Bundesgerichtshof Urteil, 30. Nov. 2004 - X ZR 109/02

bei uns veröffentlicht am30.11.2004

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 109/02 Verkündet am:
30. November 2004
Wermes
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGB §§ 157 D, Gh, 242 A, Ba
Das von einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung als Subunternehmerin
eines Reinigungsvertrages zugunsten des Hauptauftragnehmers vereinbarte
Wettbewerbsverbot hinsichtlich der Kunden, auf die sich das Subunternehmerverhältnis
bezieht, ist eine wesentliche Vertragsbestimmung. Es bindet auch
den Alleingesellschafter und Geschäftsführer persönlich, der es für die GmbH
vereinbart hat und allein deren gewerbliches Handeln bestimmt (Fortführung
von BGH, Urt. v. 09.11.1973, I ZR 83/72, BB 1974, 482, 483).
BGH, Urt. v. 30. November 2004 - X ZR 109/02 - OLG München
LG Landshut
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 30. November 2004 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis,
die Richter Scharen, Keukenschrijver, die Richterin Ambrosius und den Richter
Dr. Kirchhoff

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das am 17. Oktober 2001 verkündete Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München aufgehoben.
Die Berufung des Klägers gegen das am 10. April 2001 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Landshut wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt auch die weiteren Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger macht aus abgetretenem Recht Werklohnansprüche der S. GmbH Gebäudereinigung geltend. Die Beklagte rechnet demgegenüber mit einem Anspruch wegen Verletzung eines vertraglichen Wettbewerbsverbots auf, dem der Kläger entgegentritt.
Die Beklagte, ein Gebäudereinigungsunternehmen, hatte bis zum 1. März 2000 für die Gesamtdauer von elf Jahren einen umfassenden Reinigungsvertrag mit der B. GmbH + Co. KG (im folgenden: B. ). Am 26. September 1995 schloß sie mit der S. GmbH Gebäudereinigung einen Subunternehmervertrag, in dem sich letztere zur Durchführung von Reinigungsarbeiten bei B. verpflichtete. Der Kläger war Geschäftsführer und Alleingesellschafter der S. GmbH Gebäudereinigung.
§ 12 des Subunternehmervertrags enthält folgende Regelung:
"Der Subunternehmer ist verpflichtet, bei Kunden des Generalunternehmers keine Werbung für eigene Zwecke zu betreiben, insbesondere auch keine eigenen Verträge mit Kunden des Generalunternehmers abzuschließen.
Wettbewerbsverbot
1. Die Auftragnehmerin darf während der Zeit des Bestehens des Auftragsverhältnisses und für die Dauer von zwei Jahren nach
Beendigung des Vertragsverhältnisses keine eigenen Verträge mit Kunden der Auftragnehmerin sowie des Generalunternehmers abschließen.
2. Die Auftragnehmerin verpflichtet sich, dem Generalunternehmer im Fall des Verstoßes gegen Ziff. 1. 30 % des Umsatzes aus den verbotswidrigen übernommenen Arbeiten zu vergüten."
Die Beklagte und die S. GmbH Gebäudereinigung schlossen außerdem am 1. Oktober 1995 einen Grundvertrag, der in § 13 zunächst eine gleichlautende Vereinbarung enthält. Im Anschluß daran finden sich dort noch folgende Bestimmungen:
"3. Die Auftragnehmerin verpflichtet sich ferner, während der Zeit des Bestehens des Vertragsverhältnisses sowie der Dauer von zwei Jahren nach Beendigung des Vertragsverhältnisses nicht in Wettbewerb zu dem Generalunternehmer zu treten.
4. Der Generalunternehmer verpflichtet sich, der Auftragnehmerin für die Dauer des Wettbewerbsverbots insgesamt einen Pauschalbetrag in Höhe von 3.000,-- DM zu zahlen.
Sollte die Auftragnehmerin gegen dieses Wettbewerbsverbot verstoßen , so bleibt es dem Generalunternehmer unbenommen, Schadensersatzansprüche geltend zu machen."
B. kündigte die Reinigungsverträge alle zwei Jahre, damit die Vertragsbedingungen neu ausgehandelt werden konnten. Erstmals im Herbst 1997 trat Dr. P. , der Werksleiter von B. , an den Kläger heran, um den von der Beklagten auf die Subunternehmerleistung der S. GmbH Gebäudereinigung berechneten Aufschlag einzusparen. Er schlug dem Kläger deshalb vor, den Reinigungsvertrag künftig direkt mit dessen Unternehmen abzuschließen, mit dessen Leistungen er zufrieden war. Der Kläger lehnte dies zunächst unter Hinweis auf das vertragliche Wettbewerbsverbot ab. Vor der nächsten Kündigung des Reinigungsvertrags zwischen B. und der Beklagten am 21. September 1999 forderte Dr. P. den Kläger auf, "sich etwas einfallen zu lassen". Daraufhin erhielt B. noch im Jahre 1999 ein Angebot über die Reinigungsarbeiten von einer Firma S. R. GmbH. Es handelt sich dabei um eine mit Hilfe des Klägers gegründete Gesellschaft seiner Ehefrau , I. S. , die auch deren Geschäftsführerin ist. Mit Vertrag vom 22. Dezember 1999 wurde der Reinigungsauftrag von B. ab dem 1. März 2000 an die S. R. GmbH vergeben. Maßgeblich für die Auftragserteilung war, daß sich B. weiterhin die Arbeit des Unternehmens des Klägers zu einem günstigeren Preis sichern wollte. Der Kläger blieb im Rahmen des Auftrags für B. weiterhin als "Vorarbeiter" und Ansprechpartner tätig.
In engem zeitlichen Zusammenhang zu dem Vertragsabschluß mit der S. R. GmbH verkaufte der Kläger die Geschäftsanteile der S. GmbH Gebäudereinigung für 1,-- DM an Frau O. M. . Diese Gesellschaft wurde daraufhin durch Beschluß der Gesellschafterversammlung vom 13. Januar 2000 in M. GmbH Gebäudereinigung umbenannt, wobei der Sitz von H. nach A. verlegt wurde.

