Bundesgerichtshof Urteil, 15. März 2011 - X ZR 58/08

bei uns veröffentlicht am15.03.2011
vorgehend
Bundespatentgericht, 3 Ni 57/05, 29.03.2008

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 58/08 Verkündet am:
15. März 2011
Wermes
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in der Patentnichtigkeitssache
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche
Verhandlung vom 15. März 2011 durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Meier-Beck, den Richter Keukenschrijver, die Richterin Mühlens,
den Richter Dr. Grabinski und die Richterin Schuster

für Recht erkannt:
Die Berufung gegen das am 29. März 2008 an Verkündungs Statt zugestellte Urteil des 3. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Beklagte ist Inhaberin des am 20. Juli 1990 unter Inanspruchnahme einer deutschen Priorität vom 29. Juli 1989 angemeldeten, mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland erteilten und im Verlaufe des Berufungsverfahrens durch Zeitablauf erloschenen europäischen Patents 411 408 (Streitpatents). Das Streitpatent trägt die Bezeichnung "Monoklines Metazachlor und Verfahren zu seiner Herstellung" und umfasst sieben Patentansprüche. Diese lauten in der Verfahrenssprache Deutsch: "1. Monoklines, bei 76° C schmelzendes 2-Chlor (2’,6’-dimethyl-N-pyrazol-1-yl-methyl)-acetanilid der Formel

I



2. Verfahren zur Herstellung kristalliner Massen der Verbindung I nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass man die Verbindung I aus einem polaren inerten organischen Lösungsmittel umkristallisiert und nach vollständiger Kristallisation den Festkörper in üblicher Weise isoliert. 3. Verfahren zur Herstellung kristalliner Massen der Verbindung I nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass man 2-Chlor-(2’,6’-dimethyl-N-pyrazol-1-yl-methyl)-acetanilid aus wässriger schwefelsaurer Lösung bei Temperaturen von 0 bis 50° C in Gegenwart eines polaren mit Wasser mischbaren inerten organischen Lösungsmittels kristallisiert. 4. Verfahren zur Herstellung kristalliner Massen der Verbindung I nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass man eine wässrige Suspension der Verbindung I in der bei 79° C schmelzenden triklinen Kristallmodifikation von I mit einem polaren mit Wasser mischbaren inerten organischen Lösungsmittel in Gegenwart von Kristallen der Verbindung I in der bei 76° C schmelzenden monoklinen Kristallmodifikation bei 0° C bis 45° C vermahlt. 5. Herbizides Mittel, enthaltend übliche inerte Zusatzstoffe und die Kristallmodifikation von I gemäß Anspruch 1. 6. Herbizides Mittel nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet , dass es 0,1 bis 95 Gew.-% der bei 76° C schmelzenden monoklinen Kristallmodifikation von I enthält. 7. Verfahren zur Bekämpfung unerwünschten Pflanzenwachstums , dadurch gekennzeichnet, dass man die Samen , die Pflanzen und/oder deren Lebensraum mit einer
herbizid wirksamen Menge der Kristallmodifikation von I gemäß Anspruch 1 behandelt."
2
Die Klägerin, die von der Beklagten aus dem Streitpatent in Anspruch genommen worden ist, hat mit der Klage geltend gemacht, der Gegenstand des Streitpatents sei gegenüber dem Stand der Technik nicht patentfähig, insbesondere sei Metazachlor der Formel I mit einem Schmelzpunkt von 76° C bereits aus der K2 bekannt und durch diese Schmelztemperatur die monokline Modifikation festgelegt, die ein Fachmann mit einfachen üblichen analytischen Methoden abklären könne; darüber hinaus bilde sich bei den Verfahren nach den Druckschriften K3 bis K7 Gemische, in denen neben der monoklinen Form auch die trikline Form von Metazachlor vorliege.
3
Das Patentgericht hat die Klage abgewiesen.
4
Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der diese ihr Klageziel weiterverfolgt. Die Beklagte tritt dem Rechtsmittel entgegen.
5
Als gerichtlicher Sachverständiger hat Prof. Dr. J. T. , Institut für Organische Chemie der Universität H. , ein schriftliches Gutachten erstattet, das er in der mündlichen Verhandlung erläutert und ergänzt hat.

Entscheidungsgründe:


6
A. Die Berufung ist nur teilweise zulässig.
7
I. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 519 Abs. 3 Nr. 2 ZPO in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung , die § 111 Abs. 2 Nr. 2 PatG in der im Streitfall noch anwendbaren, bis zum 30. September 2009 geltenden Fassung entspricht, muss die Berufungsbegründung die bestimmte Bezeichnung der im einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe) sowie der neuen Tatsachen , Beweismittel und Beweiseinreden enthalten, die die Partei zur Rechtfertigung ihrer Berufung anzuführen hat. Danach hat der Berufungskläger eine Begründung zu liefern, die auf den zur Entscheidung stehenden Fall zugeschnitten ist. Die Begründung muss deshalb zum einen erkennen lassen, in welchen Punkten tatsächlicher oder rechtlicher Art das angefochtene Urteil nach Ansicht des Berufungsklägers unrichtig ist, und zum anderen im einzelnen angeben, aus welchen Gründen sie die tatsächliche und rechtliche Würdigung des Vordergerichtes für unrichtig hält (st. Rspr., s. nur BGH, Urteil v. 24. Januar 2000 - II ZR 172/98, NJW 2000, 1576; Senatsurteil vom 18. März 2003 - X ZR 229/00). Eine schlüssige, rechtlich haltbare Begründung kann zwar nicht verlangt werden, doch muss die Berufungsbegründung sich mit den rechtlichen oder tatsächlichen Argumenten des angefochtenen Urteils befassen, wenn es diese bekämpfen will (BAG, NJOZ 2003, 1300, 1302).
8
Der Berufungsbegründung der Klägerin kann noch entnommen werden, dass sie - obwohl die Begründung des angefochtenen Urteils nicht erwähnt wird - die Annahme des Patentgerichts, bei den Verfahren nach der europäischen Patentschrift 12 215 (K3) und nach der deutschen Offenlegungsschrift 26 48 008 (K4) entstehe kein monoklines Metazachlor , mit der Begründung bekämpfen will, aus der im Berufungsverfahren neu eingeführten (nachveröffentlichten) europäischen Patentschrift 1 342 412 (K16) ergebe sich das Gegenteil. Dies genügt für die Zulässigkeit der Berufung, was die Patentansprüche 1 und 5 bis 7 anbelangt.
9
Allerdings trägt die Berufungsbegründung nicht den Angriff gegen die Patentfähigkeit des Gegenstands des Patentanspruchs 2, den die Klägerin ausweislich ihrer Ausführungen zu IV im Schriftsatz vom 25. Februar 2009 - wie bereits in erster Instanz - führen möchte, und Gleiches gilt für den Angriff gegen die Patentfähigkeit des Gegenstands der Patentansprüche 3 und 4, die auch im Schriftsatz vom 25. Februar 2009 nicht erwähnt werden. Denn das Patentgericht hat den Rechtsbestand dieser Patentansprüche damit begründet, dass die nach diesen zum Einsatz gelangenden Arbeitsweisen nicht aus dem vorveröffentlichten Stand der Technik hervorgingen und sich daraus auch nicht unter Berücksichtigung des Wissens und Könnens eines Fachmanns herleiten ließen. Diese Begründung wird in der Berufungsbegründung nicht angegriffen. Insoweit ist die Berufung daher unzulässig (vgl. Senatsurteil vom 4. Februar 2010 - Xa ZR 4/07, GRUR 2010, 660 = BlPMZ 2010, 265 - Glasflaschenanalysesystem).
10
II. Soweit die Berufungsbegründung den Gegenstand des Patentanspruchs 2 als nicht ausführbar offenbart angreift, liegt eine Klageänderung vor, mit der ein zusätzlicher Nichtigkeitsgrund geltend gemacht wird. Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, dass die Klägerin nach Erlöschen des Streitpatents ein Rechtsschutzbedürfnis für die Nichtigerklärung darlegen muss. Dies ist nach der Rechtsprechung des Senats (Urteil vom 19. Mai 2005 - X ZR 188/01, GRUR 2005, 749 - Aufzeichnungsträger) für jeden unabhängigen Patentanspruch gesondert zu prüfen. Die Klägerin hat hierzu keine Erklärungen abgegeben, insbesondere nicht vorgetragen, dass sie auch aus Patentanspruch 2 in Anspruch genommen worden ist. Die Klageerweiterung ist daher nicht zulässig.
11
B. Soweit sie zulässig ist, hat die Berufung in der Sache keinen Erfolg.
12
I. Das Streitpatent betrifft die monokline, bei 76° C schmelzende Kristallform der Verbindung 2-Chlor-(2’,6’-dimethyl-N-pyrazol-1-yl-methyl)- acetanilid (Metazachlor) sowie Verfahren zur Herstellung dieser Modifikation , deren Verwendung als Herbizid sowie herbizide Mittel, die diesen Wirkstoff enthalten.
13
Die Streitpatentschrift schildert eingangs, dass der wichtige herbizide Wirkstoff Metazachlor, soweit bisher bekannt, in einem Bereich von 78° bis 83° C schmelze und in einer triklinen Form kristallisiere. Diese Kristallform erhalte man nach den in der deutschen Offenlegungsschrift 26 48 008 (K4) und der europäischen Patentschrift 12 216 (K3) beschriebenen Methoden durch Kristallisation aus einem unpolaren oder wenig polaren Lösungsmittel wie Zyklohexan oder Toluol. Diese bekannte Modifikation von Metazachlor, das in Form konzentrierter wässriger Suspensionen in den Handel gebracht werde, habe den Nachteil, dass sie häufig Agglomerate bilde. Die Mittel könnten dann nicht mehr gleichmäßig oder sogar überhaupt nicht mehr versprüht werden. Demgegenüber soll nach der Lehre des Streitpatents eine Modifikation des Wirkstoffs Metazachlor zur Verfügung gestellt werden, die nicht zur Agglomeratbildung neigt und sich auch nach längerer Lagerung einwandfrei ausbringen lässt.
14
Dies soll erreicht werden durch die monokline Kristallform des Metazachlors , die bei 76° C schmilzt und die man u.a. dadurch erhält, dass eine wässrige Schwefelsäure-Metazachlor-Lösung in Gegenwart eines mit Wasser mischbaren polaren inerten organischen Lösungsmittels bei Temperaturen von 0° bis 50° C mit Wasser versetzt und der dabei gebildete Festkörper nach vollständiger Kristallisation in üblicher Weise isoliert wird (Patentanspruch 3). Weitere Herstellungswege sind in den Patentansprüche 2 und 4 angegeben. Gemäß Patentansprüchen 5 und 6 soll das herbizide Mittel übliche inerte Zusatzstoffe und die Kristallmodifikation des Metazachlors gemäß Patentanspruch 1 enthalten. Patentanspruch 7 betrifft ein Verfahren zur Bekämpfung unerwünschten Pflanzenwachstums mit einer herbizidwirksamen Menge der Kristallmodifikation gemäß Patentanspruch

1.


