Bundesgerichtshof Urteil, 25. Nov. 2009 - XII ZR 211/08

bei uns veröffentlicht am25.11.2009
vorgehend
Amtsgericht Bottrop, 10 C 154/07, 20.03.2008
Landgericht Essen, 15 S 158/08, 02.09.2008

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 211/08 Verkündet am:
25. November 2009
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Vereinbart der Mieter eines Kraftfahrzeugs mit dem Vermieter gegen Entgelt eine
Haftungsbefreiung mit Selbstbeteiligung, so findet die Rechtsprechung zum Quotenvorrecht
entsprechende Anwendung.
BGH, Urteil vom 25. November 2009 - XII ZR 211/08 - LG Essen
AG Bottrop
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 25. November 2009 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, den Richter
Fuchs, die Richterin Dr. Vezina und die Richter Dose und Schilling

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 15. Zivilkammer des Landgerichts Essen vom 2. September 2008 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Parteien streiten darüber, ob und in welcher Höhe der Mieter eines Pkw, der eine Haftungsbefreiung mit Selbstbeteiligung vereinbart hat, nach einem Unfall Schadenskosten zu tragen hat, wenn Ansprüche gegen einen Dritten bestehen.
2
Mit Vertrag vom 19. Juni 2006 mietete die Beklagte bei der Klägerin, einem gewerblichen Autovermietungsunternehmen, einen Pkw.
3
§ 10 der allgemeinen Vermietbedingungen der Klägerin lautet: "a) Bei Unfallschäden … haftet der Mieter für Reparaturkosten …, sofern er oder der Fahrer den Schaden zu vertreten hat. …
b) Wird eine Haftungsbefreiung gegen Zahlung eines zusätzlichen Entgeltes vereinbart, stellt E. den Mieter nach den Grundsätzen einer Vollkaskoversicherung mit nachfolgender Selbstbeteiligung für Schäden am Mietfahrzeug frei. …"
4
Die Parteien vereinbarten eine Haftungsbefreiung mit Selbstbeteiligung, wobei streitig ist, ob diese 1.500 € oder 750 € beträgt. Am 24. Juni 2006 wurde das Mietfahrzeug bei einem Verkehrsunfall beschädigt. Der Schaden am Fahrzeug betrug 4.277,56 € (4.158,51 € Reparaturkosten, 25 € Nebenkosten sowie 94,05 € Gutachterkosten). Die Haftpflichtversicherung des Unfallgegners akzeptierte eine Mithaftung ihrer Versicherungsnehmerin in Höhe von 40 % und zahlte an die Klägerin 1.711,02 €. Die Klägerin hat von der Beklagten unter Berufung auf deren Pflicht zur Selbstbeteiligung - vorläufig - 900 € nebst Zinsen geltend gemacht. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landgericht hat die Beklagte lediglich zur Zahlung von 15 € nebst Zinsen verurteilt und die weitergehende Berufung zurückgewiesen. Dagegen wendet sich die Klägerin mit der vom Landgericht zugelassenen Revision.

Entscheidungsgründe:

