Bundesgerichtshof Urteil, 05. Juli 2005 - X ZR 14/03

bei uns veröffentlicht am05.07.2005

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 14/03 Verkündet am:
5. Juli 2005
Wermes
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
BGHR: ja
BGHZ: nein
Nachschlagewerk: ja
Abgasreinigungsvorrichtung
In der sinnfälligen Herrichtung einer Vorrichtung zur Ausübung eines patentgeschützten
Verfahrens liegt noch keine Anwendung des Verfahrens.
GWB § 17 Abs. 1

a) Die Verpflichtung des Patentlizenznehmers, für die Veräußerung einer selbst
nicht geschützten Vorrichtung, die für die Ausübung des erfindungsgemäßen
Verfahrens ausgelegt ist, auch dann eine Lizenzgebühr zu zahlen, wenn die
Vorrichtung im patentfreien Ausland eingesetzt werden soll, stellt eine über
den Inhalt des Schutzrechts hinausgehende Beschränkung des Lizenznehmers
dar.

b) Eine solche Verpflichtung kann grundsätzlich auch in einem Vergleich nicht
wirksam übernommen werden.
BGH, Urteil vom 5. Juli 2005 - X ZR 14/03 - OLG Karlsruhe
LG Mannheim
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 19. Mai 2005 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, den Richter
Scharen, die Richterin Mühlens und die Richter Prof. Dr. Meier-Beck und
Dr. Kirchhoff

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 18. Dezember 2002 aufgehoben.
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Mannheim vom 15. Februar 2002 abgeändert. Es wird festgestellt, daß die Beklagte gegenüber der Klägerin keinen Anspruch auf Zahlung von Lizenzgebühren aufgrund des vergleichsweise abgeschlossenen Lizenzvertrages vom 16. März 2000 hat, soweit die Klägerin die im Vergleich bezeichneten Vorrichtungen in Länder liefert, in denen das europäische Patent 347 753 keinen Schutz genießt.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Beklagte ist Inhaberin des mit Wirkung für Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Österreich, die Niederlande, die Schweiz und Liechtenstein erteilten europäischen Patents 347 753, das auf einer Anmeldung vom 15. Juni 1989 beruht, drei Verfahrensansprüche umfaßt und dessen Anspruch 1, dem die beiden weiteren Ansprüche untergeordnet sind, wie folgt lautet: "Verfahren zur Reinigung von mit Schadstoffen angereicherten Abgasen aus CVD-Prozessen in Anlagen zur chemischen Bearbeitung von Halbleitersubstraten für die Herstellung mikroelektronischer Bauelemente mittels Niederdruckprozessen, wobei die zu reinigenden Abgase nach Verlassen einer Vakuumpumpeneinheit in einem separaten, mit einer lufttechnischen Anlage verbundenen aus Brenn- und Waschkammer bestehenden Reaktionsraum einer Nachbehandlung unterzogen werden, gekennzeichnet dadurch, daß die Abgase unter Sauerstoffüberschuß in der Brennkammer verbrannt, nachfolgend aus einem durch einen über der Brennkammer und davon beabstandet angeordneten Spritzschutzkegel gebildeten Ringspalt aus der Brennkammer herausgeführt und im separaten Reaktionsraum mit einem Sorptionsmittel intensiv in Kontakt gebracht werden, welches aus einer zentrisch über dem Spritzschutzkegel und davon beabstandet angeordneten Düsenanordnung kegelförmig gegen die Gasströmungsrichtung gesprüht wird, und gereinigt über die lufttechnische Anlage abgeleitet werden." Die Klägerin stellte Vorrichtungen zur Reinigung von Abgasen her. Mit der Begründung, diese Vorrichtungen seien zur Anwendung des erfindungsgemäßen Verfahrens geeignet und bestimmt, wurde sie von der Beklagten vor dem Landgericht München I wegen mittelbarer Verletzung des Patents auf Unterlassung , Rechnungslegung und Feststellung der Schadensersatzpflicht in Anspruch genommen. Mit Urteil vom 2. September 1999 verurteilte das Landgericht München I die Klägerin u.a.,

"es zu unterlassen, im Geltungsbereich des deutschen Teils des europäischen Patents 347 753 Vorrichtungen herzustellen, an zur Benutzung der Erfindung nicht Berechtigte anzubieten und/oder in den Verkehr zu bringen, die dazu bestimmt und geeignet sind, ein Verfahren ... auszuüben, wobei ... [folgt Wiedergabe des Patentanspruchs 1]". Im Berufungsverfahren vor dem Oberlandesgericht München schlossen die Parteien in der mündlichen Verhandlung vom 16. März 2000 einen Vergleich , der u.a. folgendes bestimmte: I. Die [Beklagte] erteilt der [Klägerin] am europäischen Patent 347 753 eine einfache Lizenz in allen benannten Vertragsstaaten. Diese Lizenz kann nur aus wichtigem Grund gekündigt werden. II. Die [Klägerin] zahlt an die [Beklagte] für Vorrichtungen gemäß Ziffer I.1. des Urteils des LG München 1 vom 02.09.1999 (Az. 7 0 18501/96) eine Lizenz von 2,5 % (zzgl. einer etwa anfallenden MwSt) vom Nettoverkaufspreis. ... Die lizenzpflichtigen Vorrichtungen sind mit einer fortlaufenden Seriennummer zu versehen. Die Klägerin begehrt die Feststellung, daß die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung von Lizenzgebühren aufgrund des vergleichsweise abgeschlossenen Lizenzvertrages vom 16.03.2000 in Verbindung mit dem europäischen Patent 347 753 habe, wenn und soweit sie - die Klägerin - die entsprechenden Vorrichtungen in Länder liefere, für die das Patent keinen Schutz genießt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben.

Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin den Klageantrag weiter. Die Beklagte tritt dem Rechtsmittel entgegen.

Entscheidungsgründe:


Die zulässige Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und auf die Berufung der Klägerin zur Abänderung des erstinstanzlichen Urteils und zur antragsgemäßen Feststellung.
A. Die Feststellungsklage ist zulässig. Das Berufungsgericht hat offengelassen, ob der Klägerin im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO ein rechtliches Interesse an der begehrten Feststellung zur Seite steht, daß die Beklagte für bestimmte Auslandslieferungen keine Lizenzgebühren beanspruchen kann. Diese Frage ist zu bejahen. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Klage auf die Feststellung eines Rechtsverhältnisses und nicht lediglich auf die Klärung rechtlicher Vorfragen gerichtet. Denn die Klägerin will nicht abstrakt den Vergleich verbindlich ausgelegt haben, sondern begehrt die Feststellung, daß der Beklagten ein bestimmter Anspruch nicht zusteht. Daß es nicht um einen konkreten Zahlungsanspruch geht, weil die Klägerin entsprechende Lieferungen bislang nicht ausgeführt hat, ist unerheblich. Das Rechtsverhältnis, das festgestellt werden soll, muß zwar gegenwärtig sein, weshalb künftige Rechtsverhältnisse in der Regel nicht zum Gegenstand einer Feststellungsklage gemacht werden können (BGHZ 120, 239, 253;

Musielak/Foerste, ZPO, 4. Aufl., § 256 Rdn. 4 m.w.N.; Zöller/Greger, ZPO, 25. Aufl., § 256 Rdn. 3a). Ein betagtes oder bedingtes Rechtsverhältnis ist jedoch feststellungsfähig (BGHZ 28, 225, 234), und erst recht erlaubt § 256 ZPO die Klärung angeblich schon bestehender Rechtsbeziehungen, wenn die daraus in Betracht kommenden Ansprüche noch von einer Bedingung abhängig sind (BGHZ 4, 133, 135; BGH, Urt. v. 10.10.1991 - IX ZR 38/91, NJW 1992, 436, 437). Es genügt daher, daß mit dem Vergleich die Grundlagen für den streitigen Lizenzgebührenanspruch gelegt sind, und es ist unschädlich, daß dieser Anspruch in bestimmter Höhe erst dann entsteht, wenn die Klägerin entsprechende Lieferungen ausführt. Das rechtliche Interesse an der begehrten Feststellung ist ohne weiteres gegeben, da sich die Beklagte eines entsprechenden Anspruchs berühmt, daher dem Recht eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit droht und das erstrebte Urteil geeignet ist, diese Gefahr zu beseitigen.
B. Die Klage ist auch begründet. Die Beklagte kann für die Lieferung von Vorrichtungen, die zur Ausübung des geschützten Verfahrens geeignet sind, in das patentfreie Ausland keine Lizenzgebühren beanspruchen. I. Das Berufungsgericht hat den Vergleich dahin ausgelegt, daß die Beklagte Lizenzgebühren auch für die Lieferung von Abgasreinigungsvorrichtungen in Länder verlangen könne, in denen das Verfahren nach dem europäischen Patent nicht zugunsten der Beklagten geschützt sei. Der Wortlaut des Vertrages spreche nicht entscheidend dafür, daß die Klägerin für Vorrichtungen, die im Inland hergestellt, aber in das patentfreie Ausland ausgeführt werden, keine Lizenzgebühren zu zahlen habe. Der Vergleich verweise zur näheren Beschreibung der vertragsgegenständlichen Vorrichtungen auf Nr. I.1 des Urteils

des Landgerichts München I. Der betreffenden Formulierung könne nicht entnommen werden, eine Lizenz sei nur dann zu zahlen, wenn kumulativ erstens Vorrichtungen hergestellt, zweitens diese an zur Benutzung der Erfindung Nichtberechtigte angeboten oder in Verkehr gebracht und drittens diese zur Anwendung des patentgemäßen Verfahrens geeignet und bestimmt seien. Die Aufzählung der verschiedenen Verletzungsformen mit Herstellen, Anbieten und Inverkehrbringen im Urteil des Landgerichts München I erfolge vielmehr nach der Üblichkeit in Patentverletzungssachen und nach dem unbefangenen Wortlaut alternativ. Auf die Frage, ob die Beklagte im Vorprozeß nur eine mittelbare Patentverletzung geltend gemacht habe, komme es nicht an. Denn das Landgericht München I habe der Klägerin auch die Herstellung der zur Ausführung des patentgemäßen Verfahrens geeigneten Vorrichtungen verboten. Den Streit, ob das Urteil in diesem Punkt richtig oder falsch gewesen sei, hätten die Parteien gerade durch den Vergleich beigelegt. Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die Auslegung des Vergleichs durch das Berufungsgericht ist von Rechtsfehlern beeinflußt. Den Ausgangspunkt der Auslegung hat, wie das Berufungsgericht an sich zutreffend sieht, der Wortlaut der getroffenen Vereinbarung zu bilden. Das Berufungsgericht orientiert sich jedoch vornehmlich nicht am Wortlaut des Vergleichs , sondern am Wortlaut der Urteilsformel des Landgerichts München I. Es beachtet infolgedessen auch den Zusammenhang zwischen den Regelungen zu Nr. I und II des Vergleichs nicht hinreichend. Das Urteil des Landgerichts München I spricht ein für den "Geltungsbereich des deutschen Teils" des (späteren) Lizenzpatents geltendes Unterlassungsgebot aus. In Nr. I des Vergleichs wird der Klägerin hingegen eine einfa-

che Lizenz an dem Patent für alle benannten Vertragsstaaten erteilt. Es wird damit für diese Vertragsstaaten jeweils die Anwendung des erfindungsgemäßen Verfahrens lizenziert. Da es nicht - oder jedenfalls nicht in erster Linie - darum ging, der Klägerin selbst die Anwendung des geschützten Verfahrens zu erlauben , sollte die Klägerin damit in die Lage versetzt werden, mit der Veräußerung von ihr hergestellter Vorrichtungen deren Abnehmern in allen benannten Vertragstaaten die Anwendung des geschützten Verfahrens zu gestatten. Nr. II des Vergleichs regelt demgegenüber nicht den Lizenzgegenstand, sondern die Lizenzgebühr und knüpft diese an den Nettoverkaufspreis von "Vorrichtungen gemäß Ziffer I.1 des Urteils ...", d.h. an Vorrichtungen, die wie es im Urteil heißt, dazu geeignet und bestimmt sind, das im Patentanspruch 1 bezeichnete Verfahren auszuüben. Von den im Urteilstenor des Landgerichts München I genannten Tathandlungen ("im Geltungsbereich des deutschen Teils des europäischen Patents 347 753 [solche] Vorrichtungen herzustellen, an zur Benutzung der Erfindung nicht Berechtigte anzubieten und/oder in den Verkehr zu bringen" ) ist im Vergleich nicht die Rede. Sie passen auch nicht zum Vergleichsinhalt , schon deshalb, weil die Lizenzgebühr nicht an die Herstellung und nicht an ein Anbieten, sondern an die Nettoverkaufspreise anknüpft, vor allem aber, weil der Vergleich ohnehin nicht auf den deutschen Teil des Patents beschränkt ist. Er erfaßt daher ohne weiteres Vorrichtungen, die die Klägerin beispielsweise in Österreich herstellt oder herstellen läßt und dort zur Nutzung in Österreich oder einem anderen der benannten Vertragsstaaten in den Verkehr bringt, denn damit macht die Klägerin von der erteilten Lizenz Gebrauch. Für eine Differenzierung zwischen im Inland und im Ausland (hergestellten und) in den Verkehr gebrachten Vorrichtungen gibt der Vergleich somit nichts her. Andererseits liegt es fern und hat auch das Berufungsgericht nicht angenommen, daß Vorrichtungen auch dann lizenzgebührenpflichtig sein sol-