In den Monaten Dezember 1999, Januar und Februar 2000 erbrachte die S. (bzw. M. ) GmbH Gebäudereinigung Reinigungsarbeiten bei B. , die sie der Beklagten mit insgesamt 124.326,56 DM in Rechnung stellte. Die einzelnen Beträge sind nicht streitig.
Am 8. März 2000 trat die S. (bzw. M. ) GmbH Gebäudereinigung ihre gesamten gegenüber der Beklagten bestehenden Forderungen an den Kläger ab. Die Abtretungserklärung wurde der Beklagten am 29. März 2000 mit Zahlungsaufforderung übersandt. Zahlung erfolgte nicht.
Zum Zeitpunkt der Übernahme des Reinigungsauftrags durch die S. R. GmbH lag das Auftragsvolumen des Reinigungsvertrags mit B. zwischen 600.000,-- DM und 800.000,-- DM jährlich.
Das Landgericht hatte der Klage auf Zahlung von 124.326,56 DM nebst Zinsen zunächst stattgegeben. Dieses Urteil wurde auf Berufung der Beklagten aufgehoben. Im Anschluß an die Zurückverweisung des Rechtsstreits und eine umfangreiche Beweiserhebung hat das Landgericht sodann die Klage abgewiesen. Auf die dagegen gerichtete Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht auch das zweite Urteil des Landgerichts aufgehoben und die Beklagte nunmehr antragsgemäß verurteilt. Hiergegen richtet sich die Revision der Beklagten. Der Kläger tritt dem Rechtsmittel entgegen.

Entscheidungsgründe:



Die Revision hat Erfolg. Der Klageanspruch ist durch Aufrechnung erloschen. Der Beklagten stand gegen den Kläger persönlich ein Anspruch wegen Verletzung des Wettbewerbsverbots zu, dessen Höhe die Klageforderung jedenfalls erreichte.
Der S. GmbH Gebäudereinigung war es während des Bestehens des Auftragsverhältnisses mit der Beklagten und für die Dauer von zwei Jahren nach dessen Beendigung wirksam verboten, unmittelbar einen Reinigungsvertrag mit B. abzuschließen. Als Alleingesellschafter und Geschäftsführer war der Kläger gemäß § 242 BGB persönlich verpflichtet, alle Handlungen zu unterlassen, die darauf gerichtet waren, die Erfüllung des von seiner Gesellschaft mit der Beklagten abgeschlossenen Vertrags in einem wesentlichen Punkt zu vereiteln (BGH, Urt. v. 09.11.1973 - I ZR 83/72, BB 1974, 482, 483).
I. Das Berufungsgericht hat das umfassende Wettbewerbsverbot in § 13 Abs. 3 des mit der S. GmbH Gebäudereinigung geschlossenen Grundvertrags für nichtig gehalten (§ 138 Abs. 1 BGB), weil es zwar zeitlich und gegenständlich , nicht aber räumlich beschränkt sei und damit der Subunternehmerin in existenzbedrohender Weise untersage, ihre berufliche Tätigkeit auszuüben. Das entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 138 Abs. 1 BGB (vgl. u.a. BGH, Urt. v. 08.03.2000 - II ZR 308/98, NJW 2000, 2584 f.; Urt. v. 12.05.1998 - KZR 18/97, BB 1998, 1554 ff.).
1. Nach Ansicht des Berufungsgerichts hätten die Vertragsparteien den Grundvertrag auch ohne dessen nichtigen § 13 Abs. 3 abgeschlossen. Auch das ist im Ergebnis zutreffend. Die in § 15 Abs. 2 des Grundvertrags enthaltene
salvatorische Erhaltensklausel führt zwar nicht unter allen Umständen dazu, daß der Vertrag im übrigen wirksam ist. Allerdings bewirkt sie eine von § 139 BGB abweichende Zuweisung der Darlegungs- und Beweislast, die denjenigen trifft, der entgegen der Erhaltensklausel den Vertrag als Ganzes für unwirksam hält (vgl. zuletzt BGH, Urt. v. 24.09.2002 - KZR 10/01, NJW 2003, 347). In Subunternehmerverträgen ist es selbstverständliche Nebenpflicht des Subunternehmers , daß er den durch den Hauptauftragnehmer herbeigeführten Kontakt zu dem Kunden nicht dazu benutzen darf, anstelle des Hauptauftragnehmers eine eigene Vertragsbeziehung mit dem Kunden zu begründen (BGH, Urt. v. 12.05.1998 - KZR 18/97, BB 1998, 1554, 1555). Es ist deshalb anzunehmen, daß die Parteien auch in Kenntnis der Nichtigkeit des § 13 Abs. 3 Grundvertrag nicht von der Vereinbarung eines Wettbewerbsverbots abgesehen hätten.
2. Das Berufungsgericht hat folglich zu Recht die Wirksamkeit der gleichlautenden Wettbewerbsverbote in § 13 Abs. 1 Grundvertrag und § 12 Abs. 1 Subunternehmervertrag gesondert geprüft. Danach durfte die Auftragnehmerin "während der Zeit des Bestehens des Auftragsverhältnisses und für die Dauer von zwei Jahren nach Beendigung des Vertragsverhältnisses keine eigenen Verträge mit Kunden der Auftragnehmerin sowie des Generalunternehmers abschließen". Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen , daß es der S. GmbH Gebäudereinigung aufgrund dieser Bestimmungen untersagt war, während des Subunternehmerverhältnisses mit der Beklagten sowie für die Dauer von zwei Jahren nach dessen Beendigung einen unmittelbaren Reinigungsvertrag mit B. abzuschließen. Denn mit der Formulierung "mit Kunden des Generalunternehmers sowie des Auftragnehmers" waren bei der nach den §§ 133, 157 BGB gebotenen interessengerechten Auslegung die
gemeinsamen Kunden der Vertragsparteien gemeint, also diejenigen, bei denen das frühere Unternehmen des Klägers, vermittelt durch die Beklagte als Hauptauftragnehmerin, tätig wurde. In dieser Auslegung ist das Wettbewerbsverbot lediglich Ausdruck einer selbstverständlichen vertraglichen Nebenpflicht des Subunternehmers und für die hier vereinbarte Dauer von zwei Jahren nach Beendigung des Subunternehmerverhältnisses unbedenklich.
Ein Subunternehmerverhältnis der hier vorliegenden Art für die Durchführung von Gebäudereinigungsarbeiten ist dadurch gekennzeichnet, daß der Hauptauftragnehmer die Kunden akquiriert, die Durchführung der konkreten Tätigkeiten einschließlich der Vorhaltung des erforderlichen Personals, der Maschinen oder sonstigen Materials aber dem Subunternehmer überläßt. Der ausgewogene Leistungsaustausch des Subunternehmervertrags wird jedoch empfindlich gestört, wenn der Subunternehmer, der bei der Vertragsabwicklung in zwangsläufigen Kontakt mit den Kunden des Hauptunternehmers tritt, an dessen Stelle unmittelbare Vertragsbeziehungen mit diesen Kunden knüpft. Wenn er, ohne im Bereich der Subunternehmertätigkeit eigene Aufwendungen für den Aufbau des Kundenstamms erbracht zu haben, an die Stelle des Generalunternehmers tritt, macht er sich illoyal die Früchte von dessen Bemühungen zunutze (BGH, Urt. v. 12.05.1998, aaO, 1555, 1556).
Kundenschutzklauseln, die einen Subunternehmer von Reinigungsverträgen in zeitlich angemessenem Umfang daran hindern, mit den ihm durch den Hauptauftragnehmer vermittelten Kunden unter Ausschluß des Hauptauftragnehmers in unmittelbare Vertragsbeziehungen zu treten, sind auch ohne Vereinbarung einer Karenzentschädigung wirksam (vgl. BGH, Urt. v. 12.05.1998, aaO).