5
Die Revision bleibt ohne Erfolg.
6
1. Das Landgericht war der Auffassung die Beklagte sei aufgrund der Vertragsbedingungen dem Grundsatz nach so zu stellen, wie sie bei Abschluss einer Vollkaskoversicherung mit Selbstbeteiligung stünde. Aus Sicht des Kunden ergebe sich aus den Vertragsbedingungen zumindest nicht mit hinreichender Deutlichkeit, dass er sich aufgrund der Doppelrolle der Klägerin als Vermie- terin und Kaskoversicherer schlechter stehe als im Falle einer Kaskofremdversicherung. Die Formulierung erwecke eher den Eindruck eines Rechtsverhältnisses , das dem Kunden grundsätzlich dieselben Vorteile gewähren solle wie eine Vollkaskoversicherung.
7
Es gelte deshalb das Quotenvorrecht, das zu den grundsätzlichen Vorteilen der Vollkaskoversicherung zähle und seine Rechtfertigung in der Prämienzahlung des Versicherungsnehmers finde. Wie die Vollkaskoversicherung den Übergang einer Schadensersatzforderung gegen den Dritten nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers geltend machen dürfe, bestehe für die Klägerin daher analog nicht das Recht, den Gesamtschuldnerausgleichsanspruch des Kunden gegen den für den Schaden mitverantwortlichen Dritten zu beschädigen , indem sie den Dritten auf Schadensersatz in Anspruch nehme, ohne dessen Leistung den Kunden gutzuschreiben. Deshalb sei die Klage im Wesentlichen unschlüssig. Die Beklagte stünde nämlich bei Bejahung einer Klageforderung ungünstiger als ein Vollkaskoversicherungsnehmer in vergleichbarer Lage.
8
Als vollkaskoversicherte Kundin erhielte die Beklagte 4.252,56 € (4.158,51 € Reparaturkosten und 94,05 € Gutachterkosten) abzüglich 1.500 € Selbstbeteiligung, somit 2.752,56 €. Soweit sie von ihrer Versicherung keinen Ersatz bekäme, also für einen (kongruenten) Schaden von 1.500 € sowie für (inkongruente) 25 € Nebenkosten, könnte sie den Unfallgegner in Anspruch nehmen, soweit dessen Haftung für den Gesamtschaden reiche. Bei einer Haftung des Gegners zu 40 % und weil 1.500 € weniger als 40 % des Gesamtschadens betrage, erhielte die Beklagte daher Ersatz in voller Höhe des kongruenten Schadens. Der inkongruente Schaden von 25 € sei ihr allerdings vom Unfallgegner zu 40 % erstattet worden.
9
Da die Klägerin an die Stelle der Vollkaskoversicherung trete, müsse sie sich so stellen lassen, wie sie als Vollkaskoversicherer stünde. Als solcher wäre die Klägerin gehindert gewesen, den Unfallgegner selbst auf Schadensersatz in Höhe von 1.500 € in Anspruch zu nehmen. Den Vorrang bei der Inanspruchnahme des Gegners habe vielmehr der Versicherungsnehmer.
10
Dass die Klägerin den gemäß §§ 426 Abs. 2, 840 Abs. 1 BGB bestehenden internen Gesamtschuldnerausgleichsanspruch der Beklagten durch Einziehung ihrer Schadensersatzforderung beim Unfallgegner in Höhe von 1.500 € zum Erlöschen gebracht habe, sei zwar nicht zu missbilligen, da die Beklagte hiermit einverstanden gewesen sei. Es handele sich aber wirtschaftlich um eine Leistung der Beklagten, die als ihre Leistung an die Klägerin aufzufassen sei, um die grundsätzliche Vergleichbarkeit der Rechtsstellung der Beklagten mit einem Vollkaskoversicherungsnehmer nicht zu stören. Damit stehe der Klägerin kein weiterer Anspruch gegen die Beklagte auf Ersatz des kongruenten Schadens zu. Der Klägerin stehe lediglich gemäß § 10.a ihrer Versicherungsbedingungen eine Verwaltungskostenpauschale von 15 € zu, weil sie insoweit vom Unfallgegner keinen Ersatz erhalten habe.
11
2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Nachprüfung stand.
12
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. Urteil vom 17. Dezember 1980 - VIII ZR 316/79 - WM 1981, 201 m.w.N.; zuletzt Senatsurteil vom 20. Mai 2009 - XII ZR 94/07 - VersR 2009, 1123 ff.) ist der gewerbliche Vermieter von Kraftfahrzeugen, der dem Mieter gegen Zahlung eines Entgelts nach Art einer Versicherungsprämie bei Unfallschäden Haftungsfreistellung verspricht, gehalten, diese Haftungsbefreiung nach dem Leitbild der Kaskoversicherung auszugestalten. Nur dann genügt er seiner aus dem Grundsatz von Treu und Glauben erwachsenden Verpflichtung, schon bei der Festlegung sei- ner allgemeinen Geschäftsbedingungen die Interessen künftiger Vertragspartner angemessen zu berücksichtigen. Dies gilt umso mehr, wenn sich, wie im Streitfall, der Vermieter verpflichtet, den Mieter "nach den Grundsätzen einer Vollkaskoversicherung" freizustellen.
13
a) In der Kaskoversicherung ist anerkannt, dass der Versicherungsnehmer bei Vereinbarung einer Selbstbeteiligung den sich daraus ergebenden Nachteil nicht zu tragen hat, wenn er den Schaden nicht oder zumindest nicht allein verursacht hat. Steht ihm ein Anspruch auf Ersatz gegen einen Dritten zu, so geht nach der gesetzlichen Regelung des § 67 Abs. 1 Satz 1 VVG a.F. der Anspruch auf den Versicherer über, soweit dieser dem Versicherungsnehmer den Schaden ersetzt. Nach Satz 2 der Bestimmung kann der Übergang aber nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers geltend gemacht werden. Erhält der Versicherungsnehmer vom Versicherer seinen Schaden zum Teil ersetzt, etwa weil eine Unterversicherung (§ 56 VVG a.F.) besteht oder die Parteien des Versicherungsvertrages eine Selbstbeteiligung des Versicherungsnehmers vereinbart haben, und bleibt der Anspruch gegen den Dritten ebenfalls hinter dem Schaden zurück (§ 254 BGB), dann stellt sich die Frage, wem der Anspruch gegen den Dritten zustehen soll. Nach einer Auffassung geht der Anspruch in Höhe der Zahlung auf den Versicherer über (sog. absolute Theorie; Nachweise bei Prölls/Martin Versicherungsvertragsgesetz 27. Aufl. § 67 a.F. Rdn. 22), nach einer anderen (sog. relative Theorie) ist der Anspruch zwischen Versicherungsnehmer und Versicherer im Verhältnis ihrer Beteiligung am Schaden zu teilen.
14
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 13, 28; 25, 340; 47, 196) bleibt der Versicherungsnehmer Gläubiger des Ersatzanspruchs (mit der Folge des Befriedigungsrechtes nach Abs. 1 Satz 2) insoweit, als er vom Versicherer nicht entschädigt worden ist; erst nach Deckung des Schadens durch Versicherungsleistung und Ersatzanspruch kommt der Versi- cherer zum Zuge (sog. Differenztheorie oder Quotenvorrecht des Versicherungsnehmers ).
