Bundesgerichtshof Urteil, 27. Juni 2012 - XII ZR 47/09

bei uns veröffentlicht am27.06.2012
vorgehend
Landgericht München I, 20 O 23268/06, 29.02.2008
Oberlandesgericht München, 20 U 2673/08, 28.01.2009

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 47/09 Verkündet am:
27. Juni 2012
Breskic,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Geschäftsgrundlage einer im Zuge der Trennung erfolgten Zuwendung (hier:
Schenkung) unter Ehegatten kann auch die leibliche Abstammung eines Kindes
vom Ehemann sein, wenn dessen Zuwendung auch dazu bestimmt war, entweder
unmittelbar oder mittelbar den Unterhaltsbedarf des Kindes zu befriedigen.

b) Das Verschweigen der möglichen Nichtvaterschaft des Ehemannes zum Kind
durch die Ehefrau kann eine Anfechtung einer schenkweisen Zuwendung wegen
arglistiger Täuschung begründen (im Anschluss an das Senatsurteil vom
15. Februar 2012 - XII ZR 137/09 - FamRZ 2012, 779).
BGH, Urteil vom 27. Juni 2012 - XII ZR 47/09 - OLG München
LG München I
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 27. Juni 2012 durch den Vorsitzenden Richter Dose und die Richter
Weber-Monecke, Dr. Klinkhammer, Schilling und Dr. Nedden-Boeger

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 28. Januar 2009 aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Oberlandesgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Parteien sind geschiedene Eheleute. Sie streiten im vorliegenden Verfahren wie im vor dem Senat geführten Parallelverfahren (XII ZR 203/09) um die Rückabwicklung von Vermögenszuwendungen, die der Kläger (im Folgenden : Ehemann) während der Ehe an die Beklagte (im Folgenden: Ehefrau) erbrachte.
2
Die Parteien heirateten im Mai 1990. In einem vor der Eheschließung abgeschlossenen Ehevertrag hatten sie Gütertrennung vereinbart und den Versorgungsausgleich sowie nacheheliche Unterhaltsansprüche weitgehend ausgeschlossen. Die bei der Eheschließung vermögenslose Ehefrau gab ihre Be- rufstätigkeit als technische Assistentin auf und widmete sich der Haushaltsführung. Der Ehemann, der alkoholkrank und aufgrund eines Verkehrsunfalls schwerbehindert ist, ging ebenfalls keiner Erwerbstätigkeit nach. Die Parteien lebten vom Vermögen des Ehemanns, welches dieser im Wert von rund 10.000.000 DM geerbt hatte. Im Dezember 1991 gebar die Ehefrau einen Sohn.
3
Die Parteien trennten sich im September 2003. Die Ehe wurde auf den im Mai 2004 zugestellten Scheidungsantrag im Juni 2006 rechtskräftig geschieden. Der Ehemann hat seine Vaterschaft zu dem Sohn angefochten. Durch inzwischen rechtskräftiges Urteil wurde festgestellt, dass er nicht der Vater des Kindes ist.
4
Der Ehemann begehrt die Zahlung von 270.000 € sowie 80.000 € wegen zweier von der Ehefrau vor allem aus seinen Mitteln erworbener Immobilien. Im Jahr 2001 erwarb sie eine Eigentumswohnung zum Preis von 103.000 DM, welche sie später für 80.000 € verkaufte. Ein Hausgrundstück in München erwarb die Ehefrau im Mai 2002 und zog dort mit dem Sohn nach der Trennung ein. Der Ehemann verlangt insoweit den von ihm geleisteten Beitrag von 270.000 € zurück, hilfsweise verlangt er die Übereignung des Grundstücks. Er hat sich darauf berufen, dass er die Zuwendungen ausschließlich in der Erwartung gemacht habe, die eheliche Lebensgemeinschaft werde Bestand haben, und dass nach der Trennung die Geschäftsgrundlage entfallen sei. Nachdem ein im Vaterschaftsprozess vor dem Familiengericht eingeholtes Gutachten ergeben hat, dass er nicht der leibliche Vater des Kindes ist, hat er die Anfechtung der Zuwendungen wegen arglistiger Täuschung erklärt, ferner hat er die Zuwendungen als etwaige Schenkungen wegen groben Undanks widerrufen. Hinsichtlich der hilfsweise beantragten Übereignung des Grundstücks beruft er sich darauf, dass wegen offener Gerichtskosten eine Zwangshypothek eingetragen wurde und die Ehefrau wegen Verstoßes gegen das vertraglich verein- barte Verbot, das Grundstück zu belasten, zu dessen Übertragung an ihn verpflichtet sei.
5
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Ehemanns zurückgewiesen. Dagegen richtet sich dessen vom Senat zugelassene Revision.

Entscheidungsgründe:

6
Die Revision des Ehemanns hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.

I.