15
II. Das Patentgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:
16
Die den Gegenstand des Patentanspruchs 1 bildende monokline Kristallform des Metazachlors sei neu. Aus keiner der vorveröffentlichten Druckschriften sei die chemische Verbindung Metazachlor in einer monoklinen Kristallform zu entnehmen. Zwar sei Metazachlor bereits in den europäischen Patentschriften 7 080 (K2) und 12 216 (K3) sowie in den deutschen Offenlegungsschriften 26 48 008 (K4), 27 42 583 (K5) und 27 04 281 (K7) sowohl in seiner chemischen Konstitution und seiner Herstellung als auch in seiner Anwendung als herbizider Wirkstoff vorbeschrieben. Angaben hinsichtlich einer bestimmten Kristallstruktur und damit einer besonderen Erscheinungsform des Metazachlors fänden sich jedoch weder in diesen noch in den übrigen vorveröffentlichten Druckschriften. Aus diesen Druckschriften ergebe sich auch nicht, dass Metazachlor bereits als monoklines Produkt isoliert und/oder als solches formuliert worden sei oder sich beim Nacharbeiten der Lehren dieser Druckschriften ohne Weiteres ergeben habe und damit für den fachkundigen Leser ohne Weiteres zugänglich gewesen sei. Die K2 gebe in den Ausführungsbeispielen 6 und 7 an, dass die Umsetzung zum Metazachlor in einem Zwei-Phasen-System in Gegenwart unterschiedlicher PhasenTransfer -Katalysatoren und die Isolierung des gebildeten Metazachlors aus dem Lösungsmittel Toluol und damit aus der organischen Phase nach mehrmaligem Waschen durch Abziehung des Lösungsmittels Toluol im Vakuum erfolge. Die in den Beispielen 6 und 7 je nach Versuchsführung erzielten Reinheitsgrade bewegten sich zwischen 90 und 98 %, wobei die gemessenen Schmelzpunkte in etwa entsprechend dem Reinheitsgrad zunähmen. Dass das in zwei Versuchen des Beispiels 6 isolierte Metazachlor bei einem Reinheitsgrad von 95 bis 96 % bei 76° C schmelze, ge- be keinen Anlass zu der Annahme, dass ein monoklines Produkt vorgelegen habe. Die gemäß der Lehre der K3 für die Reinigung und Kristallisation angegebenen Bedingungen entsprächen nicht den gemäß Streitpatent zur Bildung und Gewinnung monoklinen Metazachlors erforderlichen Bedingungen , wonach wässrige schwefelsaure Lösungen in Gegenwart eines polaren, mit Wasser mischbaren organischen Lösungsmittels zur Ausbildung der monoklinen Kristallform führten. Das nach der K3 hergestellte Metazachlor weise in reinem Zustand einen Schmelzpunkt von etwa 83° C auf. Es könne sich deshalb nicht um Metazachlor in monokliner Form handeln, da dieses in Reinform einen Schmelzpunkt von 76° C besitze. Die in den Druckschriften K2 bis K5 sowie K7 für Metazachlor angegebenen Schmelzpunkte variierten zwischen 70° C und 83° C und damit über einen relativ weiten Temperaturbereich. Was die Schmelzpunkte der Produkte aus den einzelnen Versuchen des Beispiels 6 der Druckschrift K2 anbelange, so lägen diese zwischen 70° C und 78° C und stimmten zwar in den beiden mit 76° C angegebenen Produkten mit dem Zahlenwert des Patentanspruchs 1 des Streitpatents überein. Die Produkte dieser Versuche würden allerdings durch bloßes Einengen und Abziehen der organischen Toluol-Phase im Vakuum erhalten, woraus der fachkundige Leser noch nicht zwingend auf das Vorliegen eines Feststoffs, erst recht nicht eines gut kristallinen Feststoffs schließen werde. Denn häufig bildeten sich bei einer solchen Vorgehensweise lediglich ölige Rückstände, aus denen der Feststoff in kristalliner Form erst durch nachfolgendes Umkristallisieren anfalle. In den Schmelzpunkten der aus der Toluol-Phase auf diese Weise isolierten Feststoffe, die mit dem steigenden Gehalt an Metazachlor zunähmen, komme eindeutig die unterschiedliche Reinheit des isolierten Metazachlors zum Ausdruck. Im Hinblick darauf , dass die Produkte des Beispiels 6 der K2 lediglich einen Gehalt an Metazachlor zwischen 90 und 98 % aufwiesen, müsste sich für reines Metazachlor in der dortigen Erscheinungsform ein deutlich höherer Schmelzpunkt als 76° C ergeben. Die angegebenen Schmelzpunkte von 76° C seien deshalb kein Beleg dafür, dass nach diesem Beispiel Metazachlor in monokliner Kristallform erhalten werde.
17
Der Neuheit des monoklinen Metazachlors stehe auch nicht die Behauptung der Klägerin und ihrer Streithelferin entgegen, dass sich monoklines Metazachlor bei der Nacharbeitung von Herstellungsbeispielen der Entgegenhaltungen K2 bis K5 sowie K7 oder bei der Lagerung entsprechender wässriger Suspensionen von selbst gebildet habe. Der hierzu von der Streithelferin vorgelegte Versuchsbericht nebst Privatgutachten (N7) beruhe auf Versuchsbedingungen, die mit den experimentellen Bedingungen der die Verbindung Metazachlor betreffenden Ausführungsbeispiele der Druckschriften K2 bis K5 sowie K7 nicht übereinstimmten. Vielmehr seien, wie das Patentgericht im Einzelnen ausführt, in Kenntnis der Lehre und des Ziels des Streitpatents Veränderungen vorgenommen worden.
18
Die Bereitstellung von monoklinem Metazachlor beruhe auch auf erfinderischer Tätigkeit. Der Fachmann, ein Diplomchemiker, der mit der Synthese und Analytik organisch-chemischer Wirkstoffe sowie deren Anwendung im Bereich des Pflanzenschutzes befasst und vertraut gewesen sei, habe zwar Kenntnisse über die Möglichkeit des Auftretens polymorpher Formen bei chemischen Verbindungen gehabt. In den vorveröffentlichten Druckschriften seien jedoch nicht einmal Hinweise auf das Problem der Agglomeratbildung und der damit verbundenen Schwierigkeiten bei der Ausbringung des Wirkstoffs zu entnehmen. Es habe deshalb für den Fachmann keinen Grund gegeben, nach Erscheinungsformen zu suchen, die ein vereinfachtes Ausbringen ermöglichten. Es hätten sich aus dem Stand der Technik keinerlei Anhaltspunkte ergeben, die den Fachmann hätten veranlassen können, andere Erscheinungsformen von Metazachlor für die Anwendung in herbiziden Zusammensetzungen in Betracht zu ziehen als jene, die sich zwangsläufig aus der Nacharbeitung der vorveröffentlichten Druckschriften ergeben hätten.
19
III. Dies hält der Nachprüfung im Berufungsverfahren stand.
20
1. Die - vom gerichtlichen Sachverständigen bestätigten - Ausführungen des Patentgerichts, dass die im erstinstanzlichen Verfahren geprüften Entgegenhaltungen den Gegenstand der Erfindung nach Patentanspruch 1 nicht offenbaren, lassen keinen Fehler erkennen und werden von der Berufung auch nicht angegriffen.
21
2. Mit der Berufung macht die Klägerin ausschließlich geltend, monoklines Metazachlor sei bei der Herstellung wässriger Suspensionen nach dem vorveröffentlichten Stand der Technik bzw. bei deren Lagerung von selbst entstanden und habe folglich zum Stand der Technik gehört.
22
a) Die Behauptung der Klägerin hat, wie auch der gerichtliche Sachverständige ausgeführt hat, eine gewisse Plausibilität für sich. In dem Parteigutachten Prof. Dr. B. wird ausgeführt, Polymorphe (wie Metazachlor ) strebten die unter gegebenen Bedingungen, wie Temperatur und Druck, thermodynamisch stabilste Modifikation an. Die trikline Modifikation des Metazachlors sei gegenüber der monoklinen bei Raumtemperatur nur metastabil. Somit sei eine zwingende Phasenumwandlung in die stabilere Form vorgegeben, die allerdings sehr lange Zeit in Anspruch nehme, wenn sich die Substanz in trockenem kristallinen Zustand befinde. In einer Suspension sei die Umwandlung jedoch beschleunigt, insbesondere wenn Bewegung, poröse Gefäßwandungen und Kristallkeime der monoklinen Modifikation bereits vorlägen. Ähnliche Ausführungen finden sich bereits im erstinstanzlich vorgelegten Parteigutachten Prof. Dr. S. (N7).
23
b) Bei diesen Erwägungen handelt es sich allerdings um eine theoretische Ableitung, aus der nicht ohne weiteres geschlossen werden kann, dass bei der Herstellung und Lagerung wässriger Suspensionen nach dem Stand der Technik im Prioritätszeitpunkt stets monoklines Metazachlor entstanden ist. Der gerichtliche Sachverständige hat diesen Schluß zwar als möglich und plausibel, aber nicht als sicher angesehen und darauf hingewiesen, dass im Prioritätszeitpunkt nur die trikline Form des Metazachlors bekannt und beschrieben war. Es gebe auch in den entgegengehaltenen Schriften keine Hinweise dafür, dass monoklines Metazachlor ohne Zutun angefallen sei. Dafür, dass dies nicht der Fall gewesen sei, spreche, dass in dem Rückstellmuster der Beklagten auch nach mehrjähriger Lagerung kein monoklines Metazachlor festzustellen gewesen sei. Der Sachverständige hat es als eine in Betracht zu ziehende Möglichkeit bezeichnet, dass sich erst, nachdem die Beklagte Metazachlor in monokliner Form in den Verkehr gebracht hat, durch Animpfen mit Kristallen dieser Modifikation ohne weiteres Zutun allein durch Lagerung der wässrigen Suspensionen triklines Metazachlor in monoklines umgewandelt haben könnte und sich regelmäßig Mischformen gebildet hätten. Es sei denkbar, aber nicht sicher, dass dies auch schon zuvor der Fall gewesen sei; eine Klärung im Nachhinein sei nicht möglich.
24
c) Soweit der Privatgutachter Prof. Dr. B. eingewandt hat, dass die vom Streitpatent Agglomerate genannten Verklumpungen auf die unterschiedliche Morphologie von triklinem und monoklinem Metazachlor zurückzuführen seien und dies dafür spreche, dass stets Gemische vorgelegen hätten, mag auch dies eine plausible Erklärung für das Auftreten des von der Streitpatentschrift aufgezeigten Problems des Verklumpens sein. Auch hierbei handelt es sich jedoch um eine theoretische Ableitung, die nicht ausreicht für die Feststellung, dass Metazachlor in monokliner Form im Prioritätszeitpunkt zum Stand der Technik gehört hat.
25
d) Soweit sich die Klägerin weiterhin auf das als Anlage N7 vorgelegte Parteigutachten Prof. S. beruft, ist sie der ausführlichen Darstellung des Patentgerichts (PGU 19 ff.) nicht entgegengetreten, wonach die vom Parteigutachter gewählten Versuchsbedingungen nicht mit den Bedingungen der Ausführungsbeispiele der Druckschriften K2 bis K5 und K7 übereinstimmen. Außerdem hat die Beklagte Versuchsergebnisse vorgelegt , die den gegenteiligen Befund ausweisen (Anl. B9 bis B12).
26
e) Soweit sich schließlich die Berufung für ihre Behauptung, es entstünden bei Herstellung von Metazachlor nach der K3 wie auch nach der K4 Mischformen, die sowohl monokline als auch trikline Modifikationen enthielten, auf das am 24. Januar 2003 angemeldete europäische Patent 1 342 412 (K16) beruft, das rein triklines Metazachlor und Verfahren zu seiner Herstellung betrifft, führt auch dies nicht weiter. In der Patentschrift wird ausgeführt (Rn. 6), es habe sich überraschend herausgestellt, dass entgegen der Aussage der Streitpatentschrift nach dem dort erwähnten bekannten Verfahren nach K3 oder K4 kein rein triklines Metazachlor erhalten werde. Es entstünden vielmehr Gemische verschiedener Metazachlor -Modifikationen, die in Abhängigkeit von den Kristallisationsbedingungen , insbesondere der Verweildauer bei Raumtemperatur, einen Anteil von 1 bis 99 % an monoklinem Metazachlor aufwiesen. Der K16 lässt sich jedoch nicht entnehmen, worauf diese Aussage beruht und gegebenenfalls unter welchen Bedingungen die dort dargestellten Erkenntnisse gewonnen worden sind. Außerdem beruft sich diese Schrift auf Erkenntnisse, die weit nach dem Prioritätszeitpunkt des Streitpatents gefunden worden sind. Sie enthält somit nicht mehr als eine Wiederholung der von der Klägerin aufgestellten Behauptungen und ist ohne Beweiswert.
27
3. Die Berufung führt auch nichts an, was die Würdigung des Patentgerichts in Zweifel ziehen könnte, monoklines Metazachlor sei dem Fachmann nicht nahegelegt gewesen. Das Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen hat diese Würdigung unterstrichen. Die unterschiedlichen Kristallmodifikationen des Metazachlors waren zum Prioritätszeitpunkt nicht beschrieben. Hat der Fachmann aber der Kristallform keine Aufmerksamkeit gewidmet - und dafür spricht, dass sie in keiner der Entgegenhaltungen erwähnt wird -, fehlt es schon an einer Grundlage für die Annahme, auftretende Probleme bei der Verwendung der Verbindung als Herbizid könnten auf der triklinen Form beruhen und ihnen sei (möglicherweise ) durch eine andere Kristallform abzuhelfen.