15
b) Ohne Erfolg macht die Revision geltend, eine uneingeschränkte Übertragung der Rechtsprechung zur Kaskoversicherung sei bei einem Mietvertrag mit Selbstbeteiligung nicht angemessen. Es besteht kein überzeugender Grund, die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zum Quotenvorrecht des Versicherungsnehmers nicht anzuwenden, wenn die Mietvertragsparteien eine Haftungsbefreiung mit Selbstbeteiligung des Mieters für Schäden am Mietfahrzeug "nach den Grundsätzen einer Vollkaskoversicherung" vereinbaren.
16
aa) Mit dem Argument, der Mieter habe von vornherein keinen eigenen Schadensersatzanspruch gegen den Schädiger, insbesondere stehe dem Automieter kein Anspruch auf Wertminderung zu, verkennt die Revision die Rechtsprechung zur Anwendung kaskoversicherungsrechtlicher Grundsätze auf Mietverträge. Es geht nicht darum, ob und gegebenenfalls welche Ansprüche der Mieter im Falle einer Schädigung durch einen Dritten gegen diesen hat. Der Vermieter hat - gegen Zahlung einer besonderen Gebühr - dem Mieter versprochen , ihm die Stellung eines vollkaskoversicherten Eigentümers einzuräumen. Als solcher hätte er das Quotenvorrecht mit der Folge, dass er die Selbstbeteiligung im Umfang des vom Unfallgegner gezahlten Ersatzes nicht tragen müsste.
17
bb) Ohne Erfolg macht die Revision geltend, im Streitfall stehe die Vereinbarung des Selbstbehalts von 1.500 € im Vordergrund und der Mieter müsse von vornherein damit rechnen, dass er in Höhe von 1.500 € selbst hafte. Es handelt sich insoweit um keine Besonderheit des Mietvertrages gegenüber dem Kaskoversicherungsvertrag. Auch der Kaskoversicherungsnehmer muss von vornherein damit rechnen, dass er, wenn er eine Selbstbeteiligung vereinbart hat, einen Teil des Schadens selbst tragen muss. Auch er muss keine Selbstbe- teiligung übernehmen, tut er es aber, dann weiß er von Anfang an, dass er in Höhe des Selbstbehaltes vom Versicherer nicht entschädigt wird. Gleichwohl steht ihm nach der Rechtsprechung zum Quotenvorrecht ein etwaiger Schadensersatzanspruch gegen einen Dritten bis zur Deckung seines Gesamtschadens (einschließlich des vereinbarten Selbstbehalts) zu. Die rechtliche Situation des Mieters, der gegen Entgelt eine Schadensbefreiung mit Selbstbeteiligung vereinbart, ist nicht anders. Er hat - wie der Kaskoversicherungsnehmer - die Selbstbeteiligung allein zu tragen, wenn kein Anspruch gegen einen Dritten besteht. Besteht aber ein solcher, dann stellt sich wie beim Kaskoversicherungsnehmer mit Selbstbeteiligung die Frage, ob der Ersatzanspruch gegen den Dritten vorrangig dem Mieter oder dem Vermieter zugute kommen soll.
18
cc) Auch die Interessenlage der Mietvertragsparteien, die eine Selbstbeteiligung des Mieters vereinbart haben, verlangt kein Abweichen von den Grundsätzen der Kaskoversicherung.
19
(1) Der Sinn und Zweck des Kaskoversicherungsvertrags liegt in aller Regel darin, dem Versicherungsnehmer einen etwaigen Schaden auf jeden Fall bis zur Höhe der Versicherungssumme ohne Rücksicht auf andere Ersatzansprüche zu ersetzen. Selbst bei alleinigem Verschulden kann der Versicherungsnehmer stets davon ausgehen, dass er seinen Schaden in Höhe der Versicherungssumme - abzüglich einer etwa vereinbarten Selbstbeteiligung - ersetzt erhält. Bestehen anderweitige Ersatzansprüche, bestimmt das Gesetz den Übergang dieser Ansprüche auf den Versicherer, ohne dass dem Versicherungsnehmer ein Nachteil entstehen soll. Mit diesem gemäß § 67 Abs. 1 Satz 2 VVG a.F. eingeschränkten Übergang will das Gesetz sowohl eine Begünstigung des Ersatzpflichtigen, als auch eine Bereicherung des Versicherungsnehmers verhindern. Dem Versicherer, der für seine Leistung bereits ein Entgelt in Gestalt der Versicherungsprämie erhalten hat, soll kein weiterer Gegenwert (in Form des Übergangs von Ersatzforderungen) zukommen, so lange der Versicherungsnehmer noch nicht die volle Deckung für seinen Schaden erlangt hat (BGHZ 13, 28; 25, 340, 346).
20
(2) Dieser vom Gesetz für die Kaskoversicherung vorgesehene Ausgleich der Interessen ist auch für den Mietvertrag mit Selbstbeteiligung sachgerecht. Verursacht der Mieter den Schaden allein und bestehen deshalb keine Ansprüche gegen Dritte, so wird er bis zur Höhe der Selbstbeteiligung auf jeden Fall freigestellt. Bestehen Ansprüche gegen Dritte, weil sie die Beschädigung des Mietobjektes verschuldet oder mitverschuldet haben, stellt sich wie in der Kaskoversicherung die Frage, wem sie zugute kommen sollen. Für eine Entlastung des Dritten besteht, wie in der Kaskoversicherung, von vornherein kein Anlass. Da der Vermieter für die Haftungsfreistellung des Mieters bereits ein Entgelt erhalten hat und davon auszugehen ist, dass dieses wertmäßig der Haftungsfreistellung entspricht, wäre es nicht sachgerecht, ihm die Ansprüche gegen Dritte in vollem Umfang zukommen zu lassen, solange der Mieter nicht voll entschädigt ist. Dies würde zu einer Bereicherung des Vermieters auf Kosten des Mieters führen und wäre genauso wenig interessengerecht wie die Bereicherung des Kaskoversicherers zu Lasten des Versicherungsnehmers, die die Rechtsprechung mit dem Quotenvorrecht für den Kaskoversicherungsnehmer vermeiden will.
21
dd) Auch der Hinweis der Revision, der Versicherungsnehmer müsse im Versicherungsfall einen Rabattverlust hinnehmen bzw. höhere Beiträge an den Versicherer leisten, während der Mieter diesen Nachteil nicht habe, gebietet keine unterschiedliche Handhabung. Der Mieter muss sich - wie der Versicherungsnehmer - die Haftungsfreistellung "erkaufen". Das Entgelt dafür kann der Vermieter, wie es auch der Kaskoversicherer tun muss, so kalkulieren, dass er, auch wenn etwaige Ansprüche gegen Dritte bis zur Höhe der Selbstbeteiligung dem Mieter zukommen, keinen Schaden erleidet.
Hahne Fuchs Vézina Dose Schilling