7
Nach Auffassung des Berufungsgerichts, dessen Urteil in FamRZ 2009, 1831 veröffentlicht ist, ist eine Rückforderung nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage nicht begründet. Zwar sei diese grundsätzlich möglich, sofern kein güterrechtlicher Ausgleich nach dem gesetzlichen Güterstand erfolge. Auch bestünden Bedenken gegen die Wirksamkeit des Ehevertrages , weil sich im Scheidungsfall eine einseitige Lastenverteilung zum Nachteil der Ehefrau aufdränge. Die Frage könne jedoch dahinstehen, weil die Voraussetzungen einer Rückforderung nicht vorlägen. Die Geldzuwendungen des Ehemanns könnten nicht als ehebezogene Zuwendungen im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs qualifiziert werden. Die Ehefrau habe die Zuwendung im Gegensatz zu anderen in der Ehezeit von den Parteien gemeinsam erworbenen Immobilien dazu verwendet, an der Eigentumswohnung in Augsburg und dem Anwesen in München Alleineigentum zu erwerben. Das sei mit Wissen und Billigung des Ehemanns geschehen. Dass dieser hierbei die Vorstellung oder Erwartung gehegt habe, die eheliche Lebensgemeinschaft werde Bestand haben und er werde innerhalb dieser Gemeinschaft am Vermögenswert der Immobilien weiter teilhaben, habe er weder schlüssig vorgetragen noch unter Beweis gestellt. Die tatsächlichen Umstände deuteten eher auf eine unentgeltliche Zuwendung im Sinne echter Freigebigkeit hin. Die Ehefrau sei zum Zeitpunkt der Zuwendungen vermögenslos sowie ohne eigenes Einkommen gewesen und habe sich ausschließlich um Haushalt und Familie gekümmert. Ausweislich des Ehevertrages habe sie keinerlei Absicherung oder Auskommen gehabt. Nach der Erbschaft des Ehemanns im Wert von ca. 10.000.000 DM habe es vor dem Hintergrund der wirtschaftlich unsicheren Situation der Ehefrau und der zu erwartenden Probleme, nach langjähriger Pause wieder eine Berufstätigkeit aufzunehmen, nahe gelegen, die Ehefrau zumindest in gewissem Umfang abzusichern und diese Zuwendung gerade nicht vom Fortbestand der Ehe abhängig zu machen. Diese Annahme rechtfertige sich insbesondere in Abgrenzung zu den von den Parteien anderweit getroffenen Vermögensanlagen. Die bloße Behauptung der Ehebezogenheit durch den Ehemann sei für deren positive Feststellung nicht ausreichend.
8
Etwas anderes rechtfertige sich auch nicht daraus, dass die Zuwendungen möglicherweise Vermögensteile vor der Verschwendung durch den Ehemann retten sollten. Dies sei vielmehr gerade geeignet gewesen, das Absicherungsbedürfnis für die Ehefrau "durch eigenes, unbedingtes Eigentum" herauszustellen. Soweit der Ehemann hinsichtlich des Objekts in München auf eine Klausel im notariellen Vertrag verweise, nach der die Ehefrau einem Veräußerungs - und Belastungsverbot unterliege und ihm im Fall des Verstoßes ein Übertragungsanspruch zustehe, manifestiere gerade dies die Absicht, die Ehefrau dauerhaft gesichert wissen zu wollen. Dass kein Übertragungsanspruch für den Fall der Scheidung aufgenommen worden sei, mache deutlich, dass es dem Ehemann auf einen dauerhaften Verbleib des Eigentums bei der Ehefrau angekommen sei. Ein diesbezügliches Regelungsbedürfnis hätte sich aufgedrängt , weil die Ehe der Parteien, was der Ehemann nicht in Abrede stelle, in den Jahren 2001/2002 "am Ende" gewesen sei.
9
Dessen ungeachtet habe der Ehemann nicht schlüssig dargetan, dass ihm ein Festhalten am gegenwärtigen Zustand nicht zuzumuten sei. Bei der Gesamtabwägung der Umstände sei ein Festhalten an der bestehenden Vermögensverteilung nicht unbillig, wofür zum einen das erhebliche ererbte Vermögen des Ehemanns zu berücksichtigen sei und zum anderen, dass der Ehefrau bei vollständiger Rückabwicklung weitgehend die wirtschaftliche Basis entzogen würde.
10
Die Frage der ehelichen Abstammung des Sohnes der Ehefrau könne dahinstehen, da dieser Umstand gleichfalls nicht Geschäftsgrundlage der Zuwendungen geworden sei. Die Ehefrau habe bestritten, dass die Zuwendungen im Zusammenhang mit dem Sohn gestanden hätten. Vielmehr sei es ausschließlich um ihre Absicherung als Ehefrau nach 11 Ehejahren gegangen. Die eheliche Abstammung möge Motiv bzw. einseitige Erwartung des Ehemanns bei seinen Zuwendungen gewesen sein, könnte als solche aber keine Geschäftsgrundlage bilden. Ein Schenkungswiderruf scheitere am fehlenden Widerrufsgrund , weil die eheliche Untreue der Schenkung vorausgegangen und nicht nachgefolgt sei. Die Anfechtung der Schenkungen wegen arglistiger Täuschung habe ebenfalls keinen Erfolg. Fraglich sei bereits, ob die Tatsache, dass der Ehemann nicht der Vater des in der Ehezeit geborenen Sohnes sei, im Kontext der Zuwendungen ungefragt offenbarungspflichtig gewesen sei. Dies könne jedoch ebenso offenbleiben wie die Frage der Ursächlichkeit, weil das Verschweigen nicht arglistig gewesen sei. Selbst wenn die Ehefrau im Zeitpunkt der Zuwendung zumindest damit gerechnet oder es billigend in Kauf genommen habe, dass der Ehemann nicht der Vater ihres Sohnes war, habe sie nicht damit rechnen oder es billigend in Kauf nehmen müssen, dass der Ehemann bei entsprechender Offenbarung die Zuwendungen nicht vorgenommen hätte. Der Ehemann habe selbst vorgetragen, dass die Ehe der Parteien in den Jahren der Zuwendungen "am Ende" gewesen sei. Folglich hätte die Offenbarung eines 10 Jahre zurückliegenden Fehltritts und damit der - damals theoretischen - Möglichkeit, dass der Ehemann nicht der Vater des Sohnes sei, keinen entscheidenden Einfluss mehr auf den Fortgang der ohnedies zerrütteten Ehe gehabt.
11
Der hilfsweise geltend gemachte Anspruch auf Übertragung des Anwesens in München sei unbegründet, weil die Ehefrau das Grundstück nicht selbst belastet habe und die Eintragung einer Zwangshypothek dem nicht gleichstehe, weil die Ehefrau darauf keinen Einfluss gehabt habe.