3. Nach Ansicht des Berufungsgerichts war von den Parteien allerdings auch gewollt, daß die S. GmbH Gebäudereinigung allgemein keine eigenen Verträge mit Kunden der Beklagten abschließen dürfe. In dieser Auslegung ginge das Wettbewerbsverbot zugunsten der Beklagten weiter als bei einem Schutz nur derjenigen Kunden, die sie ihrem Subunternehmer zugeführt hat. Es würde sich auf den gesamten Kundenstamm der Beklagten beziehen. Es kann aber dahinstehen, ob ein solches Verbot, unter der Voraussetzung der Spürbarkeit, zu einem kartellrechtlich unzulässigen Kundenschutz führen oder in seinem gegenständlichen Umfang unangemessen und deshalb gemäß § 138 Abs. 1 BGB nichtig sein könnte. Denn selbst dann bliebe nach § 139 BGB das engere, von den Parteien in jedem Fall gewollte Wettbewerbsverbot wirksam, das für die Dauer seiner Geltung einen unmittelbaren Reinigungsvertrag der S. GmbH Gebäudereinigung mit B. untersagte. Denn dieses engere Wettbewerbsverbot wäre als selbständig abtrennbare, sinnvolle Regelung neben einer weitergehenden, möglicherweise unwirksamen Bestimmung in § 13 Abs. 1 des Grundvertrages (bzw. § 12 Abs. 1 des Subunternehmervertrages) enthalten.
II. Die S. GmbH Gebäudereinigung war daher daran gehindert, während der Zeit des Bestehens des Subunternehmerverhältnisses zu der Beklagten sowie für die Dauer von zwei Jahren nach dessen Beendigung einen unmittelbaren Reinigungsvertrag mit B. abzuschließen.
1. Das Berufungsgericht nimmt an, der Kläger habe bei den ihm vorgehaltenen wettbewerbswidrigen Handlungen nicht als gesetzlicher Vertreter der S. GmbH Gebäudereinigung gehandelt, sondern als rechtsgeschäftlicher
Vertreter seiner Frau. Dies hält sich im Rahmen tatrichterlicher Würdigung und läßt einen Rechtsfehler nicht erkennen.
2. Zu Unrecht geht das Berufungsgericht aber davon aus, daß der Kläger selbst nicht an das vertragliche Wettbewerbsverbot aus dem Subunternehmerverhältnis gebunden gewesen sei, weil er nicht Vertragspartner der Beklagten war. Der Bundesgerichtshof hat für eine Kommanditgesellschaft bereits entschieden, daß der von der Gesellschaft abgeschlossene Vertrag über ein Wettbewerbsverbot auch von den Gesellschaftern zu erfüllen ist (Urt. v. 09.11.1973 - I ZR 83/72, BB 1974, 482, 483). Dies gilt ebenso in einer Konstellation der vorliegenden Art, bei der allein der Kläger als Alleingesellschafter und Geschäftsführer das gewerbliche Handeln seiner dem Wettbewerbsverbot unterliegenden Gesellschaft mit beschränkter Haftung bestimmte. Es entspricht einem dringenden und legitimen, aus Treu und Glauben fließenden Bedürfnis des Hauptauftragnehmers, in einem solchen Fall gerade auch den Alleingesellschafter und Geschäftsführer persönlich an das auf dessen Veranlassung von seiner Gesellschaft eingegangene Wettbewerbsverbot zu binden. Diese persönliche Bindung ergibt sich aufgrund der nach § 157 BGB an Treu und Glauben auszurichtenden Auslegung des Wettbewerbsverbots, unabhängig von dessen engerem Wortlaut.
Es ist daher ein mit § 242 BGB unvereinbares, widersprüchliches Verhalten des Klägers, die Erfüllung des von ihm für seine Gesellschaft abgeschlossenen Subunternehmervertrags in einem wesentlichen Punkt zu verhindern. In einem Subunternehmervertrag über Reinigungsdienstleistungen ist das Wettbewerbsverbot des Subunternehmers, keinen unmittelbaren Vertrag mit dem Kunden abzuschließen, bei dem er nur aufgrund der Vermittlung des
Hauptauftragnehmers tätig wird, eine solche wesentliche Vertragsbestimmung. Damit war das von der S. GmbH Gebäudereinigung eingegangene Wettbewerbsverbot auch durch den Kläger persönlich zu beachten.
Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts, die auf die Ausführungen des Landgerichts Bezug nehmen, steht außer Frage, daß sich der Kläger "etwas hat einfallen lassen", um das Wettbewerbsverbot seiner Gesellschaft zu umgehen. Er hat seine Frau zumindest massiv dabei unterstützt, eine eigene Gesellschaft zu gründen und den Reinigungsvertrag von B. zu akquirieren. Es war auch von Anfang an klar, daß er selbst weiterhin in der Gesellschaft seiner Frau in dem Objekt B. tätig sein würde und nur so die von B. ausdrücklich gewünschte Kontinuität gewährleistet werden konnte. Das Vorschieben eines Angehörigen ist eine anerkannte Fallgruppe der unzulässigen Umgehung eines Wettbewerbsverbots (vgl. BGH, Urt. v. 06.07.1970 - II ZR 18/69, BB 1970, 1374). Die Umgehungsabsicht des Klägers wird ferner durch die Umstände des Verkaufs der S. GmbH Gebäudereinigung an Frau O. M. belegt. Nachdem er den Auftrag von B. für die Gesellschaft seiner Frau akquiriert hatte, löste der Kläger seine Verbindungen zu der dem Wettbewerbsverbot unterliegenden S. GmbH Gebäudereinigung, ohne ihren maßgeblichen Vermögenswert, die Forderungen gegen B. , aus der Hand zu geben. Deshalb wurde die S. GmbH Gebäudereinigung für 1,-- DM an O. M. verkauft, die die streitgegenständlichen Forderungen dann jedoch an den Kläger abtrat.
3. Die aus § 242 BGB folgende persönliche Haftung des Klägers für die Einhaltung des Wettbewerbsverbots der S. GmbH Gebäudereinigung führt dazu, daß er auch für die in § 13 Abs. 2 des Grundvertrags (gleichlautend
§ 12 Abs. 2 des Subunternehmervertrags) vereinbarte Vertragsstrafe persönlich haftet, wenn er seine Verpflichtung verletzt. Genausowenig, wie sich der Kläger persönlich dem Wettbewerbsverbot entziehen kann, kann er der von ihm für die GmbH vereinbarten Vertragsstrafe entgehen. Denn anderenfalls bliebe sein treuwidriges Verhalten sanktionslos.
Die Höhe der Vertragsstrafe steht nicht in Streit. Nach dem Inhalt der Absprache ist sie mit 30 % des Umsatzes der verbotswidrig übernommenen Arbeiten bemessen und übersteigt damit betragsmäßig die Klageforderung. Das Auftragsvolumen des Reinigungsvertrags mitB. lag zum Zeitpunkt der Übernahme dieses Auftrags durch die S. R. GmbH nach den protokollierten Zeugenaussagen zwischen 600.000,-- DM und 800.000,-- DM jährlich. Nach durch die Beklagte erklärter Aufrechnung ist die Klageforderung gemäß § 389 BGB erloschen.
Die Revision führt daher zur Wiederherstellung des zweiten landgerichtlichen Urteils vom 10. April 2001 und zur Abweisung der Klage.
Melullis Scharen Keukenschrijver
Ambrosius Kirchhoff