Vorinstanzen:
AG Bottrop, Entscheidung vom 20.03.2008 - 10 C 154/07 -
LG Essen, Entscheidung vom 02.09.2008 - 15 S 158/08 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 25. Nov. 2009 - XII ZR 211/08

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 25. Nov. 2009 - XII ZR 211/08

Referenzen - Gesetze

Gesetz über den Versicherungsvertrag


Versicherungsvertragsgesetz - VVG

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 254 Mitverschulden


(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 426 Ausgleichungspflicht, Forderungsübergang


(1) Die Gesamtschuldner sind im Verhältnis zueinander zu gleichen Anteilen verpflichtet, soweit nicht ein anderes bestimmt ist. Kann von einem Gesamtschuldner der auf ihn entfallende Beitrag nicht erlangt werden, so ist der Ausfall von den übrigen zu

Versicherungsvertragsgesetz - VVG 2008 | § 67 Abweichende Vereinbarungen


Von den §§ 60 bis 66 kann nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers abgewichen werden.

Versicherungsvertragsgesetz - VVG 2008 | § 56 Verletzung der Anzeigepflicht


(1) Abweichend von § 19 Abs. 2 ist bei Verletzung der Anzeigepflicht der Rücktritt des Versicherers ausgeschlossen; der Versicherer kann innerhalb eines Monats von dem Zeitpunkt an, zu dem er Kenntnis von dem nicht oder unrichtig angezeigten Umstand
Bundesgerichtshof Urteil, 25. Nov. 2009 - XII ZR 211/08 zitiert 5 §§.

Gesetz über den Versicherungsvertrag


Versicherungsvertragsgesetz - VVG

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 254 Mitverschulden


(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 426 Ausgleichungspflicht, Forderungsübergang


(1) Die Gesamtschuldner sind im Verhältnis zueinander zu gleichen Anteilen verpflichtet, soweit nicht ein anderes bestimmt ist. Kann von einem Gesamtschuldner der auf ihn entfallende Beitrag nicht erlangt werden, so ist der Ausfall von den übrigen zu

Versicherungsvertragsgesetz - VVG 2008 | § 67 Abweichende Vereinbarungen


Von den §§ 60 bis 66 kann nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers abgewichen werden.

Versicherungsvertragsgesetz - VVG 2008 | § 56 Verletzung der Anzeigepflicht


(1) Abweichend von § 19 Abs. 2 ist bei Verletzung der Anzeigepflicht der Rücktritt des Versicherers ausgeschlossen; der Versicherer kann innerhalb eines Monats von dem Zeitpunkt an, zu dem er Kenntnis von dem nicht oder unrichtig angezeigten Umstand

Referenzen - Urteile

Bundesgerichtshof Urteil, 25. Nov. 2009 - XII ZR 211/08 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Urteil, 25. Nov. 2009 - XII ZR 211/08 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 20. Mai 2009 - XII ZR 94/07

bei uns veröffentlicht am 20.05.2009

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XII ZR 94/07 Verkündet am: 20. Mai 2009 Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR:

Referenzen

Von den §§ 60 bis 66 kann nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers abgewichen werden.

(1) Die Gesamtschuldner sind im Verhältnis zueinander zu gleichen Anteilen verpflichtet, soweit nicht ein anderes bestimmt ist. Kann von einem Gesamtschuldner der auf ihn entfallende Beitrag nicht erlangt werden, so ist der Ausfall von den übrigen zur Ausgleichung verpflichteten Schuldnern zu tragen.

(2) Soweit ein Gesamtschuldner den Gläubiger befriedigt und von den übrigen Schuldnern Ausgleichung verlangen kann, geht die Forderung des Gläubigers gegen die übrigen Schuldner auf ihn über. Der Übergang kann nicht zum Nachteil des Gläubigers geltend gemacht werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 94/07 Verkündet am:
20. Mai 2009
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
VVG § 61 a.F.; BGB § 307 Bb, Cf
Vereinbaren die Parteien eines gewerblichen Kraftfahrzeugmietvertrages gegen
Entgelt eine Haftungsreduzierung für den Mieter nach Art der Vollkaskoversicherung
mit Selbstbeteiligung, so verliert der Mieter diesen Versicherungsschutz
nicht, wenn ein Dritter, dem er das Fahrzeug überlassen hat, dieses
schuldhaft beschädigt.
Entgegenstehende AGB beeinträchtigen den Mieter unangemessen und sind
deshalb gemäß § 307 BGB unwirksam.
BGH, Urteil vom 20. Mai 2009 - XII ZR 94/07 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 20. Mai 2009 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter
Prof. Dr. Wagenitz, Fuchs, Dose und Dr. Klinkhammer

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 14. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 8. Juni 2007 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Parteien streiten um Schadensersatz nach Vermietung eines Kraftfahrzeuges.
2
Die Klägerin, ein gewerbliches Autovermietungsunternehmen, vermietete mit Vertrag vom 21. März 2003 an die Beklagte zu 1 einen Kleintransporter zum Zwecke der Weitervermietung.
3
In den Vertragsbedingungen heißt es u.a.: "9. Haftung des Mieters Der Mieter haftet für während der Dauer des Mietvertrages entstandene Schäden am Fahrzeug... Bei Überlassung des Fahrzeugs an Dritte - einschließlich der in Ziff. 3 bezeichneten weiteren Fahrer - haftet der Mieter für die Einhaltung der Bestimmungen dieses Mietvertrages und das Verhalten des/der Dritten wie für eigenes Handeln. 10. Haftungsreduzierung Der Mieter kann - vorbehaltlich Ziff. 11 - seine Haftung nach Ziff. 9 durch Abschluss der Optionen "Haftungsreduzierung für alle Schäden einschließlich Fahrzeugdiebstahl" ... gegen Zahlung der entsprechenden Zusatzgebühr auf eine bestimmte Selbstbeteiligung (SB) pro Schadensfall reduzieren ... 11. Wegfall der Haftungsreduzierung ... Auch im Falle vorsätzlich oder grob fahrlässig verursachter Schäden tritt die Haftungsreduzierung nach Ziff. 10 nicht ein. ..."
4
Die Beklagte zu 1 vereinbarte mit der Klägerin eine Haftungsreduzierung mit einer Selbstbeteiligung von 511,29 € und vermietete ihrerseits das Fahrzeug an den Beklagten zu 2. Dieser verursachte in Absprache mit dem Beklagten zu 3 vorsätzlich einen Unfall. Dabei entstand am Mietfahrzeug der Klägerin ein Sach- und Sachfolgeschaden in Höhe von 7.306,74 €. Die Beklagte zu 1 bezahlte darauf lediglich den vereinbarten Selbstbeteiligungsbetrag.
5
Die Differenz von 6.795,45 € hat die Klägerin gegen alle drei Beklagten geltend gemacht. Das Landgericht hat die Beklagten zu 2 und 3 antragsgemäß verurteilt; insoweit ist das Urteil rechtskräftig. Die Klage gegen die Beklagte zu 1 hat es abgewiesen. Die Berufung der Klägerin gegen die Abweisung der Klage hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision. Im Revisionsverfahren hat die Klägerin die Hauptsache in Höhe von 2.640 € für erledigt erklärt. Die Beklagte zu 1 hat der Erledigungserklärung widersprochen.

