlagen beruhende Erwägung rechtfertigt den Ausschluss jedoch nicht ohne weiteres. Wie ausgeführt (oben Rn. 15) darf der Bieter nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zwar keine Preisbestandteile einer Position des Leistungsverzeichnisses in andere verlagern. Um einen solchen Fall handelt es sich nach den Angaben des Klägers aber nicht, weil die Positionen des Leistungsverzeichnisses sich auf die Einzelheiten des nachgefragten Gegenstands beziehen, während die allgemeinen Geschäftskosten ein Faktor in der Kalkulation der Preise sind. Ob es die schützenswerten Belange des Auftraggebers in einem den Angebotsausschluss rechtfertigenden Maße berührt, wenn der Bieter AfA und Kapitalzinsen eines im Falle der Auftragserteilung erst noch anzuschaffenden Geräts (Turmdrehkran) bei den allgemeinen Geschäftskosten berücksichtigt statt bei den Positionen im Leistungsverzeichnis für den Auf- und Abbau dieses Krans und seine Vorhaltung bei witterungsbedingten Unterbrechungen, kann fraglich sein. Jedenfalls hätte das Berufungsgericht zumindest Feststellungen dazu treffen müssen, ob im Angebot des Klägers bestimmte dem Turmdrehkran zuzuordnende Beträge für AfA und Kapitalkosten preiswirksam bei den allgemeinen Geschäftskosten eingestellt sind. Die pauschale Schutzbehauptung des Klägers, die Vorhaltung des Turmdrehkrans sei dort berücksichtigt, lässt nämlich offen, ob er tatsächlich diesem Gerät zuzuordnende Beträge für AfA und Kapitalzinsen kalkuliert und seinen allgemeinen Geschäftskosten zugeschlagen hat, oder ob er mit seinem diesbezüglichen Hinweis nur formal dem Angriff der Beklagten, sein Angebot hätte ausgeschlossen werden müssen, die Grundlage entziehen wollte. Seine ursprüngliche Rechtfertigung der Ansätze bei den Positionen 01.000120 und 01.000130 mit der beabsichtigten Anschaffung eines Krans spricht für letzteres Verständnis.
24
c) Die Erwägungen des Berufungsgerichts zu den vom Kläger bei den Positionen 08.000010 bis 08.000050 verlangten Preisen tragen seine Entscheidung ebenfalls nicht.
25
Soweit es bemängelt, dabei seien der Geräteeinsatz und die Kosten unberücksichtigt geblieben, gilt das zur allgemeinen Kalkulationsfreiheit Ausgeführte (oben Rn. 9) sinngemäß. Soweit die Einheitspreise von 2,05 € bzw. 9,20 € dem Berufungsgericht viel zu niedrig erschienen, mag eine solche Preisbildung grundsätzlich Anlass zu einer genauen Prüfung des gesamten Preisgefüges des Angebots geben. Darüber hinaus mag, insbesondere nach Inkrafttreten des - im Streitfall noch nicht anwendbaren - Gesetzes zur Regelung eines allgemeinen Mindestlohns je nach Fall veranlasst sein zu prüfen, ob der in dieser Weise kalkulierende Auftragnehmer bei Ausführung des Auftrags seinen Pflichten aus § 128 Abs. 1 GWB in Bezug auf die Zahlung des Mindestlohns genügen wird. In eine entsprechende Prüfung ist das Berufungsgericht, von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig, indes nicht eingetreten. Es hat offen gelassen, ob es sich bei den fraglichen Leistungen um Bedarfspositionen handelt und die Preise des Klägers vielmehr mit Blick auf dessen Einschätzung, dass die fraglichen Positionen wohl gar nicht zur Ausführung kommen würden, als spekulativ bezeichnet. Insoweit ist folgende Klarstellung angezeigt:
26
Bedarfspositionen durften seit Inkrafttreten der Verdingungsordnung für Bauleistungen Ausgabe 2000 nur noch ausnahmsweise (§ 9 Nr. 1 Satz 2 VOB/A aF) und dürfen seit Inkrafttreten der auch im Streitfall anwendbaren Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen 2009 grundsätzlich gar nicht mehr in die Leistungsbeschreibung aufgenommen werden (§ 7 Abs. 1 Nr. 4 VOB/A). Der Grund dafür ist die Gefahr, dass die Leistung andernfalls nicht mehr so eindeutig und erschöpfend beschrieben ist, dass alle Unternehmen ihre Preise sicher und ohne umfangreiche Vorarbeiten berechnen können (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 VOB/A) und eine wettbewerblich korrekte Angebotswertung beeinträchtigt sein kann (vgl. Schranner in: Ingenstau/Korbion, 20. Aufl., § 7 VOB/A Rn. 43 ff.). Nimmt der öffentliche Auftraggeber Bedarfspositionen dennoch und unbeanstandet (§ 160 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 GWB) in die Leistungsbeschreibung auf, kann der Vorwurf vergaberechtlicher Unredlichkeit nicht allein darauf gestützt werden, dass ein Bieter solche Positionen besonders preiswert anbietet. Ohne weiteres bewegt er sich damit vielmehr in dem vom Auftraggeber selbst für die Angebotserstellung gesteckten, nur mit entsprechenden Unwägbarkeiten behafteten Rahmen. Diesen verlässt der Bieter, wenn seinem Angebot ein zusätzliches unrechtsbegründendes Element wie die korrespondierende spekulative Aufpreisung anderer Positionen anhaftet.
27
III. Nach allem ist die Entscheidung des Berufungsgerichts rechtsfehlerhaft begründet. Gleichwohl ist das Berufungsurteil nicht aufzuheben. Es stellt sich vielmehr aus anderen Gründen als richtig dar, so dass die Revision zurückzuweisen ist (§ 561 ZPO). Der Senat kann selbst entscheiden, weil weitere Feststellungen nicht erforderlich und nicht zu erwarten sind (§ 563 Abs. 3 ZPO entsprechend).
28
1. Mit den auffällig niedrigen, nach den unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts deutlich unter den Kosten des Klägers liegenden Preisen in den Positionen 01.000120 und 01.000130 sowie 08.000010 bis 08.000050 korrespondiert ein überproportional hoher Preis in der Position 01.000210 betreffend die wöchentlichen Vorhaltekosten für das Gerüst bei eventueller, nach den Feststellungen des Landgerichts nicht fernliegender witterungsbedingter Unterbrechung. Während sich für die wöchentliche Standzeit des Gerüsts während der regulären Standzeit (Position 01.000200) - unter Vernachlässigung der Kostenanteile für den Auf- und Abbau und Transport sowie der sonstigen Nebenkosten zugunsten des Klägers - ein Durchschnittspreis von etwas unter 5.300 € errechnet, müsste der Auftraggeber für jede Woche wetterbedingter Unterbrechung 12.678 € zahlen. Darin liegt, wie schon das Landgericht in seiner vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Entscheidung erkannt hat, eine erhebliche spekulative Aufpreisung, zumal dieser Preis sich für den Auftraggeber progressiv umso nachteiliger auswirken kann, je länger die Unterbre- chung andauert. Damit hat der Kläger gegen seine Rücksichtnahmepflicht aus § 241 Abs. 2 BGB verstoßen.
29
Dafür ist es entgegen der Ansicht des Klägers grundsätzlich unerheblich, dass es sich bei der Position 01.000210 um eine Bedarfsposition handelte. Gerade der bedarfsweise Einsatz kann in der einen wie in der anderen Richtung Gegenstand spekulativer Gewinnerwartungen des betreffenden Bieters sein. Ob das auch bei Bagatellpositionen und auch dann gilt, wenn nur eine entfernte Möglichkeit dafür besteht, dass diese Position zur Ausführung kommen wird, kann hier dahinstehen, weil in Bezug auf die Position 01.000210 eine relativ hohe Anfallwahrscheinlichkeit festgestellt ist und der Wochenpreis, wie bereits erwähnt, zudem leicht mehrmals anfallen kann, was die Wirtschaftlichkeit des Angebots des Klägers zunehmend beeinträchtigt. Derlei mit der Position 01.000210 verbundene Probleme hätte die Beklagte zwar vermeiden können, wenn sie von der Aufnahme dieser Position in das Leistungsverzeichnis gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 4 VOB/A abgesehen hätte; an der Ausschlussreife des Angebots ändert das aber nichts.
30
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Meier-Beck Gröning Hoffmann
Kober-Dehm Marx
Vorinstanzen:
LG Wuppertal, Entscheidung vom 10.09.2015 - 7 O 390/14 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 05.10.2016 - I-27 U 21/15 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 19. Juni 2018 - X ZR 100/16

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 19. Juni 2018 - X ZR 100/16

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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


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Zivilprozessordnung - ZPO | § 563 Zurückverweisung; eigene Sachentscheidung


(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen. (2) Das Berufungsgerich

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 241 Pflichten aus dem Schuldverhältnis


(1) Kraft des Schuldverhältnisses ist der Gläubiger berechtigt, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern. Die Leistung kann auch in einem Unterlassen bestehen. (2) Das Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Re
Bundesgerichtshof Urteil, 19. Juni 2018 - X ZR 100/16 zitiert 14 §§.

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(1) Kraft des Schuldverhältnisses ist der Gläubiger berechtigt, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern. Die Leistung kann auch in einem Unterlassen bestehen. (2) Das Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Re

Zivilprozessordnung - ZPO | § 561 Revisionszurückweisung


Ergibt die Begründung des Berufungsurteils zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 311 Rechtsgeschäftliche und rechtsgeschäftsähnliche Schuldverhältnisse


(1) Zur Begründung eines Schuldverhältnisses durch Rechtsgeschäft sowie zur Änderung des Inhalts eines Schuldverhältnisses ist ein Vertrag zwischen den Beteiligten erforderlich, soweit nicht das Gesetz ein anderes vorschreibt. (2) Ein Schuldverhä

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen - GWB | § 128 Auftragsausführung


(1) Unternehmen haben bei der Ausführung des öffentlichen Auftrags alle für sie geltenden rechtlichen Verpflichtungen einzuhalten, insbesondere Steuern, Abgaben und Beiträge zur Sozialversicherung zu entrichten, die arbeitsschutzrechtlichen Regelunge

Vergabeverordnung - VgV 2016 | § 60 Ungewöhnlich niedrige Angebote


(1) Erscheinen der Preis oder die Kosten eines Angebots im Verhältnis zu der zu erbringenden Leistung ungewöhnlich niedrig, verlangt der öffentliche Auftraggeber vom Bieter Aufklärung. (2) Der öffentliche Auftraggeber prüft die Zusammensetzung de

Vergabeverordnung - VgV 2016 | § 57 Ausschluss von Interessensbekundungen, Interessensbestätigungen, Teilnahmeanträgen und Angeboten


(1) Von der Wertung ausgeschlossen werden Angebote von Unternehmen, die die Eignungskriterien nicht erfüllen, und Angebote, die nicht den Erfordernissen des § 53 genügen, insbesondere:1.Angebote, die nicht form- oder fristgerecht eingegangen sind, es

Vergabeverordnung - VgV 2016 | § 56 Prüfung der Interessensbestätigungen, Teilnahmeanträge und Angebote; Nachforderung von Unterlagen


(1) Die Interessensbestätigungen, Teilnahmeanträge und Angebote sind auf Vollständigkeit und fachliche Richtigkeit, Angebote zudem auf rechnerische Richtigkeit zu prüfen. (2) Der öffentliche Auftraggeber kann den Bewerber oder Bieter unter Einhal

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Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Mai 2004 - X ZB 7/04

bei uns veröffentlicht am 18.05.2004

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS X ZB 7/04 vom 18. Mai 2004 in dem Vergabenachprüfungsverfahren Nachschlagewerk: ja BGHZ : ja BGHR : ja GWB § 117 Abs. 2; VOB/A § 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchst. b, § 21 Nr. 1 Abs. 1 a) Für die Zulässigkeit de

Bundesgerichtshof Urteil, 24. Mai 2005 - X ZR 243/02

bei uns veröffentlicht am 24.05.2005

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 243/02 Verkündet am: 24. Mai 2005 Wermes Justizhauptsekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Bundesgerichtshof Urteil, 07. Juni 2005 - X ZR 19/02

bei uns veröffentlicht am 07.06.2005

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 19/02 Verkündet am: 7. Juni 2005 Groß Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk : ja BGHZ : nein BGHR : ja BG

Bundesgerichtshof Urteil, 09. Juni 2011 - X ZR 143/10

bei uns veröffentlicht am 09.06.2011

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 143/10 Verkündet am: 9. Juni 2011 Wermes Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR:

Bundesgerichtshof Beschluss, 31. Jan. 2017 - X ZB 10/16

bei uns veröffentlicht am 31.01.2017

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS X ZB 10/16 vom 31. Januar 2017 in dem Vergabenachprüfungsverfahren Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja Notärztliche Dienstleistungen VgV § 60; VOB/A § 16d Abs. 1 Nrn. 1 und 2; § 16d EU Abs. 1 Nrn. 1
2 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 19. Juni 2018 - X ZR 100/16.

Bundesgerichtshof Urteil, 18. Juni 2019 - X ZR 86/17

bei uns veröffentlicht am 18.06.2019

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 86/17 Verkündet am: 18. Juni 2019 Anderer Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BG

Oberlandesgericht München Beschluss, 17. Apr. 2019 - Verg 13/18

bei uns veröffentlicht am 17.04.2019

Tenor 1. Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss der Vergabekammer Nordbayern vom 13.11.2018, Az. RMF - SG 21 - 3194 - 3 - 30 aufgehoben. 2. Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin vom 24.09.2018 wi

Referenzen

(1) Kraft des Schuldverhältnisses ist der Gläubiger berechtigt, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern. Die Leistung kann auch in einem Unterlassen bestehen.

(2) Das Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten.

(1) Zur Begründung eines Schuldverhältnisses durch Rechtsgeschäft sowie zur Änderung des Inhalts eines Schuldverhältnisses ist ein Vertrag zwischen den Beteiligten erforderlich, soweit nicht das Gesetz ein anderes vorschreibt.

(2) Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 entsteht auch durch

1.
die Aufnahme von Vertragsverhandlungen,
2.
die Anbahnung eines Vertrags, bei welcher der eine Teil im Hinblick auf eine etwaige rechtsgeschäftliche Beziehung dem anderen Teil die Möglichkeit zur Einwirkung auf seine Rechte, Rechtsgüter und Interessen gewährt oder ihm diese anvertraut, oder
3.
ähnliche geschäftliche Kontakte.

(3) Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 kann auch zu Personen entstehen, die nicht selbst Vertragspartei werden sollen. Ein solches Schuldverhältnis entsteht insbesondere, wenn der Dritte in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch nimmt und dadurch die Vertragsverhandlungen oder den Vertragsschluss erheblich beeinflusst.