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 30. Nov. 2004 - X ZR 109/02

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 30. Nov. 2004 - X ZR 109/02

Referenzen - Gesetze

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 133 Auslegung einer Willenserklärung


Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 157 Auslegung von Verträgen


Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
Bundesgerichtshof Urteil, 30. Nov. 2004 - X ZR 109/02 zitiert 8 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 133 Auslegung einer Willenserklärung


Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 157 Auslegung von Verträgen


Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 138 Sittenwidriges Rechtsgeschäft; Wucher


(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig. (2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen W

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 139 Teilnichtigkeit


Ist ein Teil eines Rechtsgeschäfts nichtig, so ist das ganze Rechtsgeschäft nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, dass es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 389 Wirkung der Aufrechnung


Die Aufrechnung bewirkt, dass die Forderungen, soweit sie sich decken, als in dem Zeitpunkt erloschen gelten, in welchem sie zur Aufrechnung geeignet einander gegenübergetreten sind.

Referenzen - Urteile

Bundesgerichtshof Urteil, 30. Nov. 2004 - X ZR 109/02 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Urteil, 30. Nov. 2004 - X ZR 109/02 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 24. Sept. 2002 - KZR 10/01

bei uns veröffentlicht am 24.09.2002

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL KZR 10/01 Verkündet am: 24. September 2002 Walz Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGB § 139 Die

Bundesgerichtshof Urteil, 08. Mai 2000 - II ZR 308/98

bei uns veröffentlicht am 08.05.2000

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL II ZR 308/98 Verkündet am: 8. Mai 2000 Boppel Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGB §

Referenzen

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.

(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 308/98 Verkündet am:
8. Mai 2000
Boppel
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein

a) Scheidet ein Gesellschafter aus einer Freiberuflersozietät gegen Zahlung
einer Abfindung aus, welche auch den Wert des Mandantenstammes abgelten
soll, hat dies mangels abweichender Abreden zur Folge, daß der
ausscheidende Gesellschafter die Mandanten der Sozietät nicht mitnehmen
darf, sondern sie - längstens für zwei Jahre - seinen bisherigen
Partnern belassen muß.

b) Mandantenschutzklauseln, die für den Fall des Ausscheidens eines Gesellschafters
aus einer Freiberuflersozietät vereinbart werden, enthalten
ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot, das räumlich und gegenständlich
hinreichend bestimmt ist. Soweit eine solche Klausel das zeitlich
tolerable Maß von zwei Jahren überschreitet, führt dies nicht zur
Nichtigkeit der Abrede, sondern hat lediglich die zeitliche Begrenzung
des Mandantenschutzes auf längstens zwei Jahre zur Folge.
BGH, Urteil vom 8. Mai 2000 - II ZR 308/98 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 8. Mai 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. h.c. Röhricht und die
Richter Prof. Dr. Henze, Prof. Dr. Goette, Dr. Kurzwelly und die Richterin
Münke