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs.2 PatG in Ver28 bindung mit §§ 91 Abs. 1 Satz 1, 97 ZPO.
Meier-Beck Keukenschrijver Mühlens
Grabinski Schuster
Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 29.03.2008 - 3 Ni 57/05 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 15. März 2011 - X ZR 58/08

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 15. März 2011 - X ZR 58/08

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Zivilprozessordnung - ZPO | § 519 Berufungsschrift


(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt. (2) Die Berufungsschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;2.die Erklärung, dass gegen dieses Urtei

Patentgesetz - PatG | § 121


(1) In dem Verfahren vor dem Bundesgerichtshof gelten die Bestimmungen des § 144 über die Streitwertfestsetzung entsprechend. (2) In dem Urteil ist auch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über d

Patentgesetz - PatG | § 111


(1) Die Berufung kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung des Patentgerichts auf der Verletzung des Bundesrechts beruht oder nach § 117 zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. (2) Das Recht ist verletzt
Bundesgerichtshof Urteil, 15. März 2011 - X ZR 58/08 zitiert 5 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Zivilprozessordnung - ZPO | § 519 Berufungsschrift


(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt. (2) Die Berufungsschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;2.die Erklärung, dass gegen dieses Urtei

Patentgesetz - PatG | § 121


(1) In dem Verfahren vor dem Bundesgerichtshof gelten die Bestimmungen des § 144 über die Streitwertfestsetzung entsprechend. (2) In dem Urteil ist auch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über d

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(1) Die Berufung kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung des Patentgerichts auf der Verletzung des Bundesrechts beruht oder nach § 117 zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. (2) Das Recht ist verletzt

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Bundesgerichtshof Urteil, 19. Mai 2005 - X ZR 188/01

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(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

(1) Die Berufung kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung des Patentgerichts auf der Verletzung des Bundesrechts beruht oder nach § 117 zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen.

(2) Das Recht ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.

(3) Eine Entscheidung ist stets als auf einer Verletzung des Rechts beruhend anzusehen,

1.
wenn das Patentgericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war;
2.
wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen war, sofern nicht dieses Hindernis mittels eines Ablehnungsgesuchs ohne Erfolg geltend gemacht ist;
3.
wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, obgleich er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und das Ablehnungsgesuch für begründet erklärt war;
4.
wenn eine Partei in dem Verfahren nicht nach Vorschrift der Gesetze vertreten war, sofern sie nicht die Prozessführung ausdrücklich oder stillschweigend genehmigt hat;
5.
wenn die Entscheidung auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt sind;
6.
wenn die Entscheidung entgegen den Bestimmungen des Gesetzes nicht mit Gründen versehen ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 172/98 Verkündet am:
24. Januar 2000
Boppel
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zum notwendigen Inhalt einer Berufungsbegründung.
BGH, Urteil vom 24. Januar 2000 - II ZR 172/98 - OLG Hamm
LG Detmold
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 24. Januar 2000 durch den
Vorsitzenden Richter Dr. h.c. Röhricht und die Richter Prof. Dr. Henze,
Prof. Dr. Goette, Dr. Kurzwelly und die Richterin Münke

für Recht erkannt:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 29. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 5. Mai 1998 wird zurückgewiesen. Die Kosten des Revisionsverfahrens werden zu 91 % dem Beklagten und zu 9 % der Klägerin auferlegt.

Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien, die sich im Frühsommer 1992 kennengelernt hatten, strebten ein Zusammenleben auf Dauer an und hatten Heiratspläne. Mit Vertrag vom 14. September 1992 erwarb der Beklagte eine Eigentumswohnung, an der er der Klägerin am selben Tage ein lebenslanges, unentgeltliches Wohnungsrecht bestellte; das Wohnungsrecht wurde am 7. Januar 1993 im Grundbuch eingetragen. Die Parteien bewohnten die Eigentumswohnung zunächst
gemeinsam. Nachdem es zwischen ihnen zu Auseinandersetzungen gekommen war, widerrief der Beklagte im Herbst 1994 die Schenkung des Wohnungsrechts und zog im Juni 1995 aus der Wohnung aus. Als die Klägerin daraufhin den Einbau eines neuen Türschlosses an der Eingangstür zur Wohnung veranlaßte, ließ es der Beklagte wieder auswechseln und verschaffte sich noch zweimal im Juli 1995 Zutritt zu der Eigentumswohnung. Die Klägerin nimmt den Beklagten mit der Klage auf Unterlassung des Betretens der Wohnung in Anspruch , während der Beklagte mit der Widerklage von ihr die Bewilligung der Löschung des Wohnungsrechts und die Herausgabe und Räumung der Wohnung verlangt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht die Widerklage abgewiesen, im übrigen aber ihr Rechtsmittel als unzulässig verworfen. Gegen das Urteil des Berufungsgerichts haben beide Parteien Revision eingelegt. Der Senat hat durch Beschluß vom 20. September 1999 das Rechtsmittel des Beklagten nicht angenommen.

Entscheidungsgründe:


Die gemäß § 547 ZPO zulässige Revision der Klägerin hat keinen Erfolg.
I. Das Oberlandesgericht hält die Berufung der Klägerin hinsichtlich der Abweisung ihrer Klage durch das Landgericht für unzulässig, weil ihre Berufungsbegründung insoweit nicht den Erfordernissen des § 519 Abs. 3 Nr. 2 ZPO genüge. Nachdem das Landgericht die Voraussetzungen eines Unterlassungsanspruchs nach § 862 BGB mit eingehender tatsächlicher und rechtlicher Würdigung verneint habe, reiche der bloße Hinweis der Klägerin auf
die Tatsache der Bestellung des Wohnrechts sowie die ebenfalls unstreitigen Tatsachen der Auswechselung des Türschlosses und das nochmalige Betreten der Wohnung durch den Beklagten für eine ordnungsgemäße Berufungsbegründung nicht aus. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
II. Nach § 519 Abs. 3 Nr. 2 ZPO muß die Berufungsbegründung die bestimmte Bezeichnung der im einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe) sowie der neuen Beweismittel und Beweiseinreden enthalten , die die Partei zur Rechtfertigung ihrer Berufung anzuführen hat. Die Vorschrift soll gewährleisten, daß der Rechtsstreit für die Berufungsinstanz ausreichend vorbereitet wird, indem sie den Berufungsführer anhält, die Beurteilung des Streitfalls durch den Erstrichter zu überprüfen und darauf hinzuweisen, in welchen Punkten und mit welchen Gründen das angefochtene Urteil für unrichtig gehalten wird. Die Begründung muß demnach zum einen erkennen lassen, in welchen Punkten tatsächlicher oder rechtlicher Art das angefochtene Urteil nach Ansicht des Berufungsklägers unrichtig ist, und zum anderen im einzelnen angeben, aus welchen Gründen er die tatsächliche und rechtliche Würdigung des vorinstanzlichen Urteils in den angegebenen Punkten für unrichtig hält. Es reicht nicht aus, die tatsächliche oder rechtliche Würdigung durch den Erstrichter mit formelhaften Wendungen zu rügen oder lediglich auf das Vorbringen erster Instanz zu verweisen (st. Rspr. des BGH, vgl. zuletzt Urteile vom 6. Mai 1999 - III ZR 265/98, MDR 1999, 952; vom 4. Oktober 1999 - II ZR 361/98, NJW 1999, 3784 - jew. m.w.N.).
Diesen Anforderungen wird die Berufungsbegründung der Klägerin hinsichtlich der Klage nicht gerecht. Sie erschöpft sich - außer einer unzureichenden Bezugnahme auf "das gesamte erstinstanzliche Vorbringen" – in der Fest-
stellung, daß der Beklagte der Klägerin ein unentgeltliches alleiniges und lebenslängliches Wohnrecht bestellt habe, eigenmächtig das Schloß habe auswechseln lassen und sich gewaltsam Zutritt zur Eigentumswohnung verschafft habe. Dieser schlichten Wiederholung von Tatsachen, die bereits im Landgerichtsurteil als unstreitig dargestellt sind, läßt sich auch nicht ansatzweise entnehmen , was nach Auffassung der Klägerin am Urteil des Landgerichts falsch sein soll. Nachdem das Landgericht einen Unterlassungsanspruch gemäß § 862 BGB nach ausführlicher Auseinandersetzung mit den insoweit im Vordergrund stehenden Streitigkeiten zwischen den Parteien und unter Erörterung der rechtlichen Bedeutung des vereinbarten Wohnungsrechtes für unbegründet erachtet hatte, hätte die Klägerin um so eindeutiger angeben müssen, gegen welche dieser Ausführungen des Urteils ihr Angriff sich richten und wie er begründet werden sollte. Derartige Einwendungen gegen das Landgerichtsurteil lassen sich jedoch auch nicht dem Zusammenhang der weiteren Ausführungen der Berufungsbegründungsschrift entnehmen, die sich ersichtlich nur auf den Streitgegenstand der Widerklage beziehen.
Röhricht Henze Goette Kurzwelly Münke

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 229/00 Verkündet am:
18. März 2003
Mayer
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 18. März 2003 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis und
die Richter Prof. Dr. Jestaedt, Scharen, Keukenschrijver und Asendorf

