Landgericht München I Beschluss, 29. Aug. 2017 - 36 T 14698/16

bei uns veröffentlicht am29.08.2017
vorgehend
Amtsgericht Ebersberg, 8 H 40/12 WEG (2), 11.07.2016

Gericht

Landgericht München I

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegner wird der Beschluss des Amtsgerichts Ebersberg vom 11.07.2016, Az. 8 H 40/12 WEG (2), aufgehoben.

2. Der Antragstellerin wird gem. § 494 a Abs. 1 ZPO aufgegeben, binnen einer Frist von 3 Monaten ab Zustellung der Beschwerdeentscheidung Klage zu erheben.

3. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

4. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

5. Der Beschwerdewert wird auf 1.641,72 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Parteien sind in der WEG ..., 85586 Poing verbunden.

Mit Schriftsatz vom 03.12.2012 beantragte die Antragstellerin die Durchführung eines Beweissicherungsverfahrens zur Feststellung von Mängeln am Gemeinschaftseigentum sowie deren Auswirkungen auf ihr Sondereigentum. Weiter begehrte die Antragstellerin eine Beweiserhebung zu Art und erforderlichem Aufwand für eine dauerhafte Mängelbehebung.

Zur Begründung führte die Antragstellerin aus, auf Grund einer Undichtigkeit der Dachrinne oder deren Durchhängen bzw. einem nicht voll funktionstüchtigen Abfluss der Fall- und Endrohre der Regenfallleitungen tropfe es auf die Terrasse ihrer Sondereigentumseinheit.

Mit Beschluss vom 25.01.2013 (Bl. 51/53 d.A.) ordnete das Amtsgericht Ebersberg die beantragte Beweiserhebung durch Erholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens an.

Mit Beschluss vom 22.04.2013 (Bl. 64/66) erfolgte eine Erweiterung des Beweissicherungsbeschlusses. Der Sachverständige wurde beauftragt zu folgendem Stellung zu nehmen:

An die Dachrinne wurden zwei Wasserspeier angebracht (wohl nach Einleitung des Beweissicherungsverfahrens), aus denen Wasser auf den Bereich vor der Terrasse tropft mit der Folge, dass die dortige Erde durch den Wasserdruck verteilt wird und somit auf die Terrasse und bis an die Fenster spritzt.

In dem schriftlichen Gutachten vom 27.05.2013 kam der Sachverständige zu dem Ergebnis, dass herabtropfendes Wasser auf die Terrasse der Antragstellerin aus einer Undichtigkeit der Regenrinne oberhalb der Sondereigentumseinheit herrühre und dass sich die Situation zusätzlich durch die montierten Wasserspeier verschlechtert habe.

Mit Beschluss vom 07.10.2013 (Bl. 95) stellte das Amtsgericht die Beendigung des selbständigen Beweisverfahrens fest.

Mit Schriftsatz vom 21.04.2016 beantragten die Antragsgegner, der Antragstellerin gemäß § 494 a ZPO eine Frist zur Klageerhebung zu setzen.

Mit Beschluss vom 11.07.2016 lehnte, das Amtsgericht eine Fristsetzung zur Klageerhebung gem. § 494 a ZPO ab und legte den Antragsgegnern die Kosten des Verfahrens auf (Bl. 135/139 d.A.). Zur Begründung führte das Amtsgericht aus, dass es an einem Rechtschutzbedürfnis für den Antrag nach § 494 a ZPO fehle. Die Antragsgegner hätten den Anspruch der Antragstellerin, dessen tatsächliche Voraussetzungen im selbständigen Beweisverfahren festgestellt wurden. nach Beendigung des Beweisverfahrens erfüllt Damit sei eine Hauptsacheklage gegenstandslos geworden.

Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Antragsgegner vom 20.07.2016 (Bl. 140/142 d.A.). Die Antragsgegner sind der Ansicht, dass entgegen der Ansicht des Amtsgerichts die Hauptsache im vorliegenden Fall nicht erledigt sei. Das Beweissicherungsverfahren sei wesentlich zu früh und ohne Vorbefassung der Eigentümerversammlung eingeleitet worden. Darüber hinaus komme im selbständigen Beweisverfahren ein Kostenausspruch nur bei Antragsrücknahme oder nicht innerhalb einer Frist gem. § 494 a ZPO in Betracht.

Das Amtsgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 25.07.2016 (Bl. 144/147) nicht abgeholfen und die Akte dem Landgericht München I zur Entscheidung vorgelegt.

Das Beschwerdegericht hat mit Beschluss vom 07.09.2016 (Bl. 151/155) einen rechtlichen Hinweis erteilt.

Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Parteien sowie die gerichtlichen Entscheidungen Bezug genommen.

II.

Die rechtzeitig und verfahrensfehlerfrei eingelegte und begründete Beschwerde der Antragsgegner ist zulässig (§ 494 a; §§ 567 ff. ZPO); sie hat auch in der Sache Erfolg und führt zu der aus dem Beschlusssatz ersichtlichen Abänderung.

Wie das Amtsgericht zutreffend erkannt hat, ist nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung eine Anwendung des § 494 a ZPO kein Raum, wenn der Antragsgegner die im selbständigen Beweisverfahren festgestellten Mängel selbst beseitigt.

Bei Anwendung der höchstrichterlichen Rechtsprechung auf den vorliegenden Fall ist jedoch mit Blick auf die wohnungseigentumsrechtlichen Besonderheiten und den Umstand, dass Streitgegenstand des gegen die übrigen Wohnungseigentümer gerichteten Hauptsacheverfahrens nicht die Mängelbeseitigung an sich, sondern die Mitwirkung an der ordnungsgemäßen Verwaltung in Gestalt einer entsprechenden Beschlussfassung ist, zu differenzieren.

In Anwendung der Grundsätze der höchstrichterlichen Rechtsprechung auf den vorliegenden Fall hätte das Amtsgericht insoweit zu prüfen, ob hier unstreitig eine Erledigung der Hauptsache eingetreten ist (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Dezember 2002 – VII ZB 14/02 –, juris, Rn. 6; Thüringer Oberlandesgericht, Beschluss vom 27. Januar 2011 – 4 W 44/11 –, juris, Rn. 9). Zur Kostenentscheidung entsprechend dem Antrag (der Antragsgegner) nach § 494 a Abs. 2 Satz 1 ZPO auf Auferlegung der Kosten auf den Antragsteller kann und darf es daher bei unstreitiger und vollständiger Erfüllung des Hauptsacheanspruchs nicht kommen (Thüringer Oberlandesgericht. Beschluss vom 27. Januar 2011 – 4 W44/11 –, juris, Rn. 11).

Im Einzelnen ist Folgendes auszuführen:

a) Das selbständige Beweisverfahren kennt im Grundsatz keine Kostenentscheidung (BGHZ 132, 96), was seinen Grund darin findet, dass im selbständigen Beweisverfahren nicht festgestellt werden kann und darf, wer letztlich obsiegt oder unterliegt (OLG Hamm. OLGR 1993, 2).

Allerdings gilt der Grundsatz, dass die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens zu den Kosten des Hauptsacheverfahrens gehören und von der dort getroffenen Kostenentscheidung mit umfasst werden, sofern nur die Parteien und der Streitgegenstand des Beweisverfahrens und des Hauptprozesses identisch sind (BGH BauR 2006, 865); denn das selbständige Beweisverfahren und das anschließende Klageverfahren sind insoweit als Einheit anzusehen (OLG Celle, OLGR 2003, 354).