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten und Widerkläger wird das Urteil des 13. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 7. Oktober 1998 aufgehoben. Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der klagende Rechtsanwalt war seit 1992 mit den beiden Beklagten in einer Sozietät verbunden, zu welcher drei Tochter-Steuerberatungsgesellschaften gehörten. Aufgrund eines gerichtlichen Vergleichs steht fest, daß der Kläger zum 31. Dezember 1994 aus der Sozietät ausgeschieden ist. § 9 des Sozietätsvertrages bestimmt über die Auseinandersetzung beim Ausscheiden eines Partners u.a. folgendes:
"1. Der ausgeschiedene Partner erhält als Auseinandersetzungsguthaben den seiner Gewinnbeteiligung {beim Kläger waren dies 9 %} entsprechenden Anteil am Jahresumsatz, zuzüglich des Saldos auf seinem Verrechnungskonto. Maßgeblich ist der Umsatz des letzten Geschäftsjahres der Sozietät; Umsätze von Tochterunternehmen sind entsprechend der Beteiligungsquote der Sozietät einzubeziehen. Damit ist auch sein entsprechender Anteil an den stillen Reserven und am "good will" der Praxis abgegolten. 2. Wird die Praxis beim Ausscheiden eines Partners von keinem der verbleibenden Partner fortgeführt, tritt an die Stelle des Jahresumsatzes i.S.v. Abs. 1 der Verwertungserlös. 3. Das Auseinandersetzungsguthaben ist ... in halbjährlichen Raten auszuzahlen ... ."
Das nach diesen Berechnungsregeln zugunsten des Klägers ermittelte Guthaben beläuft sich auf 181.332,78 DM. Unter Bezugnahme auf § 9 Abs. 3 des Sozietätsvertrages hat der Kläger, der sich zunächst einer höheren Abfindung berühmt hatte, von den Beklagten die Zahlung dieses Betrages nebst Zinsen verlangt. Die Beklagten haben geltend gemacht, ihnen stünden die Abfindungsforderung weit übersteigende Schadenersatzansprüche zu, weil der Kläger unter Verstoß gegen das in § 10 des Partnerschaftsvertrages ("Es besteht grundsätzlich Mandantenschutz für die Sozietät") niedergelegte Verbot Mandanten abgeworben habe und diese in der im Dezember 1994 mit einem anderen Partner gegründeten Steuerberatungs-GmbH unter Einsatz einer früheren Mitarbeiterin einer der drei Tochtergesellschaften der früheren Sozietät betreue. Sie haben deswegen gegenüber der Auseinandersetzungsforderung die Aufrechnung erklärt und mit der Widerklage Zahlung des überschießenden Betrages von 248.536,-- DM nebst Zinsen gefordert.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und der Widerklage in Höhe von 193.726,62 DM entsprochen. Auf die Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht die Widerklage abgewiesen und der Klage stattgegeben.

Entscheidungsgründe:


Die Revision der Beklagten führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


Das Oberlandesgericht hat angenommen, § 10 des Sozietätsvertrages begründe keine Pflichten, deren Verletzung die von den Beklagten erhobenen Schadenersatzansprüche auslösen könnten. § 10 enthalte nämlich, wie sich aus dem Wort "grundsätzlich" und der mangelnden Bestimmtheit der Aussage ergebe, lediglich einen Programmsatz; im übrigen wäre die Klausel aber auch wegen ihrer fehlenden zeitlichen, räumlichen und gegenständlichen Begrenzung nichtig, wenn man ihr Regelungsgehalt beilegen wollte. Dies hält in mehrfacher Hinsicht der revisionsrechtlichen Kontrolle nicht stand.

II.


Das Berufungsgericht mißdeutet das in § 10 des Sozietätsvertrages verwandte Wort "grundsätzlich", verletzt den Grundsatz der beiderseits interessengerechten Auslegung (Sen.Urt. v. 26. Januar 1998 - II ZR 243/96, ZIP 1998, 605, 606 m.w.N.), indem es die genannte Bestimmung isoliert und ohne ihren Zusammenhang mit § 9 des Sozietätsvertrages betrachtet, und wird bei
seiner Hilfserwägung zur Nichtigkeit der Mandantenschutzklausel von einem Fehlverständnis der Bedeutung und Tragweite einer solchen Vereinbarung geleitet.
1. Der Sozietätsvertrag der Parteien enthält in den §§ 9 und 10 aufeinander abgestimmte, der Annahme des Berufungsgerichts, der Mandantenschutz solle keinen rechtsverbindlichen Charakter haben, entgegenstehende Regelungen. Nach § 9 aaO ist das Auseinandersetzungsguthaben eines ausscheidenden Gesellschafters als gewinnproportionaler Anteil am letzten Jahresumsatz der Sozietät einschließlich ihrer Töchter zu ermitteln. Damit erhält der Betroffene - wie in § 9 Abs. 1 Satz 3 aaO ausdrücklich bestimmt wird - zugleich seinen Anteil an den stillen Reserven und am "good will" der Sozietät. Diese Regelung tritt an die Stelle der in früheren Entscheidungen des Senats als angemessene Auseinandersetzung einer Freiberuflersozietät bezeichneten Regelung, daß die Sachwerte geteilt werden und jeder Partner die rechtlich nicht beschränkte Möglichkeit erhält, um Mandanten der bisherigen Praxis zu werben (Sen.Urt. v. 6. Dezember 1993 - II ZR 242/92, ZIP 1994, 378, 380; Sen.Urt. v. 6. März 1995 - II ZR 97/94, ZIP 1995, 833, 834). Da bei einer Sozietät von Freiberuflern der in den Beziehungen zu den Mandanten bestehende "good will" in aller Regel den entscheidenden Wert der Gesellschaft ausmacht, hat eine diesen Wert - wie hier verabredet - einbeziehende Abfindungsklausel grundsätzlich zur Voraussetzung, daß der ausscheidende Gesellschafter den Mandantenstamm seinen bisherigen Partnern belassen muß. Anderenfalls erhielte er eine überhöhte Abfindung, weil die übernommenen Mandate dann doppelt - einmal durch die Beteiligung an dem in der Zahlung des Auseinandersetzungsguthabens einbezogenen "good will", zum anderen durch die Übernahme der Mandate selbst - berücksichtigt würden.