II.

12
Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
13
Aufgrund der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen lässt sich eine Rückforderung wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage - hinsichtlich des Objekts in München - wie auch ein Bereicherungsanspruch nach Anfechtung der Zuwendungen wegen arglistiger Täuschung - hinsichtlich beider Objekte - nicht ausschließen.
14
Die Zuwendungen des Ehemanns bestanden darin, dass er durch seine Kaufpreiszahlungen die Ehefrau von deren Kaufpreisverpflichtungen befreite und zudem ein Ausgleich im Innenverhältnis der Ehegatten als Gesamtschuldner zumindest konkludent ausgeschlossen war.
15
1. Eine Rückforderung der Zuwendungen aufgrund Wegfalls der Geschäftsgrundlage lässt sich hinsichtlich des Objekts in München mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung nicht verneinen.
16
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind Geschäftsgrundlage die nicht zum eigentlichen Vertragsinhalt erhobenen, bei Vertragsschluss aber zutage getretenen gemeinsamen Vorstellungen beider Vertragsparteien sowie die der einen Vertragspartei erkennbaren und von ihr nicht beanstandeten Vorstellungen der anderen vom Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt gewisser Umstände, sofern der Geschäftswille der Parteien auf diesen Vorstellungen aufbaut (BGH Urteil vom 10. September 2009 - VII ZR 152/08 - NZBau 2009, 771, 774; Senatsurteile vom 21. Juli 2010 - XII ZR 180/09 - FamRZ 2010, 1626 Rn. 14 und vom 17. Februar 1993 - XII ZR 232/91 - FamRZ 1993, 1047, 1048 jeweils mwN).
17
a) Das Berufungsgericht hat allerdings das Vorliegen einer ehebezogenen Zuwendung, die nach Scheidung der Ehe eine Rückforderung wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage rechtfertigen könnte, mit Recht verneint.
18
Eine ehebezogene Zuwendung liegt vor, wenn ein Ehegatte dem anderen einen Vermögenswert um der Ehe willen und als Beitrag zur Verwirklichung und Ausgestaltung, Erhaltung oder Sicherung der ehelichen Lebensgemeinschaft zukommen lässt, wobei er die Vorstellung oder Erwartung hegt, dass die eheliche Lebensgemeinschaft Bestand haben und er innerhalb dieser Gemeinschaft am Vermögenswert und dessen Früchten weiter teilhaben werde. Darin liegt die Geschäftsgrundlage der Zuwendung (ständige Senatsrechtsprechung, vgl. Senatsurteil BGHZ 142, 137 = FamRZ 1999, 1580 juris Rn. 23 mwN).
19
Im vorliegenden Fall wurden beide Immobilien erst angeschafft, als die Ehe der Parteien bereits gescheitert ("am Ende") war. Die Immobilien dienten demnach nicht der Verwirklichung der ehelichen Lebensgemeinschaft und sollten auch nicht mittelbar dem Ehemann zugute kommen. Demnach ist das Berufungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass die Zuwendungen gerade nicht vom Fortbestand der Ehe abhängig gemacht werden sollten, sondern dem Zweck dienten, die Ehefrau unabhängig von der Fortdauer der Ehe abzusichern.
20
b) Auch wenn eine Zuwendung im konkreten Fall nicht als ehebezogene Zuwendung, sondern, wie vom Berufungsgericht rechtsfehlerfrei angenommen, als Schenkung zu werten ist, sind auf sie dennoch die Grundsätze des Wegfalls der Geschäftsgrundlage anwendbar (vgl. Senatsurteil BGHZ 184, 190 = FamRZ 2010, 958 Rn. 25 ff.; BGH Urteile vom 8. November 2002 - V ZR 398/01 - FamRZ 2003, 223 und vom 19. Januar 1999 - X ZR 60/97 - FamRZ 1999, 705, 707). Daher ist es auch unter weiteren Gesichtspunkten als der Verwirklichung der ehelichen Lebensgemeinschaft möglich, dass bestimmte Vorstellungen der Parteien von der Verwendung des zugewendeten Vermögensgegenstandes zur Geschäftsgrundlage erhoben werden. Voraussetzung ist hierfür allerdings, dass diese in den Geschäftswillen der Parteien aufgenommen werden und nicht bloß einseitige Erwartungen einer Partei darstellen (vgl. Palandt/Grüneberg BGB 71. Aufl. § 313 Rn. 9 mwN).
21
aa) Demnach lässt sich hinsichtlich des Objekts in München nicht mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung verneinen, dass die leibliche Vaterschaft Geschäftsgrundlage der Zuwendung geworden ist. Das Berufungsgericht hat insoweit zwar die Ehebezogenheit sowie die beabsichtigte Rettung von Vermögensteilen vor Verschwendung durch den Ehemann in Betracht gezogen und jeweils zutreffend verneint. Die Abstammung hat das Berufungsge- richt indessen zu Unrecht als lediglich einseitiges Motiv betrachtet, welches von der Ehefrau nicht in ihren Geschäftswillen aufgenommen worden sei. Es hat insoweit das Vorbringen des Ehemanns nicht berücksichtigt, dass er die Zuwendung unter anderem wegen seines vermeintlich leiblichen Sohnes tätigen wollte, und hat zudem vorliegende Anhaltspunkte in der Vertragsgestaltung außer acht gelassen.
22
Die Vorstellung des Ehemanns, dass er der leibliche Vater sei, war insoweit nicht bloß einseitiges Motiv für seine Zuwendung. Vielmehr bestehen aufgrund der gewählten Vertragsgestaltung deutliche Hinweise darauf, dass die Zuwendung und der durch sie ermöglichte Immobilienkauf auch dem Sohn zugute kommen sollte. Anhaltspunkte dafür ergeben sich daraus, dass aufgrund des im Kaufvertrag zu Gunsten des Ehemanns vereinbarten Veräußerungsund Belastungsverbots die Ehefrau über das Hausgrundstück zu Lebzeiten des Ehemanns nicht verfügen darf. Nicht zuletzt auch in Anbetracht der beabsichtigten Nutzung durch die Ehefrau und deren Sohn liegt es nahe, dass das Hausgrundstück wenigstens mittelbar auch dem Sohn zur Nutzung dienen sollte und die Ehefrau in ihrer Verfügung auch insoweit nicht frei war. Wenngleich die Ehefrau nach der Vertragsgestaltung mit dem Tod des Ehemanns keinen Verfügungsbeschränkungen mehr unterliegen und die Zuwendung daher vorwiegend deren Unterhalt sichern sollte, war der Sohn jedenfalls mittelbar Begünstigter. Außerdem liegt es nahe, dass im Hinblick auf den Wohnbedarf neben dem (Betreuungs -) Unterhalt der Ehefrau auch der Kindesunterhalt teilweise gedeckt werden sollte. Das war für die Ehefrau abgesehen von den sonstigen Absprachen der Parteien auch erkennbar.
