Oberlandesgericht Bamberg Endurteil, 18. Jan. 2016 - 4 U 160/14
vorgehend
Tenor
1. Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Landgerichts Würzburg
2. Die Kläger haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Würzburg ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 120% des zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 107.138,66 € festgesetzt.
Tatbestand
„Bezugnehmend auf Ihren Antrag vom 15.06.2005 und die anschließend mit der Verwaltung geführten Gespräche freuen wir uns Ihnen nunmehr die Zusicherung zur einer Flächenübertragung nach rechtskräftigem Abschluss der Baulandumlegung „E. - Straße im Sinne des Aufteilungsplanes des Architekturbüros N. geben zu können. Wir weisen ausdrücklich daraufhin, dass die Konditionen für einen späteren Erwerb heute noch nicht feststehen und jegliche Vorplanungen Ihrerseits nur auf eigenes Risiko erfolgen können.“ (Bl. 13 d. A.).
Im Anschluss an dieses Schreiben beauftragten die Kläger im Januar 2006 den Architekten mit der Planung des Bauvorhabens. Dieser stellte gemäß Rechnung vom 12.06.2007 Leistungen in der Zeit vom 15.01.2006 bis 12.06.2007 mit einem Betrag von 78.435,53 € netto in Rechnung. Hinsichtlich der weiteren von den Klägern vor dem 30.05.2007 beauftragten Leistungen, die den Klägern in Rechnung gestellt wurden, wird auf die Aufstellung in der Klageschrift (S.33) und die beigefügten Anlagen NE 8 - NE 17 Bezug genommen. Hieraus ergeben sich - inklusive Architektenhonorar - Gesamtkosten in Höhe von 102.138,66 €.
Am 07.05.2007 erteilte das Landratsamt S. den Klägern die baurechtliche Genehmigung für den geplanten Bau des H.
Am 23.05.2007 stellte das Wasserwirtschaftsamt F. bei einem Ortstermin fest, dass die Kläger zum Zwecke der Baugrunduntersuchung Probebohrungen durchführten.
Am 29.05.2007 fand ein Verhandlungsgespräch zwischen dem Kläger zu 2), dem Architekten und Vertretern der Beklagten, u. a. dem nunmehrigen Leiter des Rechts- und Ordnungsamtes D., zur geplanten Grundstücksveräußerung statt. Der Kläger zu 2) und der Architekt erklärten, bei der Festlegung des Kaufpreises müssten u. a. Mehrkosten für eine Pfahlgründung in Höhe von 140.000,00 € berücksichtigt werden. Zudem sei nicht auszuschließen, dass das Erdreich mit Bauschutt belastet sei. Deshalb müsse in den Kaufvertrag eine Altlastenklausel aufgenommen werden, die den Käufer von jeglichen Verpflichtungen aus einer Sanierung von Grund und Boden freistelle. Die Vertreter der Beklagten teilten in dem Gespräch mit, dass ein Abschlag für erhöhte Gründungskosten abgelehnt werde, die Aufnahme einer Altlastenklausel vorbehaltlich der Genehmigung des Finanzausschusses aber erfolgen könne.
Am 30.05.2007 übersandte das Landratsamt S. die Bauakte der Kiesgrube auf Anforderung an die Beklagte (Anlage B 15). Die Rücksendung erfolgte am 08.06.2007 (Anlage B 16).
Am 01.06.2007 unterbreiteten die Kläger der Beklagten ein Kaufangebot, das folgende Klausel vorsah:
„Der Vertragsgrundbesitz liegt teilweise/ganz im Bereich verfüllter Sandgruben; Art und Umfang des Auffüllmaterials sind noch nicht abschließend geklärt. (...) Sollte die Errichtung des Bauwerks aus Gründen, die in dem eingebrachten Auffüllmaterial, insbesondere in der Kontaminierung des Untergrundes liegen, tatsächlich oder rechtlich nicht möglich sein oder nicht abgeschlossen werden können (...) verpflichtet sich der Veräußerer, dem Erwerber den gesamten dadurch entstandenen Schaden zu ersetzen.“ (Anlage NE3)
Ebenfalls am 01.06.2007 fand das Wasserwirtschaftsamt bei einer Nachkontrolle Bohrgut aus der Probebohrung der Kläger vor, das Anteile von Bauschutt aufwies. In der Folge wurde eine behördliche Untersuchung des Baugrundes veranlasst.
Das Wasserwirtschaftsamt F. teilte mit Schreiben vom 09.07.2007 mit, dass organische Belastungen festzustellen seien, die auf eine Verunreinigung des Grundwassers durch Auffüllungen hinwiesen, dass aber eine Gefährdung der Trinkwasserversorgung derzeit weder bestätigt noch ausgeschlossen werden könne. Es seien weitere Untersuchungen erforderlich.
In einem Gutachten vom 15.10.2010 wurden Belastungen aus teerhaltigen Schwarzdeckenresten festgestellt, ohne dass aus den gewonnenen Daten ein Sanierungsbedarf abgeleitet werden konnte. Es wurde ein Grundwassermonitoring empfohlen (S. 23 der Klageschrift, Bl. 23 d. A.).
Nachdem die Kläger aufgrund dieser Erkenntnisse zunächst eine Verlängerung der Baugenehmigung erwirkt hatten, nahmen sie im Frühjahr 2011 vom Erwerb des Grundstücks Abstand und machten mit Schreiben vom 14.03.2011 Schadensersatz in Höhe von insgesamt 102.138,66 € gegenüber der Beklagten geltend.
Hinsichtlich der Einzelheiten des Vorbringens im Berufungsverfahren wird auf die gewechselten Schriftsätze samt Anlagen sowie das Sitzungsprotokoll vom 07.12.2015 Bezug genommen.
Gründe
Eine Aufklärungspflicht darüber, dass es sich bei dem Kaufgrundstück um das Gelände einer ehemaligen Kiesgrube handelte, die sich in einem Wasserschutzgebiet befand und die nach dem Abbau wieder verfüllt worden war, bestand nicht. Denn dieser Umstand war auch den Klägern und dem von ihnen eingeschalteten Architekten bekannt. Bereits aus diesem Umstand ergab sich ein beiden Seiten bekannter allgemeiner Altlastenverdacht.
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Oberlandesgericht Bamberg Endurteil, 18. Jan. 2016 - 4 U 160/14 zitiert oder wird zitiert von 5 Urteil(en).
(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.
(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.
(1) Die Berufung kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546) beruht oder nach § 529 zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen.
(2) Die Berufung kann nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat.
(1) Das Prozessgericht kann nach seinem Ermessen die wiederholte Vernehmung eines Zeugen anordnen.
(2) Hat ein beauftragter oder ersuchter Richter bei der Vernehmung die Stellung der von einer Partei angeregten Frage verweigert, so kann das Prozessgericht die nachträgliche Vernehmung des Zeugen über diese Frage anordnen.
(3) Bei der wiederholten oder der nachträglichen Vernehmung kann der Richter statt der nochmaligen Beeidigung den Zeugen die Richtigkeit seiner Aussage unter Berufung auf den früher geleisteten Eid versichern lassen.
(1) Zur Begründung eines Schuldverhältnisses durch Rechtsgeschäft sowie zur Änderung des Inhalts eines Schuldverhältnisses ist ein Vertrag zwischen den Beteiligten erforderlich, soweit nicht das Gesetz ein anderes vorschreibt.
(2) Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 entsteht auch durch
- 1.
die Aufnahme von Vertragsverhandlungen, - 2.
die Anbahnung eines Vertrags, bei welcher der eine Teil im Hinblick auf eine etwaige rechtsgeschäftliche Beziehung dem anderen Teil die Möglichkeit zur Einwirkung auf seine Rechte, Rechtsgüter und Interessen gewährt oder ihm diese anvertraut, oder - 3.
ähnliche geschäftliche Kontakte.
(3) Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 kann auch zu Personen entstehen, die nicht selbst Vertragspartei werden sollen. Ein solches Schuldverhältnis entsteht insbesondere, wenn der Dritte in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch nimmt und dadurch die Vertragsverhandlungen oder den Vertragsschluss erheblich beeinflusst.
(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.
(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerin kaufte mit notariellem Vertrag vom 29. Dezember 2005 unter Ausschluss der Gewährleistung von der Beklagten zu 1 das 759 qm große Hausgrundstück, Flurstück 275, in D. zum Kaufpreis von 330.000 €. Die Verkaufsverhandlungen wurden von dem Beklagten zu 2, dem geschiedenen Ehemann der Beklagten zu 1, geführt, der die Hälfte des Verkaufserlöses erhalten sollte. Das Grundstück ist mit einem massiven Holzzaun eingefriedet. In die Einfriedung einbezogen ist ein 185 qm großer Grundstückteil des Nachbar- grundstücks (Fl.-Nr. 274). Für den unbefangenen Betrachter scheint diese Teilfläche aufgrund ihrer gärtnerischen Gestaltung, aufgrund der Einfriedung und des darin befindlichen vier Meter breiten Eingangstores und der Einfahrt dem Anwesen als Vorgarten zuzugehören. Die Klägerin verlangt von den Beklagten Schadensersatz wegen unterlassener Aufklärung über die Eigentumsverhältnisse an dem Vorgartenbereich des Kaufobjekts.
- 2
- Das Landgericht hat die Beklagten zur Zahlung von 60.000 € verurteilt und festgestellt, dass diese, falls der Eigentümer des Nachbargrundstücks den Rückbau des Vorgartens verlangt, verpflichtet sind, die erforderlichen Rückbaukosten zu zahlen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht das Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagten beantragen, verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter.
Entscheidungsgründe:
I.
- 3
- Das Berufungsgericht verneint einen Schadensersatzanspruch der Klägerin aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen. Zwar hätten die Beklagten vor Abschluss des Kaufvertrages über die von der Einfriedung abweichende Grundstücksgrenze aufklären müssen. Im Sachbereich der §§ 434 ff. BGB seien Ansprüche aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen wegen des Vorrangs der kaufrechtlichen Regelungen aber grundsätzlich ausgeschlossen. Eine Ausnahme gelte lediglich bei arglistigem Verhalten des Verkäufers. Ein solches Verhalten könne nicht festgestellt werden. Denn die Klägerin habe nicht ausschließen können, dass sich in einem ihr von dem Beklagten zu 2 im Vorfeld des Kaufvertragsabschlusses übergebenen Ordner Lagepläne des Grundstücks befunden haben. Jedenfalls aus einem dieser Lagepläne habe sich der Grenzverlauf des Grundstücks mit hinreichender Deutlichkeit ergeben.
II.
- 4
- Die Beklagte zu 1 war trotz rechtzeitiger Bekanntmachung im Verhandlungstermin nicht vertreten. Deshalb ist insoweit über den Revisionsantrag der Klägerin durch Versäumnisurteil zu entscheiden. Das Urteil beruht jedoch inhaltlich nicht auf einer Säumnisfolge, sondern auf einer Sachprüfung (vgl. Senat , Urteil vom 4. April 1962 – V ZR 110/60, BGHZ 37, 79, 82).