len, wenn jeder Bezug zu der erteilten Lizenz fehlt, weil sie außerhalb des Geltungsbereichs des Lizenzpatents, beispielsweise in Tschechien, hergestellt, in den Verkehr gebracht und dort auch eingesetzt werden. Ist mithin ein (im Vertrag nicht ausdrücklich genannter) Bezug zum Geltungsbereich des Lizenzpatentes erforderlich, liegt es - was das Berufungsgericht nicht berücksichtigt hat - näher, ihn in der Anwendung des geschützten Verfahrens im Geltungsbereich des Lizenzpatentes zu finden, als den Bezugspunkt in dem Ort des Inverkehrbringens der Vorrichtung zu sehen. Denn dieser Bezugspunkt erfaßte einerseits Lieferungen, die einer Lizenzierung nicht bedürfen (Lieferung von Deutschland nach Tschechien), und ließe andererseits Lieferungen unberücksichtigt, mit denen von der erteilten Lizenz Gebrauch gemacht wird (Inverkehrbringen in Tschechien zur Benutzung in Deutschland). Im Zweifel wird jedoch bei einer Patentlizenz die vereinbarte Lizenzgebühr für alle diejenigen, aber auch nur diejenigen Handlungen versprochen, die sich als Patentverletzung darstellten, wenn sie nicht durch die Lizenz gestattet wären (vgl. RG, Urt. v. 19.7.1935 - I 40/35, GRUR 1936, 121, 123). Dem steht auch nicht die Erwägung des Berufungsgerichts entgegen, die Parteien hätten Streit darüber vermeiden wollen, ob die Abnehmer der Klägerin bei Gebrauch der Vorrichtung tatsächlich das geschützte Verfahren anwendeten. Denn das haben die Parteien dadurch erreicht, daß sie, wie bereits das Landgericht, auf dessen Entscheidungsgründe das Berufungsgericht Bezug nimmt, rechtsfehlerfrei angenommen hat, die generelle Eignung der Vorrichtungen genügen lassen wollten (obwohl dies im Wortlaut des Vergleichs nur unzulänglich Ausdruck findet, der durch die Bezugnahme auf das Urteil des Landgerichts München I nicht nur die Eignung, sondern auch die Bestimmung der Vorrichtung zur Ausübung des Verfahrens verlangt). Das rechtfertigt aber noch nicht die Annahme, die Parteien hätten damit auch Lieferfälle erfassen wollen,

in denen es mangels Patentschutzes für das Verfahren weder auf die Bestimmung noch auch nur auf die Eignung zu seiner Anwendung ankommt. II. Das Berufungsurteil kann hiernach keinen Bestand haben. Einer Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht bedarf es jedoch nicht, da der Rechtsstreit zur Endentscheidung reif ist. Selbst wenn die Parteien vereinbart hätten, auch für das patentfreie Ausland bestimmte Vorrichtungen sollten lizenzgebührenpflichtig sein, stünden der Beklagten solche Lizenzgebühren nicht zu, da der Vertrag in diesem Fall - jedenfalls insoweit - nach § 134 BGB i.V.m. § 17 GWB nichtig wäre. Die gegenteilige Auffassung des Berufungsgerichts greift die Revision mit Erfolg an. 1. Das Berufungsgericht hat dahinstehen lassen, ob die Beklagte von der Klägerin aufgrund ihres Patentrechts verlangen könne, die Herstellung von Vorrichtungen (schlechthin) zu unterlassen, die dazu geeignet und bestimmt seien, das erfindungsgemäße Verfahren auszuüben. Auch wenn dies nicht der Fall sein sollte, verstoße der Vergleich nicht gegen § 17 Abs. 1 Satz 1 GWB. Mit Rücksicht auf den Zweck eines Vergleichs seien über die Verbietungsrechte aus dem Schutzrecht hinausgehende Unterlassungsverpflichtungen als kartellrechtlich unbedenklich anzusehen, wenn objektive Zweifel an der Rechtslage bestünden. Das sei hier der Fall, da das Landgericht München I die Klägerin sogar zur Unterlassung der Herstellung verurteilt habe, so daß auch aus objektiver Sicht erhebliche Zweifel an den der Patentinhaberin zustehenden Rechten bestanden hätten. 2. Nach § 17 Abs. 1 GWB sind Verträge über die Lizenzierung von Patenten verboten, soweit sie dem Lizenznehmer Beschränkungen im Geschäftsverkehr auferlegen, die über den Inhalt der Schutzrechte hinausgehen.

In der Auslegung des Berufungsgerichts enthält der Vergleich eine derartige Verpflichtung; sie unterfällt dem Verbot des § 17 GWB ungeachtet des Umstandes , daß sie Bestandteil eines gerichtlichen Vergleichs ist.
a) Die vom Berufungsgericht offengelassene Frage, ob der Vergleich in der Auslegung, die ihm das Berufungsgericht gegeben hat, über den Inhalt des lizenzierten Schutzrechts hinausgeht, ist zu bejahen. Die Verpflichtung des Lizenznehmers zur Zahlung einer Lizenzgebühr stellt eine Beschränkung im Geschäftsverkehr dar (Sen.Urt. v. 3.6.2003 - X ZR 215/01, GRUR 2003, 896 f. - Chirurgische Instrumente - m.w.N.). Wird eine solche Lizenzgebühr für Handlungen versprochen, die nicht kraft Gesetzes dem Patentinhaber vorbehalten sind, geht die Beschränkung über den Inhalt des Schutzrechts hinaus. So verhält es sich hier. Das Klagepatent des Vorprozesses betrifft ein Arbeitsverfahren, nämlich ein Verfahren zur Reinigung von Abgasen. Es kann demgemäß im Inland nur durch die in § 9 Satz 2 Nr. 2 PatG bezeichneten Handlungen (unmittelbar) verletzt werden, d.h. insbesondere durch die Anwendung des erfindungsgemäßen Verfahrens. Die Lieferung der von der Klägerin hergestellten nicht patentgeschützten Vorrichtung kann als solche nur nach § 10 PatG verboten sein, nämlich als Lieferung eines sich auf ein wesentliches Element der Erfindung beziehenden Mittels an einen zur Benutzung des erfindungsgemäßen Verfahrens nicht berechtigten Dritten zur Benutzung dieses Verfahrens im Inland. Die Vorschrift erfaßt jedoch nur die Lieferung und das Anbieten, nicht die Herstellung der Vorrichtung, da Dritte andernfalls daran gehindert würden, solche Mittel zur Benutzung außerhalb des Geltungsbereiches des Patentgesetzes zu liefern, was dem Zweck des § 10 PatG widerspräche, lediglich nach § 9 PatG verbote-

nen Handlungen im Vorfeld entgegenzuwirken (vgl. das für BGHZ 159, 76 vorgesehene Sen.Urt. v. 4.5.2004 - X ZR 48/03, GRUR 2004, 758 - Flügelradzähler - m.w.N.). Ob im Einzelfall bereits die Herstellung einer zur Anwendung des erfindungsgemäßen Verfahrens geeigneten Vorrichtung als Teilnahme an einer verbotenen Anwendung des Verfahrens gewertet werden kann, wie die Beklagte im Vorprozeß gemeint hat, erscheint fraglich, kann jedoch dahinstehen , da dies jedenfalls eine entsprechende Haupttat, d.h. eine Benutzung des Verfahrens im Inland, voraussetzt und deshalb weder ein allgemeines Herstellungsverbot noch ein allgemeines Lieferverbot rechtfertigen kann. Ein solches Verbot kann auch nicht mit der - von der Beklagten erstmals im (jetzigen) Berufungsverfahren vorgetragenen - Erwägung gerechtfertigt werden , in der Herstellung der Vorrichtung sei bereits eine Benutzung des Verfahrens zu sehen, da die Vorrichtung sinnfällig dafür hergerichtet sei, für die Abgasreinigung im Sinne des Anspruchs 1 des Klagepatents des Vorprozesses verwendet zu werden. Die Beklagte will sich hierbei auf die Rechtsprechung des Senats stützen, nach der bereits in der sinnfälligen Herrichtung einer Sache zu deren zugunsten des Patentinhabers geschützter Verwendung der Beginn der Verwendung selbst gesehen werden kann (BGHZ 88, 209, 212 - Hydropyridin ; Sen.Urt. v. 21.11.1989 - X ZR 29/88, GRUR 1990, 505, 506 f. - Geschlitzte Abdeckfolie). Auf ein reines Arbeitsverfahren, wie es hier in Rede steht, läßt sich diese Rechtsprechung indes nicht übertragen. Zwar ist die Herrichtungsformel in der von der Beklagten zitierten Entscheidung "Bierklärmittel" (Sen.Urt. v. 31.1.1984 - X ZR 7/82, GRUR 1984, 425) in einem obiter dictum auf einen nicht unmittelbar als Verwendungsanspruch formulierten Verfahrensanspruch angewandt worden. Dabei hat es sich jedoch um einen Anspruch gehandelt, bei dem sich die Verfahrensanweisungen sach-

lich in der Lehre erschöpften, ein bestimmtes Kieselgel zur Erhöhung der Eiweißstabilität von Bier zu verwenden, und damit der Sache nach um einen Verwendungsanspruch. Der Gegenstand eines Verwendungspatents wird charakterisiert durch einen Stoff oder eine sonstige, grundsätzlich dem Sachschutz zugängliche Sache in einer bestimmten Verwendung. Nur deshalb kann in der sinnfälligen Herrichtung der Sache nicht etwa nur eine der späteren Verwendung gleich zu behandelnde Handlung, sondern der Beginn der im Patentanspruch ausdrücklich als Schutzgegenstand genannten Verwendung selbst gesehen werden (vgl. BGHZ 116, 122, 128 - Heliumeinspeisung). Demgegenüber verbietet es sich, in einer zur Anwendung eines bestimmten Verfahrens geeigneten Maschine oder sonstigen Vorrichtung das Verfahren selbst zu sehen.
b) Nach der Rechtsprechung des Kartellsenats des Bundesgerichtshofs ist ein Vergleich mit objektiv wettbewerbsbeschränkendem Inhalt dann zulässig , wenn ein ernsthafter, objektiv begründeter Anlaß zu der Annahme besteht , der begünstigte Vertragspartner habe einen Anspruch auf Unterlassung der durch den Vergleich untersagten Handlung, so daß bei Durchführung eines Rechtsstreits ernstlich mit dem Ergebnis zu rechnen wäre, daß dem Wettbewerber das umstrittene Vorgehen untersagt werde. Nur solche wettbewerbsbeschränkenden Abreden sind von der Nichtigkeitsfolge freigestellt, die sich innerhalb der Grenzen dessen halten, was auch bei objektiver Beurteilung ernstlich zweifelhaft sein kann (BGHZ 65, 147, 151 f. - Thermalquelle; vgl. auch BGH, Urt. v. 21.4.1983 - I ZR 201/80, GRUR 1983, 602, 603 - Vertragsstrafenrückzahlung ). Die vergleichsweise getroffene Regelung wäre daher nur dann gerechtfertigt , wenn ein ernsthafter, objektiv begründeter Anlaß zu der Annahme bestanden hätte, die Klägerin verletze das Klagepatent des Vorprozesses auch

dann, wenn sie zur Ausübung des erfindungsgemäßen Verfahrens geeignete Vorrichtungen in das patentfreie Ausland liefere, so daß die Parteien nicht über die Schutzwirkung des Patents hinausgingen, wenn die Klägerin eine Lizenzgebühr auch für den Verkauf der betreffenden von ihr hergestellten Vorrichtungen in das patentfreie Ausland verspreche. Derartiges hat das Berufungsgericht jedoch - zu Recht - nicht angenommen, sondern sich ganz allgemein mit "Zweifeln an der Rechtslage" begnügt, die es aus dem Urteil des Landgerichts München I hergeleitet hat. Dabei hat es jedoch nicht beachtet, daß das Landgericht München I ersichtlich Auslandslieferungen gar nicht in den Blick genommen hat. Warum es ein Herstellungsverbot ausgesprochen hat, ist dem Urteil nicht zu entnehmen, das zwar auch § 10 PatG nicht ausdrücklich erwähnt, aber verschiedentlich von mittelbarer Verletzung und Mitteln zur Benutzung der Erfindung spricht. Möglicherweise hat das Landgericht München I bei der Übernahme des entsprechend formulierten Klageantrags schlicht übersehen, daß dieser nicht in Übereinstimmung mit § 10 PatG formuliert war. Erst in zweiter Instanz des Vorprozesses ist zur Rechtfertigung dieses Antrags vorgetragen worden, Herstellung und Lieferung der für die Benutzung des Klagepatents bestimmten Abgasreinigungsanlage begründeten "eine patentrechtliche Verantwortung der [damaligen] Beklagten nicht nur aufgrund des § 10 PatG, sondern auch nach § 9 PatG als Mittäter der vom Abnehmer durch Benutzung des im Klagepatent geschützten Verfahrens begangenen Patentverletzung". Das gibt nicht einmal für die subjektive Vorstellung auch nur der Beklagten etwas her, der Klägerin könnte die Herstellung der Maschinen ohne Rücksicht auf deren Lieferung in ein "patentfreies" Land untersagt sein, in dem § 9 PatG keine Geltung beanspruchen kann. Um so weniger kann davon die Rede sein, es sei bei objektiver Beurteilung ernstlich zweifelhaft gewesen, ob die Beklagte der Klägerin Herstel-

