Landgericht Aschaffenburg Urteil, 12. Mai 2016 - Ks 104 Js 5210/15

bei uns veröffentlicht am12.05.2016

Gericht

Landgericht Aschaffenburg

Tenor

1. Der Angeklagte xxx ist schuldig des Mordes in Tateinheit mit Schwangerschaftsabbruch und wird deswegen zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt.

2. Die Schuld des Angeklagten xxx wiegt besonders schwer.

3. Der Angeklagte xxx ist schuldig der Beihilfe zum Mord und zum Schwangerschaftsabbruch und wird deswegen zu einer Freiheitsstrafe von 5 Jahren und 6 Monaten verurteilt.

4. Die Angeklagten tragen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen der Nebenkläger xxx und xxx

Angewandte Vorschriften:

Für den Angeklagten xxx:

§§ 211 Absatz 1 und 2, 218 Absatz 1 Satz 1, 52, 57 a Absatz 1 Nummer 2 StGB Für den Angeklagten xxx:

§§ 211 Absatz 1 und 2, 218 Absatz 1 Satz 1, 27, 28, 49, 52 StGB

Gründe

(abgekürzt gem. § 267 Absatz 4 StPO)

Die Kammer hat den zur Tatzeit 31-jährigen, nicht vorbestraften Angeklagten Jens M. wegen Mordes an der zum Tatzeitpunkt 24 Jahre alten Rebecca W. zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Zwischen dem Angeklagten M. und Rebecca W. kam es seit dem Jahr 2010 zu wiederholten intimen Kontakten, letztmals anlässlich der sog. „Gickelskerb“, einer Festveranstaltung in Aschaffenburg-Strietwald im September 2014. Dabei wurde Rebecca W. schwanger. Der Angeklagte M., der seit dem Jahr 2002 in einer festen Beziehung mit seiner späteren Ehefrau lebte und Vater eines im Jahr 2012 geborenen Sohnes ist, fürchtete, dass er im Fall des Bekanntwerdens seiner Vaterschaft sein Verhältnis zu Rebecca W. nicht mehr vor seiner Ehefrau würde verheimlichen können. Der Angeklagte M., der zu seinen eigenen Eltern seit vielen Jahren keinerlei Kontakt hatte, gleichwohl zu seiner Ehefrau und dem gemeinsamen Sohn sowie zu den Schwiegereltern ein inniges Verhältnis pflegte, wollte daher keinesfalls die Geburt des mit Rebecca W. gezeugten Kindes. Nachdem Rebecca W. dem wiederholten Ansinnen des Angeklagten M., das ungeborene Kind auf seine Kosten abtreiben zu lassen, ablehnte, reifte im Angeklagten M. die Vorstellung, Rebecca W. noch vor Geburt des Kindes -der Entbindungstermin sollte am 26.05.2015 sein - zu töten. In diese Überlegung weihte der Angeklagte M. Ende April oder Anfang Mai 2015 seinen guten und langjährigen Freund, den damals 25-jährigen, nicht vorbestraften Angeklagten xxx E. ein. Der Angeklagte E., der über die Schwangerschaft der ihm unbekannten Rebecca W. und die Beweggründe des Angeklagten M. von diesem informiert worden war, weitere Einzelheiten hinsichtlich der durch den Angeklagten M. geplanten Tötung der Schwangeren jedoch nicht kannte, erklärte sich aufgrund seiner tiefen Freundschaft zu dem Angeklagten M. bereit, diesem für den Fall der Tatausführung sein Auto zu überlassen und dem Angeklagten M. für die Tatzeit ein Alibi gegenüber der Polizei zu geben, was er später auch tat. Spätestens am Vormittag des 13.05.2015 entschloss sich der Angeklagte M. endgültig zur Tötung von Rebecca W.. Entsprechend seines vorgefassten Tatplanes fuhr er am frühen Nachmittag des 13.05.2015 mit dem ihm von dem Angeklagten E. zuvor überlassenen Fahrzeug Suzuki Swift zur Wohnung von Rebecca W.. Dort gelang es ihm, die damals hochschwangere Rebecca W. zu überreden, mit ihm zu einem Waldstück in Aschaffenburg-Strietwald zu fahren, wo er sie, wie von ihm geplant, zu einem schmalen Waldweg führte. Entsprechend seiner vorgefassten Absicht tötete der Angeklagte M. Rebecca W., die mit Angriff durch den Angeklagten M. zu keinem Zeitpunkt rechnete, indem er sie zunächst mit dem Händen würgte und anschließend mit einem eigens hierfür mitgeführten Kabelbinder bis zum endgültigen Todeseintritt erdrosselte. In der Folge verstarb auch, wie von dem Angeklagten M. beabsichtigt, das ungeborene Kind im Mutterleib von Rebecca W..

Der Angeklagte E., der sich bereits im Ermittlungsverfahren geständig gezeigt und den Angeklagten M. als Täter benannt hatte, räumte in der Hauptverhandlung ein, dem Angeklagten M. vor dessen Tat seine Unterstützung durch das Überlassen seines Fahrzeugs und das Verschaffen eines Alibis zugesagt zu haben.

Der Angeklagte M., den bei der Tat niemand unmittelbar beobachtet hatte, hat in der Hauptverhandlung, wie zuvor bereits im Ermittlungsverfahren, die objektive Tötungshandlung eingestanden, jedoch angegeben, die Tötung nicht zuvor geplant, sondern aufgrund eines spontanen Entschlusses begangen zu haben. Die Kammer hat sich darüber hinaus davon überzeugt, dass der Angeklagte M. vorsätzlich, heimtückisch und aus sonstigen niedrigen Beweggründen handelte.

Beraten durch den Sachverständigen Prof. Dr. Saß ist die Kammer zudem zu der Überzeugung gelangt, dass der Angeklagte M., auch unter Berücksichtigung seines vorherigen Amphetaminkonsums, während der Tat weder in seiner Einsichts- noch seiner Steuerungsfähigkeit erheblich eingeschränkt war. Eine Aufhebung der Einsichtsfähigkeit oder eine Einschränkung oder gar Aufhebung der Steuerungsfähigkeit konnte die Kammer, beraten durch den Sachverständigen Prof. Dr. Foerster, auch hinsichtlich des Angeklagten E., der ebenfalls seit vielen Jahren Betäubungsmittel konsumiert hatte, nicht feststellen.

Die Kammer, die hinsichtlich des Angeklagten M. auf eine lebenslange Freiheitsstrafe erkannte, hat unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls festgestellt, dass die Schuld des Angeklagten M. trotz seines Geständnisses und einer Anerkennung von Schmerzensgeldansprüchen gegenüber den Eltern von Rebecca W. besonders schwer wiegt. Bezüglich des Angeklagten E. sah die Kammer, die in seiner Person kein eigenes Mordmerkmal festgestellt hat, für dessen Unterstützungshandlungen eine Freiheitsstrafe von 5 Jahren und 6 Monaten als tat- und schuldangemessen an.

A. Zu den persönlichen Verhältnissen der beiden Angeklagten

I. Zu dem Angeklagten xxx

Der heute 32-jährige Angeklagte xxx ist am 26.03.1984 unter dem Familiennamen B. in Meiningen ehelich geboren worden und dort in der elterlichen Familie zusammen mit seiner fünf Jahre älteren Halbschwester Silke aufgewachsen. Zu seinem heute 58-jährigen Vater hatte der Angeklagte während seiner Kindheit nur wenig Kontakt, da dieser aufgrund seiner Tätigkeit als Lkw-Fahrer nur sehr selten zu Hause war. Nach der innerdeutschen Grenzöffnung zog der Vater des Angeklagten zunächst allein in den Landkreis Aschaffenburg, wo er für eine Spedition arbeitete. Die heute 57-jährige Mutter, von Beruf Köchin, litt zu dieser Zeit unter einer schwerwiegenden Alkohol- und Medikamentenabhängigkeit. Diese äußerte sich zunächst darin, dass sie des Öfteren betrunken von der Arbeit nach Hause gekommen war, in der Folge auch zu Hause und in Anwesenheit ihrer Kinder erhebliche Mengen von Alkohol, insbesondere Wodka, konsumierte und schließlich aufgrund ihres stetigen Alkoholkonsums weder ihrer beruflichen Tätigkeit nachkam, noch sich um Angelegenheiten der Haushaltsführung und der Kindeserziehung kümmern konnte. Letzteres wurde von der Schwester des Angeklagten übernommen, die für diesen zur einzigen Bezugsperson wurde und für ihn die Rolle einer Ersatzmutter einnahm. Ende des Jahres 1990/ Anfang 1991 zog die Familie schließlich zu dem Vater nach Heigenbrücken. Die Mutter des Angeklagten, die noch vor dem Umzug in Hildburghausen eine mehrwöchige Entzugstherapie erfolgreich absolviert hatte, lebte fortan abstinent und ging auch wieder einer beruflichen Tätigkeit nach. Der Angeklagte, der bereits in Meiningen eingeschult worden war, wechselte auf die Grundschule Heigenbrücken. Noch während der Grundschulzeit des Angeklagten zog die Familie in den Aschaffenburger Stadtteil Strietwald, wo der Angeklagte die dortige Hauptschule besuchte. Im Jahr 1996 zog die Schwester des Angeklagten aus dem elterlichen Haushalt aus. Der Angeklagte litt zwar zunächst unter der Trennung, fand sich in der Folge aber auch ohne seine Schwester als Bezugsperson im häuslichen Umfeld gut zurecht. Die Hauptschule beendete der Angeklagte im Jahr 2000 im Alter von 16 Jahren ohne Abschluss. Der Angeklagte begann nunmehr erstmals im Freundeskreis mit dem Konsum von Betäubungsmitteln. Er rauchte rasch mehrmals täglich und für die Dauer der kommenden neun Jahre Marihuana in einer Dosis von 1 bis 2 Gramm. Im Anschluss an seine Schulzeit absolvierte der Angeklagte erfolgreich eine dreijährige Ausbildung zum Estrichleger bei der Firma F. in Aschaffenburg-Strietwald. Während seiner Ausbildung lernte der Angeklagte seine spätere Ehefrau, die zwei Jahre jüngere, heutige Arzthelferin Christina M. kennen. Bis zum Jahr 2008 war der Angeklagte sodann zunächst als Angestellter und später auf selbständiger Basis im Bereich Fußbodentechnik tätig. Anschließend wechselte der Angeklagte die Branche und wurde Paketfahrer, zunächst bei der Firma DHL, später bei der Firma DPD, wo er auch seinen LKW-Führerschein erwarb. Ende des Jahres 2011 wechselte der Angeklagte zu dem im Bereich Müllentsorgung tätigen Unternehmen Werner. Am 20.06.2012 wurde der gemeinsame Sohn Jonas des Angeklagten und seiner damaligen Lebensgefährtin Christina M. geboren.

Im Juni 2014 heiratete der Angeklagte seine Lebensgefährtin sowohl standesamtlich als auch kirchlich. Der Angeklagte hatte ein sehr inniges Verhältnis zu seinen Schwiegereltern, die das Paar sowohl finanziell unterstützten als auch bei dessen Umzug in eine neue Wohnung im Februar 2015 behilflich waren. Hingegen konnte der Angeklagte zu seinen eigenen Eltern aufgrund der Erfahrungen in seiner Kindheit keine enge Beziehung mehr aufbauen. Der Kontakt zu seinen Eltern brach bereits vor der Hochzeit des Angeklagten, an der seine Eltern nicht teilnahmen, völlig ab. Zudem hatte der Angeklagte erst kurz vor seiner Hochzeit erfahren, dass der leibliche Vater seiner Schwester Silke nicht der Vater des Angeklagten ist, was den Angeklagten zusätzlich kränkte. Der Angeklagte nahm aufgrund des belasteten Verhältnisses zu seinen Eltern mit der Heirat den Familiennamen seiner Ehefrau an.

Im Juli 2014 wechselte der Angeklagte zu der Spedition A.S. in Stockstadt am Main. Dort war er bis zu seiner vorläufigen Festnahme als Lkw-Fahrer angestellt, wo er aufgrund der besseren Vereinbarkeit mit dem Familienleben für Nachtfahrten eingesetzt war. Zusätzlich arbeitete der Angeklagte samstags weiterhin bei der Firma DPD als Paketesortierer, um hierdurch sein monatliches Einkommen zu erhöhen. Beginnend mit seiner Tätigkeit als Fahrer bei der Spedition Schuck nahm der Angeklagte erstmals Amphetamin zu sich. In der Folge steigerte er den zunächst lediglich auf die Wochenenden beschränkten Konsum von Amphetamin in einer Dosis von 1 Gramm. So konsumierte der Angeklagte dieses zuletzt mehrfach in der Woche, ohne dass es hierdurch jedoch zu seiner Beeinträchtigung in seiner Lebensführung, insbesondere in seiner Tätigkeit als Lkw-Fahrer kam.

Die in vorliegender Sache mit Haftbefehl des Amtsgerichts Aschaffenburg vom 17.05.2015 (Az. 306 Gs 643/15) angeordnete Untersuchungshaft gegen den am 16.05.2015 festgenommenen Angeklagten dauerte ohne Unterbrechung bis zur Hauptverhandlung an. Die Ehe des nicht vorbestraften Angeklagten wurde während seiner Inhaftierung geschieden. Zu seiner Ehefrau und dem gemeinsamen Sohn, die weiterhin in der zuletzt auch von dem Angeklagten genutzten Wohnung in der […] Sailauf leben, besteht seit der Festnahme kein Kontakt.

II. Zu dem Angeklagten xxx

Der heute 26-jährige Angeklagte xxx wurde am 11.07.1989 als einziges gemeinsames Kind seiner verheirateten Eltern Axel und Christine E. in Aschaffenburg geboren. Der 55-jährige Vater des Angeklagten ist gelernter Programmierer. Die 63-jährige Mutter des Angeklagten ist als Haushaltshilfe tätig. Aus einer früheren Beziehung seiner Mutter entstammen die beiden Halbbrüder des Angeklagten, der 13 Jahre ältere Timo E. sowie der 9 Jahre ältere Kai E.. Der Angeklagte wuchs im familiären Umfeld in Aschaffenburg-Strietwald auf. Nach regelkonformer Einschulung beendete der Angeklagte die Schulzeit im Jahr 2005 mit dem qualifizierenden Hauptschulabschluss. Bereits während seiner Schulzeit im Alter von 13 Jahren begann der Angeklagte erstmals Betäubungsmittel in Form von Cannabis zu konsumieren. Der Angeklagte rauchte in den Folgejahren etwa 1 bis 2 Gramm Cannabis täglich.

Nach Abschluss der Schulzeit absolvierte der Angeklagte eine Lehre als Kfz-Mechatroniker bei der Firma O.B. in Aschaffenburg, wo er bis zum Jahr 2011 als Geselle arbeitete. Im selben Jahr lernte der Angeklagte die Zeugin C.L. kennen, mit der er eine 2-jährige Beziehung führte, ohne dass das Paar allerdings zusammenwohnte. Am 23.03.2013 wurde die gemeinsame Tochter Maxime des Angeklagten und seiner damaligen Lebensgefährtin L. geboren. Kurz darauf trennte sich das Paar. Der Angeklagte, der inzwischen bei der Firma S.M. arbeitete, musste im Anschluss gerichtlich gegen seine ehemalige Lebensgefährtin vorgehen, um sein Umgangsrecht für die gemeinsame Tochter durchzusetzen. In der Folge kam es zu wöchentlichen Treffen des Angeklagten mit der Zeugin L. und Maxime, für die die Zeugin das alleinige Sorgerecht hat. Bis heute leidet der Angeklagte psychisch unter der Trennung von seiner Tochter. Dem Angeklagten, dem es seit dem Jahr 2008 gelungen war, seinen Cannabiskonsum deutlich auf wenige Male pro Jahr zu beschränken, begann nunmehr erneut mit dem verstärkten Konsum von Cannabis, dieses Mal in einer Dosis von drei bis vier Joints monatlich. Überdies begann er ab dem Jahr 2013 mit dem Konsum von Amphetamin, welches er an den Wochenenden in einer Dosis von 1 bis 2 Gramm zu sich nahm.

Nachdem dem Angeklagten zum 30.10.2014 gekündigt worden war, war er fortan arbeitslos. Der Angeklagte erhöhte nunmehr seinen Betäubungsmittelkonsum. Er konsumierte täglich Cannabis in Form von 1 bis 2 Joints sowie zusätzlich 1 bis 2 Gramm Amphetamin, ohne dass es bei dem Angeklagten hierdurch im Alltag zu einer körperlichen Beeinträchtigung gekommen war. Dieses Konsummuster behielt er bis zu seiner Festnahme bei, wobei er regelmäßig montags auf einen Konsum verzichtete im Hinblick auf den stets dienstags stattfindenden Umgang mit seiner Tochter. Der Angeklagte, der über einen großen Freundeskreis verfügt und dort für seine Hilfsbereitschaft und Kameradschaft sehr geschätzt wird, ist hobbymäßig ein großer Auto- und Motorradfan. Er betrieb zuletzt in der Garage seines Elternhauses eine Reparaturwerkstatt, wo er für Freunde, Bekannte und Familienmitglieder Kraftfahrzeuge instand setzte. Der Angeklagte beabsichtigte, ab Oktober 2015 die Meisterschule zu besuchen, wofür er sich bereits angemeldet hatte. Der ledige und nicht vorbestrafte Angeklagte wohnte bis zu seiner Festnahme in seinem Elternhaus in […] Aschaffenburg.

Die in vorliegender Sache mit Haftbefehl des Amtsgerichts Aschaffenburg vom 17.05.2015 (Az. 306 Gs 644/15) angeordnete Untersuchungshaft gegen den am 16.05.2015 festgenommenen Angeklagten dauerte ohne Unterbrechung bis zur Hauptverhandlung an. Der Kontakt zu seinen Eltern und den weiteren Familienmitglieder besteht fort.

B. Zu den Feststellungen hinsichtlich des Tatgeschehens

I. Zur Vorgeschichte

Der Angeklagte M. lebte seit 2002 in einer festen Beziehung mit seiner späteren Ehefrau Christina, die er im Juni 2014 heiratete und mit der er einen im Jahr 2012 geborenen gemeinsamen Sohn Jonas hat. Im Jahr 2010 lernte er die am 29.07.1990 geborene Rebecca W. kennen, mit der er in der Folgezeit auch wiederholt sexuelle Kontakte unterhielt.

Zwischen dem 05.09. und 08.09.2014 traf der Angeklagte M. bei einem Besuch der während dieses Zeitraums in Aschaffenburg-Strietwald stattfindenden „Gickelskerb“ wieder auf Rebecca W., mit der er bei dieser Gelegenheit einvernehmlich den Geschlechtsverkehr ausübte. Dabei wurde Rebecca W. schwanger und erwartete ein Kind, das voraussichtlich am 26.05.2015 zur Welt kommen sollte. Als Rebecca W. dem Angeklagten M. Ende des Jahres 2014 mitteilte, dass sie schwanger sei und der Angeklagte als Vater in Betracht käme, forderte er Rebecca W. mehrfach auf, das Kind auf seine Kosten abtreiben zu lassen. Rebecca W. lehnte jedoch einen Schwangerschaftsabbruch ab und kündigte an, die Vaterschaft des Angeklagten M. erforderlichenfalls mit Hilfe des Jugendamts feststellen zu lassen. Der Angeklagte M. sah durch die ihm drohenden Unterhaltszahlungen für das Kind und die damit verbundenen finanziellen Belastungen nicht nur eine dauerhafte erhebliche Einschränkung seiner persönlichen Lebensumstände auf sich zukommen. Er befürchtete insbesondere, dass seine Ehefrau Christina von der außerehelichen Beziehung zu Rebecca W. sowie deren durch ihn verursachten Schwangerschaft erfahren und sich deshalb von ihm trennen würde. Im Falle der Trennung befürchtete der Angeklagte M. auch den Verlust seines bisher erreichten sozialen Status.

Der Angeklagte M., der letztmals am 26.03.2015 per sms Kontakt zu Rebecca W. hatte, überlegte spätestens ab diesem Zeitpunkt, wie er ein Bekanntwerden seiner ungewollten Vaterschaft verhindern könnte. Hierbei nahm in seiner Vorstellung auch zunehmend eine gewaltsame Verhinderung der Geburt Raum ein.

Nachdem der Angeklagte M. zu einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt zu Beginn des Jahres 2015 seinem guten Freund, den Angeklagten B.E., den er bereits aus seiner Schulzeit seit etwa 15 Jahren kannte, über die Schwangerschaft der dem Angeklagten E. unbekannten Rebecca W. und die hierfür maßgeblichen Hintergründe informiert hatte, fanden bis Ende April 2015 mehrere Gespräche zwischen den beiden Angeklagten statt, im Rahmen derer sie über eine Lösung dieser für den Angeklagten M. als äußerst belastend empfundenen Situation diskutierten. Im Verlauf eines dieser, meist im Fitness-Studio „Mc Fit“ in Aschaffenburg geführten Gespräche äußerte der Angeklagte M., dass entweder Rebecca W. oder er selbst gehen müsse. Der Angeklagte E. schlug in diesem oder einem anderen Gespräch mit dem Angeklagten M. vor, dass dieser Rebecca W. die Treppe herabstoßen solle, wobei nicht festgestellt ist, ob sich die Vorstellung des Angeklagten E. hier auf einen Schwangerschaftsabbruch bezog oder auch die Tötung von Rebecca W. erfasste.

II. Zum eigentlichen Tatgeschehen

Der Angeklagte M. erkannte, dass aufgrund des bald bevorstehenden Geburtstermins ein mögliches Bekanntwerden seiner Vaterschaft unmittelbar bevorstehen würde. Um dies zu verhindern und den Bestand seiner Ehe sowie die bei deren Scheitern ebenfalls beeinträchtigte - ihm sehr wichtige - Beziehung zu seinem Sohn Jonas nicht zu gefährden, entschloss sich der Angeklagte M. nunmehr, Rebecca W. noch vor der Geburt ihres Kindes zu töten und die Leiche mit dem Embryo zwecks Verhinderung der Feststellung seiner Vaterschaft dauerhaft verschwinden zu lassen.

In Vorbereitung der geplanten Tat weihte der Angeklagte M. zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt Ende April oder Anfang Mai 2015 unter Hinweis auf die immer knapper werdende Zeit im Rahmen eines persönlichen Gesprächs den Angeklagten E. in sein Vorhaben und die dafür maßgeblichen Gründe ein. Der Angeklagte E., der sich aufgrund der langjährigen Freundschaft zu dem Angeklagten M. heraus diesem gegenüber zu einer Unterstützung verpflichtet fühlte, erklärte sich dem Angeklagten M. gegenüber bereit, ihm für dessen Tatausführung seinen Pkw Suzuki Swift zu überlassen sowie durch Bestätigung eines angeblich gemeinsam durchgeführten Trainings im Fitnessstudio „Mc Fit“ im Anwesen Schönbornstraße 4 in Aschaffenburg ein eventuell erforderliches Alibi für die Tatzeit zu beschaffen.