(1) Kraft des Schuldverhältnisses ist der Gläubiger berechtigt, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern. Die Leistung kann auch in einem Unterlassen bestehen.

(2) Das Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ZB 7/04
vom
18. Mai 2004
in dem Vergabenachprüfungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : ja
BGHR : ja
GWB § 117 Abs. 2; VOB/A § 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchst. b, § 21 Nr. 1 Abs. 1

a) Für die Zulässigkeit des Nachprüfungsantrags ist erforderlich, aber auch ausreichend
, daß der den Nachprüfungsantrag stellende Bieter schlüssig behauptet
, welche vergaberechtlichen Vorschriften im Verlauf des Vergabeverfahrens
verletzt worden sein sollen und er ohne die Rechtsverletzung eine
Chance auf Erteilung des Zuschlags hätte, so daß der behauptete eingetretene
oder drohende Schaden auf die Verletzung vergaberechtlicher Vorschriften
zurückzuführen ist.

b) Ein Bieter, der in seinem Angebot die von ihm tatsächlich für einzelne Leistungspositionen
geforderten Einheitspreise auf verschiedene Einheitspreise
anderer Leistungspositionen verteilt, benennt nicht die von ihm geforderten
Preise im Sinne von § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 VOB/A. Deshalb sind Angebote
, bei denen der Bieter die Einheitspreise einzelner Leistungspositionen in
"Mischkalkulationen" auf andere Leistungspositionen umlegt, grundsätzlich
von der Wertung auszuschließen (§ 25 Nr. 1, Abs. 1 Buchst. b VOB/A).
BGH, Beschl. v. 18. Mai 2004 - X ZB 7/04 - Kammergericht
Vergabekammer des Landes Berlin
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden
Richter Dr. Melullis, die Richter Prof. Dr. Jestaedt und Keukenschrijver, die
Richterin Ambrosius und den Richter Asendorf am 18. Mai 2004

beschlossen:
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluß der 1. Beschlußabteilung der Vergabekammer des Landes Berlin vom 3. November 2003 wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der Kosten, die der Beigeladenen im Beschwerdeverfahren entstanden sind.
Der Beschwerdewert wird auf 193.965,95 € festgesetzt.

Gründe:


I. Das Land Berlin hat im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung die Lose 4 A und 4 B für den Bau des Autobahnzubringers Dresden BAB A 113 (neu) im offenen Verfahren ausgeschrieben. Das Los 4 A betrifft die Herstellung von Stützwänden im Zuge des Einschnittes zwischen den Tunneln Altglienicke und Rudower Höhe (TRH 60), das Los 4 B betrifft die Herstellung einer Fuß- und Radwegbrücke im Zuge des Gerosteiges (TRH 20). Für die Ausschreibung wur-
de eine Leistungsbeschreibung mit Leistungsverzeichnis zum Angebot nach Einheitspreisen erstellt. Maßgebende Kriterien für die Angebotswertung sind nach Nr. 8 der Aufforderung zur Angebotsabgabe Preis, Betriebs- und Folgekosten , technischer Wert und Gestaltung. In Teil C der Bewerbungsbedingungen ist unter Nummer 3 bestimmt, daß zur Prüfung der Angemessenheit des Angebotes dem Auftraggeber die Kalkulation des Auftragnehmers unter Einschluß der Kalkulation der Nachunternehmer vor Zuschlagserteilung zur Einsichtnahme vorzulegen ist. Die Antragstellerin hat sich an der Ausschreibung beteiligt. Nach dem Protokoll des Eröffnungstermins vom 11. Februar 2003 war ihr über einen Gesamtpreis von 3.879.318,98 € lautendes Angebot das preisgünstigste.
In ihrem Angebot hat die Antragstellerin zahlreiche Positionen des Leistungsverzeichnisses zu Einheitspreisen von 0,01 € angeboten. Daraufhin hat die Vergabestelle die Antragstellerin unter anderem aufgefordert, Aufklärung ihres Angebots zu den mit einem Einheitspreis von 0,01 € ausgepreisten Leistungen zu geben und zu erklären, mit welchen anderen Positionen des Angebots die Kosten dieser Positionen abgegolten werden sollen. Mit Schreiben vom 24. Februar 2003 erläuterte die Antragstellerin ihr Angebot dahin, daß es auf der Basis eines Mischkalkulationsverfahrens erstellt worden sei, verwies auf das Formblatt IFB-Preis 1 B, das dem Angebot beilag, versicherte, daß das Angebot auskömmlich sei und benannte verschiedene andere Positionen, in denen die Preise für die mit 0,01 € ausgepreisten Leistungen berücksichtigt seien. Nachdem zwei Aufklärungsgespräche stattgefunden hatten, gab die Antragstellerin die aus dem Schreiben vom 20. März 2003 ersichtlichen weiteren Erklärungen ab. Nach Prüfung der Angebote wurde der Antragstellerin mitgeteilt, es sei beabsichtigt, den Zuschlag einem anderen Bieter zu erteilen, ihr Angebot werde nicht berücksichtigt, weil es nicht das wirtschaftlichste Angebot sei, der Nachunternehmeranteil 41,3 % betrage, Widersprüche in der Aufklärung zur Preisermittlung festgestellt worden seien und ihre Erklärungen nicht erkennen
ließen, mit welchen Positionen die abgewerteten Positionen abgegolten würden ; die Angemessenheit des Angebots habe anhand der eingereichten Preisermittlungsgrundlagen nicht aufgeklärt werden können; das Angebot werde nach § 24 Nr. 2 VOB/A nicht berücksichtigt.
Die Antragstellerin hat gegen die Entscheidung der Vergabestelle das Nachprüfungsverfahren eingeleitet und geltend gemacht, die Nichtberücksichtigung ihres Angebots sei rechtswidrig, der Zuschlag müsse auf ihr Angebot erteilt werden, so daß ihr ein Schaden drohe. Sie hat dazu im wesentlichen vorgetragen , die Preisstellung in ihrem Angebot sei nicht zu beanstanden. Sie habe ein zulässiges Mischkalkulationsverfahren angewendet, nicht dagegen Preise ohne technischen Zusammenhang auf- und abgewertet, um auf Mengenänderungen zu ihren Gunsten zu spekulieren. Selbst ein Spekulationsangebot habe nicht von vornherein ausgeschlossen werden dürfen. Auch im übrigen lägen keine Gründe vor, ihr Angebot bei der Vergabe nicht zu berücksichtigen.
Das Land Berlin hat im wesentlichen geltend gemacht, der Nachprüfungsantrag sei unzulässig, jedenfalls aber unbegründet. Das Angebot der Antragstellerin habe wegen fehlender Preisangaben und weil die in verschiedenen Positionen angebotenen Gegenstände statt mit der geforderten Typenangabe mit dem Zusatz "o. glw." versehen seien, nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchst. b i.V.m. § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 VOB/A ausgeschlossen werden müssen. Die Preise von 0,01 € für die betreffenden Arbeiten des Leistungsverzeichnisses seien nicht an den Kosten der Einzelleistung orientiert. Im übrigen sei die Antragstellerin zu Recht wegen fehlender Eignung ausgeschlossen worden, weil sie ein Spekulationsangebot abgegeben habe, bei dem nach dem Mischkalkulationsverfahren ohne technischen Zusammenhang Positionen aufgewertet würden , bei denen die Antragstellerin Einfluß auf die Mengen habe, um so eine für sie günstige Abrechnung von nachträglichen Mehrleistungen bewirken zu kön-
nen. Weiter habe sie Positionen aufgewertet, die zu Beginn der Baumaßnahmen ausgeführt und abgerechnet würden, um auf diese Weise eine unzulässige Kreditierung zu erlangen. Das Angebot der Antragstellerin sei schließlich auch aus weiteren Gründen zu Recht ausgeschlossen worden.
Die Beigeladene hat das Vorbringen des Landes Berlin ergänzt.
Die Vergabekammer hat den Nachprüfungsantrag für unzulässig gehalten , weil das Angebot wegen fehlender oder unvollständiger Preisangaben auszuschließen sei und der Antragstellerin deshalb kein Schaden entstehen könne; der Antrag sei jedenfalls unbegründet, weil die Antragstellerin wegen der spekulativen Auf- und Abpreisungen einzelner Positionen in ihrem Angebot als ungeeignet auszuschließen sei.
Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Antragstellerin, mit der sie ihren erstinstanzlichen Sachvortrag ergänzt und vertieft und - soweit im Verfahren vor dem erkennenden Senat noch zu bescheiden - beantragt,
die Antragsgegnerin zu verpflichten, den Zuschlag auf kein anderes Angebot als dasjenige der Antragstellerin zu erteilen, hilfsweise, die Antragsgegnerin zu verpflichten, die Angebote unter Einbeziehung des Angebots der Antragstellerin und unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Senats neu zu werten.
Das Land Berlin vertieft und ergänzt sein erstinstanzliches Vorbringen und beantragt,
die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.

Mit Beschluß vom 26. Februar 2004 hat das Kammergericht das Nachprüfungsverfahren dem Bundesgerichtshof vorgelegt. Es ist der Auffassung, ein Angebot sei nicht schon dann zwingend auszuschließen, wenn Positionen des Leistungsverzeichnisses mit einem ersichtlich unzutreffenden, zu niedrigen Preis angeboten werden und der diese Positionen betreffende Preis in andere Positionen eingestellt sei. An dieser Entscheidung sieht sich das Kammergericht gehindert, weil das Oberlandesgericht Düsseldorf die Frage gegenteilig entschieden habe (OLG Düsseldorf, Beschluß vom 26. November 2003 - Verg 53/03).
II. 1. Die Vorlage des Nachprüfungsverfahrens zur Entscheidung durch den Bundesgerichtshof ist zulässig. Nach § 124 Abs. 2 Satz 1 GWB legt ein Oberlandesgericht, das über eine sofortige Beschwerde gegen eine Entscheidung der Vergabekammer zu befinden hat, die Sache dem Bundesgerichtshof vor, wenn es von einer Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs abweichen will. Das ist der Fall, wenn das vorlegende Gericht als tragende Begründung seiner Entscheidung einen Rechtssatz zugrunde legen will, der mit einem die Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs tragenden Rechtssatz nicht übereinstimmt (vgl. BGHZ 154, 32, 35 f. m.w.N.).
Eine solche Divergenz liegt vor.
Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat seinem Beschluß vom 26. November 2003 - Verg 53/03 (veröffentlicht in ZfBR 2004, 298 ff.) den die Entscheidung tragenden und aus der Rechtsprechung des beschließenden Senats abgeleiteten Rechtssatz zugrunde gelegt, daß nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchst. b VOB/A Angebote, die den Anforderungen des § 21 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A nicht
genügen, zwingend von der Wertung auszuschließen seien. Der Ausschlußgrund sei nicht erst dann gegeben, wenn das Angebot im Ergebnis mit den anderen abgegebenen Angeboten nicht verglichen werden könne. Zum Ausschluß des Angebots zwinge vielmehr bereits, daß Angaben und Erklärungen fehlten, die der Auftraggeber in seinen Ausschreibungsunterlagen zulässigerweise gefordert habe und infolge dessen als Umstände ausgewiesen seien, die für die Vergabeentscheidung relevant sein sollten. Zu den Erfordernissen eines wertbaren Angebots gehöre es deshalb auch, daß jeder in der Leistungsbeschreibung vorgesehene Preis so wie gefordert vollständig und mit dem Betrag angegeben werde, der für die betreffende Leistung beansprucht werde. Daran fehle es, wenn einzelne Leistungen nicht mit ihren tatsächlichen Preisen angeboten würden, weil die Aufwendungen für die betreffende Leistungsposition bei anderen Kostenpositionen eingestellt worden seien.
Demgegenüber ist das vorlegende Oberlandesgericht der Auffassung, die Kalkulationsweise der Antragstellerin, einzelne Positionen im Vergleich zu den durchschnittlichen Positionspreisen anderer Bieter markant auf- oder abzupreisen , sei im öffentlichen Auftragswesen seit langem geläufig und vergaberechtlich nicht zu beanstanden. Ein Bieter, der bei einzelnen Positionen einen Einheitspreis von 0,01 € einsetze, gebe seine Preise vollständig an, auch wenn er gleichsam zum "betriebswirtschaftlichen Ausgleich" andere Positionen deutlich höher kalkuliere. Wer auf diese Weise kalkuliere, nehme lediglich im Wege von betriebswirtschaftlich motivierten kalkulatorischen Rechenoperationen eine angebotsbezogene Umgruppierung verschiedener jeweils unselbständiger Kalkulationsposten innerhalb des Gesamtangebots vor. Das könne ihm wettbewerbs - und vergaberechtlich auch unter Berücksichtigung der wohlverstandenen und berechtigten Interessen der Auftraggeberseite nicht verwehrt werden; die Angebotskalkulation berühre den Kernbereich unternehmerischen Handelns im Wettbewerb. Angebote mit sogenannten spekulativen "Auf- und Abpreisun-
gen" seien daher nicht gemäß § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchst. b VOB/A ohne sachliche Prüfung von der Wertung auszuschließen.
Mit diesen Erwägungen will das vorlegende Oberlandesgericht seiner Entscheidung einen Rechtssatz zugrunde legen, der von den tragenden Erwägungen der Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf abweichen will. Für diesen Fall ist durch § 124 Abs. 2 Satz 1 GWB die Vorlage an den Bundesgerichtshof zwingend vorgeschrieben.
2. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig. Sie ist fristund formgerecht eingelegt worden (§ 117 GWB) und enthält nicht nur die Erklärung , inwieweit die Entscheidung der Vergabekammer angefochten und eine abweichende Entscheidung beantragt wird (§ 117 Abs. 2 Satz 1 GWB), sondern auch die erforderlichen Angaben zu den Tatsachen und Beweismitteln, auf die sich die Beschwerde stützt (§ 117 Abs. 2 Satz 2 GWB). Soweit der Antragsgegner meint, mit der Beschwerde hätten erneut alle Schriftstücke vorgelegt werden müssen, die bereits im Vergabenachprüfungsverfahren vorgelegt worden oder durch Beiziehung der Akten der Vergabestelle Gegenstand des Verfahrens vor der Vergabekammer gewesen sind, findet diese Auffassung in den Regelungen des § 117 GWB keine Stütze.
3. Der Nachprüfungsantrag ist zulässig.
Nach § 107 Abs. 2 Satz 1 GWB ist der Nachprüfungsantrag zulässig, wenn ein Unternehmen ein Interesse am Auftrag hat und eine Verletzung in seinen Rechten nach § 97 Abs. 7 GWB geltend macht. Diesem Erfordernis ist genügt, wenn mit dem Nachprüfungsantrag eine Verletzung vergaberechtlicher Vorschriften schlüssig vorgetragen wird. Darüber hinaus ist gemäß § 107 Abs. 2 Satz 2 GWB erforderlich, daß mit dem Nachprüfungsantrag auch dargelegt
wird, daß dem Unternehmen durch die behauptete Verletzung der Vergabevorschriften ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht. Dieser Zulässigkeitsvoraussetzung des Nachprüfungsantrags ist jedoch bereits dann genügt, wenn mit dem Antrag schlüssig vorgetragen wird, daß dem Antragsteller infolge der behaupteten Rechtsverletzung ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht; nicht erforderlich ist, daß bereits festgestellt werden kann, daß der behauptete Verstoß gegen vergaberechtliche Vorschriften tatsächlich vorliegt und den behaupteten Schaden ausgelöst hat oder auszulösen droht, der Nachprüfungsantrag also in der Sache begründet ist. Einem Bieter, der auf die Ausschreibung hin ein Angebot abgegeben und damit sein Interesse an dem Auftrag bekundet hat, und im Nachprüfungsverfahren die Rechtmäßigkeit der Entscheidung des Auftraggebers, sein Angebot nicht als das beste Angebot zu bewerten , zur Überprüfung stellt, kann der Zugang zum Nachprüfungsverfahren daher nicht mit der Begründung verwehrt werden, sein Angebot sei aus anderen als mit dem Nachprüfungsantrag zur Überprüfung gestellten Gründen auszuscheiden gewesen, so daß ihm wegen der von ihm behaupteten Rechtswidrigkeit kein Schaden erwachsen sei oder drohe. Dem entspricht die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (Urt. v. 19.6.2003 - Rs C-249/01, zu 29., NZBau 2003, 509). Für die Zulässigkeit des Nachprüfungsantrags ist daher erforderlich, aber auch ausreichend, daß der den Nachprüfungsantrag stellende Bieter schlüssig behauptet, daß und welche vergaberechtlichen Vorschriften im Verlauf des Vergabeverfahrens verletzt worden sein sollen und daß er ohne die Rechtsverletzung eine Chance auf Erteilung des Zuschlags hätte, so daß der behauptete eingetretene oder drohende Schaden auf die Verletzung vergaberechtlicher Vorschriften zurückzuführen ist. Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall vor.
4. Die sofortige Beschwerde ist jedoch unbegründet. Das Angebot der Antragstellerin ist nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchst. b i.V.m. § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 VOB/A von der Wertung auszuschließen.

