Bundesgerichtshof Urteil, 01. Juli 2003 - XI ZR 363/02

bei uns veröffentlicht am01.07.2003

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 363/02 Verkündet am:
1. Juli 2003
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 1. Juli 2003 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe, die
Richter Dr. Bungeroth, Dr. Joeres, die Richterin Mayen und den Richter
Dr. Appl

für Recht erkannt:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 27. August 2002 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin nimmt die beklagte Stadt aus einer Ausfallbürgschaft in Höhe von 1 Million DM in Anspruch.
Die Rechtsvorgängerin der Klägerin, die Kreissparkasse H., gewährte S. I. (im folgenden: Hauptschuldner) in den Jahren 1992/1993 mehrere, durch eine Grundschuld gesicherte Kredite mit einem Gesamtvolumen von zunächst 1,871 Millionen DM zur Finanzierung eines Hotelneubaus in Sc.. Im Frühjahr 1993 hatte der Hauptschuldner zusätzlichen Finanzierungsbedarf, weshalb er bei der Kreissparkasse H. die Gewährung eines langfristigen Darlehens über 227.000 DM und eines Kontokor-
rentkredites über 909.000 DM beantragte, was zu einem Gesamtkreditvolumen von dann 3,007 Millionen DM geführt hätte. Der Kreditausschuß der Kreissparkasse machte am 22. Juni 1993 ein weiteres finanzielles Engagement von der Stellung einer Bürgschaft durch die Beklagte abhängig. Nach Zustimmung der Stadtverordnetenversammlung am 25. Juni 1993 und Genehmigung durch den Landrat am 2. Juli 1993 unterzeichnete der Bürgermeister der Beklagten am 6. Juli 1993 folgende, von der Kreissparkasse H. vorformulierte Bürgschaftserklärung:
"Die Kreissparkasse H. hat Herrn S. I., ..., am 22.06.1993 einen Kredit zur Finanzierung eines Hotelneubaues in Sc. in Höhe von DM 3.007.000,00 (in Worten: Dreimillionensiebentausend Deutsche Mark) zugesagt. Die Stadt Sc. übernimmt hiermit die Ausfallbürgschaft in Höhe von DM 1.000.000,00 (in Worten: Eine Million Deutsche Mark) gegenüber der Kreissparkasse H. für den zugesagten Kredit von DM 3.007.000,00 und darüber hinaus für sämtliche Zinsen, Provisionen und Kosten, ..." Ebenfalls am 6. Juli 1993 stimmte der Kreditausschuß der Kreissparkasse dem zwischenzeitlich geänderten Kreditantrag des Hauptschuldners auf Bewilligung eines Darlehens über 329.000 DM, eines Kontokorrentkredits von 600.000 DM und eines Avalkredits über 195.000 DM zu, wodurch sich das Gesamtkreditvolumen auf 2,9955 Millionen DM erhöhte.
Bereits im Jahre 1994 wurden sämtliche ausgereichten Darlehen notleidend. 1997 gab der Hauptschuldner die eidesstattliche Versicherung ab. Nach Verwertung sonstiger Sicherheiten berühmt sich die Klägerin einer Restforderung in Höhe von 1.921.008,40 DM und nimmt daher die Beklagte aus der Bürgschaft in Anspruch.
Das Landgericht hat der erstinstanzlich noch auf einen Teilbetrag von 100.000 DM zuzüglich Zinsen beschränkten Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht das Urteil aufgehoben und die zweitinstanzlich auf 1 Million DM nebst Zinsen erweiterte Klage abgewiesen. Mit der - ohne jeden ersichtlichen Grund zugelassenen - Revision verfolgt die Klägerin ihren Zahlungsanspruch weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision der Klägerin ist nicht begründet.

I.


Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im wesentlichen ausgeführt:
Zwischen den Parteien sei kein wirksamer Bürgschaftsvertrag zustande gekommen. Der Bürgschaftserklärung lasse sich nicht entnehmen , daß sie sich auch auf bereits ausgereichte sowie alle noch künftig auszureichenden Darlehen erstrecken sollte. Vielmehr beziehe sich die
Bürgschaftserklärung nur auf die in der Kreditausschußsitzung am 22. Juni 1993 diskutierten, nachfolgend jedoch nicht ausgereichten Kredite , nicht aber auf die davon abweichende Kreditzusammenstellung, welche Gegenstand der Kreditausschußsitzung am 6. Juli 1993 war. Jedenfalls sei die Bürgschaft formunwirksam, da in der Bürgschaftsurkunde die verbürgte Forderung nicht schriftlich bezeichnet sei.

II.


Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung stand. Die in der Revisionsinstanz nur eingeschränkt überprüfbare, zur Abweisung der Klage führende Auslegung des Bürgschaftsvertrages - einer Individualvereinbarung - durch das Berufungsgericht ist rechtlich nicht zu beanstanden. Weder verletzt die Auslegung gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln, Denkgesetze oder Erfahrungssätze, noch läßt sie wesentlichen Auslegungsstoff außer acht (Senatsurteil vom 25. Juni 2002 - XI ZR 239/01, WM 2002, 1687, 1688 m.w.Nachw.). Ob auch eine andere Auslegung möglich gewesen wäre, ist revisionsrechtlich ohne Belang.
1. Zutreffend hat das Berufungsgericht den Umfang der Bürgschaft maßgeblich anhand ihres Wortlautes bestimmt. Soweit in der von dem Bürgermeister verbindlich abgegebenen Bürgschaftserklärung (vgl. BGHZ 137, 89, 93 zu §§ 21, 27 der DDR-Kommunalverfassung vom 17. Mai 1990) von dem am 22. Juni 1993 "zugesagten Kredit von DM 3.007.000" die Rede ist, scheidet eine Besicherung bereits valutierter Altkredite begrifflich aus. Der Wortlaut der Bürgschaftsurkunde ist
entgegen der Ansicht der Revision insoweit nicht ambivalent. Nach allgemeinem Sprachgebrauch ist ein bereits ausgereichter Kredit nicht lediglich "zugesagt". Abgesehen davon hat die Kreissparkasse am 22. Juni 1993 keinen Kredit zugesagt. Die in der Kreditausschußsitzung am 22. Juni 1993 dem Hauptschuldner in Aussicht gestellten Neukredite - ein langfristiges Darlehen über 227.000 DM und ein Kontokorrentkredit über 909.000 DM - sind niemals bewilligt worden mit der Folge, daß die Bürgschaftserklärung insoweit ins Leere geht.
2. Eine solche am Wortlaut orientierte Auslegung der Bürgschaft widerspricht weder dem eigentlichen Willen der Parteien, noch verstößt sie gegen den Grundsatz beiderseits interessengerechter Interpretation (vgl. BGHZ 143, 175, 178; BGH, Urteil vom 9. Juli 2001 - II ZR 228/99, WM 2001, 1525). Insbesondere ist es - entgegen der Ansicht der Revision - nicht zwingend geboten, der Bürgschaftsvereinbarung ungeachtet des entgegenstehenden Wortlauts den Erklärungsinhalt zugrunde zu legen , daß die Beklagte auch alle Altverbindlichkeiten des Hauptschuldners absichern wollte. Für eine solch weite Auslegung spricht zwar die Erwähnung des Betrages von 3.007.000 DM, der dem am 22. Juni 1993 ins Auge gefaßten Gesamtkreditvolumen entspricht. Andererseits durfte der Bürgermeister der Beklagten bei seiner Unterschriftsleistung am 6. Juli 1993 angesichts des Wortlauts der Urkunde davon ausgehen, die Beklagte werde nur für die am 22. Juni 1993 in Aussicht gestellten Neukredite haften. Eine dergestalt beschränkte Haftung ist auch durchaus interessengerecht. Die Kreissparkasse H., deren bereits ausgereichte Kredite durch eine Grundschuld in Höhe von 2,5 Millionen DM abgesichert waren, machte - für die Beklagte erkennbar - lediglich ihr weiteres Kreditengagement von der Stellung einer Kommunalbürgschaft abhängig.
Deshalb durfte die Beklagte davon ausgehen, mit ihrer Bürgschaft nur das am 22. Juni 1993 beabsichtigte weitere Kreditengagement abzusichern und nicht darüber hinaus auch noch die Bürgschaft für sämtliche Altschulden zu übernehmen, was mit einem erheblich höheren Haftungsrisiko verbunden gewesen wäre. Die im Ergebnis verbleibende Unklarheit , daß sich die Bürgschaftserklärung einerseits ausdrücklich nur auf einen am 22. Juni 1993 zugesagten (Neu-)Kredit bezieht, andererseits aber einen Betrag von 3.007.000 DM erwähnt, geht zu Lasten des Gläubigers (vgl. BGHZ 76, 187, 189; BGH, Urteil vom 30. März 1995 - IX ZR 98/94, WM 1995, 900, 901), zumal die Kreissparkasse H. den Bürgschaftstext selbst verfaßt hat.
3. Eine Erstreckung der Bürgschaft auf die vom Kreditausschuß am 6. Juli 1993 bewilligten Neukredite - Darlehen über 329.000 DM, Kontokorrentkredit über 600.000 DM und Avalkredit über 195.000 DM - scheitert, wie vom Berufungsgericht angenommen, jedenfalls an der inhaltlichen Unbestimmtheit sowie dem Schriftformerfordernis nach § 766 Satz 1, § 126 Abs. 1 BGB. Eine Bürgschaftserklärung muß neben dem Verbürgungswillen sowie den Personen des Gläubigers und des Schuldners auch die zu sichernde Hauptforderung hinreichend deutlich bezeichnen (BGHZ 132, 119, 122), weil nur dann die Verpflichtung des Bürgen überschaubar bleibt. Zwar schadet eine unklare oder mehrdeutige Formulierung des Bürgschaftstextes dann nicht, wenn die sich daraus ergebenden Zweifel im Wege der Auslegung behoben werden können. Dabei dürfen auch außerhalb der Urkunde liegende Umstände herangezogen werden, sofern sich aus dem Urkundeninhalt selbst ein zureichender Anhaltspunkt für eine solche Auslegung ergibt (BGHZ 76, 187, 189; BGH, Urteile vom 3. Dezember 1992 - IX ZR 29/92, WM 1993, 239, 240
und vom 17. Februar 2000 - IX ZR 32/99, WM 2000, 886, 887). Das ist aber vorliegend nicht der Fall.
Die von der Kreissparkasse formulierte Bürgschaftserklärung vom 6. Juli 1993 bezieht sich ausdrücklich und ausschließlich auf die am 22. Juni 1993 in Aussicht gestellten Kredite in ihrer spezifischen Zusammenstellung. Damit wären die vor dem 22. Juni 1993 von dem Hauptschuldner beantragten, ihm tatsächlich aber nicht gewährten Kredite - ein langfristiges Darlehen über 227.000 DM sowie ein Kontokorrentkredit über 909.000 DM - durch die Bürgschaft gesichert gewesen. Die Bürgschaftserklärung enthält jedoch keine zureichenden Anhaltspunkte dafür, daß sich die Beklagte für andere oder gar für alle künftigen Ansprüche der Kreissparkasse H. aus der bankmäßigen Geschäftsverbindung mit dem Hauptschuldner verbürgen wollte, zumal eine solche, mit einem ungleich höheren Haftungsrisiko verbundene Globalbürgschaft weder von dem Beschluß der Stadtverordnetenversammlung noch von der Genehmigung des Landrats gedeckt gewesen wäre.

III.


Die Revision der Klägerin war daher zurückzuweisen.
Nobbe Bungeroth Joeres
Mayen Appl

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 01. Juli 2003 - XI ZR 363/02

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 01. Juli 2003 - XI ZR 363/02

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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 126 Schriftform


(1) Ist durch Gesetz schriftliche Form vorgeschrieben, so muss die Urkunde von dem Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet werden. (2) Bei einem Vertrag muss die Unterzeichnun

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 766 Schriftform der Bürgschaftserklärung


Zur Gültigkeit des Bürgschaftsvertrags ist schriftliche Erteilung der Bürgschaftserklärung erforderlich. Die Erteilung der Bürgschaftserklärung in elektronischer Form ist ausgeschlossen. Soweit der Bürge die Hauptverbindlichkeit erfüllt, wird der Man
Bundesgerichtshof Urteil, 01. Juli 2003 - XI ZR 363/02 zitiert 2 §§.

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(1) Ist durch Gesetz schriftliche Form vorgeschrieben, so muss die Urkunde von dem Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet werden. (2) Bei einem Vertrag muss die Unterzeichnun

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Referenzen

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 239/01 Verkündet am:
25. Juni 2002
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
_____________________
AGB WPGeschäfte (1995) Nr. 1

a) Direktbanken werden im Effektengeschäft in der Regel als Kommissionär tätig.

b) Zur Pflicht von Direktbanken, beim Abschluß von Ausführungsgeschäften
die Interessen ihrer Auftraggeber zu wahren.
BGH, Urteil vom 25. Juni 2002 - XI ZR 239/01 - OLG München
LG München I
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 25. Juni 2002 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe, die
Richter Dr. Siol, Dr. Bungeroth, Dr. Joeres und die Richterin Mayen