23
Damit ist jedenfalls auf der Grundlage des insoweit in der Revisionsinstanz zu unterstellenden Vorbringens des Ehemanns dessen leibliche Vaterschaft zum Sohn der Ehefrau nicht lediglich ein einseitiges Motiv, sondern we- gen des mit der Zuwendung ersichtlich verfolgten Unterhaltszwecks auch deren Geschäftsgrundlage. Dass sich damit die Geschäftsgrundlage gegebenenfalls aus mehreren Aspekten zusammensetzt und wie der Aspekt der leiblichen Vaterschaft zu gewichten ist, ist im Rahmen der Anpassung nach Treu und Glauben zu klären und zu berücksichtigen. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts scheitert eine Rückforderung auch nicht daran, dass dem Ehemann ein Festhalten an der Zuwendung zumutbar wäre. Dass die Zuwendungen nur einen Anteil von 7 % seines anfänglichen ererbten Vermögens ausmachten , steht einer Unzumutbarkeit des Festhaltens an der Zuwendung nicht ohne weiteres entgegen. In die Zumutbarkeitsbetrachtung wäre schließlich ebenfalls einzubeziehen gewesen, dass auch die leibliche Abstammung des Sohnes Geschäftsgrundlage ist.
24
bb) Hinsichtlich der Eigentumswohnung in Augsburg, die bezüglich ihrer Verwendung keinerlei Einschränkungen unterlag, hat das Berufungsgericht demgegenüber die leibliche Abstammung zu Recht nicht als Geschäftsgrundlage der Zuwendung angesehen. Denn insoweit mangelt es an einem auf den Sohn bezogenen beiderseitigen Geschäftswillen der Parteien. Es handelte sich auch nicht um eine einseitige Vorstellung des Ehemanns, die die Ehefrau als anderer Vertragsteil nach Treu und Glauben in ihren Geschäftswillen aufgenommen hat.
25
Dafür fehlt es bei der Wohnung in Augsburg an Anhaltspunkten, so dass die Ehefrau insoweit die Vaterschaft auch nicht konkludent in ihren Geschäftswillen aufgenommen hat. Für die widerrechtliche Einflussnahme auf die Willensbildung verbleibt insoweit nur die Möglichkeit einer Täuschungsanfechtung nach § 123 BGB.
26
2. Das Berufungsgericht hat die vom Ehemann erklärte Anfechtung wegen arglistiger Täuschung (§ 123 BGB) nicht für begründet erachtet, weil dieser für die Voraussetzungen beweisfällig geblieben sei. Das begegnet im Hinblick auf beide vom Ehemann getätigten Zuwendungen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
27
a) Die Ehefrau traf hier eine Pflicht zur ungefragten Offenbarung der Möglichkeit, dass das Kind von einem anderen Mann abstammte.
28
Nach der zur Versagung des Unterhalts nach § 1579 BGB ergangenen Senatsrechtsprechung trifft eine unterhaltsberechtigte Ehefrau ein über den - als solchen nicht offenbarungspflichtigen - Ehebruch hinausgehender Vorwurf, wenn ein während der Ehe geborenes Kind möglicherweise bei dem Ehebruch gezeugt wurde und sie ihren Ehemann in dem Glauben gelassen hat, dass allein er als Vater des Kindes in Frage kommt. Ein solches Verhalten stellt einen gravierenden Eingriff in die persönliche Lebensgestaltung des Ehemannes dar, dessen Verhältnis und Einstellung zu dem Kind und regelmäßig auch zu der Ehe wesentlich von dem Bestehen seiner - leiblichen - Vaterschaft abhängen. Das Verschweigen der möglichen Vaterschaft eines anderen Mannes stellt demnach ein offensichtlich schwerwiegendes Fehlverhalten dar (Senatsurteil vom 15. Februar 2012 - XII ZR 137/09 - FamRZ 2012, 779 Rn. 23 mwN).
29
Aus diesen Gründen trifft den Ehegatten auch bei wesentlich von der familiären Verbundenheit der Beteiligten geprägten Zuwendungen eine Offenbarungspflicht. Zwar geht es bei der vorliegenden Fragestellung nicht um die Entscheidung des Ehegatten für die Fortsetzung der Ehe, sondern um dessen Willensentschluss , dem anderen Ehegatten bei gescheiterter Ehe einen Vermögenswert zukommen zu lassen. Dient dieser indessen dazu, dass durch den Gebrauch des zugewendeten Gegenstandes, seine Erträge oder die mit ihm verbundene Sicherheit eine Unterhalts- oder Vorsorgefunktion erfüllt werden soll, so ist die Frage der leiblichen Abstammung für den Ehemann im Zweifel von wesentlicher Bedeutung und die Möglichkeit einer anderweitigen Abstammung durch die Ehefrau, die allein über die nötige Kenntnis verfügt, offenbarungspflichtig.
30
b) Im Hinblick auf die Voraussetzungen der Arglist sowie der Ursächlichkeit der Täuschung rügt die Revision zu Recht, dass das Berufungsgericht wesentlichen Prozessvortrag des Ehemanns übergangen habe. Dieser hat vorgetragen , dass er die Schenkung unter anderem wegen seines leiblichen Sohnes habe tätigen wollen. Die Ehefrau habe die mögliche Nichtvaterschaft bewusst nicht offenbart, sondern die Zuwendung trotzdem entgegen genommen. Damit hat der Ehemann vorgetragen, dass die Ehefrau Kenntnis von der Möglichkeit seiner fehlenden Vaterschaft gehabt habe. Sowohl für den Vorsatz der Ehefrau als auch für die Ursächlichkeit der Täuschung sprechen außerdem die unstreitigen Tatsachen. Zum einen besteht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass die Ehefrau sich der möglichen Nichtvaterschaft des Ehemanns bewusst war. Dass sie damit rechnete oder darauf hoffte, dass der Ehemann der leibliche Vater sei, steht ihrem Vorsatz nicht entgegen, weil dieser sich nur auf die mögliche Nichtvaterschaft des Ehemanns beziehen muss. Des Weiteren musste die Ehefrau zumindest damit rechnen, dass die Tatsache der leiblichen Abstammung für den Entschluss des Ehemannes, ihr die Zuwendungen zu machen, nicht nur von untergeordneter Bedeutung war.