a) Der Bundesgerichtshof hat bereits wiederholt ausgesprochen, daß Angebote, die dem § 21 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A nicht entsprechen, weil ihnen geforderte Erklärungen fehlen, zwingend von der Vergabe auszuschließen sind (§ 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchst. b VOB/A). Dem steht nicht entgegen, daß § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 als Sollvorschrift formuliert ist. Denn nach der Rechtsprechung des Senats ist der Ausschlußtatbestand nicht etwa erst dann gegeben, wenn das betreffende Angebot wegen fehlender Erklärungen im Ergebnis nicht mit den anderen abgegebenen Angeboten verglichen werden kann. Ein transparentes , gemäß § 97 Abs. 2 GWB auf Gleichbehandlung aller Bieter beruhendes Vergabeverfahren, wie es die VOB/A gewährleisten soll, ist nur zu erreichen, wenn in jeder sich aus den Verdingungsunterlagen ergebender Hinsicht und grundsätzlich ohne weiteres vergleichbare Angebote abgegeben werden. Damit ein Angebot gewertet werden kann, ist deshalb jeder in der Leistungsbeschreibung vorgesehene Preis so wie gefordert vollständig und mit dem Betrag anzugeben , der für die betreffende Leistung beansprucht wird (Sen.Urt. v. 16.4.2002 - X ZR 67/00, NJW 2002, 2558; Urt. v. 7.1.2003 - X ZR 50/01, BGHZ 154, 32, 45 = VergabeR 2003, 558 m. Anm. Kus). Für in der Ausschreibung geforderte Einheitspreisangaben zu einzelnen Leistungspositionen gilt daher nichts anderes als für sonstige Erklärungen nach § 21 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A. Werden in den Ausschreibungsunterlagen Erklärungen nicht nur zum Hersteller oder zum Fabrikat eines zu liefernden Bauteils gefordert, sondern sind auch Angaben zum Typ eines anzubietenden Produkts zu machen, dann kann das Fehlen der geforderten Angabe zum Typ eines Produkts nach der Rechtsprechung des Senats zur Gewährleistung der erforderlichen Vergleichbarkeit der Angebote nicht schon deshalb ohne weiteres als unerheblich betrachtet wer-
den, weil es innerhalb der Produktpalette eines Fabrikats/Herstellers ein Modell gibt, das die in den Ausschreibungsunterlagen ansonsten verlangten Kriterien erfüllt (BGHZ 154, 32, 46). Ein Angebot, das die erforderlichen Erklärungen nicht enthält, ist daher regelmäßig nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchst. b i.V.m. § 21 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A von der Wertung auszuschließen.
An der danach für die Berücksichtigung eines Angebots erforderlichen vollständigen und den Betrag, der für die betreffende Leistung beansprucht wird, benennenden Erklärung über den Preis fehlt es beim Angebot der Antragstellerin schon deshalb, weil dieses - wie die Antragstellerin im Verfahren nach § 24 VOB/A eingeräumt hat - auf einer Mischkalkulation beruht, bei der durch sogenanntes "Abpreisen" bestimmter ausgeschriebener Leistungen auf einen Einheitspreis von 0,01 € und sogenanntes "Aufpreisen" der Einheitspreise anderer angebotener Positionen Preise benannt werden, die die für die jeweiligen Leistungen geforderten tatsächlichen Preise weder vollständig noch zutreffend wiedergeben. Ein Bieter, der in seinem Angebot die von ihm tatsächlich für einzelne Leistungspositionen geforderten Einheitspreise auf verschiedene Einheitspreise anderer Leistungspositionen verteilt, benennt nicht die von ihm geforderten Preise im Sinne von § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 VOB/A, sondern "versteckt" die von ihm geforderten Angaben zu den Preisen der ausgeschriebenen Leistungen in der Gesamtheit seines Angebots. Ein solches Angebot widerspricht dem in § 21 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A niedergelegten Grundsatz, weil es grundsätzlich ungeeignet ist, einer transparenten und alle Bieter gleichbehandelnden Vergabeentscheidung ohne weiteres zu Grunde gelegt zu werden. Deshalb sind Angebote, bei denen der Bieter die Einheitspreise einzelner Leistungspositionen in "Mischkalkulationen" der vorliegenden Art auf andere Leistungspositionen umlegt, grundsätzlich von der Wertung auszuschließen (§ 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchst. b VOB/A).

b) Demgegenüber macht die Antragstellerin ohne Erfolg geltend, daß nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Beurteilung der Frage, ob zwischen Preis und Leistung ein "offenbares Mißverhältnis" im Sinne des § 25 Nr. 2 Abs. 2 Satz 1 VOB/A besteht, nicht auf einen Vergleich einzelner Positionen des Leistungsverzeichnisses mit einem angemessenen "auskömmlichen" Preis ankommt, sondern auf den Gesamtpreis des Angebots (BGH, Urt. v. 21.10.1976 - VII ZR 327/74, BauR 1977, 52, 53; vgl. auch Katzenberg in: Ingenstau/Korbion, VOB Kommentar, 15. Aufl., § 25 VOB/A Rdn. 14; Heiermann /Riedl/Rusam, Handkommentar zur VOB, 10. Aufl., § 25 Rdn. 41).
Die Frage, ob ein als Grundlage der Wertung der Angebote in einem transparenten und die Bieter gleichbehandelnden Verfahren geeignetes, weil § 5 Nr. 1 Abs. 1 Buchst. b VOB/A i.V.m. § 21 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A genügendes Angebot vorliegt, ist von der Frage zu trennen, ob ein solches Angebot einen unangemessen hohen oder niedrigen Gesamtpreis beinhaltet. Das aus § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 VOB/A abgeleitete Erfordernis, alle geforderten Erklärungen abzugeben und insbesondere jeden in der Leistungsbeschreibung vorgesehenen Preis so wie gefordert vollständig mit dem Betrag anzugeben, der für die betreffende Leistung beansprucht wird, dient nicht dem Zweck, unangemessen hohe oder niedrige Angebote aus der Wertung auszuscheiden; vielmehr soll sichergestellt werden, daß die Wirtschaftlichkeit des Angebots im Vergleich zu anderen Angeboten auf transparenter und alle Bieter gleichbehandelnder Grundlage festgestellt wird. Werden einzelne Leistungen infolge einer "auf-" und "abpreisenden" Mischkalkulation unrichtig ausgewiesen und damit die in den Ausschreibungsunterlagen geforderten Preise teilweise oder insgesamt nicht wie durch § 21 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A geboten angegeben, ist es der Vergabestelle nicht möglich, die Wirtschaftlichkeit des Angebots im Vergleich zu anderen Angeboten zu bewerten.
Da ein sich an der Ausschreibung nach Einheitspreisen beteiligender Bieter gemäß § 21 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A bei Meidung des Ausschlusses seines Angebots von der Wertung gehalten ist, die für die jeweiligen Leistungen geforderten tatsächlichen Preise vollständig und zutreffend anzugeben, kommt es für die Frage, ob ein Angebot dieser Voraussetzung genügt, nicht auf die Frage an, aus welchen Gründen ein Bieter in seinem Angebot Einheitspreise für bestimmte Leistungspositionen auf andere Leistungspositionen verteilt und so die tatsächlich für die jeweiligen Leistungen geforderten Preise nicht wie in der Ausschreibung gefordert angibt. Maßgeblich ist, ob das Angebot die tatsächlich geforderten Einheitspreise für die jeweilige Leistungsposition ausweist, so daß die Vergabestelle auf transparenter und alle Bieter gleich behandelnder Grundlage regelmäßig ohne weiteres in die Wertung der Angebote eintreten kann. Für den Ausschluß eines Angebots nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchst. b VOB/A i.V.m. § 21 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A ist daher unerheblich, ob es sich bei dem Angebot des Bieters um ein sogenanntes "Spekulationsangebot" (vgl. dazu Thormann, BauR 2000, 953 ff.; Katzenberg, aaO, § 25 VOB/A Rdn. 44; Heiermann/Riedl/Rusam, aaO, § 25 Rdn. 154) handelt, mit dem der Bieter infolge einer Mischkalkulation durch "Aufpreisung" bereits bei Beginn der Ausführung des Auftrags fälliger Leistungen überhöhte oder durch "Abpreisung" verminderte Abschlagzahlungen auslösen und so eine Vorfinanzierung des Auftrags im Verhältnis zu anderen Angeboten eintreten lassen oder der Anschein eines besonders günstigen Angebots erwecken will; unerheblich ist auch, wie sich die Wirtschaftlichkeit der zu vergleichenden Angebote unter Berücksichtigung des Umstandes darstellt, daß es bei Angeboten zu Einheitspreisen zu Mengenänderungen kommen kann und sich infolge der "Aufpreisung" von Positionen des Leistungsverzeichnisses, bei denen eher mit Mengenerhöhungen zu rechnen ist, und infolge der "Abpreisung" von Positionen, bei denen eher mit Mengenreduzierungen zu rechnen ist, erhebliche Verschiebungen des Gesamtpreises ergeben können. Ein Bieter, der in seinem Angebot Positionen des Leistungsverzeichnisses mit Preisen ver-
sieht, bei denen Teile des tatsächlich geforderten Entgelts nicht bei der jeweils ausgewiesenen Position erklärt werden, sondern in andere Positionen eingerechnet werden, ohne daß aus dem Angebot der tatsächlich geforderte Preis für die Leistung etwa infolge erläuternder Zusätze ersichtlich wird, gibt schon objektiv die geforderten Erklärungen nicht vollständig im Sinne von § 21 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A ab, so daß sein Angebot als Grundlage eines transparenten und alle Bieter gleich behandelnden Wertung ungeeignet und daher nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchst. b VOB/A von der Wertung auszuscheiden ist.
Das vorlegende Oberlandesgericht hat im Ausgangspunkt zutreffend ausgeführt, daß es im Verantwortungsbereich des Bieters liegt, wie er seine Preise kalkuliert und zu welchen Preisen er welche Leistungen des Leistungsverzeichnisses anbietet. Die vergaberechtlichen Vorschriften enthalten keine Regelungen, nach denen die Vergabestelle gehalten wäre, die Preiskalkulation eines Bieters auf ihre Richtigkeit oder Angemessenheit zu überprüfen und zu bewerten. Grundlage der Wertung sind die von den Bietern nach Maßgabe der Ausschreibungsunterlagen abgegebenen Angebote. Enthalten diese Einheitspreise für die einzelnen ausgeschriebenen Leistungen, welche die für die jeweiligen Leistungen geforderten Preise ersichtlich nicht ausweisen, ist die Vergabestelle nicht gehalten, die Gründe zu ermitteln, die den Bieter veranlaßt haben, die tatsächlich geforderten Preise für die betreffenden Leistungspositionen nicht auszuweisen, sondern andere Preise anzugeben. Ist zweifelhaft, ob das Angebot die tatsächlich geforderten Preise für die jeweiligen Leistungspositionen ausweist, kann sich die Vergabestelle gemäß § 24 Nr. 1 VOB/A über die Angemessenheit der Preise unterrichten. Ergibt sich durch die Erklärungen des Bieters , daß die ausgewiesenen Preise die von ihm für die Leistungen geforderten Preise vollständig wiedergeben, kann das Angebot nicht nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchst. b VOB/A ausgeschlossen werden. Ergibt die Aufklärung dagegen wie im Streitfall, daß die Preise für die ausgeschriebenen Leistungen nicht in der
nach § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 VOB/A erforderliche Weise das tatsächlich für die Leistung geforderte Entgelt ausweisen, ist die Vergabestelle nicht verpflichtet, Ermittlungen darüber anzustellen, welche Preise für welche Leistungen tatsächlich gefordert werden, um auf diese Weise die Vergleichbarkeit der Angebote herzustellen. Vielmehr ist das Angebot gemäß § 21 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A i.V.m. § 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchst. b VOB/A von der Wertung auszuschließen.
5. Der Inhalt des Angebots der Antragstellerin die umstrittenen Einheitspreisangaben betreffend steht fest, so daß die Sache zur Entscheidung reif ist. Eine mündliche Verhandlung hat der Senat nicht für erforderlich gehalten. Das von der Antragstellerin eingeleitete Nachprüfungsverfahren ist zwar zulässig, aus den dargelegten Gründen aber in der Sache unbegründet, so daß die sofortige Beschwerde zurückzuweisen ist.
6. Die Kostenentscheidung folgt aus der entsprechenden Anwendung der §§ 97 Abs. 1, 101 Abs. 1 ZPO (vgl. BGHZ 146, 202, 217; zur Kostenentscheidung im Verhältnis zur Beigeladenen vgl. Sen.Beschl. v. 9.2.2004 - X ZB 44/03, Umdruck S. 21 zur Veröffentlichung vorgesehen). Die Festsetzung des Beschwerdewerts beruht auf § 12 a Abs. 2 GKG.
Melullis RiBGH Prof. Dr. Jestaedt ist Keukenschrijver ortsabwesend und deshalb an der Unterschrift gehindert. Melullis
RinBGH Ambrosius Asendorf ist ortsabwesend und deshalb an der Unterschrift gehindert. Melullis