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 19. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 26. April 2001 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Kläger nehmen die beklagte Direktbank, die Wertpapieraufträge online im Internet, telefonisch und per Telefax entgegennimmt, auf Auszahlung des Gewinns aus Börsentermingeschäften in Anspruch.
Die Kläger, ein Jurastudent und eine Unternehmensberaterin, unterschrieben am 13. Juli 1999 eine Unterrichtungsschrift der Beklagten gemäß § 53 Abs. 2 BörsG und orderten am 1. Oktober 1999 telefonisch bzw. online im "Sekundenhandel" von der S. emittierte Aktienoptions-
scheine. Diese veräußerten sie alsdann am 1. und 4. Oktober 1999 mit einem Gewinn in Höhe von 189.198,43 DM. Die Beklagte stornierte bis zum 5. Oktober 1999 sämtliche Geschäfte und machte geltend, die Emittentin habe die Ausführungsgeschäfte storniert, weil ihr bei der Stellung der Kurse ein Irrtum unterlaufen sei. Hierzu sei die Emittentin aufgrund eines Vertrages, den sie mit ihr am 5./17. August 1999 geschlossen habe, berechtigt gewesen. Der Vertrag enthalte in § 8 folgende Regelungen:
"Mistrades (1) Die Parteien sind verpflichtet, Einwendungen gegen einen Geschäftsabschluß innerhalb von 5 Handelstagen zu erheben. Geschäfte sind bei fristgemäßer Einwendung rückabzuwickeln, wenn der Geschäftsabschluß auf einem Irrtum einer Partei oder eines Kunden der D. beruht oder auf einer Fehlfunktion von T. oder auf einer Fehlfunktion eines der an T. angeschlossenen elektronischen Systems der Parteien beruht. Erscheint für beide Parteien bei einem Irrtum über die Preisstellung eine Abwicklung zum historischen Kurs unter Berücksichtigung der zu dem Zeitpunkt herrschenden Marktbedingungen gleichermaßen vorteilhaft, so ist diese einer Rückabwicklung vorzuziehen. (2) Verspätete Einwendungen können zurückgewiesen werden. Bei verspäteten Einwendungen sind die Parteien allerdings verpflichtet , sich um den Ausgleich der Interessen zu bemühen." Die Klage auf Zahlung von 189.198,43 DM nebst Zinsen hatte in den Vorinstanzen bis auf einen geringen Teil der Zinsforderung Erfolg. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


Das Berufungsgericht hat die Verurteilung der Beklagten im wesentlichen wie folgt begründet:
Die Beklagte sei nicht berechtigt gewesen, die Wertpapiergeschäfte mit den Klägern zu stornieren. Da es sich um Festpreisgeschäfte handele, könne die Beklagte sich nicht auf § 8 ihres Vertrages mit der Emittentin berufen. Für die An- und Verkäufe seien feste Preise vereinbart worden. Die Beklagte habe die Kläger nicht darauf hingewiesen, daû sie als Kommissionärin handeln wolle.

II.


Diese Beurteilung hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.
Die Auffassung des Berufungsgerichts, die Wertpapiergeschäfte der Parteien seien Festpreisgeschäfte, d.h. Kaufverträge, ist rechtsfehlerhaft. Die Parteien haben Kommissionsverträge abgeschlossen, so daû die Klageforderung nicht gemäû § 433 Abs. 2 BGB begründet ist.

1. Die tatrichterliche Auslegung einer Individualvereinbarung unterliegt im Revisionsverfahren nur der eingeschränkten Überprüfung darauf , ob gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt sind oder wesentlicher Auslegungsstoff auûer acht gelassen wurde (BGH, Urteile vom 29. März 2000 - VIII ZR 297/98, WM 2000, 1289, 1291 f. und vom 3. April 2000 - II ZR 194/98, WM 2000, 1195, 1196 m.w.Nachw.). Letzteres ist hier der Fall.
2. Das Berufungsgericht hat nicht berücksichtigt, daû die Beklagte den Klägern in den Wertpapierabrechnungen vereinbarungsgemäû nicht nur den Kurswert der Optionsscheine, sondern zusätzlich Provisionen in Rechnung gestellt hat. Dies spricht deutlich gegen Festpreisgeschäfte, die grundsätzlich nur in Betracht kommen, wenn die Parteien eines Wertpapiergeschäfts einen festen, bestimmten Preis vereinbaren und die Bank keine zusätzlichen Gebühren für eine Geschäftsbesorgung in Rechnung stellt (vgl. Nr. 23 der AGB der Beklagten, die Nr. 9 der Sonderbedingungen für Wertpapiergeschäfte (WM 1995, 362) entspricht; Jütten, in: Hellner/Steuer, Bankrecht und Bankpraxis Rdn. 7/68). Zudem ist die Ausführung von Aufträgen zum Kauf von Wertpapieren im Wege der Kommission der Regelfall (Baumbach/Hopt, HGB 30. Aufl. (8) AGBWPGeschäfte 1 Rdn. 1). Dies muûten die Kläger, die sich seit über 10 Jahren mit Wertpapieren beschäftigen, wissen. Die Beklagte hat die Kläger auch nicht darüber informiert, daû Kaufverträge zustande kommen. Dazu wäre sie bei Abschluû von Festpreisgeschäften nach Nr. 4.3 Abs. 5 Satz 1 der Richtlinie des Bundesaufsichtsamtes für den Wertpapierhandel vom 26. Mai 1997 (BAnz 1997, 6586) verpflichtet gewesen.
3. Auch die Darstellung der Wertpapiergeschäfte in der Werbung der Beklagten rechtfertigt die Annahme von Festpreisgeschäften nicht. In ihrer Werbung garantiert die Beklagte im sogenannten Sekunden- oder Echtzeithandel Ausführungskurse, zu denen Kunden binnen fünf Sekunden , nachdem die Beklagte ihnen den Kurs mitgeteilt hat, Geschäfte abschlieûen können. Diese Garantie soll die Kunden lediglich vor für sie negativen Kursbewegungen zwischen der Kursmitteilung und dem Zustandekommen des Ausführungsgeschäfts schützen und die mit Kosten verbundene Setzung eines Kurslimits entbehrlich machen. Der Abschluû von Festpreisgeschäften, d.h. Kaufverträgen zwischen der Beklagten und ihren Kunden zu einem festen Gesamtpreis, ist zu diesem Zweck nicht erforderlich und nicht beabsichtigt. Dies erhellt insbesondere auch aus der in der Werbung der Beklagten hervorgehobenen Tatsache, daû den Kunden eine Verbesserung des Kurses zwischen der Kursansage und dem Zustandekommen des Ausführungsgeschäfts zugute kommt und die Kursgarantie nur im Falle der Verschlechterung des Kurses greift. Von der Vereinbarung eines festen Preises kann danach keine Rede sein. Die Verträge zwischen den Parteien sind vielmehr, wie im Effektengeschäft üblich (Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht 2. Aufl. Rdn. 10.27; ders., in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch 2. Aufl. § 104 Rdn. 106 f.), Kommissionsverträge.
4. Diese Auslegung kann der erkennende Senat selbst vornehmen, da keine weiteren Tatsachenfeststellungen zu treffen sind (vgl. BGH, Urteil vom 3. April 2000 - II ZR 194/98 aaO).