Entscheidungsgründe:

6
Die Revision bleibt ohne Erfolg.
7
1. Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Obwohl der Beklagte zu 2 als berechtigter Fahrer den Schaden vorsätzlich herbeigeführt hat und damit die vereinbarte Haftungsreduzierung auf den Selbstbehalt gemäß Ziff. 11 der AGB entfalle, sei die Klage unbegründet. Die in Ziff. 11 der AGB geregelte Haftungsreduzierung bei vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Herbeiführung des Schadens sei nämlich gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam, soweit die Haftungsreduzierung wegen des nur zugerechneten Verhaltens eines Dritten entfalle.
8
Allerdings sei der vom Landgericht gewählte Ausgangspunkt, wonach bereits Ziff. 9 der AGB der Klägerin und dort insbesondere die Zurechnung des Verschuldens Dritter unwirksam sei, nicht überzeugend. Ziff. 9 enthalte insoweit eine ausschließlich mietvertragliche Haftungsregelung, die zudem der Regelung in § 540 Abs. 2 BGB entspreche. Dies sei auch dann unbedenklich, wenn der Mieter - wie hier - eine Haftungsreduzierung nach Ziff. 10 der AGB vereinbart habe. Fraglich sei lediglich, ob eine Zurechnung des Drittverschuldens auch im Rahmen der Ziff. 11 der AGB (Wegfall der Haftungsreduzierung) zulässig sei. Das sei nicht der Fall.
9
Nach Ziff. 11 Abs. 1 Satz 3 der AGB entfalle die Haftungsreduzierung gemäß Ziff. 10 u.a. im Falle vorsätzlich oder grob fahrlässig verursachter Schäden. Diese Klausel knüpfe nicht an die Verursachung durch bestimmte Personen , insbesondere durch den Mieter selbst an, sondern erfasse im Zusammenspiel mit Ziff. 9 letzter Satz auch den Fall, in dem ein Dritter, dem das Fahrzeug überlassen sei, vorsätzlich oder grob fahrlässig gehandelt habe. Eine derartige Regelung sei aber in AGB gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam.
10
Das Berufungsgericht habe in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass sich eine in den AGB eines Autovermieters gegen zusätzliches Entgelt gewährte Haftungsbefreiung am "Leitbild einer Vollkaskoversicherung" orientieren müsse. Dies gelte auch, wenn eine Selbstbeteiligung vereinbart sei. An diesem Leitbild hätten sich die AGB der Klägerin zu orientieren, auch wenn sie das Wort "Vollkaskoversicherung" oder "Volldeckung" nicht ausdrücklich erwähnten. Das "Haftungsreduzierungs"-Modell der Klägerin sei nämlich grundsätzlich nach seiner Struktur und Eigenart an eine Vollkaskoversicherung mit Selbstbeteiligung angelehnt. Es solle den Mieter vor Inanspruchnahme wegen Fahrzeugschäden und Diebstahl schützen, könne durch eine zum Mietvertrag hinzutretende gesonderte Einigung vereinbart werden und koste dann eine gesonderte Gebühr. In Ziff. 10 sei von einer "Selbstbeteiligung (SB)" die Rede, auf die sich die Haftung des Mieters reduzieren solle. Bei einer derartigen Regelung dürfe ein die Zusatzvereinbarung abschließender Mieter grundsätzlich erwarten, dass der Umfang der Haftungsreduzierung dem durch eine Vollkaskoversicherung vermittelten Schutz im Wesentlichen entspreche.
11
Diese Anforderungen erfüllten Ziff. 11 Abs. 1 Satz 3 der klägerischen AGB nicht. An die Stelle des im Rahmen einer Kaskoversicherung jedenfalls im Regelfall versicherten Eigentümerinteresses trete bei einer Haftungsfreistellung des Mieters dessen Haftungsinteresse. Dieses Interesse bestehe hier wegen der Regelung in Ziff. 9 in der Gefahr der Inanspruchnahme durch den Vermieter wegen eigenen Verschuldens des Mieters als auch wegen dem Mieter nur zugerechneten fremden Verschuldens. Diese Zurücknahme des "Quasi-Versicherungsschutzes" über das Haftungsinteresse des Mieters orientiere sich allerdings nicht in ausreichendem Maße an den Grundwertungen des § 61 VVG a.F. Nach dieser Bestimmung, die zum Kernbestand der Kaskoversicherung als Schadensversicherung gehöre, werde der Versicherer von der Verpflichtung zur Leistung frei, wenn der Versicherungsnehmer den Versicherungsfall vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeiführe. Die Vorschrift knüpfe nach ihrem Wortlaut ausschließlich an das eigene Verschulden des Versicherungsnehmers an; eine Zurechnung des Verschuldens Dritter entsprechend § 278 BGB sei ausgeschlossen und die Zurechnung auf wenige Sonderfälle wie etwa die Repräsentantenhaftung begrenzt. Im Rahmen einer Kaskoversicherung werde der Versicherungsschutz bei einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Schadensherbeiführung durch den Fahrer, dem das Fahrzeug überlassen worden sei, nicht beeinträchtigt. Der Versicherungsschutz des Versicherungsnehmers bei Schadensherbeiführung durch Dritte werde im Gegenteil sogar noch durch die Regresssperre des § 15 Abs. 2 AKB ausgebaut. Dass ein "Fahrerverschulden" den Versicherungsschutz des Versicherungsnehmers weder direkt noch indirekt beeinträchtige, gehöre deshalb zu den Kernelementen einer Kaskoversicherung. Gegen dieses Leitbild der Kaskoversicherung verstoße Ziff. 11 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. Ziff. 9 der klägerischen AGB, weil sie eine Zurechnung des Verschuldens des vom Mieter verschiedenen Fahrers ermögliche und die Haftungsreduzierung und damit den "Quasi-Versicherungsschutz" zu Lasten des Mieters schon dann leer laufen lasse, wenn lediglich der Fahrer, nicht aber der Mieter selbst, den Schaden vorsätzlich und/oder grob fahrlässig verursacht habe.