Am Freitag, den 08.05.2015 vereinbarte der Angeklagte M. mit dem Angeklagten E. ein gemeinsames Treffen im Fitness-Studio „Mc Fit“ für den kommenden Mittwoch. Bei diesem Gespräch teilte der Angeklagte M. dem Angeklagten E. mit, dass er an diesem Tag dessen Fahrzeug Suzuki Swift mit dem amtlichen Kennzeichen AB-DV 5 benötigen würde, um damit Rebecca W. an ihrer Wohnanschrift aufsuchen zu wollen. Am Folgetag brachte der Angeklagte M. durch gezielte Nachfragen an der bisherigen Wohnanschrift von Rebecca W. deren, seit März 2015 aktuelle Adresse im [. ] Aschaffenburg in Erfahrung. Zudem besorgte er sich zu einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt vor dem 13.05.2015 die beiden, jeweils zu Kfz-Anhängern in Laufach gehörenden Wechselkennzeichen AB-BA 419 und AB-CA 666.

Der Angeklagte M. teilte daraufhin am frühen Nachmittag des 13.05.2015 dem Angeklagten E. telefonisch nochmals mit, dass er am heutigen Nachmittag Rebecca W. in deren Wohnung aufsuchen wolle. Der Angeklagte M. packte sodann seine Sporttasche, in der er u.a. auch mehrere Kabelbinder sowie Klebeband verstaute. Anschließend fuhr er mit seinem Motorroller von seiner Wohnung in Sailauf aus zu einem Parkplatz vor dem Fitnessstudio „Mc Fit“, wo er sich vereinbarungsgemäß mit dem Angeklagten E. traf. Dort verlangte der Angeklagte M. von dem Angeklagten E., wie zuvor zwischen beiden vereinbart, dass dieser ihm dessen Pkw Suzuki Swift mit dem amtlichen Kennzeichen AB-DV 5 überlassen solle. Der Angeklagte E., der es zumindest für möglich hielt, dass der Angeklagte M. damit zu Rebecca W. fahren und diese samt des ungeborenen Kindes sodann auf eine für den Angeklagten E. nicht bekannte Weise umbringen würde, erklärte sich mit der Zurverfügungstellung seines Fahrzeugs einverstanden und nahm billigend in Kauf, dass der Angeklagte M. das Fahrzeug anlässlich der Tatausführung nutzt. Nachdem der Angeklagte M. noch erfolglos versucht hatte, die von ihm mitgebrachten Wechselkennzeichen an dem Fahrzeug des Angeklagten E. zu montieren, begaben sich beide Angeklagte um 13.58 Uhr in das Fitnessstudio. Der Angeklagte M. trainierte nur wenige Minuten, übergab anschließend zum Zwecke eines Alibis seine Mitgliedskarte dem Angeklagten E. und kehrte mit Wissen des Angeklagten E. in die Umkleidekabine zurück, wo er sich eine Regenhose sowie eine Regenjacke anzog. Diese Kleidungsstücke hatte der Angeklagte M. mitgebracht, weil er sich entsprechend seines vorgefassten Tatplans als vermeintlicher Postbote Zutritt zu dem von Rebecca W. bewohnten Mehrparteienhaus verschaffen und von dieser nicht sofort erkannt werden wollte. Anschließend verließ der Angeklagte M. das Fitnessstudio und fuhr mit dem Pkw Suzuki Swift des Angeklagten E. zur Wohnung von Rebecca W., wobei er in einer Plastiktüte die mitgebrachten Kabelbinder, das Klebeband und einen Einmalhandschuh sowie ein zuvor dem Ablagefach seines Motorrollers entnommenes Spannbetttuch mit sich führte. Der Angeklagte war spätestens zu diesem Zeitpunkt fest entschlossen, Rebecca W. zu töten und hierdurch auch den Tod des ungeborenen Kindes zu bewirken. Gegen 14.30 Uhr läutete der Angeklagte M. an der Hauseingangstür von Rebecca W., gab sich als Postbote aus und verschaffte sich so Zutritt zu dem Wohnanwesen. Unter dem Vorwand, mit Rebecca W. an einem neutralen Ort über die Situation sprechen zu wollen, überredete er diese, in den vom Angeklagten E. ausgeliehenen Pkw zu steigen. Anschließend fuhren beide zu dem in dem Aschaffenburger Stadtteil Strietwald gelegenen, dem Angeklagten noch aus seiner Jugendzeit bestens vertrauten Waldgebiet „Molkenbrunnen“, wo der Angeklagte M. das Fahrzeug im Bereich eines Wendehammers abstellte. Von dort aus begaben sich der Angeklagte M. und Rebecca W. zu einem nicht genau bekannten, jedenfalls aber zwischen 15.40 Uhr und 16.00 Uhr liegenden Zeitpunkt über einen parallel zur Bundesautobahn A3 verlaufenden Schotterweg zu einem nach links abzweigenden schmalen Waldweg, wobei der Angeklagte M. die Plastiktüte mit den Kabelbindern, dem Klebeband sowie dem Einmalhandschuh mit sich führte.

Auf diesem Waldweg - ca. 60 m von der Abzweigung entfernt - tötete der Angeklagte M. entsprechend seinem vorgefassten Tatplan die von den wahren Absichten des Angeklagten nichts ahnende und einen Angriff des Angeklagten zu keinem Zeitpunkt erwartende Rebecca W.. Nachdem der Angeklagte M., ebenso wie die vor ihm stehende Rebecca W. aus nicht festgestellten Gründen auf dem Boden zum Liegen gekommen war, befand er sich mit seinem Oberkörper auf dem Bauch der rückseitig auf dem Boden liegenden Rebecca W..

Der Angeklagte M. griff unter bewusster Ausnutzung des von ihm so auch erkannten Umstandes, dass sein hochschwangeres Opfer nicht mit einem tätlichen Angriff auf sein Leben rechnete und wegen seiner völlig überraschenden Vorgehensweise auch zu einer Abwehr unfähig war in dieser Situation mit seiner rechten Hand an den Hals von Rebecca W., umschloss diesen im Bereich des Kehlkopfes zwischen seinem Daumen und seinen Fingern und drückte mit voller Kraft zu. Als der Angeklagte bemerkte, dass Rebecca W. trotz seines festen Würgegriffs noch Atemluft bekam, drückte er gleichzeitig mit seiner linken Hand die Nasenlöcher der sich nicht wehrenden, weiterhin unter seinem Körper auf dem Waldboden liegenden Rebecca W. zusammen. Der Angeklagte bekam aufgrund seines Würgegriffs einen Krampf in der rechten Hand, weswegen er mit beiden Händen kurzzeitig von Rebecca W. abließ und anschließend mit seine linken Hand auf die gleiche Weise wie bereits zuvor an deren Hals würgte, wobei er erneut seine gesamte ihm zur Verfügung stehende Kraft aufwendete, um eine Sauerstoffzufuhr von Rebecca W. zu unterbinden und diese hierdurch zu töten. Als dem Angeklagten auch die Kraft in seiner linken Hand verließ, er gleichwohl aber erkannte, dass Rebecca W. noch immer lebte, legte er seine beiden Hände um deren Hals und drückte diesen wiederum mit voller Kraft zusammen. Der Angeklagte M. bemerkte alsbald, dass ihm zunehmend die Kraft in seinen Händen fehlte und beschloss, zur Tötung seines noch immer lebenden Opfers dessen Position zu wechseln. Er drehte hierzu Rebecca W. auf deren Bauch und kniete sich anschließend über deren Rücken. Sodann legte der Angeklagte M. seinen rechten Arm um den Hals der unter ihm liegenden Rebecca W., zog deren Oberkörper damit nach hinten zu sich hoch und drückte anschließend mittels seines Unterarms den Hals seines Opfers gegen seinen eigenen Oberkörper. In dieser Position drückte der Angeklagte den Hals von Rebecca W. solange zusammen, bis ihm die Kraft verließ. Als er entkräftet seinen Griff löste, sank Rebecca W.s Kopf mit dem Gesicht voran zu Boden. Rebecca W. bewegte sich nicht mehr, gab aber noch ein röchelndes Geräusch von sich. Der Angeklagte, der deswegen davon ausging, dass Rebecca W. noch immer leben könnte, entnahm aus seiner mitgeführten, auf dem Boden abgelegten Plastiktüte einen Kabelbinder und legte diesen um den Hals der regungslos auf dem Bauch liegenden Rebecca W.. Der Angeklagte verschloss den Kabelbinder im Bereich des Genicks von Rebecca W. und zog einmal straff zu, woraufhin das Röcheln zunächst verstummte. Nachdem der Angeklagte kurz darauf das röchelnde Geräusch abermals vernahm, zog der den Kabelbinder noch fester zusammen, bis das Geräusch wiederum aufhörte. Nachdem der Angeklagte, als er aufgestanden war, erneut selbiges Geräusch hörte, zog er ein zweites Mal den bereits eng in die Haut am Hals von Rebecca W. einscheidenden Kabelbinder nach, bis nunmehr das Röcheln endgültig verstummte. Aufgrund dieser mittels des von dem Angeklagten M. bewusst zum Zwecke der Erdrosselung mitgeführten Kabelbinders verstarb Rebecca W. infolge fehlender Sauerstoffzufuhr. Aufgrund des Todes von Rebecca W. kam es entsprechend dem Tatplan des Angeklagten M. auch zu einem baldigen Absterben ihres zum Vorfallzeitpunkt lebenden ungeborenen Kindes.

Unmittelbar nach der Tat bemerkte der Angeklagte das Mobiltelefon von Rebecca W. auf dem Waldboden. Der Angeklagte nahm das Handy in die Hand und rannte zurück in Richtung des Schotterweges. Von dort aus begab er sich an den nahegelegenen Waldrand und warf das Handy auf die entlang des Waldgebiets verlaufende Fahrbahn der Bundesautobahn 3. Anschließend rannte der Angeklagte M. zurück zu dem im Wendehammer geparkten Fahrzeug des Angeklagten E.. Mit diesem fuhr er die Wegstrecke vom Wendehammer über den Schotterweg bis zur Abzweigung auf den Waldweg. Sodann entnahm er das zuvor aus dem Ablagefach seines Rollers entnommene Spannbetttuch, begab sich zurück zum Tatort und zog den Leichnam von Rebecca W. mithilfe des Spannbetttuchs zum Auto. Anschließend verbrachte der Angeklagte M. die Leiche auf dem Rücksitz des Fahrzeugs des Angeklagten E. zu einer von ihm bereits vor mehreren Jahren angemieteten Garage in Ringheim, wo er sie eingewickelt in das mitgebrachte Spannbetttuch und bedeckt mit einer dort vorgefundenen Motorhaube ablegte. Anschließend brachte er das ausgeliehene Fahrzeug dem vor dem Fitnessstudio in Aschaffenburg bereits auf ihn wartenden Angeklagten E. zurück, der zuvor vereinbarungsgemäß mit der Mitgliedskarte des Angeklagten M. für diesen aus dem Fitnessstudio ausgecheckt hatte. Der Angeklagte M. informierte den Angeklagten E. über die Tötung von Rebecca W., was dieser u.a. mit den Worten: „Das Miststück hat es nicht anders verdient“ kommentierte. Sodann forderte der Angeklagte M. den Angeklagten E. auf, die Leiche von Rebecca W. zu verbrennen oder zu versenken, wozu es jedoch wegen der am 16.05.2015 erfolgten Festnahme der beiden Angeklagten nicht mehr kam. Wie von ihm jedoch vor der Tötung von Rebecca W. versprochen, verschaffte der Angeklagte E. dem Angeklagten M. bei den anschließenden Vernehmungen durch die Polizei zunächst insoweit ein Alibi für den Tatzeitpunkt, als er anlässlich einer am 13.05.2015 erfolgten polizeilichen Vernehmung die damalige Zeugenangabe des Angeklagten M. bestätigte, dass beide am 13.05.2015 angeblich bis gegen 15.30 Uhr gemeinsam in dem Fitnessstudio trainiert und dieses auch zusammen verlassen hätten.

III. Zur Frage der strafrechtlichen Verantwortlichkeit der Angeklagten Die Einsichts- und die Steuerungsfähigkeit der beiden Angeklagten waren zum Tatzeitpunkt weder aufgehoben noch erheblich vermindert. Die beiden Angeklagten waren vielmehr voll strafrechtlich verantwortlich.

C. Zur Beweiswürdigung

I. Zu den Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen der Angeklagten Die Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen der Angeklagten (Ziffer A.) beruhen jeweils auf deren Angaben gegenüber den Sachverständigen, ihren hierzu ergänzend in der Hauptverhandlung gemachten Angaben sowie den Angaben der Zeuginnen S.S. und Christine E. in der Hauptverhandlung. Die Feststellungen zu den fehlenden Vorstrafen der Angeklagten beruhen auf den in der Hauptverhandlung verlesenen Auszügen aus dem Bundeszentralregister vom 19.05.2015 (Angeklagter M.) bzw. 05.11.2015 (Angeklagter E.), deren jeweiliger Inhalt von den Angeklagten als zutreffend bestätigt wurde.

II. Zu den Feststellungen zum Tatgeschehen

1. Zu den Einlassungen der Angeklagten im Ermittlungsverfahren und dessen Verlauf Der Zeuge KOK A., polizeilicher Sachbearbeiter des Verfahrens, berichtete in der Hauptverhandlung über den Verlauf des Ermittlungsverfahrens und den Inhalt der Vernehmungen der beiden Angeklagten. Danach sei Rebecca W. von ihrem Lebensgefährten, dem Zeugen Kozlowski, am 13.05.2015 um 17.27 Uhr als vermisst gemeldet worden, nachdem diese zuvor ihren dreijährigen Sohn Dennis nicht wie üblich vom Kindergarten abgeholt habe. Am Abend des 13.05.2015 sei bekannt geworden, dass Rebecca W. am frühen Nachmittag des 13.05.2015 mit ihrer Freundin, der Zeugin Kleiner, telefoniert habe. Rebecca W. habe nach Angaben der Zeugin Kleiner das Telefongespräch unter dem Hinweis darauf beendet, dass es an ihrer Türe geklingelt habe und „der Jens“ vor ihrer Wohnung erschienen sei. Spätere Anrufversuche bei Rebecca W. seien erfolglos geblieben. Im Rahmen seiner Zeugenvernehmung vom 13.05.2015 habe der Angeklagte M., nachdem er anfänglich bestritten habe, Rebecca W. zu kennen, eingeräumt, mit dieser ein sexuelles Verhältnis gehabt zu haben. Er habe hierbei angegeben, dass Rebecca W. behauptet habe, ein Kind von ihm zu erwarten. Am Nachmittag des 13.05.2016 sei der Angeklagte M. nach eigener Aussage mit seinem Freund, dem Angeklagten E., im Fitnessstudio Mc Fit gewesen. Der Angeklagte E. habe im Rahmen seiner Zeugenvernehmung vom 13.05.2015 für den Zeugen KOK A. zunächst glaubhaft bestätigt, dass der Angeklagte M. im Tatzeitraum mit ihm im Fitnessstudio „Mc Fit“ trainiert und das Studio währenddessen auch nicht verlassen habe. Nachdem es auch in der Folge kein Lebenszeichen von Rebecca W. gegeben habe, sei der Angeklagte M. erstmals am 14.05.2015 als Beschuldigter vernommen worden, wobei er erneut angegeben habe, sich am Nachmittag des 13.05.2016 im Fitnessstudio aufgehalten zu haben. Nachdem die anschließend eingeleiteten polizeilichen Maßnahmen keine neueren Erkenntnisse bezüglich einer Täterschaft sowie des Verbleibens von Rebecca W. gebracht hätten, sei am frühen Morgen des 16.05.2016 der Zeuge David B. auf der Polizeidienststelle in Aschaffenburg erschienen. Der Zeuge B. habe mitgeteilt, dass der Angeklagte E. ihm gegenüber in einem Gespräch am 13.05.2015 sichtlich aufgewühlt und mit zittriger Stimme erwähnt habe, dass heute jemand sein Leben habe lassen müssen, der Angeklagte E. hierbei geholfen und sich die Leiche in seinem Fahrzeug befunden habe.

Daraufhin sei der Angeklagte E. an seiner Wohnanschrift vorläufig festgenommen und als Beschuldigter vernommen worden. Im Rahmen seiner Vernehmung vom 16.05.2015 habe der Angeklagte E. die Tötung von Rebecca W. durch den bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht dringend tatverdächtigen Angeklagten M. offenbart und sich selbst hinsichtlich seiner Unterstützungshandlungen in Form des abgesprochenen Alibis und der Überlassung seines Fahrzeugs geständig gezeigt.

Der Angeklagte M. sei daraufhin am 16.05.2015 um 07.07 Uhr vorläufig festgenommen worden Er habe sodann im Rahmen seiner Beschuldigtenvernehmung vom 16.05.2016 die objektive Tötungshandlung eingeräumt, das Versteck der Leiche von Rebecca W. offenbart und sich mit einer, noch am 16.05.2016 durchgeführten, videografisch begleiteten Tatortrekonstruktion einverstanden erklärt. Im Rahmen dieser Tatortbegehung habe der Angeklagte M. detailliert die Art und Weise der Tötung gemeinsam mit einer Polizeibeamtin nachgestellt. An der vom Angeklagten M. als Tatort bezeichneten Stelle sei auf dem Waldboden ein weißer Einmalhandschuh aufgefunden worden, den der Angeklagte M. auf entsprechende Frage des Zeugen KOK A. als ihm gehörig bezeichnet habe.

2. Zu den Einlassungen der Angeklagten in der Hauptverhandlung

a) Zu der Einlassung des Angeklagten M.

Der Angeklagte M. gab im Rahmen des Hauptverhandlungstermins vom 06.04.2016 über seinen Verteidiger Rechtsanwalt xxx eine Erklärung zur Sache ab, die seitens des Angeklagten M. bestätigt wurde. Nachfragen hat der Angeklagte M. nicht zugelassen.

Im Rahmen der Einlassung hat der Verteidiger des Angeklagten Rechtsanwalt xxx namens des Angeklagten M. erklärt, es sei zutreffend, dass der Angeklagte M. Rebecca W. getötet habe. Der Angeklagte habe mit Rebecca W. unregelmäßig, zuletzt anlässlich der „Gickelskerb“ im September 2014, den Geschlechtsverkehr ausgeübt, wobei die Initiative stets von Rebecca W. ausgegangen sei. In der Folge sei der Angeklagte von Rebecca W. über deren Schwangerschaft informiert worden. Der Angeklagte M. sei hierüber äußerst schockiert gewesen, da er geahnt habe, dass seine Beziehung zu Rebecca W. nunmehr nicht mehr vor seiner Ehefrau zu verheimlichen sei. Der Angeklagte fürchtete um den Bestand seiner Ehe, das gute Verhältnis zu seinen Schwiegereltern und insbesondere um seine ihm sehr wichtige Beziehung zu seinem geliebten Sohn Jonas. Nachdem Rebecca W. dem Ansinnen des Angeklagten, das Kind abtreiben zu lassen, nicht nachgegeben habe, habe der Angeklagte seit Februar 2015 gemeinsam mit seinem Freund, dem Angeklagten E., über diese Problematik geredet, wobei im Rahmen der Gespräche auch eine Tötung von Rebecca W. durch den Angeklagten M. besprochen worden sei. Der Angeklagte E. habe dem Angeklagten seine Unterstützung für diesen Fall zugesagt, insbesondere eine Überlassung seines Fahrzeugs, die Verschaffung eines Alibis, aber auch seine Hilfe für die Beseitigung der Leiche. Die Einzelheiten der Tatbegehung seien mit dem Angeklagten E. jedoch nicht besprochen worden. Am 13.05.2015 habe der Angeklagte M. dem Angeklagten E. mitgeteilt, dass er heute Rebecca W. besuchen wolle. Der Angeklagte E. habe ihm wie vereinbart auf dem Parkplatz des Fitnessstudios „Mc Fit“ dessen Auto überlassen. Nach einem kurzen Besuch im Studio habe sich der Angeklagte die zuvor eingepackte Regenhose und Regenjacke angezogen. Ferner habe er eine Tüte mit Kabelbinder, Klebeband und einem Spannbetttuch mit sich geführt, als er zu Rebecca W. gefahren sei. Er habe diese an ihrer Wohnanschrift, die er zuvor über den Hausmeister an deren vorheriger Wohnung in Erfahrung gebracht habe, angetroffen und gebeten, zwecks einer Aussprache mit ihm zu kommen. Nachdem Rebecca W. eingewilligt habe, sei man in das Waldgebiet „Molkenbrunnen“ gefahren und dort spazieren gegangen. Rebecca W. habe, als sie auf einem Trampelpfad gelaufen seien, auf einmal vorgeschlagen, einen „Quickie“ zu machen. Der Angeklagte, der zunächst hierüber überrascht gewesen sei, habe sich darauf eingelassen. Als er Rebecca W.s Hose habe herunterziehen wollen, habe diese geäußert, dass dies doch nicht richtig sei. Im nächsten Moment sei der Angeklagte gestolpert und mit Rebecca W. zu Boden gestürzt, wobei er mit seinem Körper auf deren Bauch gefallen sei. Rebecca W. habe in dieser Situation laut um Hilfe geschrien. Der Angeklagte habe nunmehr daran gedacht, dass dieser Hilferuf von anderen Spaziergängern, die ihnen zuvor begegnet seien, gehört werden könne und sei in Panik geraten. Er habe Rebecca W.s Hals mit seiner Hand gepackt und diese am Kehlkopf gewürgt, damit sie zu schreien aufhören würde. Nachdem er gemerkt habe, dass er keine Kraft mehr in seinen Händen habe, habe er Rebecca W. von hinten mit dem Arm für etwa eine Minute gewürgt. Rebecca W. habe sich hiernach nicht mehr bewegt, jedoch leise geröchelt. Der Angeklagte M., der davon ausgegangen sei, dass Rebecca W. tot sei, habe daraufhin aus seiner mitgeführten Plastiktüte einen Kabelbinder entnommen und diesen zunächst handfest zugezogen. Nachdem das röchelnde Geräusch noch immer nicht verstummt sei, habe er noch zweimal den Kabelbinder nachgezogen, bis Rebecca W. schließlich vollständig verstummt sei. Anschließend habe er die Leiche von Rebecca W. in das Fahrzeug des Angeklagten E. verschafft und in seiner Garage in Ringheim abgelegt. Das Fahrzeug habe er im Anschluss dem Angeklagten E. wieder übergeben. Dieser habe zur Tötung von Rebecca W. geäußert, dass es „das Miststück nicht anders verdient“ habe. Der Angeklagte E. habe dem Angeklagten M. nochmals, wie bereits zuvor abgesprochen, versichert, ihm gegebenenfalls ein Alibi für die Tatzeit zu verschaffen. Ferner habe sich der Angeklagte E. bereit erklärt, die Leiche von Rebecca W. aus der Garage verschwinden zu lassen.