lung und Lieferung ihrer Vorrichtungen in das patentfreie Ausland untersagen könne. 3. Entgegen der von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vertretenen Auffassung stünde der Nichtigkeitsfolge auch Gemeinschaftsrecht nicht entgegen. Dabei kann dahinstehen, ob der Vertrag der Parteien, wozu das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen hat, dem Gemeinschaftsrecht unterliegt, weil er geeignet ist, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten oder den Wettbewerb innerhalb des gemeinsamen Marktes im Sinne des Art. 81 EG spürbar zu beeinträchtigen. Denn das könnte die Anwendung des § 17 GWB nur dann ausschließen, wenn der Vertrag nach Gemeinschaftsrecht freigestellt wäre (vgl. EuGH, Urt. v. 13.2.1969 - Rs. 14/68, GRUR Int. 1969, 264, 268 - Walt Wilhelm; Urt. v. 10.7.1980 - Rs. 253/78 u. 1-3/79, GRUR Int. 1980, 744, 745 - Guerlain; Urt. v. 21.5.1987 - Rs. 249/85, GRUR 1987, 585, 587 - Albako Margarinefabrik Maria von der Linde/Bundesanstalt für landwirtschaftliche Marktordnung); das ist nicht der Fall.
a) Die Frage, ob ein Vertrag der Parteien mit dem vom Berufungsgericht angenommenen Inhalt nach der Verordnung (EG) Nr. 772/2004 der Kommission vom 27. April 2004 über die Anwendung von Art. 81 Abs. 3 EG-Vertrag auf Gruppen von Technologietransfer-Vereinbarungen freigestellt wäre, stellt sich nicht. War nämlich der Vertrag zum Zeitpunkt seines Abschlusses ganz oder teilweise nichtig, so hätte er nach § 141 BGB allenfalls durch eine Bestätigung nach Änderung der Rechtslage Wirksamkeit erlangen kö nnen, denn die Wirksamkeit eines Vertrages richtet sich grundsätzlich nach den zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses geltenden Vorschriften (BGH, Urt. v. 11.12.2001 - KZR 13/00, GRUR 2002, 647 - Sabet/Massa). Eine solche Bestätigung ist je-

doch nicht festgestellt und kommt offensichtlich auch nicht in Betracht, da sie mit dem Klagebegehren im Widerspruch stünde.
b) Aus der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Verordnung (EG) Nr. 240/1996 der Kommission vom 31. Januar 1996 zur Anwendung von Art. 85 Abs. 3 des Vertrages auf Gruppen von Technologietransfer-Vereinbarungen (im folgenden: TechnologietransferV 1996) ergibt sich keine Freistellung. Bei Patentlizenzvereinbarungen wurden nämlich nach Art. 1 Abs. 2 Satz 1 TechnologietransferV 1996 die in Art. 1 Abs. 1 genannten Verpflichtungen nur soweit und solange freigestellt, wie das Lizenzerzeugnis im Gebiet des Lizenznehmers patentgeschützt war. Die Voraussetzungen für eine Freistellung nach Art. 1 liegen hiernach nicht vor, wenn im Lizenzgebiet kein Patentschutz (mehr) besteht (Langen/Bunte/Jestaedt, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, 9. Aufl., Art. 81 EG Fallgruppen Rdn. 251; Ullrich in Immenga/ Mestmäcker, EG-Wettbewerbsrecht, GRUR Abschn. C Rdn. 41; s. auch EuGH, Urt. v. 25.2.1986 - Rs. 193/83, GRUR Int. 1986, 635, 640 - Windsurfing International /Kommission). Eine Erstreckung von Verpflichtungen auf patentfreie Erzeugnisse schließt somit die Gruppenfreistellung für diese Verpflichtungen aus.
Melullis Scharen Mühlens Meier-Beck Kirchhoff

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 05. Juli 2005 - X ZR 14/03

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 256 Feststellungsklage


(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverh

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 134 Gesetzliches Verbot


Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.
Bundesgerichtshof Urteil, 05. Juli 2005 - X ZR 14/03 zitiert 8 §§.

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Patentgesetz - PatG | § 9


Das Patent hat die Wirkung, dass allein der Patentinhaber befugt ist, die patentierte Erfindung im Rahmen des geltenden Rechts zu benutzen. Jedem Dritten ist es verboten, ohne seine Zustimmung 1. ein Erzeugnis, das Gegenstand des Patents ist, herzust

Patentgesetz - PatG | § 10


(1) Das Patent hat ferner die Wirkung, daß es jedem Dritten verboten ist, ohne Zustimmung des Patentinhabers im Geltungsbereich dieses Gesetzes anderen als zur Benutzung der patentierten Erfindung berechtigten Personen Mittel, die sich auf ein wesent

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 141 Bestätigung des nichtigen Rechtsgeschäfts


(1) Wird ein nichtiges Rechtsgeschäft von demjenigen, welcher es vorgenommen hat, bestätigt, so ist die Bestätigung als erneute Vornahme zu beurteilen. (2) Wird ein nichtiger Vertrag von den Parteien bestätigt, so sind diese im Zweifel verpflicht

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL KZR 14/04 Verkündet am: 8. Mai 2007 Walz Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja Kfz-Vertr

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Das Patent hat die Wirkung, dass allein der Patentinhaber befugt ist, die patentierte Erfindung im Rahmen des geltenden Rechts zu benutzen. Jedem Dritten ist es verboten, ohne seine Zustimmung

1.
ein Erzeugnis, das Gegenstand des Patents ist, herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen;
2.
ein Verfahren, das Gegenstand des Patents ist, anzuwenden oder, wenn der Dritte weiß oder es auf Grund der Umstände offensichtlich ist, daß die Anwendung des Verfahrens ohne Zustimmung des Patentinhabers verboten ist, zur Anwendung im Geltungsbereich dieses Gesetzes anzubieten;
3.
das durch ein Verfahren, das Gegenstand des Patents ist, unmittelbar hergestellte Erzeugnis anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen.

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 215/01 Verkündet am:
3. Juni 2003
Wermes
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Chirurgische Instrumente
Ein entgeltlicher Lizenzvertrag unterliegt dem Schriftformerfordernis des § 34
GWB a.F..
BGH, Urt. v. 3. Juni 2003 - X ZR 215/01 - OLG Karlsruhe
LG Mannheim
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 3. Juni 2003 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis und die
Richter Prof. Dr. Jestaedt, Scharen, Keukenschrijver und Asendorf

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das am 10. Oktober 2001 verkündete Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe aufgehoben.
Die Sache wird zu anderweiter Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger ist Arzt und Zahnarzt und betätigt sich als Erfinder auf dem Gebiet der Medizintechnik. Bei der Vermarktung seiner Entwicklungen arbeiteten die Parteien zusammen, indem die Beklagte die Gerätschaften herstellte und vertrieb. 1988 bis Anfang 1989 verhandelten und korrespondierten die Parteien wegen des Abschlusses eines schriftlichen Lizenzvertrags, der eine ausschließliche Lizenz an verschiedenen Patentanmeldungen des Klägers vor-
sehen sollte, die chirurgische Instrumente betreffen. Es existierte auch ein Lizenzvertragsentwurf , der jedoch nicht unterzeichnet wurde.
Die Beklagte zahlte bis einschließlich Ende 1993 nach jeweils vierteljährlicher Abrechnung der von ihr mit den Entwicklungen des Klägers getätigten Umsätze an den Kläger eine Umsatzlizenz, die zunächst 10 %, dann 12,5 % und schließlich 15 % betrug. Insgesamt leistete die Beklagte auf diese Weise an den Kläger etwa 3 Mio. DM. Für die Umsätze mit Schrauben und Platten, die mit einer deutschen Anmeldung 36 ... am 22. Januar 1986 zum Patent angemeldet worden waren, betrug die Umsatzlizenz von 15 % im 3. und 4. Quartal 1993 insgesamt 205.257,76 DM, worin für den Monat Dezember 1996 36.532,75 DM enthalten waren. Diese Patentanmeldung führte nicht zu einem deutschen Patent. Sie wurde vielmehr durch Beschluß des Deutschen Patentamts vom 21. Oktober 1993 zurückgewiesen, gegen den der Kläger ein Rechtsmittel nicht einlegte.
Mit Schreiben vom 21. April 1994 teilte die Beklagte dem Kläger mit, daß sie die als freiwillig bezeichneten Zahlungen in Zukunft einstelle, einen bestehenden Vertrag hilfsweise fristlos aus wichtigem Grunde kündige, aber zu neuen Lizenzverhandlungen hinsichtlich der die Schutzrechte des Klägers betreffenden Produkte bereit sei. Die Beklagte nutzte in der Folgezeit die Entwicklungen des Klägers dann auch - wenn auch nur in geringerem Umfange - weiter.
Der Kläger hat die Beklagte im Wege der Stufenklage zunächst auf Auskunft über die Umsätze in Anspruch genommen, die sie im Zusammenhang mit ihm gehörenden Schutzrechtsanmeldungen und Schutzrechten seit dem 10. Oktober 1994 erzielt hat. In der ersten Stufe ist die Beklagte rechtskräftig verurteilt worden, seit dem 1. Mai 1994 getätigte Umsätze hinsichtlich des eu-
ropäischen Patents 0 6..., des US-Patents 4 9..., der deutschen Patentanmeldung 38 ..., des europäischen Patents 0 2... und des deutschen Gebrauchsmusters 88 ... anzugeben. Diese Auskunft hat die Beklagte erteilt. Bei der Zugrundelegung einer 15 %igen Umsatzlizenz ergibt sich eine Schuld der Beklagten von 51.784,29 DM.
In der zweiten Stufe hat der Kläger Zahlung dieses Betrags nebst Zinsen verlangt. Die Beklagte hat sich auf den Standpunkt gestellt, ein Lizenzvertrag sei nicht zustande gekommen, weshalb sie lediglich im Wege der Lizenzanalogie die angemessene Lizenz zu entrichten habe, die sie mit 5 % angibt. Gegenüber der danach sich errechnenden Forderung von 17.261,43 DM (= 1/3 von 51.784,29 DM) hat die Beklagte die Aufrechnung mit einem Rückzahlungsanspruch in Höhe von 36.532,75 DM erklärt, den sie im Hinblick darauf beansprucht , daß sie hinsichtlich der Patentanmeldung 36 ... angesichts deren rechtskräftiger Zurückweisung für Umsätze im Dezember 1993 nichts mehr zu zahlen gehabt hätte. Die Beklagte hat ferner im Wege der Widerklage Zahlung von 270.726,01 DM nebst Zinsen begehrt, weil sie diesen Betrag bei Zugrundelegung einer Lizenz von lediglich 5 % für die Umsätze im 2. bis 4. Quartal 1993 zuviel gezahlt habe.
Das Landgericht hat - bis auf einen Teil der Zinsforderung - der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Die Berufung der Beklagten gegen dieses Schlußurteil des Landgerichts ist erfolglos geblieben. Die Beklagte verfolgt nunmehr mit der Revision ihren Klageabweisungsantrag und ihr Widerklagebegehren weiter. Der Kläger ist dem Rechtsmittel entgegengetreten.

Entscheidungsgründe:


Die zulässige Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
1. Das Berufungsgericht hat dem Verhalten der Parteien entnommen, daß sie einen Lizenzvertrag geschlossen haben, der die Beklagte berechtigt, Schutzrechte bzw. Schutzrechtsanmeldungen des Klägers zu nutzen, und sie verpflichtet, - bezogen auf die in Streit stehende Zeit - ein Entgelt in Höhe von 15 % des mit den vertragsgegenständlichen Produkten erzielten Umsatzes an den Kläger zu zahlen. Das Berufungsgericht hat also den Kläger als berechtigt angesehen, auf vertraglicher Grundlage Lizenzen zu fordern und bereits von der Beklagten gezahlte Lizenzen zu behalten. Unabhängig von den Angriffen der Revision gegen die tatrichterliche Annahme eines stillschweigenden Vertragsschlusses und die Fortgeltung des auf diese Weise zustande gekommenen Lizenzvertrags über die Kündigungserklärung der Beklagten hinaus kann hierauf die Verurteilung der Beklagten und die Abweisung ihrer Widerklage jedoch nicht gestützt werden, weil die Parteien ihre Vereinbarungen nicht schriftlich abgefaßt haben und der vom Berufungsgericht zugrunde gelegte Lizenzvertrag deshalb gemäß § 125 Satz 1 BGB wegen Verstoßes gegen das bis zum 31. Dezember 1998 zu beachtende und angesichts des Zeitpunkts des hier zu beurteilenden Vertragsschlusses deshalb auch insoweit maßgebliche (vgl. BGH, Urt. v. 11.12.2001 - KZR 13/00, GRUR 2002, 647 - Sabet/Massa, m.w.N.) Schriftformerfordernis des § 34 GWB in der bis dahin geltenden Fassung (a.F.) nichtig ist.
2. Das Formerfordernis des § 34 GWB a.F. erfaßt u.a. Verträge über die Benutzung von Schutzrechten, die dem Lizenznehmer Beschränkungen im Geschäftsverkehr auferlegen (§ 20 Abs. 1 GWB a.F.). Es gilt nicht etwa nur dann, wenn die vereinbarten Beschränkungen über den Inhalt des Schutzrechts hinausgehen , wie es in § 20 Abs. 1 GWB a.F. weiter heißt (st. Rspr.; etwa BGH, Urt. v. 17.3.1998 - KZR 42/96, GRUR 1998, 838 - Lizenz- und Beratungsvertrag ; Urt. v. 24.2.1975 - KZR 3/74, GRUR 1975, 498 - Werkstück-Verbindungsmaschinen ). Eine solche Einschränkung wäre mit dem Schutzzweck des § 34 GWB a.F. nicht vereinbar. Denn diese Vorschrift soll die Kartellbehörden und -gerichte in die Lage versetzen, auf schriftlich dokumentierter Grundlage zu prüfen, ob die tatsächlich getroffenen Vereinbarungen u.a. nach § 20 GWB a.F. unwirksam sind bzw. eine gesetzliche Ausnahme von einem Kartellverbot vorliegt (vgl. BGH, Urt. v. 9.3.1999 - KZR 23/97, GRUR 1999, 602 - Markant).
3. Der Lizenzvertrag der Parteien unterfällt § 34 GWB a.F.. Er hat nicht nur die Benutzung von Schutzrechten zum Gegenstand, sondern legt der Beklagten auch Beschränkungen im Geschäftsverkehr auf, weil die Parteien die Zahlung von Lizenzgebühren vereinbart haben. Diese Pflicht bedeutet eine Beschränkung im Geschäftsverkehr, weil hierdurch die Wettbewerbsposition der Beklagten beeinflußt wird, indem ihr Angebot auf dem Markt durch die Lizenzzahlungspflicht mit Kosten belastet wird.
Es gibt zwar auch Stimmen (vgl. Axster in Gemeinschaftskommentar zum GWB, 3. Aufl., §§ 20, 21 Rdn. 102 ff.), welche die Lizenzzahlungsverpflichtung als solche nicht bereits als zur Anwendung der Formvorschrift des § 34 GWB a.F. führende Beschränkung im Geschäftsverkehr ansehen, weil sie die Gegenleistung für die Benutzung des Schutzrechts darstellt. Dabei wird jedoch nicht hinreichend berücksichtigt, daß mit der Pflicht zur Lizenzzahlung
durchaus eine Belastung einhergehen kann, die über den Inhalt des Schutzrechts hinausgeht. Angesichts des Zwecks des § 34 GWB a.F. macht dies erforderlich , daß bereits wegen der vereinbarten Lizenzzahlungspflicht ein Vertrag über die Benutzung von Schutzrechten schriftlich abgefaßt wird und in dieser Form auf seine Vereinbarkeit mit dem Kartellrecht überprüft werden kann. Der Gegenmeinung ist der Bundesgerichtshof in seiner bisherigen Rechtsprechung auch nicht gefolgt. So hat sein Kartellsenat beispielsweise im Urteil vom 16. Oktober 1962 (KZR 11/61, GRUR 1963, 207 - Kieselsäure) ausgesprochen, daß eine über die Laufzeit des Schutzrechts hinausgehende Verpflichtung zur Entrichtung einer Lizenzgebühr grundsätzlich eine über den Inhalt des Schutzrechts hinausgehende Beschränkung i.S. des § 20 GWB a.F. darstelle (so auch z.B. Langen/Bunte/Hennig, KartR, 8. Aufl., § 34 GWB Rdn. 5). Schon dies deutete zumindest darauf hin, daß die Verpflichtung zur Zahlung von Lizenzgebühren bereits als Beschränkung des Lizenznehmers anzusehen ist. Im Urteil vom 17. Oktober 1968 (KZR 11/66, GRUR 1969, 409 - Metallrahmen) hat sich der Bundesgerichtshof in Übereinstimmung hiermit im Zusammenhang mit der Prüfung der Frage, ob der Lizenznehmer für die Nutzung eines nicht patentfähigen , aber (noch) nicht für nichtig erklärten Schutzrechts zahlen muß, dahin ausgedrückt, daß "die in der Verpflichtung zur Lizenzzahlung liegende Beschränkung im Geschäftsverkehr", solange die durch das Schutzrecht begründete Vorzugsstellung bestehe, nicht i.S. des § 20 Abs. 1 GWB über den Inhalt des Schutzrechts hinausgehen könne. Ähnlich heißt es im Urteil vom 14. November 1968 (BGHZ 51, 263, 267 - Silobehälter), daß es nach Sinn und Zweck des § 20 GWB gerechtfertigt sei, "die nicht über den Inhalt des künftigen Schutzrechts hinausgehenden Beschränkungen des Lizenznehmers..., insbesondere seine Verpflichtung zur Zahlung von Lizenzgebühren, als durch § 20 GWB kartellrechtlich gedeckt zu betrachten". Sich hierauf berufend hat auch der erkennende Senat im Urteil vom 26. Juni 1969 (X ZR 52/66, GRUR 1969, 677
- Rüben-Verladeeinrichtung) angenommen, daß in der Verpflichtung zur Li- zenzzahlung eine Beschränkung im Geschäftsverkehr liege.
4. Das Berufungsgericht wird deshalb das Klage- und Widerklagebegehren nach Maßgabe der Regeln über die ungerechtfertigte Bereicherung erneut zu prüfen haben (vgl. Senat, Urt. v. 14.5.2002 - X ZR 144/00, GRUR 2002, 787 - Abstreiferleiste). Dabei wird zu berücksichtigen sein, daß die Beklagte geltend gemacht hat, auch ein formloser Vertrag über eine einfache Lizenz sei nicht zustande gekommen, weil die Absicht der Parteien allein auf den Abschluß eines ausschließlichen Lizenzvertrags gerichtet gewesen sei. Dies gibt Anlaß, der Frage nachzugehen, ob die Beklagte ihre bisherigen Zahlungen überhaupt erbracht hat, um sich von einer bestimmten Forderung zu befreien. Diese Frage
ist jedenfalls dafür bedeutsam, ob die Beklagte sich auf die in § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Altern. BGB geregelte Alternative der Erfüllung einer Verbindlichkeit berufen kann.
Melullis Jestaedt Scharen
Keukenschrijver Asendorf

Das Patent hat die Wirkung, dass allein der Patentinhaber befugt ist, die patentierte Erfindung im Rahmen des geltenden Rechts zu benutzen. Jedem Dritten ist es verboten, ohne seine Zustimmung

1.
ein Erzeugnis, das Gegenstand des Patents ist, herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen;
2.
ein Verfahren, das Gegenstand des Patents ist, anzuwenden oder, wenn der Dritte weiß oder es auf Grund der Umstände offensichtlich ist, daß die Anwendung des Verfahrens ohne Zustimmung des Patentinhabers verboten ist, zur Anwendung im Geltungsbereich dieses Gesetzes anzubieten;
3.
das durch ein Verfahren, das Gegenstand des Patents ist, unmittelbar hergestellte Erzeugnis anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen.

(1) Das Patent hat ferner die Wirkung, daß es jedem Dritten verboten ist, ohne Zustimmung des Patentinhabers im Geltungsbereich dieses Gesetzes anderen als zur Benutzung der patentierten Erfindung berechtigten Personen Mittel, die sich auf ein wesentliches Element der Erfindung beziehen, zur Benutzung der Erfindung im Geltungsbereich dieses Gesetzes anzubieten oder zu liefern, wenn der Dritte weiß oder es auf Grund der Umstände offensichtlich ist, daß diese Mittel dazu geeignet und bestimmt sind, für die Benutzung der Erfindung verwendet zu werden.

(2) Absatz 1 ist nicht anzuwenden, wenn es sich bei den Mitteln um allgemein im Handel erhältliche Erzeugnisse handelt, es sei denn, daß der Dritte den Belieferten bewußt veranlaßt, in einer nach § 9 Satz 2 verbotenen Weise zu handeln.

(3) Personen, die die in § 11 Nr. 1 bis 3 genannten Handlungen vornehmen, gelten im Sinne des Absatzes 1 nicht als Personen, die zur Benutzung der Erfindung berechtigt sind.

Das Patent hat die Wirkung, dass allein der Patentinhaber befugt ist, die patentierte Erfindung im Rahmen des geltenden Rechts zu benutzen. Jedem Dritten ist es verboten, ohne seine Zustimmung

1.
ein Erzeugnis, das Gegenstand des Patents ist, herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen;
2.
ein Verfahren, das Gegenstand des Patents ist, anzuwenden oder, wenn der Dritte weiß oder es auf Grund der Umstände offensichtlich ist, daß die Anwendung des Verfahrens ohne Zustimmung des Patentinhabers verboten ist, zur Anwendung im Geltungsbereich dieses Gesetzes anzubieten;
3.
das durch ein Verfahren, das Gegenstand des Patents ist, unmittelbar hergestellte Erzeugnis anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 48/03 Verkündet am:
4. Mai 2004
Wermes
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
Flügelradzähler

a) Ein Mittel bezieht sich im Sinne des § 10 PatG auf ein wesentliches Element
der Erfindung, wenn es geeignet ist, mit einem oder mehreren
Merkmalen des Patentanspruchs bei der Verwirklichung des geschützten
Erfindungsgedankens funktional zusammenzuwirken. Ein für die technische
Lehre der Erfindung völlig untergeordnetes Merkmal kann als nichtwesentliches
Element der Erfindung außer Betracht zu lassen sein.

b) Für die Beurteilung der Frage, wann der Austausch von Teilen einer Vorrichtung
deren Neuherstellung gleichkommt, bedarf es einer die Eigenart
des patentgeschützten Erzeugnisses berücksichtigenden Abwägung der
schutzwürdigen Interessen des Patentinhabers an der wirtschaftlichen
Verwertung der Erfindung einerseits und des Abnehmers am ungehinderten
Gebrauch der in den Verkehr gebrachten konkreten erfindungsgemäßen
Vorrichtung andererseits.
BGH, Urteil vom 4. Mai 2004 - X ZR 48/03 - OLG Frankfurt a. M.
LG Frankfurt a. M.
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 4. Mai 2004 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis und die Richter
Scharen, Keukenschrijver, Dr. Meier-Beck und Asendorf

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 20. Februar 2003 aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zu anderweiter Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin nimmt die Beklagte auf der Grundlage eines Lizenzvertrages mit der Patentinhaberin aus dem mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patent 388 736 (Klagepatent) auf Unterlas-
sung, Rechnungslegung und Feststellung ihrer Verpflichtung zum Schadensersatz in Anspruch.
Das Klagepatent beruht auf einer Anmeldung vom 9. März 1990; der Hinweis auf seine Erteilung ist am 21. September 1994 bekanntgemacht worden. Patentanspruch 1 lautet:
"Flügelradzähler, mit einem Gehäuse (64), in dem ein Einlaß (66) und ein Auslaß (68) ausgebildet ist, mit einem vom Gehäuse (64) umgebenen Meßbecher (14), in dem ein Flügelrad gelagert ist, das mit einem Zählwerk (16) verbunden ist, wobei eine den Meßbecher (14), das Flügelrad (26) und das Zählwerk (16) aufweisende Einheit abnehmbar an dem Gehäuse (64) angebracht ist, dadurch gekenn- zeichnet, daß in dem Gehäuse (64) ein Einsatz (40) mit einer schrägen, auf den Meßbecher (14) zu weisenden, sich an dem Einlaß (66) anschließenden Anströmfläche (44) angeordnet ist, gegen welchen der Meßbecher (14) sich dichtend abstützt."
Die nachstehend wiedergegebene Figur 5 der Klagepatentschrift zeigt eine teilweise aufgebrochene Schnittansicht eines erfindungsgemäßen Flügelradzählers in montiertem Zustand.

Die Klägerin bringt Flügelradzähler sowie teils zur Unter-Putz-, teils zur Auf-Putz-Montage bestimmte Gehäuse für Flügelradzähler mit einem nur von ihr verwendeten Innengewindemaß in den Verkehr. Die Beklagte vertreibt ihrerseits unter der Bezeichnung "M. " Meßkapseln, die in die Gehäuse der Klägerin eingeschraubt werden können und in die Unter-Putz-Gehäuse der Klägerin unstreitig auch eingeschraubt wurden. Die nachstehend wiedergegebene Zeichnung (Anl. K 14) zeigt eine derartige, in ein Gehäuse der Klägerin eingesetzte Meßkapsel.

Die Klägerin sieht in dem Vertrieb der Meßkapseln eine mittelbare Verletzung des Klagepatents. Das Landgericht hat ihre Klage abgewiesen; die Berufung ist ohne Erfolg geblieben (OLG Frankfurt, GRUR-RR 2003, 201).
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Berufungsanträge weiter. Die Beklagte tritt dem Rechtsmittel entgegen.

Entscheidungsgründe:


Die zulässige Revision hat Erfolg und führt zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.
I. Das Klagepatent betrifft einen Flügelradzähler, mit dem die Durchflußmenge von Flüssigkeiten erfaßt werden kann und der insbesondere als
Wasserzähler zur Verbrauchsmessung eingesetzt wird. Der Flügelradzähler weist ein Gehäuse mit einem Einlaß und einem Auslaß auf, das einen Meßbecher umgibt, in dem ein mit einem Zählwerk verbundenes Flügelrad gelagert ist. Meßbecher, Flügelrad und Zählwerk bilden eine Einheit, die abnehmbar an dem Gehäuse angebracht ist. Diese Einheit kann demgemäß separat ausgetauscht und etwa geeicht werden, während das Meßwerksgehäuse mit den Anschlüssen für die zu messende Flüssigkeit an Ort und Stelle, beispielsweise in einer Wand, verbleibt.
Die Klagepatentschrift erläutert, daß es als wünschenswert angesehen werde, den gleichen Zähler für unterschiedlich tief in der Wand verlegte Rohre verwenden zu können. Hierzu sei es bekannt, durch einen Ein- und Auslaß trennenden T-förmigen Einsatz auch große Verlegungstiefen zu überbrücken, indem ein Anschlußrohr, in dem der Einsatz und damit der Einlaß- und Auslaßkanal nebeneinander geführt seien, in den gewünschten Längen vorgehalten oder an Ort und Stelle entsprechend abgelängt werde. Diese Lösung sei jedoch vergleichsweise aufwendig. Zudem erlaube sie nicht die in manchen Anwendungsfällen wünschenswerte tangential-radiale Anströmung des Flügelrades und führe zu einer ungleichmäßigen Beaufschlagung des Flügelrads.
Einen weiteren Nachteil der bekannten Flügelradzähler sieht die Klagepatentschrift in der Ablagerung von Kalk und sonstigen Verschmutzungen, die nicht nur die hydrodynamischen Verhältnisse beeinflußten, sondern vor allem das Austauschen der Meßeinheit erschwerten, die dazu neige, an der Trennfuge zwischen Einsatz und Meßeinheit festzubacken.
Die Klagepatentschrift bezeichnet es als Aufgabe der Erfindung, einen kostengünstigen, hydrodynamisch verbesserten Flügelradzähler zu schaffen,
der konstruktionsbedingt weniger zum Festbacken neigt und dennoch für hohe Durchsätze auch bei mitteltief versenkt eingebauten Wasserrohren geeignet ist. In Übereinstimmung hiermit hat das Berufungsgericht das der Erfindung zugrundeliegende technische Problem darin gesehen, die Hydrodynamik des anströmenden Wassers im Sinne einer möglichst gleichmäßigen und wirbelfreien Beaufschlagung des Flügelrades zu verbessern, die Gefahr eines Festbakkens der Meßeinheit zu vermindern und ein Gehäuse zu konstruieren, das sich für mitteltief eingebaute Wasserrohre eignet und kostengünstiger als der im Stand der Technik verwirklichte Tiefenausgleich ist. Das wird weder von der Revision noch von der Revisionsbeklagten angegriffen und läßt keinen Rechtsfehler erkennen.
Die erfindungsgemäße Lösung dieses technischen Problems besteht in folgender Merkmalskombination:
1. Der Flügelradzähler weist ein Gehäuse auf, 1.1 in dem ein Einlaß und ein Auslaß ausgebildet sind und 1.2 in dem ein Einsatz angeordnet ist.
2. Es ist eine (Meß-)Einheit vorgesehen, die aufweist: 2.1 einen von dem Gehäuse umgebenen Meßbecher, 2.2 ein in dem Meßbecher gelagertes Flügelrad und 2.3 ein mit dem Flügelrad verbundenes Meßwerk.
3. Die (Meß-)Einheit ist abnehmbar an dem Gehäuse angebracht.
4. Der Einsatz ist mit einer Anströmfläche versehen, die 4.1 sich an den Einlaß anschließt, 4.2 schräg verläuft und 4.3 auf den Meßbecher zu weist.
5. Der Meßbecher stützt sich dichtend gegen den Einsatz ab.
II. Da die Beklagte mit den angegriffenen Meßkapseln nur die Meßeinheit im Sinne des Merkmals 2 in den Verkehr bringt, scheidet eine unmittelbare Verletzung des Klagepatents, wie auch die Klägerin nicht verkennt, aus. Mit Erfolg wendet sich die Revision jedoch dagegen, daß das Berufungsgericht angenommen hat, die Beklagte habe auch nicht dem sich aus § 10 PatG ergebenden Verbot zuwidergehandelt, ohne Zustimmung des Patentinhabers im Geltungsbereich des Patentgesetzes anderen als zur Benutzung der Erfindung berechtigten Personen Mittel, die sich auf ein wesentliches Element der Erfindung beziehen, zur Benutzung der Erfindung im Geltungsbereich des Patentgesetzes in Kenntnis des Umstandes anzubieten oder zu liefern, daß diese Mittel dazu geeignet und bestimmt sind, für die Benutzung der Erfindung verwendet zu werden.
1. Das Berufungsgericht hat dahinstehen lassen, ob die Lieferung der Meßkapseln zur Benutzung der Erfindung führt, wenn die Meßkapseln auf die Unter-Putz-Gehäuse der Klägerin geschraubt werden.