- 5
- Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Die Verneinung eines Schadensersatzanspruchs der Klägerin aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen (§ 280 Abs. 1, § 311 Abs. 2 Nr. 1, 241 Abs. 2 BGB) hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
- 6
- 1. Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass die Beklagten verpflichtet waren, die Klägerin vor Abschluss des Kaufvertrages darüber aufzuklären , dass der Gartenzaun und das darin befindliche Eingangstor im Vorgartenbereich – wie die Beklagten wussten – fremden Grund und Boden einschloss und sich das zu verkaufende Grundstück im dortigen Bereich nicht bis an die Grundstückseinfriedung erstreckt. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs besteht auch bei Vertragsverhandlungen, in denen die Parteien entgegengesetzte Interessen verfolgen, für jeden Vertragspartner die Pflicht, den anderen Teil über solche Umstände aufzuklären, die den Vertragszweck des anderen vereiteln können und daher für den Entschluss eines ver- ständigen Käufers von wesentlicher Bedeutung sind, sofern er eine Mitteilung nach der Verkehrsauffassung erwarten kann (vgl. nur Senat, Urteil vom 15. Juli 2011 – V ZR 171/10, WM 2011, 1956, 1957 Rn. 7; BGH, Urteil vom 16. Dezember 2009 – VIII ZR 38/09, NJW 2010, 858 Rn. 15, jeweils mwN). Zu Recht nimmt das Berufungsgericht an, dass die Einfriedung eines Hausgrundstücks Kaufinteressenten regelmäßig den Eindruck vermittelt, es handle sich um ein einheitliches, nach außen abgeschlossenes Grundstück. Dieser Eindruck wurde hier dadurch verstärkt, dass nach den Feststellungen des Berufungsgerichts in der der Klägerin von dem Beklagten zu 2 zur Verfügung gestellten Objekt- und Lagebeschreibung ausdrücklich auf die Umfriedung des Grundstücks mitZaun und Eingangstor hingewiesen wurde. Unter diesen Umständen waren die Beklagten verpflichtet, einem Irrtum der Klägerin durch Aufklärung über den tatsächlichen Grenzverlauf vorzubeugen.
- 7
- 2. Ihre Pflicht zur Aufklärung haben die Beklagten nicht dadurch erfüllt, dass der Beklagte zu 2 der Klägerin die erbetenen Finanzierungsunterlagen, die für die Bank benötigt wurden, sowie einen Ordner überlassen hat, in dem sich neben dem Exposé und diversen anderen Unterlagen Lagepläne des Grundstücks befunden haben. Mit der Übergabe von Unterlagen erfüllt ein Verkäufer seine Aufklärungspflicht nur dann, wenn er aufgrund der Umstände die berechtigte Erwartung haben kann, dass der Käufer die Unterlagen nicht nur zum Zweck allgemeiner Information, sondern unter einem bestimmten Gesichtspunkt gezielt durchsehen wird. Solche Umstände liegen etwa vor, wenn der Verkäufer dem Käufer im Zusammenhang mit möglichen Mängeln ein Sachverständigengutachten überreicht (Senat, Urteil vom 12. November 2010 - V ZR 181/09, NJW 2011, 1280 Rn. 11). Ein verständiger und redlicher Verkäufer kann dagegen nicht erwarten, dass ein Käufer Finanzierungsunterlagen oder einen ihm übergebenen Ordner mit Unterlagen zu dem Kaufobjekt darauf durchsieht, ob in die Einfriedung des Grundstücks möglicherweise fremder Grund einbezogen wurde. Dies gilt hier umso mehr, als die Klägerin aufgrund des ausdrücklichen Hinweises in der Objekt- und Lagebeschreibung auf die Umfriedung des Grundstücks mit Zaun und Eingangstor ersichtlich keinen Grund für die Annahme hatte, dass in diese Teile des Nachbargrundstücks einbezogen sein könnten , und sie daher erkennbar auch keinen Anlass hatte, die Frage des Grenzverlaufs einer näheren Prüfung zu unterziehen.
- 8
- 3. Rechtsfehlerhaft nimmt das Berufungsgericht an, unabhängig von der Frage der Erfüllung der Aufklärungspflicht scheide eine Haftung der Beklagten jedenfalls deswegen aus, weil aufgrund der Übergabe des Ordners, der neben zahlreichen anderen Unterlagen auch einen Lageplan des Grundstücks enthalten habe, kein arglistiges Verhalten der Beklagten festgestellt werden könne.
- 9
- Auf die Frage, ob die Beklagten arglistig gehandelt haben, kommt es nicht an. Denn es geht hier nicht um Verhaltenspflichten der Beklagten im Zusammenhang mit der Beschaffenheit der Kaufsache. Zur Beschaffenheit des verkauften Grundstücks Fl.-Nr. 275 gehört es nicht, dass es sich auch auf Teile des Nachbargrundstücks Fl.-Nr. 274 erstreckt. Dies könnte auch nicht Gegenstand einer Beschaffenheitsvereinbarung sein; vielmehr legte eine solche Vereinbarung den Kaufgegenstand selbst und nicht lediglich dessen Beschaffenheit fest (vgl. zu einem solchen Sachverhalt Senat, Urteil vom 18. Januar 2008 - V ZR 174/06, NJW 2008, 1658). Da der Sachbereich der §§ 434 ff. BGB somit nicht betroffen ist, kann uneingeschränkt auf die Grundsätze des Verschuldens bei Vertragsschluss zurückgegriffen werden (vgl. hierzu Senat, Urteil vom 26. Januar 1996 - V ZR 42/94, NJW-RR 1996, 690).
- 10
- Unabhängig davon hat das Berufungsgericht fehlerhaft den subjektiven Tatbestand der Arglist der Beklagten verneint. Eine arglistige Verletzung der Aufklärungspflicht liegt dann vor, wenn der Beklagte zu 2, dessen Verhalten sich die Beklagte zu 1 gemäß § 278 BGB zurechnen lassen muss, gewusst oder zumindest damit gerechnet und billigend in Kauf genommen hat, dass die Klägerin keine Kenntnis von den tatsächlichen Grundstücksgrenzen hatte (Senat , Urteil vom 26. Januar 1996 - V ZR 42/94, NJW-RR 1996, 690). Zwar trägt die Klägerin die Darlegungs- und Beweislast auch für den subjektiven Tatbestand der Arglist. Da es sich bei der unterbliebenen Aufklärung aber um eine negative Tatsache handelt, kommen ihr Erleichterungen nach den Grundsätzen der sekundären Darlegungslast zugute. Daher ist es Sache der Beklagten, diejenigen Umstände in räumlicher, zeitlicher und inhaltlicher Weise zu konkretisieren , aufgrund deren sie von einer Kenntnis der Klägerin über die tatsächlichen Grundstückverhältnisse ausgegangen sein wollen (Senat, Urteil vom 12. November 2010 – V ZR 181/09, BGHZ 188, 43, 48 Rn. 15). Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts rechtfertigen die von den Beklagten vorgetragenen Umstände nicht deren Annahme, die Klägerin sei über den tatsächlichen Grenzverlauf im Bilde gewesen. Wie bereits ausgeführt, durfte ein verständiger und redlicher Verkäufer nicht davon ausgehen, mit der Übergabe von Finanzierungsunterlagen sowie eines Ordners mit verschiedensten Unterlagen der Klägerin die erforderliche Kenntnis über die von der Einfriedung des Grundstücks abweichenden Grundstücksgrenzen verschafft zu haben.
- 11
- 4. Der Rechtsstreit ist nicht zur Endentscheidung reif, da das Berufungsgericht offen gelassen hat, ob die Beklagten ihre Aufklärungspflicht – wie sie behaupten – durch einen ausdrücklichen mündlichen Hinweis auf den tatsächlichen Grenzverlauf erfüllt haben. Die Klärung dieser Frage ist vom Berufungsge- richt nachzuholen. Daher ist das Urteil aufzuheben und die Sache zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
- 12
- Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin: Bejaht das Berufungsgericht einen Schadensersatzanspruch der Klägerin wegen Verschuldens bei Vertragsschluss, so ist als zu ersetzender Schaden nicht die Differenz zwischen dem Wert des Grundstücks mit und ohne Vorgarten anzusetzen. Denn der zum Nachbargrundstück gehörende Vorgartenbereich ist nicht Gegenstand des Kaufvertrages. Vielmehr ist der Betrag maßgeblich, um den die Klägerin wegen der unterlassenen Aufklärung das verkaufte Grundstück zu teuer erworben hat. Sie ist also so zu behandeln, als wäre es ihr bei Kenntnis der wahren Sachlage gelungen, den Kaufvertrag zu einem günstigeren Kaufpreis abzuschließen ; dabei kommt es nicht darauf an, ob sich die Beklagten mit einem niedrigeren – objektiv angemessenen – Kaufpreis einverstanden erklärt hätten (Senat, Urteil vom 6. April 2001 - V ZR 394/99, NJW 2001, 2875, 2877 mwN). Das Berufungsgericht wird daher zu prüfen haben, ob und in welcher Höhe der Klägerin über die Kosten eines eventuellen Rückbaus des Vorgartens hinaus ein weiterer Schaden entstanden ist.
Brückner Weinland
Vorinstanzen:
LG Dortmund, Entscheidung vom 26.03.2010 - 6 O 614/07 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 11.11.2010 - I-22 U 79/10 -
(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.
(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Kläger wenden sich gegen die von der beklagten Bank betriebene Zwangsvollstreckung aus einem notariellen Schuldanerkenntnis.
- 2
- Die Kläger wurden im Jahr 1993 von einem Vermittler geworben, ohne Eigenkapital eine Eigentumswohnung zu Steuersparzwecken zu erwerben. Mit notariellem Kaufvertrag vom 30. März 1993 erwarben sie die Wohnung Nr. .. in dem Objekt Rh. in D. zum Kaufpreis von 129.250 DM.
- 3
- Zur Finanzierung des Kaufpreises legte die Rechtsvorgängerin der Beklagten (nachfolgend: Beklagte) den Klägern den Entwurf eines Darlehensvertrages vom 5. August 1993 über 129.000 DM vor. Die Kläger un- terzeichneten den Antrag, in dem die Tilgung mit 1% p.a. und die monatlich zu zahlende Rate mit 908,38 DM angegeben waren. Zur Sicherheit wurde von der im Kaufvertrag bevollmächtigten Notariatsangestellten am 6. August 1993 eine Grundschuld über 129.000 DM an der Eigentumswohnung bestellt. In der Grundschuldbestellungsurkunde ist auch die Übernahme der persönlichen Haftung der Kläger nebst Unterwerfung in die sofortige Zwangsvollstreckung enthalten.
- 4
- Beklagten Der lagen zum Zeitpunkt der Kreditentscheidung der notarielle Kaufvertrag vom 30. März 1993 und ein Verkaufsprospekt vor, der Lichtbilder der Front- und Rückseite des Objekts, Planzeichnungen und einen Auszug aus dem Stadtplan von D. enthielt. Das Objekt wurde im Prospekt u.a. wie folgt beschrieben: Baujahr 1952, renoviert; Sonstiges: Guter Zustand, von außen verklinkert, Isolierverglasung, jede ETW hat Balkon, Ölzentralheizung. In einem an die zuständige Filiale S. der Beklagten gerichteten Kreditantrag für Baufinanzierungen vom 6. August 1993 wurde der Objektwert von der Filiale R. mit dem Kaufpreis gleich gesetzt.