III.


Das Berufungsurteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 563 ZPO a.F.).
1. Ein Garantieversprechen (vgl. hierzu BGH, Urteile vom 13. Juni 1996 - IX ZR 172/95, WM 1996, 1467, 1469 und vom 18. Juni 2001 - II ZR 248/99, WM 2001, 1565, 1566; Senat, Urteil vom 16. April 2002 - XI ZR 375/00, WM 2002, 1120, 1122, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt ) der Beklagten kommt als Anspruchsgrundlage nicht in Betracht. Die Beklagte hat sich nicht verpflichtet, für den Abschluû von Kaufverträgen zu den von der Emittentin gestellten Kursen einzustehen. Sie hat ihren Kunden - wie dargelegt - durch die Garantie von Ausführungskursen lediglich das Risiko von Kursverschlechterungen zwischen der Kursmitteilung und dem Zustandekommen des Ausführungsgeschäfts abnehmen wollen. Daû das Ausführungsgeschäft wirksam zustande kommt und daû die Emittentin es nicht wegen Willensmängeln rückgängig machen kann, hat die Beklagte den Klägern nicht garantiert.
2. Die Kläger haben gegen die Beklagte nach den bislang vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen auch keinen Anspruch gemäû § 394 Abs. 1 HGB. Die Beklagte hat zwar in Nr. 22 Abs. 8 Satz 1 ihrer AGB die Haftung für die ordnungsgemäûe Erfüllung des Ausführungsgeschäfts durch ihren Vertragspartner übernommen. Ihre Haftung setzt aber gemäû § 394 Abs. 2 Satz 1 HGB eine wirksame Verbindlichkeit aus dem Ausführungsgeschäft voraus. Daran fehlt es nach dem im Revisionsverfahren zugrunde zu legenden Vortrag der Beklagten.
Die Beklagte hat behauptet, die Emittentin habe die Wertpapiergeschäfte gemäû § 8 des Vertrages vom 5./17. August 1999 storniert, weil sie die Kurse aufgrund eines Irrtums erkennbar um ein Vielfaches zu niedrig angegeben habe.
§ 8 des Vertrages vom 5./17. August 1999 ist wirksam. Die Klausel unterliegt nicht der Inhaltskontrolle gemäû §§ 9-11 AGBG, weil das Berufungsgericht nicht festgestellt hat und die Parteien nicht vorgetragen haben, daû es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt. Sie verstöût auch nicht wegen ihrer Auswirkungen auf die Kunden der Beklagten gegen die guten Sitten (vgl. zu den Anforderungen an ein sittenwidriges Verhalten von Vertragsparteien gegenüber Dritten: BGHZ 103, 235, 241; 121, 357, 367; BGH, Urteile vom 18. März 1996 - II ZR 10/95, NJW-RR 1996, 869 und vom 26. Juni 1997 - IX ZR 233/96, NJW 1997, 2946, 2947; Staudinger/Sack, BGB 13. Bearb. § 138 Rdn. 333 ff.).
3. Die Klage ist nach den bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts auch nicht wegen positiver Vertragsverletzung des Kommissionsvertrages zwischen den Parteien begründet. Der mit der Klage geltend gemachte Gewinn, ist den Klägern nicht infolge der Verletzung einer vertraglichen Nebenpflicht der Beklagten entgangen.

a) Ein Kommissionär hat allerdings die Interessen seines Auftraggebers wahrzunehmen (Koller, in: Staub, HGB 4. Aufl. § 384 Rdn. 17) und die Kommission für ihn sachgerecht und vorteilhaft auszuführen (Krüger, in: Ebenroth/Boujong/Joost, HGB § 384 Rdn. 12). Dazu gehört auch, daû er das Ausführungsgeschäft zu Bedingungen abschlieût, die den Interessen des Auftraggebers angemessen Rechnung tragen. Dem
genügt § 8 des Vertrages vom 5./17. August 1999 nicht, weil er eine Rückabwicklung des Ausführungsgeschäfts ermöglicht, ohne eine Schadensersatzpflicht entsprechend § 122 BGB vorzusehen. Den Kunden der Beklagten drohen deshalb erhebliche Vermögensschäden, wenn sie im Daytrading, für das die Kursgarantie der Beklagten im Sekundenhandel insbesondere gilt, Gewinne sofort in neue Geschäfte investieren, dabei verlieren und sodann das erste, gewinnbringende Geschäft als "Mistrade" rückabgewickelt wird. Diese Pflichtverletzung rechtfertigt aber nicht die Klageforderung, weil die Kläger, wenn in dem Ausführungsgeschäft ein dem § 122 BGB entsprechender Schadensersatzanspruch vereinbart worden wäre, nur den Schaden, der ihnen durch ihr Vertrauen auf die Gültigkeit des Ausführungsgeschäfts entstanden ist, nicht aber den Gewinn aus dem Ausführungsgeschäft, der den Gegenstand der Klage bildet , ersetzt verlangen könnten.
Ob bereits die Vereinbarung des Stornierungsrechts gemäû § 8 des Vertrages vom 5./17. August 1999, insbesondere die lange Stornierungsfrist von fünf Handelstagen gegen die Pflicht der Beklagten, die Interessen der Kläger zu wahren, verstöût, bedarf keiner Entscheidung. Ein Anspruch auf Ersatz des entgangenen Gewinns aus dem Ausführungsgeschäft folgt hieraus nicht. Der Sachvortrag der Parteien enthält keinen Anhaltspunkt dafür, daû der Beklagten bei Erfüllung ihrer Pflicht zur Interessenwahrung der Abschluû des Ausführungsgeschäfts ohne das Stornierungsrecht oder mit einer erheblich kürzeren Stornierungsfrist möglich gewesen wäre.

b) Ein Kommissionär hat seinen Auftraggeber ferner über alle Umstände zu benachrichtigen, die für die Ausführung des Geschäfts wichtig
sind und Anlaû zu Weisungen geben können (Baumbach/Hopt aaO § 384 Rdn. 7; Krüger aaO § 384 Rdn. 16). Ob die Beklagte deshalb im vorliegenden Fall verpflichtet war, die Kläger in unmiûverständlicher und unübersehbarer Form darauf hinzuweisen, daû das Ausführungsgeschäft das Stornierungsrecht der Emittentin und die lange Stornierungsfrist von fünf Handelstagen enthielt, und die Weisung der Kläger einzuholen, ob das Geschäft in dieser Form abgeschlossen werden solle, kann dahinstehen. Eine etwaige Verletzung dieser Pflicht könnte die Klage nur rechtfertigen, wenn die Kläger bei gehöriger Benachrichtigung die Optionsscheine anderweitig ohne das Stornierungsrecht oder mit einer kürzeren , angemessenen Stornierungsfrist, erworben hätten. Dafür enthalten die Feststellungen des Berufungsgerichts und der Sachvortrag der Parteien keinen Anhaltspunkt.
4. Die Kläger berufen sich ohne Erfolg darauf, die Beklagte habe den Gewinn ihrem Girokonto bereits gutgeschrieben und sei zur Stornierung dieser Gutschrift nicht berechtigt gewesen. Da die Kläger keinen Anspruch auf den Gewinn hatten, stand der Beklagten ein Rückzahlungsanspruch gemäû § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB und somit ein Stornierungsrecht gemäû § 8 Abs. 1 Halbs. 1 ihrer AGB zu.