Der Angeklagte M. habe die Tötung von Rebecca W. jedoch lediglich als zweite Handlungsalternative in Betracht gezogen. Sein vordringliches Ziel sei es gewesen, eine Lösung für das für ihn als „Super-GAU“ empfundene Problem der Schwangerschaft von Rebecca W. zu finden. Deswegen, nämlich um mit ihr über eine mögliche Geheimhaltung der Schwangerschaft und anschließender Unterhaltszahlungen durch den Angeklagten zu reden, habe er Rebecca W. primär am 13.05.2015 aufgesucht. Die Tüte mit den Kabelbindern und dem Klebeband habe der Angeklagte nur deswegen mit sich geführt, um notfalls durch deren Einsatz Rebecca W. dazu zu zwingen, ihm zuzuhören. Die Tötung von Rebecca W. sei von dem Angeklagten M. zwar im Vorfeld in Betracht gezogen, deren tatsächliche Durchführung jedoch nicht geplant gewesen. Erst, als er mit Rebecca W. zusammen im Wald zu Boden gestürzt sei und diese um Hilfe gerufen habe, habe sich der Angeklagte M. im Rahmen eines „Blackouts“ kurzerhand zur Tötung entschlossen.

b) Zu der Einlassung des Angeklagten E.

Der Angeklagte E. gab im Rahmen des Hauptverhandlungstermins vom 06.04.2016 über seinen Verteidiger Rechtsanwalt xxx eine zunächst abschließende Erklärung zur Sache ab, die seitens des Angeklagten E. bestätigt wurde. Anschließend machte der Angeklagte E. in den Hauptverhandlungsterminen vom 13.04.2016 und 20.04.2016 auf Befragen weitere Angaben zur Sache.

Der Angeklagte E. gab an, den Angeklagten M. seit 15 Jahren zu kennen und mit diesem bis zur Inhaftierung eng befreundet gewesen zu sein. Der Angeklagte würde sich selbst als einen sehr hilfsbereiten Menschen charakterisieren. Wenn gute Freunde, wie der Angeklagte M., Hilfe von ihm benötigt hätten, sei der Angeklagte E. ohne länger zu überlegen immer „gesprungen“. Der Angeklagte E. habe Anfang des Jahres 2015 von dem Angeklagten M. gehört, dass eine dem Angeklagten E. unbekannte Frau von dem Angeklagten M. schwanger sei und dieser das Kind aus Furcht vor dem Bestand seiner Ehe bzw. Familie nicht haben wolle. Die Angeklagten hätten in der Folge verschiedene Gespräche geführt, in denen der Angeklagte M. geäußert habe, dass „entweder er oder sie gehen“ müsse und der Angeklagte E. seinem Freund vorgeschlagen habe, Rebecca W. die Treppe herunterzustürzen. Einige Wochen vor dem 13.05.2015 hätten die Angeklagten auch besprochen, dass der Angeklagte M. das Auto des Angeklagten E. benutzen könne, wenn er diese aufzusuchen gedenke. Ferner sei in diesem Zusammenhang über die Verschaffung eines Alibis durch den Angeklagten E. gesprochen worden. Am Freitag vor der Tat habe der Angeklagte M. den Angeklagten E. während eines gemeinsamen Besuchs im „Media Markt“ darauf angesprochen, dass er am kommenden Mittwoch dessen Auto benötige, um damit zu Rebecca W. zu fahren. Dem Angeklagten E. sei klar gewesen, dass der Angeklagte M. die Tötung von Rebecca W. für diesen Tag beabsichtigt habe. Die Frage der Beseitigung der Leiche von Rebecca W. sei hingegen im Vorfeld der Tat nicht erörtert worden. Mit diesem Wunsch habe der Angeklagte M. den Angeklagten E. erstmals konfrontiert, als er diesem nach der Tat das Auto auf dem Parkplatz des Fitnessstudios wieder übergeben habe. Der Angeklagte E. habe den Angeklagten M. nach seiner Rückkehr gefragt, ob der Rebecca W. wirklich getötet habe, woraufhin dieser genickt und ihm entgegnet habe, dass er skrupellos sei. Ferner habe der Angeklagte M. geäußert, dass er - der Angeklagte E. - die Leiche wegschaffen bzw. verbrennen und diese sich vorher nicht ansehen solle. Dem Angeklagten E., der vor der Überlassung des Fahrzeugs geahnt habe, dass der Angeklagte M. nunmehr zu Rebecca W. fahren und diese samt des ungeborenen Kindes töten könne, habe erst zu diesem Zeitpunkt Gewissheit darüber gehabt, dass es der Angeklagte M. mit der Tötung von Rebecca W. tatsächlich ernst gemeint habe. Eine Beseitigung der Leiche habe der Angeklagte E. nicht beabsichtigt, selbst wenn er, was nicht der Fall gewesen sei, gewusst hätte, wo sich die Garage des Angeklagten M. befunden hätte. Dem Ratschlag des Angeklagten M. folgend sei er mit seinem Fahrzeug Suzuki im Anschluss nach Hause gefahren und habe dessen Innenraum gründlich gereinigt. Als er noch am selben Tag polizeilich als Zeuge vernommen worden sei, habe er, wie mit dem Angeklagten M. vereinbart, wahrheitswidrige Angaben zu der Dauer von dessen Aufenthalt im Fitnessstudio gemacht.

2. Zu den einzelnen Tatsachen

Der unter Ziffer B. geschilderte Sachverhalt steht zur Überzeugung der Kammer auch aufgrund der geständigen Einlassung des Angeklagten E. sowie der weitgehend geständigen Einlassungen des Angeklagten M. fest. Die von den beiden Angeklagten im Rahmen der durchgeführten Hauptverhandlung getätigten Angaben hat die Kammer nachvollzogen. Im Übrigen beruhen die getroffenen Feststellungen auf den Angaben der in der Hauptverhandlung vernommenen Zeugen, den in Augenschein genommenen Unterlagen sowie den Ausführungen der jeweils vernommenen Sachverständigen in der Hauptverhandlung.

Soweit der Angeklagte M. jedoch behauptete, Rebecca W. zum Zwecke einer Unterhaltung aufgesucht zu haben und diese in dem Waldgebiet im Rahmen einer Kurzschlussreaktion getötet zu haben, stellt dies zur Überzeugung der Kammer eine reine Schutzbehauptung dar. Aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme steht fest, dass der Angeklagte M. - was dieser auch nicht in Abrede stellte - Rebecca W. in Regenkleidung als Postbote verkleidet aufsuchte, wobei er zuvor erfolglos versucht hatte, Wechselkennzeichen am eigens hierfür ihm von dem Angeklagten E. überlassenen Pkw anzubringen. Der Angeklagte M. führte bei seiner Tat eine Tüte mit Kabelbindern, Klebeband und Spannbetttuch mit sich. Ferner wurde am Tatort - einem abgelegenen Waldstück, in dem sich der Angeklagte M., wie Zeugen bestätigten, als „Strietwälder“ früher öfters aufgehalten hatte - ein Einmalhandschuh aufgefunden, den der Angeklagte M. selbst als ihm gehörig bezeichnete. Die Einlassung, die genannten Gegenstände in der Tüte nebst Einmalhandschuh nur mit sich geführt zu haben, um - nötigenfalls - Rebecca W. dazu zu zwingen, ihm zuzuhören, erscheint lebensfremd. Zumal beide Angeklagten, wie sie auch einräumten, bereits im Vorfeld der Tat wiederholt eine Tötung Rebecca W.s sowie die Möglichkeit eines Alibis für die Tatzeit besprochen hatten. Letztlich erscheint es der Kammer unglaubhaft, dass der Angeklagte M. zunächst nur zwecks einer Unterredung mit Rebecca W. in das Waldgebiet ging. Für eine solche Unterhaltung bestand zur Überzeugung der Kammer kein Anlass. Rebecca W. hatte im Vorfeld klar, auch gegenüber dem Angeklagten M., erklärt, das Kind, auf dessen Geburt sie sich gefreut habe, in jedem Fall behalten zu wollen und dessen Vaterschaft notfalls über das Jugendamt feststellen zu lassen. Der Angeklagte M., dem die aktuelle Adresse von Rebecca W. bis kurz vor der Tat unbekannt gewesen war, hatte letztmals Ende März telefonischen Kontakt mit dieser. Da somit eine einvernehmliche Lösung zwischen beiden nicht gefunden worden war, diese gleichwohl bereits seit längerem keinen Kontakt mehr hatten, erscheint es nicht nachvollziehbar, weshalb und mit welchem Ziel der Angeklagte nunmehr, kurz vor dem - ihm bekannten - Entbindungstermin, ein Gespräch mit Rebecca W. über deren Schwangerschaft hätte suchen sollen. Die Kammer ist daher nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme überzeugt, dass der Angeklagte M. spätestens, als er Rebecca W. am 13.05.2016 mit dem Fahrzeug des Angeklagten E. aufsuchte, zu deren Tötung entschlossen war und hierdurch auch die Tötung des ungeborenen Kindes beabsichtigte.

III. Zur Frage der Schuldfähigkeit der beiden Angeklagten Soweit die Kammer festgestellt hat, dass die Steuerungsfähigkeit der Angeklagten während der Tat nicht erheblich eingeschränkt und erst recht nicht ihre Einsichts- und Steuerungsfähigkeit aufgehoben war, beruht dies auf den überzeugenden Ausführungen der Sachverständigen Prof. Dr. Klaus Foerster (für den Angeklagten E.) und Prof. Dr. Saß (für den Angeklagten M.), beide jeweils Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie. Soweit von beiden Angeklagten für den Tatzeitraum angegeben worden war, unter dem Einfluss von Betäubungsmitteln, insbesondere Amphetamin, gestanden zu haben, entspricht dies der gutachterlichen Auswertung der beiden am 16.05.2016 jeweils entnommenen Haar- und Blutproben, zu deren chemischtoxikologischer Untersuchung der Sachverständige Dr. Babel, Institut für Rechtsmedizin der Universität Würzburg, in der Hauptverhandlung Ausführungen machte. Diese Ausführungen sowie die Einlassungen der beiden Angeklagten zu deren Konsumverhalten wurde durch die beiden Sachverständigen im Rahmen ihrer Gutachtenserstattung ausführlich gewürdigt. Dennoch sind sie zu dem Ergebnis gelangt, dass aus psychiatrischer Sicht kein Hinweis auf eine eingeschränkte Schuldfähigkeit bestand.

Sofern die Sachverständigen bei beiden Angeklagten eine forensischpsychiatrisch relevante Störung, eine Erkrankung oder Auffälligkeit ausschließen konnten, schloss sich die Kammer diesen nachvollziehbaren und überzeugenden Einschätzungen nach eigener Überzeugungsbildung vollumfänglich an. Dabei hat sie auch berücksichtigt, dass beide Angeklagte in der Planung der Straftat einbezogen waren und sich die Haupttat wie die Beihilfehandlung über einen längeren Zeitraum erstreckten. Das spricht zur Überzeugung der Kammer ganz entscheidend gegen eine erhebliche Einschränkung der Steuerungs- und damit der Schuldfähigkeit.

D. Zur rechtlichen Würdigung

Auf Grundlage der getroffenen Feststellungen hat sich der Angeklagte J. M. des Mordes in Tateinheit mit Schwangerschaftsabbruch gemäß §§ 211 Absatz 1 und 2, 218 Absatz 1 Satz 1, 52 StGB schuldig gemacht.

Der Angeklagte B.E. hat sich Grundlage der getroffenen Feststellungen der Beihilfe zum Mord und zum Schwangerschaftsabbruch gemäß §§ 211 Absatz 1 und 2, 218 Absatz 1 Satz 1, 27, 28, 52 StGB schuldig gemacht.

I. Zu den einzelnen Mordmerkmalen

Der Angeklagte M. hat Rebecca W. heimtückisch und aus niedrigen Beweggründen getötet.

1. Zum Vorliegen von Heimtücke

Heimtückisch tötet, wer in feindlicher Willensrichtung die objektiv gegebene Arg- und Wehrlosigkeit des Opfers bewusst zur Tötung ausnutzt (BGH, Urteil vom 10.02.2010 - 2 StR 503/09 -, BeckRS 2010, 07715, Rn. 7; BGH, Urteil vom 01.04.2009 - 2 StR 571/08 -, NStZ 2009, 501 [502] BGH, Urteil vom 17.09.2008 - 5 StR 189/08 -, NStZ 2009, 30 [31]). Wesentlich ist hierbei, dass der Mörder sein Opfer, das keinen Angriff erwartet, also arglos ist, in einer hilflosen Lage überrascht und dadurch daran hindert, dem Anschlag auf sein Leben zu begegnen oder ihn wenigstens zu erschweren (BGH, Urteil vom 01.04.2009 - 2 StR 571/08 -, NStZ 2009, 501 [502] BGH, Urteil vom 10.03.2006 - 2 StR 561/05 -, NStZ 2006, 338 [339, Rn. 2] BGH, Urteil vom 16.08.2005 - 4 StR 168/05 -, NStZ 2006, 167 [169, Rn. 9]).

Der Angeklagte M. suchte Rebecca W. an deren Wohnanschrift auf, um diese von dort unter dem Vorwand, mit ihr reden zu wollen, zu einer abgelegenen Stelle in einem Waldgebiet zu bringen, wobei er zu diesem Zeitpunkt bereits beabsichtigte, Rebecca W. dort zu töten. Rebecca W., an deren Leiche keine Spuren eines Kampfes oder einer Gegenwehr festgestellt werden konnte, hatte keinerlei Veranlassung, dem Angeklagten zu misstrauen. Etwaige aggressive Übergriffe des Angeklagten M., insbesondere gegenüber Rebecca W., in der Vergangenheit konnten nicht festgestellt werden. Selbst wenn die Einlassung des Angeklagten M., wonach er mit der Getöteten zusammen zu Boden gefallen sei, wahr ist, ändert dies nichts an dem Vorliegen des Mordmerkmals, da Rebecca W. jedenfalls bis zu diesem Zeitpunkt arglos und ein Entkommen ihr jedenfalls ab diesem Moment nicht mehr möglich war.

2. Zur Annahme niedriger Beweggründe

Beweggründe sind nach der Rechtsprechung im Sinne von § 211 Absatz 2 StGB „niedrig“, wenn sie nach allgemeiner sittlicher Wertung auf tiefster Stufe stehen und deshalb besonders verwerflich, ja verachtenswert sind (BGH, Urteil vom 29.10.2008 - 2 StR 349/08 -, NStZ 2009, 568, Rn. 9; BGH, Urteil vom 29.11.2007 - 4 StR 425/07 -, NStZ 2008, 273 [275, Rn. 10]). Die Beurteilung der Frage, ob Beweggründe zur Tat „niedrig“ sind und - in deutlich weiterreichendem Maße als bei einem Totschlag - als verachtenswert erscheinen, erstreckt sich auf die Motivation im Ganzen (BGH, Urteil vom 12.02.1998 - 4 StR 617/97 -, NStZ 1998, 352 [353]). Daher hat diese Beurteilung auf Grund einer Gesamtwürdigung aller äußeren und inneren für die Handlungsantriebe des Täters maßgeblichen Faktoren, insbesondere der Umstände der Tat und ihrer Vorgeschichte, der Lebensverhältnisse des Täters und seiner Persönlichkeit zu erfolgen (BGH, Urteil vom 29.10.2008 - 2 StR 349/08 -, NStZ 2009, 568, Rn. 9; BGH, Urteil vom 30.10.2008 - 4 StR 352/08 -, NStZ 2009, 210). Wut, Enttäuschung, Rachsucht, Eifersucht und Verärgerung sind Motive, denen jedermann je nach Anlass mehr oder weniger stark erliegen kann und tragen schon deshalb nicht von vornherein den Unwertstempel der Niedrigkeit (BGH, Urteil vom 22.08.1995 - 1 StR 393/95 -, NStZ-RR 1996, 98 [99]). Daher kommt es im Rahmen der erforderlichen Gesamtwürdigung darauf, ob diese Antriebsregungen ihrerseits auf einer niedrigen Gesinnung bzw. auf niedrigen Beweggründen beruhen (BGH, Urteil vom 29.11.2007 - 4 StR 425/07 -, NStZ 2008, 273 (275, Rn. 10); BGH, Urteil vom 05.09.2007 - 2 StR 306/07 -, BeckRS 2007, 16297, Rn. 22), also nicht menschlich verständlich (BGH, Beschluss vom 10.01.2006 - 5 StR 341/05 -, NStZ 2006, 286 [287, Rn. 16] BGH, Urteil vom 14.10.1992 - 3 StR 320/92 -, NStZ 1993, 182 [183]), sondern Ausdruck einer niedrigen Gesinnung des Täters sind (BGH, Beschluss vom 10.01.2006 - 5 StR 341/05 -, NStZ 2006, 286 [287, Rn. 16]).

Eine Gesamtschau der festgestellten Tatsachen ergibt, dass das Motiv für die Tat des Angeklagten M. dessen massive Sorge vor dem Bekanntwerden seiner seit Jahren bereits geführten sexuellen Beziehung zu Rebecca W. war. Der Angeklagte M., der selbst aus problematischen Familienverhältnissen stammt, hatte sich durch die Heirat mit seiner langjährigen Lebensgefährtin, dem guten Verhältnis zu deren Eltern und durch die Geburt seines geliebten Sohnes ein stabiles soziales Gefüge aufgebaut, welches er nunmehr mit der nahenden Geburt seines außerehelich gezeugten Kindes abrupt vor der Zerstörung sah. Um dies zu verhindern beschloss er, nachdem sein Wunsch nach Abtreibung von Rebecca W. endgültig abgelehnt worden war, die Bewahrung seiner eigenen familiären Idylle über das Lebensrecht Rebecca W.s und des ungeborenen Kindes zu stellen. Eine solche Grundhaltung des Angeklagten M. steht nach Bewertung der Kammer sittlich auf tiefster Stufe.

3. Zum Nichtvorliegen des Mordmerkmals der Ermöglichungsabsicht Ermöglichungsabsicht im Sinne des § 211 Absatz 2 StGB setzt voraus, dass der Täter in der Absicht tötet, zusätzliches kriminelles Unrecht im Sinne einer „anderen Straftat“ verwirklichen zu können. Eine solche „andere Straftat“ ist jedoch der hier tateinheitlich verwirklichte Schwangerschaftsabbruch als unmittelbare Folge der Tötung der Kindsmutter gerade nicht.

II. Zum (tateinheitlich verwirklichten) Schwangerschaftsabbruch Da infolge der Tötung Rebecca W.s auch deren im Mutterleib befindliches Kind, wie vom Angeklagten M. auch beabsichtigt, verstarb, hat dieser sich des Schwangerschaftsabbruchs gemäß § 218 Absatz 1 StGB schuldig gemacht. Die Kammer hat die Anwendung der Strafzumessungsregel des § 218 Absatz 2 Nr. 2 StGB erwogen, wonach ein besonders schwerer Fall vorliegt, wenn der Täter „leichtfertig die Gefahr des Todes der Schwangeren“ verursacht. Bereits aufgrund des Wortlautes des Gesetzes ist diese Tatbestandsvariante ersichtlich nicht auf den vorliegenden Fall der vorsätzlich herbeigeführten Tötung einer Schwangeren zugeschnitten. Das insoweit über den Schwangerschaftsabbruch i.S.d. § 218 Absatz 1 StGB hinausgehende Unrecht der Tat des Angeklagten M. wird jedoch durch die Strafbarkeit wegen Mordes, hier insbesondere auf Grundlage der niedrigen Beweggründe, vollständig erfasst.

III. Zum Vorliegen einer Beihilfe des Angeklagten E.

Bei der Abgrenzung zwischen Mittäterschaft (§ 25 Absatz 2 StGB) und Beihilfe (§ 27 Absatz 1 StGB) ist darauf abzustellen, ob der Täter die verwirklichte Tat als eigene wollte. Die innere Willensrichtung muss bei einem Mittäter so beschaffen sein, dass sein Tatbeitrag nicht als bloße Förderung fremden Tuns, sondern als Teil der Tätigkeit aller und dementsprechend die Handlung der anderen als Ergänzung des eigenen Tatanteils erscheint. Ob dies der Fall ist, ist eine Frage, die aufgrund aller Umstände, die von der Vorstellung des Täters umfasst waren, in wertender Betrachtung zu beantworten ist. Wesentliche Anhaltspunkte für die Beurteilung sind der Grad des eigenen Interesses am Erfolg, an der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder doch wenigstens der Wille zur Tatherrschaft, so dass Durchführung und Ausgang der Tat maßgeblich von seinem Willen abhängen (BGH, Urteil vom 06.11.1984 - 1 StR 588/84 -, NStZ 1985, 165; BGH, Urteil vom 17.10.2002 - 3 StR 153/02 -, NStZ 2003, 253; BGH, Beschluss vom 23.12.2009, BeckRS 2009, 89440, Rn. 24; BGH, Beschluss vom 13.01.2010 - 5 StR 506/09 -, NStZ-RR 2010, 139).

Auf Grundlage der getroffenen Feststellungen hat der Angeklagte E. seinem Freund, dem Angeklagten M., auf dessen Wunsch hin, sowohl sein Fahrzeug für die Tatausführung zur Verfügung gestellt als auch ein Alibi für den Tatzeitraum versprochen (und im Anschluss tatsächlich auch verschafft). Ein eigenes Interesse des Angeklagten E. an der Tötung der diesem unbekannten Rebecca W. konnte die Kammer nicht feststellen. Insbesondere hat der Angeklagte E. für seine Dienste weder einen Vorteil erhalten, noch dergleichen zuvor seitens des Angeklagten M. versprochen bekommen. Der Angeklagte E. handelte zur Überzeugung der Kammer vielmehr aus einem Gefühl (völlig falsch verstandener) Freundschaft heraus, wobei er zumindest billigend in Kauf nahm, dass gerade sein Verhalten sowohl die Tötung von Rebecca W. als auch die Tötung deren ungeborenen Kindes durch den Angeklagten M. mitentscheidend förderte.