12
2. Diese Ausführungen des Berufungsgerichts halten einer rechtlichen Nachprüfung stand.
13
a) Vereinbaren die Parteien eines gewerblichen Kraftfahrzeugmietvertrages gegen Entgelt eine Haftungsreduzierung für den Mieter nach Art der Vollkaskoversicherung mit Selbstbeteiligung, so darf dieser - gleichsam als Quasi -Versicherungsnehmer - darauf vertrauen, dass die Reichweite des mietvertraglich vereinbarten Schutzes im Wesentlichen dem Schutz entspricht, den er als Eigentümer des Kraftfahrzeuges und als Versicherungsnehmer in der Fahr- zeugvollversicherung genießen würde. Nur bei Einräumung dieses Schutzes genügt der gewerbliche Vermieter von Kraftfahrzeugen seiner aus dem Grundsatz von Treu und Glauben erwachsenen Verpflichtung, schon bei der Festlegung seiner Allgemeinen Geschäftsbedingungen die Interessen künftiger Vertragspartner angemessen zu berücksichtigen. Diese vom Berufungsgericht zugrunde gelegte Rechtsauffassung entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 22, 109; Urteil vom 17. Dezember 1980 - VIII ZR 316/79 - NJW 1981, 1211, Urteil vom 16. Dezember 1981 - VIII ZR 1/81 - NJW 1982, 987 f., Urteil vom 19. Juni 1985 - VIII ZR 250/84 - NJW-RR 1986, 51, Senatsurteil vom 19. Januar 2005 - XII ZR 107/01 - NJW 2005, 1183).
14
b) Zutreffend ist das Berufungsgericht auch davon ausgegangen, dass in der Kraftfahrzeugvollversicherung eine Haftung des Versicherungsnehmers für Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit des Fahrers, dem er das Fahrzeug überlassen hat, nicht in Betracht kommt. Das ergibt sich aus § 61 VVG a.F. (§ 81 VVG). Nach dieser Bestimmung ist der Versicherer von seinen Leistungspflichten nur frei, wenn der Versicherungsnehmer selbst den Versicherungsfall vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeiführt. Damit schließt bereits der Wortlaut des Gesetzes jede Zurechnung eines Drittverschuldens zu Lasten des Versicherungsnehmers aus. Es besteht auch weitgehend Einigkeit, dass im Rahmen des § 61 VVG a.F. die allgemeine zivilrechtliche Zurechnungsnorm für das Verschulden des Erfüllungsgehilfen (§ 278 BGB) keine Anwendung findet. Begründet wird dies damit, dass § 61 VVG a.F. keine Schadensersatzpflicht statuiert, sondern einen subjektiven Risikoausschluss beinhaltet und anderenfalls die Gefahr bestünde, den Versicherungsschutz in einer Weise einzuschränken, der mit dem Zweck der Versicherung nicht mehr verträglich wäre (BGHZ 11, 120, 123).
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Allerdings wird es als zu weitgehend angesehen, eine Zurechnung groben Drittverschuldens auch dann zu verneinen, wenn der Dritte gleichsam an die Stelle des Versicherungsnehmers getreten ist, ihn gleichsam repräsentiert. Auf diesem Gedanken beruht die bereits auf reichsgerichtliche Rechtsprechung (RGZ 135, 370) zurückgehende, besonders für das Versicherungsrecht entwickelte "Repräsentantenhaftung" (BGHZ 107, 229, 232 f., 171, 304, 306 f.; Urteil vom 14. Mai 2003 - IV ZR 166/02 - NJW-RR 2003, 1250). Dem liegen Billigkeitserwägungen zugrunde; dem Versicherungsnehmer, der das versicherte Risiko aus der Hand gibt und sich der Obhut über die Sache gänzlich entledigt, soll es verwehrt werden, die Lage des Versicherers nach Belieben zu verschlechtern mit der Folge, dass dieser auch bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit des Repräsentanten leistungspflichtig wäre, während er frei wäre, wenn die "Risikoverwaltung" beim Versicherungsnehmer persönlich gegeben und dieser in gleicher Weise gehandelt hätte. Danach wird der Versicherer nur dann von der Leistungspflicht frei, wenn der Dritte Repräsentant des Versicherungsnehmers ist und in dieser Rolle den Versicherungsfall grob fahrlässig oder gar vorsätzlich vorbeiführt.
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c) Ohne Rechtsfehler ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass diese Grundsätze der Kaskoversicherung auch für den Mieter gelten, der sich gegen besonderes Entgelt eine Reduzierung seiner Haftung gegenüber dem Vermieter "erkauft". Es ist nämlich kein hinreichender Grund ersichtlich, die Prinzipien der Repräsentantenhaftung auf den quasi-versicherten Kraftfahrzeugmieter nicht anzuwenden. Die aus § 61 VVG a.F. hergeleitete, auf den Repräsentanten des Kraftfahrzeugmieters eingeschränkte Haftung hat bei vereinbarter Haftungsreduzierung in der gewerblichen Kraftfahrzeugmiete die gleiche Berechtigung, wie die unmittelbar aus § 61 VVG a.F. hergeleitete Repräsentantenhaftung im Versicherungsrecht. Es wäre inkonsequent, vom gewerblichen