- 5
- Am 2. September 1993 richtete die Filiale R. der Beklagten ein Schreiben an die Kläger, das auszugsweise wie folgt lautet: "Die Eigentumswohnung wurde nach Ihren Angaben 1952 erstellt. Renovierungsarbeiten wurden angabegemäß durchgeführt, die aber in genauerem Umfang nicht bekannt sind. Uns liegt zur Wertermittlung der Immobilie lediglich ein Exposé der Vertriebsfirma vor. Aufgrund des von uns ermittelten Verkehrswertes können wir der Finanzierung nur dann näher treten, wenn uns objektive Belei- hungsunterlagen (aktuelles Lichtbild, Mietvertrag, Zustandsbericht der Raumverhältnisse sowie der Zeitpunkt der Modernisierung, inklusive Kostenaufstellung) vorliegen. Unabhängig vom Darlehensantrag , in welchem eine Tilgung von 1% p.a. vereinbart wurde, müssen wir mit dem derzeitigen Informationsstand die Tilgung auf 5% p.a. erhöhen. Dies würde eine Erhöhung der Belastung auf DM 1.338,38 monatlich bedeuten. Bis zur Vorlage der von uns benötigten Objektunterlagen und bis zu Ihrer Entscheidung, ob Sie mit der höheren Tilgung einverstanden sind, können wir das Darlehen nicht zusagen."
- 6
- Mit Fax vom 5. Oktober 1993 wandte sich der Vermittler an die Beklagte und teilte mit, dass die Kläger bereit seien, die Wohnung über diese zu finanzieren, wenn die Tilgung auf 1% reduziert werde. Am 28. Oktober/5. November 1993 unterzeichneten die Parteien einen Darlehensvertrag über 129.000 DM, der eine Tilgung von 3% p.a. vorsah.
- 7
- Nachdem das von der Beklagten valutierte Darlehen notleidend geworden war, stellte die Beklagte den Darlehensrestbetrag am 16. Juli 2003 in Höhe von 51.089,44 € zum 29. August 2003 fällig und betrieb aus der Grundschuldbestellungsurkunde die Zwangsversteigerung der finanzierten Eigentumswohnung. Diese erfolgte im Februar 2004 für 24.500 €. Wegen des Restbetrages betreibt die Beklagte die Zwangsvollstreckung in das persönliche Vermögen der Kläger.
- 8
- Landgericht Das hat die Vollstreckungsgegenklage abgewiesen. Auf die Berufung der Kläger hat das Berufungsgericht die Beklagte antragsgemäß verurteilt und deren Hilfswiderklage auf Zahlung der noch offenen Darlehensforderung von 25.720,40 € zuzüglich Zinsen abgewiesen. Mit der - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungs- und Hilfswiderklageantrag in vollem Umfang weiter.
Entscheidungsgründe:
- 9
- Die Revision hat keinen Erfolg.
I.
- 10
- Das Berufungsgericht hat - soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung - im Wesentlichen ausgeführt:
- 11
- Die Kläger könnten dem Darlehensrückzahlungsanspruch der Beklagten einen Schadensersatzanspruch aus Verschulden bei Vertragsschluss wegen Verletzung einer Aufklärungspflicht durch die Beklagte entgegenhalten. Aufgrund eines Wissensvorsprungs habe die Beklagte die Kläger über den tatsächlichen Wert der Eigentumswohnung aufklären müssen. Der Kaufpreis für die Wohnung sei sittenwidrig überhöht gewesen , weil er den Verkehrswert der Wohnung um 87,07% überstiegen habe.
- 12
- Hiervon habe die Beklagte Kenntnis gehabt. Offen bleiben könne deshalb, ob in den Fällen eines besonders groben Missverhältnisses zwischen Kaufpreis und Verkehrswert die Kenntnis der Bank hiervon zu vermuten sei. Aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme stehe fest, dass sich die Beklagte einer Erkenntnis der sittenwidrigen Kaufpreisüberhöhung bewusst verschlossen und eine sittenwidrige Übervorteilung der Kläger in Kauf genommen habe. Der Beklagten seien die wertbildenden Faktoren der Eigentumswohnung bekannt gewesen. Sie habe den Kaufpreis, das Baujahr, die Ausstattung und die Lage der Wohnung und als überregional tätige Bank auch die Markt- und Preisverhältnisse auf dem Immobilienmarkt gekannt. Angesichts der Lage der Wohnung an einer breiten Hauptstraße sei ihr auch die Verkehrslärmbeeinträchtigung bekannt gewesen. Weiter habe sie gewusst, dass das Hauptrisiko für die Werthaltigkeit der Wohnung darin gelegen habe, ob und in welchem Umfang Renovierungen durchgeführt worden seien. Sie habe die Finanzierung deshalb angesichts der erkannten Risiken zunächst nur mit einer fünfprozentigen Tilgung gewähren wollen. Obgleich ihr keine Informationen zum Renovierungszustand erteilt worden seien, habe sie das Darlehen dann mit einem Tilgungssatz von 3% ausgereicht. Das belege, dass die Beklagte die sich ihr aufdrängenden Bedenken hinsichtlich der Werthaltigkeit der Immobilie beiseite geschoben habe. Dies sei einer positiven Kenntnis gleich zu stellen. Wegen Verletzung ihrer Aufklärungspflicht müsse die Beklagte die Kläger so stellen, als ob sie die sittenwidrige Kaufpreisüberhöhung erkannt und die Bezahlung des Kaufpreises verweigert hätten.
II.
- 13
- Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung stand. Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht eine Haftung der Beklagten aus Auf- klärungsverschulden unter dem Gesichtspunkt eines Wissensvorsprungs hinsichtlich der sittenwidrigen Überteuerung des Kaufpreises für die Eigentumswohnung bejaht, die die Zwangsvollstreckung der Beklagten unzulässig macht und ihrem Darlehensrückzahlungsanspruch entgegensteht.
- 14
- 1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine kreditgebende Bank bei steuersparenden Bauherren-, Bauträger- und Erwerbermodellen zur Risikoaufklärung über das finanzierte Geschäft allerdings nur unter ganz besonderen Voraussetzungen verpflichtet. Sie darf regelmäßig davon ausgehen, dass die Kunden entweder über die notwendigen Kenntnisse oder Erfahrungen verfügen oder sich jedenfalls der Hilfe von Fachleuten bedient haben. Aufklärungs- und Hinweispflichten bezüglich des finanzierten Geschäfts können sich daher nur aus den besonderen Umständen des konkreten Einzelfalls ergeben. Dies kann etwa dann der Fall sein, wenn die Bank in Bezug auf spezielle Risiken des Vorhabens einen konkreten Wissensvorsprung vor dem Darlehensnehmer hat und dies auch erkennen kann (Senatsurteile BGHZ 161, 15, 20; 168, 1, 19 f., Tz. 41, vom 9. November 2004 - XI ZR 315/03, WM 2005, 72, 76, vom 15. März 2005 - XI ZR 135/04, WM 2005, 828, 830, vom 10. Juli 2007 - XI ZR 243/05, WM 2007, 1831, 1832, Tz. 14 und vom 23. Oktober 2007 - XI ZR 167/05, WM 2008, 154, 156, Tz. 13). Eine Aufklärungspflicht der Bank über die Unangemessenheit des Kaufpreises unter dem rechtlichen Gesichtspunkt eines Wissensvorsprungs ist ausnahmsweise dann anzunehmen, wenn eine so wesentliche Verschiebung der Relation zwischen Kaufpreis und Verkehrswert vorliegt, dass die Bank von einer sittenwidrigen Übervorteilung des Käufers durch den Verkäufer ausgehen muss (st.Rspr., Senatsurteile vom 23. März 2004 - XI ZR 194/02, WM 2004, 1221, 1225, vom 15. März 2005 - XI ZR 135/04, WM 2005, 828, 830 und vom 23. Oktober 2007 - XI ZR 167/05, WM 2008, 154, 156, Tz. 16, jeweils m.w.Nachw.). Von einer solchen sittenwidrigen Übervorteilung ist auszugehen, wenn der Verkaufspreis knapp doppelt so hoch ist wie der Verkehrswert der Wohnung (BGHZ 146, 298, 301 ff.; 168, 1, 21, Tz. 47; Senatsurteile vom 19. Juni 2007 - XI ZR 142/05, WM 2007, 1456, 1457, Tz. 13, vom 26. Juni 2007 - XI ZR 277/05, WM 2007, 1651, 1653, Tz. 15 und vom 26. Februar 2008 - XI ZR 74/06, WM 2008, 683, 687, Tz. 38, jeweils m.w.Nachw.).
- 15
- a) Im Ergebnis zu Recht ist das Berufungsgericht von einer sittenwidrigen Überteuerung der Eigentumswohnung ausgegangen. Entgegen seiner Ansicht übersteigt der Kaufpreis den Wert der Eigentumswohnung allerdings nicht lediglich um 87,07%, sondern um mehr als 100%. Für den Wert-Preisvergleich ist der vom Sachverständigen Si. ermittelte Verkehrswert der Wohnung maßgeblich, der am 30. März 1993 63.500 DM betrug. Dem steht der mehr als doppelt so hohe Kaufpreis von 129.000 DM gegenüber. Das belegt die sittenwidrige Überteuerung der Wohnung.
- 16
- b) Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht auch die subjektiven Voraussetzungen einer Aufklärungspflicht bejaht.
- 17
- aa) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss ein Kreditinstitut nur das ihm präsente Wissen offenbaren. Dabei ist grundsätzlich positive Kenntnis der Bank von der sittenwidrigen Überteuerung des Kaufobjekts erforderlich. Eine solche Kenntnis wird selbst bei einem - hier nicht vorliegenden - institutionalisierten Zusammenwir- ken der Bank mit dem Verkäufer oder Vermittler der Anlage nicht vermutet (Senatsurteil vom 23. Oktober 2007 - XI ZR 167/05, WM 2008, 154, 156 f., Tz. 16 m.w.Nachw.; OLG Frankfurt WM 2006, 2207, 2209). Etwas anderes ist auch nicht etwa dem vom Berufungsgericht zitierten Urteil des Senats vom 20. Januar 2004 (XI ZR 460/02, WM 2004, 521, 524) zu entnehmen. Darin wurde insoweit lediglich ausgesprochen, dass ein besonders grobes Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung eine Vermutung der subjektiven Voraussetzungen für ein sittenwidriges Handeln des Verkäufers begründet (ebenso BGHZ 146, 298, 302). Von einer widerleglichen Vermutung der Kenntnis der finanzierenden Bank von der sittenwidrigen Übervorteilung des Käufers durch den Verkäufer ist dort keine Rede. Eine solche positive Kenntnis der Beklagten hat das Berufungsgericht aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme rechtsfehlerhaft nicht als bewiesen angesehen.