IV. Zum Fehlen eines Mordmerkmals bei dem Angeklagten E.

Die Kammer hat nicht feststellen können, dass der Angeklagte E. selbst ein Mordmerkmal verwirklicht hat. Bezüglich des tatbezogenen Mordmerkmals der Heimtücke konnte aufgrund der insoweit übereinstimmenden und nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme insoweit nicht widerlegbaren Einlassungen der beiden Angeklagten nicht festgestellt werden, dass der Angeklagte E. Kenntnis über Einzelheiten der seitens des Angeklagten M. geplanten Tötung von Rebecca W. gehabt hätte.

Zur Überzeugung der Kammer handelte der Angeklagte E. auch nicht aus niedrigen Beweggründen. Insoweit hat die Kammer zum einen zwar den Umstand berücksichtigt, dass der Angeklagte E. über die Beweggründe des Angeklagten M. Bescheid wusste und letztlich die Tötung nach der Tat verbal gegenüber dem Angeklagten M. durchaus als positiv ansah. Hierbei galt es gleichwohl im Rahmen einer Gesamtwürdigung auch die Persönlichkeit, das Charakterbild und die Lebensverhältnisse des Angeklagten E. in besonderer Weise zu berücksichtigen. Die Kammer hat aufgrund des persönlichen Eindrucks des Angeklagten in der Hauptverhandlung, dessen eigenen Angaben sowie der Angaben von zahlreichen Freunden, Bekannten und Verwandten des Angeklagten E. in der Hauptverhandlung die Überzeugung gewonnen, dass der Angeklagte E. nicht aus feindlicher Gesinnung gegenüber der - ihm ohnehin unbekannten - Rebecca W. heraus handelte, als vielmehr sich aus einem Gefühl der engen Freundschaft heraus zur Unterstützung seines Freundes Jens M. verpflichtet fühlte und hierbei, was dem Angeklagten E. nicht wesensfremd ist, sich keinerlei Gedanken über die Konsequenzen seines eigenen Handelns machte.

E. Zur Strafzumessung

I. Zu dem Angeklagten M.

Wegen des Mordes an Rebecca W. war gemäß § 211 Absatz 1 StGB auf lebenslange Freiheitsstrafe zu erkennen. Außergewöhnliche Umstände, die die Kammer mit Blick auf den Grundsatz des schuldgerechten Strafens ausnahmsweise dazu hätten verleiten können, eine zeitige Freiheitsstrafe gegen den Angeklagten M. zu verhängen, hat die Kammer dagegen nicht erkennen können.

II. Zu dem Angeklagten E.

1. Zu dem maßgeblichen Strafrahmen

Gemäß § 27 Absatz 2 StGB richtet sich für den Gehilfen die Strafe nach der Strafdrohung für den Täter, mithin somit lebenslange Freiheitsstrafe, § 211 Absatz 1 StGB.

Gemäß §§ 27 Absatz 2 Satz 2, 49 Absatz 1 StGB ist die Strafe für den Gehilfen jedoch zu mildern. Daraus ergäbe sich ein Strafrahmen von 3 Jahren bis 15 Jahren Freiheitsstrafe.

Da, wie festgestellt, besondere persönliche Merkmale, die die Straftat des Angeklagten M. begründen - hier das Vorliegen von niedrigen Beweggründen - in der Person des Angeklagten E. nicht festgestellt wurden, ist die Strafe für diesen gemäß § 28 Absatz 1, 49 Absatz 1 StGB nochmals zu mildern.

Somit ergibt sich ein Strafrahmen von 6 Monaten bis 11 Jahren und 3 Monaten Freiheitsstrafe.

2. Zu den berücksichtigungsfähigen Umständen

Bei der hiernach vorzunehmenden Gesamtbetrachtung aller wesentlichen entlastenden (strafmildernden) und belastenden (straferhöhenden) Umstände hat die Kammer zugunsten und zu Lasten des Angeklagten E. folgende Umstände berücksichtigt:

a) Zu den strafmildernden Umständen

Strafmildernd war zu werten, dass der Angeklagte, wie zuvor bereits im Ermittlungsverfahren, die Tat in der Hauptverhandlung umfassend eingeräumt hat. Auch zeigte der Angeklagte während der Hauptverhandlung im Rahmen seiner Möglichkeiten Reue und äußerte sein Bedauern im Rahmen einer persönlichen Entschuldigung an die Mutter von Rebecca W.. Strafmildernd ist auch zu berücksichtigen, dass der Angeklagte bisher noch nicht strafrechtlich in Erscheinung getreten ist.

b) Zu den straferhöhenden Umständen

Dagegen sprach zu Lasten des Angeklagten E., dass er die Tat des Angeklagten M. durch zwei Beihilfehandlungen - die Überlassung seines Fahrzeugs und das Versichern eines Alibis -förderte. Hierdurch leistete der Angeklagte E. zudem Beihilfe zu der Verwirklichung von zwei Straftatbeständen - Mord und Schwangerschaftsabbruch.

3. Zur Strafzumessung im engeren Sinn

Ausgehend von dem doppelt gemilderten Strafrahmen hat die Kammer bei der Strafzumessung im engeren Sinne die oben dargestellten strafmildernden und straferschwerenden Umstände, auf die jeweils Bezug genommen wird, berücksichtigt. Nach sorgfältiger Abwägung sämtlicher für und gegen den Angeklagten E. sprechenden Umstände hielt die Kammer eine Freiheitsstrafe von 5 Jahren und 6 Monaten für unrechts- und schuldangemessen.

F.

Zur Feststellung der besonderen Schwere der Schuld bei dem Angeklagten M.

Die Kammer ist zu der Überzeugung gelangt, dass die Schuld des Angeklagten M. besonders schwer wiegt.

I. Zur Zuständigkeit für die Entscheidung über die besondere Schwere der Schuld Verurteilt ein Gericht einen Angeklagten zu lebenslanger Freiheitsstrafe, so hat es gleichzeitig zu entscheiden, ob die Schuld des Angeklagten im Sinne des § 57a Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 StGB besonders schwer wiegt (BGH, Beschluss vom 11.02.1999 - 1 StR 686/98 -, NStZ 1999, 241; Schäfer/Sander/van Gemmeren, Praxis der Strafzumessung, 5. Auflage, 2012, Rn. 1499).

II. Zur Notwendigkeit einer Gesamtwürdigung

Bei der Prüfung, ob die Schuld des Täters besonders schwer wiegt, ist zunächst zu beachten, dass die Schuld des Täters - allgemein betrachtet - bei einer Verurteilung wegen Mordes stets außerordentlich schwer wiegt. Das ist der Grund, warum der Gesetzgeber in § 211 StGB für Mord die lebenslange Freiheitsstrafe vorgesehen hat. Dieser Umstand verbietet es, die in der allgemeinem Strafandrohung zum Ausdruck kommende allgemeine schwere Schuld mit der besonderen Schuldschwere in § 57a Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 StGB gleichzusetzen (BGH, Urteil vom 21.01.1993 - 4 StR 560/92 -, NStZ 1993, 235 [236]). Aus diesem Grund können auch Gesichtspunkte, auf die sich überhaupt erst die Verhängung einer lebenslangen Freiheitsstrafe stützen lässt, für sich genommen eine besonders schwere Schuld nicht begründen (BGH, Beschluss vom 31.07.1996 - 1 StR 247/96 -, NStZ-RR 1997, 42 (44); Stree/Kinzig, in: Schönke/Schröder, StGB, 29. Auflage, 2014, § 57a, Rn. 5). Soll eine weitere Strafvollstreckung nach 15 Jahren geboten sein, so muss die besondere Schuldschwere deutlich das Maß an Schuld übersteigen, das zur Verhängung der lebenslangen Freiheitsstrafe erforderlich ist (BGH, Urteil vom 03.12.2008 - 2 StR 435/08 -, NStZ 2009, 260). Ob dies der Fall ist, ist in Anlehnung an die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Vorliegen eines besonders schweren Falles zu bestimmen (BGH, Urteil vom 21.01.1993 - 4 StR 560/92 -, NStZ 1993, 235 [236]). Der Tatrichter hat daher ohne Bindung an begriffliche Vorgaben die schuldrelevanten Umstände zu ermitteln und zu gewichten (BGH, Beschluss vom 11.06.2002 -3 StR 62/02 -, NStZ-RR 2002, 264f.). Anschließend hat er unter Würdigung aller hierzu erheblichen Umstände die Schuld des Angeklagten im Sinne des § 57 a Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 StGB abzuwägen (BGH, Urteil vom 02.04.2008 - 2 StR 621/07 -, BeckRS 2008, 07343, Rn. 19, 20) und in einer zusammenfassenden Würdigung von Tat und Täterpersönlichkeit die Schuld daraufhin zu bewerten, ob sie nach seiner Auffassung besonders schwer ist (BGH, Urteil vom 09.12.2009 - 5 StR 403/09 -, BeckRS 2010, 01609, Rn. 13). Insofern muss das gesamte Tatbild einschließlich der Täterpersönlichkeit von den erfahrungsgemäß vorkommenden Mordfällen so sehr abweichen, dass eine Strafaussetzung der lebenslangen Freiheitsstrafe nach 15 Jahren auch bei dann günstiger Täterprognose unangemessen wäre (BGH, Urteil vom 03.12.2008 - 2 StR 435/08 -, NStZ 2009, 260).

III. Zu Umständen, die im Rahmen der Gesamtwürdigung Berücksichtigung finden können In die Gesamtwürdigung einzustellen sind sämtliche Umstände von Gewicht (BGH, Beschluss vom 08.09.2005 - 1 StR 159/05 -, NStZ-RR 2006, 236 [237]). Einzelne Umstände können z.B. ein Geständnis, auf das sich die Beweiswürdigung maßgeblich stützt (BGH, Urteil vom 30.03.2006 - 4 StR 567/05 -, NStZ 2006, 505 [506, Rn. 6]), die soziale Integration des Täters (BGH, Urteil vom 21.01.1993 - 4 StR 560/92 -, NStZ 1993, 235 [236]), die psychische Verfassung des Täters (BGH, Urteil vom 03.09.2002 - 5 StR 139/02 -, NStZ 2003, 146 [148, Rn. 11]), der Umstand, dass das Opfer minderjährige Kinder hinterlässt (BGH, Urteil vom 28.08.1984 - 1 StR 427/84 -, zitiert nach juris), u.U. die Verwirklichung von mindestens zwei Mordmerkmalen (BGH, Beschluss vom 08.09.2005 - 1 StR 159/05 -, NStZ-RR 2006, 236 [237]), ein verwerflicher Vertrauensbruch (BGH, Beschluss vom 17.01.2002 - 3 StR 477/01 -, NStZ-RR 2002, 137 [138] und im oder ohne Zusammenhang mit dem Mord begangene weitere schwere Straftaten (BGH, Urteil vom 02.03.1995 - 1 StR 595/94 -, NStZ 1995, 493 [494]) sein.

IV. Zu Umständen, die zu Gunsten des Angeklagten M. Berücksichtigung finden müssen Die Kammer hat vor allem zu Gunsten des Angeklagten M. berücksichtigt, dass er ein Geständnis hinsichtlich der Tötung von Rebecca W. abgelegt hat und darüber hinaus durch die Preisgabe des Tatorts und seine Mitwirkung an der anschließenden - videografisch dokumentierten - Rekonstruktion der Tat Aufklärungshilfe geleistet hat. Ferner war zu Gunsten des Angeklagten M. zu berücksichtigen, dass er sich - nachdem er über mehrere Jahre hinweg heimlich eine intime Beziehung zu Rebecca W. geführt hatte - aufgrund deren, von ihm verursachten Schwangerschaft in einer für ihn durchaus schweren Belastungssituation im Hinblick auf sein weiteres Familienleben befunden hat, wenn auch diese persönliche Belastung des Angeklagten weder Mordmerkmale entfallen lassen noch zu einer Einschränkung der Schuldfähigkeit führen konnte. Ebenso hat die Kammer zu Gunsten des Angeklagten gewertet, dass er nicht vorbestraft und sozial gut integriert ist sowie über seinen Verteidiger sein Bedauern und seine Reue für die Tat ausgedrückt hat. Der Angeklagte hat zudem im Rahmen des Adhäsionsverfahrens mit den Eltern von Rebecca W. einen Vergleich über die Zahlung eines Schmerzensgeldbetrages in Höhe von insgesamt 22.000,- € geschlossen.

V. Zu Umständen, die zu Lasten des Angeklagten M. Berücksichtigung finden müssen Andererseits war jedoch zu Lasten des Angeklagten M. zu berücksichtigen, dass er durch seine Tat zwei Straftatbestände - Mord und Schwangerschaftsabbruch - verwirklichte. Ferner verwirklichte der Angeklagte zwei Mordmerkmale - nämlich das der Heimtücke und das der sonstigen niedrigen Beweggründe. Jedes dieser beiden Mordmerkmale hat für sich und unabhängig voneinander gegenüber einer vorsätzlichen Tötung schulderhöhende Wirkung, so dass durch die Verwirklichung des zweiten Mordmerkmals der bereits im Mord und seinen Rechtsfolgen zum Ausdruck kommende Unrechtsgehalt noch einmal erheblich gesteigert wurde. Ebenso musste Berücksichtigung finden, dass das Opfer ein zum Tatzeitpunkt dreijährigen Sohn hinterließ, dem der Angeklagte M. durch seine planmäßige und im Vorfeld bereits organisierte Tat die Mutter nahm.

VI. Zum Ergebnis der Gesamtabwägung

Wägt man die zu Gunsten des Angeklagten M. sprechenden Umständen mit denen ab, die zu seinen Lasten sprechen, so wiegt vor allem die Verwirklichung eines zweiten Mordmerkmals und die Begehung einer weiteren Gesetzesverletzung, nämlich das Absterben des ungeborenen Kindes infolge des Mordes an Rebecca W. so stark zu Lasten des Angeklagten, dass sein Geständnis, die Belastung mit den Konsequenzen aus der ungewollten Schwangerschaft - für die er durch sein Verhalten selbst die alleinige Verantwortung trägt - im Zeitpunkt des Mordes und selbst die Anerkennung eines Schmerzensgeldbetrages zu Gunsten der Eltern von Rebecca W. zur Überzeugung der Kammer deutlich hinter diesen belastenden Umstände zurücktreten. Daher überwiegen zur Überzeugung der Kammer die zu Lasten des Angeklagten sprechenden Umstände die zu seinen Gunsten sprechenden Umstände so sehr, dass eine Strafaussetzung der lebenslangen Freiheitsstrafe nach 15 Jahren auch bei dann günstiger Täterprognose unangemessen wäre. Denn hiermit würde die Strafzumessungsschuld des Angeklagten M. bei weitem nicht hinreichend erfasst.

G. Zur Kostenentscheidung

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 464, 465 Absatz 1 Satz 1, 467 Absatz 1, 472 Absatz 1 Satz 1 StPO.

Urteilsbesprechung zu Landgericht Aschaffenburg Urteil, 12. Mai 2016 - Ks 104 Js 5210/15

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(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese

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(1) Als Gehilfe wird bestraft, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat. (2) Die Strafe für den Gehilfen richtet sich nach der Strafdrohung für den Täter. Sie ist nach § 49 Abs. 1 zu milde

Strafgesetzbuch - StGB | § 211 Mord


(1) Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft. (2) Mörder ist, wer aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen, heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitt

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(1) Die Kosten des Verfahrens hat der Angeklagte insoweit zu tragen, als sie durch das Verfahren wegen einer Tat entstanden sind, wegen derer er verurteilt oder eine Maßregel der Besserung und Sicherung gegen ihn angeordnet wird. Eine Verurteilung im
Landgericht Aschaffenburg Urteil, 12. Mai 2016 - Ks 104 Js 5210/15 zitiert 11 §§.

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Strafgesetzbuch - StGB | § 25 Täterschaft


(1) Als Täter wird bestraft, wer die Straftat selbst oder durch einen anderen begeht. (2) Begehen mehrere die Straftat gemeinschaftlich, so wird jeder als Täter bestraft (Mittäter).

Strafprozeßordnung - StPO | § 464 Kosten- und Auslagenentscheidung; sofortige Beschwerde


(1) Jedes Urteil, jeder Strafbefehl und jede eine Untersuchung einstellende Entscheidung muß darüber Bestimmung treffen, von wem die Kosten des Verfahrens zu tragen sind. (2) Die Entscheidung darüber, wer die notwendigen Auslagen trägt, trifft da

Strafgesetzbuch - StGB | § 57a Aussetzung des Strafrestes bei lebenslanger Freiheitsstrafe


(1) Das Gericht setzt die Vollstreckung des Restes einer lebenslangen Freiheitsstrafe zur Bewährung aus, wenn 1. fünfzehn Jahre der Strafe verbüßt sind,2. nicht die besondere Schwere der Schuld des Verurteilten die weitere Vollstreckung gebietet und3

Strafgesetzbuch - StGB | § 28 Besondere persönliche Merkmale


(1) Fehlen besondere persönliche Merkmale (§ 14 Abs. 1), welche die Strafbarkeit des Täters begründen, beim Teilnehmer (Anstifter oder Gehilfe), so ist dessen Strafe nach § 49 Abs. 1 zu mildern. (2) Bestimmt das Gesetz, daß besondere persönliche Mer

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(1) Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft.

(2) Mörder ist, wer
aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen,
heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder
um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken,
einen Menschen tötet.

(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese Tatsachen angegeben werden. Auf Abbildungen, die sich bei den Akten befinden, kann hierbei wegen der Einzelheiten verwiesen werden.

(2) Waren in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände behauptet worden, welche die Strafbarkeit ausschließen, vermindern oder erhöhen, so müssen die Urteilsgründe sich darüber aussprechen, ob diese Umstände für festgestellt oder für nicht festgestellt erachtet werden.

(3) Die Gründe des Strafurteils müssen ferner das zur Anwendung gebrachte Strafgesetz bezeichnen und die Umstände anführen, die für die Zumessung der Strafe bestimmend gewesen sind. Macht das Strafgesetz Milderungen von dem Vorliegen minder schwerer Fälle abhängig, so müssen die Urteilsgründe ergeben, weshalb diese Umstände angenommen oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen verneint werden; dies gilt entsprechend für die Verhängung einer Freiheitsstrafe in den Fällen des § 47 des Strafgesetzbuches. Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb ein besonders schwerer Fall nicht angenommen wird, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, unter denen nach dem Strafgesetz in der Regel ein solcher Fall vorliegt; liegen diese Voraussetzungen nicht vor, wird aber gleichwohl ein besonders schwerer Fall angenommen, so gilt Satz 2 entsprechend. Die Urteilsgründe müssen ferner ergeben, weshalb die Strafe zur Bewährung ausgesetzt oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht ausgesetzt worden ist; dies gilt entsprechend für die Verwarnung mit Strafvorbehalt und das Absehen von Strafe. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist auch dies in den Urteilsgründen anzugeben.

(4) Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so müssen die erwiesenen Tatsachen, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden, und das angewendete Strafgesetz angegeben werden; bei Urteilen, die nur auf Geldstrafe lauten oder neben einer Geldstrafe ein Fahrverbot oder die Entziehung der Fahrerlaubnis und damit zusammen die Einziehung des Führerscheins anordnen, oder bei Verwarnungen mit Strafvorbehalt kann hierbei auf den zugelassenen Anklagesatz, auf die Anklage gemäß § 418 Abs. 3 Satz 2 oder den Strafbefehl sowie den Strafbefehlsantrag verwiesen werden. Absatz 3 Satz 5 gilt entsprechend. Den weiteren Inhalt der Urteilsgründe bestimmt das Gericht unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nach seinem Ermessen. Die Urteilsgründe können innerhalb der in § 275 Abs. 1 Satz 2 vorgesehenen Frist ergänzt werden, wenn gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt wird.

(5) Wird der Angeklagte freigesprochen, so müssen die Urteilsgründe ergeben, ob der Angeklagte für nicht überführt oder ob und aus welchen Gründen die für erwiesen angenommene Tat für nicht strafbar erachtet worden ist. Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so braucht nur angegeben zu werden, ob die dem Angeklagten zur Last gelegte Straftat aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht festgestellt worden ist. Absatz 4 Satz 4 ist anzuwenden.

(6) Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet, eine Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht angeordnet oder nicht vorbehalten worden ist. Ist die Fahrerlaubnis nicht entzogen oder eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches nicht angeordnet worden, obwohl dies nach der Art der Straftat in Betracht kam, so müssen die Urteilsgründe stets ergeben, weshalb die Maßregel nicht angeordnet worden ist.

(1) Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft.

(2) Mörder ist, wer
aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen,
heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder
um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken,
einen Menschen tötet.

10
Als S. das Haus betreten hatte, war Christian C. von dessen Erscheinen überrascht. Er war auf Grund der Telefongespräche davon ausgegangen , dass sich S. in dem mehr als 30 km entfernten Ort Neunkirchen aufhielt. C. befürchtete nun endgültig, auch auf Grund dieser Täuschung, dass S. einen Anschlag auf ihn plante. Um S. zu beschwichtigen, umarmte er ihn freundschaftlich. S. verlangte erneut die Rückzahlung des ausstehenden Geldes, worauf C. wieder auf seine hohen Verbindlichkeiten beim Finanzamt hinwies. Die nunmehr zum Teil heftig und lautstark geführte Diskussion - bei der Kokain konsumiert wurde - steigerte sich immer mehr. S. lief aufgebracht in dem Raum hin und her. Als er glaubte, keine Rückzahlung seiner Schulden erhalten zu können, wollte er C. hierfür bestrafen (UA 48). Er feuerte, in der Absicht, Christian C. zu töten, aus der mitgeführten Pistole, die er unbemerkt unter seiner über dem Arm liegenden Lederjacke verborgen hatte, von hinten einen aufgesetzten Schuss durch die Jacke in den linken Brustkorb des C. . Als dieser daraufhin zu Boden fiel, gab S. zwei weitere, wiederum aufgesetzte Schüsse in den Kopf des Christian C. ab. Dieser verstarb innerhalb weniger Minuten. Anschließend reinigten S. und O. den Tatort, beseitigten Spuren und flüchteten mit V. .

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
4 StR 352/08
vom
30. Oktober 2008
in der Strafsache
gegen
wegen versuchten Mordes
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 30. Oktober
2008, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Tepperwien,
Richter am Bundesgerichtshof
Maatz,
Prof. Dr. Kuckein,
Athing,
Dr. Mutzbauer
als beisitzende Richter,
Bundesanwältin
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Die Revision der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Magdeburg vom 28. März 2008 wird verworfen.
2. Die Angeklagte trägt die Kosten ihres Rechtsmittels.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Angeklagte wegen versuchten Mordes zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Hiergegen wendet sich die Angeklagte mit ihrer Revision, mit der sie die Verletzung sachlichen Rechts rügt. Sie beanstandet insbesondere die Annahme des mordqualifizierenden Merkmals der Tötung aus niedrigen Beweggründen. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

I.