IV.


Das Berufungsurteil war daher aufzuheben (§ 564 Abs. 1 ZPO a.F.) und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 565 Abs. 1 Satz 1 ZPO a.F.).
1. Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif, weil die Kläger bestritten haben, daû die Beklagte mit der Emittentin das Recht zum Rücktritt gemäû § 8 des Vertrages vom 5./17. August 1999 vereinbart hat und daû diese Vereinbarung auf den vorliegenden Fall Anwendung findet. Sie haben ferner bestritten, daû der Emittentin bei Stellung der Kurse ein Irrtum unterlaufen ist. Hierzu ist, gegebenenfalls nach ergänzendem Parteivortrag, Beweis zu erheben. Da der Irrtum der Emittentin nach dem Vortrag der Beklagten insbesondere an der starken Abweichung der angegebenen Kurse von den korrekten Kursen deutlich wird, kommt eine Begutachtung durch einen Sachverständigen in Betracht.
2. Sollte die Beweisaufnahme ergeben, daû die Emittentin nicht zum Rücktritt gemäû § 8 des Vertrages vom 5./17. August 1999 berechtigt war, sind Feststellungen zu dem von der Beklagten erhobenen Einwand der unzulässigen Rechtsausübung zu erheben. Hierzu hat die Beklagte vorgetragen und unter Beweis gestellt, die Kläger hätten die unrichtige Kursstellung bei Auftragserteilung erkannt und deshalb anders als bei früheren Geschäften, bei denen sie nur bis zu 1.000 ? eingesetzt hätten, ihr gesamtes Guthaben in Höhe von 53.810 ? in den Options- scheinen angelegt. In einem Telefonat vom 4. Oktober 1999 habe die Klägerin zu 2) eingeräumt, den Fehler bei der Kursstellung erkannt zu haben.
Damit sind die Voraussetzungen einer unzulässigen Rechtsausübung schlüssig vorgetragen. Ein interner, einseitiger Kalkulationsirrtum berechtigt zwar nicht zur Anfechtung (BGHZ 139, 177, 180). Es kann aber eine unzulässige Rechtsausübung gemäû § 242 BGB darstellen, wenn der Empfänger ein Vertragsangebot annimmt, obwohl er wuûte
oder sich treuwidrig der Kenntnisnahme entzog, daû das Angebot auf einem Kalkulationsirrtum des Erklärenden beruhte, und wenn die Vertragsdurchführung für den Erklärenden schlechthin unzumutbar ist (BGHZ 139, 177, 184 f.).
Nobbe Siol Richter am Bundesgerichtshof Dr. Bungeroth ist wegen Urlaubs gehindert , seine Unterschrift beizufügen. Nobbe
Joeres Mayen

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 228/99 Verkündet am:
9. Juli 2001
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGB §§ 133 C, 157 C, 305, 765
Es verletzt den Grundsatz beiderseits interessengerechter Vertragsauslegung,
eine mit "Bürgschaftsvereinbarung" überschriebene Abrede ausschließlich
nach dem Wortlaut auszulegen und ihre Wirksamkeit nach formalrechtlichen
Kriterien zu verneinen, wenn nach dem Sinn des Vertrages anzunehmen ist,
daß der eine Teil den anderen in jedem Fall von einer Inanspruchnahme durch
dessen Gläubiger hat freistellen wollen.
BGH, Urteil vom 9. Juli 2001 - II ZR 228/99 - OLG Frankfurt
LG Darmstadt
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 9. Juli 2001 durch den Vorsitzenden Richter Dr. h.c. Röhricht
und die Richter Prof. Dr. Henze, Prof. Dr. Goette, Dr. Kurzwelly und die Richterin
Münke