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 19/02 Verkündet am:
7. Juni 2005
Groß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk : ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
BGB § 276 Fa; VOB/A § 25 Nr. 1 Abs. 1, § 21 Nr. 1 Abs. 1

a) Schadensersatzansprüche wegen Verletzung eines durch die Ausschreibung
begründeten vorvertraglichen schutzwürdigen Vertrauensverhältnisses
kommen nicht in Betracht, wenn das Angebot des Schadensersatz begehrenden
Bieters zwingend von der Wertung der Angebote auszuschließen
war.

b) Werden in den Ausschreibungsunterlagen Erklärungen nach den Formblättern
EFB-Preis 1a, 1b und 2 gefordert, dann sollen diese Erklärungen für die
Vergabeentscheidung relevant sein, so daß die Nichtabgabe dieser Erklärungen
mit dem Angebot zwingend zum Ausschluß von der Wertung nach
§ 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchst. b VOB/A führt.
BGH, Urteil vom 7. Juni 2005 - X ZR 19/02 - OLG Düsseldorf
LG Wuppertal
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 10. Mai 2005 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis und
die Richter Scharen, Keukenschrijver, Asendorf und Dr. Kirchhoff

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das am 8. Januar 2002 verkündete Urteil des 21. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf aufgehoben.
Die Berufung der Klägerin gegen das am 16. März 2001 verkündete Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal wird zurückgewiesen. Auf die Anschlußberufung der Beklagten werden das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal teilweise abgeändert und die Klage auch im übrigen abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die beklagte Stadt hat im beschränkten Verfahren die "Treppenanlage S. " ausgeschrieben. Fünf Bieter, darunter die Klägerin, wurden aufgefordert , ein Angebot abzugeben. Von diesen hat nur die Klägerin ein fristgerechtes Angebot zum Preis von 232.241,83 DM abgegeben, dem die nach den Ausschreibungsunterlagen geforderten Formblätter EFB-Preis 1a, 1b und 2 nicht beigefügt waren. Mit Schreiben vom 13. Oktober 1995 teilte die beklagte Stadt der Klägerin mit, daß die Ausschreibung aufgehoben werde, weil das Leistungsverzeichnis in einigen Hauptpositionen geändert werden solle. Später wurde der Klägerin in Gesprächen mitgeteilt, das von ihr abgegebene Angebot überschreite die veranschlagten Kosten bei weitem. Die Klägerin begehrte gleichwohl den Zuschlag und kündigte für den Fall der Zuschlagsverweigerung Schadensersatzansprüche an.
Anfang 1996 schrieb die beklagte Stadt das Bauvorhaben mit Modifizierungen erneut öffentlich aus. Wiederum beteiligte sich nur die Klägerin an der Ausschreibung, wobei ihrem Angebot erneut die Formblätter EFB-Preis nicht beigefügt waren. Die Angebotssumme belief sich auf 234.527,62 DM. Die beklagte Stadt hat auch diese Ausschreibung aufgehoben. Sie hat die Auffassung vertreten, die Klägerin habe zu unangemessen hohen Preisen geboten, und sich auf § 25 Nr. 3 Abs. 1 VOB/A berufen.
Die Treppenanlage wurde zunächst nicht gebaut. Im Jahre 1998 ließ die beklagte Stadt eine Stützmauer, die Teil der Ausschreibung war, in einer Weise errichten, die den Bau einer Treppe zu einem späteren Zeitpunkt ermöglicht. Ferner stellte die beklagte Stadt in der Folgezeit den zur geplanten Treppe führenden Weg her. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat die beklag-
te Stadt behauptet, der Klägerin inzwischen den Auftrag zur Errichtung der Treppe erteilt zu haben.
Die Klägerin hat ihren Aufwand für die Erstellung der jeweiligen Angebotsunterlagen auf 1.452,50 DM beziffert und geltend gemacht, ihr sei ein Schaden in Höhe von 113.290,63 DM entstanden, weil sie den Zuschlag auf die erste Ausschreibung nicht erhalten habe. Den Schaden aus der Aufhebung der zweiten Ausschreibung hat sie mit 110.771,34 DM beziffert. Schließlich hat sie ihr anteiliges Erfüllungsinteresse wegen Errichtung der Stützmauer mit 46.007,11 DM beziffert. Sie nimmt die beklagte Stadt auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 114.743,13 DM in Anspruch, wobei sich dieser Betrag aus dem auf das positive Interesse gerichteten Schadensersatzbegehren wegen Aufhebung der zweiten Ausschreibung sowie aus dem auf das negative Interesse gerichteten Schadensersatzbegehren hinsichtlich der ersten Ausschreibung zusammensetzt; hilfsweise begehrt die Klägerin Ersatz des positiven Interesses hinsichtlich der ersten Ausschreibung.
Das Landgericht hat der Klage hinsichtlich des negativen Interesses stattgegeben, die beklagte Stadt zur Zahlung von 2.905,-- DM nebst Zinsen verurteilt und die weitergehende Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht den Anspruch der Klägerin auf Ersatz des positiven Interesses aufgrund der Aufhebung der zweiten Ausschreibung dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt, die Anschlußberufung der beklagten Stadt, mit der diese die Abweisung der Klage auch im übrigen erstrebt hat, zurückgewiesen und die Sache zur Verhandlung und Entscheidung über die Höhe des geltend gemachten Anspruchs an das Landgericht zurückverwiesen.
Hiergegen richtet sich die Revision der beklagten Stadt, die erstrebt, das Berufungsurteil aufzuheben und nach ihren Anträgen in der Berufungsinstanz zu entscheiden. Die Klägerin ist der Revision entgegengetreten.

Entscheidungsgründe:


Die zulässige Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils , zur Zurückweisung der Berufung der Klägerin und auf die Anschlußberufung der beklagten Stadt zur Abweisung der Klage auch bezüglich des auf Ersatz des negativen Interesses gerichteten Schadensersatzbegehrens.
I. Das Berufungsgericht hat den mit der Klage geltend gemachten Anspruch auf Ersatz des positiven Interesses unter dem Gesichtspunkt der culpa in contrahendo dem Grunde nach für gerechtfertigt gehalten. Es hat in Übereinstimmung mit dem Landgericht die Aufhebung der beiden Ausschreibungen für rechtswidrig gehalten, weil ein Aufhebungsgrund im Sinne von § 26 VOB/A nicht vorgelegen habe. Die beklagte Stadt habe nicht dargelegt, daß es sich bei den Änderungen des Leistungsverzeichnisses um grundlegende Änderungen im Sinne von § 26 Abs. 1 Buchst. b VOB/A gehandelt habe. Die beklagte Stadt könne sich auch nicht darauf berufen, es seien nicht genügend Haushaltsmittel in den Haushaltsplan eingestellt gewesen, um die Maßnahme wie geplant und ausgeschrieben zu finanzieren. Das Unterlassen der Beifügung der Formblätter EFB-Preis habe die beklagte Stadt nicht berechtigt, die Angebote der Klägerin unberücksichtigt zu lassen. Die beklagte Stadt habe auch nicht dargetan, daß das Angebot der Klägerin unangemessen hoch gewesen sei (§ 25 Nr. 3 Abs. 1 VOB/A). Die vom Landgericht durchgeführte Beweisaufnahme habe derartiges
nicht ergeben und es bestehe keine Veranlassung zu weiterer Sachaufklärung. Ein auf das positive Interesse gerichteter Schadensersatzanspruch komme zwar nur in Betracht, wenn das zunächst ausgeschriebene Vorhaben später doch ausgeführt werde. Die ausgeschriebene Baumaßnahme sei jedoch teilweise durchgeführt worden. Allein durch die Aufspaltung der Baumaßnahme in mehrere Teilmaßnahmen könne sich die beklagte Stadt ihrer Schadensersatzpflicht nicht entziehen. Da die Klägerin einzige Bieterin gewesen sei, hätte ihr der Zuschlag erteilt werden müssen, so daß der Anspruch auf Schadensersatz in Höhe des positiven Interesses dem Grunde nach bestehe, wobei jedoch die von der Klägerin vorgenommene Kumulation von positivem und negativem Interesse nicht zugesprochen werden könne, weil die Kosten für die Erstellung des Angebots in die Preise einkalkuliert würden.
II. Die Revision greift das Berufungsurteil mit Erfolg an.
1. Allerdings ist das Berufungsgericht zutreffend davon ausgegangen, daß Fehler bei Ausschreibung und Zuschlag öffentlicher Aufträge eine Haftung des Auftraggebers gegenüber den Bietern auf Ersatz der diesen entstandenen Schäden auslösen können. Spätestens mit der Anforderung der Ausschreibungsunterlagen durch die Bieter wird zwischen diesen und dem Ausschreibenden ein vorvertragliches Vertrauensverhältnis begründet, aus dessen Verletzung durch nicht den Vergabevorschriften entsprechende Vergabe des Auftrags Schadensersatzansprüche aus culpa in contrahendo entstehen können, die regelmäßig auf den Ersatz des negativen Interesses gerichtet sind und unter besonderen Voraussetzungen auch auf den Ersatz des positiven Interesses gerichtet sein können (vgl. BGHZ 139, 259, 261; 139, 273, 275; 139, 280, 283; st. Rspr.).
2. Aufgrund der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen steht fest, daß in den Ausschreibungsunterlagen gefordert worden ist, dem Angebot die Formblätter EFB-Preis 1a, 1b und 2 beizufügen, und daß die Klägerin ihren Angeboten die auf diesen Formblättern abzugebenden Erklärungen nicht beigefügt hat. Die Klägerin hat nach diesen Feststellungen bei Abgabe ihrer Angebote gegen § 21 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A verstoßen. Das führt dazu, daß die Angebote der Klägerin nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchst. b VOB/A zwingend von der Wertung auszuschließen waren.

a) Schadensersatzansprüche wegen Verletzung eines durch die Ausschreibung begründeten vorvertraglichen schutzwürdigen Vertrauensverhältnisses kommen dann nicht in Betracht, wenn das Angebot des Schadensersatz begehrenden Bieters zwingend von der Wertung der Angebote auszuschließen war (Sen.Urt. v. 8.9.1998 - X ZR 85/97, NJW 1998, 3634 unter II.; Sen.Urt. v. 16.4.2002 - X ZR 67/00, NJW 2002, 2558 unter 2 e). Nach den getroffenen Feststellungen hält daher das Berufungsurteil jedenfalls aus diesem Grund der revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand (§ 559 Abs. 2 ZPO in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung, die auf den Streitfall anzuwenden ist, § 26 Nr. 7 EGZPO). Daß die Beklagte ihr Begehren, die Klage abzuweisen, nicht mehr ausdrücklich auf die sich hieraus ergebenden Rechtsfolgen gestützt hat, ist unschädlich (Sen.Urt. v. 16.4.2002 - X ZR 67/00, NJW 2002, 2558 unter 2 e).

b) § 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchst. b VOB/A bestimmt, daß Angebote, die § 21 Nr. 1 Abs. 1 und 2 VOB/A nicht entsprechen, zwingend von der Wertung der Angebote auszuschließen sind (Sen.Urt. v. 8.9.1998 - X ZR 85/97, NJW 1998, 3634 unter II.). Nach § 21 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A sollen die Angebote nur die Preise und die geforderten Erklärungen enthalten. Werden in den Ausschreibungsunterlagen geforderte Erklärungen nicht abgegeben, führt dies zwingend dazu,
daß ein solches Angebot gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchst. b VOB/A von der Wertung auszuschließen ist. Dem steht nicht entgegen, daß die die geforderte Erklärungen betreffende Bestimmung in § 21 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A als Sollvorschrift formuliert ist. Der Ausschlußtatbestand ist nicht erst dann gegeben, wenn das betreffende Angebot wegen fehlender Erklärungen im Ergebnis nicht mit den anderen abgegebenen Angeboten verglichen werden kann. Denn ein transparentes, auf Gleichbehandlung aller Bieter beruhendes Vergabeverfahren ist nur zu erreichen, wenn lediglich in jeder sich aus den Verdingungsunterlagen ergebenden Hinsicht vergleichbare Angebote gewertet werden. Dies erfordert, daß hinsichtlich jeder Position der Leistungsbeschreibung alle zur Kennzeichnung der insoweit angebotenen Leistung geeigneten Parameter bekannt sind, deren Angabe den Bieter nicht unzumutbar belastet und ausweislich der Ausschreibungsunterlagen gefordert war, so daß sie als Umstände ausgewiesen sind, die für die Vergabeentscheidung relevant sein sollen (BGHZ 154, 32, 45).

c) In Anwendung dieser Grundsätze ist nach der Rechtsprechung des Senats das Angebot eines Bieters, der in den Ausschreibungsunterlagen geforderte Erklärungen nicht nur zum Hersteller oder zum Fabrikat eines zu liefernden Bauteils, sondern auch zum Typ eines anzubietenden Produkts nicht abgibt , von der Wertung auszuschließen (BGHZ 154, 32, 46). Gleiches gilt, wenn ein Bieter in seinem Angebot die von ihm tatsächlich für einzelne Leistungspositionen geforderten Einheitspreise auf verschiedene Einheitspreise anderer Leistungspositionen verteilt, denn er benennt nicht die von ihm nach den Ausschreibungsunterlagen geforderten Preise im Sinne von § 21 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A (Sen.Beschl. v. 18.5.2004 - X ZB 7/04, NJW-RR 2004, 1570, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen).