2
Im Januar 2007 wurde die Angeklagte nach einem intimen Kontakt mit einer Diskothekenbekanntschaft schwanger. Dies wollte sie jedoch nicht wahrhaben. Vielmehr hielt sie ihre Schwangerschaft selbst gegenüber ihrer engsten Umgebung - so auch gegenüber ihrem heutigen Verlobten, der bereits seinerzeit mit ihr zusammen im Haus ihrer Eltern lebte - geheim. Als sie in der ersten Oktoberwoche Kindsbewegungen in ihrem Körper feststellte, beschloss sie für sich, dass sie dieses Kind "nicht haben wollte". Alternative Möglichkeiten wie die Freigabe zur Adoption oder die Abgabe in einer Babyklappe verwarf sie. Dass sie bereits in diesem Zeitpunkt vorhatte, das Kind zu töten, vermochte das Landgericht nicht festzustellen. In der Nacht zum 18. Oktober 2007 brachte sie im Badezimmer - ohne dass ihr heutiger Verlobter davon etwas mitbekam - einen männlichen Säugling zur Welt. Spätestens in diesem Augenblick entschloss sie sich, das Kind zu töten. "Sie befürchtete, ihr bisheriges Leben, das sich im Wesentlichen dadurch auszeichnete, dass sie keinerlei Verantwortung für sich oder andere trug, in den Tag hinein lebte und von ihren Eltern unterstützt wurde , nicht fortsetzen zu können. Sie fühlte sich zu jung für ein Kind und wollte 'noch etwas erleben' ... . Daneben spielte auch die untergeordnete und diffuse Angst davor eine Rolle, dass ihr heutiger Verlobter die Beziehung zu ihr beenden würde. Dies wollte die Angeklagte verhindern". Sie nahm das Kind und warf es über einen hölzernen Sichtschutz hinweg in den hinter dem elterlichen Anwesen entlang führenden Mühlgraben. In diesem Zeitpunkt war das Kind nicht ausschließbar infolge Einatmens von zu viel Fruchtwasser bereits verstorben. Die Angeklagte selbst ging jedoch bis zum Schluss davon aus, dass das Kind noch lebe.

II.


3
1. Die Annahme des Landgerichts, die Angeklagte habe aus niedrigen Beweggründen im Sinne des Mordtatbestandes des § 211 Abs. 2 StGB gehandelt , begegnet entgegen der Auffassung der Revision, der der Generalbundesanwalt beigetreten ist, keinen rechtlichen Bedenken.
4
a) Die Beurteilung der Frage, ob Beweggründe zur Tat "niedrig" sind und - in deutlich weiterreichendem Maße als ein Totschlag - verachtenswert erscheinen , hat auf Grund einer Gesamtwürdigung aller äußeren und inneren für die Handlungsantriebe des Täters maßgeblichen Faktoren, insbesondere der Umstände der Tat, der Lebensverhältnisse des Täters und seiner Persönlichkeit zu erfolgen (st. Rspr.; vgl. BGHSt 47, 128, 130 m.w.N.). Bei den insoweit zu treffenden Wertungen steht dem Tatrichter ein Beurteilungsspielraum zu, den das Revisionsgericht nicht durch eigene Erwägungen ausfüllen kann (vgl. BGHR StGB § 211 Abs. 2 niedrige Beweggründe 47; Senatsurteil vom 19. Juni 2008 - 4 StR 105/08). Danach ist die Annahme niedriger Beweggründe hier aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden.
5
Die Angeklagte wollte, als sie sich zur Tötung des Kindes entschloss, nach ihren eigenen Angaben "noch etwas erleben" und jetzt noch nicht die Verantwortung für ein Kind übernehmen. Demgegenüber war - wie das Landgericht mit tragfähiger Begründung ausgeführt hat - die diffuse Angst der Angeklagten, ihr heutiger Verlobter könne sich wegen des Kindes womöglich von ihr trennen, nur von untergeordneter Bedeutung. Vielmehr wollte die Angeklagte nach der rechtsfehlerfrei gewonnenen Überzeugung des Landgerichts "entscheidungslenkend" das Kind als "Störfaktor" beseitigen, um ihr bisheriges Leben in gewohnter Form fortsetzten zu können. Dass der Täter auch eigene Interessen verfolgt, ist zwar der Regelfall der vorsätzlichen Tötung eines Anderen und rechtfertigt deshalb noch nicht ohne Weiteres die Qualifikation der Tat als Mord. Deshalb wird auch nach Aufhebung des § 217 StGB a.F. durch das 6. StrRG (vgl. dazu BTDrucks 13/8587 S. 34) in den Fällen der Kindstötung die Annahme von Mord nur ausnahmsweise in Betracht kommen (vgl. Senatsurteil vom 19. Juni 2008 – 4 StR 105/08). Anders verhält es sich jedoch, wenn die Tat von besonders krasser Selbstsucht geprägt ist. So liegt es hier.
6
b) Ein durchgreifender Rechtsfehler ergibt sich auch nicht daraus, dass das Landgericht nicht ausdrücklich erörtert hat, dass die Angeklagte die Umstände , die die Niedrigkeit ihrer Beweggründe ausmachen, im Tatzeitpunkt in ihrer Bedeutung für die Tatausführung in ihr Bewusstsein aufgenommen und erkannt hat. Näherer Ausführungen hierzu bedurfte es vorliegend nicht. Die An- geklagte war im Tatzeitpunkt trotz der Belastung durch die Geburt nach den Ausführungen des gehörten psychiatrischen Sachverständigen, denen die Kammer gefolgt ist und gegen die auch die Revision nichts einwendet, uneingeschränkt schuldfähig. Sie hat sich zudem im Laufe des Verfahrens mehrfach ausdrücklich zu dem festgestellten, von Eigensucht geprägten Motiv bekannt. Mag manches - wie der Generalbundesanwalt in seiner Zuschrift an den Senat zu bedenken gegeben hat - in dem Verhalten und in den Äußerungen der Angeklagten auch für eine gewisse Naivität und Unreife sprechen, vermag dies gleichwohl die subjektive Tatseite nicht ernsthaft in Zweifel zu ziehen. Denn die Angeklagte hat sich auch im Nachhinein nicht etwa von ihren sie bei der Tat beherrschenden Beweggründen distanziert, sondern hat noch in der Hauptverhandlung "schnippisch und zumeist genervt" auf ihrem Standpunkt beharrt. Unter diesen Umständen hat der Umstand, dass die Angeklagte nach den Ausführungen des psychiatrischen Sachverständigen eine hohe Impulsivität und eine Neigung zum Blockieren aufweist, für die innere Tatseite ersichtlich keine Bedeutung. Hinzu kommt, dass auch die Art und Weise der Tatausführung selbst (der Wurf des Kindes über die Holzbarriere hinweg in den Mühlgraben) eine erschreckende „Wegwerfmentalität“ offenbart.
7
2. Der in Anbetracht der Tatumstände vergleichsweise milde Strafausspruch weist ebenfalls keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten auf.
8
Damit hat es bei dem angefochtenen Urteil sein Bewenden.
Tepperwien Maatz Kuckein
Athing Mutzbauer
10
Als S. das Haus betreten hatte, war Christian C. von dessen Erscheinen überrascht. Er war auf Grund der Telefongespräche davon ausgegangen , dass sich S. in dem mehr als 30 km entfernten Ort Neunkirchen aufhielt. C. befürchtete nun endgültig, auch auf Grund dieser Täuschung, dass S. einen Anschlag auf ihn plante. Um S. zu beschwichtigen, umarmte er ihn freundschaftlich. S. verlangte erneut die Rückzahlung des ausstehenden Geldes, worauf C. wieder auf seine hohen Verbindlichkeiten beim Finanzamt hinwies. Die nunmehr zum Teil heftig und lautstark geführte Diskussion - bei der Kokain konsumiert wurde - steigerte sich immer mehr. S. lief aufgebracht in dem Raum hin und her. Als er glaubte, keine Rückzahlung seiner Schulden erhalten zu können, wollte er C. hierfür bestrafen (UA 48). Er feuerte, in der Absicht, Christian C. zu töten, aus der mitgeführten Pistole, die er unbemerkt unter seiner über dem Arm liegenden Lederjacke verborgen hatte, von hinten einen aufgesetzten Schuss durch die Jacke in den linken Brustkorb des C. . Als dieser daraufhin zu Boden fiel, gab S. zwei weitere, wiederum aufgesetzte Schüsse in den Kopf des Christian C. ab. Dieser verstarb innerhalb weniger Minuten. Anschließend reinigten S. und O. den Tatort, beseitigten Spuren und flüchteten mit V. .
Nachschlagewerk: ja
BGHSt : nein
Veröffentlichung : ja
1. Das Motiv der "Blutrache" ist regelmäßig als niedriger Beweggrund anzusehen.
Eine Ausnahme kann gelten, wenn dem Täter seinerseits durch
das Opfer mit der Tötung eines nahen Angehörigen erhebliches Leid
zugefügt wurde, das ihn zur Tatzeit noch gravierend belastete.
2. Zur Problematik wiederholten Nachfragens bei einem unverteidigten Angeklagten
, der sich auf sein Schweigerecht beruft und seine Aussagebereitschaft
von einer vorherigen Besprechung mit seinem Verteidiger abhängig
macht.
BGH, Beschluss vom 10. Januar 2006 – 5 StR 341/05 – LG Göttingen –

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 10. Januar 2006
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen Mordes u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 10. Januar 2006

beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten B und Han G wird das Urteil des Landgerichts Göttingen vom 18. Januar 2005 nach § 349 Abs. 4 StPO
a) im Schuldspruch dahingehend abgeändert, aa) dass der Angeklagte B G wegen Totschlags und bb) die Angeklagte Han G im Fall A II 4 der Urteilsgründe wegen Beihilfe zum Totschlag verurteiltist,
b) im Strafausspruch betreffend dieser Angeklagten aufgehoben ; hiervon ausgenommen ist die gegen Han G im Fall A II 5 der Urteilsgründe (Waffendelikt) verhängte Einzelfreiheitsstrafe.
2. Die weitergehenden Revisionen der Angeklagten B und Han G sowie die Revision des Angeklagten Has G gegen das genannte Urteil werden nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
3. Der Angeklagte Has G trägt die Kosten seines Rechtsmittels und die dadurch entstandenen notwendigen Auslagen der Nebenkläger.
4. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel der Angeklagten B und Han G , an eine andere Schwurgerichtskammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e Das Schwurgericht hat die Angeklagten B G und Has G jeweils wegen (gemeinschaftlichen) Mordes zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Gegen die Angeklagte Han G hat es wegen Beihilfe zum Mord und wegen unerlaubten Besitzes und Führens einer halbautomatischen Kurzwaffe eine Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und zwei Monaten verhängt (Einzelfreiheitsstrafen: sechs Jahre, sechs Monate). Zudem sind ein PKW und verschiedene Waffenteile eingezogen worden; den Angeklagten B und Has G ist jeweils die Fahrerlaubnis – bei einer Sperrfrist von zwei Jahren – entzogen worden. Die Revisionen der Angeklagten B und Han G haben den aus dem Tenor ersichtlichen Teilerfolg ; im Übrigen sind die Rechtsmittel dieser Angeklagten ebenso unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO) wie die Revision des Angeklagten Has G insgesamt.

I.


Das Schwurgericht hat folgende Feststellungen getroffen:
Ursprung des abgeurteilten Geschehens, der Tötung des H K im Sommer 2003, war ein bislang ungesühntes Tötungsdelikt an Ham G , Ehemann der Han G , Vater des B G und Onkel des Has G . Ham G war im Sommer 1998 nach einer erfolgreichen Versöhnung zwischen den Familien K und G hinterrücks in seinem Auto
erschossen worden, als er gerade – herzlich verabschiedet – vom Haus des H K aufbrach. Zum Tatort war Ham G im Anschluss an das eigentliche Versöhnungstreffen, bei dem das geistliche Oberhaupt der in Deutschland ansässigen Y mitwirkte, zu deren Religionsgemeinschaft beide aus dem türkischen Kurdengebiet stammenden Familien gehören, nur auf den nachdrücklichen Wunsch des H K gekommen. Die Angeklagten vermuteten deshalb, dieser sei der eigentliche Drahtzieher der aus ihrer Sicht besonders niederträchtigen Tötung ihres Verwandten. Diese Tat ist bis heute von der saarländischen Justiz noch nicht aufgeklärt. Nachdem zunächst ein – offensichtlich bewusst vorgeschickter – Jugendlicher die Tat zu Unrecht auf sich genommen hatte und freigesprochen wurde, ist die Sache nach neuerlicher Eröffnung des Hauptverfahrens im Mai 2001 gegen andere Mitglieder der Familie K (darunter allerdings nicht H K ) bis zur Verkündung des angegriffenen Urteils noch nicht terminiert worden. Die als Nebenkläger an jenem Verfahren beteiligten Angehörigen des Getöteten Ham G waren über die fehlende Sühne der Tat zunehmend enttäuscht und fühlten sich von den Behörden im Stich gelassen.
H K lebte seit der Tötung Ham G s mit seiner Familie in steter Furcht vor Racheakten der Familie G : Er wandte sich aus Angst vor Nachstellungen wiederholt an die Polizei, legte dort Aufzeichnungen über eingegangene Drohanrufe vor, beanspruchte Polizeischutz, veräußerte schließlich alsbald nach der Tötung Ham G s seinen Betrieb und siedelte aus Sicherheitsgründen vom Saarland in den Raum Göttingen um. Dort fühlte er sich jedoch ebenfalls beobachtet und verfolgt; er ließ häufig Kennzeichen fremder Fahrzeuge von der Polizei überprüfen und erstattete Anzeige, wenn unbekannte Personen nach seiner Auffassung sein Haus beobachteten. Letztmalig berichtete H K seiner Familie aufgeregt zwei bis drei Wochen vor seiner Tötung, dass ihm ein Fahrzeug mit auffälligem Kennzeichen entgegengekommen sei; den PKW ordnete er der Familie G zu.
Am Tattag wurde H K unmittelbar vor dem eigentlichen Tatgeschehen auf der gesamten Fahrt in seinem PKW von einem Göttinger Krankenhaus, wo er seine Ehefrau besucht hatte, zu seinem Wohnhaus in Reinhausen von den Angeklagten im PKW des Has G verfolgt; B G steuerte dieses Fahrzeug. Aufgrund von Angaben zuvor besuchter Bekannter wähnten die Angeklagten H K auf einem mehrtägigen Besuch in einer anderen Stadt; sie wollten diese Gelegenheit dazu nutzen, die Ehefrau H K s bei einem Krankenhausbesuch durch Han G über den Hintergrund der Tötung Ham G s auszuhorchen. Am Krankenhaus erkannten die Angeklagten zufällig den ihnen verhassten H K ; sie entschlossen sich spontan, die günstige Gelegenheit zu seiner Verfolgung und Tötung zu nutzen. G K , der neunjährige Sohn H K s, der den Vater zusammen mit dessen fünfjähriger Enkelin zu dem Krankenbesuch der Mutter begleitet hatte, machte seinen Vater auf der Rückfahrt mehrfach auf ein ihnen folgendes Fahrzeug aufmerksam. Er wies auch darauf hin, dass der verfolgende PKW sogar rote Ampeln überfahre, um hinter ihnen zu bleiben. H K ließ seine beiden Kinder direkt vor der Tür seines Hauses aussteigen und parkte seinen PKW nach einem Wendemanöver auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Noch während er sich im Fahrzeug befand, wurde er aus dem PKW der Angeklagten heraus von Has G erschossen. Dieser saß auf der Beifahrerseite; hinter ihm saß die Angeklagte Han G . Aufgrund mehrerer Zeugenaussagen wurden die Angeklagten nach kurzer Flucht zeitnah zur Tat festgenommen. Während sie die eigentliche Tatwaffe zerlegt aus dem Fenster geworfen hatten, verbarg Han G bei ihrer Festnahme am Körper eine weitere scharfe Pistole ihres Sohnes B .
Das Landgericht hat die Tötung H K s als gemeinschaftlichen heimtückischen Mord aus niedrigen Beweggründen bewertet; die Angeklagten hätten aus dem Motiv der „Blutrache“ gehandelt, was auf moralisch tiefster Stufe stehe.

II.

Die Verfahrensrügen haben keinen Erfolg, während die Sachrügen zum Wegfall des Mordmerkmals der Heimtücke bei allen Angeklagten und zusätzlich des Mordmerkmals der niedrigen Beweggründe bei B und Han G führen. 1. Zu den verfahrensrechtlichen Beanstandungen sieht der Senat über die Ausführungen des Generalbundesanwalts hinaus Anlass zu folgenden Bemerkungen:
a) Die Rüge, bei der Vernehmung des neunjährigen Zeugen G K über die von ihm wahrgenommenen Umstände der Tötung seines Vaters H K hätten die nach § 247 Satz 2 Alt. 1 StPO ausgeschlossenen Angeklagten wieder zugelassen werden müssen, weil dies der Zeuge gewünscht habe, geht fehl. Über die Frage, ob von der Vernehmung in Anwesenheit der Angeklagten ein erheblicher Nachteil für das Wohl eines kindlichen Zeugen zu befürchten ist, hat das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen, nicht der kindliche Zeuge zu entscheiden. Rechtsfehler lässt die Entscheidung des Landgerichts nicht erkennen.
Dass das Schwurgericht den Angeklagten nicht die Möglichkeit eingeräumt hat, die Vernehmung durch eine Videosimultanübertragung mitzuverfolgen (vgl. hierzu BGHR StPO § 247 Abwesenheit 25; Meyer-Goßner, StPO 48. Aufl. § 247 Rdn. 14a; jeweils m.w.N.), berührt nicht den geltend gemachten absoluten Revisionsgrund, sondern die Pflicht zur Unterrichtung der aus der Hauptverhandlung entfernten Angeklagten. Auch insoweit wäre schon in Ermangelung eines in der Hauptverhandlung gestellten entsprechenden Antrags revisionsgerichtlich nichts zu erinnern.