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin, die im übrigen zurückgewiesen wird, soweit über sie nicht bereits durch Nichtannahme entschieden ist, wird das am 26. September 2000 verkündete Urteil des 23. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf aufgehoben, soweit die Klägerin auf die Widerklage zur Zahlung von mehr als 50.806,73 DM nebst 5 % Zinsen hieraus seit dem 4. Dezember 1995 verurteilt worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird der Rechtsstreit zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Beklagte hatte von der N. GmbH den Auftrag erhalten, Anlagenteile für die Rauchgasentschwefelungsanlage im Kraftwerk J. zu liefern und zu installieren. In diesem Zusammenhang hat sie die Klägerin mit Planungsarbeiten beauftragt. Bei der Abrechnung kam es zu Meinungsverschiedenheiten ; die Beklagte kündigte das Vertragsverhältnis schließlich fristlos. Die Klägerin berühmt sich einer Restforderung von 391.650,71 DM aus insgesamt 9 Rechnungen und hat diesen Betrag eingeklagt. Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat widerklagend 438.285,96 DM verlangt, davon 276.152,96 DM angebliche Überzahlungen und 162.133,00 DM Schadensersatz. Die Klägerin ist der Widerklage entgegengetreten. Das Landgericht hat auf die Klage die Beklagte zur Zahlung von 17.566,25 DM und auf die Widerklage die Klägerin zur Zahlung von 56.126,01 DM nebst Zinsen verurteilt und im übrigen Klage und Widerklage abgewiesen. Dabei hat es insgesamt eine Forderung der Beklagten von 202.414,44 DM als gerechtfertigt angesehen, die im Umfang von 143.288,43 DM durch Aufrechnung erloschen sei. Mit ihrer Berufung hat die Klägerin beantragt, die Widerklage insgesamt abzuweisen. Die Beklagte hat sich der Berufung der Klägerin angeschlossen und die Zahlung eines weiteren Betrags von 8.113,25 DM nebst Zinsen begehrt.
Das Berufungsgericht hat die Berufung der Klägerin als unzulässig verworfen , soweit diese Rückzahlungsansprüche der Beklagten in Höhe von 10.925,00 DM, 56.955,36 DM und 47.106,43 DM betraf. Im übrigen hat es die Verurteilung der Beklagten bestätigt, auf die Anschlußberufung die Verurteilung der Klägerin nach Widerklage in der Hauptsache auf 61.157,31 DM erhöht und wegen eines erstinstanzlich abgewiesenen Betrags von 6.081,95 DM nebst
Zinsen und wegen der Kosten die Sache an das Landgericht zurückverwiesen. Mit ihrer Revision greift die Klägerin das Berufungsurteil an, soweit zu ihrem Nachteil erkannt worden ist. Die Beklagte tritt dem Rechtsmittel entgegen. Der Senat hat die Revision nur angenommen, soweit sie folgende Positionen der Widerklageforderung, jeweils nebst Zinsen, betrifft:
Aus Rechnung Nr. 94350/6 einen Betrag von 10.350,58 DM.
Aus Rechnung Nr. 94352/5 einen Betrag von 9.084,08 DM.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist eröffnet, soweit das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat (§ 547 ZPO in der vor dem 1.1.2002 geltenden Fassung ); insoweit erweist sie sich aber als unbegründet (unten A.). Im übrigen führt das zulässige Rechtsmittel in Höhe von 10.350,58 DM nebst Zinsen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht, dem auch die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens zu übertragen ist (unten B.). Die weitergehende Revision ist demgegenüber auch im Umfang der Annahme durch den Senat nicht begründet.

A.


I. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Klägerin zunächst als unzulässig verworfen, soweit sich dieses Rechtsmittel gegen das landgerichtliche Urteil in dem Umfang richtete, als die Klägerin auf die Widerklage zur Rückzahlung wegen eines Betrags von 10.925,00 DM aus Rechnung Nr. 94352/5 verurteilt worden ist.
Die Verwerfung der Berufung hält in diesem Umfang der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand. Den Ausführungen im Landgerichtsurteil, warum die Beklagte geleistete Abschlagszahlungen zurückverlangen könne, hat die Berufungsbegründung nur den Satz entgegengesetzt: "Ein Rückzahlungsanspruch gemäß § 813 Abs. 1 BGB in Höhe von 10.925,-- DM steht der Beklagten nicht zu". Das Berufungsgericht hat hieraus zu Recht gefolgert, daß eine Begründung im Sinn des § 519 Abs. 3 Nr. 2 ZPO in der vor dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung (im Folgenden: a.F.) insoweit vollständig fehle (vgl. Musielak/Ball ZPO 2. Aufl. § 519 Rdn. 31 zum Fall des teilbaren Streitgegenstands; vgl. auch Zöller /Gummer ZPO 22. Aufl. § 519 Rdn. 33). Nach § 519 Abs. 3 Nr. 2 ZPO a.F. muß die Berufungsbegründung die bestimmte Bezeichnung der im einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe) sowie der neuen Tatsachen, Beweismittel und Beweiseinreden enthalten, die die Partei zur Rechtfertigung ihrer Berufung anzuführen hat. Danach hat der Berufungskläger eine Begründung zu liefern, die auf den zur Entscheidung stehenden Fall zugeschnitten ist. Die Begründung muß deshalb zum einen erkennen lassen, in welchen Punkten tatsächlicher oder rechtlicher Art das angefochtene Urteil nach Ansicht des Berufungsklägers unrichtig ist, und zum anderen im einzelnen angeben , aus welchen Gründen sie die tatsächliche und rechtliche Würdigung des Vordergerichtes für unrichtig hält (st. Rspr., u.a. BGH, Urt. v. 24.1.2000
- II ZR 172/98, NJW 2000, 1576). Eine tatsächlich bestehende objektive Unrichtigkeit des angefochtenen Urteils kann die erforderliche Begründung nicht ersetzen. Voraussetzung für die Zulässigkeit des Rechtsmittels ist die Darlegung der Gründe, aus denen das Urteil mit der Berufung angegriffen wird. Auch wenn sich, wie die Revision annimmt, die fehlende Berechtigung der Widerklageforderung als Umkehrung daraus ergeben haben sollte, daß die Forderung der Klägerin berechtigt war, hätte zumindest dies in der Berufungsbegründung angeführt werden müssen. Das ist nicht geschehen. Ein Fall, in dem - wie bei mehreren gleichgelagerten Ansprüchen - eine gesonderte Begründung entbehrlich hätte sein können (vgl. BGH, Urt. v. 22.1.1998 - I ZR 177/95, NJW 1998, 1399), lag hier nicht vor.
II. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Klägerin weiter als unzulässig verworfen, soweit sich diese gegen die Zuerkennung einer Gegenforderung in Höhe von 56.955,36 DM wegen der Rechnung Nr. 94356/8 (Hauptund Stichrohrbrücke) richtete. Die Berufungsbegründung lautete insoweit: "Die Beklagte hat keinen Rückzahlungsanspruch in Höhe von DM 56.955,36. Insoweit wird Bezug genommen auf den Inhalt des Schriftsatzes vom 08.03.1996 ... . Die dortigen Beweisantritte werden hiermit wiederholt. Ein Rückzahlungsanspruch steht der Beklagten nicht zu". Dies genügte entgegen der Auffassung der Revision nicht den Anforderungen an eine ausreichende Berufungsbegründung , denn auch dieser Vortrag läßt nicht erkennen, aus welchen Gründen tatsächlicher oder rechtlicher Art die anderslautenden Feststellungen in dem angefochtenen Urteil unrichtig sein sollten (vgl. BGH, Beschl. v. 6.3.1997 - VII ZB 26/96, NJW 1997, 1787).
III. Schließlich hat das Berufungsgericht die Berufung der Klägerin als unzulässig verworfen, soweit sich das Rechtsmittel gegen die Zuerkennung ei-
ner Widerklageforderung in Höhe von 47.106,43 DM (bezüglich der Rechnung Nr. 94357/4 (Bandbrücke)) richtete. Die Berufungsbegründung hat dazu ausgeführt : "Die Beklagte hat keine Widerklageforderung in Höhe von DM 47.106,43. Insoweit wird auf die Ausführungen im Schriftsatz vom 08.03.1996 ... Bezug genommen, und die dortigen Beweisanträge werden wiederholt". Auch das genügte aus den unter II. genannten Gründen nicht den an die Berufungsbegründung zu stellenden Anforderungen.

B.


Im Umfang, in dem das Berufungsgericht die Klage wegen der Rechnung Nr. 94350/6 abgewiesen hat, kann dem Rechtsmittel der Erfolg nicht versagt bleiben, die auf die Rechnung Nr. 94352/5 bezogene Revision ist demgegenüber nicht begründet.
I. Das Berufungsgericht ist in Übereinstimmung mit dem Erstrichter ersichtlich davon ausgegangen, daß der Beklagten die Widerklageforderung insoweit teilweise zusteht, weil die Beklagte Überzahlungen geleistet hat, die sie unter dem Gesichtspunkt einer ungerechtfertigten Bereicherung der Klägerin zurückverlangen kann. Die Vorinstanzen haben in diesem Zusammenhang geprüft , ob der Klägerin offene Vergütungsforderungen zustehen, die sie dem Rückforderungsverlangen der Beklagten entgegensetzen können. Das hat das Berufungsgericht hinsichtlich der Positionen, wegen derer der Senat die Revision angenommen hat, verneint.
II. 1. Die Vorinstanzen haben dabei zunächst verneint, daß der Klägerin mit der Rechnung Nr. 94350/6 geltend gemachte Vergütungsansprüche, darunter die allein noch verfahrensgegenständliche Position von 10.350,58 DM,
zustehen. Das Berufungsgericht hat hierzu ausgeführt, die Klägerin habe nicht dargelegt, daß ein zusätzlicher Vergütungsanspruch für Leistungen bestehe, die nicht bereits von den konkreten, grundsätzlich nach Stückkosten abzurechnenden Aufträgen erfaßt seien.
2. Die Revision macht demgegenüber geltend, das Berufungsgericht habe Klagevortrag übersehen, wonach die entsprechenden Tätigkeiten zusätzlich auf Stundenlohnbasis hätten abgerechnet werden sollen. Die Revisionserwiderung setzt dem entgegen, daß jedenfalls zweitinstanzlich entsprechender Vortrag nicht erfolgt sei.
3. Im Verfahren vor dem Landgericht hatte die Klägerin unter Beweisantritt vorgetragen, die für den Geschäftsführer M. angesetzten Stunden hätten angeordnete Besprechungen am 11. und 24. August 1994 in der Reaktoranlage J. betroffen; es sei ausdrücklich abgesprochen gewesen, daß die entsprechenden Tätigkeiten zusätzlich auf Stundenlohnbasis abgerechnet werden sollten. Im Berufungsverfahren hat die Klägerin auf ihren früheren Vortrag , den Rechnungsinhalt und die Stundennachweise Bezug genommen. In der Berufungsbegründung hat sie auch Ausführungen zur Frage der Vertretungsberechtigung der Zeugen Me. und K. gemacht, wegen deren Fehlens das Landgericht die Klage insoweit als unbegründet angesehen hatte. Darin lag insgesamt ausreichender Berufungsvortrag, dem das Berufungsgericht zu Unrecht nicht nachgegangen ist. Für das Revisionsverfahren ist daher davon auszugehen , daß der Vortrag der Klägerin insoweit zutrifft. Dies muß insoweit zur Aufhebung des angefochtenen Urteils führen.
III. 1. Das Landgericht hat der Klägerin einen Anspruch von 9.084,08 DM u.a. für weitere 45 (396 statt 351) Isometrien, die diese in der
Rechnung Nr. 94352/5 betreffend Kalksteinmahlanlage und Entwässerungsgebäude geltend gemacht hatte, nicht zugebilligt. Für die angegebene Stückzahl sei die Klägerin beweisfällig geblieben. Auch eine höhere Stundenzahl habe die Klägerin nicht nachvollziehbar dargelegt. In der Berufungsbegründung hat die Klägerin die Zahl der Isometrien unter Zeugenbeweis gestellt und wegen der angefallenen Stunden auf die Anlagen III/21-26 verwiesen. Das Berufungsgericht hat beanstandet, daß hinsichtlich der Isometrien Übergabe und Abnahme nicht behauptet worden seien. Hinsichtlich der Arbeitsstunden sei die Feststellung des Landgerichts nicht angegriffen, daß auch Arbeiten aufgeführt seien, die im Rahmen der nach Stückkosten zu vergütenden Tätigkeiten angefallen seien.
2. Die Revision macht demgegenüber geltend, das Beweisangebot der Klägerin in der Berufungsbegründung habe, nachdem das Landgericht die Berücksichtigung der Position mit der Begründung verneint habe, daß die Klägerin für den Empfang der weiteren Isometrien beweisfällig geblieben sei, dahin ausgelegt werden müssen, daß es sich auch auf die Aushändigung der Unterlagen beziehe. Die Revisionserwiderung meint demgegenüber, daß angesichts der Formulierung in der Berufungsbegründung für eine weitergehende Auslegung des Berufungsvortrags kein Raum gewesen sei.
3. Die Rüge bleibt ohne Erfolg. Das Landgericht hatte als streitig bezeichnet , daß die Beklagte die genannte Stückzahl erhalten hat. Daraufhin hat die Klägerin nur unter Beweis gestellt, daß sie die höhere Stückzahl gefertigt habe; daß diese auch übergeben worden sei, ist weder ausdrücklich behauptet worden noch hinreichend deutlich dem Vortrag der Klägerin im Zusammenhang zu entnehmen. Auch der abschließenden Bemerkung in der Berufungsbegründung , der Rückzahlungsanspruch stehe der Beklagten nicht zu, kann nicht
mehr mit hinreichender Deutlichkeit entnommen werden, daß die Klägerin auch die Übergabe der Isometrien geltend machen wollte. Damit war der Vortrag der Klägerin zu diesem Punkt nicht schlüssig; denn das Entstehen der Werklohnforderung ergab sich nicht bereits aus der Herstellung der Isometrien, sondern es setzte weiter deren Übergabe voraus.
Melullis Jestaedt Scharen
Keukenschrijver Asendorf