a) Das Landgericht hat dies mit der Begründung verneint, daß die Anströmfläche in diesem Gehäuse nicht in einem Einsatz, sondern im Gehäusekörper selbst ausgebildet sei. Das Berufungsgericht hat demgegenüber angenommen , daß zwar eine wortsinngemäße Benutzung der Erfindung zu ver-
neinen sei, jedoch eine Benutzung der Erfindung mit äquivalenten Mitteln in Betracht komme. Mit der entsprechenden Ausbildung des Gehäusekörpers würden die Wirkungen des Einsatzes (Merkmal 1.2) und der darin vorgesehenen , entsprechend Merkmal 4 ausgestalteten Anströmfläche erzielt. Indem das Gehäuse mit einer schrägen Anströmfläche versehen sei, die in einem 45-GradWinkel auf die Stirnseite des Meßbechers zulaufe und ihn dadurch teilweise unmittelbar und teilweise tangential beaufschlage, wobei der Einlaß in das Gehäuse niedriger als die Stirnseite des Meßbechers liege und sich diese nur mit einer kleinen O-Dichtung um den Auslaß auf das Gehäuse aufstütze (Merkmal 5), würden die angestrebten konstruktiven Vorteile sowie eine gleichmäßige und wirbelfreie Beaufschlagung des Meßbechers erreicht und Kalk- und Schmutzablagerungen an den voneinander zu lösenden Teilen minimiert.

b) Das Berufungsgericht hat damit die objektive Gleichwirkung als erste Voraussetzung einer Einbeziehung der vom Wortsinn des Patentanspruchs abweichenden Ausgestaltung des Flügelradzählers in den Schutzbereich des Klagepatents rechtsfehlerfrei bejaht. Die Rüge der Revisionserwiderung , das Berufungsgericht habe die Gleichwirkung für den im Gehäuse angeordneten Einsatz nur anhand der Vorteile geprüft, welche die Patentschrift für die Anströmfläche mitteile, und das Merkmal 1.2 schlicht weggelassen, was auf den Schutz einer Unterkombination hinauslaufe, ist nicht begründet. Denn aus dem Zusammenhang der Ausführungen des Berufungsgerichts ergibt sich, daß es das Ersatzmittel für den Einsatz darin gesehen hat, daß der untere Teil des Gehäusekörpers jenseits seiner eigentlichen Gehäusefunktion so ausgestaltet ist, daß er die Anströmfläche ausformt, die bereitzustellen nach den Feststellungen des Berufungsgerichts die Funktion des Einsatzes ist.
Dagegen kann die Revisionsbeklagte auch nicht mit Erfolg einwenden, das Klagepatent erstrebe eine flexible und kostengünstige Lager- und Vorratshaltung , weil mit einer Bauart des Gehäuses und unterschiedlichen Einsätzen eine kostengünstige Anpassung an unterschiedliche Anforderungen ermöglicht werde. Derartiges hat das Berufungsgericht nicht festgestellt, und die Revisionserwiderung zeigt insoweit einen Verfahrensfehler nicht auf. Der von ihr angegebenen Stelle im Schriftsatz der Beklagten vom 14. Februar 2001 ist eine entsprechende Behauptung zur Bedeutung des Einsatzes nicht zu entnehmen; im übrigen ist auch nicht erkennbar, welchen Sinn unterschiedliche Einsätze ergeben sollten, die jedenfalls in ein- und demselben Gehäuse keine unterschiedlichen Höhen haben könnten. Soweit die Revisionsbeklagte schließlich meint, die Verwendung eines Einsatzes solle zudem die Möglichkeiten eröffnen, für diesen einen geeigneten Werkstoff auszuwählen, an dem sich weniger Kalk ablagere als an dem Grundmaterial Messing des Gehäuses, und schließlich Verdrehsicherungen mit zwei Stellungen vorzusehen, die es erlauben, den Einsatz um 180° zu drehen, um die Meßrichtung des Flügelrad zählers umzukehren , sind damit zwei Maßnahmen angesprochen, die die Klagepatentschrift als fakultativ beschreibt. Auch wenn der Fachmann sie nicht nutzt, folgt er der Lehre des Patentanspruchs 1. Es ist daher nicht zu beanstanden, wenn das Berufungsgericht auch von der angegriffenen Ausführungsform angenommen hat, sie erziele sämtliche Wirkungen, die nach Patentanspruch 1 zusammenkommen müssen, um die technische Lehre dieses Anspruchs zu verwirklichen (vgl. Sen.Urt. v. 28.6.2000 - X ZR 128/98, GRUR 2000, 1005, 1006 - Bratgeschirr).

c) Nicht abschließend entschieden hat das Berufungsgericht, ob
(2.) seine Fachkenntnisse den Fachmann am Prioritätstag befähigten , die abgewandelten Mittel als gleichwirkend aufzufinden und ob
(3.) darüber hinaus die Überlegungen, die der Fachmann hierzu anstellen mußte, derart am Sinngehalt der im Patentanspruch unter Schutz gestellten technischen Lehre orientiert sind, daß der Fachmann die abweichende Ausführung mit ihren abgewandelten Mitteln als eine der wortsinngemäßen gleichwertige Lösung in Betracht zog (BGHZ 150, 149, 154 - Schneidmesser

I).


Hiervon ist daher für die weitere revisionsrechtliche Prüfung zugunsten der Klägerin auszugehen.
2. Das Berufungsgericht hat im Ergebnis ebenfalls dahinstehen lassen , ob die Beklagte mit den angegriffenen Meßkapseln Mittel, die sich auf ein wesentliches Element der Erfindung beziehen, angeboten und geliefert hat. Lege man eine in Literatur und Rechtsprechung vertretene Auffassung zugrunde, nach der wesentlich solche Elemente der Erfindung seien, die nach der Patentschrift für die Ausführung der geschützten technischen Lehre erforderlich seien und diese vom Stand der Technik unterschieden, könne zweifelhaft sein, ob die Meßkapseln von § 10 PatG erfaßt würden. Nach der Klagepatentschrift komme es nämlich auf die Ausgestaltung der Meßkapsel nur insoweit an, als diese an dem die Erfindung ausmachenden Gehäuse an- und abgeschraubt werden könne und sich im angeschraubten Zustand mit dem Meßbecher gegen den Einsatz bzw. gegen das Gehäuse dichtend abstütze. Andererseits könnte zu berücksichtigen sein, daß die von der Beklagten gelieferte Meßkapsel insbe-
sondere nach den Maßen ihres Schraubgewindes ausschließlich dazu bestimmt sei, mit den Gehäusen der Klägerin zu den erfindungsgemäßen Flügelradzählern verbunden zu werden.
Die vom Berufungsgericht unentschieden gelassene Frage ist nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen zugunsten der Klägerin zu beantworten; die Meßkapseln der Beklagten stellen Mittel dar, die sich auf ein wesentliches Element der Erfindung beziehen.

a) Das von der Rechtsprechung entwickelte Institut der mittelbaren Patentverletzung ist durch § 10 PatG erstmals gesetzlich geregelt worden. Da diese Vorschrift der entsprechenden für das Gemeinschaftspatentübereinkommen vorgesehenen Regelung (Art. 30 GPÜ 1975 = Art. 26 GPÜ 1989) nachgebildet ist, kann die zum alten deutschen Patentrecht ergangene Rechtsprechung zu ihrem Verständnis nicht oder jedenfalls nicht ohne weiteres herangezogen werden. Insbesondere hat das für die Reichweite des Verbots der richterrechtlich entwickelten mittelbaren Patentverletzung entscheidende Kriterium der Anpassung der gelieferten Mittel an den Erfindungsgedanken ("erfindungsfunktionelle Individualisierung") keinen Eingang in das Gesetz gefunden (vgl. Denkschrift der Bundesregierung zum Gemeinschaftspatentübereinkommen, BTDrucks. 8/2074, 124 = BlPMZ 1979, 325, 333).
Vor ihrer gesetzlichen Regelung ist die sogenannte mittelbare Patentverletzung als besondere Form der Teilnahme an fremder Patentverletzung gesehen worden, die demgemäß eine unmittelbare Patentverletzung als "Haupttat" erforderte (statt aller BGHZ 82, 254, 257 f. - Rigg). Demgegenüber setzt der verselbständigte Tatbestand des § 10 Abs. 1 PatG keine unmittelbare Verletzung des Patents durch den mit den sich auf ein wesentliches Element der Er-
findung beziehenden Mitteln belieferten Abnehmer voraus (Sen.Urt. v. 10.10.2000 - X ZR 176/98, GRUR 2001, 228, 231 - Luftheizgerät). Unbeschadet dessen erweitert § 10 PatG nicht den - durch den Patentanspruch definierten - immateriellen Schutzgegenstand (BGHZ 115, 204, 208 - beheizbarer Atemluftschlauch ), dessen Nutzung ausschließlich dem Patentinhaber zugewiesen ist, sondern soll den Patentinhaber im Vorfeld drohender Verletzung vor dem Eingriff in diesen Schutzgegenstand schützen. Der Tatbestand des § 10 Abs. 1 PatG kann deshalb auch als Patentgefährdungstatbestand bezeichnet werden (BGH aaO - beheizbarer Atemluftschlauch; Benkard, Patentgesetz, 9. Aufl., § 10 Rdn. 2; Busse, Patentgesetz, 6. Aufl., § 10 Rdn. 13; Holzapfel, GRUR 2002, 193, 194; König, Mitt. 2000, 10, 11; Mes, GRUR 1998, 281). Seine Schutzrichtung wird insbesondere daran deutlich, daß § 10 Abs. 1 PatG kein absolutes Verbot der Lieferung der sich auf ein wesentliches Element der Erfindung beziehenden Mittel enthält, sondern nur dann eingreift, wenn die Mittel nicht nur zur Benutzung der Erfindung geeignet, sondern auch hierzu bestimmt sind. Aus demselben Grund muß die Lieferung auch zur Benutzung der Erfindung im Geltungsbereich des Patentgesetzes erfolgen; nur dann ist sie geeignet , das Verbietungsrecht des Patentinhabers aus § 9 PatG zu gefährden.

b) Vor dem Hintergrund dieses Gesetzeszwecks beschränkt das Tatbestandsmerkmal der "Mittel, die sich auf ein wesentliches Element der Erfindung beziehen", das Vorfeldverbot auf die Lieferung solcher Mittel, die nach ihrer Wirkungsweise geeignet sind, einen Eingriff in den Schutzgegenstand nach sich zu ziehen. (Nur) insofern besteht funktional eine Übereinstimmung mit den "erfindungsfunktionell individualisierten Mitteln" des früheren Richterrechts. Das Gesetz verwirklicht diese Einschränkung jedoch nicht bei der Anpassung der Mittel selbst, sondern bei ihrer Beziehung zu der Erfindung. Das zeigt insbesondere § 10 Abs. 2 PatG. Denn nach dieser Vorschrift können auch
allgemein im Handel erhältliche und daher typischerweise der Erfindung nicht angepaßte Mittel Mittel im Sinne des Absatzes 1 sein. § 10 Abs. 2 PatG nimmt solche Mittel von dem Verbot des Absatzes 1 nicht schlechthin aus, sondern verschärft nur die Anforderungen an den subjektiven Tatbestand, da das Verbot bei allgemein im Handel erhältlichen Erzeugnissen lediglich dann eingreift, wenn der Dritte den Abnehmer bewußt veranlaßt, in einer nach § 9 Satz 2 PatG verbotenen Weise zu handeln. Ein Mittel bezieht sich dabei auf ein wesentliches Element der Erfindung, wenn es geeignet ist, mit einem solchen Element bei der Verwirklichung des geschützten Erfindungsgedankens funktional zusammenzuwirken. Denn aus dieser Eignung ergibt sich die von der Ausgestaltung des Mittels selbst unabhängige besondere Gefahr, mit der Lieferung des Mittels zu einem Eingriff in den Schutzgegenstand des Patentrechts beizutragen und diesen zu fördern. Die Privilegierung des § 10 Abs. 2 PatG erklärt sich in diesem Zusammenhang aus der Erwägung, daß es dem Anbieter von Gegenständen , die allgemein und unabhängig von einer bestimmten Verwendung gehandelt werden, auch dann nicht angesonnen werden kann, die Verwendungsabsichten seiner Abnehmer zu kontrollieren, wenn im Einzelfall die Bestimmung zu einer erfindungsgemäßen Verwendung offenkundig sein sollte.