2. Dieser schon in § 9 aaO angelegte Gedanke wird durch die Mandantenschutzklausel in § 10 aaO zweifelsfrei zum Ausdruck gebracht und steht der Annahme entgegen, die Parteien hätten, was grundsätzlich möglich ist (Sen.Urt. v. 6. März 1995 aaO), eine Kumulation von einer den "good will" einbeziehenden Abfindungszahlung und des Rechts des Zugriffs auf den Mandantenstamm vereinbart. Bei der gebotenen den Wortlaut, die Systematik, den Sinn und die Interessen beider Teile berücksichtigenden Auslegung kann dem in § 10 aaO verwendeten Wort "grundsätzlich" nicht ein fehlender Rechtsbindungswille der Parteien entnommen werden. Vielmehr ist der Vertrag dahin zu verstehen, daß der ausgeschiedene Gesellschafter, welcher die in § 9 aaO definierte Abfindung beansprucht, keine Mandanten der Sozietät betreuen darf, sofern nicht im Einzelfall etwas von diesem Grundsatz Abweichendes vereinbart wird oder - wie noch unten auszuführen sein wird - die Zeit abgelaufen ist, während deren der Anspruch auf Wahrung von Mandantenschutz längstens gerechtfertigt ist.
3. Die danach von Rechtsbindungswillen getragene Mandantenschutzklausel ist entgegen der Hilfserwägung des Berufungsgerichts nicht wegen "Unbestimmtheit und Unkonkretheit" nichtig. Vielmehr ist die Vereinbarung räumlich und gegenständlich hinreichend bestimmt. Die fehlende zeitliche Begrenzung der den ausgeschiedenen Kläger treffenden Unterlassungspflicht führt nicht zur Sittenwidrigkeit und Nichtigkeit.
Nach der zu nachvertraglichen Wettbewerbsverboten ergangenen ständigen Rechtsprechung des Senats sind derartige Beschränkungen der Berufsausübungsfreiheit nur dann wirksam, wenn sie räumlich, zeitlich und gegenständlich das notwendige Maß nicht überschreiten (Sen.Urt. v. 14. Juli 1997 - II
ZR 238/96, WM 1997, 1707 m.w.N.). Ihre Rechtfertigung finden sie allein darin, die Partner des ausgeschiedenen Gesellschafters vor einer illoyalen Verwertung der Erfolge der gemeinsamen Arbeit oder vor einem Mißbrauch der Ausübung der Berufsfreiheit zu schützen. Dagegen darf ein solches Wettbewerbsverbot rechtlich nicht dazu eingesetzt werden, den ehemaligen Partner als potentiellen Wettbewerber auszuschalten. Soweit sich dieser in hinreichender räumlicher Entfernung niederläßt und seinen Beruf ausübt, ist das berechtigte Anliegen der verbleibenden Gesellschafter, vor illoyalem Wettbewerb geschützt zu sein, ebenso wenig berührt, wie wenn der ehemalige Partner auf einem nicht von der Sozietät gewählten anderen Berufsfeld tätig wird. Entsprechendes gilt, wenn sich durch Zeitablauf - der Senat legt hier einen Zeitraum von nicht mehr als zwei Jahren zugrunde - die während der Zugehörigkeit zur Gesellschaft geknüpften Verbindungen typischerweise so gelockert haben, daß der ausgeschiedene Partner wie jeder andere Wettbewerber behandelt werden kann. Verstößt eine solche Wettbewerbsklausel allein gegen diese zeitliche Grenze, ohne daß weitere Gründe vorliegen, deretwegen die Beschränkungen der Berufsausübungsfreiheit als sittenwidrig zu qualifizieren sind, läßt der Senat (Sen.Urt. v. 14. Juli 1997 aaO unter 3. m.w.N.) eine geltungserhaltende Reduktion auf das zeitlich tolerable Maß zu.
Diesen Maßstäben entspricht die in § 10 aaO niedergelegte Regelung. Als Mandantenschutzklausel ist sie gegenüber einem allgemeinen nachvertraglichen Wettbewerbsverbot bereits insofern eingeschränkt, als sich die Vereinbarung nur auf die bisherigen Mandanten der Sozietät beschränkt, die der ausscheidende Partner nicht mitnehmen darf. Hierin liegt die gebotene gegenständliche und räumliche Begrenzung, denn der Kläger darf alle anderen denkbaren Mandanten am Ort der Sozietät wie auch anderenorts betreuen, die sich mit Anliegen der Steuerberatung, der Wirtschaftsprüfung oder Rechtsbe-
sorgung an ihn wenden, ohne seine nachvertraglichen Verpflichtungen gegenüber seinen früheren Mitgesellschaftern zu verletzen. Daß dieses Gebot, Mandantenschutz zu gewähren, zeitlich nicht befristet ist, macht die Bestimmung nicht sittenwidrig und nichtig, sondern führt - wie oben ausgeführt - lediglich dazu, daß der Kläger für eine zweijährige Frist wettbewerblich in der Weise gebunden wird, daß er ehemalige Mandanten der Sozietät nicht betreuen durfte. Dabei ist unerheblich, ob er sie, wie die Beklagten behauptet haben, abgeworben hat oder ob sie sich aus freien Stücken an ihn gewandt haben, weil eine Abfindungsklausel, die, wie die hier geltende, auch den "good will" erfaßt, nur dann ungestört wirken kann, wenn der ausgeschiedene Partner nicht neben der Abfindungssumme das Mandat selbst und die mit ihm verbundenen Vorteile an sich zieht. Soweit Mandanten die verbliebenen Partner nicht weiter beauftragen, sondern zu Dritten abwandern, geht dies zu Lasten der fortgeführten Sozietät, deren Risiko es ist, die - im Verhältnis zu dem ausgeschiedenen Gesellschafter - ihnen zustehenden Mandanten an sich binden zu können.
4. Da unstreitig der Kläger jenem bindenden Verbot zuwider in dem fraglichen Zeitraum Mandanten der früheren Sozietät in seiner neuen Gesellschaft betreut hat, kann auf der Grundlage der bisherigen tatrichterlichen Feststellungen über den geltend gemachten Abfindungsanspruch nicht befunden werden. Ob er überhaupt noch und ggfs. in welcher Höhe er besteht, ist von der von dem Berufungsgericht von seinem abweichenden Standpunkt aus folgerichtig nicht geprüften Frage abhängig, welche Mandate der Kläger in seine neue Gesellschaft mitgenommen hat, welcher Wert damit den Beklagten entzogen und ihm zugeflossen ist und ob dies nur zu einer Anrechnung auf den der Höhe nach rechnerisch im Ausgangspunkt übereinstimmend mit 181.332,78 DM bezifferten Auseinandersetzungsanspruch oder sogar zu einer Verurteilung des
Klägers auf die Widerklage hin führt. Damit das Berufungsgericht - ggfs. nach Ergänzung des Sachvortrags der Parteien - die dafür erforderlichen Feststellungen treffen kann, ist die Sache an die Vorinstanz zurückzuverweisen.