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 188/01 Verkündet am:
19. Mai 2005
Wermes
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in der Patentnichtigkeitssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Aufzeichnungsträger
Ist die Schutzdauer des Streitpatents abgelaufen, ist die Nichtigkeitsklage nur
zulässig, soweit der Kläger gleichwohl ein Rechtsschutzbedürfnis für die Nichtigerklärung
hat. Diese Voraussetzung ist für einander nebengeordnete Patentansprüche
jeweils gesondert zu prüfen.
a) Es steht dem Patentschutz nicht entgegen, daß ein Verfahren oder eine
Vorrichtung die Wiedergabe von Informationen betrifft. Maßgeblich ist vielmehr
, ob die beanspruchte Lehre Anweisungen enthält, die der Lösung eines
konkreten technischen Problems mit technischen Mitteln dienen. Ist
dies der Fall, kommt es nicht darauf an, ob der Patentanspruch auch auf
den Informationscharakter des Verfahrensergebnisses oder der beanspruchten
Sache abstellt.
b) Ist bei einem auf einen Aufzeichnungsträger gerichteten Sachanspruch der
beanspruchte Gegenstand zumindest teilweise nicht unmittelbar durch
(räumlich-körperlich oder funktional umschriebene) Sachmerkmale, sondern
durch ein Verfahren definiert, durch das eine bestimmte Informationsstruktur
erhalten wird, ist durch Auslegung des Patentanspruchs zu ermitteln, ob
und inwieweit sich aus dem angegebenen Verfahren durch dieses bedingte
Merkmale des bei seiner Anwendung erhaltenen Aufzeichnungsträgers ergeben
, die diesen als erfindungsgemäß qualifizieren (Fortführung des
Sen.Urt. v. 19.6.2001 - X ZR 159/98, GRUR 2001, 1129 - zipfelfreies Stahlband
).
BGH, Urt. 19. Mai 2005 - X ZR 188/01 - Bundespatentgericht
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 12. April 2005 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis und die
Richter Scharen, Prof. Dr. Meier-Beck, Asendorf und Dr. Kirchhoff

für Recht erkannt:
Die Berufung gegen das Urteil des 4. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts vom 18. Juli 2001 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des deutschen Patents 31 25 529, das unter Inanspruchnahme einer niederländischen Priorität vom 14. Juli 1980 am 29. Juni 1981 angemeldet und im Verlaufe des Rechtsstreits durch Zeitablauf erloschen ist. Das Streitpatent umfaßt 15 Patentansprüche, von denen die Ansprüche 1, 11 und 12 lauten: "1. Verfahren zum Umkodieren einer Folge Datenbits in eine Folge Kanalbits, wobei die Folge Datenbits in unmittelbar aufeinanderfolgende Blöcke von je m Datenbits aufgeteilt wird und diese Blöcke in aufeinanderfolgende Blöcke von (n1 + n2) Kanalbits (n1 + n2 > m) umkodiert werden und wobei die Blöcke
Kanalbits je einen Block von n1 Informationsbits und einen Block von n2 Trennbits enthalten derart, daß aufeinanderfolgende Blöcke von Informationsbits durch jeweils nur einen Block Trennbits getrennt werden und daß eine (d, k)-Bedingung erfüllt ist, d.h. daß zwei aufeinanderfolgende Kanalbits von einem ersten Typ, des Typs '1', durch mindestens d dann höchstens k unmittelbar aufeinanderfolgenden Bits eines zweiten Typs, des Typs '0', getrennt werden, g e k e n n z e i c h - n e t d u r c h die nachfolgenden Schritte: 1. das Umwandeln der Blöcke von m Bits enthaltender Datenbits in n1 Bits enthaltende Blöcke Informationsbits derart , daß die (d, k)-Bedingung erfüllt ist; 2. das Erzeugen mehrerer möglicher Blöcke von (n1 + n2) Kanalbits durch Ergänzen je eines Blocks von n1 Informationsbits durch jeweils einen Block aus der Menge aller möglichen Blöcke von n2 Trennbits; 3. das Bestimmen derjenigen Blöcke von Kanalbits aus den möglichen Blöcken von Kanalbits, die in bezug auf den jeweils vorhergehenden und nachfolgenden Block von Kanalbits die (d, k)-Bedingung erfüllen; 4. das Ermitteln des Gleichstromanteils jedes der so bestimmten Blöcke von Kanalbits, die in dem vorhergehenden Schritt ermittelt wurden;
5. das Auswählen des Blocks von Kanalbits mit minimalem Gleichstromanteil aus den in Schritt 4 bestimmten Blökken. 11. Aufzeichnungsträger mit einer gemäß dem Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 8 erzeugten Informationsstruktur mit Folgen von Kanalbitzellen, die je ein Bit enthalten, dessen Wert durch einen Pegelübergang oder einen fehlenden Pegelübergang am Anfang der Bitzelle dargestellt wird, d a - d u r c h g e k e n n z e i c h n e t , daß der Abstand zwischen zwei aufeinanderfolgenden Pegelübergängen maximal gleich (k + 1) Bitzellen und minimal gleich (d + 1) Bitzellen ist, und daß höchstens zwei aufeinanderfolgende maximale Abstände von (k + 1) Bitzellen der Pegelübergänge auftreten, die Teil einer Synchronisationsinformation bilden. 12. Aufzeichnungsträger nach Anspruch 11, d a d u r c h g e - k e n n z e i c h n e t , daß k = 10 und d = 2 ist und daß der Aufzeichnungsträger zwischen zwei aufeinanderfolgenden Synchronisationsinformationen einen Rahmen mit 561 Kanalbitzellen aufweist, der 33 Blöcke von je 17 Kanalbitzellen enthält , und daß die Synchronisationsinformation 27 Kanalbitzellen aufweist." Wegen des Wortlauts der weiteren Verfahrensansprüche 2 bis 8 und der jeweils einen Demodulator betreffenden Patentansprüche 9 und 10 sowie der Patentansprüche 13 bis 15, die einen Modulator, einen Wandler und eine Anordnung zum Wiedergeben der einem Übertragungskanal entnommenen Informationsbits betreffen, wird auf die Patentschrift verwiesen.
Die Klägerin, die von der Beklagten wegen Verletzung der Patentansprüche 11 und 12 gerichtlich in Anspruch genommen wird, hat geltend gemacht, die Gegenstände des Streitpatents seien nicht patentfähig, gingen über den Inhalt der Ursprungsanmeldung hinaus und seien nicht ausführbar offenbart. Das Bundespatentgericht hat die Nichtigkeitsklage abgewiesen. Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie (sinngemäß) den Antrag weiterverfolgt, das Streitpatent für nichtig zu erklären. Die Beklagte tritt dem Rechtsmittel entgegen, wobei sie Patentanspruch 11 hilfsweise in einer Fassung verteidigt, die lediglich auf optische Aufzeichnungsträger gerichtet ist. Als gerichtlicher Sachverständiger hat Professor Dr.-Ing. P. H. , Leiter der Arbeitsgruppe Informations- und Codierungstheorie der Universität , ein schriftliches Gutachten erstattet, das er in der mündlichen Verhandlung erläutert und ergänzt hat.

Entscheidungsgründe:


Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg. Das Bundespatentgericht hat die Nichtigkeitsklage zu Recht abgewiesen. A. Soweit die Klägerin auf Nichtigerklärung der Patentansprüche 1 bis 10 sowie 13 bis 15 anträgt, ist die Klage unzulässig. Nachdem die Schutzdauer des Streitpatents abgelaufen ist, ist die Nichtigkeitsklage nur zulässig, soweit der Klägerin gleichwohl ein Rechtsschutzbe-
dürfnis zuzubilligen ist (Sen.Beschl. v. 14.2.1995 - X ZB 19/94, GRUR 1995, 342 f. - Tafelförmige Elemente; st. Rspr.). Diese Voraussetzung ist zumindest für nebengeordnete Patentansprüche jeweils gesondert zu prüfen, da bei selbständigen Ansprüchen das Interesse an der Nichtigerklärung des einen Anspruchs nicht notwendigerweise auch das Interesse an der Nichtigerklärung des anderen begründen muß, wie im Streitfall angesichts einer Mehrzahl unterschiedliche Gegenstände betreffender Nebenansprüche besonders deutlich wird. Insoweit besteht ein Rechtsschutzinteresse hinsichtlich der Patentansprüche 11 und 12, da die Klägerin aus diesen wegen Patentverletzung in Anspruch genommen wird. Hinsichtlich der Verfahrensansprüche 1 bis 8 und der Sachansprüche 9, 10, 13, 14 und 15 berühmt sich die Beklagte hingegen keiner Ansprüche gegen die Klägerin und ist für ein Rechtsschutzinteresse auch sonst nichts dargetan. B. Soweit die Klage zulässig ist (d.h. hinsichtlich der Patentansprüche 11 und 12), ist sie unbegründet, da keiner der geltend gemachten Nichtigkeitsgründe vorliegt. I. Das Streitpatent betrifft in Patentanspruch 1 ein Verfahren zum Umkodieren einer Folge Datenbits in eine Folge Kanalbits und in Patentanspruch 11 einen Aufzeichnungsträger mit einer gemäß dem Verfahren nach Anspruch 1 erzeugten Informationsstruktur. 1. Nach der Beschreibung werden bei dem erfindungsgemäßen, insoweit bekannten Verfahren die Folge Datenbits in unmittelbar aufeinanderfolgende Blöcke von je m Datenbits aufgeteilt und diese Blöcke in aufeinanderfolgende Blöcke von (n1 + n2 > m) Kanalbits umkodiert. Vorzugsweise sind m = 8, n1 = 14 und n2 = 3 (Patentansprüche 8 und 12); zur Vereinfachung werden im folgenden diese Vorzugswerte zugrundegelegt, die auch in der Pra-
xis bei der Kodierung von Compact Disc (CD) angewandt werden und auf die die übliche Bezeichnung EFM-Verfahren zurückgeht (EFM = Eight to Fourteen Modulation). Die Blöcke mit 17 Kanalbits enthalten je einen Block von 14 Informationsbits und einen Block von drei Trennbits derart, daß aufeinanderfolgende Blöcke Informationsbits durch jeweils nur einen Block Trennbits getrennt werden , zwei aufeinanderfolgende Kanalbits eines ersten Typs (des Typs "1") durch mindestens d unmittelbar aufeinanderfolgende Bits eines zweiten Typs (des Typs "0") getrennt werden und die Anzahl unmittelbar aufeinanderfolgender Kanalbits vom zweiten Typ höchstens k ist. Vorzugsweise sind d = 2 und k = 10 (Patentanspruch 12; auch diese Werte werden im folgenden zur vereinfachten Darstellung verwendet). Wie die Beschreibung der Streitpatentschrift erläutert, liegt bei der digitalen Übertragung oder in magnetischen und optischen Aufnahme- bzw. Wiedergabesystemen die zu übertragende bzw. aufzunehmende Information meistens in einer Folge von Zeichen vor, die zusammen das (oft binäre) Alphabet bilden. Das binäre Alphabet wird durch die Zeichen 1 und 0 dargestellt. Das Zeichen 1 wird auf dem Magnetband oder auf der optischen Platte als Übergang zwischen zwei Zuständen von Magnetisierung oder zwei Orten eines optisch aktiven Bereichs festgelegt; das Zeichen 0 wird durch das Fehlen eines derartigen Überganges festgelegt. Infolge bestimmter Systemanforderungen bestehen in der Praxis Beschränkungen für die Zeichenfolgen, die auftreten dürfen. So verlangen manche Systeme eine selbsttaktende Folge von Zeichen, was erfordert, daß die Folge zu übertragender bzw. aufzunehmender Zeichen genügend Übergänge aufweisen muß, um aus der Zeichenfolge ein zu Detektion und Synchronisation notwendiges Taktimpulssignal zu erzeugen. Ferner kann die Vermeidung bestimmter Zeichenfolgen im Informationssignal geboten sein, weil diese anderen
Zwecken vorbehalten sind, z.B. als Synchronisationsfolgen dienen. Schließlich kann die Forderung bestehen, die Übergänge nicht zu schnell aufeinander folgen zu lassen, um die Intersymbolinterferenz zu beschränken. Ein derartiges Verfahren ist in der Veröffentlichung von Tang und Bahl "Block Codes for a Class of Constrained Noiseless Channels" in Information and Control 17 (1970), 436 ff. (Anlage Ni-K 8) beschrieben. Als Nachteil der Kodierungsart nach diesem Verfahren bezeichnet es die Streitpatentschrift, daß der Anteil der niedrigen Frequenzen (einschließlich Gleichstrom) an dem Frequenzspektrum des Stromes von Kanalbits ziemlich hoch ist. Ein weiterer Nachteil seien die "verwickelten" (gemeint wohl: aufwendigen) Kodierwandler, insbesondere der Demodulator. Dem Streitpatent liegt das Problem zugrunde, ein Verfahren zum Umkodieren einer Folge Datenbits in eine Folge Kanalbits anzugeben, das die Niederfrequenzspektrumeigenschaften des aus den Kanalbits abzuleitenden Signals verbessert und einen einfachen Demodulator ermöglicht, sowie einen Aufzeichnungsträger mit einer Datenstruktur bereitzustellen, die mit einem derartigen Verfahren erzeugt werden kann. Der in Patentanspruch 11 beanspruchte Aufzeichnungsträger läßt sich wie folgt in Merkmale gliedern:
(1)
Es handelt sich um einen Aufzeichnungsträger mit einer Informationsstruktur mit Folgen von Kanalbitzellen, die je ein Bit enthalten, dessen Wert durch einen Pegelübergang (1) oder einen fehlenden Pegelübergang (0) am Anfang der Bitzelle dargestellt wird.
(2)
Die Informationsstruktur wird mit einem Verfahren mit den nachfolgenden Merkmalen 2.1 bis 2.8 erzeugt: (2.1) Eine Folge Datenbits wird in unmittelbar aufeinanderfolgenden Blöcken von je 8 (m) Datenbits aufgeteilt. (2.2) Diese Blöcke von 8 Datenbits werden in aufeinanderfolgende Blöcke von 17 (n1 + n2 > m) Kanalbits umkodiert. (2.3) Die Blöcke Kanalbits enthalten je einen Block von 14 (n1) Informationsbits und einen Block von 3 (n2) Trennbits derart, daß aufeinanderfolgende Blöcke von Informationsbits durch jeweils nur einen Block Trennbits getrennt werden. (2.4) Das Umwandeln der Blöcke von 8 (m) Datenbits in Blöcke von 14 (n1) Informationsbits erfolgt derart, daß zwei aufeinanderfolgende Kanalbits des Typs 1 durch mindestens 2 (d) und höchstens 10 (k) aufeinanderfolgende Bits des Typs 0 getrennt werden. (2.5) Mehrere Blöcke von 17 (n1 + n2) Kanalbits werden durch Ergänzen je eines Blockes von 14 (n1) Informationsbits durch jeweils einen Block aus der Menge aller möglichen Blöcke von 3 (n2) Trennbits erzeugt. (2.6) Es werden diejenigen Blöcke von Kanalbits aus den möglichen Blöcken von Kanalbits bestimmt, die in Bezug auf den jeweils vorhergehenden und nachfolgenden Block von Kanalbits die (d, k)-Bedingung erfüllen. (2.7) Es wird für jeden der so bestimmten Blöcke von Kanalbits der Gleichstromanteil ermittelt. (2.8) Es wird der Block von Kanalbits mit minimalem Gleichstromanteil ausgewählt.
(3)
Der Abstand zwischen zwei aufeinanderfolgenden Pegelübergängen ist maximal gleich 11 (k + 1) Bitzellen und minimal gleich 3 (d + 1) Bitzellen.
(4)
Es treten höchstens zwei aufeinanderfolgende maximale Abstände von 11 (k + 1) Bitzellen der Pegelübergänge auf, die Teil einer Synchronisationsinformation sind. Die nebenstehend wiedergegebene Figur 1 der Streitpatentschrift zeigt einige Bitfolgen zur Erläuterung des Verfahrens zur Umkodierung einer Folge Datenbits in eine Folge Kanalbits.
2. Mit der Beklagten kann Patentanspruch 11 als product-byprocess -Anspruch bezeichnet werden, da es sich um einen auf einen Aufzeichnungsträger gerichteten Sachanspruch handelt, der jedoch teilweise (in den Merkmalen 2 bis 2.8) nicht unmittelbar durch (räumlich-körperlich oder funktional umschriebene) Sachmerkmale, sondern durch das Verfahren definiert ist, das die erfindungsgemäße Informationsstruktur erzeugt. In einem solchen Fall ist durch Auslegung des Patentanspruchs zu ermitteln, ob und inwieweit sich aus dem angegebenen Verfahren durch dieses bedingte Merkmale des daraus erhaltenen Erzeugnisses ergeben, die das Erzeugnis als anspruchsgemäß qualifizieren (Sen.Urt. v. 19.6.2001 - X ZR 159/98, GRUR 2001, 1129 - zipfelfreies Stahlband). Entgegen der Auffassung der Klägerin ist in diesem Zusammenhang ohne Belang, ob sich Anspruch 1 als ein Verfahren zur Herstellung eines Datenträgers bezeichnen läßt. Vielmehr kommt es allein darauf an, inwieweit sich den verfahrensmäßig definierten Merkmalen - in ihrem technischen Sinngehalt über die Merkmale 1, 3 und 4 hinausgehende - Angaben über die erfindungsgemäße Beschaffenheit des beanspruchten Datenträgers entnehmen lassen. Insoweit beschreiben die Merkmale 2.2 und 2.3, daß die Informationsstruktur (Merkmal 1) aufeinanderfolgende Blöcke von 17 (n1 + n2) Kanalbits aufweist, die je einen Block von 14 (n1) Informationsbits und einen Block von 3 (n2) Trennbits derart enthalten, daß aufeinanderfolgende Blöcke von Informationsbits durch einen Block Trennbits getrennt werden. Dabei sind zwei aufeinanderfolgende Kanalbits des Typs 1 durch mindestens 2 (d) und höchstens 10 (k) aufeinanderfolgende Bits des Typs 0 getrennt (Merkmal 2.4), was mit anderen Worten auch Merkmal 3 besagt, indem dort nicht auf die trennenden Bits des Typs 0, sondern auf den Abstand zwischen zwei Bits des Typs 1 (daher +1) abgestellt wird. Von besonderer Bedeutung ist Merkmal 2.8, aus dem sich ergibt , daß jeder Block von Kanalbits - verglichen mit anderen möglichen, gemäß
den Merkmalen 2.5 bis 2.7 erzeugten oder erzeugbaren Blöcken - den "minimalen Gleichstromanteil" aufweisen soll. Hierdurch soll, wie der Fachmann der Streitpatentschrift entnimmt, insbesondere bei optischen Aufzeichnungssystemen der Einfluß des bei der Abtastung entstehenden Störspektrums minimiert werden. Bei dem von der Streitpatentschrift angesprochenen Fachmann sind, wie der gerichtliche Sachverständige in Übereinstimmung mit dem Bundespatentgericht und von den Parteien unbeanstandet ausgeführt hat, Kenntnisse und Fähigkeiten eines Elektrotechnikingenieurs der Studienrichtung Nachrichtentechnik mit Fachhochschul- oder Hochschulabschluß und Erfahrungen auf dem Gebiet der Speichertechnik zugrunde zu legen. Der in dieser Weise qualifizierte Fachmann erhält durch die in der Streitpatentschrift angegebene Aufgabenstellung den Hinweis, daß es bei der Minimierung des Gleichstromanteils um die Niederfrequenzspektrumeigenschaften des aus den Kanalbits abzuleitenden Signals geht (S. 4 Z. 55 - 57). Das entspricht dem für den Stand der Technik angegebenen Nachteil, daß der Anteil der niedrigen Frequenzen (einschließlich Gleichstrom) an dem Frequenzspektrum des Stromes von Kanalbits ziemlich hoch sei (S. 4 Z. 41/42). Auf S. 5 Z. 57 - 59 wird ausdrücklich darauf hingewiesen , daß es bei optischer Aufzeichnung erwünscht sei, daß der niederfrequente Teil des Datenspektrums optimal unterdrückt werde. Der gerichtliche Sachverständige hat dies ergänzend dahin erläutert, daß speziell die niedrigen Frequenzen des bei der Abtastung entstehenden Störspektrums das Antriebsystem beeinflussen können und daß der Modulationscode daher gleichstromfrei sein soll. Ein gleichstromfreier Modulationscode wirkt sich zudem positiv auf die Detektionsfehlerrate aus (S. 6 Z. 56 - 58 der Streitpatentschrift), und AnalogDigital -Wandler und Detektor können besonders einfach realisiert werden.
3. Näherer Erörterung bedarf ferner das Merkmal 2.6, nach dem diejenigen Blöcke von Kanalbits aus den möglichen Blöcken von Kanalbits bestimmt werden, die in Bezug auf den jeweils vorhergehenden und nachfolgenden Block von Kanalbits die (d, k)-Bedingung erfüllen. Die Streitpatentschrift beschreibt in dem Abschnitt S. 6 Z. 65 - S. 7 Z. 13, wie diese Auswahl realisiert werden kann. Danach wird von jedem der möglichen Blöcke Kanalbits ermittelt, ob für den betreffenden Block in Anbetracht des vorhergehenden Blocks Kanalbits die Anforderung der d-Begrenzung und die Anforderung der k-Begrenzung nicht dem Format des betreffenden Blocks Trennbits widerspricht, und ferner ermittelt, welcher der digitale Summenwert (DSW, als Maß für den Gleichstromanteil ) für den betreffenden möglichen Block Kanalbits ist. Für die möglichen Blöcke Kanalbits, die sich in der Anforderung der d-Begrenzung und der k-Begrenzung nicht widersprechen, wird ein erstes Anzeigesignal erzeugt. Sodann kann aus den möglichen Blöcken Kanalbits, für die ein erstes Anzeigesignal erzeugt ist, der Block Kanalbits mit dem kleinsten DSW gewählt werden. Als vorzugswürdig wird es jedoch bezeichnet, den DSW der vorhergehenden Blöcke Kanalbits zu speichern und aus den Blöcken Kanalbits, die als nächste für die Übertragung in Betracht kommen, denjenigen Block zu wählen, der den gespeicherten DSW im Absolutwert abnehmen läßt. Auf diese Weise gewährleistet die Überprüfung der (d, k)-Bedingung jeweils mit Blick auf den vorhergehenden Block von Kanalbits die Einhaltung dieser Bedingung auch in Bezug auf den nachfolgenden Block. Zugleich wird angegeben, wie der Gleichstromanteil minimiert werden kann. 4. Schließlich bedarf noch das Merkmal 4 der Auslegung. Es gibt an, daß in die Kanalbitfolgen Synchronisationsinformationen eingefügt sind, der Bestandteil näher definierte Kanalbitfolgen sind. Diese Kanalbitfolgen sind gekennzeichnet durch die Aufeinanderfolge eines Kanalbits vom Typ 1 und von 10 (k) Kanalbits des Typs 0. Sie treten höchstens zweimal aufeinanderfolgend auf