c) Das Kriterium der Eignung des Mittels, mit einem wesentlichen Element der Erfindung bei der Verwirklichung des geschützten Erfindungsgedankens funktional zusammenzuwirken, schließt solche Mittel aus, die - wie etwa die für den Betrieb einer geschützten Vorrichtung benötigte Energie - zwar bei der Benutzung der Erfindung verwendet werden können, zur Verwirklichung der technischen Lehre der Erfindung jedoch nichts beitragen. Leistet ein Mittel einen solchen Beitrag, wird es demgegenüber im allgemeinem nicht darauf ankommen , mit welchem Merkmal oder welchen Merkmalen des Patentanspruchs das Mittel zusammenwirkt. Denn was Bestandteil des Patentanspruchs ist, ist
regelmäßig bereits deshalb auch wesentliches Element der Erfindung. Der Patentanspruch definiert die geschützte Erfindung und begrenzt den dem Patentinhaber gewährten Schutz auf Benutzungsformen, die sämtliche Merkmale der Erfindung verwirklichen. Spiegelbildlich zu dieser schutzbegrenzenden Funktion jedes einzelnen Merkmals ist jedes einzelne Merkmal grundsätzlich auch tauglicher Anknüpfungspunkt für ein Verbot der Lieferung von Mitteln im Sinne des § 10 PatG. Insbesondere ist es nicht möglich, die wesentlichen Elemente einer Erfindung danach zu bestimmen, ob sie den Gegenstand des Patentanspruchs vom Stand der Technik unterscheiden. Denn nicht selten sind sämtliche Merkmale eines Patentanspruchs als solche im Stand der Technik bekannt. Ein taugliches Abgrenzungskriterium läßt sich deshalb hieraus nicht gewinnen.

d) Im Streitfall kann dahinstehen, unter welchen Voraussetzungen gegebenenfalls ein für die technische Lehre der Erfindung völlig untergeordnetes Merkmal als nicht-wesentliches Element der Erfindung anzusehen ist. Denn die Meßkapseln der Beklagten stellen jedenfalls Mittel dar, die sich auf ein wesentliches Element der Erfindung nach dem Klagepatent beziehen. Sie sind entsprechend Merkmal 2 ausgebildet und dazu geeignet und bestimmt, mit den von der Klägerin gelieferten Gehäusen zusammenzuwirken, die - wie revisionsrechtlich zu unterstellen ist - die Merkmale 1 und 4 verwirklichen; an diesen Gehäusen sind sie entsprechend Merkmal 3 angebracht, und auf diesen stützen sie sich entsprechend Merkmal 5 ab. Erst aus der Kombination von Gehäuse und Meßeinrichtung ergibt sich der unter Schutz gestellte Flügelradzähler.
3. Das Berufungsgericht hat eine mittelbare Patentverletzung mit der Begründung verneint, daß die Beklagte ihre Meßkapseln nur an zur Benutzung der Erfindung berechtigte Personen liefere. Die Klägerin liefere selbst UnterPutz -Gehäuse - gemeinsam mit ihren eigenen Meßkapseln, aber auch isoliert,
deren patentrechtlicher Schutz durch diese Lieferung erschöpft sei. Die Beklagte liefere eine dazu passende, aber für sich gesehen ebenfalls patentfreie Meßkapsel aus dem gemeinfreien Stand der Technik. Bei den Kunden der Klägerin fänden sich somit zwei jeweils patentfreie Gegenstände, die erst dort zu einem Flügelradzähler kombiniert würden. Eine dem Patentinhaber vorbehaltene Herstellung des erfindungsgemäßen Erzeugnisses sei darin nicht zu sehen, weil ein Kombinationserzeugnis vorliege, bei dem bestimmungsgemäß ein Teil, nämlich die Meßkapsel, ausgetauscht werden könne und müsse, wenn es verschlissen bzw. beschädigt sei, und bei dem sich die für den Patentschutz wesentlichen Erfindungsgedanken nicht in der Meßkapsel, sondern allein in dem Gehäuse wiederfänden. Das entspreche auch den von der Beklagten geschilderten Marktverhältnissen und der eigenen werblichen Präsentation der Klägerin. Die Beklagte habe nachvollziehbar dargelegt, daß sich ein Bauträger beim Einbau von Unter- bzw. Auf-Putz-Anschlußgehäusen wegen der erheblichen Folgekosten für den Einbau und Austausch der Meßkapseln die Möglichkeit zu einem Produkt- und Anbieterwechsel offenhalten müsse, wie auch die große Zahl der auf dem Markt erhältlichen Adapter belege. Auch die Klägerin, die auf den Patentschutz nicht hinweise, trete den entsprechenden Kundenerwartungen nicht entgegen. Aus den entsprechenden Gründen stünden der Klägerin die geltend gemachten Ansprüche auch nicht im Hinblick auf die Möglichkeit zu, die Meßkapseln der Beklagten auf die Auf-Putz-Gehäuse der Klägerin aufzuschrauben , ohne daß es auf den Streit der Parteien ankomme, ob eine solche Verwendung der Meßkapseln praktisch in Betracht komme.
Das rügt die Revision zu Recht als rechtsfehlerhaft.

a) Es kann dahinstehen, ob durch das Inverkehrbringen der UnterPutz -Gehäuse der Klägerin das auf diese Gehäuse bezogene Verbietungsrecht
der Klägerin nach § 10 PatG erschöpft ist. Denn dadurch ist, wie auch die Revisionserwiderung einräumt, jedenfalls nicht das Ausschließlichkeitsrecht der Klägerin an dem Gegenstand des Klagepatents erschöpft, kraft dessen die Klägerin jedem Dritten untersagen kann, ohne ihre Zustimmung den erfindungsgemäßen Flügelradzähler herzustellen oder in den Verkehr zu bringen (§ 9 Satz 2 Nr. 1 PatG). Soweit mit der Verbindung von Gehäuse (der Klägerin) und Meßkapsel (der Beklagten) erstmals der geschützte Flügelradzähler hergestellt wird, scheidet eine Erschöpfung des Patentrechts daher aus (vgl. BGHZ 143, 268, 270 - Karate; Sen.Urt. v. 13.3.2003 - X ZR 100/00, GRUR 2003, 507, 511 - Enalapril).

a) Zu Unrecht beruft sich das Berufungsgericht für seinen gegenteiligen Standpunkt auf das Urteil des Senats vom 26.9.1996 (X ZR 72/94, GRUR 1997, 116 - Prospekthalter). In dem betreffenden Fall hatte das Berufungsgericht angenommen , eine Erschöpfung des Klagepatents sei nicht eingetreten, weil die von dem Lizenznehmer des Patentinhabers befugt angebotenen und vertriebenen Prospekthalter zwar die Möglichkeit einer Reduzierung des Aufnahmeraums durch Zwischenstücke (Einsätze) böten, derartige einem Unteranspruch des Klagepatents entsprechende Ergänzungen von ihm aber nicht geliefert worden seien. Der Senat hat diese Erwägung mit der Begründung verworfen, daß das Berufungsgericht den Schutzumfang des Klagepatents verkannt habe. Gegenstand des betreffenden Unteranspruchs sei nicht die bereits mit einem Einsatz versehene Halterung, sondern eine Halterung, die die Möglichkeit biete, sie mit Einsätzen so zu ergänzen, daß eine Art Zwischenboden entstehe und so die Möglichkeit eröffnet werde, auch Prospektmaterial kleineren Formats einzubringen. Damit beziehe sich der Anspruch auf eine bestimmte Ausgestaltung des Halters selbst, d.h. dessen Eignung, mit Hilfe eines Zwischenstücks verän-
dert zu werden. Erschöpfung war danach nicht deshalb eingetreten, weil der Lizenznehmer einen Teil des geschützten Gegenstandes, sondern weil er den geschützten Gegenstand insgesamt in den Verkehr gebracht hatte.

b) Aus den Feststellungen des Berufungsgerichts ergibt sich auch nicht, daß die Klägerin der Herstellung des erfindungsgemäßen Erzeugnisses durch Verbindung ihres Unter-Putz-Gehäuses mit der Meßkapsel der Beklagten zugestimmt hat. Eine solche Zustimmung muß allerdings nicht ausdrücklich erteilt werden, sondern kann auch stillschweigend erfolgen (vgl. BGH, Urt. v. 24.9.1979 - KZR 14/78, GRUR 1980, 38, 39 - Fullplastverfahren). Allein der Umstand, daß die Klägerin auf den zu ihren Gunsten bestehenden Patentschutz nicht ausdrücklich hinweist, genügt hierfür jedoch ebensowenig wie die vom Berufungsgericht angeführte Erwartung des Verkehrs, sich beim Einbau von Unter- oder auch Auf-Putz-Anschlußgehäusen wegen der erheblichen Folgekosten für den Einbau und Austausch von Meßkapseln die Möglichkeit zu einem Produkt- oder Anbieterwechsel offenhalten zu können. Mag diese Erwartung auch im allgemeinen bestehen und berechtigt sein, so ist sie doch dann unbegründet, wenn ein solcher Wechsel wegen des an einem bestimmten Flügelradzähler bestehenden Patentschutzes gerade nicht ohne Zustimmung des Patentinhabers möglich ist. Ob er eine solche Zustimmung erteilt, steht dem Patentinhaber frei; diese Befugnis macht den wesentlichen Inhalt seines Ausschließlichkeitsrechts aus. Dies schließt es zwar nicht aus, bei der Beurteilung, wie Erklärungen und Verhalten des Patentinhabers von denjenigen, an die sie sich wenden, redlicherweise zu verstehen sind, die Verkehrsvorstellungen zu berücksichtigen, macht jedoch die Feststellung einer jedenfalls konkludent erklärten Zustimmung nicht entbehrlich.

b) Die Beurteilung des Berufungsgerichts hält aber auch für diejenigen Fälle revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand, in denen die Abnehmer von der Klägerin komplette Flügelradzähler erworben haben und bei einem notwendigen Austausch der Meßeinheit die Meßeinheit der Klägerin durch die angegriffene Meßkapsel der Beklagten ersetzen.
In diesen Fällen handelt es sich bei den Abnehmern zwar um Personen, die ein mit Zustimmung der Patentinhaberin in den Verkehr gebrachtes erfindungsgemäßes Erzeugnis erworben haben, hinsichtlich dessen das Patentrecht erschöpft ist und zu dessen bestimmungsgemäßem Gebrauch sie berechtigt sind, mit der weiteren Folge, daß die Abnehmer insoweit auch im Sinne des § 10 PatG zur Benutzung der Erfindung berechtigt sind. Mit dem Austausch der Meßkapseln überschreiten die Abnehmer jedoch die Grenzen des bestimmungsgemäßen Gebrauchs und stellen erneut das erfindungsgemäße Gesamterzeugnis her; die Lieferung von Meßkapseln an solche Abnehmer ist daher gleichfalls nach § 10 PatG verboten.

a) Zwar gehört zu dem bestimmungsgemäßen Gebrauch eines patentgeschützten Erzeugnisses auch die Erhaltung und Wiederherstellung der Gebrauchstauglichkeit, wenn die Funktions- oder Leistungsfähigkeit des konkreten Erzeugnisses ganz oder teilweise durch Verschleiß, Beschädigung oder aus anderen Gründen beeinträchtigt oder aufgehoben ist. Von der Wiederherstellung einer aufgehobenen oder beeinträchtigten Gebrauchstauglichkeit eines mit Zustimmung des Patentinhabers in den Verkehr gelangten Erzeugnisses kann jedoch dann nicht mehr gesprochen werden, wenn die getroffenen Maßnahmen darauf hinauslaufen, tatsächlich das patentgemäße Erzeugnis erneut herzustellen (BGH, Urt. v. 21.11.1958 - I ZR 129/57, GRUR 1959, 232, 234
- Förderrinne; Sen.Urt. v. 8.3.1973 - X ZR 6/70, GRUR 1973, 518, 520 - Spielautomat II; s. auch House of Lords, ENPR 2000, 324 - United Wire Limited v. Screen Repair Services [Scotland] Limited).