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 12. Zivilsenats in Darmstadt des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 10. Juni 1999 aufgehoben. Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger gründete als Alleingesellschafter im Januar 1993 die N. H. GmbH (N.H. GmbH), deren Zweck die Anmietung und der Betrieb der im Eigentum des Beklagten stehenden Gaststätte "H." war. Der von den Geschäftsführern - einer von ihnen ist der Sohn des Klägers - gestellte Antrag auf Eintragung wurde Ende März 1994 von dem Registergericht zurückgewiesen und in der Folgezeit nicht erneuert. Die Vor-GmbH mietete im März 1993 das Objekt von dem Beklagten an und nahm gleichzeitig bei einer Brauerei ein Darlehen in Höhe von 300.000
DM auf, welches für den Umbau und die Renovierung der Gaststätte verwendet werden sollte. In Höhe eines Teilbetrages von 150.000 DM übernahm der Kläger gegenüber der Brauerei die Bürgschaft für dieses Darlehen und erhielt von der Darlehenssumme einen entsprechenden Betrag ausgehändigt. Im September 1993 leitete er diese 150.000 DM an den Beklagten weiter, und zwar auf Veranlassung der beiden Geschäftsführer der N.H. GmbH, die auf diese Weise Forderungen des Beklagten für die Gestellung von Material und Arbeitskräften bei den Umbauarbeiten begleichen wollten. Vor der Zahlung ließ sich der Kläger eine von dem Beklagten unterzeichnete, mit "Bürgschaftsvereinbarung" überschriebene Erklärung aushändigen, in der zunächst über Gegenstand und Inhalt der selbstschuldnerischen Bürgschaft des Klägers gegenüber der Brauerei berichtet wird und in der es dann heißt: "Dies vorausgeschickt übernehme ich ... (scil: Beklagter) Herrn ... (scil: Kläger) gegenüber eine selbstschuldnerische Bürgschaft über 150.000 DM aus dem gleichen Rechtsgrund."
Da die Vorgesellschaft ab Oktober 1993 die vereinbarten Raten gegenüber der Brauerei schuldig blieb, kündigte diese daraufhin das Restdarlehen und nahm den Kläger mit Erfolg aus der von ihm übernommenen Bürgschaft in Anspruch. Mit der Klage hat der Kläger von dem Beklagten, gestützt auf die "Bürgschaftsvereinbarung" , 150.000 DM nebst Zinsen gefordert. Dieser hat sich u.a. mit der von ihm schon vorprozessual erklärten Aufrechnung mit Aufwendungsersatz - und Schadenersatzansprüchen in die Klageforderung weit übersteigender Höhe verteidigt. Das Landgericht hat der Klage entsprochen, das Berufungsgericht hat sie abgewiesen. Mit der Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Dessen zur Abweisung der Klage führende Auslegung der zwischen den Parteien geschlossenen "Bürgschaftsvereinbarung" ist rechtsfehlerhaft, weil sie am Wortlaut dieser Urkunde haftend gegen den Grundsatz beiderseits interessengerechter Interpretation (Sen. Urt. v. 3. April 2000 - II ZR 194/98, WM 2000, 1195; Urt. v. 10. Juli 1998 - V ZR 360/98, WM 1998, 1883; Urt. v. 11. Mai 1995 - VII ZR 116/94, WM 1995, 1545; Urt. v. 8. Juni 1994 - VIII ZR 103/93, NJW 1994, 2228 f.) verstößt. Dabei kann der Senat, der mangels der Erforderlichkeit weiterer tatrichterlicher Feststellungen die Abrede selbst auslegen kann, unentschieden lassen, ob sich der Alleingesellschafter einer das Eintragungsverfahren betreibenden, noch nicht gescheiterten Vor-GmbH wirksam für die Verbindlichkeiten derselben verbürgen kann oder ob dies, wie das Berufungsgericht angenommen hat, deswegen ausscheidet, weil in diesem Fall Hauptschuldner und Bürge als identisch anzusehen sind (vgl. dazu BGHZ 134, 333, 341). Eine sachgerechte, den von den Beteiligten verfolgten Zweck ihrer Vereinbarung in den Blick nehmende Auslegung der Urkunde führt nämlich dazu, daß der Beklagte sich dem Kläger gegenüber verpflichtet hat, 150.000 DM der durch die Renovierungs- und Umgestaltungsarbeiten aufgewandten Mittel dann zu tragen, wenn die Vor-GmbH als die Darlehensschuldnerin ihre Rückzahlungsverpflichtung an die Brauerei nicht erfüllen kann und der Kläger deswegen - sei es aufgrund der übernommenen Bürgschaft, sei es als Alleingesellschafter der gescheiterten Vorgesellschaft - von der Darlehensgeberin in Anspruch genommen wird. Legt man das Verständnis der "Bürgschaftsvereinbarung" durch das Berufungsgericht zugrunde, ist nicht ersichtlich, warum sich der Beklagte dazu bereit gefunden hat, vor Überlassung des aus dem Brauereidarlehen stam-
menden Betrages von 150.000 DM durch den Kläger die genannte Erklärung zu unterzeichnen. Denn dann hätte er den genannten Betrag als Erstattung seiner Aufwendungen, die er durch Bereitstellung von Arbeitskräften und Material im Rahmen der Umbauarbeiten gemacht hat, von demjenigen erhalten, der zumindest wirtschaftlich Auftraggeber und Schuldner dieser Arbeiten war. Mit Recht hat deswegen das Landgericht aus der Übernahme dieser Bürgschaft gegenüber dem Kläger für den Fall von dessen Inanspruchnahme durch die Darlehensgeberin hergeleitet, daß der Beklagte in Höhe der genannten 150.000 DM den Kläger von seiner - jedenfalls im Falle des Scheiterns der VorGmbH - ihm gegenüber bestehenden Zahlungsverpflichtung befreien wollte. Dieses Vorgehen war aus der Sicht des Beklagten nicht sinnlos. Denn mit einer Belastung aus der gegenüber dem Kläger eingegangenen Verpflichtung mußte er allein dann rechnen, wenn die Darlehensnehmerin, die Vorgesellschaft , ihren Verpflichtungen gegenüber der Brauerei nicht mehr nachkam. Das wiederum war dann zu erwarten, wenn das mit der Gründung der N.H. GmbH verfolgte Ziel unerreichbar wurde, weil sie schon im Gründungsstadium scheiterte oder jedenfalls alsbald nach der Eintragung insolvent wurde, und damit auch der mit dem Beklagten geschlossene Mietvertrag sein Ende fand. Dann aber blieben dem Beklagten, der die Gaststätte nunmehr anderweit vermieten konnte, die Wertsteigerungen des Objekts, die durch Renovierung und Umbau entstanden waren, erhalten, ohne daß er der N.H. GmbH das Objekt für die vereinbarte Dauer zur Nutzung belassen mußte. Vor diesem Hintergrund ergibt die von dem Beklagten unter der irreführenden Überschrift "Bürgschaftsvereinbarung" eingegangene Verpflichtung einen wirtschaftlichen Sinn. Zugleich war sie geeignet, den Kläger geneigt zu machen, die von ihm aus dem Brauereidarlehen zur Absicherung seiner eigenen Bürgschaftsverpflichtung einbehaltenen 150.000 DM an den Beklagten auszuzahlen, weil er an Stelle dieses ggfs. zur Begleichung der Schuld gegenüber der Brauerei einsetzbaren Geldbetrages nunmehr einen Anspruch gegen den Beklagten erhielt, ihn in der entsprechenden Höhe von Forderungen freizuhalten.
Die Sache bedarf der Zurückverweisung an das Berufungsgericht, damit dieses die bisher von ihm folgerichtig nicht geprüfte Frage klären kann, ob der Beklagte wirksam die Aufrechnung mit Forderungen gegen den Kläger als Alleingesellschafter der gescheiterten N.H. GmbH erklärt hat, die den Betrag von 150.000 DM übersteigen.
Röhricht Henze Goette
Kurzwelly Münke

Zur Gültigkeit des Bürgschaftsvertrags ist schriftliche Erteilung der Bürgschaftserklärung erforderlich. Die Erteilung der Bürgschaftserklärung in elektronischer Form ist ausgeschlossen. Soweit der Bürge die Hauptverbindlichkeit erfüllt, wird der Mangel der Form geheilt.

(1) Ist durch Gesetz schriftliche Form vorgeschrieben, so muss die Urkunde von dem Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet werden.

(2) Bei einem Vertrag muss die Unterzeichnung der Parteien auf derselben Urkunde erfolgen. Werden über den Vertrag mehrere gleichlautende Urkunden aufgenommen, so genügt es, wenn jede Partei die für die andere Partei bestimmte Urkunde unterzeichnet.