und sind in diesem Falle Teil der Synchronisationsinformation. Damit sie als solche behandelt und nicht als Informationsbits gelesen werden, muß eine solche Aufeinanderfolge außerhalb des Blocks von Synchronisationsbits ausgeschlossen werden, wie sich für den Fachmann von selbst versteht und ihm im übrigen auf S. 9, Z. 10 - 21 der Streitpatentschrift ausdrücklich erläutert wird. Soweit dort die Anzahl der aufeinanderfolgenden Bits des Typs 0 nur vorzugsweise mit s = k angegeben wird, engt Merkmal 4 des Patentanspruchs die geschützte Lehre auf diese Ausführungsform ein, mit der für die Synchronisationsbitfolge gleichzeitig der d- wie der k-Bedingung entsprochen wird. 5. Der von der Klägerin gegen die Umschreibung des erfindungsgemäßen Aufzeichnungsträgers mit den Merkmalen 1 bis 4 erhobene Einwand, einen Aufzeichnungsträger mit einer solchen Informationsstruktur "gebe es nicht", da beispielsweise eine CD auf der spiralförmig von außen nach innen verlaufenden Spur lediglich unterschiedlich lange Vertiefungen (Pits) und NichtVertiefungen (Lands) aufweise, die lediglich aufgrund einer bestimmten technischen Konvention über Drehgeschwindigkeit, Takt und dergleichen als Bits interpretiert werden könnten, ist unbegründet. Denn daß es einer solchen Konvention bedarf, um die räumlich-körperliche Struktur des Aufzeichnungsträgers als Informationsstruktur "lesen" zu können, versteht sich für den Fachmann von selbst. Solche Konventionen standen dem Fachmann, wie der gerichtliche Sachverständige bestätigt hat und auch die Klägerin nicht in Zweifel zieht, am Prioritätstag auch zur Verfügung, so daß er Patentanspruch 11 ohne weiteres die technische Lehre entnehmen konnte, den erfindungsgemäßen Aufzeichnungsträger räumlich-körperlich so zu gestalten, daß er in Verbindung mit einer geeigneten Konvention zur Interpretation der räumlich-körperlichen Struktur eine den Merkmalen 1 bis 4 entsprechende Informationsstruktur ergibt.
II. Daraus ergibt sich zugleich, daß die Notwendigkeit einer solchen Konvention keine mangelnde Ausführbarkeit der erfindungsgemäßen Lehre begründet. Auch im übrigen liegt der Nichtigkeitsgrund des § 22 Abs. 1 i.V.m. § 21 Abs. 1 Nr. 2 PatG nicht vor. Soweit die Klägerin die technische Anweisung des Merkmals 2.6 als nicht ausführbar beanstandet, trifft dies nach den Ausführungen zu I 3 nicht zu. III. Der Gegenstand des Patentanspruchs 11 geht nicht über den Inhalt der Anmeldung in der Fassung hinaus, in der sie beim Deutschen Patentamt ursprünglich eingereicht worden ist (§ 22 Abs. 1 i.V.m. § 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG). 1. Die Klägerin meint, nach der Ursprungsoffenbarung würden Folgen von m Datenbits in Folgen von n1 Informationsbits umgewandelt und mehrere Folgen von Kanalbits erzeugt, die je einen Block Informationsbits und nur eine der möglichen Bitkombinationen der Trennbits enthalten. Für jede der Folgen von Kanalbits werde die Summe der Anzahl der Trennbits und der Anzahl der Nullen vor einer 1, die Summe der Nullen, die einer 1 folgen, welche Teil eines Trennbits ist, und die Summe der Anzahl Trennbits und der Informationsbits vom Typ 0 ermittelt, die jedem Block von Trennbits unmittelbar vorangeht und folgt. Es werde sodann ein Anzeigesignal für die ermittelten Summen größer d und höchstens k erzeugt und aus den Folgen, bei denen das Anzeigesignal erzeugt wurde, diejenige Folge von Kanalbits ausgewählt, die den Gleichstromanteil minimiere. Die Summenbildungen seien an keiner Stelle als verzichtbar erkennbar. Hingegen werde nach Patentanspruch 1 bereits bei der Umwandlung von m Datenbits in 14 Informationsbits die (d, k)-Bedingung angewandt. Sodann werde diese Bedingung blockweise auf die Kanalbits angewandt (Merkmal 2.6) und dann der Gleichstromanteil ermittelt. In der Ursprungsoffenbarung finde dies keine Stütze.
Das wird dem Gesamtoffenbarungsgehalt der Anmeldeunterlagen nicht gerecht. Denn der Fachmann entnimmt der Anmeldung, daß die Blöcke aus Trennbits zum einen blockübergreifend die Einhaltung der (d, k)-Bedingung gewährleisten , zum anderen derart bemessen werden sollen, daß sie außerdem zum Minimieren des Gleichstromanteils benutzt werden können (S. 10 Z. 9 - 20 der Anmeldung = S. 6 Z. 39 - 41 der Streitpatentschrift). Die Anmeldung enthält verschiedene Ausführungsbeispiele, die dem Fachmann zeigen, wie er diese Ziele erreichen kann (S. 11 Z. 6 - S. 14 Z. 3). Diese Beispiele sind für den Fachmann als solche erkennbar; er versteht sie als Anwendungen der anhand dieser Beispiele offenbarten allgemeinen Lehre, die Blöcke von Trennbits so auszuwählen, daß sie die (d, k)-Bedingung erfüllen und zugleich zu einem minimalen Gleichstromanteil führen. 2. Ebenfalls zu Unrecht hält die Klägerin Merkmal 3 für nicht ursprungsoffenbart. Denn Merkmal 3 stimmt, wie bereits ausgeführt, inhaltlich mit Merkmal 2.4 überein. 3. Schließlich ist entgegen der Meinung der Klägerin auch Merkmal 4 ursprungsoffenbart. Denn der angemeldete Patentanspruch 12 ist auf einen Merkmal 1 entsprechenden Aufzeichnungsträger gerichtet, der dadurch gekennzeichnet ist, daß der maximale Abstand zwischen zwei aufeinanderfolgenden Pegelübergängen gleich der Länge von 11 (k + 1) Bitzellen ist, daß der minimale Abstand zwischen zwei aufeinanderfolgenden Pegelübergängen gleich der Länge von 3 (d + 1) Bitzellen ist (Merkmal 3), daß "höchstens Folgen des doppelten maximalen Abstandes von 11 (k + 1) Bitzellen auftreten" und daß diese Folgen einen Teil einer Synchronisationsfolge bilden. Die letzten beiden kennzeichnenden Merkmale entsprechen trotz ihrer verunglückten Formulierung inhaltlich Merkmal 4. Das ergibt sich aus der Beschreibung in Verbindung mit Figur 4 der Anmeldung, der der Fachmann entnimmt, daß mit den "Folgen
des doppelten maximalen Abstandes von (k + 1) Bitzellen" nicht etwa Folgen von 21 Bitzellen des Typs 0 gemeint sind (was, wie bereits das Bundespatentgericht zutreffend ausgeführt hat, die nach dem angemeldeten Patentanspruch 12 einzuhaltende k-Bedingung verletzen würde), sondern vielmehr die höchstens zweimalige Aufeinanderfolge der Zeichenreihe 10000000000, die bei k = 10 jeweils dem Abstand von k + 1 Bitzellen zwischen zwei aufeinanderfolgenden Pegelübergängen entspricht. Denn in Übereinstimmung mit S. 10 Z. 20 - 42 der Streitpatentschrift wird in den Anmeldeunterlagen auf S. 21 Z. 19 bis S. 22 Z. 21 ein Ausführungsbeispiel mit einer Synchronisationsinformation beschrieben, die zwei derartige aufeinanderfolgende Blöcke 10000000000 aufweist. IV. Zu Recht hat das Bundespatentgericht schließlich auch den Nichtigkeitsgrund der fehlenden Patentfähigkeit verneint (§ 22 Abs. 1 i.V.m. § 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG). 1. Patentanspruch 11 schützt eine Erfindung im Sinne des § 1 PatG. Die Auffassung der Klägerin, Patentanspruch 1 (und damit auch Patentanspruch 11) betreffe die Wiedergabe von Informationen und sei daher nach § 1 Abs. 2 Nr. 4 PatG nicht als Erfindung anzusehen, ist unzutreffend. Daß ein Verfahren oder eine Vorrichtung die Wiedergabe von Informationen betrifft, steht einem Patentschutz für das Verfahren oder die Vorrichtung nicht entgegen. Vielmehr wird nur die Wiedergabe von Informationen als solche nicht als Erfindung angesehen (§ 1 Abs. 3 PatG). Maßgeblich ist daher nach der Rechtsprechung des Senats, ob die beanspruchte Lehre Anweisungen enthält , die der Lösung eines konkreten technischen Problems mit technischen Mitteln dienen. Ist dies der Fall, kommt es nicht darauf an, ob der Patentanspruch auch auf die Verwendung eines Algorithmus, einen im geschäftlichen
Bereich liegenden Zweck oder den Informationscharakter des Verfahrensergebnisses oder der beanspruchten Sache abstellt (Sen.Beschl. v. 19.10.2004 - X ZB 33/03, GRUR 2005, 141, 142 - Anbieten interaktiver Hilfe; Sen.Beschl. v. 19.10.2004 - X ZB 34/03, GRUR 2005, 143, 144 - Rentabilitätsermittlung; vgl. auch EPA [TBK 3.5.2], ABl. EPA 2000, 515 - Datenstrukturprodukt/Philipps). Insofern gilt nichts anderes als für Verfahren, die sich zur Herbeiführung des angestrebten Erfolges eines Datenverarbeitungsprogramms bedienen (vgl. Sen.Beschl. v. 24.5.2004 - X ZB 20/03, GRUR 2004, 667 - Elektronischer Zahlungsverkehr , für BGHZ 159, 197 vorgesehen; BGHZ 149, 68 - Suche fehlerhafter Zeichenketten). Das Streitpatent betrifft, wie ausgeführt, das Problem, ein Verfahren zum Umkodieren einer Folge Datenbits in eine Folge Kanalbits anzugeben, das die Niederfrequenzspektrumeigenschaften des aus den Kanalbits abzuleitenden Signals verbessert und einen einfachen Demodulator ermöglicht, sowie einen Aufzeichnungsträger mit einer Datenstruktur bereitzustellen, die mit einem derartigen Verfahren erzeugt werden kann. Das Problem ist technischer Natur, und die Mittel zu seiner Lösung sind technisch, denn sie bestehen aus einem Umcodierungsverfahren , das zu einer Aufzeichnungsstruktur mit physikalischen Eigenschaften führt, die die optische Auswertbarkeit der mittels dieser Aufzeichnungsstruktur gespeicherten Informationen verbessern. Daraus ergibt sich zugleich, daß Patentanspruch 11 auf eine Lehre zum technischen Handeln und damit auf eine Erfindung im Sinne des § 1 Abs. 1 PatG gerichtet ist. 2. Daß der Gegenstand des Patentanspruchs 11 an dem vom Streitpatent in Anspruch genommenen Prioritätstag nicht zum Stand der Technik gehörte , wird von der Klägerin nicht in Zweifel gezogen. Es sind auch keine vorbekannten Verfahren oder Aufzeichnungsträger dargetan, aus denen sich Anhaltspunkte für eine andere Beurteilung der Neuheit ergeben könnten. Soweit
die Klägerin die Präsentation "The Compact Disc Digital Audio System: Modulation And Error-Correction" von Vries u.a. auf der 67. Tagung der Audio Engineering Society vom 31. Oktober bis zum 3. November 1980 in New York (schriftliche Fassung Anl. Ni-K 2) als neuheitsschädlich ansieht, kann sie damit - wie bereits das Bundespatentgericht zutreffend angenommen hat - schon deshalb nicht durchdringen, weil das Streitpatent die Priorität vom 14. Juli 1980 zu Recht in Anspruch nimmt. Das Prioritätsrecht nach Art. 4 PVÜ kann jedenfalls insoweit in Anspruch genommen werden und bestimmt nach § 3 Abs. 1 PatG den Zeitrang der deutschen Patentanmeldung, als eine mit der Patentanmeldung beanspruchte Merkmalskombination dem Fachmann in der Voranmeldung in ihrer Gesamtheit als zu der angemeldeten Erfindung gehörig offenbart ist (vgl. BGHZ 148, 383 - Luftverteiler; Sen.Urt. v. 14.10.2003 - X ZR 4/00, GRUR 2004, 133 - Elektronische Funktionseinheit; jeweils zu Art. 87 Abs. 1 EPÜ). Unerheblich ist dabei nach Art. 4 H PVÜ, ob der Gegenstand der deutschen Patentanmeldung in den in der früheren Anmeldung aufgestellten Patentansprüchen enthalten ist, sofern nur die Gesamtheit der Anmeldungsunterlagen diese Merkmale deutlich offenbart. Diese Voraussetzung ist für den Gegenstand des Patentanspruchs 11 erfüllt. Die Klägerin bezweifelt das mit der Begründung, Merkmal 4 stehe in Widerspruch zu dem Verfahren nach Anspruch 2 der niederländischen Prioritätsanmeldung , nach dem mindestens zwei aufeinanderfolgende Pegelübergänge verwendet würden, die der in Merkmal 4 formulierten (k + 1)-Bedingung entsprächen. Das ist jedoch unerheblich, da die niederländische Anmeldung in Anspruch 11 einen Anspruch 12 der deutschen Anmeldung entsprechenden Patentanspruch enthält, der auf einen Aufzeichnungsträger (auch) mit Merkmal 4 gerichtet ist und wie in der deutschen Anmeldung in der Beschreibung näher
erläutert wird (S. 18 Z. 4 - 36 der niederländischen Patentanmeldung). Die Ausführungen zu III 3 zur unzulässigen Erweiterung gelten daher entsprechend, wobei der Zusammenhang der Ausführungen in der Beschreibung mit dem Gegenstand des Anspruchs 11 sogar noch deutlicher hervortritt als in der deutschen Anmeldung, da das Verständnis dieses Anspruchs nicht durch die offenbar auf die Übersetzung vom Niederländischen ins Deutsche zurückzuführende mißglückte Ausdrucksweise des Anspruchs 12 der deutschen Anmeldung erschwert wird. 3. Schließlich hat der Senat auch nicht die Überzeugung gewonnen, daß der Stand der Technik - wie die Klägerin erstmals unmittelbar vor der mündlichen Verhandlung geltend gemacht hat - dem Fachmann den Gegenstand des Patentanspruchs 11 nahegelegt hat. Zwar stand dem Fachmann aus der bereits erörterten Entgegenhaltung Tang/Bahl ein Verfahren zur Verfügung, mit dem er eine den Merkmalen 2 bis 2.6 entsprechende Informationsstruktur erzeugen und einen den Merkmalen 1 und 3 entsprechenden Aufzeichnungsträger bereitstellen konnte. Der Senat ist jedoch nicht überzeugt, daß der Fachmann diese bekannte Lösung dahin weiterentwickelt hätte, daß er für entsprechend Merkmal 2.5 erzeugte und entsprechend Merkmal 2.6 bestimmte Blöcke von Kanalbits jeweils den Gleichstromanteil ermittelt und den Block von Kanalbits mit minimalem Gleichstromanteil ausgewählt hätte (Merkmale 2.7 und 2.8) und ferner in die Kanalbitfolgen Merkmal 4 entsprechende Synchronisationsinformationen eingefügt hätte. Allerdings ist nicht zweifelhaft, daß der Fachmann Veranlassung hatte, sich jedenfalls bei magnetischen Aufzeichnungsträgern, die von dem erteilten Patentanspruch auch erfaßt werden, Gedanken über die Minimierung des Gleichstromanteils zu machen. Ebensowenig ist zweifelhaft, daß dem Fach-
mann die Notwendigkeit von Synchronisationsinformationen bewußt war und daß ihm die Möglichkeit zu Gebote stand, solche Synchronisationsinformationen in geeigneten Abständen in die Kanalbitfolgen einzufügen. Beides hat der gerichtliche Sachverständige bestätigt und ist auch zwischen den Parteien außer Streit. Der Senat kann jedoch nicht ausschließen, daß diese Vorgaben und die im Stand der Technik bekannten Lösungen zur Verringerung des Gleichstromanteils nicht ausgereicht hätten, dem Fachmann Veranlassung zu geben, die erfindungsgemäße Merkmalskombination in Erwägung zu ziehen. Der deutschen Offenlegungsschrift 23 00 179 (Anlage Ni-K 11), auf die die Klägerin sich in diesem Zusammenhang bezogen hat, entnimmt der Fachmann ein Verfahren und Vorrichtungen zur Herabsetzung des durch einen Gleichstrom gegebenen Vormagnetisierungsstroms des einem magnetischen Auszeichnungskopf zugeführten Schreibstroms. Dabei werden magnetische Darstellungen von aus Binärziffern bestehenden aufeinanderfolgenden Dreiergruppen in aufeinanderfolgenden Zellen einer Spur auf dem Aufzeichnungsträger aufgezeichnet. Jede magnetische Darstellung besteht aus einem Flußumkehrmuster , welches an zumindest zwei von vier Übergangsstellen T0, T1, T2 und T3 innerhalb der jeweiligen Zelle auftritt. Dabei können bestimmte Reihen von Binärzifferdreiergruppen entweder durch ein primäres Flußumkehrmuster oder durch ein abwechselndes Flußumkehrmuster dargestellt werden, wie dies die nachfolgende Gegenüberstellung aus Figur 2 der Entgegenhaltung veranschaulicht :