b) Für die Abgrenzung zwischen (zulässiger) Reparatur und (unzulässiger ) Neuherstellung ist danach maßgeblich, ob die getroffenen Maßnahmen noch die Identität des bereits in den Verkehr gebrachten konkreten patentgeschützten Erzeugnisses wahren (Ann, Festschrift für König, S. 17, 29 f.) oder der Schaffung eines neuen erfindungsgemäßen Erzeugnisses gleichkommen. Das kann regelmäßig nur unter Berücksichtigung der Eigenart des Gegenstands der Erfindung und unter Abwägung der einander widerstreitenden Interessen beurteilt werden.
Soweit es um die Wiederherstellung oder den Austausch einzelner Teile einer geschützten Gesamtvorrichtung ging, ist in der älteren Rechtsprechung in diesem Zusammenhang insbesondere berücksichtigt worden, ob es sich bei den betreffenden Teilen um erfindungsfunktionell individualisierte Teile handele. Sie genössen als Einzelelemente der geschützten Gesamtvorrichtung zwar keinen selbständigen Patentschutz; gleichwohl komme ihnen der gleiche Schutz zu (BGH, aaO GRUR 1959, 232, 234 - Förderrinne). Dementsprechend ist bereits in der Herstellung solcher Teile ein patentverletzendes Herstellen gesehen worden (BGHZ 2, 387, 391 f. - Mülltonne). Das ist jedoch mit der Definition des Schutzgegenstandes durch den Patentanspruch unvereinbar (vgl. Busse aaO § 9 Rdn. 68). Der Senat hat demgemäß bereits in der "Rigg"-Entscheidung ausgesprochen, daß eine unmittelbare Verletzung eines Kombinationspatents grundsätzlich nur zu bejahen sei, wenn die Verletzungsform von der Gesamtheit der Kombinationsmerkmale Gebrauch macht, und daß von diesem Grund-
satz allenfalls dann eng begrenzte Ausnahmen zugelassen werden könnten, wenn die angegriffene Ausführungsform alle wesentlichen Merkmale des geschützten Erfindungsgedankens aufweise und es zu ihrer Vollendung allenfalls noch der Hinzufügung selbstverständlicher, für den Erfindungsgedanken nebensächlicher Zutaten bedürfe. Nur dann könne es gleichgültig sein, ob der letzte, für die erfinderische Leistung unbedeutende Akt des Zusammenfügens der Gesamtvorrichtung von Dritten vorgenommen werde (BGHZ 82, 254, 256 - Rigg). Maßgeblich ist daher auch für die Abgrenzung zwischen bestimmungsgemäßem Gebrauch und (Neu-)Herstellung des geschützten Gegenstandes stets die Gesamtkombination.
Andererseits bedeutet dies jedoch nicht, daß es für die Frage, wann beim Austausch von Teilen einer Vorrichtung von deren Neuherstellung gesprochen werden kann, nur auf quantitative Kriterien ankäme. Vielmehr bedarf es einer die Eigenart des patentgeschützten Erzeugnisses berücksichtigenden Abwägung der schutzwürdigen Interessen des Patentinhabers an der wirtschaftlichen Verwertung der Erfindung einerseits und des Abnehmers am ungehinderten Gebrauch des in den Verkehr gebrachten konkreten erfindungsgemäßen Erzeugnisses andererseits (vgl. BGH, aaO GRUR 1959, 232, 235 - Förderrinne; Benkard aaO § 9 Rdn. 37). Dabei kann zum einen Bedeutung gewinnen, ob es sich bei den betreffenden Teilen um solche handelt, mit deren Austausch während der Lebensdauer der Vorrichtung üblicherweise zu rechnen ist (BGH, aaO GRUR 1959, 232, 234 - Förderrinne). Zum anderen kommt es aber auch darauf an, inwieweit sich gerade in den ausgetauschten Teilen die technischen Wirkungen der Erfindung widerspiegeln. Demgemäß liegt in dem Austausch eines Verschleißteils, das während der zu erwartenden Lebensdauer einer Maschine - gegebenenfalls mehrfach - ersetzt zu werden pflegt, regelmäßig keine Neuherstellung. Verkörpert gerade dieser Teil wesentliche Elemente des Erfin-
dungsgedankens, kann es jedoch anders liegen (vgl. LG Düsseldorf, GRUR Int. 1989, 695, 697). Denn wenn gerade durch den Austausch dieses Teils der technische oder wirtschaftliche Vorteil der Erfindung erneut verwirklicht wird, kann nicht gesagt werden, daß der Patentinhaber bereits durch das erstmalige Inverkehrbringen der Gesamtvorrichtung den ihm zustehenden Nutzen aus der Erfindung gezogen hätte (s. auch die von Lord Hoffmann im Fall United Wire v. Screen Repair [aaO] formulierte Frage "whether, having regard to the nature of the patented article, the defendant could be said to have made it").

g) Die für diese Abwägung erforderlichen tatrichterlichen Feststellungen hat das Berufungsgericht im Streitfall bereits getroffen. Da weitere Feststellungen insoweit weder notwendig noch zu erwarten sind, kann der Senat die abschließende Würdigung selbst vornehmen (vgl. BGHZ 146, 217, 224 - Temperaturwächter ). Danach ergibt sich, daß mit der Ersetzung der Meßeinheit des Flügelradzählers durch eine nicht von der Patentinhaberin stammende Meßkapsel der Flügelradzähler erneut im Sinne des § 9 Satz 2 Nr. 1 PatG hergestellt wird.
Die Meßkapsel enthält mit dem Meßbecher, dem darin gelagerten Flügelrad und dem Zählwerk mehrere Bestandteile der geschützten Gesamtvorrichtung (Merkmal 2). In die Kapselwand ist ein Gewinde eingeschnitten, das es erlaubt, die Kapsel entsprechend Merkmal 3 abnehmbar an dem Gehäuse anzubringen , und die Kapsel ist mit einem Dichtring versehen, so daß der Meßbecher sich dichtend gegen das Gehäuse bzw. den darin angeordneten Einsatz abstützen kann (Merkmal 5). Zwar wird das Gehäuse (Merkmale 1 und 1.1) mit dem Einsatz (Merkmal 1.2), durch dessen Ausgestaltung mit einer Merkmal 4 entsprechenden Anströmfläche das der Erfindung zugrundeliegende Problem
vornehmlich gelöst werden soll, nicht ersetzt. Die Meßkapsel wirkt jedoch, wie bereits ausgeführt, mit dem so ausgestalteten Gehäuse(einsatz) unmittelbar zusammen. Denn an und in der zugehörigen Meßkapsel werden, wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei festgestellt hat, die Vorteile der erfindungsgemäßen Lösung verwirklicht, daß eine gleichmäßige und wirbelfreie Beaufschlagung des Meßbechers (d.h. des darin gelagerten Flügelrades) erzielt und die Gefahr eines Aneinanderfestbackens von Meßkapsel und Gehäuse verringert wird. Zugleich wird damit die vom Klagepatent am Stand der Technik bemängelte erhöhte Lagerbelastung für das Flügelrad vermieden. Daher entsteht durch den Einsatz einer neuen Meßkapsel ein neuer, diese Vorteile aufweisender Flügelradzähler ; ihn in den Verkehr zu bringen, ist der Patentinhaberin und den von ihr hierzu Autorisierten vorbehalten.
Die Auffassung des Berufungsgerichts, das Zusammensetzen von Meßkapsel und Gehäuse sei eine technisch und systembedingte Ergänzung, die den Erfindungsgedanken und damit das Recht des Patentinhabers nicht berühre , vernachlässigt diesen Wirkungszusammenhang zwischen Gehäuse und Meßeinheit. Daher stellt auch der vom Berufungsgericht weiter angeführte Umstand , das Klagepatent setze selbstverständlich voraus, daß die Meßeinheit ausgetauscht werden könne, ebensowenig einen ergebnisrelevanten Gesichtspunkt dar wie der nachvollziehbare Wunsch der Abnehmer der erfindungsgemäßen Flügelradzähler, bei einem notwendigen Austausch der Meßeinheit auch auf andere Anbieter als die zur Benutzung des Klagepatents Berechtigten zurückgreifen zu können.
III. Eine abschließende Entscheidung des Rechtsstreits ist dem Senat gleichwohl nicht möglich, da das Berufungsgericht keine hinreichenden Feststellungen dazu getroffen hat, ob die Kombination der Unter-Putz-Gehäuse der
Klägerin und der Meßkapseln der Beklagten in den Schutzbereich des Klagepatents fällt, und hinsichtlich der Auf-Putz-Gehäuse der Klägerin nichts dazu festgestellt hat, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang diese von den Abnehmern mit den angegriffenen Meßkapseln versehen werden. Hierzu ist der Rechtsstreit daher an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Sollte das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gelangen, daß für die Meßkapseln der Beklagten sowohl eine patentgemäße als auch eine patentfreie Verwendung in Betracht kommt, wird es zu prüfen haben, ob dem durch ein entsprechend eingeschränktes Verbot Rechnung getragen werden kann (s. dazu Scharen, GRUR 2001, 995; OLG Düsseldorf, InstGE 2, 115, 121; LG Düsseldorf , Mitt. 2000, 108).
Sollte das Berufungsgericht eine Verpflichtung der Beklagten zum Schadensersatz bejahen, wird es zu beachten haben, daß der Klägerin ein eigener Schadensersatzanspruch, wie er mit dem Klageantrag geltend gemacht wird,
nur dann erwachsen sein kann, wenn ihr eine Dritte von der Benutzung ausschließende Berechtigung am Klagepatent zusteht, wie sie sich etwa aus einer ausschließlichen Lizenz ergibt (RGZ 83, 93, 95 f. - Laufflecke; Busse aaO § 139 Rdn. 22). Feststellungen zu einer solchen Berechtigung hat das Berufungsgericht bislang nicht getroffen.
Melullis Scharen Keukenschrijver
Meier-Beck Asendorf

(1) Das Patent hat ferner die Wirkung, daß es jedem Dritten verboten ist, ohne Zustimmung des Patentinhabers im Geltungsbereich dieses Gesetzes anderen als zur Benutzung der patentierten Erfindung berechtigten Personen Mittel, die sich auf ein wesentliches Element der Erfindung beziehen, zur Benutzung der Erfindung im Geltungsbereich dieses Gesetzes anzubieten oder zu liefern, wenn der Dritte weiß oder es auf Grund der Umstände offensichtlich ist, daß diese Mittel dazu geeignet und bestimmt sind, für die Benutzung der Erfindung verwendet zu werden.

(2) Absatz 1 ist nicht anzuwenden, wenn es sich bei den Mitteln um allgemein im Handel erhältliche Erzeugnisse handelt, es sei denn, daß der Dritte den Belieferten bewußt veranlaßt, in einer nach § 9 Satz 2 verbotenen Weise zu handeln.

(3) Personen, die die in § 11 Nr. 1 bis 3 genannten Handlungen vornehmen, gelten im Sinne des Absatzes 1 nicht als Personen, die zur Benutzung der Erfindung berechtigt sind.

Das Patent hat die Wirkung, dass allein der Patentinhaber befugt ist, die patentierte Erfindung im Rahmen des geltenden Rechts zu benutzen. Jedem Dritten ist es verboten, ohne seine Zustimmung

1.
ein Erzeugnis, das Gegenstand des Patents ist, herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen;
2.
ein Verfahren, das Gegenstand des Patents ist, anzuwenden oder, wenn der Dritte weiß oder es auf Grund der Umstände offensichtlich ist, daß die Anwendung des Verfahrens ohne Zustimmung des Patentinhabers verboten ist, zur Anwendung im Geltungsbereich dieses Gesetzes anzubieten;
3.
das durch ein Verfahren, das Gegenstand des Patents ist, unmittelbar hergestellte Erzeugnis anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen.

(1) Wird ein nichtiges Rechtsgeschäft von demjenigen, welcher es vorgenommen hat, bestätigt, so ist die Bestätigung als erneute Vornahme zu beurteilen.

(2) Wird ein nichtiger Vertrag von den Parteien bestätigt, so sind diese im Zweifel verpflichtet, einander zu gewähren, was sie haben würden, wenn der Vertrag von Anfang an gültig gewesen wäre.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
KZR 13/00 Verkündet am:
11. Dezember 2001
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Sabet/Massa
GWB § 34 Fassung: 20. Februar 1990; GWB § 18 Abs. 1 Nr. 2 Fassung:
20. Februar 1990
Ausschließlichkeitsbindungen im Sinne des § 18 GWB a.F. unterfallen dann nicht
dem Schriftformerfordernis nach § 34 GWB a.F., wenn sie sich aus dem Sinn und
Zweck des Vertrages oder aus Treu und Glauben ergeben (im Anschluß an BGHZ
84, 125, 127 - Selbstklebeetiketten).
BGH, Urt. v. 11. Dezember 2001 - KZR 13/00 - OLG Koblenz
LG Mainz
Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 11. Dezember 2001 durch den Präsidenten des Bundesgerichtshofes
Prof. Dr. Hirsch, den Vorsitzenden Richter Dr. MeluIlis und die
Richter Prof. Dr. Goette, Ball und Dr. Raum