- 18
- bb) Es hat aber aufgrund der besonderen Umstände des Falles die Überzeugung gewonnen, dass die mit der Bewilligung des Darlehens befassten Mitarbeiter der Beklagten vor der Erkenntnis der sittenwidrigen Überteuerung der Wohnung bewusst die Augen verschlossen haben, was der positiven Kenntnis der Sittenwidrigkeit gleichsteht. Diese tatrichterliche Würdigung ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
- 19
- (1) Allerdings besteht, worauf die Revision zu Recht hinweist, keine Nachforschungspflicht einer Bank hinsichtlich etwaiger Risiken des zu finanzierenden Vorhabens. Kreditinstitute prüfen den Wert der ihnen gestellten Sicherheiten grundsätzlich nur im eigenen Interesse sowie im Interesse der Sicherheit des Bankensystems, nicht aber im Kundeninteresse (BGHZ 147, 343, 349; 168, 1, 20 f., Tz. 45 und Senatsurteile vom 7. April 1992 - XI ZR 200/91, WM 1992, 977, vom 21. Oktober 1997 - XI ZR 25/97, WM 1997, 2301, 2302, vom 11. November 2003 - XI ZR 21/03, WM 2004, 24, 27, vom 20. März 2007 - XI ZR 414/04, WM 2007, 876, 880 f., Tz. 41, vom 23. Oktober 2007 - XI ZR 167/05, WM 2008, 154, 156, Tz. 15 und vom 6. November 2007 - XI ZR 322/03, WM 2008, 115, 119, Tz. 43). Dementsprechend kann sich aus einer lediglich zu bankinternen Zwecken erfolgten oder unterlassenen Beleihungswertermittlung grundsätzlich keine Pflichtverletzung gegenüber dem Kreditnehmer und somit auch keine diesbezügliche Aufklärungspflicht ergeben (Senat, BGHZ 168 aaO S. 21, Tz. 45; Urteile vom 20. März 2007 - XI ZR 414/04, WM 2007, 876, 881, Tz. 41 und vom 23. Oktober 2007 - XI ZR 167/05, WM 2008, 154, 156, Tz. 15 m.w.Nachw.).
- 20
- Ausnahmsweise (2) steht die bloße Erkennbarkeit von aufklärungspflichtigen Tatsachen wie etwa der sittenwidrigen Überteuerung eines Wohnungskaufpreises der positiven Kenntnis aber dann gleich, wenn sich diese einem zuständigen Bankmitarbeiter nach den Umständen des Einzelfalls aufdrängen musste; er ist dann nach Treu und Glauben nicht berechtigt, seine Augen vor solchen Tatsachen zu verschließen (Senatsbeschluss vom 28. Januar 1992 - XI ZR 301/90, WM 1992, 602, 603 und Senatsurteil vom 7. April 1992 - XI ZR 200/91, WM 1992, 977). So liegt der Fall hier.
- 21
- Das Berufungsgericht ist aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme und der unstreitigen besonderen Umstände des Falles zu der Überzeugung gelangt, dass die zuständigen Mitarbeiter der Beklagten bewusst die Augen vor der sittenwidrigen Überteuerung der Wohnung verschlossen haben. Die vom Berufungsgericht in tatrichterlicher Ver- antwortung vorgenommene Würdigung, die revisionsrechtlich nur eingeschränkt überprüfbar ist (vgl. Senatsbeschluss vom 28. Januar 1992 - XI ZR 301/90, WM 1992, 602, 603), weist keinen Rechtsfehler auf. Sie ist vollständig, verstößt nicht gegen die Denkgesetze und ist vertretbar.
- 22
- Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass der Beklagten alle wertbildenden Faktoren der Wohnung bekannt waren und sich ihr deshalb die sittenwidrige Überteuerung der Wohnung aufgedrängt hat. Die Beklagte kannte den Kaufpreis und war als überregional tätige Bank mit den Markt- und Preisverhältnissen auf dem Immobilienmarkt in D. vertraut. Sie kannte aufgrund des ihr vorliegenden Prospekts Alter, schlechte Lage und Ausstattung der Wohnung. Ihr war, wie sich ihrem Schreiben vom 2. September 1993 entnehmen lässt, bewusst , dass ein unzureichender Renovierungszustand, mit dem sie ernsthaft rechnete, den Wert negativ beeinflusst. Ihr nachträgliches ungewöhnliches Verlangen nach einer unüblich hohen fünfprozentigen Tilgung pro Jahr ist ein wichtiges Indiz dafür, dass sie die Immobilie in hohem Maße nicht als werthaltig ansah. Wenn sie trotz Fehlens zusätzlich angeforderter tragfähiger Informationen zum Renovierungszustand nach Intervention des Vermittlers die Finanzierung zu einem immer noch ungewöhnlich hohen Tilgungssatz von 3% p.a. abgeschlossen hat, so durfte das Berufungsgericht annehmen, dass die Beklagte vor der von ihr als Risiko erkannten und sich aufdrängenden Erkenntnis einer sittenwidrigen Überteuerung der Wohnung bewusst die Augen verschlossen und lediglich versucht hat, durch einen ungewöhnlich hohen Tilgungssatz das durch die völlig unzureichende Werthaltigkeit der Immobile bedingte Kreditausfallrisiko zu verringern.
- 23
- 2. Das Berufungsgericht hat auch zutreffend ausgeführt, dass die Kläger wegen des Aufklärungsverschuldens der Beklagten im Wege des Schadensersatzes so zu stellen sind, als hätten sie den Darlehensvertrag nicht abgeschlossen. Die Ausführungen des Berufungsgerichts, dass ausgleichspflichtige Vorteile der Kläger nicht vorhanden sind, werden von der Revision nicht angegriffen. Die von der Beklagten betriebene Zwangsvollstreckung ist danach unzulässig, ihre Hilfswiderklage unbegründet.
III.
- 24
- Die Revision war nach alledem zurückzuweisen.
Grüneberg Maihold
Vorinstanzen:
LG Nürnberg-Fürth, Entscheidung vom 25.08.2005 - 10 O 8701/04 -
OLG Nürnberg, Entscheidung vom 30.03.2007 - 12 U 2164/05
(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.
(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.
(1) Der Versicherungsnehmer hat bis zur Abgabe seiner Vertragserklärung die ihm bekannten Gefahrumstände, die für den Entschluss des Versicherers, den Vertrag mit dem vereinbarten Inhalt zu schließen, erheblich sind und nach denen der Versicherer in Textform gefragt hat, dem Versicherer anzuzeigen. Stellt der Versicherer nach der Vertragserklärung des Versicherungsnehmers, aber vor Vertragsannahme Fragen im Sinn des Satzes 1, ist der Versicherungsnehmer auch insoweit zur Anzeige verpflichtet.
(2) Verletzt der Versicherungsnehmer seine Anzeigepflicht nach Absatz 1, kann der Versicherer vom Vertrag zurücktreten.
(3) Das Rücktrittsrecht des Versicherers ist ausgeschlossen, wenn der Versicherungsnehmer die Anzeigepflicht weder vorsätzlich noch grob fahrlässig verletzt hat. In diesem Fall hat der Versicherer das Recht, den Vertrag unter Einhaltung einer Frist von einem Monat zu kündigen.
(4) Das Rücktrittsrecht des Versicherers wegen grob fahrlässiger Verletzung der Anzeigepflicht und sein Kündigungsrecht nach Absatz 3 Satz 2 sind ausgeschlossen, wenn er den Vertrag auch bei Kenntnis der nicht angezeigten Umstände, wenn auch zu anderen Bedingungen, geschlossen hätte. Die anderen Bedingungen werden auf Verlangen des Versicherers rückwirkend, bei einer vom Versicherungsnehmer nicht zu vertretenden Pflichtverletzung ab der laufenden Versicherungsperiode Vertragsbestandteil.
(5) Dem Versicherer stehen die Rechte nach den Absätzen 2 bis 4 nur zu, wenn er den Versicherungsnehmer durch gesonderte Mitteilung in Textform auf die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung hingewiesen hat. Die Rechte sind ausgeschlossen, wenn der Versicherer den nicht angezeigten Gefahrumstand oder die Unrichtigkeit der Anzeige kannte.
(6) Erhöht sich im Fall des Absatzes 4 Satz 2 durch eine Vertragsänderung die Prämie um mehr als 10 Prozent oder schließt der Versicherer die Gefahrabsicherung für den nicht angezeigten Umstand aus, kann der Versicherungsnehmer den Vertrag innerhalb eines Monats nach Zugang der Mitteilung des Versicherers ohne Einhaltung einer Frist kündigen. Der Versicherer hat den Versicherungsnehmer in der Mitteilung auf dieses Recht hinzuweisen.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger begehrt die Feststellung, dass sein mit der Beklagten geschlossener Lebensversicherungsvertrag mit Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung trotz Rücktrittserklärung der Beklagten fortbesteht.
- 2
- Am 26. Oktober 2001 beantragte der Kläger bei der Beklagten den Abschluss einer Kapitallebensversicherung unter Einschluss einer Berufsunfähigkeits -Zusatzversicherung. Zu der im Antragsformular gestellten Frage nach Gesundheitsstörungen und Behandlungen in den zurückliegenden fünf Jahren war die Antwort "ja" angekreuzt und "Magenspiegelung 03.1999 wegen nervöser Magenbeschwerden" hinzugesetzt; als behandelnder Arzt war der Hausarzt des Klägers, Dr. H. , genannt. Die Beklagte holte bei Dr. H. ein ärztliches Zeugnis über den Gesundheitszustand des Klägers ein. In Abschnitt I dieses Zeugnisses unter der Überschrift "Erklärungen vor dem Arzt" - die Erklärung bestand ferner aus dem - für den ärztlichen Befund bestimmten - Abschnitt II mit der Überschrift "Untersuchungsbefund" - wurde die Frage, ob in den letzten zehn Jahren Krankheiten, Störungen oder Beschwerden bestehen oder bestanden, bejaht und durch den Zusatz "chronische Gastritis, Zustand nach Ulcus ventriculi 3/99" näher erläutert. Die Frage, ob andere als die bereits benannten Ärzte den Antragsteller in den letzten fünf Jahren untersucht oder behandelt hätten, wurde ebenso verneint wie die Frage nach Krankenhaus- oder Heilstättenbehandlungen bzw. Kuren. Die Erklärung in Abschnitt I wurde vom Kläger unterzeichnet. Die Beklagte nahm den Antrag am 13. Dezember 2001 an. Am 2. März 2004 beantragte der Kläger Leistungen aus der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung wegen schwerer Kniegelenksarthrose sowie Arthrose der Lendenwirbelsäule. Bei der Bearbeitung dieses Antrages erfuhr die Beklagte, dass der Kläger vom 9. bis zum 30. Mai 2001 unter anderem wegen eines psychophysischen Erschöpfungszustandes mit vegetativer Dysregulation eine Kur in einer Rehabilitationsklinik absolviert hatte; Grundlage der Bewilligung dieser Kur war ein Befundbericht des Hausarztes Dr. H. . Dieser hatte in seinem Bericht folgende Diagnose gestellt: "1. Psychovegetativer Erschöpfungszustand mit veget. Dysregulation 2. chronische Gastrites , Zustand nach Ulcera ventriculi 3. chronisch-obstruktive Lungenerkrankung 4. Adipositas." Die Beklagte erklärte daraufhin den Rücktritt vom Vertrag und focht ihn außerdem an.