b) Im Ansatz zutreffend rügen die Beschwerdeführer einzelne Verhaltensweisen von Ermittlungsbeamten bei der Befragung des Angeklagten B G als Beschuldigter im Ermittlungsverfahren.
aa) Nach den Feststellungen des Schwurgerichts erklärte B G wiederholt, keine Angaben zur Sache machen, sondern zunächst einen Verteidiger konsultieren zu wollen. Gleichwohl äußerte er sich bis zu seiner Vorführung in drei verschiedenen Situationen gegenüber drei Polizeibeamten zu einzelnen Sachverhaltsfragen:
Zum einen kam es zu einer Spontanäußerung über Schmauchspuren und zu der bei seiner Mutter gefundenen Pistole im Rahmen der erkennungsdienstlichen Behandlung. Im weiteren Verlauf der Nacht erklärte B G gegenüber dem Polizeibeamten KOK Ku nach erfolgter erneuter Belehrung, er wolle keine Aussage machen, es sei denn, sein Anwalt würde ihm dies empfehlen. Nachdem KOK Ku des ungeachtet fragte, ob sie während weiterer Wartezeit „miteinander sprechen“ könnten, erklärte sich B G bereit, sich mit dem Zeugen zu unterhalten, und berichtete anschließend von seinen persönlichen Verhältnissen und der Vorgeschichte der Tat. Der Zeuge Ku fragte nun nach, ob B G jetzt doch etwas zur Tat sagen wolle. Dieser wiederholte, dass er zur Tat selbst nichts sagen wolle , erklärte aber, dass „getan wurde, was getan werden musste“. Zudem wiederholte B G seine spontanen anfänglichen Angaben zu der bei seiner Mutter gefundenen Waffe.
Auf die ihm aktuell überbrachte neue Information, dass diese Waffe tatsächlich nicht die Tatwaffe sein konnte, fragte der Zeuge Ku den Angeklagten B G nach dem Verbleib der Tatwaffe und betonte dabei eine mögliche Gefährdung spielender Kinder. B G machte dazu deutlich , dass er zu diesem Punkt nichts sagen wolle. Auf weitere Fragen des Zeugen Ku zur Fahrstrecke von Reinhausen bis zur Festnahme machte B G hierzu Angaben. Deren förmliche Protokollierung lehnte er indes ab; statt dessen bat er darum, dass ein namentlich benannter Verteidiger von seiner Festnahme informiert werden sollte. Diese Bitte erfüllte der Zeuge Ku in der Folgezeit nicht.
Am Morgen des Folgetages sollte B G von dem Zeugen KK Be der Haftrichterin vorgeführt werden. Der Zeuge wusste, dass der Angeklagte B G noch ohne Kontakt zu dem benannten Verteidiger gewesen war und keine Angaben machen wollte. Gleichwohl suchte KK Be während der Wartezeit das Gespräch mit ihm. B G machte anschließend erneut Angaben zu seinen Lebensumständen und zur Vorgeschichte der Tat; schließlich erklärte er noch, dass H K ständig mit einem Anschlag auf sein Leben habe rechnen müssen, weil er angerufen und ihm die Möglichkeit eröffnet worden sei, er solle sich selbst erschießen. Vor der Haftrichterin schwieg B G wie auch in der Folgezeit. Erst gegen Ende der Hauptverhandlung hat er sich in einer vorbereitenden Erklärung leugnend zur Sache eingelassen und – wie der Angeklagte Has G – die Tötung einem nicht benannten vierten Familienmitglied angelastet.
bb) Bedenklich erscheint bereits die Frage an B G , ob man nicht „miteinander sprechen“ könne, nachdem sich der Angeklagte gerade nach Belehrung ausdrücklich auf sein Schweigerecht berufen und eventuelle Äußerungen von der vorherigen Konsultation eines Verteidigers abhängig gemacht hatte.
Durch dieses Verhalten könnte bei einem Beschuldigten der fehlerhafte Eindruck hervorgerufen werden (vgl. auch § 136a Abs. 1 Satz 1 StPO), ein solches bloßes „Gespräch“ unterscheide sich in seiner Verwertbarkeit von einer „förmlichen“ Vernehmung. Dass B G tatsächlich nicht in dieser Weise getäuscht wurde, ergibt sich indes aus seinem differenzierten Aussageverhalten; nach wie vor unterschied er genau, zu welchen Themen er etwas sagen wollte (insbesondere Tatvorgeschichte) und zu welchen nicht (konkrete Tatumstände).
Darüber hinaus kann stetiges Nachfragen ohne zureichenden Grund das Schweigerecht des unverteidigten Beschuldigten entwerten. Nachfragen sind nach ausdrücklicher Ausübung des Schweigerechts zwar dann gänzlich
unproblematisch, wenn – wie hier hinsichtlich der Tatwaffe und der davon ausgehenden Fremdgefährdung – neue Informationen erlangt werden, zu denen sich der Beschuldigte noch nicht positionieren konnte, eine neue prozessuale Situation eingetreten oder eine gewisse Zeitspanne verstrichen ist, in denen sich die Auffassung des Beschuldigten geändert haben kann. Jenseits solcher neuer Umstände oder eines möglichen Sinneswandels darf das Schweigerecht jedenfalls bei einem unverteidigten Beschuldigten nicht dadurch missachtet werden, dass beständig auf verschiedenen Wegen versucht wird, den Beschuldigten doch noch zu Angaben in der Sache zu bringen.
cc) Erst recht bedenklich sind beharrliche Nachfragen gegenüber einem Beschuldigten, der sich zur Frage einer Aussage zunächst mit einem von ihm benannten Verteidiger besprechen und bis dahin schweigen will, wenn die Benachrichtigung dieses Verteidigers unterbleibt.
Zwar sieht der Senat auch in Konstellationen wie der vorliegenden keinen Anlass für ein Innehalten mit einer Vernehmung des Beschuldigten bis zur Bestellung eines Pflichtverteidigers (vgl. BGHSt 47, 233, 235 ff.; vgl. aber auch BGHSt 47, 172, 176 ff.; BGH, Beschl. vom 18. und 19. Oktober 2005 – 1 StR 114/05 und 117/05). Der Wunsch des Beschuldigten nach Rücksprache mit seinem Verteidiger zur Erörterung der Frage, ob eine Einlassung erfolgen soll oder nicht, darf aber nicht durch ständige Nachfrage missachtet werden, ohne dass dem Wunsch nach Benachrichtigung eines benannten Verteidigers zuvor nachgekommen wird. Die Besprechung mit einem Verteidiger soll dem Beschuldigten die Möglichkeit eröffnen, sich in der für seine Verteidigung höchst bedeutsamen Frage, ob er aussagen will oder nicht, mit einem Verteidiger zu beraten (BGHSt 38, 372, 373). Bittet ein Beschuldigter, der seine Aussagebereitschaft an die vorherige Konsultation eines Verteidigers knüpft, ausdrücklich um Benachrichtigung eines benannten Verteidigers, darf nicht weiter in den Beschuldigten gedrungen werden, wenn die erbetene Benachrichtigung nicht erfolgt (vgl. auch BGHSt 42, 15,
19; 38, 372, 373 einerseits, BGHSt 42, 170, 171 f. andererseits). Das Schweigerecht des Beschuldigten würde missachtet, wenn – wie hier vor dem Haftrichtertermin – ein benannter Verteidiger nicht informiert, sondern stattdessen ein Beschuldigter ohne ergänzende Hinweise weiter befragt wird, obgleich er zuvor ausdrücklich erklärt hat, er wolle ohne vorherige Konsultation seines Verteidigers nichts sagen.
dd) Ob das danach im Ausgangspunkt zu Recht beanstandete Vorgehen der Ermittlungsbeamten nach entsprechendem Widerspruch in der Hauptverhandlung angesichts der differenzierten Reaktionen des befragten Beschuldigten, die für eine zutreffende Einschätzung der Verwertbarkeit seiner Äußerungen sprechen, zu einem Verwertungsverbot hinsichtlich der auf diese Weise erlangten Angaben führen würde und ob sich hierauf gegebenenfalls auch Mitbeschuldigte berufen könnten (vgl. dazu BGHR StPO § 136 Belehrung 5; Meyer-Goßner, StPO 48. Aufl. § 136 Rdn. 20 m.w.N.), kann letztlich offen bleiben. Der Senat kann ausschließen, dass das Urteil auf diesen Angaben B G s im Ermittlungsverfahren beruht (§ 337 Abs. 1 StPO).
Die Angaben B G s hat das Schwurgericht lediglich an solchen Stellen der Beweisführung verwertet, die nichts mit der eigentlichen Tatbegehung zu tun haben oder in anderer Weise von B G oder anderen Zeugen hinreichend bestätigt wurden. Dass H K vom neben ihm sitzenden Beifahrer erschossen wurde, als B G den PKW seines Cousins führte, hat B G in der Hauptverhandlung selbst zugegeben. Diese Aussage korrespondiert mit weiteren Zeugenaussagen. Zur Widerlegung der gegen Ende der Hauptverhandlung erstmals vorgebrachten wenig detailreichen Angaben B und Has G s zu einem angeblichen vierten Familienmitglied, das unvorhersehbar spontan und ohne Billigung der übrigen Fahrzeuginsassen H K erschossen habe, und zur Überzeugungsbildung von der gemeinschaftlichen Tötung H K s unter Beteiligung von Han G hat das Schwurgericht nicht auf die Angaben
B G s im Ermittlungsverfahren, sondern auf mehrere Aussagen geschehensnaher Zeugen, das Spurenbild im PKW der Angeklagten, ihre Einlassungen in der Hauptverhandlung zum Tatgeschehen und die Feststellungen zur tatnahen Festnahme zurückgegriffen.
Dass die bei seiner Mutter gefundene Pistole ihm gehört, hat B G auch in seiner Einlassung in der Hauptverhandlung angegeben. Die weiteren Angaben B G s zur Vorgeschichte der Tat, zu seinen persönlichen Verhältnissen und zur Fahrstrecke waren, soweit die entsprechenden Feststellungen die Angeklagten überhaupt be- und nicht entlasten, angesichts weiterer Beweismittel für die Beweiswürdigung ersichtlich entbehrlich.
2. Die Sachrüge führt zur Aufhebung des Mordmerkmals der Heimtücke bei allen Angeklagten und zur Aufhebung des Mordmerkmals der niedrigen Beweggründe bei den Angeklagten B und Han G .

a) Die Feststellungen des Schwurgerichts belegen eine heimtückische Tötung nicht.
aa) Nach ständiger Rechtsprechung handelt heimtückisch, wer in feindlicher Willensrichtung die Arg- und Wehrlosigkeit des Opfers bewusst zu dessen Tötung ausnutzt. Arglos ist der Getötete dann, wenn er nicht mit einem gegen seine körperliche Unversehrtheit gerichteten erheblichen, gar mit einem lebensbedrohlichen Angriff rechnet. Diese Arglosigkeit kann aus unterschiedlichen Gründen entfallen. Maßgeblich sind jeweils die Umstände des konkreten Falles (vgl. BGHSt 48, 207, 210 m.w.N.). Heimtückisch handelt nur, wer die Arg- und Wehrlosigkeit des Opfers zur Tat ausnutzt. Voraussetzung hierfür ist, dass der Täter sich bewusst ist, einen ahnungs- und schutzlosen Menschen zu überraschen, und dass er diese Situation in ihrer Bedeutung für die Tatausführung erkennt und nutzt (vgl. BGHR StGB § 211 Abs. 2 Heimtücke 11).
bb) Nach diesen Kriterien hält die Annahme einer heimtückischen Tötung revisionsgerichtlicher Überprüfung nicht stand:
H K rechnete seit geraumer Zeit ernsthaft und begründet mit einem Anschlag auf sein Leben. Deshalb hatte er seine Firma mit Verlust verkauft und war in ein anderes Bundesland umgezogen. Auch noch kurz vor der Tat war er stets misstrauisch und besorgt, wenn ihm in seiner Wohnumgebung fremde Fahrzeuge auffielen. Vor diesem ganz besonderen Hintergrund – einer wesentliche Teile des Lebens bestimmenden jahrelangen Angst vor einem tödlichen Anschlag – durfte sich das Landgericht hinsichtlich der festgestellten wiederholten und eindrücklichen Warnungen H K s durch seinen Sohn vor der Verfolgung durch einen fremden PKW unmittelbar vor der Tat nicht mit der Erwägung begnügen, aus seinen beschwichtigenden Äußerungen gegenüber seinem Sohn G ergebe sich, dass er selbst arglos gewesen sei. Denn dabei hat das Schwurgericht die nahe liegende Möglichkeit außer Acht gelassen (vgl. hierzu BGHSt 25, 365, 367), dass solche Beschwichtigungen gegenüber Kindern gerade auch von tatsächlich besorgten Eltern geäußert werden können, die ihre Kinder damit lediglich in Sicherheit wiegen und beruhigen wollen (vgl. Mosbacher NStZ 2005, 690, 691). In diesem Zusammenhang blieb zudem die Aussage G K s unberücksichtigt, wonach sein Vater mit erheblicher Geschwindigkeit unmittelbar vor die Haustür gefahren sei, um dort zunächst die Kinder mit der Aufforderung aussteigen zu lassen, schnell ins Haus zu laufen (UA S. 153); dies spricht dafür, dass H K die Kinder deshalb in Sicherheit bringen wollte, weil er die Gefahr erkannt hatte.
Bei Berücksichtigung dieser vom Schwurgericht vernachlässigten gewichtigen Umstände, die gegen die Annahme von Arglosigkeit sprechen, vermögen die tatrichterlichen Feststellungen zum Verhalten des Opfers unmittelbar vor Abgabe der tödlichen Schüsse – Abstellen des Fahrzeugs und Abziehen des Fahrzeugschlüssels – alleine die Annahme von Heimtücke nicht tragfähig zu belegen; solches Verhalten kann unter Berücksichtigung
der besonderen Umstände des vorliegenden Falls auch als nicht besonders überlegtes, eher kopfloses Verhalten eines angstbesetzten Verfolgten gesehen werden.
Abgesehen davon ist auch die subjektive Seite einer heimtückischen Tötung nicht rechtsfehlerfrei belegt. Die Angeklagten können nach den Feststellungen zu ihrer spontanen Verfolgungsfahrt vom Krankenhaus bis zum Wohnhaus ihres Opfers angesichts der Drohungen im Vorfeld kaum davon ausgegangen sein, dass diese Verfolgung unbemerkt und H K arglos geblieben ist.
Der Senat schließt angesichts der Gegebenheiten des vorliegenden Falls aus, dass weitergehende Feststellungen möglich sind, die zur tragfähigen Annahme von Heimtücke führen könnten; dieses Mordmerkmal hat demnach zu entfallen.

b) Bei den Angeklagten B und Han G begegnet auch die Annahme niedriger Beweggründe auf der Grundlage der landgerichtlichen Feststellungen durchgreifenden Bedenken. Der Verweis des Schwurgerichts auf das als niedrig zu bewertende Motiv der „Blutrache“ greift bei diesen Angeklagten zu kurz.
aa) Die Beurteilung der Frage, ob Beweggründe zur Tat „niedrig“ sind, also nach allgemeiner sittlicher Wertung auf tiefster Stufe stehen, mithin in deutlich weiterreichendem Maße als bei einem Totschlag als verwerflich und deshalb als besonders verachtenswert erscheinen, hat aufgrund einer Gesamtwürdigung aller äußeren und inneren für die Handlungsantriebe des Täters maßgeblichen Faktoren zu erfolgen. Dabei ist der Maßstab für die Bewertung eines Beweggrundes den Vorstellungen der Rechtsgemeinschaft der Bundesrepublik Deutschland und nicht den Anschauungen einer Volksgruppe , die die sittlichen und rechtlichen Werte dieser Rechtsgemeinschaft
nicht anerkennt, zu entnehmen (vgl. BGHR StGB § 211 Abs. 2 niedrige Beweggründe 41 m.w.N.; Tröndle/Fischer, StGB 53. Aufl. § 211 Rdn. 14 ff.).
Gefühlsregungen wie Wut, Zorn, Ärger, Hass und Rachsucht kommen nur dann als niedrige Beweggründe in Betracht, wenn sie ihrerseits auf niedrigen Beweggründen beruhen, also nicht menschlich verständlich, sondern Ausdruck einer niedrigen Gesinnung des Täters sind (st. Rspr., vgl. nur BGHR StGB § 211 Abs. 2 niedrige Beweggründe 16, 22, 23, 28, 30, 36; BGH NStZ 1995, 181; BGH StV 2001, 228, 229). Beruhen diese tatauslösenden und tatbestimmenden Gefühlsregungen dagegen auf dem (berechtigten) Gefühl erlittenen schweren Unrechts und entbehren sie damit nicht eines beachtlichen , jedenfalls einleuchtenden Grundes, spricht dies gegen eine Bewertung als „niedrig“ im Sinne der Mordqualifikation (vgl. BGHR StGB § 211 Abs. 2 niedrige Beweggründe 18, 30, 32). Schwerwiegende Kränkungen durch das Opfer, die das Gemüt des Betroffenen immer wieder heftig bewegen , können sogar im Fall heimtückischer Tötung die Verhängung lebenslanger Freiheitsstrafe unangebracht sein lassen (vgl. Großer Senat BGHSt 30, 105, 119; BGHR StGB § 211 Abs. 1 Strafmilderung 7).
bb) Eine Tötung aus dem Motiv der „Blutrache“ ist in aller Regel deshalb als besonders verwerflich und sozial rücksichtslos anzusehen, weil sich der Täter dabei seiner persönlichen Ehre und der Familienehre wegen gleichsam als Vollstrecker eines von ihm und seiner Familie gefällten Todesurteils über die Rechtsordnung und einen anderen Menschen erhebt (BGHR StGB § 211 Abs. 2 niedrige Beweggründe 29; Nehm in Festschrift für Albin Eser 2005 S. 419, 422 ff.; vgl. zu Tötungen aus „Blutrache“ auch BGH, Urt. vom 28. August 1979 – 1 StR 282/79; BGH, StV 1998, 130; BGH, Urt. vom 24. Juni 1998 – 3 StR 219/98; BGH, Beschl. vom 23. März 2004 – 4 StR 466/03 und 9/04). Ein niedriger Beweggrund wird in aller Regel in denjenigen Fällen von „Blutrache“ ohne weiteres anzunehmen sein, in denen allein die Verletzung eines Ehrenkodex als todeswürdig angesehen wird oder in denen ein Angehöriger einer Sippe als Vergeltung für das Verhalten eines anderen
Sippenangehörigen, an dem ihn keine persönliche Schuld trifft, getötet wird. Auch die Tötung als Vergeltung für ein als ehrenwidrig bewertetes Verhalten, das indes seinerseits nicht in der Tötung oder zumindest schweren Verletzung einer anderen Person bestand, wird regelmäßig als niedrig zu bewerten sein. Eine differenzierte Betrachtung ist hingegen insbesondere dann geboten , wenn mit der „Blutrache“ – wie hier – Vergeltung an jemandem geübt wird, der seinerseits nachvollziehbar als schuldig an der Tötung eines anderen Menschen erachtet wird.
Allgemein darf die Bezeichnung eines Motivs als „Blutrache“ nämlich nicht die notwendige differenzierte Betrachtung des tatsächlichen Geschehens ersetzen (vgl. Nehm in Festschrift für Albin Eser 2005 S. 419, 424). Bei allgemein motivierten Tötungsantrieben wie Wut, Zorn, Hass oder Verzweiflung kann die Gefahr bestehen, dass sie fälschlich einer mit Selbstverständlichkeit als niedrig zu bewertenden Blutrache zugeordnet werden, obgleich die Niedrigkeit am Maßstab der inländischen Werteordnung zu verneinen wäre (vgl. Nehm aaO).
Gerade bei dem Verlust naher Angehöriger durch eine Gewalttat sind rachemotivierte Tötungen nicht ohne weiteres als Mord aus niedrigen Beweggründen zu bewerten (BGH, Urt. vom 28. August 1979 – 1 StR 282/79; BGH StV 1998, 130; vgl. aber auch Schneider in MünchKomm StGB § 211 Rdn. 86 f.). Hat der Täter aus persönlichen Motiven aufgrund schwerer Kränkung durch Tötung eines ihm besonders nahe stehenden Angehörigen gehandelt , ist diese Form von „Selbstjustiz“ zwar keineswegs billigenswert (vgl. BGH StV 1998, 130; BGHR StGB § 211 Abs. 2 niedrige Beweggründe 28; BGHR StGB § 211 Abs. 1 Strafmilderung 7). Die Tat kann aber auch nicht nur deshalb als besonders verwerflich eingestuft werden, weil der Täter aus einem Kulturkreis stammt, in dem der Gesichtspunkt der „Blutrache“ bis heute relevant ist (vgl. Tröndle/Fischer, StGB 53. Aufl. § 211 Rdn. 14b). Es ist also danach zu differenzieren, ob der Angeklagte tatsächlich allein aus einem ersichtlich nicht billigenswerten Motiv der „Blutrache“, und damit aus niedri-
gen Beweggründen, oder aus einer besonderen Belastungssituation infolge des Verlustes seiner wesentlichen Bezugsperson bzw. aus ähnlichen, nicht per se niedrigen Motiven heraus gehandelt hat (vgl. BGH, Urt. vom 24. Juni 1998 – 3 StR 219/98).
cc) Ob ein durch Tötung naher Angehöriger zugefügtes Leid auch jenseits von Spontantaten (hierzu Schneider aaO Rdn. 87) derart erheblich ist, dass der Beweggrund insgesamt nicht mehr als besonders verwerflich und verachtenswert erscheint, kann nur nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls bestimmt werden. Maßstab sind insbesondere Gewicht und nähere Umstände der Vortat (vgl. BGH StV 1998, 130), u. U. deren strafjustizelle Aufarbeitung, Näheverhältnis zum Getöteten (vgl. § 395 Abs. 2 Nr. 1 StPO), Grad fortdauernder persönlicher Betroffenheit (vgl. hierzu auch BGH, Beschl. vom 23. März 2004 – 4 StR 466/03 und 9/04) und konkrete objektive Umstände der Tötung (vgl. BGHR StGB § 211 Abs. 1 Strafmilderung 7).
dd) Nach diesen Kriterien ist die Annahme niedriger Beweggründe bei den Angeklagten B und Han G nicht tragfähig begründet. B G ist der älteste Sohn des auf besonders niederträchtige Weise ermordeten Ham G und muss sich, seit er 20 Jahre alt ist, als Familienoberhaupt maßgeblich um seine Mutter und weitere fünf Geschwister kümmern. Er war – wie Han G – davon überzeugt, dass H K für diesen Anschlag verantwortlich war, weil dieser durch nachdrückliches Zureden Ham G erst dazu gebracht hatte, nach einer Versöhnungszeremonie zum späteren Tatort zu fahren. Trotz der inzwischen vergangenen Zeit war in der Familie des Ermordeten, die auch aufgrund dieser Tat bis jetzt in beengten wirtschaftlichen Verhältnissen zusammenlebt, der Schmerz über die Tat noch deutlich gegenwärtig: die Tötung Ham G s war ständiges Gesprächsthema und insbesondere Han G war davon noch stark emotional betroffen. Die Tat blieb bislang ungesühnt. Der konkrete Entschluss zur Tötung H K s entstand spontan aus der Situation eines zufälligen Treffens am Göttinger Krankenhaus. Angesichts dieser besonderen Umstän-
de entbehrt die Wertung des Landgerichts, auch die Angeklagten B und Han G hätten allein aus einem als niedrig anzusehenden Motiv der „Blutrache“ gehandelt, einer tragfähigen Grundlage.
Der Senat schließt aus, dass eine solche angesichts der bisherigen rechtsfehlerfreien Feststellungen noch gefunden werden könnte.

c) Anders verhält es sich allerdings mit dem Angeklagten Has G , der die tödlichen Schüsse auf H K abgegeben hat. Bei ihm hat das Schwurgericht – anders als bei den noch akut unter den Auswirkungen der Tötung Ham G s leidenden Han und B G – keine eigene besonders gravierende persönliche Betroffenheit durch den Tod seines Onkels festgestellt, die über die Verletzung der „Familienehre“ maßgeblich hinausgereicht hätte. Hierfür spricht nicht nur der im Vergleich zu Han und B G fernere Verwandtschaftsgrad zum Getöteten Ham G ; dabei handelt es sich um ein Kriterium, das auch nach Auffassung des Gesetzgebers bei der rechtlichen Bewertung der Betroffenheit von einem Tötungsdelikt erheblich ist (vgl. § 395 Abs. 2 Nr. 1 StPO). Hinzu kommt die räumliche Entfernung von der Familie des getöteten Ham G : Der Angeklagte Has G lebt seit Jahren in Niedersachsen, während die Familie von Ham G seit vielen Jahren im Saarland ansässig ist. In seiner wirtschaftlichen Existenz war der als Unternehmer erfolgreiche Angeklagte Has G ebenfalls nicht vom Tode Ham G s betroffen. Aufgrund dieser weit größeren räumlichen, familiären und wirtschaftlichen Distanz zum Tode Ham G s erscheint bei Has G das Verhältnis zwischen Anlass und Tat in deutlich weiter reichendem Maße als beim Totschlag verachtenswert und damit niedrig (vgl. auch BGH NStZ 2004, 34); (nur) bei ihm kommen diejenigen Gesichtspunkte zum Tragen, die das Motiv der „Blutrache“ in aller Regel als niedrigen Beweggrund kennzeichnen.
3. Die tatrichterliche Wertung, Han G habe eine Beihilfe zur Tötung H K s begangen, ist aus revisionsgerichtlicher Sicht nicht zu beanstanden.
Das Schwurgericht hat seine Feststellung, die Angeklagte habe ihren Sohn und ihren Neffen bei der Tötung H K s zumindest psychisch unterstützt und hierdurch eine Beihilfe zu deren Tat geleistet, auf eine Gesamtschau aller wesentlichen Umstände gestützt. Auf eine aktive Beihilfehandlung durch mitbestimmenden Einfluss auf das Fahrtziel und den spontanen Tatplan konnte das Schwurgericht vor dem Hintergrund der engen familiären Verbundenheit aus dem besonderen Interesse der Angeklagten an einer Sühne der Ermordung ihres Ehemanns, aus der Tatsache, dass sie das vorherige Reiseziel (Besuch im Krankenhaus) wesentlich bestimmt hatte, und aus ihrem Verhalten bei der Verfolgung durch die Polizei (Verbergen einer Pistole ihres Sohnes am Körper) schließen. Diese Schlussfolgerung beruht auf einer tragfähigen rationalen Grundlage und ist im vorliegenden Fall nicht nur möglich, sondern naheliegend; sie ist vom Revisionsgericht hinzunehmen. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass die Erwägungen des Schwurgerichts über die „Sitzposition“ der Angeklagten in diesem Zusammenhang für sich gesehen weniger überzeugen; die Angeklagte konnte angesichts des spontanen Verfolgungsentschlusses bei Fahrtantritt kaum davon ausgehen, dass H K gerade – wie später geschehen – auf der Beifahrerseite erschossen werde.

III.