Röhricht Henze Goette Kurzwelly Münke

Ist ein Teil eines Rechtsgeschäfts nichtig, so ist das ganze Rechtsgeschäft nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, dass es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
KZR 10/01 Verkündet am:
24. September 2002
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Die weit verbreitete, in der Regel standardmäßig verwendete salvatorische
Klausel, nach der ein nichtiges Rechtsgeschäft auch ohne die nichtige Klausel
wirksam sein soll, entbindet nicht von der nach § 139 BGB vorzunehmenden
Prüfung, ob die Parteien das teilnichtige Geschäft als Ganzes verworfen hätten
oder aber den Rest hätten gelten lassen. Bedeutsam ist sie lediglich für die von
§ 139 BGB abweichende Zuweisung der Darlegungs- und Beweislast; diese
trifft denjenigen, der entgegen der Erhaltensklausel den Vertrag als Ganzen für
unwirksam hält (Aufgabe von BGH, Urt. v. 8.2.1994 - KZR 2/93, WuW/E 2909,
2913 - Pronuptia II).
BGH, Urteil vom 24. September 2002 - KZR 10/01 - OLG Düsseldorf
LG Duisburg
Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche
Verhandlung vom 24. September 2002 durch den Präsidenten des Bundesgerichtshofs
Prof. Dr. Hirsch und die Richter Prof. Dr. Goette, Ball,
Prof. Dr. Bornkamm und Dr. Meier-Beck