- 3
- Das Landgericht hat der Klage auf Feststellung des Fortbestehens des gesamten Versicherungsvertrages stattgegeben. Im Berufungsrechtszug hat die Beklagte ihren Klagabweisungsantrag, dem das Oberlandesgericht antragsgemäß stattgegeben hat, nur noch auf die Erklä- rung des Rücktritts vom Vertrag gestützt. Mit der Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe:
- 4
- DasRechtsmittel hat keinen Erfolg.
- 5
- A. I. Das Berufungsgericht ist der Auffassung, die Beklagte sei wegen der Verletzung einer Anzeigeobliegenheit durch den Kläger gemäß § 16 Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. zum Rücktritt vom Versicherungsvertrag berechtigt gewesen. Mit der für den Kläger als Versicherungsnehmer erkennbar weit gefassten Formularfrage nach "Gesundheitsstörungen" habe die Beklagte nach jeder nicht offenkundig belanglosen gesundheitlichen Beeinträchtigung gefragt, so dass der Kläger auch den bei ihm diagnostizierten psychovegetativen Erschöpfungszustand mit vegetativer Dysregulation hätte angeben müssen. Über die Obliegenheit zur Anzeige der dreiwöchigen Kurmaßnahme hätte beim Kläger angesichts der unter Punkt 12 b der "Erklärungen vor dem Arzt" gestellten Frage nach Krankenhaus - oder Heilstättenbehandlungen bzw. Kuren keine Unklarheit bestehen können. Die Gefahrerheblichkeit eines mehrwöchigen Kuraufenthalts wegen eines Erschöpfungssyndroms bei einem zum Zeitpunkt der Antragsaufnahme 54 Jahre alten, im Berufsleben stehenden Versicherungsnehmer liege auf der Hand. Es habe sich auch nach Beurteilung durch den Hausarzt Dr. H. nicht um eine Bagatelle gehandelt. Eine eigene Bewertung der Gefahrerheblichkeit eines Umstandes, nach dem der Versicherer ausdrücklich frage, stehe dem Versicherungsnehmer nicht zu. Darauf, dass der Kläger die Kurmaßnahme nicht als gravierend angesehen habe, komme es daher ebenso wenig an wie darauf, dass er an die Kur bei Aufnahme der Erklärung bei seinem Hausarzt nicht mehr gedacht habe. Er hätte sich den Kuraufenthalt ohne große Mühe ins Gedächtnis zurückrufen können und habe daher zumindest grob fahrlässig gehandelt.
- 6
- II. Die dagegen gerichteten Angriffe der Revision bleiben ohne Erfolg.
- 7
- Die 1. Feststellung des Berufungsgerichts, der verschwiegene Kuraufenthalt des Klägers stelle einen gefahrerheblichen Umstand dar, beruht nicht auf einer Verkennung der Darlegungs- und Beweislast.
- 8
- Nach a) dem vegetativen Erschöpfungssyndrom, das (auch) Anlass für den Kuraufenthalt war, war der Kläger bereits durch die auch für ihn erkennbar weit gefasste Frage zu Ziff. 2c der "Erklärungen vor dem Arzt" nach Gesundheitsstörungen gefragt. Unmittelbar auf den Kuraufenthalt zielte die ausdrückliche Frage zu Ziff. 12b nach Heilstättenbehandlungen und Kuren. Dem verschwiegenen Umstand der dreiwöchigen Kur und der zugrunde liegenden Diagnose kommt daher die Vermutung der Gefahrerheblichkeit zu (§ 16 Abs. 1 Satz 3 VVG a.F.). Zwar kann der Versicherungsnehmer, dem hinsichtlich der fehlenden Erheblichkeit erfragter Umstände die Darlegungs- und Beweislast obliegt, dieser nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zunächst allein dadurch genügen, dass er die Gefahrerheblichkeit pauschal bestreitet (Senatsurteil vom 20. September 2000 - IV ZR 203/99 - VersR 2000, 1486 unter 1 b bb). Der Versicherer muss aber seinerseits seine Grundsätze der Risikoprüfung nur dann substantiiert darlegen, wenn die Gefahrerheblichkeit nicht ohnehin auf der Hand liegt. Der Versicherer ist also nur dann gehalten, seine Risikoprüfungsgrundsätze offen zu legen, wenn es sich um eine Gesundheitsstörung handelt, die offenkundig als leicht einzuordnen , nicht wiederholt aufgetreten ist und deshalb von vornherein keinen Anhalt dafür bietet, dass sie für die Risikoeinschätzung des Versicherers hinsichtlich des auf Dauer angelegten Versicherungsvertrages von Bedeutung sein könnte (Senatsurteil vom 20. September 2000 aaO).
- 9
- b) Danach liegt, anders als die Revision meint, die Gefahrerheblichkeit des dreiwöchigen Kuraufenthalts wegen eines psychovegetativen Erschöpfungszustandes hier auf der Hand. Zwar hat das Berufungsgericht nicht erörtert, ob Gefahrerheblichkeit nicht nur unter dem Gesichtspunkt der vom Kläger genommenen Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung bestand, sondern auch im Hinblick auf die Kapitallebensversicherung. Nach den dazu vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen ist jedoch die Gefahrerheblichkeit für den Versicherungsvertrag insgesamt zu bejahen. Schon die wegen eines Erschöpfungssyndroms absolvierte dreiwöchige Kur in einer Rehabilitationseinrichtung ist - vor dem Hintergrund der weiteren, unstreitig vorhandenen gesundheitlichen Störungen - bei einem berufstätigen, erst 54 Jahre alten Arbeitnehmer ersichtlich für die Übernahme beider Gefahren erheblich. Die gesundheitliche Beeinträchtigung bestand nach den Feststellungen des Berufungsgerichts bereits seit Anfang Februar 2001. Danach handelte es sich um einen länger andauernden krankhaften Zustand, der auch von funktionellen körperlichen Störungen und Beschwerden begleitet wurde, wobei das Beschwerdebild in psychischer und physischer Hinsicht unstreitig seine Ursache in der hohen beruflichen Belastung des Klägers hatte. Das Vorliegen einer leichten, nicht wiederholt auftretenden und deshalb für die Risikoprüfung von vornherein bedeutungslosen Störung ist daher zu verneinen.
- 10
- 2. Bei der Beurteilung, ob es dem Versicherer obliegt, zu seinen Risikoprüfungsgrundsätzen vorzutragen oder ob von einer auf der Hand liegenden Gefahrerheblichkeit des verschwiegenen Umstandes auszugehen ist, kommt es weder auf die Einschätzung des den Versicherungsnehmer damals behandelnden Arztes noch etwa darauf an, ob ein Sachverständiger die von diesem seinerzeit gestellte Diagnose als auf einem bloßen Verdacht beruhend bezeichnen würde. Die Beurteilung der vom Versicherungsnehmer anzuzeigenden Umstände ist allein Sache des Versicherers. Demgemäß sind bei der Frage, ob Gefahrerheblichkeit auf der Hand liegt, die anzugebenden Umstände so zugrunde zu legen, wie sie dem Versicherer anzuzeigen waren. Auf eine nachträgliche ärztliche Bewertung dieser Umstände kommt es nicht an (Senatsurteil vom 20. September 2000 - IV ZR 203/99 - VersR 2000, 1486 unter 1 b bb). Drängt sich danach auf, dass die verschwiegenen Umstände für einen Lebens- und Berufsunfähigkeitsversicherer bei der Entscheidung über das Ob und Wie des Vertragsschlusses von Bedeutung sind, liegt die Gefahrerheblichkeit auf der Hand. Davon konnte das Berufungsgericht im vorliegenden Fall ohne Rechtsfehler ausgehen.
- 11
- 3. Ohne Erfolg wendet sich die Revision ferner gegen die Auffassung des Berufungsgerichts, es könne den Kläger nicht entlasten, den Kuraufenthalt und die zugrunde liegende Diagnose bei Abgabe der "Erklärungen vor dem Arzt" vergessen zu haben. Zwar setzt die Anzeigeobliegenheit gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 VVG a.F. positive Kenntnis von einem gefahrerheblichen Umstand voraus. Danach verletzt ein Versicherungsnehmer seine Anzeigepflicht nicht, wenn er einen Umstand nicht angibt, der ihm aufgrund von Fahrlässigkeit unbekannt geblieben ist (Senatsurteil vom 27. Juni 1984 - IVa ZR 1/83 - VersR 1984, 884 unter I 3; Prölss in Prölss/Martin, VVG 27. Aufl. §§ 16, 17 Rdn. 20 m.w.N.). Nach den insoweit unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts war dem Kläger die Anlassdiagnose für den Kuraufenthalt aber bekannt. Demgegenüber kann er sich nicht darauf berufen, einen Umstand vergessen zu haben, an den er sich bei zumutbarer Anstrengung seines Gedächtnisses - die Kur lag erst wenige Monate zurück - hätte erinnern können (Prölss aaO; Langheid in Römer/Langheid, VVG 2. Aufl. §§ 16, 17 Rdn. 15).
- 12
- B. I. Das Berufungsgericht hat angenommen, dass der Beklagten das sonstige Wissen des Hausarztes über den Gesundheitszustand des Klägers und über frühere Behandlungen nicht zugerechnet werden könne. Zwar spreche für eine solche Zurechnung, dass der Hausarzt gerade wegen seiner Kenntnisse über den Gesundheitszustand des Versicherungsnehmers vom Versicherer beauftragt werde. Der beauftragte Arzt stehe jedoch nur bei Aufnahme der "Erklärungen vor dem Arzt" einem Versicherungsagenten gleich. Für diesen sei anerkannt, dass eine Zurechnung nur für Kenntnisse in Betracht komme, die im Zusammenhang mit der Aufnahme und Bearbeitung des Antrags für die jeweilige Versicherung stünden. Würde die Zurechnung für den vom Versicherer eingeschalteten Hausarzt auf alle jemals beruflich erlangten Informationen erweitert , führte dies im Vergleich zum Versicherungsagenten zu einer Erweiterung der Zurechnung, für die umso weniger Anlass bestehe, als der vom Hausarzt im Zusammenhang mit der Aufnahme der entsprechenden Erklärungen wahrzunehmende Pflichtenkreis enger gezogen sei als der des Agenten. Zwar sei er bei Entgegennahme der Antworten des künfti- gen Versicherungsnehmers passiver Stellvertreter des Versicherers, aber nicht berechtigt oder verpflichtet, weitergehende Vertragspflichten des Versicherers, wie etwa Beratungspflichten gegenüber dem Antragsteller wahrzunehmen.
- 13
- II. Auch das hält rechtlicher Nachprüfung stand.