Im Ergebnis hat der Wegfall eines Teils der vom Schwurgericht herangezogenen Mordmerkmale folgende Auswirkungen:
1. Nach Wegfall des Mordmerkmals der Heimtücke bleibt Has G wegen Mordes aus niedrigen Beweggründen zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt; B G ist dagegen als Mittäter des gemeinsam ins Werk ge-
setzten Tötungsgeschehens wegen Totschlags schuldig (vgl. auch BGHSt 36, 231). Die Angeklagte Han G hat eine Beihilfe zur gemeinschaftlichen Tötung von H K begangen, die sich für Has G als Mord aus niedrigen Beweggründen, für B G als Totschlag darstellt. Danach ist die Angeklagte Han G lediglich wegen einer Beihilfe zum Totschlag zu bestrafen.
Wegen Beihilfe zu einem vom Angeklagten Has G begangenen Mord könnte Han G allenfalls dann verurteilt werden, wenn sie als Gehilfin ihren Tatbeitrag in Kenntnis der niedrigen Beweggründe Has G s erbracht hätte (vgl. BGH NStZ 1996, 384, 385 m.w.N., insoweit in BGHR StGB § 211 Abs. 2 Niedrige Beweggründe 33 nicht abgedruckt). Dass Han G selbst aus niedrigen Beweggründen gehandelt hat, schließt der Senat wie beim Angeklagten B G aus (s. o.). Die Feststellungen des Schwurgerichts legen zudem nahe, dass die in bäuerlichen Verhältnissen aufgewachsene, des Lesens und Schreibens nicht mächtige, kaum deutsch sprechende und deshalb ganz besonders in ihrem Kulturkreis verhaftete Angeklagte Han G die zur Niedrigkeit der Tötungshandlung des Has G führenden bestimmenden Wertungsgesichtspunkte in ihrem Bedeutungsgehalt geistig nicht nachvollziehen konnte. Auf dieser Grundlage lässt sich der notwendige Vorsatzbezug zum Mordmerkmal des Haupttäters letztlich nicht tragfähig begründen. Da weitergehende Feststellungen insoweit nicht zu erwarten sind, ändert der Senat den Schuldspruch auf Beihilfe zum Totschlag (§ 354 Abs. 1 StPO).
2. Deshalb kann dahinstehen, ob es sich bei den täterbezogenen Mordmerkmalen um strafschärfende besondere persönliche Merkmale im Sinne von § 28 Abs. 2 StGB und nicht um strafbegründende im Sinne von § 28 Abs. 1 StGB handelt:

a) Nach der bisherigen Rechtsprechung aller Strafsenate des Bundesgerichtshofs stehen Mord (§ 211 StGB) und Totschlag (§ 212 StGB) nicht
im Verhältnis von Grundtatbestand und Qualifikation zueinander, vielmehr bilden sie danach zwei selbständige Tatbestände (st. Rspr. seit BGHSt 1, 368; zuletzt ausführlich BGH NStZ 2005, 381 m.w.N.). Weil die Mordmerkmale des § 211 StGB nach dieser Auffassung die Strafbarkeit im Sinne von § 28 Abs. 1 StGB begründen, scheidet eine Anwendung von § 28 Abs. 2 StGB aus. Für den Schuldspruch des Teilnehmers kommt es demnach nicht auf seinen Tatbeitrag, sondern zunächst darauf an, ob der Haupttäter Mordmerkmale verwirklicht oder nicht. Bei täterbezogenen Mordmerkmalen wie den vorliegend in Rede stehenden niedrigen Beweggründen ist nach der bisherigen Rechtsprechung ein Schuldspruch wegen Beihilfe zum Mord auch dann geboten, wenn der Teilnehmer selbst kein derartiges Mordmerkmal verwirklicht, solange er hinsichtlich der niedrigen Beweggründe des anderen Teils vorsätzlich handelt. Dem Teilnehmer kommt in diesen Fällen allerdings die Strafrahmenverschiebung nach § 28 Abs. 1, § 49 Abs. 1 StGB zugute.

b) Demgegenüber versteht die Gegenauffassung (soweit ersichtlich ausnahmslos die gesamte Literatur, vgl. nur Eser in Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl. Vor §§ 211 ff. Rdn. 3; Jähnke in LK 11. Aufl. Vor § 211 Rdn. 39; Lackner/Kühl, StGB 25. Aufl. Vor § 211 Rdn. 22; Schneider in MünchKomm Vor §§ 211 ff. Rdn. 135 ff.; je m.w.N.) das Verhältnis zwischen den Tatbeständen Mord und Totschlag als Verhältnis von Qualifikation und Grunddelikt. Die täterbezogenen Mordmerkmale sind demnach nicht strafbegründend im Sinne von § 28 Abs. 1 StGB, sondern strafschärfend gemäß § 28 Abs. 2 StGB. Dies hat zur Folge, dass der Teilnehmer, der selbst kein Mordmerkmal erfüllt, bei einem täterbezogenen Mordmerkmal des Haupttäters wie dem Handeln aus niedrigen Beweggründen nur wegen Teilnahme zum Totschlag schuldig gesprochen werden kann; seine Strafe ist in diesem Fall dem – ggf. nach § 27 Abs. 1, § 49 Abs. 1 StGB gemilderten – Strafrahmen des § 212 StGB zu entnehmen.

c) Der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Verhältnis von Mord und Totschlag werden gewichtige Argumente entgegen-
gehalten: Sie führe zu schwer überbrückbaren Wertungswidersprüchen und unausgewogenen Ergebnissen, widerspreche der sonst üblichen Systematik und sei unnötig kompliziert (vgl. zuletzt nur Puppe, JZ 2005, 902 ff.; Jäger JR 2005, 477, 479 f.; ausführlich etwa Küper JZ 1991, 761 ff., 862 ff. und 910 ff.; Schneider in MünchKomm Vor §§ 211 ff. Rdn. 138 ff.; je m.w.N.; vgl. aus der Rechtsprechung nur: BGHSt 6, 329 und 36, 231 [Mittäterschaft]; BGHSt 23, 39 [gekreuzte Mordmerkmale]; BGH NStZ 2006, 34, und BGH, Urteil vom 24. November 2005 – 4 StR 243/05 [Sperrwirkung der Strafrahmenuntergrenze für Beihilfe zum Totschlag]).
Probleme der bisherigen Rechtsprechung werden am vorliegenden Fall besonders anschaulich: Die gemeinschaftlich durch Has und B G begangene Tötung H K s kann schwerlich als Verwirklichung zweierlei verschiedenen Unrechts und zweier selbständiger Tatbestände verstanden werden, sondern stellt sich als ein Tötungsunrecht im Sinne von § 212 StGB dar, zu dem lediglich bei einem der Täter mit dem Mordmerkmal der niedrigen Beweggründe besonders erschwerende persönliche Umstände (vgl. § 28 Abs. 2 StGB) hinzukommen; ein solches Verhältnis entspricht nach der üblichen Systematik demjenigen zwischen Grunddelikt und Qualifikation. Dies wird besonders deutlich, wenn es um die Bewertung des Tatbeitrags von Han G geht: Ihre Unterstützung der gemeinschaftlichen Tötung H K s lässt sich nicht künstlich in eine objektive Beihilfe zum Mord durch Has G und eine (hierzu tateinheitliche) objektive Beihilfe zum Totschlag durch B G aufspalten.

IV.


Wegen der neuen Schuldsprüche bedarf die Bemessung der Strafen für B und Han G für das Tötungsdelikt und die Beihilfe hierzu erneuter schwurgerichtlicher Prüfung auf der Grundlage der bisherigen rechtsfehlerfreien Feststellungen. Der neue Tatrichter wird hierzu allenfalls solche ergänzenden Feststellungen treffen können, die den bisherigen nicht widersprechen.
Harms Häger Basdorf
Gerhardt Raum

(1) Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft.

(2) Mörder ist, wer
aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen,
heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder
um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken,
einen Menschen tötet.

(1) Wer eine Schwangerschaft abbricht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Handlungen, deren Wirkung vor Abschluß der Einnistung des befruchteten Eies in der Gebärmutter eintritt, gelten nicht als Schwangerschaftsabbruch im Sinne dieses Gesetzes.

(2) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gegen den Willen der Schwangeren handelt oder
2.
leichtfertig die Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung der Schwangeren verursacht.

(3) Begeht die Schwangere die Tat, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(4) Der Versuch ist strafbar. Die Schwangere wird nicht wegen Versuchs bestraft.

(1) Als Täter wird bestraft, wer die Straftat selbst oder durch einen anderen begeht.

(2) Begehen mehrere die Straftat gemeinschaftlich, so wird jeder als Täter bestraft (Mittäter).

(1) Als Gehilfe wird bestraft, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat.

(2) Die Strafe für den Gehilfen richtet sich nach der Strafdrohung für den Täter. Sie ist nach § 49 Abs. 1 zu mildern.

5 StR 506/09

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 13. Januar 2010
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Verabredung zum besonders schweren Raub
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 13. Januar 2010

beschlossen:
1. Die Revision des Angeklagten I. gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 14. Mai 2009 wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
2. Auf die Revision des Angeklagten Q. wird das vorgenannte Urteil, soweit es ihn betrifft, nach § 349 Abs. 4 StPO mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird insoweit zu erneuter Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
1
Das Landgericht hat die Angeklagten Q. und I. sowie den Nichtrevidenten S. wegen Verabredung zum (besonders) schweren Raub verurteilt. Gegen den Angeklagten Q. hat es hierwegen eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten, gegen den Angeklagten I. eine Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verhängt. Ihre Verurteilungen greifen die Angeklagten Q. und I. jeweils mit Verfahrensrügen und der allgemeinen Sachrüge an. Während das Rechtsmittel des Angeklagten I. keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil dieses Angeklagten aufdeckt, dringt die Revision des Angeklagten Q. durch.
2
1. Das Rechtsmittel des Angeklagten Q. führt mit der Sachrüge zur Aufhebung und Zurückverweisung. Eines Eingehens auf die Verfahrensrügen bedarf es daher nicht mehr.
3
a) Dem Angeklagten liegt zur Last, sich mit I. und S. zu einem Überfall auf ein Autohaus verabredet zu haben. Nach dem gemeinsam gefassten Tatplan sollten zur Ausführung der Raubtat eine Soft-Air-Vorderschaftrepetierflinte sowie zwei Reizstoffsprühgeräte eingesetzt werden, die S. bei sich trug. Während I. und S. die Raubtat ausführen sollten , kam Q. die Aufgabe zu, das Fluchtfahrzeug nahe dem Tatort bereit zu halten und dieses nach Abschluss der Tat vorzufahren. Ob Q. ein Anteil an der Beute zufallen sollte, hat die Strafkammer nicht festgestellt.
4
b) Das Landgericht ist zur Annahme einer täterschaftlichen Beteiligung des Angeklagten Q. mit der Begründung gelangt, dass das Fahren des Fluchtfahrzeugs zu den wesentlichen Voraussetzungen für die erfolgreiche Durchführung eines Überfalls gehöre, was für eine mittäterschaftliche Beteiligung spreche (UA S. 14). Weitere Erwägungen hat es nicht angestellt.
5
c) Dies hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Mittäterschaft liegt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dann vor, wenn ein Tatbeteiligter nicht bloß fremdes Tun fördern will, sondern seinen Beitrag als Teil der Tätigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergänzung seines eigenen Tatanteils will. Ob ein Beteiligter dieses enge Verhältnis zur Tat hat, ist nach den gesamten von seiner Vorstellung umfassten Umständen in wertender Betrachtung zu beurteilen. Wesentliche Anhaltspunkte hierfür können gefunden werden im Grad des eigenen Interesses am Erfolg der Tat, im Umfang der Tatbeteiligung und in der Tatherrschaft oder wenigstens im Willen zur Tatherrschaft, so dass Durchführung und Ausgang der Tat maßgeblich von seinem Willen abhängen (st. Rspr.; vgl. etwa BGH StraFo 1998, 166; NStZ 2006, 94).
6
Eine Bewertung nach diesen Grundsätzen hat das Landgericht nicht vorgenommen. Zwar ist es richtig, dass Mittäterschaft nicht zwingend auch eine Mitwirkung am Kerngeschehen erfordert (vgl. BGH NStZ 2009, 25) und dass dem Fahren des Fluchtfahrzeugs als einem unverzichtbaren Beitrag für das Gelingen der Tat hinsichtlich der Frage der Täterschaft wesentliche Bedeutung zukommt (vgl. BGH NStZ-RR 2002, 74). Entgegen der durch die Strafkammer wohl vertretenen Auffassung ist jedoch nicht grundsätzlich anerkannt , dass das Fahren eines Fluchtfahrzeugs stets zur Annahme von Mittäterschaft führt; vielmehr kann sich ein solches Verhalten – je nach den weiteren Tatumständen – auch als Beihilfe darstellen (vgl. etwa BGH aaO sowie BGH NStZ 2006, 94).
7
Der Senat schließt nicht aus, dass in einer neuen Hauptverhandlung Feststellungen getroffen werden können, die eine Verurteilung des Angeklagten Q. wegen Verbrechensverabredung tragen. Das neue Tatgericht wird auf dieser Grundlage die notwendige vollständige wertende Betrachtung nachzuholen haben.
8
2. Hingegen ist die Revision des Angeklagten I. unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. Ergänzend zur Antragsschrift des Generalbundesanwalts bemerkt der Senat:
9
a) Die Verfahrensrüge wegen Verlesung und Verwertung der nicht durch die Ermittlungsrichterin unterzeichneten Niederschrift über die Vernehmung dieses Angeklagten vom 21. September 2008 greift nicht durch. Denn ausweislich der ordnungsgemäß in die Hauptverhandlung eingeführten Niederschrift über die Aussage des Angeklagten im Haftprüfungstermin vom 8. Oktober 2008 hat dieser das Eingeständnis seiner Tatverabredung dort in vollem Umfang, lediglich mit letztlich unerheblichen Ergänzungen wiederholt. Die inhaltliche Bewertung dieses Geständnisses hat die Strafkammer rechtsfehlerfrei vorgenommen, ohne dabei auf seine wiederholte Abgabe abzustellen. Im Hinblick darauf kann ein Beruhen des Urteils auf dem die Urkunde vom 21. September 2008 betreffenden Verfahrensfehler ausgeschlossen werden.
10
b) Keinen Bedenken begegnet es, dass die Strafkammer die Voraussetzungen eines Rücktritts nach dem hier allein in Betracht kommenden § 31 Abs. 1 Nr. 2 StGB verneint hat. Nach den Feststellungen haben die Angestellten des Autohauses die Eingangstüren verschlossen, nachdem sie I. und S. gesehen und wegen eines sechs Wochen zuvor erfolgten Überfalls den Verdacht eines bevorstehenden neuerlichen Überfalls geschöpft hatten. l. und S. , die zu dieser Zeit etwa fünf bis sechs Meter von der vorderen Ladentür entfernt waren, bemerkten dies und brachen die weitere Tatausführung ab, weil sie erkannten, dass ein Überfall auf das Autohaus jetzt nicht mehr möglich war (UA S. 7).
11
Diese Feststellungen, auf deren Grundlage eine freiwillige Aufgabe des Vorhabens im Sinne von § 31 Abs. 1 Nr. 2 StGB ausgeschlossen ist (vgl. BGH NStZ 1998, 510; Fischer, StGB 57. Aufl. § 24 Rdn. 19a), hat das Landgericht in nicht zu beanstandender Weise anhand der äußeren Umstände in Verbindung mit den Aussagen der Zeugen K. und T. getroffen. Der Einlassung des in der Hauptverhandlung schweigenden Angeklagten I. gemäß Vernehmungsniederschrift vom 8. Oktober 2008, er habe das Vorhaben aufgegeben, weil ihm seine frühere Strafverbüßung in den Sinn gekommen sei, musste die Strafkammer nicht folgen. Auf die überflüssige Anmerkung , dass I. bei dieser zweiten Aussage anwaltlich vertreten war, hat das Landgericht seine Beweiswürdigung dabei nicht gestützt. Die in diesem Zusammenhang von der Verteidigung erhobene Inbegriffsrüge geht daher schon aus diesem Grunde ins Leere.
Basdorf Raum Schaal Schneider König

(1) Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft.

(2) Mörder ist, wer
aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen,
heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder
um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken,
einen Menschen tötet.

(1) Als Gehilfe wird bestraft, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat.

(2) Die Strafe für den Gehilfen richtet sich nach der Strafdrohung für den Täter. Sie ist nach § 49 Abs. 1 zu mildern.

(1) Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft.

(2) Mörder ist, wer
aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen,
heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder
um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken,
einen Menschen tötet.

(1) Als Gehilfe wird bestraft, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat.

(2) Die Strafe für den Gehilfen richtet sich nach der Strafdrohung für den Täter. Sie ist nach § 49 Abs. 1 zu mildern.

(1) Fehlen besondere persönliche Merkmale (§ 14 Abs. 1), welche die Strafbarkeit des Täters begründen, beim Teilnehmer (Anstifter oder Gehilfe), so ist dessen Strafe nach § 49 Abs. 1 zu mildern.

(2) Bestimmt das Gesetz, daß besondere persönliche Merkmale die Strafe schärfen, mildern oder ausschließen, so gilt das nur für den Beteiligten (Täter oder Teilnehmer), bei dem sie vorliegen.

(1) Das Gericht setzt die Vollstreckung des Restes einer lebenslangen Freiheitsstrafe zur Bewährung aus, wenn

1.
fünfzehn Jahre der Strafe verbüßt sind,
2.
nicht die besondere Schwere der Schuld des Verurteilten die weitere Vollstreckung gebietet und
3.
die Voraussetzungen des § 57 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 vorliegen.
§ 57 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 6 gilt entsprechend.

(2) Als verbüßte Strafe im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 gilt jede Freiheitsentziehung, die der Verurteilte aus Anlaß der Tat erlitten hat.

(3) Die Dauer der Bewährungszeit beträgt fünf Jahre. § 56a Abs. 2 Satz 1 und die §§ 56b bis 56g, 57 Abs. 3 Satz 2 und Abs. 5 Satz 2 gelten entsprechend.

(4) Das Gericht kann Fristen von höchstens zwei Jahren festsetzen, vor deren Ablauf ein Antrag des Verurteilten, den Strafrest zur Bewährung auszusetzen, unzulässig ist.

(1) Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft.

(2) Mörder ist, wer
aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen,
heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder
um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken,
einen Menschen tötet.

(1) Das Gericht setzt die Vollstreckung des Restes einer lebenslangen Freiheitsstrafe zur Bewährung aus, wenn

1.
fünfzehn Jahre der Strafe verbüßt sind,
2.
nicht die besondere Schwere der Schuld des Verurteilten die weitere Vollstreckung gebietet und
3.
die Voraussetzungen des § 57 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 vorliegen.
§ 57 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 6 gilt entsprechend.

(2) Als verbüßte Strafe im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 gilt jede Freiheitsentziehung, die der Verurteilte aus Anlaß der Tat erlitten hat.

(3) Die Dauer der Bewährungszeit beträgt fünf Jahre. § 56a Abs. 2 Satz 1 und die §§ 56b bis 56g, 57 Abs. 3 Satz 2 und Abs. 5 Satz 2 gelten entsprechend.

(4) Das Gericht kann Fristen von höchstens zwei Jahren festsetzen, vor deren Ablauf ein Antrag des Verurteilten, den Strafrest zur Bewährung auszusetzen, unzulässig ist.

13
Die Entscheidung der Frage, ob die besondere Schwere der Schuld zu bejahen ist, hat das Tatgericht unter Abwägung der im Einzelfall für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände zu treffen (vgl. BGHSt 40, 360, 370; 41, 57, 62; 42, 226, 227). Dem Revisionsgericht ist bei der Nachprüfung der tatgerichtlichen Wertung eine ins Einzelne gehende Richtigkeitskontrolle versagt. Es hat nur zu prüfen, ob das Tatgericht alle maßgeblichen Umstände bedacht und rechtsfehlerfrei abgewogen hat; es ist aber gehindert, seine eigene Wertung an die Stelle derjenigen des Tatgerichts zu setzten (BGH NStZ 1998, 352, 353).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
4 StR 567/05
vom
30. März 2006
in der Strafsache
gegen
wegen Mordes
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 30. März
2006, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Tepperwien,
Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Kuckein,
Athing,
Richterin am Bundesgerichtshof
Solin-Stojanović,
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Ernemann
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Die Revisionen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Frankenthal vom 28. Juli 2005 werden verworfen.
2. Die Kosten der Revision der Staatsanwaltschaft und die hierdurch dem Angeklagten entstandenen notwendigen Auslagen hat die Staatskasse zu tragen. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels und die der Nebenklägerin hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Mordes zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt. Gegen dieses Urteil wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihrer auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision insoweit, als das Landgericht eine besondere Schuldschwere (§ 57 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB) verneint hat. Der Angeklagte greift das Urteil mit seiner Revision, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts geltend macht, insgesamt an. Beide Rechtsmittel haben keinen Erfolg.

I.