d) Für Angebote, die in den Ausschreibungsunterlagen geforderte Erklärungen zu den Formblättern EFB-Preis 1a, 1b und 2 nicht enthalten, gilt nichts anderes. Werden in den Ausschreibungsunterlagen Erklärungen nach diesen Formblättern gefordert, dann sind diese Erklärungen als Umstände ausgewiesen , die für die Vergabeentscheidung relevant sein sollen, so daß die Nichtabgabe dieser Erklärungen mit dem Angebot zwingend zum Ausschluß nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchst. b VOB/A führt. Soweit die Auffassung vertreten wird, die Nichtabgabe der genannten Formblätter führe nicht zum Ausschluß des betreffenden Angebots von der Wertung (Ingenstau/Korbion/Katzenberg, VOB 15. Aufl., § 21 VOB/A Rdn. 65; Heiermann/Riedl/Rusam, Handkommentar zur VOB, 10. Aufl., § 25 VOB/A Rdn. 11), ist dies mit dem von § 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchst. b, § 21 Nr. 1 Abs. 1 VOB angestrebten Zweck, ein transparentes und alle Bieter gleich behandelndes Vergabeverfahren zu gewährleisten, in dem ohne weiteres vergleichbare Angebote auf der Grundlage der Ausschreibungsunterlagen vorliegen, nicht zu vereinbaren.
3. Bei dieser Rechtslage kann auch die Verurteilung der beklagten Stadt zur Leistung von auf das negative Interesse gerichtetem Schadensersatz keinen Bestand haben. Das Berufungsurteil ist daher aufzuheben, die Berufung der Klägerin gegen das landgerichtliche Urteil zurückzuweisen und die Klage nach den Anträgen der Anschlußberufung der beklagten Stadt auch im übrigen abzuweisen, ohne daß es einer Entscheidung zu den weiteren zwischen den Parteien umstrittenen und vom Berufungsgericht erörterten Rechtsfragen bedarf.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.
Melullis Scharen Keukenschrijver
Asendorf Kirchhoff

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 243/02 Verkündet am:
24. Mai 2005
Wermes
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
GWB § 97 Abs. 2; VOB/A § 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchst. b, § 21 Nr. 1 Abs. 1

a) Damit ein Angebot gewertet werden kann, ist jeder in der Leistungsbeschreibung
vorgesehene Preis so wie gefordert vollständig und mit dem Betrag
anzugeben, der für die betreffende Leistung beansprucht wird. Ein Angebot
, das die erforderlichen Erklärungen nicht enthält, ist regelmäßig von
der Wertung auszuschließen.

b) Der Umstand, daß das Auftragsvolumen den bisherigen Jahresumsatz des
Bieters übersteigt, rechtfertigt für sich genommen grundsätzlich nicht den
Schluß auf mangelnde Leistungsfähigkeit des Bieters.
BGH, Urt. v. 24. Mai 2005 - X ZR 243/02 - OLG Naumburg
LG Magdeburg
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 24. Mai 2005 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, den Richter
Scharen, die Richterin Mühlens und die Richter Prof. Dr. Meier-Beck und Asendorf

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das am 10. Oktober 2002 verkündete Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger ist Innungsmeister der Sanitär-, Heizungs-, Klima-Innung in A. und betreibt in dieser Branche ein Einzelunternehmen. Er verlangt vom Beklagten Schadensersatz wegen fehlerhafter Vergabe eines öffentlichen Auftrags.
Der beklagte Landkreis führte im Juni 2002 eine europaweite Ausschreibung betreffend das Gewerk Sanitär für das Kreiskrankenhaus A. ,

2. Bauabschnitt, durch. Es wurden 13 Angebote abgegeben, darunter waren ein Angebot des Klägers und ein Angebot der K. GmbH. Das rechnerisch günstigste Angebot (Angebotssumme 1.884.536,52 DM) machte die K. GmbH, das Angebot des Klägers war - zunächst - das drittgünstigste; es schloß mit einer Angebotssumme von 1.915.734,18 DM. Das zweitgünstigste Angebot wurde später wegen eines Rechenfehlers korrigiert; dadurch rückte das des Klägers an die zweite Stelle. In dem Angebot der K. GmbH war für die Ausschreibungsposition 10.004 - Wartungspauschale - kein Preis angegeben. Die übrigen Bieter hatten diese Position zu einem Preis von durchschnittlich 11.445,96 DM angeboten.
In einer Sitzungsvorlage für den Bau- und Vergabeausschuß des Beklagten wurde diesem empfohlen, dem - zunächst - zweitgünstigsten Bieter den Zuschlag zu erteilen. Zur Begründung wurde ausgeführt, das günstigste Angebot der K. GmbH sei wegen fehlender Preisangabe für die Wartungspauschale auszuschließen; dem sodann günstigsten Angebot des Klägers solle der Zuschlag nicht erteilt werden, weil der Jahresumsatz des Klägers in krassem Mißverhältnis zur Auftragssumme stehe. Der Kläger hatte seinen Jahresumsatz auf entsprechende Anfrage des Beklagten mit 1,5 Mio. DM angegeben und mitgeteilt , er beschäftige acht Mitarbeiter, einen Meister sowie eine Angestellte.
Nach dem Submissionstermin teilte die K. GmbH dem Beklagten schriftlich mit, sie habe die Position 10.004 im Angebot deshalb nicht mit einem Preis versehen, weil sie diese Leistung aus Kulanz für zwei Jahre kostenlos erbringen wolle.
Entgegen dem Vorschlag des Bau- und Vergabeausschusses des Beklagten erteilte dieser der K. GmbH den Zuschlag. Die Preisdifferenz zwi-

schen dem Angebot der K. GmbH und dem Angebot des Klägers betrug ca. 31.000,-- DM.
Der Kläger ist der Auffassung, er habe den Zuschlag erhalten müssen. Die K. GmbH habe wegen der fehlenden Preisangabe zu Position 10.004 von der Vergabe ausgeschlossen werden müssen. Sein Angebot dagegen habe nicht wegen fehlender Leistungsfähigkeit unberücksichtigt bleiben dürfen. Er sei ohne Probleme in der Lage gewesen, mit weiteren, kurzfristig einzusetzenden qualifizierten Arbeitnehmern den Auftrag qualitäts- und fristgerecht auszuführen. Der Kläger beansprucht entgangenen Gewinn.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.
Der Kläger tritt dem Rechtsmittel entgegen.

Entscheidungsgründe:


Die zulässige Revision hat keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat zu Recht einen Anspruch des Klägers gegen den Beklagten auf Ersatz des entgangenen Gewinns wegen Verschuldens bei Vertragsschluß bejaht.
1. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Beklagte habe der K. GmbH den Zuschlag zu Unrecht erteilt. Die Vergabeentscheidung verstoße gegen § 25 Nr. 1 Abs. 1 b VOB/A. Nach dieser Vorschrift seien Angebote aus-

geschlossen, die § 21 Nr. 1 Abs. 1 und 2 VOB/A nicht entsprächen. Das sei bei dem Angebot der K. GmbH wegen unvollständiger Angabe eines für die Vergabeentscheidung wesentlichen Preises der Fall gewesen. Aus § 25 Nr. 1 Abs. 1 b VOB/A folge im Umkehrschluß, daß der Bieter die Preise und die geforderten Erklärungen abgeben müsse. Bei der von der K. GmbH nicht ausgepreisten Wartungspauschale handele es sich nicht um eine Position, deren Fehlen den Wettbewerb zwischen den Bietern nicht habe gefährden können. Der Vorsprung der K. GmbH vor den anderen Bietern, insbesondere vor dem Kläger, sei nicht dermaßen evident gewesen, daß die Erteilung des Zuschlags an einen anderen Bieter schlechterdings auszuschließen gewesen sei. Eine hoch angesetzte Wartungspauschale seitens der K. GmbH sei bereits geeignet gewesen, zu einer Änderung der Biete rreihenfolge zu führen. Dabei sei zu berücksichtigen, daß die Kalkulation einer derartigen Wartungspauschale auch von der technischen Qualität der gelieferten Anlage abhänge und beispielsweise bei einer besonders wartungsintensiven Anlage ein deutlich höherer Betrag für die Wartungspauschale anzusetzen sei als bei einer Anlage, die von vornherein auf Wartungsfreundlichkeit ausgerichtet sei.
2. Diese Beurteilung hält im Ergebnis revisionsrechtlicher Überprüfung stand. Das Angebot der K. GmbH war nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 b in Verbindung mit § 21 Nr. 1 Abs. 1 und 2 VOB/A von der Wertung auszuschließen.
In seiner Entscheidung vom 8. September 1998 - X ZR 85/97, NJW 1998, 3634 ff. hat der Senat die Frage offengelassen, welche Verstöße gegen Vorschriften der VOB/A zwingend zu einem Ausschluß von Angeboten führen. Er hat aber bereits in dieser Entscheidung darauf hingewiesen, daß § 21 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A sicherstellen soll, daß das Angebot den ausgeschriebenen Leistungen und den sonstigen Verdingungsunterlagen entspricht, damit der durch

die öffentliche Ausschreibung eröffnete Wettbewerb der Bieter gewährleistet werden kann und vergleichbare Angebote vorgelegt werden. Das Berufungsgericht hat deshalb zu Recht aus § 25 Nr. 1 Abs. 1 b VOB/A gefolgert, daß der Bieter die Preise und die geforderten Erklärungen angeben muß (BayObLGZ 1999, 398, 393; NZBau 2001, 643, 644; OLG Oldenburg NJW-RR 1997, 661; Heiermann/Riedl/Rusam, VOB, 10. Aufl., § 21 Rdn. 7; Ingenstau/Korbion/ Kratzenberg, VOB, 15. Aufl., § 21 Rdn. 8; Weyand, Vergaberecht, § 21 VOB/A Rdn. 4135; Leinemann, Die Vergabe öffentlicher Aufträge, 3. Aufl., Rdn. 470; Prieß in Pietzcker, VOB-Kommentar A, Rdn. 21).
Der Senat hat sodann wiederholt entschieden, daß Angebote, die dem § 21 Nr. 1 Abs. 1 und 2 VOB/A nicht entsprechen, weil ihnen geforderte Erklärungen fehlen, zwingend von der Vergabe auszuschließen sind (§ 25 Nr. 1 Abs. 1 b VOB/A). Dem steht nicht entgegen, daß § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 VOB/A als Sollvorschrift formuliert ist. Nach der Rechtsprechung des Senats ist der Ausschlußtatbestand nicht etwa erst dann gegeben, wenn das betreffende Angebot wegen fehlender Erklärungen im Ergebnis nicht mit den anderen abgegebenen Angeboten verglichen werden kann. Ein transparentes, gemäß § 97 Abs. 2 GWB auf Gleichbehandlung aller Bieter beruhendes Vergabeverfahren, wie es die VOB/A gewährleisten soll, ist nur zu erreichen, wenn in jeder sich aus den Verdingungsunterlagen ergebenden Hinsicht und grundsätzlich ohne weiteres vergleichbare Angebote abgegeben werden. Damit ein Angebot gewertet werden kann, ist deshalb jeder in der Leistungsbeschreibung vorgesehene Preis so wie gefordert vollständig und mit dem Betrag anzugeben, der für die betreffende Leistung beansprucht wird (Sen.Urt. v. 16.04.2002 - X ZR 67/00, NJW 2002, 2558; Urt. v. 07.01.2003 - X ZR 50/01, BGHZ 154, 32, 45; Beschl. v. 18.05.2004 - X ZB 7/04, NJW-RR 2004, 1570, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen). Ein Angebot, das die erforderlichen Erklärungen nicht enthält, ist

daher regelmäßig nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 b in Verbindung mit § 21 Nr. 1 Abs. 1 und 2 VOB/A von der Wertung auszuschließen.
Auf die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe das Recht des Beklagten auf rechtliches Gehör verletzt, weil es angenommen habe, die Wartungspauschale sei eine Position, deren fehlende Auspreisung den Wettbewerb zwischen den Bietern habe gefährden können, kommt es daher nicht an.
3. Soweit die Revision es als widersprüchlich rügt, daß das Berufungsgericht aus dem Jahresumsatz des Klägers keine Rückschlüsse auf dessen mangelnde Leistungsfähigkeit gezogen habe, weil es aus dem Auftrag die Materialkosten herausgerechnet habe, beim Jahresumsatz des Klägers jedoch die durchlaufenden Kosten in Form von Materialkosten unberücksichtigt gelassen habe, hat auch diese Rüge keinen Erfolg. Die Regelungen der VOB/A sind darauf angelegt, die Vergabeentscheidungen für die betroffenen Bieter durchsichtig und gerichtlich überprüfbar zu machen (Sen.Urt. v. 26.10.1999 - X ZR 30/98, NJW 2000, 661, 662). Schon dieser Zweck schließt die Berücksichtigung von Umständen aus, die nicht auf einer gesicherten eigenen Erkenntnis des Ausschreibenden beruhen. Für die Erteilung des Zuschlags auf ein preislich höheres Angebot als das des Klägers wäre erforderlich gewesen, daß der Ausschreibende berücksichtigungsfähige Gründe gehabt hätte, die ihn veranlaßt hätten, den Zuschlag nicht auf das preislich günstigste, sondern auf ein anderes Angebot zu erteilen (Sen.Urt. v. 26.10.1999, aaO, 663). Solche Gründe waren dem Vorbringen des Beklagten nicht zu entnehmen.
Das Berufungsgericht hat insoweit angenommen, bei der gegebenen Sachlage habe vor dem Hintergrund des konkreten Auftrags aus der Anzahl der im Unternehmen des Klägers beschäftigten Mitarbeiter in Verbindung mit dem

Jahresumsatz nicht auf fehlende Leistungsfähigkeit des Klägers geschlossen werden können. Der Kläger habe nachvollziehbar dargelegt, die in ca. 20 Monaten zu erbringende Gesamtarbeitsleistung mit den zur Verfügung stehenden Mitarbeitern bewältigen und daneben auch andere Aufträge bearbeiten zu können. Dies gelte entsprechend für die Annahme des Beklagten, aus dem das Auftragsvolumen überschreitenden Jahresumsatz des Klägers in Höhe von 1,5 Mio. DM habe auf mangelnde Leistungsfähigkeit des Klägers geschlossen werden können. Der Kläger habe unbestritten vorgetragen, daß im Nettoangebotsvolumen von ca. 1,6 Mio. DM 3/4 Materialkosten enthalten gewesen seien. Zuverlässige Rückschlüsse auf die Fähigkeit des Klägers zur Vorfinanzierung des Auftrags, insbesondere der Materialbeschaffung, ließen sich aus dem Jahresumsatz des Klägers nicht ziehen. Dieser sei nur eine grobe Orientierungsmarke für die Frage der Leistungsfähigkeit eines Unternehmens und lasse keine zuverlässigen Rückschlüsse auf die Ausstattung des Unternehmens mit Kapital und Sachmitteln und die wirtschaftliche Lage des Unternehmens im übrigen zu. Hieran ändere auch die unter Sachverständigenbeweis gestellte Behauptung des Beklagten nichts, es bestehe ein Erfahrungssatz bzw. eine Vermutung dahingehend, daß ein Bieter, der den Jahresumsatz des Auftragsvolumens unterschreite, nicht als leistungsfähig angesehen werden könne. Diese Behauptung sei pauschal, nicht durch Tatsachenvortrag unterlegt und damit dem Sachverständigenbeweis nicht zugänglich. Der Beklagte habe auch vor diesem Hintergrund nicht nachvollziehbar dargelegt, daß aus dem Jahresumsatz des Klägers auf dessen mangelnde finanzielle Leistungsfähigkeit geschlossen werden könne.
Das läßt keinen Rechtsfehler erkennen. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß eine bestimmte Relation zwischen Auftragsvolumen und bisherigem Jahresumsatz des Bieters grundsätzlich schon deshalb

nicht ausreicht, den Schluß auf mangelnde Leistungsfähigkeit des Bieters zu rechtfertigen, weil sich aus der Art der Leistung unterschiedliche Anforderungen an Fähigkeiten und Kapazitäten des Bieters ergeben können. In diesem Sinne ist auch der Hinweis des Berufungsgerichts auf den hohen Materialkostenanteil des Angebotsvolumens zu verstehen. Daß der Beklagte in den Tatsacheninstanzen konkrete Umstände vorgetragen hätte, die Zweifel an der Leistungsfähigkeit des Klägers begründen könnten und die das Berufungsgericht bei seiner tatrichterlichen Würdigung hätte berücksichtigen müssen, legt die Revision nicht dar.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.
Melullis Scharen Mühlens
Meier-Beck Asendorf

(1) Die Interessensbestätigungen, Teilnahmeanträge und Angebote sind auf Vollständigkeit und fachliche Richtigkeit, Angebote zudem auf rechnerische Richtigkeit zu prüfen.