Sinn und Zweck des § 494 a ZPO ist es, die Lücke zu schließen, die entsteht, wenn der Antragsteller des selbständigen Beweisverfahrens nach der Beweisaufnahme auf eine Hauptsacheklage verachtet (BGH NJW 2007, 1282 [juris Rnr. 9]; BGH NJW-RR 2008, 330); er soll nicht durch Unterlassen der Hauptsacheklage der Kostenpflicht entgehen, die sich bei Abweisung einer Hauptsacheklage ergeben würde (BGH NJW-RR 2003, 1240). Die Kostentragungspflicht nach § 494 a Abs. 2 ZPO wurzelt demnach in einem mutmaßlichen Unterliegen des Antragstellers des selbständigen Beweisverfahrens, § 494 a ZPO will damit letztlich denjenigen schützen, der zu Unrecht mit einem Beweissicherungsverfahren überzogen wird. Der Zweck der Bestimmung des § 494 a ZPO liegt nicht darin, den Antragsteller besonders zur Klageerhebung anzuhalten. Die Vorschriften sollen es vielmehr ermöglichen, zu einem sachgerechten Kostenausspruch in solchen Fällen zu kommen, in denen der Antragsteller von einem Hauptsacheverfahren aufgrund des für ihn ungünstigen Ergebnisses der Beweisaufnahme im selbständigen Beweisverfahren absieht. Der Kostentragungspflicht liegt damit der innere – materiell-rechtliche – Gedanke zu Grunde, dass der Antragsteller nicht durch Unterlassen der Hauptsacheklage der Kostenpflicht entgehen soll, die ihn bei Abweisung einer solchen Klage treffen würde. § 494 a Abs. 2 ZPO wurzelt mithin in dem mutmaßlichen Unterliegen des Antragstellers im selbständigen Beweisverfahren und daraus resultierend in der Hauptsache.

b) Die Grundsätze, die der BGH zum Entfallen des Rechtschutzbedürfnisses für einen Antrag nach § 494 a ZPO bei Mängelbeseitigung entwickelt hat, lassen sich auf das vorliegende Verfahren nicht ohne Weiteres übertragen.

Die übrigen Wohnungseigentümer begeben sich durch die Mängelbeseitigung nicht in vergleichbarer Weise in die unterlegene Position wie etwa der Werkunternehmer, der sachverständig bestätigte Mängel behebt. Die Wohnungseigentümer schulden nicht die Mängelbeseitigung, sondern primär die Mitwirkung an einer entsprechenden Beschlussfassung. Dies setzt im Ragelfall die vorherige Vorbefassung der Wohnungseigentümer mit dem Rechtschutzbegehren des Antragstellers voraus. Hauptsacheklage wäre insoweit eine Verpflichtungsklage nach § 21 Abs. 4 WEG bzw. ein Antrag nach § 21 Abs. 8 WEG auf gerichtliche Beschlussersetzung.

Zutreffend weist die Antragstellerin darauf hin, dass eine Klage auf entsprechende Beschlussfassung ebenfalls überholt ist, da die entsprechenden Mängelbeseitigungsarbeiten bereits durchgeführt wurden. Der Antragstellerin ist die Erhebung einer Klage in Gestalt einer Feststellungsklage, dass ihr ein entsprechender Anspruch auf Mitwirkung bei der Mängelbeseitigung zustand oder auch einer Leistungsklage auf Schadenersatz grundsätzlich möglich. Einer derartigen Feststellungsklage würde nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung auch nicht das Rechtschutzbedürfnis fehlen (vgl. BGH MDR 2004, 1325). Die Erfolgsaussichten einer derartigen Klage können derzeit nicht abschließend beurteilt werden. Im Rahmen der Hauptsacheklage wäre dann auch die Frage zu klären, ob die übrigen Wohnungseigentümer ihre Pflichten verletzt haben und ob eine ordnungsgemäße Vorbefassung der Eigentümerversammlung vorlag.