III.

31
Das Berufungsurteil ist demnach aufzuheben. Der Senat kann in der Sache nicht abschließend entscheiden, weil den Parteien sowohl zur Frage der Geschäftsgrundlage (hinsichtlich des Objekts in München) wie auch zu den Voraussetzungen der Irrtumsanfechtung nach § 123 BGB zunächst Gelegenheit zu ergänzendem Vorbringen und Beweisantritten zu geben ist.
32
Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass die Klage bezüglich des hilfsweise geltend gemachten Anspruchs auf Übertragung des Hausgrundstücks in München mit Recht abgewiesen worden ist. Die Berufung des Ehemanns auf die Belastung des Hausgrundstücks im Wege der zu Gunsten der Gerichtskasse eingetragenen Zwangshypothek erscheint unter den Umständen des vorliegenden Falles, insbesondere der Höhe des Betrages der Zwangshypothek, jedenfalls treuwidrig.
Dose Weber-Monecke Klinkhammer Schilling Nedden-Boeger
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 29.02.2008 - 20 O 23268/06 -
OLG München, Entscheidung vom 28.01.2009 - 20 U 2673/08 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 27. Juni 2012 - XII ZR 47/09

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 27. Juni 2012 - XII ZR 47/09

Referenzen - Gesetze

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 313 Störung der Geschäftsgrundlage


(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kan

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 123 Anfechtbarkeit wegen Täuschung oder Drohung


(1) Wer zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist, kann die Erklärung anfechten. (2) Hat ein Dritter die Täuschung verübt, so ist eine Erklärung, die einem anderen gegenüber

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1579 Beschränkung oder Versagung des Unterhalts wegen grober Unbilligkeit


Ein Unterhaltsanspruch ist zu versagen, herabzusetzen oder zeitlich zu begrenzen, soweit die Inanspruchnahme des Verpflichteten auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes gro
Bundesgerichtshof Urteil, 27. Juni 2012 - XII ZR 47/09 zitiert 4 §§.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 313 Störung der Geschäftsgrundlage


(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kan

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 123 Anfechtbarkeit wegen Täuschung oder Drohung


(1) Wer zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist, kann die Erklärung anfechten. (2) Hat ein Dritter die Täuschung verübt, so ist eine Erklärung, die einem anderen gegenüber

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1579 Beschränkung oder Versagung des Unterhalts wegen grober Unbilligkeit


Ein Unterhaltsanspruch ist zu versagen, herabzusetzen oder zeitlich zu begrenzen, soweit die Inanspruchnahme des Verpflichteten auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes gro

Referenzen - Urteile

Bundesgerichtshof Urteil, 27. Juni 2012 - XII ZR 47/09 zitiert oder wird zitiert von 18 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Urteil, 27. Juni 2012 - XII ZR 47/09 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 08. Nov. 2002 - V ZR 398/01

bei uns veröffentlicht am 08.11.2002

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 398/01 Verkündet am: 8. November 2002 Kirchgeßner, Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ne

Bundesgerichtshof Urteil, 21. Juli 2010 - XII ZR 180/09

bei uns veröffentlicht am 21.07.2010

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XII ZR 180/09 Verkündet am: 21. Juli 2010 Küpferle Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGH
16 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 27. Juni 2012 - XII ZR 47/09.