(2) Der öffentliche Auftraggeber kann den Bewerber oder Bieter unter Einhaltung der Grundsätze der Transparenz und der Gleichbehandlung auffordern, fehlende, unvollständige oder fehlerhafte unternehmensbezogene Unterlagen, insbesondere Eigenerklärungen, Angaben, Bescheinigungen oder sonstige Nachweise, nachzureichen, zu vervollständigen oder zu korrigieren, oder fehlende oder unvollständige leistungsbezogene Unterlagen nachzureichen oder zu vervollständigen. Der öffentliche Auftraggeber ist berechtigt, in der Auftragsbekanntmachung oder den Vergabeunterlagen festzulegen, dass er keine Unterlagen nachfordern wird.

(3) Die Nachforderung von leistungsbezogenen Unterlagen, die die Wirtschaftlichkeitsbewertung der Angebote anhand der Zuschlagskriterien betreffen, ist ausgeschlossen. Dies gilt nicht für Preisangaben, wenn es sich um unwesentliche Einzelpositionen handelt, deren Einzelpreise den Gesamtpreis nicht verändern oder die Wertungsreihenfolge und den Wettbewerb nicht beeinträchtigen.

(4) Die Unterlagen sind vom Bewerber oder Bieter nach Aufforderung durch den öffentlichen Auftraggeber innerhalb einer von diesem festzulegenden angemessenen, nach dem Kalender bestimmten Frist vorzulegen.

(5) Die Entscheidung zur und das Ergebnis der Nachforderung sind zu dokumentieren.

(1) Von der Wertung ausgeschlossen werden Angebote von Unternehmen, die die Eignungskriterien nicht erfüllen, und Angebote, die nicht den Erfordernissen des § 53 genügen, insbesondere:

1.
Angebote, die nicht form- oder fristgerecht eingegangen sind, es sei denn, der Bieter hat dies nicht zu vertreten,
2.
Angebote, die nicht die geforderten oder nachgeforderten Unterlagen enthalten,
3.
Angebote, in denen Änderungen des Bieters an seinen Eintragungen nicht zweifelsfrei sind,
4.
Angebote, bei denen Änderungen oder Ergänzungen an den Vergabeunterlagen vorgenommen worden sind,
5.
Angebote, die nicht die erforderlichen Preisangaben enthalten, es sei denn, es handelt sich um unwesentliche Einzelpositionen, deren Einzelpreise den Gesamtpreis nicht verändern oder die Wertungsreihenfolge und den Wettbewerb nicht beeinträchtigen, oder
6.
nicht zugelassene Nebenangebote.

(2) Hat der öffentliche Auftraggeber Nebenangebote zugelassen, so berücksichtigt er nur die Nebenangebote, die die von ihm verlangten Mindestanforderungen erfüllen.

(3) Absatz 1 findet auf die Prüfung von Interessensbekundungen, Interessensbestätigungen und Teilnahmeanträgen entsprechende Anwendung.

(1) Erscheinen der Preis oder die Kosten eines Angebots im Verhältnis zu der zu erbringenden Leistung ungewöhnlich niedrig, verlangt der öffentliche Auftraggeber vom Bieter Aufklärung.

(2) Der öffentliche Auftraggeber prüft die Zusammensetzung des Angebots und berücksichtigt die übermittelten Unterlagen. Die Prüfung kann insbesondere betreffen:

1.
die Wirtschaftlichkeit des Fertigungsverfahrens einer Lieferleistung oder der Erbringung der Dienstleistung,
2.
die gewählten technischen Lösungen oder die außergewöhnlich günstigen Bedingungen, über die das Unternehmen bei der Lieferung der Waren oder bei der Erbringung der Dienstleistung verfügt,
3.
die Besonderheiten der angebotenen Liefer- oder Dienstleistung,
4.
die Einhaltung der Verpflichtungen nach § 128 Absatz 1 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen, insbesondere der für das Unternehmen geltenden umwelt-, sozial- und arbeitsrechtlichen Vorschriften, oder
5.
die etwaige Gewährung einer staatlichen Beihilfe an das Unternehmen.

(3) Kann der öffentliche Auftraggeber nach der Prüfung gemäß den Absätzen 1 und 2 die geringe Höhe des angebotenen Preises oder der angebotenen Kosten nicht zufriedenstellend aufklären, darf er den Zuschlag auf dieses Angebot ablehnen. Der öffentliche Auftraggeber lehnt das Angebot ab, wenn er festgestellt hat, dass der Preis oder die Kosten des Angebots ungewöhnlich niedrig sind, weil Verpflichtungen nach Absatz 2 Satz 2 Nummer 4 nicht eingehalten werden.

(4) Stellt der öffentliche Auftraggeber fest, dass ein Angebot ungewöhnlich niedrig ist, weil der Bieter eine staatliche Beihilfe erhalten hat, so lehnt der öffentliche Auftraggeber das Angebot ab, wenn der Bieter nicht fristgemäß nachweisen kann, dass die staatliche Beihilfe rechtmäßig gewährt wurde. Der öffentliche Auftraggeber teilt die Ablehnung der Europäischen Kommission mit.

29
a) Die Berechtigung des Auftraggebers, den Zuschlag auf solche Angebote abzulehnen, trägt dem Anliegen des Vergabewettbewerbs Rechnung, die wirtschaftlichste Beschaffung zu realisieren. Unangemessen niedrige Angebotspreise bergen insoweit gesteigerte Risiken (oben Rn. 21), die sich in vielfältiger Weise verwirklichen können. Dies gilt etwa für die in der Rechtsprechung der Vergabesenate angeführte Möglichkeit, dass der Auftragnehmer infolge der zu geringen Vergütung in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten und den Auftrag deshalb nicht vollständig ausführen kann. Der Schutz der öffentlichen Interessen setzt aber nicht erst bei derart gravierenden Gefährdungen ein. Öffentliche Interessen sind in schützenswerter Weise auch dadurch gefährdet, dass der betreffende Anbieter in Anbetracht des zu niedrigen Preises versuchen könnte, sich des Auftrags so unaufwändig wie möglich und insoweit auch nicht vertragsgerecht zu entledigen, durch möglichst viele Nachträge Kompensation zu erhalten oder die Ressourcen seines Unternehmens auf besser bezahlte Aufträge zu verlagern, sobald sich die Möglichkeit dazu bietet. Dies gilt ungeachtet des Hinweises im Vorlagebeschluss, es sei einem Bieter grundsätzlich unbenommen, zu einem Preis zu bieten, der ihm lediglich einen Deckungsbeitrag zu seinen Fixkosten verspricht (Unterkostenangebote, vgl. etwa OLG München , Beschluss vom 21. Mai 2010 - Verg 2/10, VergabeR 2010, 992, 1008). Dass ein solches Angebot nicht von vornherein unzulässig ist, ändert nichts an den hiermit verbundenen Gefahren.

(1) Erscheinen der Preis oder die Kosten eines Angebots im Verhältnis zu der zu erbringenden Leistung ungewöhnlich niedrig, verlangt der öffentliche Auftraggeber vom Bieter Aufklärung.

(2) Der öffentliche Auftraggeber prüft die Zusammensetzung des Angebots und berücksichtigt die übermittelten Unterlagen. Die Prüfung kann insbesondere betreffen:

1.
die Wirtschaftlichkeit des Fertigungsverfahrens einer Lieferleistung oder der Erbringung der Dienstleistung,
2.
die gewählten technischen Lösungen oder die außergewöhnlich günstigen Bedingungen, über die das Unternehmen bei der Lieferung der Waren oder bei der Erbringung der Dienstleistung verfügt,
3.
die Besonderheiten der angebotenen Liefer- oder Dienstleistung,
4.
die Einhaltung der Verpflichtungen nach § 128 Absatz 1 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen, insbesondere der für das Unternehmen geltenden umwelt-, sozial- und arbeitsrechtlichen Vorschriften, oder
5.
die etwaige Gewährung einer staatlichen Beihilfe an das Unternehmen.

(3) Kann der öffentliche Auftraggeber nach der Prüfung gemäß den Absätzen 1 und 2 die geringe Höhe des angebotenen Preises oder der angebotenen Kosten nicht zufriedenstellend aufklären, darf er den Zuschlag auf dieses Angebot ablehnen. Der öffentliche Auftraggeber lehnt das Angebot ab, wenn er festgestellt hat, dass der Preis oder die Kosten des Angebots ungewöhnlich niedrig sind, weil Verpflichtungen nach Absatz 2 Satz 2 Nummer 4 nicht eingehalten werden.

(4) Stellt der öffentliche Auftraggeber fest, dass ein Angebot ungewöhnlich niedrig ist, weil der Bieter eine staatliche Beihilfe erhalten hat, so lehnt der öffentliche Auftraggeber das Angebot ab, wenn der Bieter nicht fristgemäß nachweisen kann, dass die staatliche Beihilfe rechtmäßig gewährt wurde. Der öffentliche Auftraggeber teilt die Ablehnung der Europäischen Kommission mit.

(1) Von der Wertung ausgeschlossen werden Angebote von Unternehmen, die die Eignungskriterien nicht erfüllen, und Angebote, die nicht den Erfordernissen des § 53 genügen, insbesondere:

1.
Angebote, die nicht form- oder fristgerecht eingegangen sind, es sei denn, der Bieter hat dies nicht zu vertreten,
2.
Angebote, die nicht die geforderten oder nachgeforderten Unterlagen enthalten,
3.
Angebote, in denen Änderungen des Bieters an seinen Eintragungen nicht zweifelsfrei sind,
4.
Angebote, bei denen Änderungen oder Ergänzungen an den Vergabeunterlagen vorgenommen worden sind,
5.
Angebote, die nicht die erforderlichen Preisangaben enthalten, es sei denn, es handelt sich um unwesentliche Einzelpositionen, deren Einzelpreise den Gesamtpreis nicht verändern oder die Wertungsreihenfolge und den Wettbewerb nicht beeinträchtigen, oder
6.
nicht zugelassene Nebenangebote.

(2) Hat der öffentliche Auftraggeber Nebenangebote zugelassen, so berücksichtigt er nur die Nebenangebote, die die von ihm verlangten Mindestanforderungen erfüllen.

(3) Absatz 1 findet auf die Prüfung von Interessensbekundungen, Interessensbestätigungen und Teilnahmeanträgen entsprechende Anwendung.

(1) Kraft des Schuldverhältnisses ist der Gläubiger berechtigt, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern. Die Leistung kann auch in einem Unterlassen bestehen.

(2) Das Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 143/10 Verkündet am:
9. Juni 2011
Wermes
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Rettungsdienstleistungen II
Der auf Verstöße des öffentlichen Auftraggebers gegen Vergabevorschriften gestützte
Schadensersatzanspruch des Bieters ist nach der Kodifikation der gewohnheitsrechtlichen
Rechtsfigur der culpa in contrahendo durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz
nicht mehr daran geknüpft, dass der klagende Bieter auf die Einhaltung
dieser Regelungen durch den Auftraggeber vertraut hat, sondern es ist dafür auf die
Verletzung von Rücksichtnahmepflichten durch Missachtung von Vergabevorschriften
abzustellen (Weiterentwicklung von BGH, Urteil vom 8. September 1998
- X ZR 99/96, BGHZ 139, 280, 283; Urteil vom 27. November 2007 - X ZR 18/07,
VergabeR 2008, 219 Leitsatz e).
BGH, Urteil vom 9. Juni 2011 - X ZR 143/10 - OLG Naumburg
LG Magdeburg
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche
Verhandlung vom 9. Juni 2011 durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Meier-Beck, die Richter Gröning, Dr. Grabinski und Hoffmann sowie
die Richterin Schuster