Kraftfahrzeugvermieter zu fordern, seine Vertragsbedingungen nach dem Leitbild der Fahrzeugvollversicherung zu gestalten, diese Forderung dann aber bei der wesentlichen Frage nach der Dritthaftung aufzugeben. Die Interessenlage des quasi-versicherten Kraftfahrzeugmieters und des Versicherungsnehmers sind identisch. Beide wollen sich vor Risiken schützen, die der versicherten Sache von dritter Seite drohen. Beider Interesse geht dahin, das mit dem Risikoeintritt verbundene Ausfallrisiko zu versichern, letztlich also das Insolvenzrisiko des Schädigers auf den Quasi-Versicherer zu verlagern. Dafür bezahlt der Versicherungsnehmer die Versicherungsprämie und der Kraftfahrzeugmieter über die Miete hinaus das Zusatzentgelt an den gewerblichen Kraftfahrzeugvermieter , der als "Quasi-Versicherer" auftritt.
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d) Die Auffassung der Revision, der Bundesgerichtshof habe nur von einem Leitbild, nicht aber von einem Abbild der Kaskoversicherung gesprochen und die Grundsätze der Repräsentantenhaftung seien nicht anwendbar, weil der Untermieter nicht Repräsentant des Mieters sei, vermag nicht zu überzeugen.
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aa) Das Berufungsgericht ist zutreffend und unangefochten davon ausgegangen , dass der Dritte (Fahrer, Untermieter u.ä.), dem der Mieter das Fahrzeug überlässt, nicht als Repräsentant im Sinne des Versicherungsrechts anzusehen ist. Repräsentant ist nämlich nur, wer in dem Geschäftsbereich, zu dem das versicherte Risiko gehört, aufgrund eines Vertrags - oder ähnlichen Verhältnisses - an die Stelle des Versicherungsnehmers getreten ist (BGHZ 107, 229, 230 f.). Die bloße Überlassung der Obhut über die versicherte Sache reicht dabei nicht aus, um ein solches Repräsentantenverhältnis anzunehmen (BGHZ aaO). Ebensowenig begründen allein verwandtschaftliche Beziehungen (Ehegatte , Kinder u.ä.) oder allein vertragliche Beziehungen, kraft derer der Dritte die Obhut über das versicherte Risiko (z.B. Miet-, Arbeits- oder Geschäftsbesorgungsverträge ) hat, die Repräsentantenstellung (BGH Urteil vom 14. Mai 2003 aaO). Vielmehr muss ein Repräsentant unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalles befugt sein, selbständig in einem gewissen, nicht ganz unbedeutenden Umfang für den Versicherungsnehmer zu handeln und dabei auch dessen Rechte und Pflichten als Versicherungsnehmer wahrnehmen (Risikoverwaltung ).
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bb) Nach diesen Maßstäben hat das Landgericht den Untermieter zu Recht nicht als Repräsentanten des Mieters angesehen, weil die Risikoverwaltung bezüglich der vereinbarten Haftungsreduzierung gänzlich in der Hand der Beklagten lag. Das stellt die Revision auch nicht in Frage. Sie macht vielmehr geltend, wenn der Unternehmer nicht als Repräsentant anzusehen sei, dann sei es auch nicht sinnvoll, die Grundsätze dieser Haftungsregelung anzuwenden. Dem ist nicht zu folgen. Die Argumentation der Revision beruht auf einem unzutreffenden Verständnis der Repräsentantenhaftung. Die Lehre von der Repräsentantenhaftung besagt, dass eine Haftung für Dritte nur besteht, wenn der Dritte Repräsentant des Versicherungsnehmers ist. Die Haftungsfreistellung hängt aber nicht vom Vorhandensein eines Repräsentanten ab. Sie soll vielmehr und gerade auch dann zur Geltung kommen, wenn kein Repräsentant vorhanden ist.
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cc) Entgegen der Auffassung der Revision trifft es auch nicht zu, dass der Bundesgerichtshof von einer Haftung für Dritte ausgegangen sei, wenn diese das Mietobjekt vorsätzlich oder grob fahrlässig beschädigt haben. In den von der Revision angeführten Entscheidungen (BGH Urteile vom 17. Dezember 1980 - VIII ZR 316/79 - NJW 1981, 1211; vom 16. Dezember 1981 - VIII ZR 1/81 - NJW 1982, 987 f. und vom 15. Juni 1983 - VIII ZR 78/82 - WM 1983, 1009 ff.) kam es auf diese Fragen nicht an. Sollten die Entscheidungen im Sinne der Revision verstanden werden können, so hält der Senat, der für das gewerbliche Mietrecht allein zuständig ist, nicht daran fest.
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e) Damit ist das Berufungsgericht zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass die AGB der Klägerin zu Lasten der Beklagten zu 1 vom Leitbild der Vollkaskoversicherung abweicht. Ohne Rechtsverstoß durfte es darin eine im Sinne des § 307 BGB unangemessene und damit unwirksame Regelung sehen. Die dagegen von der Revision vorgebrachten Einwände überzeugen nicht.
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aa) Ohne Erfolg beruft sich die Revision darauf, nicht die Haftung für Dritte , sondern die Befreiung der Haftung für Dritte sei unangemessen, weil sie die gesetzliche Haftungsregelung auf den Kopf stelle. Nach dem Gesetz hafte der Mieter für seinen Erfüllungsgehilfen (§ 278 BGB); im Mietrecht sei dieser Gedanke in § 540 Abs. 2 BGB, wonach der Mieter für das Verhalten des Untermieters einstehen müsse, noch besonders hervorgehoben.