- 14
- 1. In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist bislang geklärt :
- 15
- Kommt es auf Betreiben des Versicherers im Zuge der Verhandlungen über den Abschluss einer Lebens- und Berufunfähigkeitszusatzversicherung zur Erstellung eines ärztlichen Zeugnisses auf einem vom Versicherer vorgegebenen Formblatt und hat der Antragsteller dabei im Rahmen der "Erklärung vor dem Arzt" gegenüber dem Arzt vom Versicherer vorformulierte Fragen zu beantworten, so stehen die vom Arzt in Erfüllung dieses Auftrags gestellten Fragen den Fragen des Versicherers (§ 16 Abs. 1 Satz 3 VVG a.F.), die erteilten Antworten den Erklärungen gegenüber dem Versicherer (§ 16 Abs. 1 Satz 1 VVG a.F.) gleich. Der vom Versicherer eingeschaltete Arzt ist insoweit dessen passiver Stellvertreter , nämlich zur Entgegennahme der Antworten des Antragstellers beauftragt. Bei der Aufnahme der "Erklärung vor dem Arzt" steht der Arzt damit insoweit einem Versicherungsagenten bei Aufnahme des Versicherungsantrags gleich. Was dem Arzt zur Beantwortung der vom Versicherer vorformulierten Fragen gesagt ist, ist dem Versicherer gesagt, selbst wenn der Arzt die ihm erteilten Antworten nicht in die Erklärung aufnimmt (Senatsurteil vom 7. März 2001 - IV ZR 254/00 - VersR 2001, 620 unter 2 b m.w.N.).
- 16
- Ob sich der Versicherer dagegen auch solche Kenntnisse zurechnen lassen muss, die der mit der Erstellung des ärztlichen Zeugnisses betraute Arzt zwar nicht vom Antragsteller im Rahmen von dessen Erklärung erlangt hat, die sich für ihn aber aus früheren Behandlungen des Versicherungsnehmers ergeben haben, hat der Senat - abgesehen von dem Fall, dass den Antragsteller der Vorwurf trifft, den Versicherer mit seinen Erklärungen vor Abschluss des Vertrages arglistig getäuscht zu haben - bisher offen gelassen (Senatsurteil vom 7. März 2001 aaO) Eine solche - umfassende - Wissenszurechnung kommt nicht in Betracht.
- 17
- Der 2. dem Arzt erteilte und von diesem angenommene Auftrag schafft dafür keine Grundlage. Es ist nichts dafür dargetan oder sonst ersichtlich, dass der ihm erteilte Auftrag, der sich regelmäßig in dem Ersuchen erschöpft, das zweiteilige Formular für das aufzunehmende Gesundheitszeugnis auszufüllen, gleichzeitig die Aufforderung beinhaltet, dem Versicherer auch das bei sonstigen Anlässen gewonnene ärztliche Wissen über durchgeführte Behandlungen und den Gesundheitszustand des zukünftigen Versicherungsnehmers mitzuteilen. Soweit es die unter Abschnitt I des Gesundheitszeugnisses aufgeführten "Erklärungen vor dem Arzt" betrifft, beschränkt sich der Auftrag des behandelnden Arztes ohnehin auf die Entgegennahme der Antworten und Mitteilungen des zukünftigen Versicherungsnehmers auf die dort gestellten Fragen. Abschnitt II des Gesundheitszeugnisses betrifft die aktuelle, vom beauftragten Arzt durchzuführende Untersuchung und enthält ebenfalls keine Fragen , die auf die Bekanntgabe früherer Erkrankungen oder Erkenntnisse über Behandlungen abzielen könnten. Die Erfüllung des dem Arzt vom Versicherer erteilten Auftrages beschränkt sich insoweit auf die bloße Untersuchung des zukünftigen Versicherungsnehmers sowie die Mittei- lung der dabei gewonnenen Befunde. Eine weitergehende - umfassende - Informationspflicht des Arztes gegenüber dem Versicherer besteht nicht. Ob und in welchem Umfang die ärztliche Schweigepflicht einer Mitteilung sonstigen ärztlichen Wissens an den Versicherer entgegensteht, kann daher auf sich beruhen.
- 18
- Aus der Stellung des vom Versicherer beauftragten Arztes als dessen passiver Stellvertreter ergibt sich für eine solche umfassende Wissenszurechnung ebenfalls keine rechtliche Grundlage. Wie bereits dargelegt , ist der vom Versicherer beauftragte Arzt nur insoweit als dessen passiver Stellvertreter anzusehen, als es um die Entgegennahme der Antworten geht, die der Versicherungsnehmer selbst zu den Gesundheitsfragen in dem Formular des ärztlichen Zeugnisses angeben muss (vgl. dazu Senatsurteil vom 21. November 1989 - IVa ZR 269/88 - VersR 1990, 77 unter 2). Es kommt hinzu, dass nach der Rechtsprechung des Senats Wissen eines Versicherungsagenten, das dieser nicht im Zusammenhang mit dem betroffenen Vertrag und mit der Antragstellung bzw. Aufnahme des Antrags erlangt hat, dem Versicherer nicht zugerechnet werden kann (vgl. dazu BGHZ 102, 194, 195 ff.; Senatsurteil vom 29. November 1989 - IVa ZR 273/88 - VersR 1990, 150, 151). Für den im Auftrag des Versicherers tätig werdenden Arzt muss dies erst recht gelten. Auch der Versicherer hat ihm durch den erteilten Auftrag ersichtlich und für den Versicherungsnehmer erkennbar keine weitergehende Stellung eingeräumt.
Felsch Dr. Franke
Vorinstanzen:
LG Osnabrück, Entscheidung vom 06.07.2005 - 9 O 300/05 -
OLG Oldenburg, Entscheidung vom 11.01.2006 - 3 U 79/05 -
Tenor
Dem Antragsteller wird für die Geltendmachung der Vergütung für seine ergänzende gutachtliche Stellungnahme vom 15.09.2014 Wiedereinsetzung gewährt.
Gründe
I.
II.
(1) Der Versicherungsnehmer hat bis zur Abgabe seiner Vertragserklärung die ihm bekannten Gefahrumstände, die für den Entschluss des Versicherers, den Vertrag mit dem vereinbarten Inhalt zu schließen, erheblich sind und nach denen der Versicherer in Textform gefragt hat, dem Versicherer anzuzeigen. Stellt der Versicherer nach der Vertragserklärung des Versicherungsnehmers, aber vor Vertragsannahme Fragen im Sinn des Satzes 1, ist der Versicherungsnehmer auch insoweit zur Anzeige verpflichtet.
(2) Verletzt der Versicherungsnehmer seine Anzeigepflicht nach Absatz 1, kann der Versicherer vom Vertrag zurücktreten.
(3) Das Rücktrittsrecht des Versicherers ist ausgeschlossen, wenn der Versicherungsnehmer die Anzeigepflicht weder vorsätzlich noch grob fahrlässig verletzt hat. In diesem Fall hat der Versicherer das Recht, den Vertrag unter Einhaltung einer Frist von einem Monat zu kündigen.
(4) Das Rücktrittsrecht des Versicherers wegen grob fahrlässiger Verletzung der Anzeigepflicht und sein Kündigungsrecht nach Absatz 3 Satz 2 sind ausgeschlossen, wenn er den Vertrag auch bei Kenntnis der nicht angezeigten Umstände, wenn auch zu anderen Bedingungen, geschlossen hätte. Die anderen Bedingungen werden auf Verlangen des Versicherers rückwirkend, bei einer vom Versicherungsnehmer nicht zu vertretenden Pflichtverletzung ab der laufenden Versicherungsperiode Vertragsbestandteil.
(5) Dem Versicherer stehen die Rechte nach den Absätzen 2 bis 4 nur zu, wenn er den Versicherungsnehmer durch gesonderte Mitteilung in Textform auf die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung hingewiesen hat. Die Rechte sind ausgeschlossen, wenn der Versicherer den nicht angezeigten Gefahrumstand oder die Unrichtigkeit der Anzeige kannte.
(6) Erhöht sich im Fall des Absatzes 4 Satz 2 durch eine Vertragsänderung die Prämie um mehr als 10 Prozent oder schließt der Versicherer die Gefahrabsicherung für den nicht angezeigten Umstand aus, kann der Versicherungsnehmer den Vertrag innerhalb eines Monats nach Zugang der Mitteilung des Versicherers ohne Einhaltung einer Frist kündigen. Der Versicherer hat den Versicherungsnehmer in der Mitteilung auf dieses Recht hinzuweisen.
(1) Das Gericht kann, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde auszusetzen sei.
(2) Das Gericht kann ferner, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits von Feststellungszielen abhängt, die den Gegenstand eines anhängigen Musterfeststellungsverfahrens bilden, auf Antrag des Klägers, der nicht Verbraucher ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des Musterfeststellungsverfahrens auszusetzen sei.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Der Rechtsstreit wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die beklagte Stadt (Vergabestelle) schrieb im September 2001 für den beabsichtigten Neubau eines "I. Zentrum" des Krankenhauses D. Architektenleistungen im Verhandlungsverfahren nach der Verdingungsordnung für freiberufliche Leistungen (VOF) aus, und zwar - nach Losen getrennt - die Gebäude- und Tragwerksplanung. Die Klägerin bewarb sich neben 44 anderen Bewerbern um die Teilnahme und wurde mit 5 weiteren Bewerbern ausgewählt. Die Vergabestelle hatte sich inzwischen, auf Betreiben des Stadtplanungsamtes, entschlossen, einen in der Ausschreibung nicht erwähnten beschränkten hochbaulichen Wettbewerb zu veranstalten und bat die Klägerin und die fünf weiteren ausgewählten Bewerber im Dezember 2001 um Zustimmung für ihre Beteiligung an einem "dem Verhandlungsverfahren nachgeschalteten Gutachtenverfahren zur Erlangung von Vorentwürfen". Alle ausgewählten Bewerber willigten ein. Die Auslobungsbedingungen versprachen für die Teilnahme an diesem Wettbewerb eine pauschale Aufwandsentschädigung von 8.100 € für jeden ausgewählten Teilnehmer , der eine den Bedingungen entsprechende Arbeit abgab.
- 2
- Ein bei der Auswahl übergangener Bewerber hatte gegenüber der Vergabestelle u. a. nicht nachvollziehbare Auswahlkriterien gerügt. Diese Rüge hatte die Vergabestelle im Januar 2002 schriftlich und mündlich zurückgewiesen. Weder über die Rüge noch über die anschließende Entscheidung der Vergabestelle wurden die für die Teilnahme am Gutachtenverfahren ausgewählten Bieter unterrichtet. Sie erhielten im Februar 2002 die Wettbewerbsunterlagen, die als Abgabetermin für die Arbeit den 8. März 2002 und für das zu fertigende Modell den 15. März 2002 vorsahen. Die Klägerin gab ihre Arbeiten fristgerecht ab.