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Kartellsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 20. Dezember 2000 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Kläger sind Eigentümer einer Tennis- und Badmintonhalle in Ob., welche sie bis Ende 1994 an eine GmbH verpachtet hatten, deren Gesellschafter und Geschäftsführer ihre Ehefrauen sind. Zum 1. Januar 1995 pachtete der Beklagte die Halle für zehn Jahre an. Er übernahm in dem "Mietvertrag" u.a. die Verpflichtung, die Sportanlage an allen Wochentagen von 8.00 Uhr bis 23.30 Uhr zu betreiben, detaillierte Geschäftsaufzeichnungen unter Hinzuzie-
hung eines Steuerberaters zu fertigen und den Klägern periodisch betriebswirtschaftliche Auswertungen, Summensaldenlisten und Bilanzen vorzulegen. Außer dem "Mietzins", dessen jährliche Anhebung bereits im Vertrag geregelt war, hatte der Beklagte bestimmte Betriebskosten zu tragen. Ferner ist in § 7 des Vertrages bestimmt:
"Mieter ist bekannt, daß Vermieter weitere Sportanlagen besitzt und diese teilweise selbst betreibt, teilweise durch eine Betriebsgesellschaft betreiben läßt. Mieter sichert zu, zum gemeinsamen Nutzen bei der Vermarktung der Sportanlagen eng mit Vermieter zusammenzuarbeiten. Um sich zum Kunden hin geschlossen zu präsentieren, ergeben sich folgende Notwendigkeiten: 1. Mieter wird unter dem Logo 'O.' arbeiten. Briefbögen und Werbeunterlagen wird Vermieter dem Mieter zu Selbstkosten zur Verfügung stellen. 2. Die Kosten gemeinschaftlicher Werbungen ... werden im Verhältnis der Nutzflächen der unter dem Logo 'O.' betriebenen Sportanlagen aufgeteilt. 3. Mieter wird die von Vermieter vor einem jeden Saisonbeginn vorgegebenen Abonnement- und Einzelstundenpreise übernehmen. ... Ohne schriftliche Zusicherung des Vermieters ist es Mieter untersagt, Rabatte an Abonnenten zu gewähren. ... ... 5. Im Rahmen der gedeihlichen Zusammenarbeit sind Nachfrageüberhänge sofort dem Vermieter zu benennen. Vermieter sichert zu, gleichermaßen zu handeln und die unter dem Logo 'O.' auftretenden Betriebsgesellschaften entsprechend gleichlautend zu verpflichten. ..." § 21 enthält folgende "Salvatorische Klausel":
"1. Sollte eine oder mehrere Bestimmungen dieses Vertrages unwirksam oder nichtig sein, wird die Wirksamkeit der übrigen Bestimmungen nicht berührt. 2. Die Parteien verpflichten sich, unwirksame oder nichtige Klauseln durch rechtswirksame zu ersetzen, die dem wirtschaftlich Gewollten am nächsten kommen. Das gleiche gilt, falls der Vertrag eine ergänzungsbedürftige Lükke enthalten sollte."
Die in diesem Vertrag genannten anderen ’O.’-Tennishallen befinden sich ebenfalls in Ob.. Betreiberinnen sind zwei Gesellschaften, an denen die Kläger und ihre Ehefrauen beteiligt sind.
Die Kläger haben den Vertrag im Februar 1998 fristlos gekündigt, nachdem der Beklagte sowohl mit den "Mietzinsen" als auch mit den Betriebskosten in Rückstand geraten war. Mit der Klage verlangen sie von dem Beklagten Zahlung der ausstehenden Beträge von insgesamt 67.919,78 DM. Dieser hat hilfsweise mit einem Schadenersatzanspruch in Höhe von 120.000 DM wegen angeblicher Täuschung über die Rentabilität der Anlage die Aufrechnung erklärt.
Das Landgericht hat der Klage nach Beweisaufnahme entsprochen. Die Berufung des Beklagten hat der Kartellsenat des Berufungsgerichts, an den die Sache im zweiten Rechtszug abgegeben worden ist, zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Beklagte sein Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist begründet und führt zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Dessen Auffassung, daß der "Mietvertrag" der Parteien trotz der von ihm zutreffend als nichtig angesehenen Preisbindungsklausel in § 7 Nr. 3 mit Rücksicht auf die "Salvatorische Klausel" in § 21 des Vertrages wirksam ist, liegt zwar auf der Linie des Senatsurteils vom 8. Februar 1994 (KZR 2/93, WuW/E 2909, 2913 - Pronuptia II); an dieser Rechtsprechung hält der Senat indessen nicht fest. Bei Schaffung des § 139 BGB hat sich der Gesetzgeber bewußt von der ganz herrschenden Auffassung im Gemeinen Recht abgewandt, nach der die Nichtigkeit eines Teils eines Rechtsgeschäfts sich
nicht auf die übrigen Teile desselben erstrecken sollte (vgl. Dernburg, Die Allgemeinen Lehren des bürgerlichen Rechts, 1902, § 119 I S. 355; Enneccerus/ Nipperdey, Lehrbuch des Bürgerlichen Rechts, 13. Aufl., Bd. 1, § 189 IV 1 S. 615 Fn. 15). Während der Verfasser des Vorentwurfs zum Allgemeinen Teil des BGB, Gebhard, in diesen Fällen eher zur Annahme einer Nichtigkeit des gesamten Rechtsgeschäfts neigte (vgl. Schubert, Vorentwurf zum Allgemeinen Teil, Bd. 2 S. 214 f.), wollte die I. Kommission dies nur dann gelten lassen, "sofern nicht erhellt, daß es (scil. das Rechtsgeschäft) auch ohne die ungültige Bestimmung gewollt sein würde" (Motive bei Mugdan I S. 475). Da "die Verbindung für die innere Zusammengehörigkeit" spreche, im Einzelfall aber anderes gewollt sein könne, hat der Gesetzgeber Veranlassung gesehen, durch den jetzigen § 139 BGB "die Beweislage" zu regeln (Motive aaO).
Die weit verbreiteten, in der Regel standardmäßig verwendeten salvatorischen Erhaltens- und Ersetzungsklauseln besagen danach - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts - nicht, daß die von dem Nichtigkeitsgrund nicht unmittelbar erfaßten Teile des Geschäfts unter allen Umständen - begrenzt allein durch den ordre public - als wirksam behandelt werden sollen. Sie enthalten vielmehr nur eine Bestimmung über die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast im Rahmen der bei § 139 BGB stets vorzunehmenden Prüfung, ob die Parteien das teilnichtige Geschäft als Ganzes verworfen hätten oder aber den Rest hätten gelten lassen. Während bei Fehlen einer salvatorischen Erhaltensklausel die Vertragspartei, welche das teilnichtige Geschäft aufrechterhalten will, darlegungs- und beweispflichtig ist, trifft die entsprechende Pflicht, wenn - wie im hier zu entscheidenden Fall - eine solche Klausel vereinbart ist, denjenigen , der den ganzen Vertrag verwerfen will. Nur bei diesem Verständnis salvatorischer Vertragsklauseln erhält der Gesichtspunkt die ihm zukommende Beachtung, daß es auf die Bedeutung der nichtigen Bestimmung für den gan-
zen Vertrag ankommt, ob dieser auch ohne dieselbe noch eine sinnvolle und ausgewogene Regelung der beiderseitigen Interessen enthält und deswegen anzunehmen ist, er solle nach dem übereinstimmenden Willen beider Beteiligten auch ohne die nichtige Bestimmung wirksam sein.
Diese Beurteilung salvatorischer Erhaltensklauseln entspricht nicht nur der Rechtsprechung anderer Zivilsenate des Bundesgerichtshofs (Urt. v. 11.10.1995 - VIII ZR 25/94, LM Nr. 83 zu § 139 BGB; Urt. v. 4.12.1996 - VIII ZR 360/95, LM Nr. 85 zu § 139 BGB; Urt. v. 30.1.1997 - IX ZR 133/96, LM Nr. 86 zu § 139 BGB; ferner OLG Stuttgart ZIP 1989, 60, 63 mit Nichtannahmebeschluß des Senats v. 10.10.1989 - KZR 26/88), sie wird auch ganz überwiegend vom Schrifttum vertreten (grundlegend Flume, Das Rechtsgeschäft, § 32, 3 S. 575; Ulmer FS Steindorff S. 799, 804 f.; MünchKomm. z. BGB/MayerMaly /Busche, 4. Aufl., § 139 Rdn. 5; Soergel/Hefermehl, BGB, 13. Aufl., § 139 Rdn. 36; Erman/Palm, BGB, 9. Aufl., § 139 Rdn. 10; zweifelnd nur Staudinger /Roth, BGB [1996], § 139 Rdn. 22). Durchgreifende Gründe, für den Anwendungsbereich des GWB hiervon Ausnahmen zuzulassen, bestehen nicht.
Die Sache ist nicht entscheidungsreif. Zugunsten des Beklagten konnte lediglich als revisionsrechtlich richtig unterstellt werden, daß der "Mietvertrag", aus dem die Kläger ihre Ansprüche herleiten, ohne die nichtige Klausel des § 7
nicht geschlossen worden wäre. Ob diese Behauptung zutrifft, hat das Oberlandesgericht in dem wieder eröffneten Berufungsverfahren zu klären.
Hirsch Goette Ball
Bornkamm Meier-Beck

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.

(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.

Ist ein Teil eines Rechtsgeschäfts nichtig, so ist das ganze Rechtsgeschäft nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, dass es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Die Aufrechnung bewirkt, dass die Forderungen, soweit sie sich decken, als in dem Zeitpunkt erloschen gelten, in welchem sie zur Aufrechnung geeignet einander gegenübergetreten sind.