Würde man in dieser Konstellation den Antragsgegnern ein Rechtschutzbedürfnis für den Antrag nach § 494 a ZPO versagen, wären diese wiederum gezwungen einen materiellen Kostenerstattunsanspruch in Form einer eigenständigen Klage geltend zu machen. Dies würde in der Regel voraussetzen, dass sich der Antragsteller gegenüber dem Antragsgegner durch die Einleitung des selbständigen Beweisverfahrens aus dem Gesichtspunkt der Verletzung vertraglicher oder vorvertraglicher Pflichten oder der deliktischen Handlung schadensersatzpflichtig gemacht hätte. In allen anderen Fällen müsste der Antragsgegner seine Kosten selbst tragen. Dieses unbillige Ergebnis vermeidet das Vorgehen nach § 494 a ZPO.

Vor diesem Hintergrund kann den Antragstellern nach Auffassung des Beschwerdegerichts ein Rechtschutzbedürfnis nicht abgesprochen werden und es war eine Frist gem. § 494 a Abs. 1 ZPO zu bestimmen. Da Hinderungsgründe betreffend einer zeitnahen Klageerhebung nicht ersichtlich sind, erschien eine Frist von drei Monaten als angemessen.

c) Die Beschwerde hat auch insoweit Erfolg als sie sich gegen den Kostenausspruch in der angegriffenen Entscheidung wendet. Eine solche war nicht veranlasst. Das selbständige Beweisverfahren führt – von den dargestellten Ausnahmen abgesehen – grundsätzlich nicht zu einer Kostenentscheidung. Auch die Entscheidung über den Antrag nach § 494 a Abs. 1 ZPO führt nicht zu einem Kostenausspruch, da Gerichtskosten hierfür nicht anfallen und die Tätigkeit der Rechtsanwälte durch die Verfahrensgebühr abgegolten ist (vgl. Zöller/Herget, § 494 a ZPO Rn. 8).

III.

1. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

2. Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, da die Sache keine grundsätzliche Bedeutung hat. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Sache dann, wenn eine klärungsbedürftige Frage zu entscheiden ist, deren Auftreten in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen zu erwarten ist und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an einheitlicher Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (BGHZ 151, 221; NJW 2003, 2319). Dies ist hier nicht der Fall, weil es sich um einen Einzelfall handelt.

3. Die Festsetzung des Gegenstandswerts folgt aus § 33 RVG und bemisst sich nach den entstandenen Anwaltsgebühren der Antragsgegnerseite.

Urteilsbesprechung zu Landgericht München I Beschluss, 29. Aug. 2017 - 36 T 14698/16

Urteilsbesprechungen zu Landgericht München I Beschluss, 29. Aug. 2017 - 36 T 14698/16

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 33 Wertfestsetzung für die Rechtsanwaltsgebühren


(1) Berechnen sich die Gebühren in einem gerichtlichen Verfahren nicht nach dem für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert oder fehlt es an einem solchen Wert, setzt das Gericht des Rechtszugs den Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit auf An

Wohnungseigentumsgesetz - WoEigG | § 21 Nutzungen und Kosten bei baulichen Veränderungen


(1) Die Kosten einer baulichen Veränderung, die einem Wohnungseigentümer gestattet oder die auf sein Verlangen nach § 20 Absatz 2 durch die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer durchgeführt wurde, hat dieser Wohnungseigentümer zu tragen. Nur ihm gebüh
Landgericht München I Beschluss, 29. Aug. 2017 - 36 T 14698/16 zitiert 5 §§.

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Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Dez. 2002 - VII ZB 14/02

bei uns veröffentlicht am 19.12.2002

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS VII ZB 14/02 vom 19. Dezember 2002 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO § 494 a Abs. 1 und Abs. 2 Der Antrag auf Klageerhebung nach § 494 a Abs. 1 ZPO ist unzulässig, wenn die im selbständi

Referenzen

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VII ZB 14/02
vom
19. Dezember 2002
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
ZPO § 494 a Abs. 1 und Abs. 2
Der Antrag auf Klageerhebung nach § 494 a Abs. 1 ZPO ist unzulässig, wenn die im
selbständigen Beweisverfahren festgestellten Mängel unstreitig beseitigt worden
sind. Für einen Antrag nach § 494 a Abs. 2 ZPO ist dann kein Raum.
BGH, Beschluß vom 19. Dezember 2002 - VII ZB 14/02 - OLG Dresden
LG Chemnitz
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 19. Dezember 2002 durch
den Vorsitzenden Richter Dr. Dressler und die Richter Hausmann, Dr. Kuffer,
Prof. Dr. Kniffka und Bauner

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluß des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 26. April 2002 wird zurückgewiesen. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens bei einem Beschwerdewert von 2.372,14

Gründe:

I.