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Es geht hier aber nicht um die Frage, inwieweit durch AGB von der gesetzlichen Haftungsregelung des Mietrechts abgewichen werden kann. Die Parteien haben individualvertraglich und damit zweifelsohne zulässig eine Haftungsbeschränkung vereinbart. Sie haben sich darauf geeinigt, dass der Mieter bei Zahlung eines Geldbetrages zusätzlich zur Miete nur noch mit einem bestimmten Selbstbeteiligungsbetrag (511,29 €) haften soll. Die entscheidende Frage ist deshalb, ob der Vermieter unter diesen Umständen die individuell vereinbarte Haftungsbeschränkung mittels AGB wieder einschränken kann und der Mieter, der sich durch ein Zusatzentgelt eine zusätzliche Leistung (Haftungsbefreiung ) erkaufen will, damit rechnen muss, dass die angestrebte Haftungsbefreiung nicht gilt, wenn er das Fahrzeug einem Dritten überlässt und dieser es vorsätzlich oder grob fahrlässig beschädigt. Sie ist zu verneinen. Der Mieter muss sich darauf verlassen können, dass er eine Haftungsfreistellung entsprechend den Grundsätzen der Kaskoversicherung erhält, wozu auch und insbesondere gehört, dass er für grob fahrlässiges oder gar vorsätzliches Verhalten Dritter nicht haftet (vgl. § 61 VVG a.F.).
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bb) Soweit die Revision unter Hinweis auf Entscheidungen der Oberlandesgerichte Hamm (OLGR 2006, 714), München (Versicherungsrecht 1997, 1238) und Jena (Urteil vom 7. Dezember 2000 - 1 U 627/00 - nicht veröffentlicht ) meint, ein Verstoß gegen § 307 BGB scheide schon deshalb aus, weil es einem verständlichen Bedürfnis des Vermieters entspreche, sich die vertragliche Haftung des Vertragspartners für das Verschulden von Personen zu sichern , denen die Mietsache zum Gebrauch überlassen werde, vermag dies nicht zu überzeugen. Der Vermieter hat es nämlich in der Hand, sich gegen das Risiko der Schadensverursachung durch Personen, denen der Mieter die Mietsache überlässt, mit dem Abschluss einer Kaskoversicherung abzusichern. Diese Möglichkeit nehmen viele Vermieter wahr und wälzen die Versicherungsprämie auf den Mieter ab. Wenn der Vermieter - wie hier - keine Kaskoversicherung abschließt, liegt es bei ihm, die vom Mieter für die Haftungsreduzierung zu zahlende Gebühr so zu bemessen, dass das Risiko, durch schuldhaftes Verhalten Dritter geschädigt zu werden, ausreichend abgedeckt wird.
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cc) Auch die Auffassung, der Mieter werde nicht unangemessen benachteiligt , wenn sich der Vermieter die vertragliche Haftung für das Verschulden von Personen sichere, denen der Mieter die Sache überlasse, weil er es in der Hand habe, ob und welchen Personen er die Nutzungsmöglichkeit einräume, überzeugt nicht. Während der Mieter sein eigenes Fahrverhalten steuern und damit sein Haftungsrisiko bis zu einem gewissen Grad in Grenzen halten kann, ist dies bei Überlassung des Fahrzeugs an Dritte gerade nicht der Fall. Die Überprüfungsmöglichkeiten bei der Auswahl der Personen, denen er das Fahrzeug überlässt, sind beschränkt und die Einflussnahme auf deren Fahrverhalten begrenzt. Deshalb hat der Mieter ein gesteigertes Interesse, für vorsätzliche oder grob fahrlässige Schadenszuführung durch den Dritten nicht einstehen zu müssen. Gerade um sich vor diesem - für ihn nicht kalkulierbaren - Risiko zu schützen, ist der Mieter bereit, neben dem Entgelt für die Miete einen zusätzlichen Beitrag für seine Haftungsbeschränkung aufzubringen.
Hahne Wagenitz Fuchs Dose Klinkhammer

Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 17.02.2006 - 306 O 52/05 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 08.06.2007 - 14 U 49/06 -

Von den §§ 60 bis 66 kann nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers abgewichen werden.

(1) Abweichend von § 19 Abs. 2 ist bei Verletzung der Anzeigepflicht der Rücktritt des Versicherers ausgeschlossen; der Versicherer kann innerhalb eines Monats von dem Zeitpunkt an, zu dem er Kenntnis von dem nicht oder unrichtig angezeigten Umstand erlangt hat, den Vertrag kündigen und die Leistung verweigern. Der Versicherer bleibt zur Leistung verpflichtet, soweit der nicht oder unrichtig angezeigte Umstand nicht ursächlich für den Eintritt des Versicherungsfalles oder den Umfang der Leistungspflicht war.

(2) Verweigert der Versicherer die Leistung, kann der Versicherungsnehmer den Vertrag kündigen. Das Kündigungsrecht erlischt, wenn es nicht innerhalb eines Monats von dem Zeitpunkt an ausgeübt wird, zu welchem dem Versicherungsnehmer die Entscheidung des Versicherers, die Leistung zu verweigern, zugeht.

(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.

(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.

Von den §§ 60 bis 66 kann nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers abgewichen werden.