für Recht erkannt:
Die Revision des Beklagten gegen das am 28. Oktober 2010 verkündete Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin macht aufgewendete Rechtsanwaltskosten als Schadensersatz geltend, nachdem ein vom Beklagten durchgeführtes Vergabeverfahren, an dem sie sich beteiligt hatte, wegen Verwendung vergaberechtswidriger Wertungskriterien aufgehoben wurde.
2
Der Beklagte schrieb im offenen Verfahren Rettungsdienstleistungen für den Zeitraum von Anfang Juli 2009 bis Ende Juni 2015 losweise aus. Der Zuschlag sollte auf das wirtschaftlich günstigste Angebot erteilt werden. Die Vergabeunterlagen sahen folgende Wirtschaftlichkeitskriterien mit jeweils zugeordneter Gewichtung vor: 1. Preis. Gewichtung 40 2. Mitarbeit bei Großschadenslagen und Massenanfall von Verletzten. Gewichtung 35 3. Erfahrung im Rettungsdienst. Gewichtung 10 4. Qualitätsmanagement. Gewichtung 5 5. Qualifikation des Personals. Gewichtung 5 6. Arbeitszeit des Personals. Gewichtung 5
3
Nachdem die Klägerin die Vergabeunterlagen angefordert hatte, übermittelte sie diese ihrem jetzigen Prozessbevollmächtigten mit der Bitte um Überprüfung (Schreiben vom 7. Juli 2008). Durch sein Schreiben vom 10. Juli 2008 rügte die Klägerin, in dem Bewertungsschema für die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit würden vergaberechtswidrig Eignungs- und Wirtschaftlichkeitskriterien miteinander vermischt. Ihren kurz darauf gestellten (ersten) Nachprüfungsantrag nahm die Klägerin zurück, nachdem die Vergabekammer ihn als unzulässig eingeschätzt hatte. Nach Ablauf der Angebotsfrist reichte die Klägerin ein Angebot für ein Los des ausgeschriebenen Auftrags ein und stellte erneut einen Nachprüfungsantrag, der in der Beschwerdeinstanz Erfolg hatte. Der Vergabesenat des Oberlandesgerichts Naumburg sprach in seinem Beschluss vom 3. September 2009 (VergabeR 2009, 933) aus, dass der inzwischen mit einem anderen Anbieter geschlossene Vertrag über die ausgeschriebenen Leistungen nichtig sei, und verpflichtete den Beklagten, das Vergabeverfahren aufzuheben. Diese Maßnahmen begründete der Vergabesenat im Wesentlichen mit einem Verstoß gegen die vergaberechtlich gebotene Trennung von Eignungs - und Wirtschaftlichkeitskriterien. Zumindest die Zuschlagskriterien zu Nr. 2, 3, 5 und 6 seien bieterbezogen, das Kriterium zu Nummer 4 sei intransparent , die Auswahl des günstigsten Angebots hänge somit zu mindestens 55 % nicht von dessen Inhalt, sondern von der Person des Bieters ab. Den Kos- tenstreitwert des Nachprüfungsverfahrens setzte das Oberlandesgericht auf bis zu 800.000 € fest.
4
Nach Aufhebung des Vergabeverfahrens verlangte die Klägerin vom Beklagten die Erstattung einer 2,3-fachen Gebühren nach Nr. 2300 VV-RVG (10.687,15 €) für die Beauftragung ihres Prozessbevollmächtigten mit der Überprüfung der Vergabeunterlagen vor Einleitung des ersten Nachprüfungsverfahrens. Nachdem der Beklagte die Zahlung ablehnte, hat die Klägerin Klage erhoben, mit der sie diese Summe zuzüglich eines Betrags von 962,71 € für die vorprozessuale Geltendmachung dieses Schadensersatzanspruchs (beide Gebühren zuzüglich Umsatzsteuer) verlangt hat.
5
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht ihr stattgegeben. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


6
Die Revision bleibt in der Sache ohne Erfolg.
7
I. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung sinngemäß wie folgt begründet. Der Klägerin stehe ein Anspruch auf Ersatz des Vertrauensschadens aus dem Gesichtspunkt der culpa in contrahendo zu. Danach könnten einem Bieter Ansprüche auf Erstattung von Kosten zustehen, wenn er sich ohne Vertrauen auf die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens nicht oder nicht wie geschehen daran beteiligt hätte. Nicht schutzwürdig sei ein Bieter lediglich dann, wenn er sich in Kenntnis eines Vergabeverstoßes taktierend am Verfahren beteilige. So verhalte es sich hier aber nicht. Die Klägerin habe sich nicht auf das als vergaberechtswidrig erkannte Vergabeverfahren eingelassen, sondern ein Angebot erst gar nicht und am Ende nur deshalb abgegeben, um den Status eines Bieters zu erhalten und dadurch die vergaberechtliche Antragsbefugnis sicherzustellen. Sie habe aber von vornherein die von ihr als vergaberechtswidrig erkannten Fehler gerügt. Der entsprechende prozessuale Prüfungsauftrag habe somit entgegen der Ansicht des Beklagten nicht der "Torpedierung" des Vergabeverfahrens gedient. Der geltend gemachte Gebührentatbestand sei auch nicht bereits anderweitig kostenrechtlich erfasst. Nach der Kostenentscheidung des Vergabesenats im Nachprüfungsverfahren könne die Klägerin zwar die Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erstattet verlangen. Dass der Prüfungsauftrag vom 7. August 2008 bereits die Vertretung im Nachprüfungsverfahren umfasst habe, sei aber weder dessen Wortlaut zu entnehmen noch naheliegend. Eine Verbindung mit anderen Gebührentatbeständen lasse sich somit nicht feststellen.
8
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe sind nicht begründet.
9
1. Der Klägerin steht dem Grunde nach ein Schadensersatzanspruch aus § 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 Nr. 1 und § 280 Abs. 1 BGB zu.
10
a) Der Vergabesenat des Oberlandesgerichts Naumburg hat im Nachprüfungsverfahren rechtskräftig entschieden, dass die Beklagte vergaberechtswidrige Wertungskriterien für die Zuschlagsentscheidung vorgesehen hatte. Diese Beurteilung ist für die ordentlichen Gerichte im Schadensersatzprozess bindend (§ 124 Abs. 1 GWB). Infolge der festgestellten Vergaberechtsverstöße musste das Vergabeverfahren aufgehoben werden. Die Aufhebung aus einem solchen Grund ist von der einschlägigen Vergabe- und Vertragsordnung nicht vorgese- hen (vgl. § 26 Nr. 1 und 2 VOL/A 2006, § 17 Abs. 1 VOL/A 2009) und deshalb nicht von vornherein sanktionsfrei.
11
b) Mit der Aufstellung von Wertungskriterien, die eine vergaberechtskonforme Angebotswertung nicht zuließen und die deshalb die Aufhebung des Vergabeverfahrens nach sich ziehen musste, hat der Beklagte gegen seine Pflichten aus § 241 Abs. 2 BGB verstoßen. Danach kann ein Schuldverhältnis einen Teil zur Rücksichtnahme auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten. Ein solches Schuldverhältnis entsteht auch durch Aufnahme von Vertragsverhandlungen (§ 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB), und darum handelt es sich - in je nach Verfahrensart mehr oder minder stark formalisierter Form - bei der Durchführung eines Verfahrens zur Vergabe öffentlicher Aufträge. Mit der in der mündlichen Verhandlung weiter verfochtenen Ansicht, zur Klägerin habe ein solches vorvertragliches Schuldverhältnis nicht bestanden, weil dieser nur an der Unterminierung des Vergabeverfahrens gelegen gewesen sei, unternimmt die Revision den ihr verschlossenen Versuch, die Sachverhaltswürdigung des Berufungsgerichts durch die eigene zu ersetzen.
12
c) Werden die auf diese Weise formalisierten Vertragsverhandlungen auf der Grundlage der vom Auftraggeber ausgearbeiteten und den Bietern zur Teilnahme überlassenen Vergabeunterlagen geführt, wie es für das Vergabeverfahren typisch ist, trifft den öffentlichen Auftraggeber aus § 241 Abs. 2 BGB die Verpflichtung, diese Unterlagen vergaberechtskonform so auszuarbeiten, dass keine Wirtschaftlichkeitskriterien aufgestellt werden, die eine ordnungsgemäße Wertung der Angebote nicht zulassen und deshalb bei Beanstandung eine Aufhebung des Vergabeverfahrens unausweichlich machen. Durch die Aufhebung wird der je nach Auftragsgegenstand unter Umständen ganz beträchtliche Ausschreibungsaufwand der Bieter zunichte gemacht anstatt, seinem eigentlichen Zweck entsprechend, für den Wettbewerb um den ausgeschriebenen Auftrag eingesetzt zu werden. Die Bieter und Bewerber haben aber - in den Grenzen der von den Vergabe- und Vertragsordnungen anerkannten Tatbestände - ein von § 241 Abs. 2 BGB geschütztes Interesse daran, dass der öffentliche Auftraggeber das Verfahren so anlegt und durchführt, dass die genannten Aufwendungen der Bieter dem Wettbewerbszweck entsprechend tatsächlich verwendet werden können.
13
d) Infolge seines Verstoßes gegen die ihn treffenden Rücksichtnahmepflichten ist der Beklagte verpflichtet, der Klägerin den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen (§ 280 Abs. 1 Satz 1 BGB). Diese Verpflichtung trifft den Schuldner im Allgemeinen nur dann nicht, wenn er die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. Dazu haben die Instanzgerichte keine Feststellungen getroffen und die Revision macht nicht geltend, dass insoweit erheblicher Vortrag des Beklagten unberücksichtigt geblieben wäre. Daher bedarf an dieser Stelle die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union keiner Erörterung, wonach die Richtlinie 89/665/EWG des Rates vom 21. Dezember 1989 in der durch die Richtlinie 92/50/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 geänderten Fassung dahin auszulegen ist, dass sie einer nationalen Regelung entgegensteht, die den Schadensersatzanspruch wegen Verstoßes eines öffentlichen Auftraggebers gegen Vergaberecht von der Schuldhaftigkeit des Verstoßes abhängig macht (EuGH, VergabeR 2011, 71).
14
e) Nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats setzt der aus Verschulden bei Vertragsanbahnung hergeleitete Schadensersatzanspruch ein zusätzliches Vertrauenselement aufseiten des Schadensersatz verlangenden Bieters voraus (vgl. etwa BGH, Urteil vom 8. September 1998 - X ZR 99/96, BGHZ 139, 280, 283). Schadensersatz nach Aufhebung eines Vergabeverfahrens, für die, wie hier, kein vergaberechtlich anerkannter Grund (§ 17 VOL/A 2009, § 20 VOL/A-EG 2009, § 17 VOB/A 2009) vorlag, konnte ein Bieter nur dann verlangen , wenn er sich ohne Vertrauen auf die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens daran entweder gar nicht oder nicht so wie geschehen beteiligt hätte (vgl. BGH, Urteil vom 27. November 2007 - X ZR 18/07, VergabeR 2008, 219 Rn. 39). Diese Rechtsprechung knüpfte daran an, dass die auf die gewohnheitsrechtlich anerkannte Rechtsfigur der culpa in contrahendo gestützte Haftung im Allgemeinen die Gewährung von in Anspruch genommenem Vertrauen voraussetzte (vgl. Palandt/Heinrichs, 61. Aufl., § 276 BGB aF Rn. 65 f.). An dem tatbestandlichen Erfordernis eines solchen zusätzlichen Vertrauenselements hält der Senat für Schadensersatzansprüche, die auf ein vergaberechtliches Fehlverhalten des öffentlichen Auftraggebers vor Vertragsschluss gestützt sind, nicht fest.
15
Der aus § 280 Abs. 1 in Verbindung mit § 241 Abs. 2 und § 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB hergeleitete Schadensersatzanspruch knüpft nach dem Wortlaut der gesetzlichen Regelung an die Verletzung einer aus dem Schuldverhältnis herrührenden Rücksichtnahmepflicht der Beteiligten an. Dafür, dass dem Gläubiger nur dann Schadensersatz zustehen soll, wenn er bei Verletzung einer solchen Rücksichtnahmepflicht zusätzlich gewährtes Vertrauen in Anspruch genommen hat, ist der gesetzlichen Regelung nichts zu entnehmen. Für das Recht der öffentlichen Auftragsvergabe besteht auch kein Bedürfnis dafür, das Vertrauen des Bieters etwa als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal weiter zu fordern. Denn dieses Gebiet ist durch die Besonderheit gekennzeichnet, dass der Ablauf der Vertragsverhandlungen und die dem Auftraggeber dabei auferlegten Verhaltenspflichten eingehend geregelt sind. Oberhalb der gemäß § 2 VgV vorgesehenen Schwellenwerte gelten die Bestimmungen des Vierten Teils des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen, der Vergabeverordnung sowie der Vergabe- und Vertragsordnungen für Bauleistungen und Leistungen und der Vergabeordnung für freiberufliche Leistungen, und für Vergabeverfahren unterhalb dieser Werte sind die Vorschriften der Vergabe- und Vertragsordnungen für Bauleistungen und Leistungen einschlägig, sofern der Auftraggeber - was allgemein üblich ist - ankündigt, die Vergabe auf der Grundlage dieser Vorschriften durchzuführen. Im Geltungsbereich des Vierten Teils des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen, der für das Vergabeverfahren einschlägig ist, auf das sich der Streitfall bezieht, haben die Unternehmen Anspruch darauf, dass der Auftraggeber die Bestimmungen über das Vergabeverfahren einhält (§ 97 Abs. 7 GWB). An die daraus resultierenden Verhaltenspflichten knüpfen die Rücksichtnahmepflichten aus § 241 Abs. 2 BGB an. Der Inanspruchnahme besonderen Vertrauens als eines Tatbestands, an dessen Erfüllung die Haftung wegen Verschuldens bei Vertragsanbahnung überhaupt erst festgemacht werden könnte, bedarf es deshalb nicht. Inwieweit der für Schadensersatzansprüche aus culpa in contrahendo nach altem Recht vorausgesetzte Vertrauenstatbestand für andere Fallgruppen, die im Rahmen dieser Rechtsfigur entwickelt worden sind, weiterhin Bedeutung hat, bedarf im Streitfall keiner Klärung. Entsprechendes gilt nach den Umständen des Streitfalls auch für die Frage, unter welchen Voraussetzungen sich der klagende Bieter ein Mitverschulden (§ 254 BGB) entgegenhalten lassen muss.
16
f) Dass die Klägerin den ausgeschriebenen Auftrag nicht hätte erhalten können, weil sie nicht innerhalb der Angebotsfrist ein Angebot eingereicht hat, steht ihrem Anspruch auf Schadensersatz nicht entgegen. Nach der Rechtsprechung des Senats kommt gerade auch in Fällen der ungerechtfertigten Aufhebung des Vergabeverfahrens eine Ausnahme von dem Grundsatz in Betracht, dass nicht nur der auf das Erfüllungsinteresse, sondern auch der auf das negative Interesse gerichtete Schadensersatzanspruch nur dem Bieter zusteht, der bei regulärem Verlauf des Vergabeverfahrens den Zuschlag hätte erteilt bekommen müssen (BGH, VergabeR 2008, 219 Rn. 37 f.; vgl. insoweit auch Scharen in Kompaktkommentar Vergaberecht, 13. Los Rdn. 54).
17
g) Die Gebührenforderung, die durch den von der Klägerin erteilten Auftrag zur Prüfung der Vergabeunterlagen und der Rüge ihrer Vergaberechtswidrigkeit gegenüber dem Beklagten ausgelöst worden ist, ist nach dem Schutzzweck der einschlägigen Norm (§ 241 Abs. 2 BGB) als Schaden erstattungsfähig. Mit den sich daraus für den öffentlichen Auftraggeber ergebenden Rücksichtnahmepflichten ist es, wie ausgeführt (oben II 1 b) unvereinbar, in die Wirtschaftlichkeitsprüfung Eignungskriterien einfließen zu lassen (BGH, Urteil vom 8. September 1998 - X ZR 99/96, BGHZ 139, 280, 283; Urteil vom 15. April 2008 - X ZR 129/06, VergabeR 2008, 641 - Sporthallenbau). Zieht der mit solchen Wertungskriterien konfrontierte Bieter deshalb einen Rechtsanwalt zurate, sind die aus dessen Beauftragung resultierenden Kosten ein durch den Pflichtenverstoß adäquat kausal herbeigeführter Schaden. Dafür ist unerheblich, dass der Bieter sich der Vergaberechtswidrigkeit der Vergabeunterlagen bei Beauftragung des Rechtsanwalts regelmäßig nicht sicher sein wird, sondern diesbezüglich erfahrungsgemäß allenfalls Zweifel hegen wird. Entscheidend ist, dass er aufgrund der objektiv gegebenen Vergaberechtswidrigkeit der Vergabeunterlagen Anlass hat, anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen.
18
h) Der Anspruch setzt im Streitfall nach dem der Regelung in § 286 Abs. 2 Nr. 4 BGB zugrunde liegenden Rechtsgedanken keine Mahnung des Gläubigers voraus. Vorvertragliche Rücksichtnahmepflichten, wie sie hier in Rede stehen, sind aus in der Natur der Sache liegenden Gründen sofort zu erfüllen. Jedenfalls dann, wenn die Frage, ob die Verletzung einer Rücksichtnahmepflicht vorliegt, nur aufgrund vertiefter Kenntnisse auf dem Gebiet des Vergaberechts beantwortet werden kann, ist es, auch mit Blick auf die regelmäßig engen zeitlichen Dispositionsmöglichkeiten im laufenden Vergabeverfahren, nicht interessengerecht, den am Auftrag interessierten Unternehmen abzuverlangen , den vermeintlichen Mangel zunächst selbst gegenüber dem Auftraggeber zu rügen, bevor sie einen Rechtsanwalt in erstattungsfähiger Weise mit der weiteren Wahrnehmung ihrer Interessen beauftragen können. Ob das Gleiche in allen denkbaren Fallgestaltungen, insbesondere auch bei Verstößen gilt, die im Sinne von § 107 Abs. 3 Nr. 2 und 3 GWB erkennbar (vgl. dazu etwa MünchKomm.BeihVgR /Jaeger, § 107 Rn. 54) sind, ist hier nicht zu entscheiden.
19
i) Der Beklagte kann sich gegenüber der Gebührenersatzforderung nicht mit Erfolg darauf berufen, die fraglichen Kosten wären der Klägerin auch entstanden , wenn er, der Beklagte, sich vergaberechtskonform verhalten hätte. Auf den darin zu sehenden Einwand, der geltend gemachte Schaden wäre auch bei rechtmäßigem Verhalten des Schädigers entstanden, kann dieser sich ausnahmsweise dann nicht berufen, wenn dies mit dem Schutzzweck der verletzten Norm nicht vereinbar wäre (BGH, Urteil vom 24. Oktober 1986 - IX ZR 91/84, BGHZ 96, 157 ff.). So verhält es sich hier. Dem hier durchgeführten Vergabeverfahren, bei dem ein vergaberechtswidriges Wertungsschema verwendet worden ist, kann nicht im Wege einer fiktiven Alternativbetrachtung ein solches mit vergaberechtlich unbedenklichen Wertungskriterien gegenübergestellt und die hypothetische Prüfung daran angeschlossen werden, ob die Klägerin auch in einem solchen als korrekt fingierten Fall ihren Prozessbevollmächtigten mit der Prüfung der Vergabeunterlagen beauftragt hätte. Der Schutz des § 241 Abs. 2 BGB greift schon dann ein, wenn die Vergabeunterlagen, wie hier, in der Weise fehlerhaft sind, dass eine vergaberechtskonforme Angebotswertung nicht mehr möglich ist. Im Übrigen hat das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen, aufgrund deren die Haftung des Beklagten unter dem Gesichtspunkt des rechtmäßigen Alternativverhaltens fraglich erscheinen könnte , und die Revision zeigt nicht auf, dass das Berufungsgericht insoweit konkreten Vortrag des Beklagten, der nach allgemeinen Grundsätzen die Darlegungsund Beweislast für den Einwand rechtmäßigen Alternativverhaltens trägt (vgl. BGH, Urteil vom 15. März 2005 - VI ZR 313/03, NJW 2005, 1718), übergangen hätte.
20
2. a) Ohne Erfolg wendet die Revision sich dagegen, dass das Berufungsgericht die Berechnung der geltend gemachten Gebühr nach einem Wert von 800.000 € gebilligt hat. Nach den Ausführungen des Berufungsgerichts, denen die Revision nicht entgegentritt, entspricht dieser Betrag dem für Beschwerdeverfahren nach § 116 GWB gesetzlich vorgegebenen Streitwert von 5 % der Bruttoauftragssumme (§ 50 Abs. 2 GKG). Diesem Streitwert entspricht der Gegenstandswert für die anwaltliche Vertretung des Bieters im erstinstanzlichen Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer (vgl. Kulartz/Kus/Portz Komm. zum GWB-Vergaberecht, 2. Aufl., § 128 Rn. 41; Hardraht in Kompaktkommentar Vergaberecht, 14. Los § 50 Abs. 2 GKG Rn. 2). Da der Bieter das Vergabeverfahren mit einer gegenüber dem Auftraggeber nach § 107 Abs. 3 GWB erhobenen Rüge im Interesse seiner Chance auf den Auftrag in gleicher Weise in korrekte Bahnen lenken will, wie mit einem Nachprüfungsantrag nach § 107 Abs. 1 GWB, begegnet es keinen rechtlichen Bedenken, diesen Wert auch für die Gebühr nach Nr. 2300 VV-RVG heranzuziehen.
21
b) Dass das Berufungsgericht die Erstattung einer 2,3-fachen Gebühr nach Nr. 2300 VV-RVG zugesprochen hat, greift die Revision nicht mit stichhaltigen Rügen an. Dass die außergerichtliche Tätigkeit schon am 16. Juli 2008 endete, muss nicht auf einen spürbar geringen Umfang oder Schwierigkeitsgrad der Sache hindeuten. Das gesamte Vergabeverfahren ist vom vergaberechtli- chen Beschleunigungsgrundsatz beherrscht, der den Bietern unter anderem auferlegt, erkannte Vergabeverstöße unverzüglich zu rügen (§ 107 Abs. 3 GWB) und der es dem für den Bieter tätigen Rechtsanwalt nahelegt, den ihm unterbreiteten Sachverhalt, zu dem häufig umfangreiche Vergabeunterlagen gehören, rasch auf Vergabeverstöße hin zu prüfen und Rügen gegebenenfalls umgehend zu erheben, insbesondere auch dann, wenn, was hier ersichtlich der Fall war, der Ablauf der Angebotsfrist bevorstand.
22
Ob es, wie das Berufungsgericht meint, regelmäßig angemessen ist, in Vergabeverfahren eine überdurchschnittliche Schwierigkeit für die anwaltliche Tätigkeit anzunehmen, die regelmäßig eine deutliche höhere Gebühr als die Mittelgebühr rechtfertigt, kann allerdings in dieser Pauschalität zweifelhaft sein. Es kann insoweit nicht unberücksichtigt bleiben, dass auch vergaberechtliche Streitigkeiten in der Gesamtschau hinsichtlich ihres Umfangs und Schwierigkeitsgrads ganz unterschiedlich gelagert sind und es nicht angemessen erscheint , diesen Fällen pauschal einen Schwierigkeitsgrad beizumessen, dem regelmäßig eine Gebühr im oberen oder obersten Bereich der einschlägigen Rahmengebühr zu entsprechen hat. Das gilt umso mehr, als das Angebot anwaltlicher Dienstleistungen in inzwischen fast allen Lebensbereichen und Rechtsmaterien durch eine Spezialisierung gekennzeichnet ist, die im eigenen wettbewerblichen Interesse erfolgt und die deshalb berechtigterweise bei der Bewertung des Schwierigkeitsgrads nicht ganz außer Betracht bleiben kann. Zweifelhaft kann ferner sein, den Aufwand bei der Vertretung im Vergabeverfahren generell auch daran zu messen, welche Probleme sich im anschließenden Nachprüfungsverfahren ergeben haben, weil die Auseinandersetzung hinsichtlich des Umfangs und Schwierigkeitsgrads dynamisch verlaufen sein kann. Dass das Berufungsgericht im Streitfall diesbezügliches oder in die gleiche Richtung weisendes Vorbringen des Beklagten übergangen hätte, zeigt die Revision indes nicht auf.
23
c) Soweit die Revision die Versäumung der Anrechnung dieser Gebühr nach Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV-RVG beanstandet, ist nicht die im anschließenden Nachprüfungsverfahren entstandene Gebühr auf die Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV-RVG anzurechnen, sondern, nach dem eindeutigen Wortlaut von Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV-RVG, die Geschäftsgebühr auf die später entstandene (vgl. hierzu auch BGH, Beschluss vom 23. September 2008 - X ZB 19/07, VergabeR 2009, 39 - Geschäftsgebühr im Nachprüfungsverfahren ). Dass die Zuerkennung der 2,3-fachen Gebühr für die Vertretung im Vergabeverfahren mit Blick auf die Kostenerstattung im (zweiten) Nachprüfungsverfahren zu einer Überzahlung geführt hat (vgl. dazu BGH, Urteil vom 22. März 2011 - VI ZR 63/10), macht die Revision nicht geltend.
24
3. Ohne Erfolg wendet die Revision sich dagegen, dass das Berufungsgericht der Klägerin auch die auf die Gebühren entfallende Umsatzsteuer zuerkannt hat. Ausweislich des vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Tatbestands des landgerichtlichen Urteils hat die Klägerin beide klageweise geltend gemachten Gebühren einschließlich der darauf entfallenden Umsatzsteuer verlangt. Streitiges Vorbringen dokumentieren weder die Entscheidung des Landgerichts noch das Berufungsurteil. Das entspricht, wie die Revisionserwiderung aufzeigt, dem Sach- und Streitstand schon bei Beendigung der ersten Instanz, nachdem die Klägerin dort nämlich erklärt hatte, sie sei nach dem Gegenstand der von ihr erbrachten Leistungen gemäß § 4 Nr. 17b UStG nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt. Das Berufungsgericht hat demgegenüber keinen Sachverhalt festgestellt, aus dem sich die Vorsteuerabzugsberechtigung der Klägerin ergäbe. Dass das Berufungsgericht hierzu Vortrag des Beklagten übergangen hätte, macht die Revision ebenfalls nicht geltend.
25
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Meier-Beck Gröning Grabinski
Hoffmann Schuster
Vorinstanzen:
LG Magdeburg, Entscheidung vom 02.06.2010 - 36 O 25/10 -
OLG Naumburg, Entscheidung vom 28.10.2010 - 1 U 52/10 (Hs) -