Die Antragsgegnerin errichtete eine Eigentumswohnungsanlage. Nach der Abnahme zeigten sich verteilt über das gesamte Gebäude Risse in den Wänden. Die Antragsteller leiteten ein selbständiges Beweisverfahren ein. Der Sachverständige stellte fest, daß das Gebäude nicht fachgerecht errichtet worden war. Daraufhin beseitigte die Antragsgegnerin die von ihm festgestellten Mängel. Anschließend beantragte sie, gemäß § 494 a ZPO den Antragstellern aufzugeben, Hauptsacheklage zu erheben, und auszusprechen, daß die Antragsteller die ihr entstandenen Kosten zu tragen haben, falls sie der Anordnung nicht nachkommen sollten.
Das Landgericht hat beide Anträge abgelehnt. Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin ist erfolglos geblieben. Dagegen richtet sich ihre zugelassene Rechtsbeschwerde.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet. 1. Nach Ansicht des Berufungsgerichts fehlt für den auf Anordnung der Klageerhebung gerichteten Antrag das Rechtsschutzbedürfnis. Denn die Antragsgegnerin habe den Anspruch, dessen tatsächliche Voraussetzungen im selbständigen Beweisverfahren festgestellt werden sollten, nachträglich erfüllt. Damit sei die Hauptsacheklage gegenstandslos geworden. Eine Kostenentscheidung zugunsten der Antragsgegnerin habe zu unterbleiben. § 494 a Abs. 2 ZPO liege der Gedanke zugrunde, daß der Antragsteller nicht durch Unterlassen der Hauptsacheklage der Kostenpflicht entgehen solle, die sich bei Abweisung dieser Klage ergeben würde. Die Vorschrift sei daher dann nicht anzuwenden , wenn es mit dem Gesetzeszweck unvereinbar und rechtlich unbillig erscheine, allein wegen der Nichterhebung der Hauptsacheklage die außergerichtlichen Kosten des Antragsgegners dem Antragsteller aufzuerlegen. Das sei hier der Fall. Unerheblich sei, daß die Antragsgegnerin vor Einleitung des selbständigen Beweisverfahrens angeboten habe, die Risse mit Acryl zu verschließen. Dabei habe es sich um keine sach- und fachgerechte Mängelbeseitigung gehandelt. 2. Diese Erwägungen halten den Angriffen der Rechtsbeschwerde im Ergebnis stand. Eine Fristsetzung zur Erhebung der Klage nach § 494 a Abs. 1
ZPO und eine Kostenentscheidung nach § 494 a Abs. 2 ZPO zugunsten der Antragsgegnerin kommen nicht in Betracht.
a) Es ist in der Literatur und der obergerichtlichen Rechtsprechung anerkannt , daß für eine Anwendung des § 494 a Abs. 1 ZPO dann kein Raum ist, wenn der Antragsgegner die im selbständigen Beweisverfahren festgestellten Mängel vor Erhebung der Hauptsacheklage beseitigt und damit den Anspruch erfüllt. In diesem Fall ist der Antrag unzulässig. Als Folge davon ist für eine Kostenentscheidung nach § 494 a Abs. 2 ZPO kein Raum (vgl. Musielak/Huber, ZPO, 3. Aufl., § 494 a Rn. 2, 7; Zöller/Herget, ZPO, 23. Aufl., § 494 a Rn. 5; Werner/Pastor, Der Bauprozeß, 10. Aufl., Rn. 129 je mit Nachweisen aus der Rechtsprechung). Diese Auffassung trifft zu. Es ist mit Sinn und Zweck des § 494 a Abs. 1 ZPO nicht zu vereinbaren, dem Antragsteller die Erhebung einer Klage aufzugeben , die einen Anspruch zum Gegenstand hat, der aufgrund der Mängelbeseitigung bereits erfüllt und damit erloschen ist. Das hat zur Folge, daß auch für eine Kostenentscheidung nach § 494 a Abs. 2 ZPO kein Raum ist.