2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts war der Angeklagte im Jahre 1988 in einer Kaserne in S. stationiert. Als er am Morgen des 21. Juni 1988 in Bundeswehruniform, auf der sein Namensschild aufgenäht war, mit seinem privaten Pkw eine Landstraße befuhr, bemerkte er in der Ferne auf dem rechts parallel zur Straße verlaufenden Wirtschaftsweg die 16jährige Schülerin Annette K. , die ihm mit ihrem Fahrrad entgegenkam. Er entschloss sich, die junge Frau zu überfallen und sich in ihrer Gegenwart sexuell zu befriedigen. Er hielt sein Fahrzeug an, stieß die Schülerin vom Fahrrad, verfolgte sie in ein Kornfeld, unterband ihre Abwehrversuche, zog ihr Hose und Slip herunter , kniete sich zwischen ihre gewaltsam gespreizten Beine und onanierte bis zum Samenerguss, wobei das Ejakulat auf die Joggingjacke der sich wehrenden Geschädigten tropfte. Weil er befürchtete, dass das Schreien des Mädchens andere alarmieren könnte und er verhindern wollte, anhand einer von der Geschädigten abgegebenen Täterbeschreibung - insbesondere wegen seiner Uniform und des daran befindlichen Namensschildes - identifiziert zu werden, entschloss er sich, Annette K. zu töten. Er würgte sie und tötete die Schülerin schließlich mit seinem Bundeswehr-Klappmesser, das er in seiner Uniform mit sich führte. Sodann floh er.
3
Der Angeklagte wurde erst im Jahre 2004 auf Grund eines DNAGutachtens als Täter ermittelt. Nach seiner Festnahme am 27. Oktober 2004 legte er sowohl bei der Polizei als auch bei der Ermittlungsrichterin ein Geständnis ab. In der Hauptverhandlung hat er die Geständnisse widerrufen.
4
Der Angeklagte war zum Tatzeitpunkt strafrechtlich noch nicht in Erscheinung getreten. Im Jahre 1990 wurde gegen ihn wegen fahrlässiger Straßenverkehrsgefährdung eine zwischenzeitlich erledigte Geldstrafe verhängt. 1993 wurde er wegen in den Jahren 1991/1992 begangenen sexuellen Missbrauchs seiner Stieftochter zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr mit Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt; im selben Jahr wurde gegen ihn außerdem wegen fahrlässiger Trunkenheit im Straßenverkehr auf eine weitere Frei- heitsstrafe mit Bewährung erkannt. Beide Strafen wurden - in den Jahren 1995/1996 - erlassen.
5
2. Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Verdeckungsmordes (§ 211 Abs. 2 letzte Alt. StGB) zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Die besondere Schwere der Schuld des Angeklagten vermochte es aus folgenden Gründen nicht festzustellen:
6
Es lägen keine Umstände von erheblichem Gewicht im Sinne des § 57 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB vor, die einer Strafrestaussetzung nach Verbüßung von 15 Jahren Freiheitsstrafe von vornherein entgegenstünden. Zwar liege dem Verdeckungsmord eine schwerwiegende Anlasstat, nämlich eine sexuelle Nötigung , zugrunde; zu berücksichtigen sei aber, dass die Ermittlungs- und Verfahrensdauer mit 17 Jahren ungewöhnlich lang gewesen sei, dass hinsichtlich der Anlasstat bereits Strafverfolgungsverjährung eingetreten sei, dass das - nach der Tat - im Jahre 1993 abgeurteilte Sexualdelikt nicht zu Lasten des Angeklagten in die Schuldabwägung einzubeziehen sei und der Angeklagte nur ein Mordmerkmal verwirklicht habe. Auch der in der Tat zum Ausdruck gekommene "Vernichtungswille" könne nicht zum Nachteil des Angeklagten Berücksichtigung finden, weil die der Geschädigten beigebrachten Verletzungen unmittelbar auf eine rasche und sichere Tötung abgezielt und - ohne erhebliche Qualen zu verursachen - binnen kürzester Frist zu deren Tod geführt hätten. Ohne schuldsteigernde Wirkung sei auch, dass der Angeklagte in der Hauptverhandlung seine zuvor abgelegten Geständnisse widerrufen habe, weil es sich insoweit um ein zulässiges Verteidigungsverhalten gehandelt habe. In diesem Zusammenhang könnten auch die Beweisanträge des Angeklagten, die auf eine Untermauerung seiner Behauptung abgezielt hätten, Annette K. habe sich ihm freiwillig hingegeben und auch im Übrigen Männerbekanntschaften unterhalten, sowie sein scheinbar emotional unbeteiligtes Auftreten in der Hauptverhandlung nicht schulderhöhend gewertet werden.

II.


7
Revision der Staatsanwaltschaft
8
Die - vom Generalbundesanwalt vertretene - zulässig (vgl. BGHSt 41, 57) auf die Ablehnung der Schuldschwerefeststellung beschränkte Revision der Staatsanwaltschaft ist unbegründet. Die Verneinung der besonderen Schuldschwere ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
9
Die Entscheidung der Frage, ob die besondere Schwere der Schuld zu bejahen ist, obliegt dem Tatrichter. Er hat unter Würdigung aller hierfür erheblichen Umstände die Schuld des Angeklagten im Sinne des § 57a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB abzuwägen; dem Revisionsgericht ist insoweit eine ins Einzelne gehende Richtigkeitskontrolle versagt. Es hat die tatrichterliche Entscheidung grundsätzlich hinzunehmen und nur zu prüfen, ob der Tatrichter alle maßgeblichen Umstände bedacht und rechtsfehlerfrei abgewogen hat (vgl. BGHSt 40, 360, 370; 41, 57, 62; 42, 226, 227; BGH NStZ 2005, 88; BGH, Urteile vom 26. Mai 2004 - 2 StR 386/03 - und vom 8. September 2005 - 1 StR 159/05).
10
Unter Berücksichtigung dieses eingeschränkten Prüfungsmaßstabs weist die tatrichterliche Entscheidung keinen durchgreifenden Rechtsfehler auf. Das Landgericht hat die wesentlichen erschwerenden und mildernden Umstände der Tat, die der Verhängung der lebenslangen Freiheitsstrafe zugrunde liegen, in seine Gesamtwürdigung einbezogen, wenn auch - was der Revision zuzugeben ist - einzelne Formulierungen im Urteil die Besorgnis begründen könnten, dass es seiner Entscheidung nicht den richtigen Maßstab zugrunde gelegt hat; davon bliebe aber – selbst wenn dies der Fall wäre – das Ergebnis der Abwägung unberührt (vgl. BGHSt 41, 57, 63): Die schuldrelevanten Umstände des abgeurteilten Geschehens sind einerseits dadurch geprägt, dass die dem Verdeckungsmord zugrunde liegende Anlasstat (sexueller Übergriff auf offener Straße auf eine zufällig vorbeikommende junge Frau) schwerwiegend war, dass andererseits aber seit der Tat mehr als 17 Jahre vergangen sind. Beide Gesichtspunkte hat das Landgericht gesehen und - mit weiteren Umständen - erörtert und gegeneinander abgewogen. Hinzu kommt - mildernd -, was das Landgericht nicht ausdrücklich erwähnt hat, dass der Angeklagte nach seiner Festnahme sofort geständig war und sich die Beweiswürdigung maßgeblich auf die Geständnisse stützt, auch wenn der Angeklagte sie später widerrufen hat.
11
Soweit die Staatsanwaltschaft ihre eigenen Schuldschwereerwägungen an die Stelle derer des Tatgerichts setzt, kann sie damit im Revisionsverfahren nicht gehört werden.

III.


12
Revision des Angeklagten
13
1. Die Verfahrensrügen haben - wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift im Einzelnen ausgeführt hat - keinen Erfolg. Ergänzend ist lediglich zu bemerken, dass die Verfahrensrüge Nr. 6 (Ablehnung des Antrags auf DNA-Abgleich des sichergestellten Haares mit dem DNA-Muster des Angeklagten ) nicht nur unbegründet, sondern auch unzulässig erhoben ist, weil das Gut- achten des Bundeskriminalamts vom 2. Mai 2002 (Bd. III Bl. 737 ff. d.A.) nicht mitgeteilt wurde.
14
2. Im Hinblick auf die Sachrüge hat die Nachprüfung des Urteils keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Auch insoweit verweist der Senat auf die Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 3. Januar 2006.
Tepperwien Kuckein Athing
Solin-Stojanović Ernemann
5 StR 139/02

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 3. September 2002
in der Strafsache
gegen
wegen Mordes u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 3. September
2002, an der teilgenommen haben:
Richter Basdorf als Vorsitzender,
Richter Häger,
Richterin Dr. Gerhardt,
Richter Dr. Brause,
Richter Schaal
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
Rechtsanwalt L
als Verteidiger,
Rechtsanwalt D
als Vertreter der Nebenkläger Z
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revisionen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten B Z gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 2. August 2001 werden verworfen.
Die Staatskasse hat die Kosten der Revision der Staatsanwaltschaft und die dadurch dem Angeklagten B Z entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen. Der Angeklagte B Z hat die Kosten seiner Revision und die insoweit den Nebenklägern entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Mordes in Tateinheit mit einem Verstoß gegen das Waffengesetz in drei Fällen zu lebenslanger Freiheitsstrafe als Gesamtstrafe verurteilt. Dieses Urteil greift die Staatsanwaltschaft mit ihrer auf die Verletzung sachlichen Rechts gestützten, vom Generalbundesanwalt vertretenen Revision nur insoweit an, als das Landgericht eine besondere Schuldschwere im Sinne von § 57a Abs. 1 Nr. 2 StGB verneint hat. Der Angeklagte wendet sich mit seiner Revision gegen das Urteil insgesamt. Die Rechtsmittel haben keinen Erfolg.

I.


Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen betrat der An- geklagte am 1. Januar 2001 nach 1.00 Uhr die Wohnung seiner Schwägerin N Z , um diese sowie deren Bruder I K und Cousin G K zu töten. Bereits beim Eintreten in das Wohnzimmer gab der Angeklagte aus seiner Pistole in Tötungsabsicht binnen weniger Sekunden in unmittelbarer Folge vier Schüsse auf diese drei Personen ab, wobei zwei Schüsse seine Schwägerin verletzten und ein Schuß deren Bruder traf, während der vierte Schuß deren Cousin verfehlte. Als dieser sich ihm entgegenwarf und an der Abgabe weiterer Schüsse hinderte, kam dem Angeklagten sein 16 Jahre alter Neffe – der Mitangeklagte M Z , der seine Verurteilung wegen Totschlags in zwei Fällen zu acht Jahren Jugendstrafe nicht angefochten hat – zu Hilfe und brachte das Opfer zu Boden. Nunmehr tötete der Angeklagte den Cousin mit fünf Schüssen. Die inzwischen in den Flur der Wohnung gelaufene Schwägerin verfolgte der Angeklagte dann, schoß auf sie, stach mit dem Messer auf sie ein, brachte sie in das Schlafzimmer und tötete sie dort mit zahlreichen weiteren Messerstichen. Daraufhin suchte der Angeklagte in der Wohnung nach dem Bruder, der sich auf dem Balkon versteckt hatte und dort hilflos verharrte. Der Angeklagte fand ihn, zerrte ihn vom Balkon und fügte ihm gemeinsam mit seinem Neffen über 30 Stich- und Schnittverletzungen zu, an denen er rasch verstarb.

II.


Die Revision des Angeklagten hat mit der allein erhobenen Sachrüge keinen Erfolg.
1. Die Urteilsfeststellungen beruhen auf einer tragfähigen, ausreichend begründeten Beweiswürdigung.
2. Der Schuldspruch hält sachlichrechtlicher Nachprüfung stand.

a) Daß der Angeklagte vorsätzlich drei Menschen getötet hat, hat der Tatrichter rechtsfehlerfrei festgestellt. Auch die Annahme, daß das Mordmerkmal der Heimtücke nach § 211 Abs. 2 StGB vorgelegen habe, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Der Anwendung des Mordmerkmals steht nicht entgegen, daß es in der Vergangenheit zu verbalen Auseinandersetzungen gekommen war, in deren Verlauf der Angeklagte seine Schwägerin unter anderem bei einem Telefonanruf mit den Worten „Ich töte Dich“ bedroht hatte. Erforderlich für die Beseitigung der Arglosigkeit ist auch bei einem vorhergehenden Streit, daß das Opfer im Tatzeitpunkt mit einem tätlichen Angriff rechnet (BGHSt 32, 382, 384; 33, 363, 365; BGHR StGB § 211 Abs. 2 Heimtücke 7, 13 und 27). Eine solche Erwartung hat der Tatrichter rechtsfehlerfrei mit der Erwägung ausgeschlossen, daß der Angeklagte in den Stunden vor der Tat seine Schwägerin dreimal angerufen und dabei erklärt hatte, er wolle in dieser Neujahrsnacht noch zu Besuch kommen, mit ihrem Bruder und ihrem Cousin Karten spielen, reden und Tee trinken, da er allein sei, seine Familie sei bei seinen Eltern. Zudem hatte er sich bereit erklärt , die beiden Männer anschließend mit seinem Auto nach Hause zu fahren , so daß sie nicht mit der U-Bahn fahren müßten. Dieses Versprechen hatte die beiden Männer schließlich zum Bleiben veranlaßt.
Weiterhin steht der Anwendung des § 211 StGB weder entgegen, daß I K und G K nach Abgabe der ersten beiden Schüsse auf die N Z mit einem Angriff auf sich rechnen mußten, noch daß G K sich nach Abgabe je eines weiteren Schusses auf ihn und auf I K dem Angeklagten entgegengeworfen hatte und ihn vorübergehend an der Abgabe weiterer Schüsse hindern konnte. Das Opfer kann auch dann arglos und wehrlos sein, wenn der Täter ihm zwar offen feindselig entgegentritt , das Opfer aber die drohende Gefahr erst im letzten Augenblick erkennt, so daß ihm keine Möglichkeit bleibt, dem Angriff zu begegnen. Die Gefährlichkeit heimtückischen Handelns liegt darin, daß der Täter sein Opfer in hilf-
loser Lage überrascht und dadurch hindert, dem Anschlag auf sein Leben zu entgehen oder doch wenigstens zu erschweren (BGHR StGB § 211 Abs. 2 Heimtücke 3, 15, 16). Maßgebend für die Beurteilung ist die Lage bei Beginn des ersten mit Tötungsvorsatz geführten Angriffs. Abwehrversuche, die das durch einen überraschenden Angriff in seinen Verteidigungsmöglichkeiten behinderte Opfer im letzten Moment unternommen hat, stehen der Heimtükke daher nicht entgegen (BGH NJW 1996, 471; NStZ 1999, 506 m. w. N.). Die ersten vier Schüsse wurden auf die drei Opfer binnen weniger Sekunden in unmittelbarer Folge abgegeben. Bei der sich anschließenden Tötung der drei Personen handelte es sich um ein Geschehen, innerhalb dessen sich in wenigen Augenblicken die verschiedenen Teilakte aneinanderreihten. Die Getöteten hatten keine Chance des Entrinnens, nachdem sie einmal in die Gewalt des Angeklagten geraten waren.

b) Auch die Ausführungen zu dem Mordmerkmal der niedrigen Beweggründe genügen den rechtlichen Anforderungen. Beweggründe sind niedrig, wenn sie nach allgemeiner sittlicher Wertung auf tiefster Stufe stehen und deshalb besonders verachtenswert sind, wobei eine Gesamtwürdigung aller äußeren und inneren für die Handlungsantriebe des Täters maßgeblichen Faktoren zu erfolgen hat (st. Rspr.; vgl. BGHSt 35, 116, 127; BGH StV 1996, 211, 212). Das Landgericht sieht die niedrigen Beweggründe zum einen darin, daß der Angeklagte seine Schwägerin getötet hat, um das Bekanntwerden ihrer durch ihn verursachten Schwangerschaft und eine damit mögliche Bedrohung seiner persönlichen Lebensumstände und Ehrhaftigkeit zu verhindern. Zum anderen nimmt der Tatrichter als Motiv gegenüber allen drei Opfern an, der Angeklagte sei wütend und verärgert gewesen über das von ihnen ausgegebene Geld seines Schwagers, das er für sich beanspruchte.
Das Landgericht hat nachvollziehbar dargelegt, warum die Motive des Angeklagten solche niedrigen Beweggründe darstellen und warum angesichts der getroffenen Feststellungen die Voraussetzungen zur subjektiven
Seite vorgelegen haben. Das die Tötung seiner Schwägerin prägende Motiv steht nach allgemeiner sittlicher Wertung auf tiefster Stufe, weil der Angeklagte die Beendigung des Lebens eines Menschen als Mittel zur Verdekkung eigenen Fehlverhaltens eingesetzt hat (vgl. BGHR StGB § 211 Abs. 2 niedrige Beweggründe 35, 37, 39). Wut und Haß, weil die drei Tatopfer die Durchsetzung seiner finanziellen Interessen teilweise verhindert hatten, beruhten ebenfalls auf niedrigen Beweggründen (vgl. BGHR StGB § 211 Abs. 2 niedrige Beweggründe 8, 16). Dem Angeklagten war durch seinen Rechtsanwalt mitgeteilt worden, daß er keinen Anspruch auf das von seiner Schwägerin ererbte Geld besaß. Die Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit des Angeklagten war nicht aufgehoben und nicht einmal als schon erheblich eingeschränkt zu bewerten, wenngleich die Tat, die eine wesentliche Ursache in einer vom Angeklagten namentlich aufgrund seiner Herkunft aus einem fremden Kulturkreis erheblich konfliktbeladen gewerteten persönlichen Krisensituation gehabt hatte, von einer nicht unerheblichen affektiven Spannung begleitet war.

c) Auch die tatrichterliche Wertung der Tötungshandlungen als drei rechtlich selbständige Morde unterliegt keinen durchgreifenden Bedenken.
Der Senat kann noch hinnehmen, daß der Tatrichter von der an sich näherliegenden Annahme von Tateinheit, die im Ergebnis an der Verhängung lebenslanger Freiheitsstrafe und an der Beurteilung der wesentlichen Grundlage für die besondere Schuldschwere – vorsätzliche Tötung von drei Menschen unter Verwirklichung von jeweils zwei Mordmerkmalen – nichts ändern könnte, abgesehen hat.
3. Schließlich ist die Strafzumessung rechtsfehlerfrei. Die Verhängung lebenslanger Freiheitsstrafe war rechtlich geboten. Außergewöhnliche Umstände , die die Verhängung lebenslanger Freiheitsstrafe als unverhältnismäßig erscheinen lassen und zu einer Anwendung des Strafrahmens des § 49 Abs. 1 Nr. 1 StGB führen können (vgl. BGHSt 30, 105, 119 ff.), liegen nicht
vor. Es handelt sich nicht um eine durch eine notstandsnahe, ausweglos er- scheinende Situation motivierte, in großer Verzweiflung begangene Tat. Vielmehr hat der Angeklagte ungeachtet der festgestellten Konfliktsituation letztlich doch aus niedrigen Beweggründen gehandelt.

III.


Die von der Staatsanwaltschaft angegriffene Ablehnung der Feststellung besonders schwerer Schuld im Sinne des § 57a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB hält rechtlicher Nachprüfung noch stand.
Die Entscheidung der Frage, ob die besondere Schwere der Schuld zu bejahen ist, hat der Tatrichter unter Abwägung der im Einzelfall für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände zu treffen (vgl. BGHSt 40, 360, 370; 41, 57, 62; 42, 226, 227). Dem Revisionsgericht ist bei der Nachprüfung der tatrichterlichen Wertung eine ins einzelne gehende Richtigkeitskontrolle versagt. Es hat nur zu prüfen, ob der Tatrichter alle maßgeblichen Umstände bedacht und rechtsfehlerfrei abgewogen hat; es ist aber gehindert, seine eigene Wertung an die Stelle derjenigen des Tatrichters zu setzen (BGH NStZ 1998, 352, 353).
Das Landgericht hat bei der Prüfung der besonderen Schuldschwere eine zusammenschauende Würdigung des Mordgeschehens und der Täterpersönlichkeit vorgenommen. Dabei hat der Tatrichter namentlich bedacht, daß der Angeklagte drei Menschen unter Verwirklichung zweier Mordmerkmale getötet hat, was regelmäßig für die Feststellung besonderer Schuldschwere ausreichen wird. Das Landgericht hat seine abweichende Entscheidung jedoch maßgeblich auf die psychische Situation des Angeklagten gestützt. Dieser fühlte sich beim Fassen des Tatentschlusses und bei der Ausführung der Taten psychisch stark eingeengt. Diesen Zustand durfte der Tatrichter als maßgebliches Kriterium für die Ablehnung besonders schwerer Schuld werten, auch wenn er noch nicht die Qualität eines krankheitswerti-
gen Affektes, der die Anwendung des § 21 StGB gerechtfertigt hätte, erreicht hatte und bei der Besonderheit der Tatursachen auch noch nicht einmal das Vorliegen niedriger Beweggründe aus subjektiven Gründen in Frage stellen konnte.
Allerdings hat der Tatrichter einen nicht unbedeutenden Punkt – nämlich die Einbeziehung des zur Tatzeit 16 Jahre alten Neffen des Angeklagten, der ihn über alles geliebt und verehrt hat, in die Mordtaten – nicht ausdrücklich im Rahmen seiner Gesamtabwägung mitabgehandelt. Die Verstrickung eines Jugendlichen in ein schwerstes Kapitalverbrechen kann fraglos ein für die Schuldschwereentscheidung maßgeblicher Gesichtspunkt sein. Gleichwohl schließt der Senat angesichts des sonst insgesamt außerordentlich sorgfältigen, das Leid der Opfer und den schweren Unrechtsgehalt des Gesamttatgeschehens wie die Konflikte der Täter mit sachverständiger Hilfe ausgewogen bewertenden tatrichterlichen Urteils aus, daß dieser Umstand, auch wenn er nicht ausdrücklich erörtert wurde, außer Betracht geblieben ist.
Basdorf Häger Gerhardt Brause Schaal

(1) Jedes Urteil, jeder Strafbefehl und jede eine Untersuchung einstellende Entscheidung muß darüber Bestimmung treffen, von wem die Kosten des Verfahrens zu tragen sind.

(2) Die Entscheidung darüber, wer die notwendigen Auslagen trägt, trifft das Gericht in dem Urteil oder in dem Beschluß, der das Verfahren abschließt.

(3) Gegen die Entscheidung über die Kosten und die notwendigen Auslagen ist sofortige Beschwerde zulässig; sie ist unzulässig, wenn eine Anfechtung der in Absatz 1 genannten Hauptentscheidung durch den Beschwerdeführer nicht statthaft ist. Das Beschwerdegericht ist an die tatsächlichen Feststellungen, auf denen die Entscheidung beruht, gebunden. Wird gegen das Urteil, soweit es die Entscheidung über die Kosten und die notwendigen Auslagen betrifft, sofortige Beschwerde und im übrigen Berufung oder Revision eingelegt, so ist das Berufungs- oder Revisionsgericht, solange es mit der Berufung oder Revision befaßt ist, auch für die Entscheidung über die sofortige Beschwerde zuständig.

(1) Die Kosten des Verfahrens hat der Angeklagte insoweit zu tragen, als sie durch das Verfahren wegen einer Tat entstanden sind, wegen derer er verurteilt oder eine Maßregel der Besserung und Sicherung gegen ihn angeordnet wird. Eine Verurteilung im Sinne dieser Vorschrift liegt auch dann vor, wenn der Angeklagte mit Strafvorbehalt verwarnt wird oder das Gericht von Strafe absieht.

(2) Sind durch Untersuchungen zur Aufklärung bestimmter belastender oder entlastender Umstände besondere Auslagen entstanden und sind diese Untersuchungen zugunsten des Angeklagten ausgegangen, so hat das Gericht die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, wenn es unbillig wäre, den Angeklagten damit zu belasten. Dies gilt namentlich dann, wenn der Angeklagte wegen einzelner abtrennbarer Teile einer Tat oder wegen einzelner von mehreren Gesetzesverletzungen nicht verurteilt wird. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für die notwendigen Auslagen des Angeklagten. Das Gericht kann anordnen, dass die Erhöhung der Gerichtsgebühren im Falle der Beiordnung eines psychosozialen Prozessbegleiters ganz oder teilweise unterbleibt, wenn es unbillig wäre, den Angeklagten damit zu belasten.

(3) Stirbt ein Verurteilter vor eingetretener Rechtskraft des Urteils, so haftet sein Nachlaß nicht für die Kosten.