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 23. Juni 2000 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin handelt mit handgeknüpften Orientteppichen. Die Beklagte betreibt als Tochterunternehmen des Metro-Konzerns SB-Märkte und Einrichtungshäuser in allen Teilen Deutschlands.
Zwischen der Klägerin und dem Metro-Konzern bzw. seinen Einkaufsanschluûbetrieben (im folgenden: EKA) bestand von 1988 an eine Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Orientteppichhandels. In diesem Rahmen haben die Klägerin und die Metro International AG (im folgenden: MIAG) am 6. Juli 1988 einen Rahmenvertrag abgeschlossen. Danach übernahm die MIAG die Zentralregulierung hinsichtlich des Inkasso für die an die EKA gelieferte Ware sowie eine Delkrederehaftung für die Bezahlung der Warenlieferungen. Hierfür sollte sie gemäû Ziff. 6 des Vertrags von der Klägerin eine Vergütung von 1,5 % des jeweils zu zahlenden Rechnungsbetrags erhalten und diesen bei Inkasso/ Regulierung der Rechnungen abziehen dürfen.
Am 28. März 1991 schloû die Klägerin mit der Metro International GmbH & Co. KG (im folgenden: MIKG), diese handelnd zugleich im eigenen Namen wie auch im Namen ihrer EKA und deren Niederlassungen, d.h. der Beklagten, einen Rahmenvertrag über den kommissionsweisen Verkauf von Orientteppichen in den Möbelmärkten der Beklagten. Darin übernahm die Beklagte gegen Zahlung einer umsatzabhängigen Provision die Verpflichtung, eine angemessene Verkaufsfläche für die von der Klägerin angelieferten Teppiche zur Verfügung zu stellen und den Kaufpreis von Kunden einzuziehen. Die Klägerin sollte pro Niederlassung mindestens einen Verkäufer stellen bzw. vorhandenes Personal der Beklagten übernehmen und mindestens sechsmal pro Jahr und Niederlassung eine Werbung auf eigene Kosten durchführen.
Unter inhaltlicher Bezugnahme auf Ausschlieûlichkeitsbindungen, die die Klägerin und die MIKG bereits in einer am 11. Mai 1988 geschlossenen Rahmenvereinbarung festgelegt hatten, vereinbarten nun auch die Parteien Kundenschutz zugunsten der Beklagten und - im Gegenzug - Lieferanten-
schutz zugunsten der Klägerin. Für den Fall vertragswidriger Direktverkäufe durch die Klägerin wurde vorgesehen, daû diese neben einer Vertragsstrafe die vereinbarte Provision zu zahlen hatte.
Nach dem 1. Januar 1994 setzten die Parteien - ohne weitere schriftliche Vereinbarung - den Vertrag fort und bezogen weitere Niederlassungen der Beklagten ein, nachdem die Klägerin für diese Niederlassungen das ihr nach dem Kommissionsvertrag vom 28. März 1991 zugebilligte "Eintrittsvorrecht" ausgeübt hatte.
In einem der im Kommissionsvertrag aufgeführten Märkte, dem Markt Offenburg, muûte die Klägerin dagegen die von ihr bislang mit Ware bestückte Orientteppichabteilung gegen ihren Willen zum 31. März 1994 räumen, weil diese Verkaufsstätte vom Metro-Konzern einer anderen Vertriebslinie zugeordnet und unter der Firmenbezeichnung "Roller" weitergeführt werden sollte.
In ihrer lnkassorechnung vom 29. Dezember 1995 kürzte die MIAG die der Klägerin zustehenden Verkaufserlöse, weil die Klägerin nach der Behauptung der Beklagten auf dem Parkplatz eines ihrer Märkte einen LKW-Verkauf von Orientteppichen direkt an Endverbraucher durchgeführt und damit gegen die Kundenschutzklausel aus der Vereinbarung vom 28. März 1991 verstoûen hatte. Die Klägerin warf der Beklagten ihrerseits zahlreiche Eigenverkäufe von Orientteppichen vor, die unter Umgehung der Klägerin in den von ihr betreuten Märkten erfolgt sein sollen.
Die MIAG kürzte in ihrer Abrechnung die an die Klägerin auszukehrenden Erlöse um die zugunsten der MIAG vereinbarte Provision von 1,5 %. Wie
bereits bei früheren Abrechnungen errechnete sie dabei ihren Provisionsanspruch aus dem vereinnahmten Kaufpreis abzüglich der an die Beklagte auszuzahlenden Vergütung.
Die Klägerin macht wegen Verletzung des Kommissionsvertrags Schadensersatzansprüche sowie Ansprüche auf ungekürzte Auszahlung von Verkaufsprovisionen geltend. Von den Ansprüchen, die noch Gegenstand des Revisionsverfahrens sind, hat das Landgericht lediglich den auf die vertragswidrigen Eigenverkäufe der Beklagten gestützten Klageanspruch für berechtigt angesehen. Die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht zurückgewiesen; auf die Berufung der Beklagten hat es das erstinstanzliche Urteil abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihre Ansprüche weiter, soweit diese auf Schadensersatz in Höhe von 34.198,30 DM wegen Verletzung des ausschlieûlichen Vertriebsrechts der Klägerin durch vertragswidrige OrientteppichEigenverkäufe der Beklagten im Jahre 1995, Schadensersatz in Höhe von 414.280,00 DM wegen vertragswidrig erzwungener Räumung der Orientteppichabteilung im Markt Offenburg, Rückerstattung der von der Beklagten einbehaltenen Provision für Direktverkäufe der Klägerin im Hockenheim-Center in Höhe von 5.540,55 DM sowie Rückzahlung überhöhter MIAG-Provisionen in Höhe von 9.402,01 DM gerichtet sind.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist begründet und führt unter Aufhebung des angefochtenen Urteils zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Im An-
satz zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, die rechtliche Beurteilung der Klageansprüche hänge zunächst von der Wirksamkeit des zwischen den Parteien am 28. März 1991 geschlossenen Kommissionsvertrags ab. Soweit es die Wirksamkeit jedoch nach § 125 BGB mit der Begründung verneint hat, der Vertrag unterliege dem Schriftformerfordernis des § 34 GWB a.F., gegen das die Parteien durch die Erweiterung des Vertrags in zeitlicher und räumlicher Hinsicht verstoûen hätten, hält seine Auffassung rechtlicher Überprüfung nicht stand.
1. Nicht zu beanstanden sind allerdings die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Anwendung von § 34 GWB a.F. auf Altverträge. Wie der Senat bereits mehrfach klargestellt hat, richtet sich die Wirksamkeit des Vertrags grundsätzlich nach dem Zeitpunkt des Vertragsabschlusses (BGH, Urt. v. 2.2.1999 - KZR 51/97, WuW/E DE-R 261, 262 f. - Coverdisk - m. Anm. Bunte in BB 1999, 866; Urt. v. 9.3.1999 - KZR 23/97, WuW/E DE-R 259 - Markant; vgl. auch Bornkamm in Langen/Bunte, Kartellrecht, 9. Aufl., Anhang zu § 34 GWB Rdn. 8 m.w.N.). Mangels einer vom Gesetzgeber geschaffenen Übergangsregelung ist daher für den vor Inkrafttreten der 6. GWB-Novelle am 1. Januar 1999 geschlossenen Kommissionsvertrag vom 28. März 1991 die Formvorschrift des § 34 GWB a.F. anzuwenden.
2. Auch geht das Berufungsgericht zutreffend davon aus, daû der Kommissionsvertrag in Verbindung mit dem Rahmenvertrag vom 11. Mai 1988 Ausschlieûlichkeitsbindungen i.S. von § 18 Abs. 1 Nr. 2 GWB a.F. enthält, indem er der Klägerin verbietet, Orientteppiche ohne Zwischenschaltung der Beklagten in deren Niederlassungen direkt an Kunden zu verkaufen, und der Beklagten verwehrt, Orientteppiche von anderen Lieferanten als der Klägerin zu be-
ziehen.
3. Das Berufungsgericht hat jedoch übersehen, daû die Vereinbarung von Ausschlieûlichkeitsbindungen i.S. von § 18 GWB a.F. nicht in jedem Fall dem Schriftformerfordernis des § 34 GWB a.F. unterliegt. Mit Recht verweist die Revision auf eine gefestigte Rechtsprechung des Senats, nach der vertragliche Nebenverpflichtungen, die sich unmittelbar aus dem Sinn und Zweck eines Vertrags oder aus Treu und Glauben ergeben, nicht unter das Schriftformerfordernis des § 34 GWB a.F. fallen (BGHZ 53, 304, 308 - Diskothek; 77, 1 - Preisblätter) und daû solche nicht formbedürftigen Nebenverpflichtungen auch hinsichtlich des weiteren Vertragsinhalts keinen Schriftformzwang gemäû § 34 GWB a.F. begründen. Dabei ist unerheblich, ob sich die wettbewerbsbeschränkenden Nebenverpflichtungen lediglich aus dem Vertragszweck bzw. Treu und Glauben ergeben oder ob die Vertragsparteien sie - wie hier - auûerdem noch ausdrücklich vereinbart haben (BGHZ 84, 125, 127 - Selbstklebeetiketten - m. Anm. Hesse, LM Nr. 19 zu § 34 GWB, und Kicker, GRUR 1982, 636; BGH, Urt. v. 23.9.1980 - KZR 23/79, WuW/E 1773, 1775 - Pockinger Hof; Urt. v. 29.10.1985 - KZR 3/85, WuW/E 2209 - Münzautomaten; vgl. auch Emmerich in Immenga/Mestmäcker, GWB, 2. Aufl., § 34 Rdn. 34a; Vonnemann in FK, § 34 GWB Rdn. 13, 39).
Ob sich im hier zu entscheidenden Streitfall gegenseitige Ausschlieûlichkeitsbindungen bereits aus Sinn und Zweck des Kommissionsvertrags, jedenfalls aber aus Treu und Glauben ergeben, hat das Berufungsgericht nicht geprüft. Zwar hat es erörtert, ob der Klägerin aus Mietverträgen, die die Parteien für einige Niederlassungen geschlossen haben, unter dem Gesichtspunkt des von der Rechtsprechung anerkannten Konkurrenzschutzes bei Gewerbe-
raummiete (vgl. dazu grundlegend BGHZ 70, 79) Ansprüche aus positiver Vertragsverletzung erwachsen sind, und dies mangels entsprechend substantiierten Vortrags der Klägerin verneint. Entscheidend für die Beurteilung aus Treu und Glauben erwachsener Nebenpflichten waren hier aber nicht einzelne Mietverträge , sondern maûgeblich war die Rechtsnatur der Vereinbarung vom 28. März 1991. Soweit in den Urteilsgründen anklingt, daû nach Auffassung des Berufungsgerichts aus diesem Kommissionsvertrag ohne ausdrückliche Vereinbarung kein gegenseitiger Konkurrenzschutz hergeleitet werden könne, kann dem nicht gefolgt werden. Darauf, daû der Klägerin keine Verkaufsflächen zum Betrieb eines gewerblichen Unternehmens zur Verfügung gestellt werden, sondern die Teppiche der Klägerin von der Beklagten kommissionsweise verkauft werden sollten, das mietvertragliche Element im Rahmenvertrag daher zurücktritt, kommt es entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht an. Die Anerkennung eines vertragsimmanenten Konkurrenzschutzes beschränkt sich nicht auf den Bereich der Gewerberaummiete (vgl. die Nachweise bei Roth, Münchener Kommentar, BGB, 4. Aufl., § 242 Rdn. 201 f.). So hat der Senat für eine Automatenaufstellvereinbarung entschieden, daû ein aus dem Grundsatz von Treu und Glauben abgeleiteter Konkurrenzschutz unabhängig von einer rechtlichen Einordnung des Automatenaufstellvertrags als Mietvertrag allein anhand der konkreten Umstände des Falles zu beurteilen sei (BGH WuW/E 2209 - Münzautomaten). Wie beim Automatenaufstellvertrag (vgl. dazu BGHZ 47, 202, 203 f.) ist auch bei der hier zu beurteilenden Kommissionsvereinbarung charakteristisches Merkmal des Vertrags der eigenverantwortliche Verkauf von Ware im gewerblichen Betrieb eines anderen zum gemeinsamen Nutzen beider Vertragspartner.
Daû das gemeinsame Ziel nicht erreicht werden kann, wenn die Klägerin
ihre Orientteppiche unter Ausschaltung der Beklagten an deren Kunden in (oder auf dem Parkplatz vor) den Niederlassungen der Beklagten verkauft, liegt auf der Hand. Die Nebenpflicht, Direktverkäufe in den Niederlassungen der Beklagten zu unterlassen, folgt daher unmittelbar aus Sinn und Zweck des Vertrags. Für die Beklagte ergibt sich eine aus dem Vertragszweck bzw. Treu und Glauben abzuleitende Verpflichtung zum Verzicht auf Verkäufe von Orientteppichen dritter Lieferanten zwar nicht mit der gleichen Eindeutigkeit; sie liegt nach der besonderen Ausgestaltung der zwischen den Parteien vereinbarten Vertragsbeziehung aber ebenfalls nahe. Mit Recht weist die Revision darauf hin, daû der Klägerin vertraglich auferlegt ist, der Beklagten für die jeweilige Niederlassung einen vollständigen Lagerbestand zur Verfügung zu stellen und die von ihr gelieferten Orientteppiche intensiv auf eigene Kosten zu bewerben. Unter diesen Umständen erschiene es unter Berücksichtigung der Belange der Parteien unbillig, wenn die Beklagte die Verkaufsanstrengungen der Klägerin für einen Verkauf von Orientteppichen auf eigene Rechnung oder für von ihr genehmigte Verkäufe von Konkurrenten der Klägerin auf dem Gelände der Niederlassungen nutzen dürfte, deren Orientteppichabteilungen von der Klägerin beliefert werden.
Mit der vom Berufungsgericht angesprochenen Situation eines Einzelhändlers , der in einer umsatzstarken Branche in einem gemischten Einkaufszentrum dem Konkurrenzdruck anderer Händler mit einem wesentlich übereinstimmenden Warenangebot ausgesetzt ist, kann die wettbewerbliche Position der Klägerin nicht verglichen werden. In jenem Fall zieht gerade die Präsenz konkurrierender Anbieter Kunden in das Einkaufszentrum und wirkt damit sowohl für dessen Betreiber als auch für die dort etablierten Einzelhändler umsatzsteigernd. Unter diesen Umständen kann ein Konkurrenzschutz entbehrlich
erscheinen (vgl. OLG Dresden, Urt. v. 23.9.1997 - 2 U 2217/97, MDR 1998, 211). Dagegen muû sich der konkurrierende Verkauf handgeknüpfter Orientteppiche , mithin einer Ware, die auch in einem groûen Einrichtungsmarkt nur begrenzt absetzbar ist, für die Klägerin zwangsläufig ertragsmindernd auswirken.
4. Das Berufungsurteil kann deshalb keinen Bestand haben (§ 564 Abs. 1 ZPO). Da der Rechtsstreit nicht entscheidungsreif ist, ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung erstreckt sich auch auf den Klageantrag bezüglich der angeblich überhöhten Provision für Inkasso und Delkrederehaftung der MIAG. Insoweit ist allerdings das Berufungsgericht der Auffassung der Klägerin, Bemessungsgrundlage für die MIAGProvisionen könne nur die jeweils der Klägerin zustehende Vergütung sein, mit Recht nicht gefolgt. Unabhängig davon, ob das Grundgeschäft ein Kauf- oder Kommissionsgeschäft ist, besteht die Leistung der MIAG jeweils in gleicher Weise darin, daû sie eine der Klägerin zustehende Forderung von der Beklagten einzieht und für die ordnungsgemäûe Erfüllung dieser Forderung durch die Beklagte die Haftung übernimmt. Bezugsgröûe für ihre anteilige Provision ist daher in beiden Fällen der einzuziehende Rechnungsbetrag.
Hirsch Melullis Goette
Ball Raum