- 3
- Am 6. März 2002 stellte der übergangene Bewerber einen Nachprüfungsantrag , der der Vergabestelle zwei Tage später zugestellt wurde. Mit Beschluss der Vergabekammer vom 10. April 2002 wurde der Planungswettbewerb aufgehoben und der beklagten Stadt aufgegeben, die Teilnahmeanträge im Verhandlungsverfahren neu zu bewerten. Die Beschwerde gegen diesen Beschluss blieb erfolglos (OLG Dresden, Beschluss vom 6.6.2002, WVerg 4/02). Dieses Ergebnis des Nachprüfungsverfahrens teilte die Vergabestelle der Klägerin am 21. Juni 2002 mit; zugleich hob sie den Planungswettbewerb auf. Bei der neuerlichen Bewertung der ursprünglichen Teilnahmeanträge für das Verhandlungsverfahren fand die Klägerin keine Berücksichtigung mehr.
- 4
- Die Klägerin hat für ihre im Rahmen der Beteiligung am Gutachtenverfahren erbrachten Planungsleistungen auf der Grundlage der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) eine Vergütung von 204.801,33 € ermittelt und die Beklagte in dieser Höhe in Anspruch genommen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, soweit mit ihr mehr als die in den Auslobungsbedingungen für das Gutachtenverfahren ausgelobte pauschale Aufwandsentschädigung in Höhe von 8.100 € geltend gemacht worden ist. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht die Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt und die Sache zur Feststellung der Höhe des der Klägerin zustehenden Zahlungsanspruchs an das Landgericht zurückverwiesen. Hiergegen richtet sich die vom Senat zugelassene Revision der beklagten Stadt.
Entscheidungsgründe:
- 5
- Die zulässige Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht zu neuer Verhandlung und Entscheidung.
- 6
- I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt: Der Klägerin stehe über den vom Landgericht zuerkannten Betrag hinaus ein Schadensersatzanspruch dem Grunde nach aus culpa in contrahendo (c.i.c.) auf Ersatz ihres Vertrauensschadens zu, weil die Beklagte im Zusammenhang mit der Ausschreibung zum Nachteil der Klägerin gegen Vergaberecht verstoßen und dadurch schuldhaft Aufwendungen der Klägerin verursacht habe, die dieser bei Einhaltung der Vergaberegeln nicht entstanden wären. Die von der Beklagten getroffene Auswahl der Bewerber, die zur Ver- handlung aufgefordert werden sollten, habe sich in einer Summe von Einzelplatzierungen erschöpft, hinter denen ein faires, transparentes und nachvollziehbares Auswahlsystem nicht zu erkennen gewesen sei. Darin liege ein offenkundiger und schwerwiegender Vergabeverstoß, der alle folgenden Verfahrensschritte irreparabel vergaberechtswidrig gemacht habe. Zwar könne das fehlerhafte Auswahlverfahren als solches den Anspruch der - davon begünstigten - Klägerin nicht begründen. Die Beklagte habe jedoch, aufbauend auf dieser Auswahlentscheidung, mit den sechs ausgewählten Bewerbern das "nachgeschaltete" Gutachtenverfahren durchgeführt und sie in dessen Rahmen erfolgreich zur Erbringung von Architektenleistungen aufgefordert, obwohl sie aufgrund der zuvor von dem nicht ausgewählten Bewerber erhobenen Vergaberügen damit habe rechnen müssen, in ein Nachprüfungsverfahren verwickelt zu werden, in welchem die beanstandete Teilnehmerauswahl für rechtswidrig befunden und dem Planungswettbewerb damit die Grundlage entzogen werden könne. Über diese Gefahr, die sich dann auch realisiert habe, hätte die Beklagte die Wettbewerbsteilnehmer unterrichten müssen. Dass gelte unabhängig davon , ob die Beklagte diesen Wettbewerb seinerzeit als Bestandteil des ausgeschriebenen Verhandlungsverfahrens aufgefasst oder, wie sie nunmehr geltend mache, als ein davon zu unterscheidendes neues Verfahren angesehen habe. Selbst wenn die Beklagte einen Planungswettbewerb während eines Verhandlungsverfahrens im Sinne von § 25 Abs. 1 VOF habe durchführen wollen, hätte die Verwertbarkeit der im Wettbewerb erzielten Ergebnisse von vornherein von einer vergaberechtlich regulären Auswahl der Bewerber aus dem Verhandlungsverfahren abgehangen. Liege die Mangelhaftigkeit der Bewerberauswahl, wie hier, auf der Hand, dürfe der Auftraggeber einen solchen Wettbewerb nicht eröffnen und damit Aufwendungen der Wettbewerbsteilnehmer auslösen, deren Sinnlosigkeit aus Rechtsgründen von Anfang an feststehe. Nichts anderes gelte , wenn, wie die Beklagte jetzt geltend mache, angenommen werde, durch das initiierte Gutachtenverfahren habe kein Planungswettbewerb im Sinne der §§ 20, 25 VOF, sondern ein nicht institutionalisiertes Verfahren eigener Art, das auch von dem vorangegangenen Verhandlungsverfahren zu unterscheiden sei, durchgeführt werden sollen. Ein solches Verfahren in das bereits laufende Verhandlungsverfahren einzuflechten wäre vergaberechtlich unzulässig gewesen. Das weitere Vorgehen der Beklagten lasse aber nur den Schluss zu, dass sie mit den sechs Wettbewerbsteilnehmern und auf der Grundlage der von ihnen zu erarbeitenden Wettbewerbsbeiträge die Vergabe der ausgeschriebenen Planungsleistungen weiter habe verhandeln wollen. Im Vertrauen auf die ihr hierdurch eröffneten Auftragschancen habe die Klägerin sich an dem Wettbewerb beteiligt. Die Fortsetzung des Vergabeverfahrens unter Einbeziehung der Wettbewerbsergebnisse sei indessen angesichts der mit gravierenden Vergabeverstößen verbundenen Teilnehmerauswahl von vornherein ausgeschlossen gewesen und das Vergabeverfahren sei dementsprechend auch in den Zustand vor dem Wettbewerbsbeginn und der dazu führenden Teilnehmerauswahl zurückversetzt worden. In einer solchen Konstellation einer irrealen Amortisationschance für die Angebotskosten sei jeder Bewerber oder Bieter zur Geltendmachung seiner "umsonst" getätigten Aufwendungen legitimiert, weil er das Kostenrisiko nur wegen einer seinen Aufwendungen äquivalenten Chance eingehe , an der es indes gerade fehle, wenn das Vergabeverfahren mit einem Anfangsfehler behaftet sei, der einer Vergabenachprüfung nicht standhalte.
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- II. Die Entscheidung des Berufungsgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Die bisher getroffenen Feststellungen tragen seine Annahme nicht, der Klageanspruch sei als Ersatzanspruch dem Grunde nach gerechtfertigt.
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- 1. a) Eine Ersatzpflicht des öffentlichen Auftraggebers aus c.i.c. hat nach der Rechtsprechung des Senats ihren Grund in der Verletzung des Vertrauens der Bieter oder Bewerber darauf, dass das Vergabeverfahren nach den ein- schlägigen Vorschriften des Vergaberechts, insbesondere in Verfahren über Ausschreibungen, deren Gegenstand wie im Streitfall die Schwellenwerte übersteigt , abgewickelt wird (BGHZ 139, 280, 283; BGH, Urt. v. 1.8.2006 - X ZR 146/03, VergabeR 2007, 194 Tz. 15). Voraussetzung eines Anspruchs aus c.i.c. ist aber, dass der Bieter sein Angebot tatsächlich im Vertrauen darauf abgibt bzw. - wie hier - im Vertrauen darauf zusätzliche Aufwendungen tätigt, dass die Vorschriften des Vergaberechts eingehalten werden. Ist dem Bieter bekannt, dass die Ausschreibung fehlerhaft ist, fehlt es - unbeschadet der Frage , ob in einem solchen Fall der Vergabeverstoß für den trotz der gleichwohl getroffenen Entscheidung des Bieters zur Teilnahme für den Schaden in Form der nutzlos aufgewendeten Beträge noch ursächlich sein kann - jedenfalls an diesem Vertrauenstatbestand. Bei einer solchen Kenntnis kann der Bieter nicht mehr berechtigterweise darauf vertrauen, dass der mit der Erstellung des Angebots und der Teilnahme am Verfahren verbundene Aufwand nicht nutzlos ist (BGH VergabeR 2007, 194 Tz. 179). Sein Vertrauen ist darüber hinaus regelmäßig nicht schutzwürdig, wenn er den Verstoß bei der ihm im jeweiligen Fall zumutbaren Prüfung hätte erkennen können (BGHZ 124, 64, 70).
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- b) Bei dem Übergang in das Gutachtenverfahren litt das von der beklagten Stadt durchgeführte Verfahren zum einen an dem im Nachprüfungsverfahren festgestellten Fehler bei der Auswahl unter den Teilnehmern am Verhandlungsverfahren ; zum anderen wurde mit dem Gutachtenverfahren nachträglich eine weitere Anforderung für die Teilnahme an dem bekannt gemachten Verhandlungsverfahren aufgestellt, die in der ursprünglichen Ausschreibung nicht angekündigt worden war. Insoweit kann dahinstehen, ob diese fehlende Ankündigung bei der Ausschreibung des Verhandlungsverfahrens oder vor Beginn des Gutachtenverfahrens einen Fehler im Vergabeverfahren begründete, insbesondere ob insoweit eine erneute Ausschreibung erforderlich war oder die Beklagte darin lediglich ein zusätzliches Mittel zur Bewertung der vorliegenden Angebote sehen durfte. Aus der fehlerhaften Auswahl unter den Teilnehmern an dem Verhandlungsverfahren als solcher kann die Klägerin Ansprüche schon deshalb nicht herleiten, weil sich dieser Fehler zu ihren Gunsten auswirkte, für sie also insoweit keinen Nachteil geschaffen hat. Ob die Einfügung des ursprünglich nicht vorgesehenen Gutachtenverfahrens einen solchen Anspruch begründen kann, hängt davon ab, ob hierdurch ein schutzwürdiges Vertrauen der Klägerin verletzt worden ist. Daran fehlt es, wenn sie erkannt hat oder den Umständen nach hätte erkennen können, dass das in der Ausschreibung bis dahin nicht angekündigte, an sie und die übrigen ausgewählten Teilnehmer herangetragene Ansinnen, sich an einem dem Verhandlungsverfahren nachgeschalteten Gutachtenverfahren zur Erlangung von Vorentwürfen zu beteiligen, nicht vergaberechtskonform war, wofür immerhin auch dann, wenn es sich nur um ein weiteres Auswahlkriterium in dem laufenden Verfahren handelte, dessen fehlende Ankündigung zu Beginn des Verfahrens sprechen könnte (zur Bindung des Ausschreibenden an die in der Bekanntmachung und in den Ausschreibungsunterlagen dem Vergabeverfahren zugrunde gelegten Bedingungen vgl. Sen.Urt. v. 17.2.1999 - X ZR 101/97, NJW 2000, 137). Insoweit spricht allerdings viel für die Annahme, dass die Klägerin einen solchen Fehler des Vergabeverfahrens zumindest hat erkennen müssen. Das könnte dazu führen, dass es insoweit auch unabhängig davon, dass die Teilnehmer vergaberechtswidrig ausgesucht worden sind, an einem schutzwürdigen Vertrauen in einen regulären Ablauf des Vergabeverfahrens auf Seiten der Klägerin fehlt. Dazu, ob sie eine Vergaberechtswidrigkeit bei der Einflechtung des Gutachtenverfahrens erkannt hat oder hätte erkennen können, hat das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen. Damit fehlt es unter diesem Gesichtspunkt an einer tragfähigen Grundlage für die ausgesprochene Haftung dem Grunde nach.