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Kraft des Schuldverhältnisses ist der Gläubiger berechtigt, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern. Die Leistung kann auch in einem Unterlassen bestehen.

(2) Das Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten.

(1) Erscheinen der Preis oder die Kosten eines Angebots im Verhältnis zu der zu erbringenden Leistung ungewöhnlich niedrig, verlangt der öffentliche Auftraggeber vom Bieter Aufklärung.

(2) Der öffentliche Auftraggeber prüft die Zusammensetzung des Angebots und berücksichtigt die übermittelten Unterlagen. Die Prüfung kann insbesondere betreffen:

1.
die Wirtschaftlichkeit des Fertigungsverfahrens einer Lieferleistung oder der Erbringung der Dienstleistung,
2.
die gewählten technischen Lösungen oder die außergewöhnlich günstigen Bedingungen, über die das Unternehmen bei der Lieferung der Waren oder bei der Erbringung der Dienstleistung verfügt,
3.
die Besonderheiten der angebotenen Liefer- oder Dienstleistung,
4.
die Einhaltung der Verpflichtungen nach § 128 Absatz 1 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen, insbesondere der für das Unternehmen geltenden umwelt-, sozial- und arbeitsrechtlichen Vorschriften, oder
5.
die etwaige Gewährung einer staatlichen Beihilfe an das Unternehmen.

(3) Kann der öffentliche Auftraggeber nach der Prüfung gemäß den Absätzen 1 und 2 die geringe Höhe des angebotenen Preises oder der angebotenen Kosten nicht zufriedenstellend aufklären, darf er den Zuschlag auf dieses Angebot ablehnen. Der öffentliche Auftraggeber lehnt das Angebot ab, wenn er festgestellt hat, dass der Preis oder die Kosten des Angebots ungewöhnlich niedrig sind, weil Verpflichtungen nach Absatz 2 Satz 2 Nummer 4 nicht eingehalten werden.

(4) Stellt der öffentliche Auftraggeber fest, dass ein Angebot ungewöhnlich niedrig ist, weil der Bieter eine staatliche Beihilfe erhalten hat, so lehnt der öffentliche Auftraggeber das Angebot ab, wenn der Bieter nicht fristgemäß nachweisen kann, dass die staatliche Beihilfe rechtmäßig gewährt wurde. Der öffentliche Auftraggeber teilt die Ablehnung der Europäischen Kommission mit.

(1) Unternehmen haben bei der Ausführung des öffentlichen Auftrags alle für sie geltenden rechtlichen Verpflichtungen einzuhalten, insbesondere Steuern, Abgaben und Beiträge zur Sozialversicherung zu entrichten, die arbeitsschutzrechtlichen Regelungen einzuhalten und den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern wenigstens diejenigen Mindestarbeitsbedingungen einschließlich des Mindestentgelts zu gewähren, die nach dem Mindestlohngesetz, einem nach dem Tarifvertragsgesetz mit den Wirkungen des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes für allgemein verbindlich erklärten Tarifvertrag oder einer nach § 7, § 7a oder § 11 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes oder einer nach § 3a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes erlassenen Rechtsverordnung für die betreffende Leistung verbindlich vorgegeben werden.

(2) Öffentliche Auftraggeber können darüber hinaus besondere Bedingungen für die Ausführung eines Auftrags (Ausführungsbedingungen) festlegen, sofern diese mit dem Auftragsgegenstand entsprechend § 127 Absatz 3 in Verbindung stehen. Die Ausführungsbedingungen müssen sich aus der Auftragsbekanntmachung oder den Vergabeunterlagen ergeben. Sie können insbesondere wirtschaftliche, innovationsbezogene, umweltbezogene, soziale oder beschäftigungspolitische Belange oder den Schutz der Vertraulichkeit von Informationen umfassen.

Ergibt die Begründung des Berufungsurteils zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.

(1) Kraft des Schuldverhältnisses ist der Gläubiger berechtigt, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern. Die Leistung kann auch in einem Unterlassen bestehen.

(2) Das Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)