T0 T1 T2 T3 T 0 T1 T2 T3 0 0 0 0 1 1 1 0 1 0 1 0 1 0 1 0 0 0 1 0 1 1 0 1 1 1 0 1 1 1 1 1 1 1 1 0 0 1 1 0 0 1 0 1 1 0 0 1 1 1 0 1 1 0 0 1 0 1 1 0 1 1 1 0 0 0 1 1 Dadurch, daß anstelle der primären Flußumkehrmuster für die Dreiergruppen 001, 011 und 110 gegebenenfalls die Alternativmuster verwendet werden , kann die Gleichstromvormagnetisierung vermindert werden. Die unmittelbare Übertragung der Erkenntnisse aus dieser Entgegenhaltung auf einen Aufzeichnungsträger der eingangs dieses Abschnitts erörterten Art würde den Fachmann dazu führen, den Wert n1 für die Anzahl der Informationsbits zu erhöhen, um auf diese Weise die Möglichkeit zu schaffen, alternative Kodierungsmuster für die Umkodierung der Blöcke von Datenbits in aufeinanderfolgende Blöcke von Kanalbits bereitzustellen. Auf diese Weise gelangte er jedoch nicht zum Gegenstand der Erfindung. Es ist zwar in Betracht zu ziehen, daß der Fachmann möglicherweise auch hätte erwägen können, lediglich den Gedanken unterschiedlicher Gleichstromanteile alternativer Bitmuster weiterzuverfolgen und unter diesem Gesichtspunkt eine (weitere) Auswahl unter den entsprechend Merkmal 2.5 erzeugten mehreren Blöcken von Kanalbits zu treffen. Selbst wenn man hiervon ausginge, vermag der Senat jedoch nicht die Überzeugung zu gewinnen, daß der Fachmann diese Erwägung mit dem weiteren Schritt verbunden hätte, zwei
aufeinanderfolgende Folgen eines Kanalbits vom Typ 1 und von 10 (k) Kanalbits des Typs 0 als Teil einer Synchronisationsinformation zu verwenden. Ein unmittelbares Vorbild für die letztere Maßnahme hat die Klägerin nicht aufgezeigt, und Anhaltspunkte für ein solches sind auch sonst im Verlaufe der Verhandlung und Beweisaufnahme nicht hervorgetreten. Der gerichtliche Sachverständige hat es zwar als naheliegend bezeichnet, auch bei dem Synchronisationsmuster die (d, k)-Bedingung einzuhalten. Er hat jedoch in der Merkmal 4 entsprechenden Bitfolge eine geschickte Auswahl unter der Vielzahl in Betracht kommender Möglichkeiten gesehen, weil sie wegen der beiden Pegelübergänge , auf die jeweils die gleiche Anzahl von 10 (k) Bits des Typs 0 folgt, keinen Gleichstromanteil enthält. Damit dienen aber beide Maßnahmen - die Auswahl der Blöcke von Kanalbits mit minimalem Gleichstromanteil nach den Merkmalen 2.7 und 2.8 wie die Ausgestaltung der Synchronisationsinformation nach Merkmal 4 - dem Ziel eines möglichst geringen Gleichstromanteils und greifen somit ineinander. Ihre Verbindung stellt einen glücklichen Griff dar, von dem nicht festgestellt werden kann, daß er dem Durchschnittsfachmann am Prioritätstag nahegelegen hat. V. Mit Patentanspruch 11 hat auch der den Aufzeichnungsträger nach Patentanspruch 11 weiterbildende Patentanspruch 12 Bestand. Ursprungsoffenbarung und Ausführbarkeit sind insoweit von der Klägerin nicht gesondert angegriffen und Bedenken hiergegen auch sonst nicht hervorgetreten.
VI. Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 PatG i.V.m. § 97 ZPO. Melullis Scharen Meier-Beck Asendorf Kirchhoff

(1) In dem Verfahren vor dem Bundesgerichtshof gelten die Bestimmungen des § 144 über die Streitwertfestsetzung entsprechend.

(2) In dem Urteil ist auch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozeßkosten (§§ 91 bis 101) sind entsprechend anzuwenden, soweit nicht die Billigkeit eine andere Entscheidung erfordert; die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Kostenfestsetzungsverfahren (§§ 103 bis 107) und die Zwangsvollstreckung aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen (§§ 724 bis 802) sind entsprechend anzuwenden.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.