Bundesgerichtshof Urteil, 18. Juni 2019 - X ZR 107/16

bei uns veröffentlicht am 18.06.2019

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 107/16 Verkündet am: 18. Juni 2019 Zöller Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR:

Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Feb. 2013 - XII ZB 412/11

bei uns veröffentlicht am 20.02.2013

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES BESCHLUSS XII ZB 412/11 Verkündet am: 20. Februar 2013 Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ:

Bundesgerichtshof Urteil, 27. Juni 2012 - XII ZR 203/09

bei uns veröffentlicht am 27.06.2012

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XII ZR 203/09 Verkündet am: 27. Juni 2012 Breskic, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat

Arbeitsgericht München Endurteil, 01. Juli 2015 - 32 Ca 14732/13

bei uns veröffentlicht am 01.07.2015

Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Die Klagepartei trägt die Kosten des Rechtsstreits. 3. Der Streitwert wird festgesetzt auf € 17.520,36. Tatbestand Die Parteien streiten über den Anspruch

Referenzen

(1) Wer zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist, kann die Erklärung anfechten.

(2) Hat ein Dritter die Täuschung verübt, so ist eine Erklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben war, nur dann anfechtbar, wenn dieser die Täuschung kannte oder kennen musste. Soweit ein anderer als derjenige, welchem gegenüber die Erklärung abzugeben war, aus der Erklärung unmittelbar ein Recht erworben hat, ist die Erklärung ihm gegenüber anfechtbar, wenn er die Täuschung kannte oder kennen musste.

(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

(2) Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen.

(3) Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung.

14
Nach ständiger Rechtsprechung sind Geschäftsgrundlage die nicht zum eigentlichen Vertragsinhalt erhobenen, bei Vertragsschluss aber zutage getretenen gemeinsamen Vorstellungen beider Vertragsparteien sowie die der einen Vertragspartei erkennbaren und von ihr nicht beanstandeten Vorstellungen der anderen vom Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt gewisser Umstände, sofern der Geschäftswille der Parteien auf diesen Vorstellungen aufbaut (BGH Urteil vom 10. September 2009 - VII ZR 152/08 - NZBau 2009, 771, 774 m.w.N.). Ist dies hinsichtlich der Vorstellung der Eltern, die eheliche Lebensgemeinschaft des von ihnen beschenkten Schwiegerkindes mit ihrem Kind werde Bestand haben und ihre Schenkung demgemäß dem eigenen Kind dauerhaft zugute kommen, der Fall, so bestimmt sich bei Scheitern der Ehe eine Rückabwicklung der Schenkung nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 398/01 Verkündet am:
8. November 2002
Kirchgeßner,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zum Wegfall der Geschäftsgrundlage bei der Veräußerung eines Grundstücks von
Eltern an ihren Sohn oder ihre Tochter und deren Ehepartner, wenn die Ehe später
scheitert.
BGH, Urt. v. 8. November 2002 - V ZR 398/01 - OLG Bamberg
LG Würzburg
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 8. November 2002 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel und die Richter Tropf, Prof. Dr. Krüger, Dr. Gaier und Dr. SchmidtRäntsch

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Bamberg vom 24. September 2001 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Beklagte war mit der Tochter des Klägers verheiratet. Die Ehe wurde am 17. Dezember 1997 rechtskräftig geschieden.
Mit notariellem Vertrag vom 1. September 1993 verkaufte der Kläger seiner Tochter und dem Beklagten ein Anwesen von rund 1.000 qm mit Wohnhaus und landwirtschaftlicher Fläche in F. für 300.000 DM, zahlbar an die Raiffeisenbank F. zur Ablösung einer
in dieser Höhe valutierenden Buchgrundschuld, die die Erwerber zwecks späterer Kreditaufnahme als Eigentümergrundschuld übernehmen wollten. Die Erwerber wurden zu gleichen Teilen als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen.
Die Parteien streiten darüber, ob es sich bei dem Vertrag um eine gemischte Schenkung oder um einen Kaufvertrag gehandelt hat. Der Kläger meint, jedenfalls habe dem Vertrag die beiderseitige Vorstellung zugrunde gelegen , daß die Ehe seiner Tochter mit dem Beklagten fortbestehe. Nur deswegen habe er den Grundbesitz weit unter Wert veräußert. Nach dem Scheitern der Ehe sei die Geschäftsgrundlage entfallen, und der Beklagte müsse die Hälfte des über den Kaufpreis hinausgehenden Wertes zurückzahlen.
Ausgehend von einem tatsächlichen Wert von 600.000 DM hat der Kläger Zahlung von 150.000 DM nebst Zinsen verlangt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat ihr, gestützt auf einen sachverständig ermittelten Wert des Anwesens von 434.900 DM, in Höhe von 67.450 DM nebst Zinsen stattgegeben. Mit der Revision erstrebt der Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

I.


Das Berufungsgericht läßt dahingestellt, ob es sich bei dem notariellen Vertrag um eine gemischte Schenkung oder um einen Kaufvertrag gehandelt hat. Jedenfalls habe nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäfts-
grundlage eine Vertragsanpassung dahin zu erfolgen, daß der Beklagte die Hälfte der Differenz zwischen dem Kaufpreis und dem Verkehrswert des Kaufgegenstandes nachzuzahlen habe. Aus den Umständen sei nämlich zu schließen , daß der Vertragsgestaltung die für den Beklagten erkennbare Vorstellung des Klägers zugrunde gelegen habe, daß die Ehe seiner Tochter mit dem Beklagten fortdauere. Diese Grundlage sei mit der Scheidung weggefallen.

II.


Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision nicht stand.
1. Die von dem Berufungsgericht getroffenen Feststellungen lassen schon nicht erkennen, ob die Grundsätze des Wegfalls der Geschäftsgrundlage (§ 242 BGB) im Hinblick auf eine bei dem Kläger vorhandene Vorstellung, die Ehe seiner Tochter mit dem Beklagten werde fortbestehen, überhaupt anwendbar sind. Dies kommt in Betracht, wenn dem Beklagten das Grundstück zusammen mit seiner damaligen Frau teilweise unentgeltlich zugewendet wurde , sei es, daß es sich dabei um eine gemischte Schenkung gehandelt hat (vgl. BGH, Urt. v. 19. Januar 1999, X ZR 60/97, NJW 1999, 1623, 1624 f), sei es, daß es um eine mit Rücksicht auf die Ehe mit der Tochter und zur Begünstigung des ehelichen Zusammenlebens in einem Familienheim gemachte Zuwendung geht, die nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes nach den Regeln über ehebezogene (sog. unbenannte) Zuwendungen unter Ehegatten zu behandeln ist (BGHZ 129, 259, 264 ff; BGH, Urt. v. 4. Februar 1998, XII ZR 160/96, FamRZ 1998, 669, 670). Das Berufungsgericht hat indes die Frage, ob eine gemischte Schenkung vorliegt, nicht geklärt und auch keine
Feststellungen dazu getroffen, ob von einer objektiv unentgeltlichen Zuwen- dung zur dauerhaften wirtschaftlichen Sicherung oder Förderung der ehelichen Lebensgemeinschaft auszugehen ist. Ohne Feststellungen hierzu bleibt aber die Annahme, der Kläger habe – für den Beklagten erkennbar – seine Entschließung auf der Vorstellung aufgebaut, daß die Ehe seiner Tochter mit dem Beklagten fortdauere, ohne Grundlage. Denn bei einem "reinen Kaufvertrag", von dem nach den Ausführungen des Berufungsgerichts revisionsrechtlich auszugehen ist, scheidet eine Vertragsanpassung nach den Regeln über den Wegfall der Geschäftsgrundlage zwar nicht generell aus. Doch gibt es nach den bislang getroffenen Feststellungen keinen Anhaltspunkt dafür, daß der Fortbestand der Ehe Geschäftsgrundlage des Vertrages war. Die vertraglichen Leistungen sind vereinbarungsgemäß erbracht worden. Etwaige Störungen des Äquivalenzverhältnisses bleiben bis zur Grenze des § 138 BGB unbeachtlich. Nur wenn eine unentgeltliche Zuwendung an den Beklagten unterstellt wird, kommt nach den hier vorliegenden Umständen die Vorstellung von einem Fortbestehen der Ehe als Geschäftsgrundlage des Vertrages ernsthaft in Betracht.
2. Schon aus diesem Grund hat das angefochtene Urteil keinen Bestand. Das Berufungsgericht wird zunächst zu klären haben, ob die Veräußerung des Grundstücks nach dem Willen der Parteien als eine teilweise unentgeltliche Zuwendung an den Beklagten anzusehen ist, sei es als (gemischte) Schenkung, sei es als sog. unbenannte Zuwendung. Bei dieser Frage können die Überlegungen eine Rolle spielen, die das Berufungsgericht zur Begründung seiner Auffassung angestellt hat, daß der Fortbestand der Ehe der Tochter des Klägers Geschäftsgrundlage der Grundstücksveräußerung gewesen sei. Die dazu bislang getroffenen Feststellungen können der Entscheidung indes nicht
zugrunde gelegt werden, da sie – wie die Revision zu Recht rügt – rechts- und verfahrensfehlerhaft sind.
Das Berufungsgericht stützt seine Würdigung unter anderem auf den Vortrag des Beklagten, Anlaß für den Verkauf durch den Kläger sei die Notwendigkeit der Ablösung von Bankverbindlichkeiten gewesen. In einer solchen Situation versuche man, einen möglichst hohen Preis zu erzielen. Wenn sich der Kläger hier mit einem besonders niedrigen Preis zufrieden gegeben habe, so spreche das dafür, daß der Kläger von der Vorstellung ausgegangen sei, die Ehe seiner Tochter habe Bestand. Dies habe auch der Beklagte erkannt.
Hierbei verkennt das Berufungsgericht die ambivalente Bedeutung des von ihm bewerteten Umstands. Zwar ist es richtig, daß derjenige, der drängende Schulden abtragen muß, durch einen Verkauf einen möglichst hohen Preis erzielen möchte. Die Erfahrung zeigt indes, daß solchen Notverkäufen häufig ein besonders günstiger Preis eigen ist. Mit dieser naheliegenden Möglichkeit hat sich das Berufungsgericht nicht auseinandergesetzt.
Hinzu kommt, daß das Berufungsgericht die Darlegungslast verkannt hat. Für die Umstände, auf die die Anwendung der Regeln über den Wegfall der Geschäftsgrundlage gestützt werden soll, ist derjenige darlegungs- und beweispflichtig, der sich darauf beruft (vgl. nur Baumgärtel/Strieder, Handbuch der Beweislast im Privatrecht, 2. Aufl., § 242 Rdn. 17 m.w.N.). Wenn also das Berufungsgericht seine Wertung auf Vortrag des Beklagten stützt, so hätte dies zunächst einmal vorausgesetzt, daß sich der darlegungs- und beweisbelastete Kläger diesen Vortrag wenigstens hilfsweise zu eigen gemacht hätte. Dazu trifft das Berufungsgericht keine Feststellungen. Vor allem aber hätte es aus dem
Vorbringen des Beklagten nicht nur den Hinweis auf den Anlaß des Verkaufs zugrunde legen dürfen, ohne die weiter in diesem Zusammenhang vorgetragenen Umstände zu berücksichtigen. Diese aber legen die Annahme, daß es sich im vorliegenden Fall um einen Notverkauf zu besonders günstigen Bedingungen gehandelt hat, besonders nahe. Danach soll der Kläger das Grundstück nämlich deshalb verkauft haben, weil er die Tilgungsraten für laufende Darlehen nicht mehr habe aufbringen können. Dabei sei der Notverkauf an ihn, den Beklagten, und die Tochter des Klägers vor allem deswegen vorgenommen worden, weil bei einem Verkauf an außenstehende Dritte die finanzielle Notlage offenbar geworden wäre, was der Reputation des Geschäfts des Klägers geschadet hätte. Diesen Vortrag hat das Berufungsgericht übergangen.
Vor diesem Hintergrund verliert zudem das ohnehin nur schwache Argument des Berufungsgerichts an Bedeutung, daß nämlich das nahe Angehörigenverhältnis für die Annahme spreche, Geschäftsgrundlage für den Verkauf sei der Fortbestand der Ehe gewesen. Denn abgesehen davon, daß ohnehin nicht jedem Geschäft mit nahen Angehörigen eine solche oder ähnliche Vermutung inne wohnt und daß auch die Erwähnung der verwandtschaftlichen Beziehung des Beklagten im Vertrag ("Schwiegersohn") insoweit wenig aussagekräftig ist (vgl. auch BGH, Urt. v. 19. Januar 1999, X ZR 60/97, NJW 1999, 1623, 1624 f), so läßt der Vortrag des Beklagten andere Motive in den Vordergrund rücken als die einer Zuwendung, die der Sicherung der Ehe der Tochter des Klägers dienen sollte.