b) In Anwendung dieser Grundsätze hat das Beschwerdegericht die Anträge der Antragsgegnerin zu Recht abgelehnt. Die Mängel sind unstreitig beseitigt. Auf die von der Rechtsbeschwerde erhobenen weiteren Einwendungen, die darauf abzielen, das selbständige Beweisverfahren sei zu Unrecht eingeleitet worden, kommt es nicht an. 3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Dressler Hausmann Kuffer Kniffka Bauner

(1) Die Kosten einer baulichen Veränderung, die einem Wohnungseigentümer gestattet oder die auf sein Verlangen nach § 20 Absatz 2 durch die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer durchgeführt wurde, hat dieser Wohnungseigentümer zu tragen. Nur ihm gebühren die Nutzungen.

(2) Vorbehaltlich des Absatzes 1 haben alle Wohnungseigentümer die Kosten einer baulichen Veränderung nach dem Verhältnis ihrer Anteile (§ 16 Absatz 1 Satz 2) zu tragen,

1.
die mit mehr als zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen und der Hälfte aller Miteigentumsanteile beschlossen wurde, es sei denn, die bauliche Veränderung ist mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden, oder
2.
deren Kosten sich innerhalb eines angemessenen Zeitraums amortisieren.
Für die Nutzungen gilt § 16 Absatz 1.

(3) Die Kosten anderer als der in den Absätzen 1 und 2 bezeichneten baulichen Veränderungen haben die Wohnungseigentümer, die sie beschlossen haben, nach dem Verhältnis ihrer Anteile (§ 16 Absatz 1 Satz 2) zu tragen. Ihnen gebühren die Nutzungen entsprechend § 16 Absatz 1.

(4) Ein Wohnungseigentümer, der nicht berechtigt ist, Nutzungen zu ziehen, kann verlangen, dass ihm dies nach billigem Ermessen gegen angemessenen Ausgleich gestattet wird. Für seine Beteiligung an den Nutzungen und Kosten gilt Absatz 3 entsprechend.

(5) Die Wohnungseigentümer können eine abweichende Verteilung der Kosten und Nutzungen beschließen. Durch einen solchen Beschluss dürfen einem Wohnungseigentümer, der nach den vorstehenden Absätzen Kosten nicht zu tragen hat, keine Kosten auferlegt werden.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Berechnen sich die Gebühren in einem gerichtlichen Verfahren nicht nach dem für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert oder fehlt es an einem solchen Wert, setzt das Gericht des Rechtszugs den Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit auf Antrag durch Beschluss selbstständig fest.

(2) Der Antrag ist erst zulässig, wenn die Vergütung fällig ist. Antragsberechtigt sind der Rechtsanwalt, der Auftraggeber, ein erstattungspflichtiger Gegner und in den Fällen des § 45 die Staatskasse.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 1 können die Antragsberechtigten Beschwerde einlegen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde ist auch zulässig, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung eingelegt wird.

(4) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht, in Zivilsachen der in § 119 Absatz 1 Nummer 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes bezeichneten Art jedoch das Oberlandesgericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.

(5) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. Absatz 4 Satz 1 bis 3 gilt entsprechend.

(6) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 3 Satz 3, Absatz 4 Satz 1 und 4 und Absatz 5 gelten entsprechend.

(7) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.

(8) Das Gericht entscheidet über den Antrag durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.

(9) Das Verfahren über den Antrag ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet; dies gilt auch im Verfahren über die Beschwerde.