(3) Die schriftliche Form kann durch die elektronische Form ersetzt werden, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

(4) Die schriftliche Form wird durch die notarielle Beurkundung ersetzt.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 32/99 Verkündet am:
17. Februar 2000
Preuß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Zur Auslegung einer formularmäßigen Bürgschaftserklärung mit unvollständiger
Bezeichnung der Hauptschuld.
BGH, Urteil vom 17. Februar 2000 - IX ZR 32/99 - OLG München
LG München I
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 17. Februar 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Paulusch und die
Richter Dr. Kreft, Stodolkowitz, Dr. Zugehör und Dr. Ganter

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 24. November 1998 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Am 24. Januar 1997 übergab die klagende Leasinggesellschaft der Dr. St. GmbH (im folgenden: Hauptschuldnerin), deren Gesellschafter der Beklagte ist, die Entwürfe zweier Mietkaufverträge über je eine Gummizerspanmaschine. Sie fügte ein teilweise ausgefülltes Bürgschaftsformular bei. In dessen § 1 heißt es:
"Der Bürge übernimmt hiermit für alle bestehenden und künftigen, auch bedingten oder befristeten Ansprüche, die der ... (Klägerin) aus dem Leasingvertrag Nr./Objekt ... gegen - nachstehend "Hauptschuldner" ge-
nannt - Dr. St. GmbH ... zustehen, die selbstschuldnerische Bürgschaft bis zu einem Betrag von DM 740.000 ..." Die Spalte "Leasingvertrag Nr./Objekt" war nicht ausgefüllt. Der Beklagte unterzeichnete am 27. Januar 1997 die Bürgschaftserklärung sowie die angeschlossene Belehrung über die Widerrufsmöglichkeit nach dem Verbraucherkreditgesetz. Am selben Tage reichte der Geschäftsführer der Hauptschuldnerin die von ihm unterschriebenen Mietkaufverträge sowie die Bürgschaftserklärung an die Klägerin zurück. Diese füllte das bisher freigelassene Feld in der Bürgschaftserklärung aus, indem sie dort die beiden Vertragsnummern der Mietkaufverträge und deren Gegenstand "je eine Gummizerspanmaschine" vermerkte. Eine "Ausfertigung" der so ergänzten Bürgschaftserklärung sowie der beiden Mietkaufverträge übersandte die Klägerin dem Beklagten mit Schreiben vom 4. Februar 1997. Unter dem 10. Februar 1997 antwortete der Beklagte hierauf, er könne sich nicht erinnern, die Bürgschaft in dieser Form unterschrieben zu haben; höchst vorsorglich widerrufe er die Bürgschaft.
Später kündigte die Klägerin die Mietkaufverträge wegen Zahlungsverzuges der Hauptschuldnerin. Die Forderung aus den Mietkaufverträgen beläuft sich derzeit auf 762.996,40 DM. In Höhe eines Teilbetrages von 250.000 DM nimmt die Klägerin den Beklagten als Bürgen in Anspruch.
In den Vorinstanzen hatte die Klage keinen Erfolg. Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die Bürgschaftserklärung des Beklagten sei wegen Nichteinhaltung der erforderlichen Schriftform nichtig. Die Verbindlichkeit, für deren Erfüllung der Beklagte als Bürge habe einstehen sollen, sei in der Urkunde nicht einmal ansatzweise bezeichnet. Zwar könne die Hauptschuld dahin konkretisiert werden, daß sie sich aus Leasingverträgen habe ergeben sollen. Es sei jedoch unsicher, ob der Beklagte für die Zahlungsverpflichtungen der Hauptschuldnerin aus einem Leasingvertrag, aus mehreren Leasingverträgen oder sogar aus allen Leasingverträgen während der Geschäftsverbindung zwischen Hauptschuldnerin und Klägerin habe bürgen sollen.

II.


Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
1. Auch bei einer Bürgschaft ist zunächst gemäß §§ 133, 157 BGB der Inhalt des Vertrages auszulegen. In einem zweiten Schritt ist zu prüfen, ob die Erteilung der in einem bestimmten Sinne auszulegenden Bürgschaftserklärung dem Schriftformerfordernis nach § 766 Satz 1, § 126 Abs. 1 BGB entspricht (BGH, Urt. v. 13. Oktober 1994 - IX ZR 25/94, ZIP 1994, 1860, 1862; v. 30. März 1995 - IX ZR 98/94, ZIP 1995, 812).
2. Das Berufungsgericht hat unterstellt, daß sich nach der übereinstimmenden Vorstellung beider Parteien die Bürgschaftserklärung auf die beiden Mietkaufverträge beziehen sollte, deren Abschluß mit den beiden Vertragsurkunden vom 24. Januar 1997 vorbereitet worden war. Davon ist für die Revisionsinstanz auszugehen.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Beklagte vorgebracht , die Hauptschuld könne sich nur aus einem am 5. Mai 1997 - also nach dem "Widerruf" der Bürgschaftserklärung - abgeschlossenen Vergleich ergeben. Dafür fehlt es an der erforderlichen Tatsachengrundlage. Zwar hat das Berufungsgericht im Tatbestand seines Urteils einen Vergleich mit diesem Datum erwähnt, aber zugleich ausgeführt, daß die beiden Mietkaufverträge "im wesentlichen in der Fassung der Urkunden vom 24. Januar 1997 aufrechterhalten" geblieben seien.
3. Der Ansicht des Berufungsgerichts, für einen Bürgschaftsvertrag dieses Inhalts sei die Schriftform nicht gewahrt, folgt der Senat nicht. Das Formerfordernis , das den Bürgen warnen und vor nicht ausreichend überlegten Erklärungen sichern soll (BGHZ 121, 224, 229; 132, 119, 122), gilt für alle wesentlichen Teile einer Bürgschaftserklärung. Diese muß den Willen erkennen
lassen, für eine fremde Schuld einzustehen, und die Bezeichnung des Gläubigers , des Hauptschuldners sowie der verbürgten Hauptschuld enthalten. Diese Bestandteile brauchen sich allerdings nicht zweifelsfrei aus dem Wortlaut der Erklärung zu ergeben. Eine unklare oder mehrdeutige Formulierung schadet nicht, wenn sich Zweifel im Wege der Auslegung beheben lassen. Dabei dürfen auch außerhalb der Urkunde liegende Umstände herangezogen werden, sofern für den Willen in dem erforderlichen Umfang ein zureichender Anhaltspunkt in der Urkunde besteht, der Inhalt der Bürgschaftsverpflichtung also dort irgendwie seinen Ausdruck gefunden hat (BGH, Urt. v. 3. Dezember 1992 - IX ZR 29/92, ZIP 1993, 102, 103; v. 21. Januar 1993 - IX ZR 90/92, ZIP 1993, 501; v. 30. März 1995 - IX ZR 98/94, aaO S. 813).
Entgegen der von der Revisionserwiderung vertretenen Ansicht ist diese Rechtsprechung durch das Senatsurteil vom 29. Februar 1996 (BGHZ 132, 119 ff) nicht überholt. Zwar heißt es dort, die wesentlichen Vertragsbestandteile (also insbesondere die Bezeichnung des Gläubigers, des Hauptschuldners und der verbürgten Forderung) sollten dem Bürgen schon vor der Unterschriftsleistung "schwarz auf weiß" bewußt gemacht werden (BGHZ 132, 119, 124). Damit sollte aber lediglich begründet werden, daß eine formbedürftige Bürgschaft nicht durch Leistung einer Blankounterschrift und mündliche Ermächtigung eines anderen, die Urkunde zu ergänzen, wirksam erteilt werden kann. Keineswegs sollte zum Ausdruck gebracht werden, daß die Auslegung einer unklaren oder mehrdeutigen Formulierung, bei der auf Anhaltspunkte in der Urkunde zurückgegriffen werden kann, nicht möglich sei. Um ein Bürgschaftsblankett geht es hier nicht.
Der Revisionserwiderung kann ferner nicht darin gefolgt werden, es liege eine Diskrepanz zwischen dem Bürgschaftswillen und dem Urkundeninhalt vor. Vielmehr läßt sich dieser entsprechend dem vom Berufungsgericht unterstellten Bürgschaftswillen ergänzen, ohne daß es hierfür auf die später von der Klägerin vorgenommenen Einfügungen ankäme. Diese können hinweggedacht werden, ohne daß sich der - durch Auslegung ermittelte - förmliche Inhalt des Vertrages dadurch ändert. Zwar war in der von dem Beklagten unterzeichneten Bürgschaftserklärung die Hauptschuld nicht genau angegeben. Die Bürgschaftserklärung bezieht sich nur auf Ansprüche aus einem nicht näher bezeichneten "Leasingvertrag". Dies macht sie indessen nicht formunwirksam. Vielmehr gibt die Urkunde selbst geeignete Hinweise auf die verbürgte Schuld. Gemäß § 1 verbürgte sich der Beklagte für Ansprüche aus einem Leasingvertrag. Der Gebrauch der Einzahl bedeutete nicht zwingend, daß nur "ein" Leasingvertrag abzusichern war. Dies ergibt sich aus § 2 Abs. 1. Dort heißt es: "Die Bürgschaft besteht bis zur Beendigung des/der Leasingvertrages/verträge ..." Das Fehlen der Vertragsnummern und der Leasingobjekte ist für sich genommen bedeutungslos, weil nach dem vom Berufungsgericht zugrunde gelegten Sachverhalt beiden Vertragsparteien klar war, um welche Verträge es sich handelte. Andere als die beiden Mietkaufverträge gab es danach zwischen der Klägerin und der Hauptschuldnerin nicht. Einen zusätzlichen Hinweis erbrachte der in § 1 angegebene Höchstbetrag der Bürgschaft. 740.000 DM entsprachen - wie die Klägerin unwidersprochen vorgetragen hat - ungefähr der Vertragssumme der beiden Mietkaufverträge abzüglich der - bereits bezahlten - jeweils ersten Raten.
Die vorliegende Fallgestaltung stimmt mit dem Sachverhalt überein, den der Senat am 30. März 1995 (IX ZR 98/94, aaO) entschieden hat. Auch damals
hat der Senat die Bürgschaft als formwirksam angesehen. Die Unterschiede, die das Berufungsgericht zwischen jenem und dem nunmehr zu entscheidenden Fall zu erkennen glaubt, sind nicht vorhanden. Hier wie dort war die Textspalte, welche die nähere Bezeichnung der Hauptschuld aufnehmen sollte, unausgefüllt geblieben, und die Angebote auf Abschluß der Hauptverträge lagen vor, als der Bürge die Bürgschaftsverpflichtung übernahm. Der Inhalt der Hauptschuld, deren Absicherung die Bürgschaft dienen sollte, lag also objektiv fest.
4. Der Beklagte hat auch für die Forderungen der Klägerin aus den Mietkaufverträgen einzustehen, obwohl er sich für Forderungen aus "Leasingvertrag" verbürgt hat und ein Mietkauf etwas anderes ist als ein normales Leasinggeschäft. Der Begriff "Leasingvertrag" ist hier eine unschädliche Falschbezeichnung (falsa demonstratio) für die Mietkäufe. Nach dem Vortrag der Klägerin , von dem hier auszugehen ist, gab es zwischen ihr und der Hauptschuldnerin Verträge nur über die Gummizerspanmaschinen. Diese Verträge wurden von der Hauptschuldnerin selbst als "Mietkaufverträge" charakterisiert (vgl. ihr Schreiben v. 18. November 1996), während der Beklagte stets von "Leasing" sprach (vgl. sein Schreiben v. 21. November 1996 - K 17), aber dasselbe meinte. Diesen wechselnden Sprachgebrauch spiegeln die Mietkaufverträge und die Bürgschaftserklärung wider.

III.


Das Berufungsurteil ist auch nicht aus anderen Gründen richtig (§ 563 ZPO).
Ein Widerrufsrecht gemäß dem Verbraucherkreditgesetz, über das die Klägerin den Beklagten "vorsichtshalber" belehrt hat, steht dem Beklagten nicht zu. Das Verbraucherkreditgesetz ist auf die hier vereinbarte Bürgschaft jedenfalls deshalb nicht anwendbar, weil das Geschäft, aus dem die gesicherte Hauptschuld herrührt, der gewerblichen Betätigung der Hauptschuldnerin zuzurechnen ist (vgl. BGHZ 138, 321, 323 ff). Im übrigen hat der Beklagte die Wochenfrist nicht eingehalten.
Für einen Verzicht auf die Bürgschaft gibt es entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung keine hinreichenden Anhaltspunkte.

IV.


Das Berufungsurteil ist somit aufzuheben (§ 564 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, weil sie noch nicht entscheidungsreif ist (§ 565 Abs. 1 ZPO). Der Beklagte hat vorgetragen, er habe bei der Unterschrift unter die Bürgschaftserklärung nicht gewußt, daß die Hauptschuldnerin Mietkaufverträge über Gummizerspanmaschinen abschließen wolle. Er sei davon ausgegangen, die Bürgschaft solle Leasinggeschäfte
im Zusammenhang mit der Errichtung einer Produktionsanlage in K. absichern. Darüber sei mit der Klägerin umfangreich verhandelt worden. Wenn dies zuträfe , könnte möglicherweise nicht mehr davon ausgegangen werden, daß sich nach der übereinstimmenden Vorstellung beider Parteien die Bürgschaftserklärung auf die beiden Mietkaufverträge beziehen sollte. Die - beweispflichtige - Klägerin hat durch Zeugen unter Beweis gestellt, daß der Beklagte bei Gesprächen am 18. und 20. Februar 1997 erklärt habe, gewußt zu haben, daß er sich für zwei Mietkaufverträge über Gummizerspanmaschinen verbürgt. Es sei niemals darüber gesprochen worden, daß der Beklagte für andere Verträge habe bürgen sollen. Diesen Beweis wird das Berufungsgericht erheben müssen.
Paulusch Kreft Stodolkowitz Zugehör Ganter