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- 2. Die Entscheidung stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Die Klägerin hat ihr Begehren in erster Linie darauf ge- stützt, dass sie nicht über die gegen das Verfahren bereits vor der Übersendung der Unterlagen für das Gutachtenverfahren erhobenen Rügen unterrichtet worden ist. Insoweit kommt allerdings ein auf Ersatz des negativen Interesses gerichteter Schadensersatzanspruch der Klägerin aus c.i.c. aus einem anderen rechtlichen Gesichtspunkt als dem vorstehend erörterten Schutz des Vertrauens in einen vergaberechtskonformen Ablauf des Verfahrens in Betracht. Dieser betrifft nur den speziell vergaberechtlichen Pflichtenkreis des öffentlichen Auftraggebers , nämlich seine Verpflichtung, ein Vergabeverfahren unter Einhaltung der einschlägigen vergaberechtlichen Bestimmungen durchzuführen (BGHZ 139, 281, 283). Davon unberührt bleibt die schadensrechtliche Sanktionierung von Verstößen gegen allgemeine schuldrechtliche Verhaltenspflichten. Auch insoweit enthält das angefochtene Urteil keine hinreichenden tatsächlichen Feststellungen.
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- a) Bei der Ausschreibung eines öffentlichen Auftrags handelt es sich der Sache nach um die - je nach einschlägiger Verfahrensart mehr oder minder streng formalisierte - Anbahnung eines Vertrages und die Aufnahme von Vertragsverhandlungen. Vertragsanbahnung bzw. Eintritt in Vertragsverhandlungen begründen für die Beteiligten, was gewohnheitsrechtlich verankert und seit Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes gesetzlich geregelt ist (§§ 311 Abs. 2 Nrn. 1 und 2, 241 Abs. 2 BGB), Pflichten der Beteiligten zum Schutz der und Rücksichtsnahme auf die Rechtsgüter und Vermögensinteressen der jeweiligen Gegenseite. Dies schließt die Verpflichtung einer Partei ein, auf Risiken mit Bezug zum Gegenstand der Vertragsverhandlungen, die in ihrer eigenen Sphäre entstanden sind und die die Vermögensinteressen des anderen Teils berühren und beeinträchtigen können, hinzuweisen. Der potenziell gefährdete Vertragspartner muss über solche Risiken aufgeklärt werden, damit er seine weiteren Dispositionen in Kenntnis aller erheblichen Umstände treffen kann. Deshalb wäre die Beklagte, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, verpflichtet gewesen, die Klägerin über die von einem bei der Teilnehmerauswahl nicht zum Zuge gekommenen Mitbewerber erhobene Rüge im Sinne von § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB zu unterrichten. Sie hätte der Klägerin - wie den übrigen Wettbewerbsteilnehmern - dadurch Gelegenheit geben müssen, das mögliche Risiko abzuwägen, dass weitere Investitionen in den Wettbewerb nutzlos sein könnten, um gegebenenfalls die Konsequenz ziehen zu können, weitere Aufwendungen für den Wettbewerb deshalb nicht mehr zu tätigen.
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- Dabei hat das Berufungsgericht entgegen der Ansicht der Revision zu Recht auf den Zugang des Rügeschreibens abgestellt und nicht auf die Zustellung der Antragsschrift im Vergabenachprüfungsverfahren. Denn ab diesem Zeitpunkt war der Vergabestelle die Gefahr bekannt, dass die von den ausgewählten Teilnehmern anzufertigenden Wettbewerbsarbeiten infolge der möglicherweise fehlerhaften Teilnehmerauswahl im weiteren Vergabeverfahren keine Berücksichtigung mehr finden könnten. Ab diesem Zeitpunkt bestand daher auch die Pflicht zur Information der ausgewählten Teilnehmer über diese Gefahr.
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- Dem auf die Verletzung dieser Fürsorgepflicht gestützten Ersatzanspruch kann nicht, wie die Beklagte meint, mit Erfolg entgegengehalten werden, das Angebot der Klägerin habe ohnehin wegen qualitativer Mängel nicht berücksichtigt werden können. Allerdings ist das Ausschreibungsverfahren seinem Gegenstand nach ein Wettbewerb, in dem im Ergebnis nur ein Teilnehmer Erfolg haben kann; die übrigen erhalten in aller Regel auch für beträchtliche Ausgaben zur Vorbereitung ihres Gebots keinen Ersatz. Das damit erhebliche Ausfallrisiko kann bei der Bestimmung auch der Ausgleichspflicht für diese, das negative Interesse bestimmenden Ausgaben nicht unberücksichtigt bleiben; ein Ersatzanspruch wird auch hier wie bei dem positiven Interesse grundsätzlich nur in Betracht kommen, wenn der Bieter den Zuschlag erhalten hätte.
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- Um eine solche Konstellation geht es bei dem hier zu prüfenden Ersatzanspruch indessen nicht. Die Klägerin stützt diesen nicht auf die Fehlerhaftigkeit der Ausschreibung, sondern auf die unterbliebene Unterrichtung über Umstände , bei deren Kenntnis sie an dem - weiteren - Verfahren nicht teilgenommen und damit die mit ihrem Anspruch geltend gemachten Aufwendungen nicht getätigt hätte. Diese wären mithin, würde der hier dem Ersatzbegehren zugrunde liegende Fehler hinweggedacht, nicht angefallen und kommen damit als Gegenstand eines Ersatzbegehrens in Betracht.
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- b) Dieser Ersatzanspruch steht der Klägerin - seiner Ableitung entsprechend - aber nur dann zu, wenn sie die Aufwendungen, für die sie jetzt Schadensersatz verlangt, bei erteilter Information nicht getätigt hätte. Hierfür trägt sie die Darlegungs- und Beweislast, da es sich insoweit um Voraussetzungen ihres Ersatzanspruchs handelt. Einen entsprechenden Sachverhalt hat sie mit dem Vortrag geltend gemacht, dass sie ihre kostenintensiven Planungen ab Februar 2002 unterlassen hätte, wenn sie von der Beklagten über die zu diesem Zeitpunkt erhobenen Vergaberügen der übergangenen Interessentin informiert worden wäre. Feststellungen dazu hat das Berufungsgericht, von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig, nicht getroffen. Dies wird im wiedereröffneten Berufungsverfahren nachzuholen sein.
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- Dafür weist der Senat vorsorglich auf Folgendes hin: Sollte es für den vergaberechtlich begründeten Schadensersatzanspruch (oben II 1 b) auf die Erkenntnismöglichkeiten der Klägerin ankommen, wird darauf abzustellen sein, ob die Klägerin bei Anwendung üblicher Sorgfalt erkennen konnte, dass die über die ursprüngliche Ausschreibung hinausgehende Einfügung eines Gutachtenverfahrens zur Erlangung von Vorentwürfen in Anbetracht des ursprünglichen Ausschreibungsgegenstands nicht mit den Bestimmungen der VOF ver- einbar war. Dabei wird zu berücksichtigen sein, dass die Verrechtlichung des Vergaberechts schon geraume Zeit vor Bekanntmachung des hier in Rede stehenden Vergabeverfahrens eingesetzt hatte, und ob nachträgliche Änderungen des Ausschreibungsgegenstands oder grundlegende Eingriffe in den zu erwartenden Verfahrensablauf vom Bewerber als noch mit der jeweils einschlägigen Verdingungsordnung in Einklang stehend bewertet werden konnten.
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- Sollte es für die Entscheidung auf die Frage ankommen, wie die Klägerin sich hypothetisch verhalten hätte, wenn sie von der gegenüber der Beklagten erhobenen Vergaberüge unterrichtet worden wäre, kann es von indizieller Bedeutung sein, ob sie das Risiko des Fehlschlags der Aufwendungen, um deren Erstattung es jetzt geht, selbst in Kenntnis anderweitiger, ihr bewusster Risiken hinsichtlich des ordnungsgemäßen Verlaufs des Vergabeverfahrens eingegangen ist. Wenn sich die Klägerin ständig oder häufig um öffentliche Aufträge beworben hat, erscheint es denkbar, dass ihr die nachträgliche Einführung des Gutachtenverfahrens in das laufende Verfahren vergaberechtlich selbst nicht anders als bedenklich erscheinen konnte. Dann aber kann es fraglich sein, ob die zusätzliche Information über die erhobene Rüge i. S. von § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB ausgereicht hätte, sie von der somit von vornherein als risikobehaftet erkannten Wettbewerbsaufwendung abzuhalten. Immerhin ist es nicht die Rüge selbst, die die Amortisationschancen der zusätzlichen Aufwendungen bedroht , sondern die Wahrscheinlichkeit ihrer erfolgreichen Durchsetzung in einem Nachprüfungsverfahren.
Asendorf Gröning
Vorinstanzen:
LG Dresden, Entscheidung vom 22.08.2003 - 1 O 4657/02 -
OLG Dresden, Entscheidung vom 10.02.2004 - 20 U 1697/03 -
(1) Soweit die rechtlichen Folgen einer Willenserklärung durch Willensmängel oder durch die Kenntnis oder das Kennenmüssen gewisser Umstände beeinflusst werden, kommt nicht die Person des Vertretenen, sondern die des Vertreters in Betracht.
(2) Hat im Falle einer durch Rechtsgeschäft erteilten Vertretungsmacht (Vollmacht) der Vertreter nach bestimmten Weisungen des Vollmachtgebers gehandelt, so kann sich dieser in Ansehung solcher Umstände, die er selbst kannte, nicht auf die Unkenntnis des Vertreters berufen. Dasselbe gilt von Umständen, die der Vollmachtgeber kennen musste, sofern das Kennenmüssen der Kenntnis gleichsteht.
Auf das weitere Verfahren sind die im ersten Rechtszuge für das Verfahren vor den Landgerichten geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden, soweit sich nicht Abweichungen aus den Vorschriften dieses Abschnitts ergeben. Einer Güteverhandlung bedarf es nicht.
(1) Das Gericht kann die Wiedereröffnung einer Verhandlung, die geschlossen war, anordnen.
(2) Das Gericht hat die Wiedereröffnung insbesondere anzuordnen, wenn
- 1.
das Gericht einen entscheidungserheblichen und rügbaren Verfahrensfehler (§ 295), insbesondere eine Verletzung der Hinweis- und Aufklärungspflicht (§ 139) oder eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, feststellt, - 2.
nachträglich Tatsachen vorgetragen und glaubhaft gemacht werden, die einen Wiederaufnahmegrund (§§ 579, 580) bilden, oder - 3.
zwischen dem Schluss der mündlichen Verhandlung und dem Schluss der Beratung und Abstimmung (§§ 192 bis 197 des Gerichtsverfassungsgesetzes) ein Richter ausgeschieden ist.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.
(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.
(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.
(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.