III.


Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, daß hinsichtlich der Frage, ob das Grundstück unter Wert veräußert wurde, die Rüge der Revision , Vortrag des Beklagten sei übergangen worden, unbeachtlich ist. Der Umstand , daß im Zeitpunkt der Veräußerung auf dem Grundstück eine in Höhe von 300.000 DM valutierende Grundschuld lastete, ist für die Bestimmung des Preis-Leistungs-Verhältnisses ohne Bedeutung. Es mag allerdings den Vortrag des Beklagten stützen, daß es den Parteien in erster Linie um die Ablösung der den Kläger drängenden Schulden gegangen sei, entsprach doch der Preis genau der Summe, die zur Ablösung der Grundschuld bzw. deren Übernahme als Eigentümergrundschuld erforderlich war.
Unzutreffend ist auch die Annahme der Revision, der Anwendung der Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage stünden auch die Erwägungen des Bundesgerichtshofs entgegen, wonach der Beklagte vor einer zweimaligen Inanspruchnahme zu bewahren sei, einmal im Verhältnis zum Zuwendenden durch Vertragsanpassung nach § 242 BGB und einmal im Verhältnis zu dem geschiedenen Ehepartner durch Zugewinnausgleichsansprüche (BGH, Urt. v. 12. April 1995, XII ZR 58/94, NJW 1995, 1889). Zum einen trägt der Beklagte schon nicht vor, daß er durch eine Bewertung unentgeltlicher Zuwendungen im Zusammenhang mit dem Grundstückserwerb Zugewinnausgleichsansprüchen seiner früheren Ehefrau ausgesetzt ist oder war. Zum ande-
ren besteht die Lösung des Problems nicht darin, die Möglichkeit der Vertragsanpassung nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage generell auszuschließen (vgl. BGH, aaO).
Wenzel Tropf Krüger Gaier Schmidt-Räntsch

(1) Wer zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist, kann die Erklärung anfechten.

(2) Hat ein Dritter die Täuschung verübt, so ist eine Erklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben war, nur dann anfechtbar, wenn dieser die Täuschung kannte oder kennen musste. Soweit ein anderer als derjenige, welchem gegenüber die Erklärung abzugeben war, aus der Erklärung unmittelbar ein Recht erworben hat, ist die Erklärung ihm gegenüber anfechtbar, wenn er die Täuschung kannte oder kennen musste.

Ein Unterhaltsanspruch ist zu versagen, herabzusetzen oder zeitlich zu begrenzen, soweit die Inanspruchnahme des Verpflichteten auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes grob unbillig wäre, weil

1.
die Ehe von kurzer Dauer war; dabei ist die Zeit zu berücksichtigen, in welcher der Berechtigte wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes nach § 1570 Unterhalt verlangen kann,
2.
der Berechtigte in einer verfestigten Lebensgemeinschaft lebt,
3.
der Berechtigte sich eines Verbrechens oder eines schweren vorsätzlichen Vergehens gegen den Verpflichteten oder einen nahen Angehörigen des Verpflichteten schuldig gemacht hat,
4.
der Berechtigte seine Bedürftigkeit mutwillig herbeigeführt hat,
5.
der Berechtigte sich über schwerwiegende Vermögensinteressen des Verpflichteten mutwillig hinweggesetzt hat,
6.
der Berechtigte vor der Trennung längere Zeit hindurch seine Pflicht, zum Familienunterhalt beizutragen, gröblich verletzt hat,
7.
dem Berechtigten ein offensichtlich schwerwiegendes, eindeutig bei ihm liegendes Fehlverhalten gegen den Verpflichteten zur Last fällt oder
8.
ein anderer Grund vorliegt, der ebenso schwer wiegt wie die in den Nummern 1 bis 7 aufgeführten Gründe.

(1) Wer zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist, kann die Erklärung anfechten.

(2) Hat ein Dritter die Täuschung verübt, so ist eine Erklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben war, nur dann anfechtbar, wenn dieser die Täuschung kannte oder kennen musste. Soweit ein anderer als derjenige, welchem gegenüber die Erklärung abzugeben war, aus der Erklärung unmittelbar ein Recht erworben hat, ist die Erklärung ihm gegenüber anfechtbar, wenn er die Täuschung kannte oder kennen musste.